Wie kommt dass zustande ?
Maskenzwang an unseren Schutzbefohlenen...
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- Der Biofilm in der Darmgehirnzentrale vor 32 ...
Nochmals Klartext Virus, bedeutet Schleim Gift Abfall "Krankheitserreger" siehe online Lexikon.Sind Viren eigenständige Lebewesen?Viren sind keine Lebewesen. Sie atmen nicht, können sich nicht selbstständig vermehren und betreiben keinerlei Stoffwechsel.06.01.2011
By Aintjos Klatu:, das ist der Stoffwechselabfall der Kochkostauscheidungen - Getreide Milchprodukte Tier-Fleisch u.v.a.m. vor allem der Klebereiweis des Getreides und die Proteine der Tierprodukte .
.. akut bei einer sogenannten Erkàltung, das Kochkostmenschen periodisch zu einer bestimmten Jahreszeit durchmachen, Bakterien sind Symbionden die bei der Hausreinigung helfend sind , sie sind auch Formwandler, je weniger Kochkostgifte - Viren Partikel verschiedenartiger Formen Kochkostausscheidungen sind auf dem Weg nach draussen in Schleim gebunden damit sie dem Kòrper nicht weiter schaden, aber der Schleim der im Korper zurùck verbleibt wird dann irgendwann auf langer sich zur Falle, weitere Rùckvergiftungen im inneren gehen weiter Geschwùre - Krebs sind die folge wegen dieser in langzeit angesammelte Kochkostabfallgifte ( natùrlich auch Umweltgifte ), also je weniger Gifte, um so weniger Bakterienaktivitàt, die Menschen und Ärzte im allgemeinen und die allermeisten sie verstehen nicht
Mittwoch, 5. Dezember 2012 Die 7 Stadien der Krankheit um 12:08- Virus ist ? By Aintjos Klatu: hier ist meine "Det...
- Virus ist ?
By Aintjos Klatu: hier ist meine "Detektivarbeit"
Für die Wahrheit Gerechtigkeit Freiheit und vor allem, für die Gesundheit, für alle Menschen gleich !
Meine zusammenfassende Beweisführung .
"Experten" und andere "kluge Füße" studieren nicht meine Dateien - Kommentare - Beiträge, dafür empfinden sie sich zu "fein", da können und dürfen sie lange suchen und herumfluchen auf der Himmelsleiter klettern dem Blauen entgegen wettern, jedoch erreichen werdens nie, denn sie begreifen nicht die Toxemie . Reimtsichsogar.
- Die "Parasiten" Mikroben Candida Bakterien - Zecken Die Parasiten Mikroben Candida Bakterien - Zecken - Allergien - "Viren" - die "Anderswelt" die Erkältung - Grippe ist auch nur ein erfundenes "Gerippe" u.a. Koordinatensysteme.
- .---> X ..
Eva Mueller
Er spricht mir so sehr aus der Seele....
Die Natürliche Gesundheitslehre
- die Naturheilkunde &
der Untergang der ärztlichen Kunst .
Sie können Ihren Körper
nicht heilen, indem Sie Ihrem Organismus in wenigen Tagen reinigen. Sie
müssen einen Ausgleich für das Unrecht schaffen, das Sie Ihrem Körper
während Ihres ganzen Lebens angetan haben. (Auszüge von Prof. A. Ehret, aus dem Buch: Fastenlehre.
https://www.facebook.com/.../posts/887884307939967
Full text of "Walter Sommer Das Urgesetz Der Natuerlichen Ernaehrung"
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Das Buch
Das Urgesetz
der natürlichen Ernährung
Dem Elend gewidmet
Das Urgesetz
der natürlichen Ernährung
von
Walter Sommer
Zweite durchgesehene und ergänzte Auflage
WALTER SOMMER VERLAG
Ahrensburg in Holstein
Alle Verlags- und Übersetzungsrechte
Vorbehalten.
Copyright 1958 by Walter Sommer Verlag, Ahrensburg i. Holst.
Druck und Einband Friedr. Petersen, Husum
Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort 11
Erster Teil:
Unsere Nahrung
Einleitung 15
I.
Was ist Nahrung 19
Das Lebens wunder im Pflanzen wuchs 20
Die Pflanze als Vorbedingung zur Ernährung von Mensch
und Tier 29
Der jahreszeitliche Rhythmus der natürlich gewachsenen
Nahrungsmittel 35
Das grüne Blatt als Nahrungsgrundlage 43
II.
Die Wandlung und Auswertung der Nahrung und ihr Einbau in
unserem Körper 47
Der dreifach verschlungene Lebenskeim 74
III.
Die Wirkstoffe in unserer Nahrung: Die Vitazyme 79
Das Vitazym „A“, Der Wachstumsstoff 82
Die Gruppe der „B“-Vitazyme 86
Der Wirkstoff Bl....- 87
Der Wirkstoff B2 90
Das Laktoflavin 91
Das Adermin oder der Epilepsie-Schutzstoff 92
Der Anämiefaktor 93
Der Wirkstoff C 99
Der Wirkstoff D .102
Das Wunder des Lebens 113
Der Wirkstoff E 120
Schlußbetrachtung 123
IV.
Die körpereigenen Wirkstoffe: Die Hormone . . .126
Die Keimdrüsen 129
Die Zirbeldrüse 130
Die Hypophyse 131
Die Schilddrüsen 131
Die Thymusdrüse 133
7
V,
Seite
Die Kalorien-Theorie 134
Die uns heute erkennbaren Wege der Lebenserhaltung und
Kraftentfaltung 138
Zweiter Teil:
Ernährungskrankheiten
Einleitung 161
I.
Krankheiten, die aus der Brot- und Getreidenahrung entstehen . 163
Folgen aus der chemischen Behandlung von Getreide und
Mehl 172
II.
Krankheiten durch Genuß von Fleisch und anderen vom Tier
stammenden Erzeugnissen 178
Die Milch und ihre Schadenswirkung 197
Ha.
Die schädliche Wirkung der Fleisch-, Wurst- und Fischwaren . . 204
Die Milch als Ware 208
Der Käse 212
Die Eier 214
Fischfleisch und Fischkonserven 215
Was ist Essig? 218
III.
Die öl- und Fettstoffe
Ihre schädliche Wirkung bei künstlicher Verarbeitung . . . 221
IV.
Die Entstehung der Mineralstoff-Mangelkrankheiten durch das
Kochen der Obst- und Gemüsenahrung 237
Obstkonserven 251
Marmelade 253
Fruchtsäfte 255
Gemüseanbau 258
Gemüsekonserven 263
V.
Süßmittel, Kochsalz, Gewürze und Genußgifte 268
Fabrikzucker 268
Kunsthonig 275
8
Seite
Süßstoff 275
Kochsalz 276
Pfeffergewürze 280
Kaffee, Tee, Kakao 281
Wein, Bier, Schnaps und Liköre 285
Tabak 288
Dritter Teil:
Das Urgesetz der natürlichen Ernährung
Ausführliche Speisezuhereitungen
Einleitung 295
I.
Das Urgesetz der Ernährung 304
Der Sündenfall 308
Der Fluch über die Menschen 316
Das Gesetz der „Flamme des kreisenden Schwertes“, der
„circulus vitiosus“, oder Teufelskreis 321
Das Urgesetz der Kulturvölker 335
II.
Unsere Nahrung aus dem Garten 336
Wildkräuter und Frühjahrsgemüse 336
Gartengemüse 340
Sommer- und Herbstgemüse 342
Wurzel- und Knollengemüse 345
Küchen- und Gewürzkräuter 349
Zwiebelgewächse ’ 353
Gemüsefrüchte 354
Hülsenfrüchte 354
Baumfrüchte und Beerenobst 355
Südfrüchte 358
Das Schalenobst: Die Nüsse 358
Ölfrüchte und Ölsaaten 361
Getreide 364
Tabellen 365
III.
Speisenzuhereitung 371
Einfache Gerichte 373
Einfache Gemüsegerichte 376
Gemischte Gerichte für Frühjahr und Sommer . . . . . 377
Gemüsegerichte für Sommer und Herbst 380
Gemüsegerichte für den Winter 385
Hülsenfruchtgerichte 386
9
Seite
Früchte und Fruchtgerichte 387
Leinsaatmehlzubereitungen 389
Winterfruchtgerichte 390
Getreidezubereitungen 390
Fruchtbrot und Kuchen 394
Torten 395
Gesundes Naschwerk für große und kleine Kinder .... 397
Tunken für Gemüse- und Obstgerichte 398
Nußbutter und Nußbelag 400
Vorspeisen 402
Nachtischspeisen 404
Getränke 404
Wochenspeiseplan für Frühjahr und Frühsommer .... 406
Wochenspeiseplan für Sommer und Herbst 408
Wochenspeiseplan für die Wintermonate 410
Der Nahrungswert der Nüsse 413
IVa.
Ernährung bei krankhaften Zuständen 416
Lungenleiden 416
Anämie 418
Epilepsie 419
Fettsucht und Zuckerkrankheit 420
Nierenleiden 421
Krebsleiden 422
Magenentzündung,
Geschwüre im Magen und Zwölffingerdarm 424
Zahnzerstörer . . 426
Schlußbetrachtung 427
IVb.
Natürliche Heilmaßnahmen 428
Fasten 428
Wasserheilkunde 431
Massage 432
Chiropraktik und Osteopathie 433
Licht und Luft 434
Gesunder Schlaf 436
V.
Der natürliche Anbau unserer Nahrung 440
Literatur-Nachweis 454
Stichwortverzeichnis 455
10
Vorwort
Aus der Not der Zeit geboren, in der die verängstigte Menschheit
nicht ein und aus weiß vor den Gefahren, die drohende Kriege her-
aufbeschwören, übergebe ich im folgenden dieses Buch der Öffent-
lichkeit. Es greift mit unbarmherziger Offenheit die Grundlagen
der landesüblichen, Jahrtausende alten Ernährungsgrundlagen der
Menschheit an. Es weist mit absoluter Wahrhaftigkeit und unbeug-
samer Gewissenhaftigkeit nach, daß alles, was die Menschen bisher
als Nahrungs- oder Lebensmittel kochten, backten und brieten und
zu dem Zweck erzeugten, unrichtig ist und gegen die Naturgesetze
der natürlichen Erhaltung des Lebens verstößt. Es zeigt die Folgen
der Ernährungssünden auf, die wir als Krankheiten und Gebrechen
bisher wie ein unabwendbares Schicksal auf uns nahmen, ohne uns
über die wirklichen und leicht zu vermeidenden Ursachen klar zu
werden.
Das Buch zeigt, was urgesetzlich als Nahrung für den Menschen
bestimmt war und wie die Nahrung, in einfachster Weise vorbereitet,
so gegessen werden muß, wie sie gewachsen ist. Nur dann wird die
verloren gegangene Gesundheit wieder hergestellt und Rückfälle in
Krankheiten und Gebrechen werden vermieden. Mit der Änderung
der Ernährungsgrundlagen der Menschheit Hand in Hand wird eine
Änderung der Nahrungserzeugung einhergehen müssen. Durch diese
wird das ganze gewohnte Wirtschafts- und Erwerbsleben mit allen
sozialen Ungereimtheiten und politischen Wahnvorstellungen von
Kriegen und Kriegsgeschrei aus den Angeln gehoben und der Friede
der Menschen in Harmonie mit Gott und der Welt wiederhergestellt.
Das Buch wird im ersten Augenblick des Lesens vielleicht Wider-
spruch erregen und sein Inhalt von allen angegriffen und verhöhnt
werden, die sich dadurch in ihrer Ehre oder in ihrem Erwerbsleben
getroffen fühlen. Wer aber ruhig und sachlich gewillt ist, die Wahr-
heit in sich aufzunehmen und in sein eigenes Leben umzusetzen, der
wird bald erkennen und an seinem eigenen Leibe erfahren, warum
uns nur die Wahrheit frei machen kann von den Fesseln körperlicher
und geistiger Verelendung und von der Versklavung unseres Geistes-
und Seelenlebens durch Laster und Süchte.
Die Vorläufer dieses Buches waren unter anderen die Arbeiten
und Schriften der Lebens- und Ernährungsreformer Adolf Just,
Arnold Ehret, Louis Kühne, Dr. Georg Drews, Ferd. Jezek und die
11
vielen Vorkämpfer einer natürlichen Heil- und Lebensweise. Das
Buch von Georg Drews, Chicago, „Unfired Food und Trophotherapy“
gab den letzten Anstoß und die praktische Grundlage, nach der die
Speisenzubereitungen ausgearbeitet wurden. Noch wichtiger aber
waren die von mir zwischen den Kriegen herausgegebenen Bücher
„Die natürliche Ernährung“, „Die Jungmühle, das Bad der Blut-
wäsche“ und die Monatshefte „Lichtheilgrüße“. Diese halfen die sich
ständig mehrenden Erkenntnisse zu klären. Sie wurden in dem vor-
liegenden Buche zusammengefaßt.
Die Drucklegung des Buches ist mir zusammen mit meiner Frau
nur unter schweren persönlichen Opfern und vielen Mühen möglich
gewesen. Es bedurfte mehr als 40jährigen Studiums und emsiger
Forschungsarbeit mit vielen Versuchen am eigenen Körper und eben-
so langer Ernährung von rein pflanzlicher Nahrung nach den Grund-
gedanken der natürlichen Ernährungsgesetze, um die Herausgabe
dieses Buches zu ermöglichen. Diese wäre trotzdem unterblieben,
wenn mir nicht in den schweren Übergangs- und Krisenzeiten nach
dem Kriege ein ständig wachsender Freundeskreis den Wiederaufbau
meines Versandgeschäftes ermöglicht hätte. So wurde denn trotz aller
Widerstände die endgültige Niederschrift, Drucklegung und Heraus-
gabe des Werkes erarbeitet.
Möge es den Menschen, die guten Willens sind,
zum Segen gereichen.
Ahrensburg in Holstein,
Weihnachten 1952.
Walter Sommer
Vorwort zur zweiten Auflage
Nachdem die erste Auflage dieses Buches restlos geräumt wurde,
übergebe ich hiermit der leidenden und aus vielen Wunden blutenden
Menschheit die zweite Auflage. Sie wurde vor der Drucklegung
gründlich durchgesehen und, wo notwendig, erweitert und ergänzt.
Möge das Buch wie die erste Ausgabe vielen Tausenden zum Segen
gereichen und die frohe Botschaft vom natürlichen Leben und den
darin uns zufließenden Segensströmen in die Welt hinaustragen.
Möge es helfen, dem Unfrieden zu wehren und der Menschheit die
Augen über ihre Torheiten zu öffnen, auf daß sie sehend werde.
Ahrensburg, Holst.
Ostern 1958.
Walter Sommer
12
Erster Teil
Unsere Nahrung
13
Einleitung
Dieses Buch will dem kranken suchenden Menschen helfen, den
Weg zur ersehnten vollkommenen Gesundheit zu finden. Dieser ist
ihm in der naturgegebenen einfachen Ernährung von dem, was in
jedem Garten wächst und angebaut werden kann, von Anbeginn an
mit auf den Lebensweg gegeben, aber zum Unglück für den Menschen
nicht eingehalten worden. Der Ackerbau treibende Kulturmensch
unserer gepriesenen Zivilisation lebt vom Ertrag des Ackerbaues,
d. h. von Fleisch, Milch und Brot neben gekochten Feldgemüsen. Die
Menschheit in ihrem augenblicklichen Kulturzustand lebt und ernährt
sich nach dem Grundsatz:
Wald — Axt — Kuh — Acker — Wüste
Zur Erläuterung dieser fünf Worte diene folgendes: Um Fleisch und
vom Tier stammende Genußmittel essen und Milch trinken zu können,
griff der Mensch einst zur Axt und schlug die schützende Walddecke
der Erde mitsamt seinen eigenen Gartenanlagen nieder, um Rinder,
Schafe, Pferde und im Orient Kamele usw. ernähren zu können. Ge-
nügte die dadurch gewonnene Viehweide nicht, um die wachsende
Bevölkerung mit Fleisch, Milch und Brot sättigen zu können, dann
griff der Mensch zum Pflug, riß den Boden auf und betrieb fortan
Ackerbau zur Erzeugung von Viehfutter. Dabei entdeckte er vor Zei-
ten durch den Anbau von Feldfrüchten, Futterrüben und Gräsern
zur Heugewinnung für den Winter, die Möglichkeit der Ernährung
aus den Körnern hochgezüchteter Gräser auf dem Umweg über das
weichmachende Feuer. Sie schufen sich das gebackene Brot. Fleisch,
Milch und Brot wurden die Hauptnahrung der Menschen. Diese Art
der Sättigung durch Brot, Milch und Fleisch von Tierleichen aber ist
nicht naturgegeben. Die Organe des menschlichen Körpers sind von
Natur aus auf die Verarbeitung und Umwandlung von Gartenge-
müsen, Obst und Nüssen im Naturzustand eingerichtet und erschaffen.
Durch das Verspeisen von Brot, Milch und Fleisch samt dem gekochten
Grobgemüse müssen die Organe entarten. Dieser Zustand zeigt sich
dann in den verschiedensten Krankheitserscheinungen.
Der Boden, die Erde aber wird durch die fortschreitende Entwal-
dung, dort wo der Fleisch, Milch und Brot verzehrende Mensch den
Acker dauernd aufriß und neubestellte, das Grundwasser, das Blut
der Erde, verlieren. Die von Wald und Baumwuchs ungeschützte Erde
15
muß unter den Strahlen der Sonne verdorren und im Laufe der Zeit
zur Wüste werden. Die fruchtbare Ackererde wird in trockenen Jah-
ren entweder davonfliegen oder wegen Wassermangel versteppen und
zuletzt verdorren. Das ist bisher das Schicksal aller Kulturlandschaf-
ten gewesen, deren Bewohner sich von Ackerbau und Viehzucht zu
nähren suchten. Auch die Sahara ist durch Abholzung des einst dort
wachsenden wasserreichen Urwaldes durch menschliche Unvernunft
zur Wüste geworden.
In diesem Buche aber wird dem Menschen die natürliche ihm von
Anbeginn zugewiesene Ernährung gezeigt. Diese ist nach den Ergeb-
nissen der besten biologischen Forschungen mit allen wissenschaft-
lichen Hilfsmitteln und nach langjährigen praktischen Erfahrungen
die einzig richtige, die für den Menschen in Frage kommen kann.
Der Inhalt dieses Buches will dem Leser nicht nur die zum Ver-
ständnis notwendigen wissenschaftlichen Erkenntnisse vermitteln,
sondern ihm ganz besonders eindringlich die praktischen Erfahrungen
bringen. Nach diesen kann er sich richten, um seinen Körper in
einen Zustand vollkommener Gesundheit zu bringen. Die im folgen-
den gezeigte Art der Ernährung beruht auf den natürlichen Gesetzen
der Lebenserhaltung. Sie wird den Menschen, der sie einhalten will,
zu ungeahntem Fortschritt auf allen Gebieten seiner körperlichen,
geistigen und seelischen Fähigkeiten führen. Das aber ist die Vor-
bedingung zur Entwicklung der in den Menschen hineingeborenen
Seelenkräfte in dem gesunden Streben seines Geistes nach Voll-
kommenheit.
Die dadurch ermöglichte Gleichrichtung seiner Willensbestrebungen
mit denen der Natur wird dem Menschen den Frieden seiner Seele wie-
derfinden lassen. Dadurch wird er seine Arbeit und seine Unterneh-
mungen im Sinne der natürlichen Gegebenheiten zu gutem, friedlichem
Ende führen. Jeder folgerichtig Denkende wird durch das Lesen
dieses Buches erkennen lernen, daß alles nur erreicht werden kann
durch einfache Ernährung von natürlich gewachsener pflanzlicher
Nahrung in frischem, lebensvollem Zustand. Diese Nahrung ist nicht
nur wirtschaftlich bekömmlich und einladend, sondern zugleich wohl-
schmeckend, sättigend und erfrischend. Sie enthält alle Grundstoffe
für den Aufbau und den Betrieb eines gesunden Körpers.
Es muß hier gleich darauf aufmerksam gemacht werden, daß ge-
kochte Nahrung irgendeiner Art niemals natürlich sein kann, da ihre
Bestandteile durch die zerstörende Kraft der Hitzeeinwirkung bei der
Zubereitung aus ihrer lebenskräftigen, organischen Bindung heraus-
gerissen werden und dadurch für die Erhaltung der Lebenskraft des
Körpers verloren gehen. Durch das Kochen wird die Lebenskraft der
Pflanze vernichtet, die im Pflanzenwuchs gebundene Sonnenkraft und
deren Lichteinwirkung aufgelöst. Die Hitzeeinwirkung löst die auf-
bauenden mineralischen Grundstoffe der Erde aus ihrer organisch
gewachsenen Bindung und bewirkt die Bildung fester, während der
16
Verdauungstätigkeit nicht mehr zu lösender Verbindungen, die dann
entweder als Ballast oder als Reizgifte im Körper wirken. Schon
Temperaturerhöhungen, die über 43 Grad liegen, bringen die lebens-
spendenden Proteine (Eiweißgebilde) zum Gerinnen und töten da-
durch deren Lebenskraft. Die Stärkekörperchen im Getreide und in
den Wurzeln oder Wurzelknollen werden durch das Koch- oder Back-
verfahren gesprengt und dadurch in Kleister verwandelt. Der ent-
stehende wasserlösliche Kleister verdirbt, als Brot oder Getreide-
speise gegessen, die Verdauungsvorgänge und stört die Wandlung der
Säfte in den feinsten Haargefäßen der Blutbahnen. Er verhindert das
schnelle und störungsfreie Arbeiten der Wandlungs Vorgänge in den
feinsten Muskelgewebezellen und ruft dadurch viele krankhafte
Stoffwechselstörungen mit üblen Begleiterscheinungen wie z. B. die
Zuckerharnruhr, hervor. Es ist besser, Brot und gekochte Getreide-
speisen ganz zu meiden, als sich dauernd der Gefahr des Ausbruchs
der verschiedensten Krankheitserscheinungen auszusetzen oder seinen
Körper im späteren Lebensalter verfallen zu sehen. Die organische
Zusammensetzung des natürlichen Frucht-, Trauben- und Wurzel-
zuckers in den natürlich gewachsenen Nahrungsmitteln wird in der
Hitze des Kochens vernichtet. Der Zucker wird dadurch fest und
nicht mehr so leicht wandlungsfähig wie in seinem natürlichen,
organisch gewachsenen Aufbau. Er wird deshalb für den Lebens-
betrieb so gut wie unbrauchbar. Durch den in der Siedehitze erzeug-
ten chemisch reinen Fabrikzucker entstehen Magen- und Darm-
katarrhe verschiedenster Art deshalb, weil der Kunstzucker ein
chemisch reines Erzeugnis ist. Ihm fehlt jeder natürliche Mineral-
stoffgehalt vollständig. Er wirkt deshalb wie eine fressende Säure.
In der Bratpfanne geschmolzene öle und Fette sind, wie später
bewiesen wird, so gut wie unverdaulich und bewirken daher in den
Lebensvorgängen des Körpers schwere Störungen. Mit anderen Wor-
ten: In der Koch- und Siedehitze veränderte Nahrung wird in den
Verdauungs Vorgängen nicht richtig und natürlich verarbeitet, sondern
beginnt dort zu faulen und in Gärung überzugehen. Außerdem
nimmt der weichgekochte Brei den Zähnen die Arbeit und gibt des-
halb auch keine Anregung für den Speichelfluß und die Absonderung
der Magensäfte. Er nimmt den Organen der Verdauung und Um-
wandlung die notwendige Betätigungsmöglichkeit, verwirrt, überreizt
und verdirbt den Säftefluß der Verdauungs Vorgänge und legt damit
die Grundlage zu allen Krankheitserscheinungen.
Die natürliche Art der Ernährung, die in diesem Buche begründet
wird, regt im Gegensatz dazu alle natürlichen Vorgänge im Körper
an. Allein durch natürlich gewachsene, rein pflanzliche Nahrung in
ungekochtem Zustand kann die Grundlage zur Erhaltung eines ge-
sunden Körpers, eines schaffensfrohen Geistes und einer sinnigen
Seele gelegt werden. Mit Hilfe der entgiftenden und aufbauenden
Grundstoffe in der natürlich gewachsenen, durch Feuershitze nicht
2 Sommer, Ernährung
17
veränderten Nahrung kann der Mensch seinen Körper rein erhalten,
alle seine körperlichen und geistigen Krankheiten heilen und alle
unmoralischen, lasterhaften Neigungen auslöschen.
Esistdieunnatürliche Ernährungmit demKoch-
topf, dem Backofen und der Bratpfanne, welche
die Erhaltung der natürlichen L e b e n s v o r g ä n g e
im Körper, den Stoffwechsel, stört, die natürlichen
Wachstums Vorgänge erschwert und verdirbt, die Ergänzung und Er-
neuerung des Zellgewebes des Körpers verzögert, Blutarmut, Bleich-
sucht und organische Schwäche zeugt, unordentlichen Lebenswandel
begünstigt, den Grund zu abnormalem Verlangen nach auf peitschen-
den Genußgiften und zum Rauschtrank legt und direkt oder auf Um-
wegen fast alle die körperlichen, geistigen und moralischen Krank-
heiten und Schmerzen hervorruft, welche das Erbteil einer unwissen-
den, schlecht beratenen, getäuschten, verführten und verdorbenen
Menschheit sind.
Jeder Versuch, die natürlich gewachsenen, rein pflanzlichen Nah-
rungsmittel zu verbessern oder gar zu ersetzen, wird und muß, wie
die Erfahrung lehrt, in körperlichen Krankheiten, geistiger Unlust
und seelischen Störungen enden.
Jeder unnatürliche Gedanke und jede unnatürliche, den Naturge-
setzen widerstrebende Handlungsweise in der Lebensbetätigung der
Menschheit trägt in sich selbst die Ursache ihrer eigenen Zerstörung.
Daher erzeugt jede Vergewaltigung unserer Nahrung in der Zuberei-
tung und jede Missetat gegen die Lebens Vorgänge im Körper des
Menschen eine natürliche Gegenwirkung, eine Reaktion oder Krise,
um die zu erretten und zu erlösen, welche durch die entstehenden
Schmerzen die natürlichen Lebensgesetze beachten lernen. Wer aber
diese zur Gesundung führende Krise, Krankheit genannt, mit Hilfe
von Arzneien oder Operationen zu unterbinden sucht, der wird die
Krise mit ihren unangenehmen Begleiterscheinungen in den ver-
schiedenartigsten Krankheiten wohl zeitweilig unterdrücken können.
Sie wird dann später als chronische Krankheit, oft in einer anderen
Form, wieder in Erscheinung treten, um dann nach schmerzhaftem
Krankenlager in einer Katastrophe zu enden.
Lebensfrische, natürlich gewachsene Nahrung,
frisches Wasser, frische Luft und Sonnenlicht,
körperliche Betätigung und ruhiger Schlaf nach
Eintritt der Dunkelheit sind die einzig zulässigen
Heilmittel. Die natürliche Art der Ernährung wird dem Men-
schen gleichzeitig den mächtigsten Ansporn zu seiner weiteren Ent-
wicklung geben und die Gesetze der Lebenserhaltung in der Natur
erst voll zur Auswirkung bringen.
Am Wasser, an der Luft, am Sonnenlicht ist nicht viel zu ändern.
Körperliche Betätigung in frischer Luft und ruhiger Schlaf sind
selbstverständliche Voraussetzungen zur Gesundheit. Das sind Natur-
18
gegebenheiten, die unserem Willen nur bedingt unterstehen. Was wir
beachten müssen ist unsere Ernährung. Diese können wir unserer
Erkenntnis entsprechend ändern und nach den Naturgesetzen zur Er-
haltung des Lebens ausrichten. Die landesübliche Ernährung von im
Feuer zubereiteten Fleisch-, Fisch- und Milchspeisen, von Brot und
gekochten und gebackenen Getreidezubereitungen wie Kuchen,
Breien und Grützen und von gekochten Grobgemüsen macht uns
krank, wie gezeigt wurde. Es ist darum die natürliche lebensfrisch
gewonnene und ohne Erhitzung zubereitete pflanzliche Nahrung das
Wichtigste, was zur Genesung der Menschen erforderlich ist. Damit
drängt sich uns die Frage auf:
Was ist für den Menschen seine natürlich gewachsene Nahrung?
Um die Antwort auf diese Frage folgerichtig entwickeln zu können,
müssen wir uns erst klar werden, was die Nahrung für das Lebewesen
bedeutet. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses lebendige Wesen eine
Pflanze, ein Tier oder ein Mensch ist. Wir müssen uns deshalb zuerst
die Frage vorlegen: Was ist Nahrung?
Frisches Wasser, frische Luft, Sonnenlicht, Körperübung, Wechsel
zwischen Wachen, Arbeiten und Schlafen sind bekannte Lebensbe-
dürfnisse bzw. Lebensäußerungen des Menschen und der Tierwelt.
Diese können praktisch nicht verändert werden und bedürfen daher
keiner weiteren Erläuterung. Über die Nahrung aber beginnt sich in
den letzten Jahren eine für unsere Gesundheit günstige Wandlung
der Ansichten in der Vorstellungswelt der Menschen anzubahnen. Es
ist deshalb wichtig, diese Frage aufzuwerfen und aus unseren bis-
herigen Erkenntnissen das für den Menschen Notwendige und Natür-
liche herauszuschälen.
i.
Was ist Nahrung?
Die einfachste Antwort auf diese Frage wäre wohl: Das, was wir
essen, ist unsere Nahrung. Aber der einfache Augenschein lehrt uns,
daß das nicht stimmt. Wir wissen z. B., daß ein Stück Vieh, richtig
und gesund ernährt, sich prächtig entwickelt, ein glattes Fell zeigt
und gesunde, kräftige Nachkommen zeugen kann. Wir können dem-
selben Tiere etwas als Nahrung verabreichen, durch das es wohl dick
und fett wird, bei der aber gleichzeitig das Fell krankhaft entartet,
weil durch sie die Drüsentätigkeit der inneren Organe und die Blut-
bildung gestört wird. Daraus entstehen dann z. B. Knochenmißbil-
dungen, die bei Mastschweinen oft so weit getrieben werden, daß die
Beine den Körper nicht mehr tragen können. In dem einen Fall
sehen wir, das, was wir dem Tier als Futter gaben, verhalf
seinem Körper, seinen Organen, seinem Fleisch, seinen Knochen und
19
seinen Blutgefäßen usw. zur richtigen, gesunden Entwicklung. Im
zweiten Beispiel wurde das Tier durch das, was ihm gereicht wurde,
krank. Wirklich gesunde Nahrung für das Tier ist daher immer nur
das, was den inneren Aufbau der Organe, der Haut, der Knochen,
der Muskeln und der Gewebe richtig weiterentwickelt, kräftigt und
in bester Gesundheit erhält. Für den Menschen die Frage „Was ist
Nahrung?“ zu beantworten und die Grundgesetze aufzustellen über
das, was für ihn die richtigen und natürlichen Nahrungsmittel sind,
das ist die Aufgabe dieses Buches.
Die Beantwortung ist keineswegs so einfach, wie es im ersten
Augenblick aussieht; denn wenn das, was die Menschen heute essen,
für ihre Organe, ihr Blut und ihre Knochen, für die Entwicklung
ihrer inneren Säfte usw. das Richtige wäre, dann müßten sich alle
Menschen in prächtiger Gesundheit entwickeln. Sie müßten alle, ohne
Ausnahme, ein hohes und zufriedenes Alter erreichen und bis zum
Schluß schaffensfreudig, kräftig und leistungsfähig sein. Sie würden
dann nicht, wie es heute an der Tagesordnung ist, vorzeitig und mit
Schmerzen sterben, sondern einem normalen, zufriedenen Alterstod
erliegen. Sie würden dann nicht einem Versagen der inneren Organe
zum Opfer fallen oder an Krankheiten körperlicher, geistiger oder
seelischer Art leiden, durch die sie massenweise in Krankenhäusern,
Irrenanstalten und Gefängnissen verderben.
Was ist denn die natürliche Nahrung des Men-
schen?
Ehe wir diese Frage beantworten können, müssen wir uns ein
wenig in der Natur umsehen, um zu erfassen, aus was eigentlich das
Leben besteht, das wir durch unsere Nahrung aufrecht erhalten
wollen.
Das Lebenswunder im Pflanzenwuchs
Wir sehen in der Natur, wie sich die Fläche der Erde in jedem
Frühjahr neu mit einem grünen Teppich überzieht, wie die Bäume,
Sträucher und Kräuter immer wieder neue Blätter, Blüten und
Früchte entwickeln, die lieblich anzusehen und gut zur Speise sind.
Alle diese Lebenserscheinungen der Erde wachsen offensichtlich auf
dem Boden, wo sie stehen. Sie müssen daher ihre Nahrung dem
Boden entnehmen. Dieser besteht aus zerfallenen und verwitterten
Felsen, Erden, Lehmen, Sanden und Steinen. Wie ist es möglich, daß
der üppige Pflanzen wuchs in der unberührten Natur sich aus den
Bestandteilen dieser obersten Erdschichten entwickeln kann?
Die Pflanze entwickelt sich ja nicht aus Erde allein, sondern sie
lebt hauptsächlich durch ihren Blattwuchs, durch das grüne Blatt von
den Bestandteilen der Luft. Das ist wohl zu beachten. Den Kohlen-
stoff nämlich, der im Holz und Astwerk offensichtlich zu Tage tritt,
wenn wir den Baum oder Strauch verbrennen und den Verbren-
nungsprozeß nicht restlos durchführen, diesen Kohlenstoff kann die
20
Pflanze nicht der Erde entnehmen. Im Lehm, im Sand, in den Ge-
steinen auf der Erde ist durchweg kein Kohlenstoff enthalten, außer
er sei in die obere Kulturschicht des Bodens in die Humuserde durch
abgefallenes Laub, verwesendes Holz und absterbende Pflanzen-
wurzeln hineingekommen. Die Pflanze bezieht ihren Gehalt an Koh-
lenstoff, der offensichtlich der wichtigste Bestandteil ihres Daseins
ist, aus der Luft. Die Luft ist daher für die Pflanze das wichtigste
Nahrungsmittel, das es für sie gibt. Deshalb entwickelt jeder Pflan-
zenwuchs in jedem Jahr von neuem eine immer mächtiger werdende
Krone mit üppig wucherndem Bestand an Blättern und grünen Pflan-
zenteilen. Die Pflanze gewinnt den Kohlenstoff aus der in verhält-
nismäßig kleinen Mengen in der Luft vorhandenen Kohlensäure. Die
Kohlensäure wird vom grünen Blatt aufgenommen und unter dem
Einfluß des Sonnenlichtes in ziemlich genau bekannten Vorgängen
gespalten und verwandelt. Es scheidet dabei einen Teil des an die
Kohlensäure gebundenen Sauerstoffes, der ja an sich ein Bestandteil
der Luft ist, aus und verwandelt die Kohlensäure auf dem Umweg
über die Gerbsäure oder der Gerbsäure ähnlichen Pflanzensäuren
durch Verbindung des Kohlenstoffes mit Wasserstoff und Sauerstoff
in Zucker oder Kohlehydrate. Die Zuckerstoffe sind das Endprodukt
der Lebensäußerungen des grünenden Pflanzenwuchses. Sie bedürfen
aber zu ihrer Entwicklung nicht nur der Kohlensäure der Luft unter
der Einwirkung des Sonnenlichtes, sondern auch noch einer entspre-
chenden Menge Wassers. Dieses Wasser muß sich die Pflanze zur
Hauptsache durch ihre Wurzeln aus dem Boden holen. Damit haben
wir die drei wichtigsten Bedingungen und Voraussetzungen erfaßt,
die zur ordnungsmäßigen Ernährung der Pflanze unumgänglich not-
wendig sind. Es sind das Sonnenlicht, das Wasser und die Kohlen-
säure der Luft. Die Kraft- und Lichtwirkung des Sonnenlichtes auf
die Pflanzen ist als wesentlicher Bestandteil der Nahrung aufzufas-
sen, da ja ohne diese Lichtwirkung eine Verwandlung der Kohlen-
säure und des Wassers in Zuckerstoffe nicht möglich ist. Die Farb-
wirkungen in der Strahlkraft des Sonnenlichtes sind rot, blau und
gelb. Durch Brechung der Lichtstrahlen z. B. in den Wasser tropf chen
der Regenwolken entsteht aus ihnen das Farbenspiel des Regen-
bogens. Gelb und blau zusammen aber erscheinen dem Auge als grün.
Die Ausnutzung der Kräfte im Sonnenlicht bei der Umwandlung
der Kohlensäure und des Wassers zu Zuckerstoffen erfolgt durch das
Chlorophyll in den Blattgrünkörperchen, die der Pflanze ihr grünes
Farbenkleid geben. Diese Blattgrünkörperchen wirken dabei als
intensive Farbfilter; denn die Pflanze benötigt zur Umwandlung der
Kohlensäure und Entwicklung der Zuckerstoffe hauptsächlich die
Kräfte der roten Strahlen im Lichte der Sonne. Deshalb müssen die
blauen und gelben Lichtwirkungen kräftig ausgeschaltet werden.
Diese werden durch den Farbstoff in den Blattgrünkörperchen abge-
schirmt und zurückgestrahlt. Sie werden dem Auge sichtbar als die
21
grüne Farbe der Blätter. Die Rotlichtstrahlkraft im Licht der Sonne
aber wird intensiv und vollständig vom Blatt aufgesogen, um bei der
Verwandlung der Kohlensäure in Zuckerstoff Verwendung zu finden.
Sie wird so vollkommen ausgewertet, daß sie dem Auge völlig ent-
zogen ist.
Die Blattgrünkörperchen sind nun ganz anders geartete Gebilde
als die zuckerhaltigen, wasserführenden Faserstoffe, aus denen sich
das Gerippe der Blätter, die Fläche derselben und überhaupt das
ganze Gebilde der Pflanze mit seinen Blättern, Stengeln, Blattrippen,
Zweigen, Ästen und Stämmen zusammensetzt. Die Blattgrünkörper-
chen bauen sich wohl zum größten Teil auf aus Zuckerstoffen, aber
es ist außer Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasser noch der andere Be-
standteil der Luft, den wir Stickstoff nennen, darin enthalten. Wäh-
rend nun der Sauerstoff die Lebensäußerungen anregt und fördert,
dient der Stickstoff gewissermaßen als Verdünnungsmittel der Luft,
um die Wirkung des Sauerstoffs nicht zu arg werden zu lassen. In
dem Gebilde der Blattgrünkörperchen aber ist dieser Stickstoff mit
in die Zuckerstoffe eingebaut und bildet damit ein sogenanntes Pro-
toplasmakörperchen, ein Protein- oder Eiweißkörperchen, dessen
Grundbestandteile etwa denen unserer roten Blutkörperchen ent-
sprechen, aus deren Wirksamkeit sich die Muskeln unseres Körpers
aufbauen und erneuern.
Das Blattgrünkörperchen enthält außer diesen in der Luft und im
Wasser enthaltenen Bestandteilen noch Mineralstof fe, das heißt Stoffe,
die dem Boden entnommen sind, vor allen Dingen Magnesium. Die
innige Verbindung des Magnesiums mit dem pflanzlichen Material
erzeugt die grüne Farbe des Blattgrünkörperchens. Wenn im Blatt-
grünkörperchen Magnesium enthalten ist und dieses dem Boden ent-
nommen wurde, so muß der Boden diese Stoffe hergegeben haben.
Magnesium oder Bittererde findet sich im Boden gewöhnlich als
Magnesium-Silikat. Es ist eine häufige Beimengung zum Kalkgestein
und zum Mergel. Da Kalkverbindungen eigentlich ein Bestandteil
fast aller Gesteinsarten und Erden sind und sich das Magnesium als
Beimischung findet, so hat ja die Pflanze durch ihre Wurzeln die
Möglichkeit, diese und alle anderen Mineralstoffe aus dem Boden
heraus zu holen. Die Frage ist nun: Wie macht sie das?
Alle Mineralstoffe, Silikate, Kalkgesteine, Erden, Aluminiumver-
bindungen oder Aluminiumsilikate, wie die Löß- und Tonarten oder
unter welchem Namen wir die verschiedenen Mineralien und Gesteine
oder Erden kennen, sind an sich wasserunlöslich. Sie türmen sich
unter Umständen zu hohen Felsgebirgen auf, die im Sonnenglasfluß
während der einstigen Sonnennatur unserer Erde verglasten, d. h. im
Glasfluß zerschmolzen und in diesem Zustand erkalteten und kristal-
lisierten. Kristallisiert bilden sie jetzt die Felsen und Gesteine. Glas
und Glasflüsse sind gegen Auflösung im Wasser sehr widerstands-
fähig. Sie behalten ihren Charakter und werden nur langsam an der
22
Oberfläche durch die Einwirkung von Frost und Hitze, Wasser, Luft
und Sonnenschein verwittern, d. h., die festgefügte, felsige Masse
wird zerbröckelt und staubfein gelöst. Dieser feine Staub wird dann
von den Felsen durch Regen, Schnee und Niederschläge in die Täler
heruntergespült. Hier bildet er dann die Oberflächenschichten, die als
ganz besonders fruchtbar, d. h. das Wachstum der Pflanzen anregend,
bekannt sind. Aber auch der durch Verwitterung feingelöste Staub
der Felsen und Gesteine, die im Schlamm gelösten Bestandteile der
Aluminiumsilikate, der Tone und Lehme, der Feldspate und Gneise,
der Granite, der Basalte und all der übrigen Gesteine und Erdmine-
ralien lassen sich trotzdem nicht ohne weiteres so fein lösen, daß sie
von den Wurzeln aufgenommen werden könnten, dazu bedarf es noch
weiterer Vorarbeiten.
Die Pflanze kann sich oft dadurch helfen, daß sie aus dem Mineral-
stoffreichtum des Bodens die Leicht- und Erdenmetalle, die darin
enthalten sind, durch organische Säuren zu lösen sucht, die sie selbst
ausstrahlt. Wir sehen, daß sich auf einer polierten Marmorfläche z. B.
das feine Fasernetz einer Pflanzenwurzel abzeichnet, wenn wir diese
auf die polierte Fläche legen, mit Sand bedecken und diesen dauernd
feucht halten. Durch die Einwirkung des Wassers wird die polierte
Fläche keine Veränderung erleiden, aber durch die in der Pflanze
bzw. im grünen Blatt der Pflanze sich entwickelnden Wurzelsäuren,
die im Blatt als Vorstufe bei der Bildung der Zuckerstoffe wirkten,
ist es der Faserwurzel der Pflanze möglich, den Felsen, in unserem
Fall den polierten Marmor oder Kalkstein, aufzulösen. Dann zeichnet
sich das feine Geäder auf der Fläche ab. (Dieser Versuch läßt sich
nur mit weichem Kalkgestein durchführen.) Die Faserwürzelchen, die
auf der Oberfläche der Erde die Lösung der schon in Verwitterung
übergegangenen oberen Erdschichten durchziehen, sind in dieser Be-
ziehung für das Pflanzenwachstum die wichtigsten. Sie versorgen das
grüne Blatt mit den Mineralstoffen, die zur Erhaltung der Lebens-
tätigkeit sowohl als auch zum Aufbau der Pflanzen selbst notwendig
sind. Wir sahen die Wichtigkeit z. B. des Magnesiums im Aufbau
und in der Wirksamkeit der Blattgrünkörperchen. Es würde zu weit
führen, hier zu zeigen, daß sich der Kalkgehalt des Bodens in anderer
Weise in der Pflanze auswirkt resp. von der Pflanze eingesammelt
wird. In wiederum anderer Weise wird der Kalium- und der Natrium-
gehalt der Sande und der Aluminiumgehalt der Lehme und Tone
und der verwitterten Gesteine der verschiedenen Erden in der Pflanze
gebraucht und dringend benötigt. Das Felsenmaterial setzt sich zu-
sammen, wie schon erwähnt, aus den Silikaten, den Fluoraten, den
Phosphaten, den Sulfaten usw., der Leicht- und Schwermetalle. Die
für den Pflanzenwuchs und auch für die Erhaltung des tierischen
Lebens wichtigsten Leichtmetalle seien in diesem Zusammenhänge
erwähnt. Es sind Natrium, Kalium (Pottasche), Aluminium (Lehm
oder Ton), Kalzium (Kalk) und Magnesium (Bittererde). Die wichtig-
23
sten Schwermetalle sind vor allem Eisen und in Spuren alles, was
der Boden nur hergeben kann wie Kupfer, Mangan, Nickel, Kobalt,
ja, auch Gold und Silber. Es gibt eigentlich nichts in den Bestand-
teilen des Bodens, was sich nicht in mehr oder weniger großen Men-
gen oft nur in feinsten Spuren auch im Aufbau des Pflanzenwuchses
und im Körper von Mensch und Tier wiederfindet. Während die
Leichtmetalle in verhältnismäßig größeren, d. h. wägbaren Mengen
zur Erhaltung des Lebens und der Lebensäußerungen gebraucht wer-
den, wird von den Schwermetallen nur das Eisen in wägbaren Men-
gen benötigt, während die übrigen nur in Spuren zu finden sind. Wir
werden später sehen, wie wichtig für die Lebensäußerungen gerade
die sogenannten Spurenelemente sind, d. h. die Grundstoffe, die nur
in Spuren im Körper von Mensch und Tier gefunden werden.
Es ist nun nicht so, daß die Pflanze einfach durch die Ausstrahlung
von Wurzelsäuren allein das erdige und felsige Material lösen und
zur Aufnahme fähig machen könnte. Die erdigen und felsigen Be-
standteile müssen vielmehr so fein zerlegt, ja in ihre ursprünglichen
atomischen Bausteine aufgelöst werden, daß sie gemeinsam mit dem
Wasser im Saft der Pflanzen die Membranen und die Poren und später
im Körper von Mensch und Tier die durchlässigen Hautschichten der
einzelnen Organ- und Gewebezellen durchdringen können. S i e
müssen nicht nur in mikroskopisch feinster Zer-
teilung vorgebildet, sondern in molekular-atomi-
scher Feinheit, d. h. feinstofflich zerlegt werden,
um im Pflanzenwuchs und später im Körper von Mensch und Tier die
benötigten Bindungen zum Aufbau der Gewebe leicht und schnell
eingehen zu können.
Um diese feinstoffliche, atomische Auflösung zu bewerkstelligen,
bedient sich die Natur eines lebendigen Zwischengliedes, das in den
Oberflächenschichten der Erde vor allem in der sogenannten Humus-
schicht wirksam ist. Dieses Zwischenglied ist die Kleintierlebewelt,
ohne deren Vorhandensein der üppige Pflanzenwuchs der Natur sich
nicht entwickeln könnte, da ohne sie die mineralischen Bestandteile
des Bodens nicht in genügender Feinheit zur Verfügung stehen wür-
den. Die durch Verwitterung gelösten Erden und Gesteine, die Lehme
und Sande, werden durch die Wirksamkeit des mikroskopisch feinen
Bodenlebens, durch „das Leben im Ackerboden“, wie Dr. R. France
sich ausdrückt, weiter zerlegt und zerteilt. Die Lebewesen im Acker-
boden vom Regenwurm herab bis zum mikroskopisch feinsten Orga-
nismus fressen die Erde, um die in der Erde verwesenden zucker-
oder kohlenstoffhaltigen Rückstände des Pflanzenwuchses in sich auf-
zunehmen und dadurch ihr eigenes Leben zu erhalten. Beim Durch-
gang der Erde durch den Körper dieser oft mikroskopisch kleinsten
Lebewesen werden die sich findenden feinsten pflanzlichen Rück-
stände in ihrem Körper verwertet, die mineralischen Bestandteile
aber nach dem Durchgang durch den Körper der Mikroorganismen
24
als Stoffwechselrückstände atomisch feinst zerteilt ausgeschieden. Wir
finden sie beim Regenwurm als kleine, feinst verriebene Erdhäufchen,
die das Loch umgeben, durch das er schlüpft, wenn er an die Ober-
fläche will. Der Regenwurm und noch mehr die Mikroorganismen
lösen durch das Mitverzehren der Erde bei der Nahrungsaufnahme
diese in so feine Formen auf, wie sie nachzuahmen uns Menschen
kaum möglich sein wird. Das aber, was z. B. der Regenwurm in der
Erde hinterläßt, das fressen wiederum die kleinen und kleinsten
Lebewesen und zuletzt die Mikroorganismen, die jetzt allgemein be-
kannt geworden sind als Viren. Durch diese Lebewelt im Ackerboden
wird eine immer feinere Zerteilung der Bestandteile der Erde in den
obersten Schichten bewirkt, soweit die Strahlen der Sonne noch tieri-
sches oder pflanzliches Leben ermöglichen. Ist dieser Zustand in seiner
idealen Form erreicht, dann sprechen wir von einer Bodengare, von
einem humosen Boden. Das beste Beispiel von dem Zustand eines
solchen Bodens liefert uns der Wald.
Wir erhalten hier schon eine Antwort auf die Frage: Was ist Nah-
rung? Wir erkennen, daß für die Kleinstlebewesen im Ackerboden
der Begriff Nahrung etwas ganz anderes ist als für die Pflanze, die
ihren Hauptbedarf aus der Luft nimmt, und dementsprechend auch
etwas anderes für Mensch und Tier sein muß, die ihrerseits wieder
von der Pflanze leben wollen.
Wenn nun die mineralischen Bestandteile im Ackerboden durch
die lebenswichtige Arbeit der Kleintierlebewelt gelöst werden sol-
len, so ist dazu selbstverständlich eine gewisse Menge von Was-
ser oder Feuchtigkeit im Boden notwendig. Eine Lebensäußerung
ist doch nur möglich, wenn Wasser, Luft und Sonne vorhan-
den sind. Um ein gut gewachsenes gesundes Nahrungsmittel für
den Menschen zu erzeugen, bedarf auch das Leben im Boden als
Vorbedingung zur Lösung der erdigen Bestandteile einer gewissen
Durchlüftung oder besser einer Entlüftung zur Fortschaffung der gas-
förmigen Stoffwechselrückstände aus ihren Lebensäußerungen, vor
allem der Kohlensäure. Wir dürfen daher den Boden nicht verkrusten
oder verschlammen lassen, sondern müssen ihn so locker und in sol-
chem Zustand halten, wie es uns der Zustand des natürlichen Wald-
bodens zeigt. Die vergehenden und durch Frost und Feuchtigkeit ge-
lösten Rückstände der sommerlichen Lebenstätigkeit der Pflanze sind
das Ideal der Bodendecke, aus dem die Pflanzen als Nahrung für
Mensch und Tier in üppigster Weise hervorwachsen können. Wenn
durch das Leben im Ackerboden, durch den zerfallenden Pflanzen-
wuchs in demselben, durch Einwirkung von Regen, Luft und Son-
nenschein eine Bodengare, eine wundervolle Humusschicht auf der
Fläche der Erde entstanden ist, dann wird der Pflanze die Arbeit
der Auflösung der erdigen Bestandteile, der Mineralstoffe, der Leicht-
und Schwermetallverbindungen in der Erde durch die Lebensäuße-
rungen der Bakterien und Mikroben ebenso erleichtert wie durch die
25
/
Kleinsttierlebeweit. Wenn die Erde durch die Körper dieser Lebe-
wesen im Ackerboden hindurchgeht, entsteht eine mikroskopisch feine
Lösung, ja vielleicht eine Lösung, die noch feiner ist, als wir im
Mikroskop wahrnehmen können. Es zeigt sich bei den heute weit
vorgeschrittenen Bodenuntersuchungen, daß es noch Lebewesen im
Boden geben muß, die wir selbst mikroskopisch nicht wahrnehmen
können, die sich aber durch die vorhandene Reaktion ihrer Stoff-
wechselrückstände als vorhanden erwiesen haben. Diese feinstoffliche
Zerlegung der humosen Erdschichten durch die dort lebende Kleinst-
tierlebeweit und die Wirksamkeit der Bodenbakterien und Viren
erhält die Pflanze auch die im Glasfluß erstarrten, kristallharten
mineralischen Bestandteile der Erden und Gesteine in einer Form
dargeboten, die für sie brauchbar ist. Wenn in einem solchen humosen
garen Boden die feinsten Faserwürzelchen der Pflanze ein feines
Tröpfchen ihrer oben erwähnten Pflanzensäure ausstrahlen, so wird
die Säure sich an den derart feinstofflich gelösten, d. h. atomisierten
mineralischen Bestandteilen des Bodens sättigen. Die Pflanze wird die
so entstandenen basischen Verbindungen an sich reißen und sich mit
ihnen verbinden. Diese basischen Verbindungen werden an den
Spitzen der Faserwürzelchen niedergeschlagen. Das Würzelchen
wächst durch diesen ständigen Zuwachs in die Länge und die Dicke.
Die festen Bestandteile des Bodens, die Erdmineralien, werden da-
durch zum festen lebendigen Bestandteil der Pflanze. Sie werden
nach innen zu je nach Bedarf wieder aufgelöst und ziehen als auf-
steigender Saft mit der Bodenfeuchtigkeit in die Blätterkrone der
Pflanze. Die so entstandenen organischen Gebilde der erdigen
Grundstoffe sind die ergänzenden lebendigen Aufbaustoffe in der
Nahrung der Pflanze. Ihr Vorhandensein ist die Voraussetzung für
den Einbau in den Körper des Menschen, wenn er gesund werden
und bleiben will.
Wir ersehen aus diesen kurzen Andeutungen, daß es sehr wesent-
licher und mannigfacher Vorbereitungen bedarf, ehe die Pflanze
fähig ist, die Bestandteile des Bodens aufzunehmen und in ihre Zell-
gewebe, in ihre Organe und lebenswichtigen Bestandteile so einzu-
bauen, daß sie ihren vorgesehenen Zweck auch tatsächlich erfüllen
können. Das zu beachten, ist sehr wichtig; denn man könnte ja
versucht sein, ganz einfach der Pflanzenwurzel chemische Lösungen
der benötigten Stoffe zuzuführen und anzunehmen, daß die Pflanze
diese Stoffe in ihrem Aufbau verarbeitet und tatsächlich auch in ihr
Zellgefüge lebensrichtig einbaut. Derartige Versuche haben sich nach
anfänglichen Scheinerfolgen letzten Endes bisher noch immer als
Täuschungen erwiesen. Wir dürfen nicht vergessen, daß alle anorga-
nischen Verbindungen, ob basischer oder saurer Art, in grob chemi-
scher Form sich im lebendigen Saftstrom von Mensch und Tier als
Gift auswirken, d. h., sie tragen in sich lebenzerstörenden Charakter.
Wasserlösliche Salze der erdigen Grundstoffe können wohl vom Saft
26
der Pflanze durch osmotische Zellwanddurchdringung aufgenommen
werden, aber sie werden nicht naturbestimmt in das lebendige Zell-
gefüge eingebaut, sondern zwischengeschoben und täuschen so ein
üppigeres Wachstum vor. Sie sind die Ursache der vielen Boden- und
Pflanzenkrankheiten unserer Tage. Nur wenn die vom Leben vorge-
sehenen Naturkräfte in der vorbeschriebenen umständlichen Art und
Weise die Bestandteile der Erde gelöst und vorbereitet haben, nur
dann baut die Pflanze sie organisch und lebenskräftig in ihren Kör-
per ein. Nur dann können sie mit der Pflanze, die wir als Nahrung
verzehren, in unserem eigenen Körper als aufbauende „Nährstoffe“
wirksam werden.
Um ihre Nahrung aus dem Boden zu holen, schlägt die Pflanze ihre
Wurzeln in das Erdreich. Die wassersuchenden Wurzeln gehen dabei,
soweit es möglich ist, bis auf die Grundwasserschichten hinab, wäh-
rend die nahrungsuchenden sich nur in den obersten Erdschichten
finden. Um den Aufbau der Pflanze zu ermöglichen, bedarf es aber
nicht nur der Bestandteile des Bodens, sondern wir sahen, daß der
Hauptteil ihres Nahrungsbedarfes aus der Luft stammt. Unter der
Einwirkung des Sonnenlichtes gewinnt die Pflanze die Fähigkeit, die
Kohlensäure aus der Luft herauszuziehen, diese zu spalten und den
Kohlenstoff darin für sich zu verwerten, während der Sauerstoff
teilweise wieder an die Luft abgegeben wird. Das sind uns bekannte
Vorgänge. Aber es spielen sich zum Aufbau des Samens, der Samen-
und Keimanlage und beim Aufbau der Blattgrünkörperchen noch
andere Vorgänge ab, die zu ergründen und zu erforschen dem
menschlichen Geiste noch nicht vollständig möglich war. Es ist die
Umwandlung und der Einbau des Stickstoffes der Luft in die
Pflanze zur Erzeugung der Protoplasmastoffe, auch Proteine oder Ei-
weißstoffe genannt, welche die Träger des Blattgrüns, des chemisch
wirksamen Farbstoffes im Blatt, und die Träger der Keimanlage im
Samenkorn sind. Alles versucht der menschliche Geist im Aufbau
der Pflanze zu erforschen, nur dieser Teil des pflanzlichen Lebens ist
ihm noch Geheimnis geblieben. Wir finden, daß z. B. die Tanne auf
dem höchsten Berggipfel noch Fuß fassen kann und hier, nur in ge-
lockerten und verwitterten Gesteinsritzen sitzend, ihre Wurzeln in
den Boden schlägt, ohne je die Möglichkeit zu haben, auch nur ein
Atom an Stickstoff der Erde und dem Boden entnehmen zu können.
Trotzdem entwickelt die Tanne, auf festem Felsengrund stehend, ein
prächtiges grünes Kleid voller Farbstoffträger oder Blattgrünkör-
perchen, und eine üppige Fülle von Tannenzapfen und damit von
Samenträgern. Blüte und Befruchtung geht vor sich und damit auch
die Bildung von Keimplasma und Proteinen, ohne daß wir auch nur
den geringsten Anhaltspunkt dafür haben, daß die dort oben stehen-
den Tannen den dazu benötigten Stickstoff dem Boden entzögen. Es
gibt für sie nur die einzige Möglichkeit, den zur Entwicklung der
Samenanlage und des Samens lebenswichtigen Stickstoff aus der Luft
27
zu entnehmen. Je üppiger sich eine Pflanze entwickeln soll, desto
lebhafter muß der Luftwechsel und das flutende Sonnenlicht sein.
Gleichzeitig muß genügend Wasser zur Verfügung stehen und die
Witterungsverhältnisse müssen eine Lockerung des Bodens und
seiner Bestandteile hervorrufen. Damit haben wir festgestellt:
Die der Pflanze zukommende Nahrung sind: das Sonnenlicht, die
Luft, das Wasser und die im Boden gelösten erdigen Bestandteile.
Licht, Luft, Wasser und erdige Bestandteile sind die vier Grund-
lagen alles pflanzlichen, und damit auch die Grundlagen alles tieri-
schen Lebens. Wir wollen uns das von vornherein fest einprägen und
uns immer daran erinnern, umso leichter werden wir verstehen, daß
auch zur Aufrechterhaltung des menschlichen Lebens die gleichen
Grundgesetze maßgebend sein müssen, nämlich Licht, Luft, Wasser
und die erdigen Bestandteile des Bodens, vorbereitet und getragen
von den Kohlehydraten des Pflanzenwuchses, d. h., gebunden an die
Zuckerstoffe der Pflanze und ihrer Säfte, ergänzt durch die Abkömm-
linge der Zuckerstoffe, die pflanzlichen Fette und Proteine oder Ei-
weißstoffe.
Die Pflanze hat zum Herausholen der erdigen Bestandteile eine
feste Verbindung mit der Erde durch ihr Wurzelwerk und hat daher
einen festen, unverrückbaren Standort. Das tierische Leben hat
keinen festen Standort, es hat keine feste Verbindung mit der Erde
und dem Boden, es unterscheidet sich im Gegenteil von der Pflanze
eben durch die Möglichkeit der freien Bewegung. Da aber das Tier
ohne die erdigen Bestandteile nicht auskommen kann, so gibt es für
dieses nur eine einzige Möglichkeit, sich zu ernähren. Es muß sich
die im Pflanzenwuchs eingebauten oder im Einbau begriffenen, also
im Saft der Pflanze enthaltenen Mineralstoffe und erdigen Bestand-
teile einverleiben und sie im Verdauungsvorgang aus den verspeisten
Pflanzen herauslösen und in den eigenen Organismus einbauen.
Die Pflanze stellt eine hochorganisierte und funktionell wunderbar
zusammenarbeitende Gruppe von Zuckerstoffen dar, deren gemein-
same größte Zweckbestimmung die Erzeugung des Samenkornes oder
der Frucht ist, die auf dem Umweg über die Blüte zur Entwicklung
kommt, um den Bestand des Lebens der Pflanze in ihren Nach-
kommen zu sichern.
Während die Pflanze ihr Wurzelwerk in den Boden schickt, um die
erdigen Bestandteile und das Wasser herauszuholen und in ihrem
Aufbau zu verwerten, sind den Menschen und den Tieren die sinn-
reich entwickelten Organe der Nahrungsauswertung gegeben, um
das, was mit der Pflanze als Nahrung aufgenommen wird, in
sinnvoller Weise zu lösen und zum Aufbau des eigenen Körpers zu
verwerten. Dabei müssen wir immer beachten, die Verwertung der
festen Nahrung aus dem Pflanzenreiche ist nicht die einzige Quelle
der Nahrung. Wir sahen im Gegenteil, daß der Mensch und das Tier
ungleich größere Mengen an Stoffen aus der Luft durch die Atmung
28
in sich auf nehmen als die, die sie mit der Nahrung verzehren. Der
Tag und Nacht nicht auf hörende Luftwechsel in den Lungen, die da-
bei sich abspielenden Stoff Wechsel Vorgänge und die Verarbeitung
der Bestandteile der Luft in den Lungen sind für Mensch und Tier
ebenso wichtig wie die Nahrungsaufnahme. Wir werden sehen, daß
aber auch die Einwirkung des Sonnenlichtes auf den menschlichen
und tierischen Körper nicht vernachlässigt werden darf, wenn der
Einbau der Nahrungsbestandteile zum Aufbau der Knochen und
Muskeln richtig vor sich gehen soll. Endlich ist noch hinzuzufügen:
Auch das Wasser darf als lebenswichtiger Bestandteil der Nahrung
nicht außer acht gelassen werden. Die Nahrung des Menschen setzt
sich deshalb genau wie die der Pflanze letztlich zusammen aus
Licht, Luft, Wasser und den Bestandteilen des Bodens, die in vor-
beschriebener Weise durch die Pflanze bereits umgewandelt und vor-
bereitet wurden. Wir haben damit im Prinzip die Antwort auf die
Frage gefunden: Was ist Nahrung?
Alles, was die vier Grundbedingungen umfaßt und einschließt, das
gehört zur Nahrung des Menschen.
Die Pflanze als Vorbedingung zur Ernährung
von Mensch und Tier
Wenn wir uns im folgenden besonders mit dem Teil unserer Nah-
rung befassen, der, durch die Zähne zerkleinert, unserem Magen zu-
geführt wird, so erfassen wir damit immer nur den kleineren Teil
der lebenswichtigen Gesamtnahrung, der aber im Gegensatz zur
Luft, die wir atmen, unserem freien Willen bei der Aufnahme un-
terstellt ist. Die Einwirkung des Sonnenlichtes auf unseren Körper
sollte normalerweise eine Selbstverständlichkeit sein. Warum es das
nicht ist, werden wir später erfahren. Auch der Luftwechsel durch
unsere Lungen wird im Verlaufe dieser Abhandlungen noch des
öfteren erläutert werden. Über die Notwendigkeit der Wasserauf-
nahme braucht kein Wort verloren zu werden. Der Aufnahme der
festen Nahrung gilt unsere ganze Aufmerksamkeit; denn wir sehen,
daß gerade in dieser Beziehung eine Vielfältigkeit von Ansichten,
Gebräuchen und Gewohnheiten gegeneinander steht, welche die
Sinne der Menschen verwirren, ohne ihnen bisher eine einwandfreie,
eindeutige Antwort geben zu können.
Tier und Mensch bewegen sich frei auf der Erde. Die Pflanze als
Nahrungsmittel und die zu ihrer Verarbeitung bestimmten Organe
müssen alles das ersetzen, was der Pflanze in ihrem Wurzelwerk zur
Aufnahme der Nahrungsbestandteile der Erde und des Wassers dient.
Das, was im lebenden Pflanzenwuchs vorgebildet wurde, dient der
Tierwelt, sowohl den Würmern und Insekten und den Fischen und
Vögeln, als auch den vierfüßigen Tieren und dem Menschen zur
Nahrung. Die Grundlage alles tierischen Lebens ist ohne Ausnahme
der lebendige, grüne Pflanzenwuchs einschließlich der zur Samen-
29
erzeugung notwendigen Blüten und Samen und des den Samen um-
gebenden Fruchtfleisches. Wir dürfen uns dabei nicht durch die
kleine Gruppe von Tieren täuschen lassen, die scheinbar nicht von
Pflanzen leben, sondern von anderen Tieren. Es sind dies die Raub-
tiere. Diese zerreißen andere Tiere, fressen sie und sättigen sich an
ihnen. Derartige Raubtiere sind z. B. fast alle Vögel, die von Insek-
ten leben. Da aber die Insekten ohne den Pflanzenwuchs nicht denk-
bar sind und zum Unterhalt des Pflanzenwuchses ganz bestimmte
Funktionen im pflanzlichen Leben zu erfüllen haben, so sind diese
als ein Bestandteil des Pflanzenwuchses zu betrachten, die für ihre
Arbeit, für ihre Vermittlertätigkeit im Pflanzen wuchs von der Pflanze
unterhalten werden. Damit nun die Vermehrung der Insektenwelt
nicht in zu großem Umfange stattfindet und dann den Bestand der
Pflanzen gefährden würde, muß sie durch die Vogel weit entsprechend
kurz gehalten werden. Außer der Vogelwelt, in der es allerdings
eine große Anzahl gibt, die sich direkt von der Pflanze und vom
Pflanzenwuchs ernähren können, wie z. B. die allermeisten Wasser-
vögel des Binnenlandes, gibt es außerdem noch die artreiche, im
Verhältnis zu den pflanzenfressenden Tieren mengenmäßig aber sehr
kleine Anzahl von Raubtieren. Die Aufgabe dieser besteht darin,
erstens die durch Krankheit oder Tod entstandenen Kadaver zu ver-
nichten und zum anderen eine im Naturzustand zu üppig werdende
Tierwelt niederzuhalten, damit durch die Tiere der Pflanzenwuchs
nicht ausgerottet werde. Da sich aber die pflanzenfressenden Tiere
nur durch den Verzehr der Pflanzen ernähren und erhalten können,
so ist das Raubtier auf dem Umweg über das pflanzenfressende Tier
gleichfalls nur durch die vorbereitende Arbeit der Pflanzen möglich.
Bisher oder wenigstens während der letzten uns bekannten 6000
Jahre aßen die meisten Menschen, ganz einerlei wo sie leben, wo sie
wohnen, welchen Beruf sie ausüben, Fleisch von Tieren oder andere
vom Tier stammende Genußmittel, seien es Eier, Milch, Butter usw.
Dabei machen wir die Entdeckung, daß sowohl das Fleisch der Land-
tiere und der Vögel als auch das der Fische dem Menschen für den
Genuß ebenso bekömmlich schien wie zusätzliche Speise aus der
Pflanzenwelt. Seit mindestens 6000 Jahren hat die Menschheit es für
etwas besonderes gehalten, Fleisch zubereiten und essen zu können.
Der Mensch hat sich darauf etwas zugute getan, daß er wie ein
Raubtier in die Tierwelt einbrach, raubend, mordend und Leben ver-
nichtend. Er hat, um seinem wachsenden Verlangen nach Fleischge-
richten und nach vom Tier stammenden Genüssen nachkommen zu
können, die Fläche der Erde in Wüsteneien verwandelt, den üppigen
Baumwuchs niedergeschlagen und den Wald in Wiesen und Äcker
verwandelt, damit die scheinbar für seine Ernährung notwendige
pflanzenfressende Tierwelt ihr Auskommen finden und der Fleisch-
verbrauch entsprechend gesteigert werden könne. Der Erfolg dieses
Vorgehens ist ein ganz merkwürdiger: Das Gegenteil von dem, was
30
i
die Menschheit erwartete, ist eingetreten. Der Mensch erwartet auch
heute noch körperliches Wohlergehen, kraftstrotzendes Aussehen,
Entwicklung großer Muskelkräfte und was sonst noch aus den vom
Tier stammenden Speisen und Genußmitteln. Wir sehen statt dessen,
ganz allgemein gesprochen, ein frühzeitig zusammenbrechendes Ge-
schlecht auf wachsen und sich fortpflanzen, das im Alter von 10 Jah-
ren oft schon ein schadhaftes Gebiß als Zeichen beginnenden Verfalls
des Knochen wuchses zeigt, mit 20 Jahren Hinfälligkeit und Zusammen-
brechen in scheinbar bester Jugendkraft an Lungenkrankheiten und
Blutverfall, zwischen 30 und 40 Jahren zeigen sich dann die ersten
chronischen Krankheitszeichen, einhergehend mit plötzlich ausbre-
chenden Stoffwechselkrankheiten, die scheinbar oft durch „Erkäl-
tungen“ hervorgerufen werden, zwischen 40 und 50 Jahren melden
sich dann chronische Krankheitszustände in stärkerem Maße, mit
einem Versagen der Arbeitskraft einhergehend, das heute allgemein
als der Knick in der Arbeitskraft bezeichnet und als eine nor-
male Alterserscheinung bei fast allen berufstätigen Menschen hinge-
nommen wird. Nach dem 50. Lebensjahre fühlt sich der Mensch un-
ter den mit ihm zugleich Geborenen und noch Übriggebliebenen als
ein auf dem absterbenden Ast Befindlicher. Man hält es für eine
Selbstverständlichkeit, wenn die Schaffenskraft mehr und mehr
nachläßt und der Mensch sich in diesem Alter auf die bekannten
Alterserscheinungen vorbereiten muß. Das aber kann kein natürlicher
Zustand sein. Die natürliche Gesundheit sollte normaler Weise ein
Dauerzustand fröhlichen Wohlbefindens sein. Sie sollte wachsende
Körperkräfte, mit dem Alter zunehmende Geisteskraft und aus-
reifende Erfahrung auf allen Gebieten mit sich bringen, nicht aber
einen vorzeitigen, die Arbeitskraft lähmenden Krankheitszustand
darstellen mit Gebrechen aller Art und viel zu frühem Tode.
Wir ersehen aus dieser kurzen Zusammenstellung, daß in den An-
sichten und Gewohnheiten der Menschen ein grundlegender Fehler,
ein grundlegender Verstoß gegen die natürlichen Gesetze der
Lebenserhaltung vorliegen muß. Schon in der Kindheit, ja im Säug-
lingsalter treten Krankheitserscheinungen auf, die ihre Ursache doch
nur in der Unkenntnis der natürlichen Gesetze der Lebenserhaltung
haben können. Die ständig zunehmende Gebärunfähigkeit läßt auf
denselben Grundfehler schließen. Es soll daher im Folgenden unsere
wichtigste Aufgabe sein, den Nachweis zu erbringen, daß die Folgen
dieser Verstöße gegen die natürlichen Gesetze der Lebenserhaltung
tatsächlich überwunden werden können durch die Umstellung un-
serer Ernährung auf die lebenden natürlich gewachsenen Pflanzen in
all den Formen, in denen sich uns die Pflanzen und ihre Früchte als
Nahrung darbieten.
Es wäre aber verfehlt anzunehmen, daß die Zubereitung der Nah-
rung ohne Einfluß auf die Bekömmlichkeit derselben sei. Die beste
pflanzliche Nahrung und ihr Gehalt an lebenswichtigen erdigen
31
Grundstoffen kann nicht zur Auswirkung kommen, wenn durch un-
richtige Zubereitung alles das wieder verdorben wird, was die Natur
und die Lebenskraft der Pflanze in der vorher angedeuteten Weise
im mühsamen, langsamen Wachstum auf gebaut und zur menschlichen
oder tierischen Ernährung vorbereitet hatte.
Auch die beste pflanzliche Nahrung wird nutzlos vergeudet und
kann zur schweren Belastung der Lebenskraft des Menschen werden,
wenn vorher durch Feuershitze in der Zubereitung der organische
Aufbau und die gewachsenen, lebensvollen Bestandteile zerstört und
aufgelöst werden.
Die Stärke des Getreidekorns wird landesüblich bei der Zuberei-
tung des Brotes oder der Getreidespeisen durch Feuershitze im Back-
ofen, in der Bratröhre, im Kochtopf oder in der Bratpfanne ver-
wandelt. Damit hört das Getreidekorn auf, gesunde Nahrung für den
menschlichen Körper zu sein. Gewandelt durch die zerstörende Wir-
kung des Feuers wird die quellende Lebenskraft des Getreidekeim-
lings zur Ansammlung chemischer Verbindungen lebloser Atome, die
geballte Kraft der im Stärkekörper des Kornes eingehüllten Zucker-
stoffe wird gesprengt und zu unverdaulichem Kleister. Wer versucht,
von derartig zubereiteter Getreidenahrung zu leben, der wird von
einem Heer von Krankheiten in immer wechselnden Formen nicht
verschont bleiben. Fettsucht mit all ihren Begleiterscheinungen,
Leberleiden, Zuckerkrankheiten und Neigung zu Lungenleiden sind
„Erfolge“, die der Mensch sich durch solche Getreidenahrung anißt.
Wenn aber durch unrichtige Verdauungsvorgänge im Magen-Darm-
kanal die in der Feuershitze zubereiteten Speisen in Gärung über-
gehen und durch die Gärung Kohlensäure und Alkohol entstehen
lassen, dann rufen sie ein anderes Heer von Krankheitserscheinungen
hervor, als da sind: Übersäuerung des Magens, Entzündungserschei-
nungen mit Geschwüren im Pförtner und Zwölffingerdarm, auch
Magen- und Darmerschlaffung und Magensenkung oder Magenerwei-
terung mit all den schlimmen Folgeerscheinungen. Im Dickdarm ruft
die gleiche Gärung Stuhlverstopfung mit all ihren möglichen Folgen
hervor. Diese Zustände verschwinden auf Nimmerwiedersehen, wenn
ein derart Erkrankter in seiner Nahrung Brot und gekochte Ge-
treidespeisen strengstens meidet und nur solche Nahrungsmittel zu
sich nimmt, die sich in lebensfrischem Zustande unter Erhaltung der
vollen Wachstumskraft der Pflanze befinden.
Es ist eben so, wie es uns die sagenhafte Geschichte vom Prome-
theus, der den Göttern das Feuer stahl, überliefert hat. Solange die
Menschen das Feuer nicht kannten, waren sie gezwungen, von dem
zu leben, was die Natur aus sich selbst hervorbrachte, und es in der
Form zu essen, wie es die Lebenskraft wachsen ließ. Der Mensch
lernte bald die von ihm bevorzugten Obst- und Nußbäume, die
Kräuter- und Wurzelgemüse anzubauen und zu pflegen. Er ist schon
in grauer Vorzeit Gärtner gewesen. In der uns geschichtlich unbe-
32
kannten Vorzeit haben die Menschen nicht vom Fleisch gelebt. Wir
können uns doch schlechterdings nicht vorstellen, daß der Mensch wie
ein Raubtier die grasfressenden Tiere angefallen hat, sie mit den
Händen zerriß und als Nahrung unzuber eitet verzehrte. Das ist des-
halb unvorstellbar, weil doch dem Menschen das scharfe Gebiß des
Raubtieres mit seinen Reiß- und Fangzähnen fehlt. Wie soll denn der
Mensch mit einem Gebiß, das nach den Erkenntnissen der Natur-
wissenschaft aus Schneide- und Mahlzähnen besteht und daher nur
zum Kauen von Kräutern, Wurzeln, Früchten, Nüssen usw. geeignet
ist, mit seinen verhältnismäßig weichen und kleinen Zähnen in einem
kleinen Mund ein Schaf, eine Ziege oder gar einen Bullen zerreißen.
Man könnte sagen, der Mensch habe sich schon frühzeitig Waffen aus
Holz und Steinen gefertigt, um damit die Tiere zu erschlagen und sie
zum Mahl herzurichten. Es besteht für diese Annahme absolut keine
Berechtigung und ein Wahrheitsbeweis dafür ist nicht zu erbringen.
Voraussetzung wäre dann, daß der Mensch von seiner Erschaffung
an nur mit den Gedanken des Tiermordes und des Tötens beschäftigt
gewesen wäre, um sein Leben zu fristen. Dieser Gedanke ist so ab-
surd, daß er nur im Hirn eines Menschen entstehen kann, der von
Jugend auf gewohnt ist, durch Feuershitze zubereitetes Fleisch vom
Kadaver erjagter oder geschlachteter Tiere und Fische als selbstver-
ständliche menschliche Nahrung zu betrachten. Aber in grauer Vor-
zeit kannte nachgewiesenermaßen der Mensch das Feuer nicht. Im
Gegenteil, die Überlieferung aller Völker erzählt uns von Gärten, in
die die Götter den Menschen gesetzt hatten. Die schon angezogene
Erzählung der Prometheus-Sage zeigt uns, daß der Mensch erst in
einem späteren Zeitalter auf den Gedanken kam, sich das Feuer
nutzbar zu machen.
Erst mit der Nutzbarmachung des Feuers in seinem täglichen
Leben fand er Geschmack an der neuartigen Zubereitung seiner Nah-
rung durch die Feuershitze. Mit dem Gebrauch des Feuers erst lernte
er, sich Waffen herzustellen und diese Waffen zum Töten von Tieren
und zur Verteidigung seines Grundbesitzes gegen Eindringlinge zu
verwenden. Um aber aus Erzen das blanke Metall herauszuholen,
mußte er den Felsen zerschlagen, um an die Erzadern im Steinge-
schiebe heranzukommen, aus denen er Metalle und Stahl durch
Feuersglut gewinnen konnte. Als Strafe für seinen Frevel gegen die
natürlichen Gesetze des Lebens wurde er von den Göttern an den
Felsen geschmiedet. Diese Erzählung ist buchstäblich wahr; denn in
unseren Bergwerksbetrieben werden heute zur Förderung der Kohle
und der Erze Hunderttausende von Menschen in den Schoß der Erde,
in die Hölle getrieben, wo sie fern vom Licht der Sonne in dunklen,
feuchtwarmen Arbeitsplätzen sich mühen, das Rohmaterial ans
Tageslicht zu bringen, das zur Erzeugung der Metalle wie Eisen,
Kupfer, Zinn und all der vielen anderen Arten notwendig ist. Diese
Menschen sind an den Felsen geschmiedet, denn sie können nicht
3 Sommer, Ernährung
33
wieder heraus aus diesem Beruf, wenn sie einmal dort drinnen sind,
und der Beruf frißt an ihrer Gesundheit. Früh schon werden sie
Opfer ihres Berufes. Die Bergwerkskrankheiten, die Entartung der
Lebensgewohnheiten, die aus dem natürlichen Rhythmus herausfal-
lenden Lebens- und Arbeitsformen der dort beschäftigten Menschen
fordern große Opfer an Gesundheit und Lebenskraft. Alles nur, da-
mit der Mensch auch die Gelegenheit bekommt, seine Nahrungsmittel
mit Hilfe des Feuers, das ihm heute durch die Kohle ermöglicht wird,
zuzubereiten und dadurch die Büchse der Pandora, der Prometheus-
Sage entsprechend, in Betrieb zu setzen. Die Benutzung der Feuers-
hitze in der Zubereitung seiner Nahrung läßt im Menschen ein nicht
zu zählendes Heer von Krankheits- unnd Entartungserscheinungen in
seinem Körper, in seinem Geiste und in seiner Seele entstehen, die
verschwinden, wenn der Mensch zurückkehrt zu seiner ihm von
Natur bestimmten Nahrung ohne Zubereitung durch Feuersglut.
Seine natürlich gewachsene Nahrung darf nicht durch Feuershitze
verändert werden, wenn nicht der ganze Sinn und Zweck der Schöp-
fung und all der Kräfte und Säfte, die im Pflanzenwuchs organisch
gewachsen sind, hinfällig werden soll. Der süße Saft der rohen Möhre
ist eines der heilkräftigsten Nahrungsmittel in allen Krankheitsnöten,
das wir uns nur vorstellen können. Kochen wir aber den Saft der
Möhren oder der Rüben, dicken ihn ein und machen wir Zucker dar-
aus, so wie es mit der Zuckerrübe industriell gemacht wird, dann
wird der chemisch reine Zucker beim Genuß in seiner konzentrierten
Form frei sein von all den vielen erdigen Grundstoffen, den Mineral-
stoffvorräten, die die Pflanze in die Wurzel legte, um im nächsten
Jahre daraus die Blüte zu treiben. Wirerhalten dann ein die Knochen
und Zähne zerstörendes Blendwerk von Süßigkeiten, vor dessen Ver-
zehr nicht genug gewarnt werden kann. Über die Veränderung des
Getreidekornes wurde bereits gesprochen. Wir müssen nur noch hin-
zufügen, daß gerade die grünen Gemüse in all ihren verschiedenen
Formen und Arten die heilkräftigsten und aufbauendsten Nahrungs-
mittel sind, solange wir sie im natürlich gewachsenen Zustande ohne
Zubereitung durch Feuershitze verzehren. Durch den Koch- oder
Backprozeß wird der lebendige Bau der Pflanze zerstört, ihr orga-
nisch-chemischer Aufbau verändert, ihre wichtigsten erdigen Mine-
ral- und Aufbaustoffe wie Kalk und Magnesia, Natrium, Kalium und
Aluminium werden durch die Hitze aus der organischen Bindung im
Pflanzensaft herausgetrieben. Sie werden durch die Hitze herausge-
fällt, wie der Chemiker sagt, treten ins Kochwasser über und bilden
nun harte unlösliche Salze. Diese sind wohl im Kochwasser in wässe-
riger Lösung vorhanden, aber vom Organismus des Menschen können
sie nur noch sehr schlecht zum Aufbau seiner Knochen, Muskeln und
Sehnen, seiner Gehirn- und Nervenmasse, seines Blutes und seiner
Haut, seiner Haare und Zähne Verwendung finden. Durch die Rot-
lichtstrahlkraft der Sonne und durch die kosmischen Strahlkräfte im
34
Weltall wurden Kraftreserven im atomischen Aufbau des stofflichen
Gefüges der lebenden Pflanzenzelle erzeugt. Die Einwirkung der
Feuershitze zerstört diese Licht- und Kraftreserven. Was nachbleibt
ist ein totes, entwertetes Gemisch von Pflanzenresten, seiner natür-
lichen Kraft- und Geschmackswerte so sehr beraubt, daß es nur
durch Salz und kräftig schmeckende Zutaten dem Gaumen annehm-
bar erscheint.
Es täuscht sich darum der Mensch, der da glaubt, das Fleisch der
Tiere und vom Tier stammende Genußmittel aus seiner Ernährung
ausschalten zu können und sich auf die vegetarische Ernährungs-
weise mit dem Kochtopf, der Bratpfanne und dem Backofen um-
stellen zu können, um eine vollwertige Nahrung zu erhalten. Es ist
ein Trugschluß zu erwarten, daß die Anwendung der Feuershitze in
der einen oder anderen Form eine Veredlung der Nahrungsmittel
hervorruft. Der einfache Augenschein überzeugt uns ohne weiteres
davon, wie aus dem festen Zellgefüge der Pflanzen und Früchte und
seinen wohlschmeckenden Säften durch die Einwirkung der Feuers-
hitze ein gehalt- und geschmackloser Brei wird. Diesen versucht
man, durch Salzen und scharfes Würzen dem Gaumen annehmbar zu
machen oder durch Kunstzucker zu versüßen. Dadurch wird der
Gaumen betrogen und der Mensch fällt seinem eigenen Betrug zum
Opfer. Er wird in die Täuschung versetzt, durch diese Zusätze ein
schmackhaftes und bekömmliches Gericht zu gewinnen. In Wirklich-
keit können derartig zubereitete Speisen wohl seinen Bauch füllen,
aber kein gesundes Leben aufrecht erhalten und ständig erneuern.
Aus diesen kurzen Andeutungen sehen wir, wie die Nahrung des
Menschen nicht beschaffen sein darf und damit leiten wir über zu
den Gedankengängen, die uns zeigen sollen, wie die gesunde, natür-
liche Nahrung des Menschen sein soll, wenn er sich zu einem kräf-
tigen, gesunden und im Alter immer regeren und erfahrenen Men-
schen entwickeln will.
Der jahreszeitliche Rhythmus
der natürlich gewachsenen Nahrungsmittel
Wenn wir beobachten, welche Nahrung uns die Natur in den ein-
zelnen Jahreszeiten darbietet, so machen wir die Entdeckung, daß
dem Menschen eine große Vielfältigkeit natürlicher Nahrungsmittel
zur Verfügung steht. Im Frühjahr ist scheinbar die Natur sehr vor-
sichtig in der Zuteilung der Nahrung, besonders in unserer deutschen
Heimat, und doch scheint das nur so. Teilweise schon unter dem
Schnee und Eis werden wir an geschützten Stellen die freiwachsen-
den Wildkräuter entdecken können, die bei einigem guten Willen sehr
leicht angebaut werden können und dann schon sehr zeitig zur Ver-
fügung stehen. Es sind dies die jungen Schüsse der Brennessel, des
Löwenzahns, der Vogelmiere, des Hirtentäschelkrautes und die ganze
Serie der eßbaren Wild- und Heilkräuter, die teils aus liegengeblie-
35
bener Saat, teils aus mehrjährigem Wurzelstock schon recht früh-
zeitig hervorkommen. Diese Nahrungsmittel, die uns das Frühjahr
zusammen mit dem letzten Wintergemüse, den Möhren, Pastinaken,
Schwarzwurzeln, Steckrüben und Randen oder roten Rüben neben
den Kohlarten und dem gleichzeitig sehr früh wieder erscheinenden
Sprossenkohl an den stehengebliebenen Strünken von Grünkohl,
Rosenkohl usw. darbietet, sind in ihrem Gehalt und ihrem Reichtum
gerade an erdigen Grundstoffen unübertroffen. Die Brennessel zum
Beispiel ist ein Kalksammler, der auch auf scheinbar kalkarmem
Boden den ihm zukommenden Gehalt an Kalk, Natrium, Kalium,
Tonerde usw. durch seine weit auslaufenden Wurzeln sammelt und
uns zur Verfügung stellt. Wir dürfen uns an den feinen Brennhaaren
der Brennessel nicht stoßen, denn nach dem Waschen und Klein-
schneiden werden wir bald herausfinden, daß die Brennessel ein
süßes Gemüse ist, das in Verbindung mit Sauerampfer und Löwen-
zahn sehr heilkräftige Wirkungen erzeugt. Aber die Brennessel,
deren Heilkraft allgemein anerkannt ist, wird darin noch übertroffen
durch das Wunderkraut des Löwenzahns, lateinisch Taraxacum. Der
Löwenzahn ist seit altersher bekannt wegen seiner heilkräftigen
Wirkungen auf die Leber und die Galle und auf alle aus deren un-
richtigem Arbeiten sich ergebenden Krankheitszustände. Er ist
aber auch ein wunderbares Kraut zur Berichtigung der Tätigkeit
der Bauchspeicheldrüse und erhöht dabei gleichzeitig die natürliche
Erzeugung des Insulins, durch das bekanntlich der Zuckerhaushalt
des Körpers in Ordnung gehalten wird. Mit der Tätigkeit der Bauch-
speicheldrüse und der Galle regeln die frischgenossenen Blätter,
Wurzeln und Säfte des Löwenzahns die Tätigkeit der fettlösenden
und fettverseifenden Stoffe im Zwölffingerdarm, berichtigen dessen
Arbeit und wirken so in hervorragender Weise ausgleichend und
krankhafte Zustände heilend. Die Wirkung geht aber noch weiter.
Im Dünndarm wird der heilsame Einfluß weiter fortwirken, um
schließlich im Mastdarm seine wundertätige Heilkraft zur Auswir-
kung zu bringen in der Heilung von Stuhlverstopfung und unregel-
mäßiger Tätigkeit der Ausscheidungsorgane. Bevor aber die Wir-
kung im Mastdarm hervortreten kann, merken wir bereits den wun-
dersamen Einfluß des Löwenzahns in Verbindung mit der Brenn-
nessel auf die Nieren. Er wirkt notwendig harntreibend, hilft was-
sersüchtige Ödemerscheinungen überwinden und erweist sich damit
als eines der Kräuter, die die Haut und ihr Aussehen verbessern. Es
braucht wohl nicht erwähnt zu werden, daß durch die Berichtigung
der Insulinerzeugung nicht nur der Zuckerhaushalt im Körper ge-
regelt wird, sondern daß durch dieses Kraut auch ein wundersamer
Einfluß auf die Tätigkeit der Lungen ausgeübt wird. Wir sahen, daß
die Blattgrünkörperchen die Verwertung der Luft im Haushalt der
Pflanze bewerkstelligen und ermöglichen. Was liegt näher als der
Schluß, daß dieselbe Kraft der Blattgrünkörperchen sich in Bezug
36
auf die Tätigkeit der Lungen und die Zusammensetzung des Blutes
und der Säfte in ähnlicher Weise auswirken muß. Ja, wir machen die
Erfahrung, daß die Brennessel die kräftigsten Blattgrünkörperchen
erzeugt, die überhaupt in der Natur Vorkommen, und daß sie des-
halb das gesuchteste Ausgangsmaterial zur technischen Herstellung
des Blattgrünfarbstoffes ist. Warum sollen wir uns nicht die Mög-
lichkeit der leichten Umwandlung der Blattgrünfarbstoff träger in die
Blutfarbstoffträger zunutze machen? Zeigt doch die chemische Ana-
lyse, daß die Grundlage im Aufbau beider wenn nicht identisch, so
doch nahe verwandt ist, nur daß der Träger des Farbstoffes zur Er-
zeugung der grünen Farbe sich anderer Hilfsmittel bedient als zur
Erzielung der roten Blutfarbe. Das im Körper so notwendige Eisen,
das der Träger des Farbstoffes im Blute ist, wird von den genannten
Kräutern in bevorzugter Art aus dem Boden genommen und kann
sich deshalb auch im Körper auswirken zur Berichtigung krankhafter
Lungentätigkeit und damit krankhafter Blutzusammensetzung.
Wären diese Tatsachen besser bekannt, so würde durch entsprechende
Ernährungsumstellung besonders während der Frühjahrsmonate auf
Grundlage der erwähnten Kräuter manch eine Heilung von Lungen-
leiden erzielt werden können, die nach den bisherigen Begriffen ans
Wunderbare grenzen würde. Aber der Wert der wildwachsenden
Kräuter und der im Feuer nicht verdorbenen Frischkostnahrung be-
ginnt sich erst seit etwa zwei Jahrzehnten bemerkbar zu machen.
Bisher kannte man wohl die Ablehnung des Fleisches und der vom
Tier stammenden Nahrungsmittel bei sogenannten Vegetariern, aber
daß ein Mensch sich von rohen, wildwachsenden Kräutern ernähren
könnte und daran gesunden würde, daran hatte niemand gedacht.
Trotzdem war die wunderbare Heilkraft der erwähnten Kräuter und
vieler anderer schon seit alten Zeiten, ja, schon zur Zeit des Hippo-
krates in Griechenland bekannt und wurde zur Überwindung krank-
hafter Zustände herangezogen. Wenn schon diese Kräuter, als Drogen
benutzt, von so wohltätigem Einfluß auf den Körper sind, so ist es
doch selbstverständlich, daß dieser Einfluß in erhöhtem Maße sich
entwickeln muß, wenn wir die ganze mit der aufsteigenden Früh-
jahrskraft geladene Pflanze in unserer Ernährung verwerten und da-
durch die unerschöpflichen Kräfte der Natur im Aufbau unseres
Körpers unterstützen. Wie stark die Heilkraft dieser Kräuter im
frischen, durch Feuer nicht veränderten Zustande ist, kann jederzeit
an Zuckerkranken und an Stoffwechselkranken erprobt werden, un-
ter der Voraussetzung, daß alle gebackenen, gekochten oder irgend-
wie erhitzten Nahrungsmittel, besonders solche aus dem Getreide-
korn hergestellten, vermieden werden. Wenn wir weiter die Viel-
fältigkeit der Frühjahrskräuter in den Kreis unserer Betrachtung
hineinziehen wollen, so sehen wir schon früh auf Feldern, an Zäunen
und in den Ecken der Äcker ein anderes heilkräftiges Kraut üppig
wuchern. Es ist das Scharbockskraut. Dieses wurde schon in alten
37
Zeiten, als noch Nachfolgerinnen der germanischen Heilsrätinnen
oder Ehrenmütter die Heilkraft der frischen Kräuter kannten, ge-
sammelt und in ihren Kräuterzusammenstellungen für leidende
Menschen zubereitet als besonders heilkräftig gegen Skorbut, den
Scharbock. Die Heilkraft des Scharbockskrautes auf solche Haut-
leiden, die wir heute als Vitamin C-Mangelkrankheit, als Skorbut,
kennen, ist uns ein deutlicher Beweis von der Bekömmlichkeit und
Heilkraft dieser Kräuter, auch wenn sie wie der Löwenzahn von
bitterem Geschmack sind. Aber wenn wir den Gehalt der Kräuter
steigern durch einen Zusatz von frisch zerkleinerten Nußkernen, so
merken wir bald; diese Kräuter sind nicht nur von reinigendem,
krankheitsverhütendem und heilendem Einfluß, sondern die Auf-
baukräfte unseres Körpers werden gerade durch die Nüsse und Nuß-
kerne ungemein unterstützt. Im frühen Frühjahr wirken die Kräuter
reinigend und heilend auf alle jene krankhaften Zustände, die sich
durch zu einseitige und „kräftige“ Nahrung und durch den Mangel
an Sonnenlicht während der Wintermonate im Körper entwickelt
haben. Darum ist eine Frühjahrskräuterkur mit Frischgemüse selbst
dann von nicht zu leugnendem Wert, wenn sie nur zu diesem Zweck
unternommen wird. Wer aber die Heilkraft solcher Frühjahrskräuter-
kuren am eigenen Körper verspürt hat, der wird recht bald aus-
findig machen, warum die Bitterkeit des Löwenzahns nur Schein
ist. Die Zuckerstoffe darin kommen beim Kauen in Verbindung mit
Nußkernen zur Auswirkung. Die Endivie und der Escariol entwickeln
die gleichen bittersüßen Eigenschaften wie der Löwenzahn.
Mit dem Fortschreiten der Jahreszeit kommen dann nach und nach,
bei Nachhilfe durch besondere Anbaumaßnahmen des Menschen,
frühwachsende Gartengemüse in ihrer unbegrenzten Reichhaltigkeit
zur Verwertung. Besonders gesucht ist der Lattich in all seinen Ab-
arten als Schnitt- oder Pflücklattich und in seiner beliebtesten Form
als Kopflattich *).
Noch frühzeitiger als die Latticharten bietet sich uns im Garten
der Sauerampfer, der zu allen Wildkräutergemüsen und zu allen
Gartengemüsen mit Vorteil Verwendung finden kann und den säuer-
lichen Geschmack hervorbringt, der so anregend auf die Speichel-
drüsen einwirkt. Er ersetzt die mit dem „Salat“ eingebürgerte
Methode des Anrichtens der Rohgemüse und der Latticharten mit
♦) „Salat“, der in Deutschland gebräuchliche Name für die Lattichpflanze,
ist vollkommen unrichtig, denn „Sal“ kommt vom lateinischen „Sal“ —
Salz, und Salat bedeutet deshalb Gesalzenes. Da wir doch unmöglich eine
Pflanze als etwas Gesalzenes bezeichnen können, ist es mir unklar, wieso
sich in der deutschen Gartenbotanik und in den Samenkatalogen der Name
„Salat“ für „Lattich“ einbürgern konnte. Eine derart sinnlose Bezeich-
nung sollte je früher desto besser ausgemerzt werden und statt dessen
der richtige deutsche Name dieses Gemüses „Lattich“ an seine Stelle
gesetzt werden.
38
Essig und Salz. Dabei kommt uns dann noch ein anderes Gartenge-
müse wie gerufen, dessen säuerlicher Saft eine angenehme Abwechs-
lung in die Speisenzubereitung bringt. Es ist der Saft aus den Sten-
geln der Rhabarberstaude, deren säuerliche Würze von anregendem
Einfluß auf den Körper des Menschen ist, ohne daß durch dessen
mäßigen Gebrauch Störungen im Stoffwechselhaushalt entstehen
können. Es ist nämlich keineswegs so, daß sich die Oxalate, die sich
häufig als Nierengries und Nierensteine bei krankhaft veranlagten
Menschen bilden, aus dem Oxalsäuregehalt der frisch genossenen
Rhabarberstaude, des Sauerampfers und anderer Gartengemüse ent-
wickeln können. Die in den Nieren sich findende Oxalsäure ist ein
Endprodukt des Stoffwechsels im Körper des Menschen selbst und
entwickelt sich mit der Harnsäure und dem Harnstoff zusammen bei
der Auflösung der Proteine in den Muskeln und Nervenfasern des
Menschen.
Mit dem fortschreitenden Reichtum der Gartengemüse und des
immer üppiger wuchernden Wildkräutergemüses kommt die Zeit des
Frühsommers mit seinem Reichtum an zusätzlichen Nahrungsmitteln
in Form von Beerenobst aller Art. Dabei ist zu beachten, daß es doch
Unfug ist, den wunderbaren Geschmack und das köstliche Aroma des
reifen Beerenobstes wie der Erdbeeren, der Heidelbeeren, der reifen
roten und schwarzen Johannisbeeren, der Himbeeren und der Stachel-
beeren oder der Brombeeren dadurch verbessern zu wollen, daß man
sie einem Kochverfahren unterzieht. Es braucht in diesem Zusammen-
hang nicht erwähnt zu werden, daß der Geschmack dieser Beerenobst-
arten durch keine Kunst der Menschen verbessert werden kann. Jeder
Versuch dieser Art ist in gesundheitlicher Beziehung wie auch in Be-
zug auf die Schmackhaftigkeit des Beerenobstes von verheerendem
Einfluß.
Wenn wir zum Beispiel die säuerlichen Gartengemüse wie Rhabar-
ber, Sauerampfer, Sauerklee und ähnliche in der Küche verwenden,
um daraus Rhabarberkompott, Grützen und Aufläufe herzustellen,
so verändern wir dadurch die Zusammensetzung der Oxalsäure, die
diesem Gemüse das Aroma gibt, verhärten die Säure und machen sie
im Darm unlöslich. Sie kann dann im Körper unter Umständen wie
Gift wirken, besonders wenn wir das hergestellte Gericht empfind-
lichen Kindern geben. Die durch das Kochen gehärtete Oxalsäure ist
dann von sehr schädlichem Einfluß auf die Nieren und die Nieren-
tätigkeit, da sie in den Verdauungs Vorgängen nicht wie die Obst-
säure verbrannt und verarbeitet werden kann. Sie verstärkt auch
die Möglichkeit der Bildung von Oxalaten ganz erheblich, ja, sie
bildet dann oft erst die Ursache zur reichlichen Entstehung von
Nierensteinen und Harngries. Daß durch den Kochprozeß tatsächlich
eine solch verderbliche Einwirkung entstehen kann, ersehen wir dar-
aus, daß der rohgepreßte Rhabarbersaft ein erfrischendes Getränk
bildet, das in warmen Tagen im Frühjahr mit Genuß getrunken
39
werden kann. Der gekochte Rhabarbersaft ist aber in seinem Säure-
gehalt so scharf, daß er nur durch entsprechenden Zuckerzusatz ge-
nießbar zu machen ist. Wenn wir aber glauben, die Bekömmlichkeit
eines natürlichen Nahrungsmittels dadurch steigern zu können, daß
wir es in der Feuershitze verschandeln und die dadurch hervor-
gerufene Schärfe im Geschmack durch Zuckerzusatz erträglich ge-
stalten, dann begehen wir eine unerhörte Täuschung unserer Ge-
schmacksorgane. Diese muß sich umso verheerender auswirken, je
unnatürlicher die Zubereitung der Nahrung im allgemeinen vor sich
geht.
Etwas Ähnliches wie bei der Umwandlung der Oxalsäure durch
den Kochvorgang entwickelt sich in der Obstsäure aller Beerenobste
und aller Früchte. Es ist ein Irrtum anzunehmen, der Geschmack der
Früchte werde durch das Kochverfahren mit nachherigem Zusatz von
Zucker verbessert. Es sei wiederum erwähnt, daß der Zucker als
chemisch reines Kunstprodukt im Körper von knochen- und zahn-
zerstörendem Einfluß ist, da ihm jeglicher natürliche Mineralstoffge-
halt entzogen wurde.
Mit der fortschreitenden Jahreszeit ergeben sich dann im Sommer
für die Nahrungsmittelerzeugung und -Gewinnung in unseren Brei-
ten immer größere Möglichkeiten. Die schon früh gesäten jungen
Möhren und die frühen Kohlraben in ihrer wunderbaren Süße und
ihrem erfrischenden Geschmack zu verwerten, ist äußerst wichtig.
Dann bieten sich uns die früh schon angezogenen Gurken und später-
hin die Tomaten als Ergänzung der Gemüsegerichte an, die mit ge-
mahlenen Nüssen und Nußkernen angemacht, von kräftigem, auf-
bauendem Gehalt sind. Sie ermöglichen es dem Menschen, den Neu-
aufbau und die Verjüngung seines Körpers im Rhythmus der Jahres-
zeiten immer wieder von neuem durchzuführen, so daß von einem
Altern gar keine Rede mehr sein kann. Das Altern im heutigen
Sinne ist eine Stoffwechselkrankheit, die sich durch die allmähliche
Ansammlung täglich sich mehrender Mengen von Stoffwechselrück-
ständen und Giften bildet. Diese entstehen bei landesüblicher Ernäh-
rung aus den Rückständen der krankmachenden Verwesungs- und
Leichengifte des Fleisches, aus nicht richtig verarbeiteten Brot- und
gekochten Getreidespeisen und den Rückständen der gekochten Ge-
müsegerichte. Sie erschweren nach und nach die ganzen Stoff-
wechselvorgänge, die Bluterneuerung in den Adern und in den Mus-
kelfasern. Ja, zu irgendeiner Zeit machen sie diese unmöglich, so daß
der Mensch unter gewissen Voraussetzungen an diesen angesammel-
ten Stoffwechselrückständen erstickt unter den Erscheinungen der
sogenannten Herzlähmung. Tritt dieser Zustand der plötzlich ein-
setzenden und fast immer tödlich verlaufenden Herzlähmung nicht
ein, so werden nach und nach die den Körper ergänzenden und er-
neuernden Stoffwechselvorgänge immer mehr erschwert und un-
möglich gemacht. Das entwickelt sich dann zu chronischen Krank-
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heitserscheinungen der einen oder der anderen Art und diese machen
den Menschen mehr oder weniger zum Krüppel. Wir werden noch
darauf kommen, wie der im Kochverfahren veränderte Vitaminge-
halt der Nahrungsmittel die Bildung der Wachstumshormone im
menschlichen Körper stört und unmöglich macht und sich daraus ein
Großteil der bekannten Alterserscheinungen entwickelt.
Wenn wir nun das reichlich sich uns darbietende Beerenobst in all
seinen verschiedenen Formen und Möglichkeiten in der Nahrung
verwerten wollen, so müssen wir zuerst berücksichtigen, daß der
volle gesundheitliche Wert erst dann zur Auswirkung kommen kann,
wenn das Beerenobst auch tatsächlich reif ist. Dies gilt besonders in
Bezug auf rote Johannis- und Stachelbeeren. Wer es irgendwie er-
möglichen kann, sollte für sich und seine Familie einen so großen
Garten sein eigen nennen, daß die Erzeugung des Beerenobstes wäh-
rend des Sommers genügt, um auch die üppigsten Ansprüche be-
friedigen zu können. Wenn man dann das reife Beerenobst pflückt
und es gleich ißt, so wird dadurch nicht nur der größte Genuß er-
zielt, sondern auch die größte Heilwirkung. Da dies aber nicht immer
angängig ist, so wird man es pflücken müssen und in Mahlzeiten ver-
teilen, um es dann wiederum entweder ohne weitere Zutaten oder
mit Nüssen oder Leinsaat zusammen zu essen. Von unschätzbarem
Einfluß auf Körper und Geist ist reifes Beerenobst mit frisch ge-
mahlener Leinsaat oder mit Leinsaatschrot gegessen. Die Leinsaat
wirkt sich gerade als Zusatz zum Beerenobst in ganz hervorragender
Weise aus, da sie die oft herbe Säure bindet und einen angenehmen
Geschmack hervorruft. Das wird ermöglicht, weil die Leinsaat die
Arbeit der Verdauungsorgane regelt, die Nieren kräftigt und ihre
Tätigkeit fördert. Eine andere Art der Zubereitung wäre, das zer-
drückte Beerenobst mit feingemahlenen Nüssen zu mischen und in
dieser Form zu essen. Wenn ein solch schmackhaftes Beerenobstge-
richt in Abwechslung mit oder im Anschluß an eine sättigende Ge-
müsemahlzeit gereicht wird, dann haben wir eine ideale Speisenzu-
sammenstellung, die auch der beste Koch in ihrer Schmackhaftigkeit
und in ihrem Reichtum an Vitaminen, an erdigen Grundstoffen und
an gehaltvoller Würze nicht überbieten kann. Keine Kochkunst ist
jemals imstande gewesen, so wohlschmeckende Speisen herzustellen,
wie sie uns die Natur im Beerenobst bietet, die ohne Kunstzusätze
allein durch ihr natürliches Aroma den Menschen zu üppigem Ge-
nuß anregen, ohne daß er sich damit den Magen überladen kann. Die
natürliche Würze, die Duftstoffe und der natürliche Gehalt an vom
Körper benötigten erdigen Mineralstoffen ruft ganz von selbst ein
befriedigendes Sättigungsgefühl hervor, wenn genügend gegessen
wurde. Mit der fortschreitenden Jahreszeit kommen zum Beerenobst
als natürlich gewachsene Nahrung die Frühkirschen, die Süßkirschen,
die süßen Sommerzwetschen in all ihren Abarten, die Aprikosen, die
Pfirsiche und endlich die frühen Äpfel und Birnen, die infolge ihrer
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Reichhaltigkeit und der Verschiedenartigkeit ihres Aromas und ihrer
geschmacklichen Würze die Möglichkeiten der Frischkosternährung
zu einem wirklichen Genuß steigern und oft den Menschen zum Viel-
essen verführen. Das kann aber nicht von Schaden sein, wenn alles
Obst reif vom Baum gepflückt oder, auf entsprechendem Winterlager
nachgereift, gegessen wurde.
Schon eine geringe Zahl an volltragenden Obstbäumen genügt,
um den Bedarf einer größeren Familie zu decken. Bei gewinnbrin-
gendem Anbau des Beerenobstes und des Frühobstes im Garten aber
wird eine solche Üppigkeit herrschen, daß es nicht möglich ist, alles
bewältigen zu können. So werden wir dann einen Teil dieses reichen
Obstsegens für den Winter nutzbar machen müssen. In dieser Be-
ziehung gibt es nun eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Alle die-
jenigen Konservierungsarten jedoch sollten von vornherein ausge-
schlossen werden, die mit Feuershitze arbeiten und die Anwendung
des Sterilisationsverfahrens bedingen.
Es ist besser, die Früchte und das Beerenobst im frischen Zustand
zu verzehren und alle anderen Nahrungsmittel beiseite zu lassen, als
den Überschuß durch Feuershitze zu verderben und sich nachher
durch Zuckerzusatz über die Gehaltlosigkeit und den veränderten
Geschmack hinwegtäuschen zu lassen. Die einzige Möglichkeit,
Frischobst haltbar zu machen, wäre das Eintrocknen. Man reinigt
das Beerenobst vom anhaftenden Schmutz und Blätterwerk, ent-
stengelt es so weit notwendig und legt es dann auf saubere Papier-
bogen in die Sonne, damit die Einwirkung der Sonnenhitze die
Trocknung einleitet. Nach dem ersten scharfen Vortrocknen wird
dann das Beerenobst im Schatten nachgetrocknet, bis es Lagerfähig-
keit erreicht hat. Für ein solches Trockenverfahren in unseren Brei-
ten eignen sich besonders Johannisbeeren, Heidelbeeren und Preisel-
beeren. In ähnlicher Weise kann man Zwetschen und Steinobst und
auch in Scheiben geschnittene Birnen und Äpfel trocknen. Wenn man
bei diesem Trocknungsverfahren die Feuershitze anwenden will,
dann kann es nur bei mäßiger Hitze in entsprechenden Dörrgestellen
sein, in denen die Hitze niemals über das zulässige Maß von 42 bis
43 Grad hinausgeht. Wer seinen Trockenapparat in dieser Beziehung
so einrichten kann, daß diese Bedingung erfüllt wird, wird bald
merken, wie dieses nur mäßig erhitzte Trockenobst die ursprüngliche
Würze bewahrt bzw. bei Einweichen im Wasser sofort wieder ge-
winnt. Es müßte der Industrie ein Leichtes sein, solche Trocken-
apparate zu bauen, die diese Bedingungen der mäßigen Erwärmung
erfüllen und dadurch den Obstsegen des Sommers erhalten helfen,
ohne die Würzigkeit und den Nährstoffgehalt zu beeinträchtigen.
Gleichzeitig mit dem zunehmenden Obstreichtum wächst uns im
Garten eine reiche Auswahl von Gemüse heran, das einzeln aufzu-
zählen sich eigentlich erübrigt und später in den Speisezubereitungen
entsprechend Erwähnung finden wird. Hier sei nur erwähnt, daß zum
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Anrichten der Gemüsegerichte die deutschen Gewürz- und Küchen-
kräuter in ihrer Mannigfaltigkeit und Vielfältigkeit noch längst nicht
genügend benutzt werden, trotzdem sie alle fremden Gewürze über-
flüssig machen könnten. Der winterharte deutsche Thymian, der Ma-
joran, das Bohnenkraut, der Schnittlauch und die verschiedenen Lauch-
und Zwiebelarten sind wohl die bekanntesten, aber damit ist die
Reihe der Gewürz- und Küchenkräuter keineswegs erschöpft. Auch
der Ysop und das Salbeikraut, die Zitronenmelisse, das ausdauernde
Bohnenkraut und die Pfefferminzarten sowie der schon früh wach-
sende Kerbel und das Senfkraut sind neben dem Esdragon, dem Lieb-
stöckel, der Pimpinelle, dem süßen Kraut des Fenchels und dem Ba-
silikum (Königskraut) nur eine Auswahl der Abwechslung, die durch
den Anbau deutscher Küchen- und Gewürzkräuter ermöglicht wird.
Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß gerade die Gewürz- und Kü-
chenkräuter in ihrem wechselvollen Gehalt an Spurenelementen von
ganz hervorragendem Einfluß auf Körper und Geist sein können. Die
besondere Würze der einzelnen Kräuter beruht auf dem verhältnis-
mäßig großen Reichtum an besonderen Mineralstoffen aus dem Erd-
boden und ihrer Fähigkeit, besondere ätherische Duftstoffe und Fer-
mente anzusammeln oder zu erzeugen, die dem Kraut den jeweiligen
Geschmack aufprägen. Diese begründen auch ihre großen heilkräfti-
gen Wirkungen gerade auf das innere Drüsensystem. Getrocknet kann
man alle diese Gewürzkräuter apch im Winter verwenden. Auch die
reife Saat derselben zusammen mit der Saat der Selleriestaude, der
Petersilie und anderer sind kräftige Würzen für das Wintergemüse,
die wir noch ergänzen können durch Fenchelsaat, Kümmel, Anis u. a.
Das grüne Blatt als Nahrungsgrundlage
Wir wollen dabei nicht vergessen: Die Zuckerstoffe des Pflanzen-
wuchses sind im menschlichen Körper der wichtigste Nahrungsbe-
standteil. In besonderer Reichhaltigkeit enthält sie das Beerenobst,
das frühe Steinobst und das reife Kernobst. Aber wir dürfen nicht in
den Fehler verfallen zu glauben, der wohlschmeckende und würzige
Reichtum an den verschiedenen Zuckerstoffen in den Früchten ge-
nüge, um den Körper des Menschen vollständig aufzubauen. Eine
solche Annahme beruht auf einem Irrtum. Der Mensch ist kein reiner
Fruchtesser. Es gibt überhaupt auf dem ganzen Erdenrund kein Tier,
das als reiner Fruchtesser anzusprechen wäre. Die Grundlage der
Ernährung eines jeden Tieres sowohl als auch des Menschen ist das
grüne Blatt der Kräuter. Der Gehalt der Kräuter und Gemüse, der
Wildkräuter und Wurzelgemüse und der Gemüsefrüchte wie der Gur-
ken, Melonen, Tomaten und dergleichen an lebenswichtigen Stoffen
kann durch das Obst in allen seinen verschiedenen Formen nicht er-
setzt werden. Wer das glaubt, fällt einem schwerwiegenden Irrtum
anheim. Das Obst hat in seinem Saft immer nur einen begrenzten
Gehalt an erdigen Grundstoffen, Alkalien und Mineralstoffen, die im
43
ausgeglichenen Verhältnis vorhanden sind. Aber dieser Gehalt genügt
keineswegs, um den großen Verbrauch des Menschen an den erdigen
Leichtmetallen wie Kalk, Magnesium, Aluminium, Natrium und
Kalium und der erdigen Nichtmetalle wie Phosphor, Schwefel, Fluor,
Chlor usw. durch Obst allein decken zu können, ganz zu schwei-
gen von den Spurenelementen, von denen bei der Aufzählung der
Gewürzkräuter die Rede war. Man müßte viel zu große Mengen Obst
genießen, um genügend erdige Grundstoffe zu speichern. Das Obst
kann deshalb immer nur eine zusätzliche Ergänzung in der Ernährung
darstellen. Das körperliche Wohlbefinden von Mensch und Tier hängt
von dem Aufbauwert seiner Nahrung an erdigen Grundstoffen ab,
die nur mit- den grünen Blättern und dem Wurzelgemüse aufgenom-
men werden können. Wir sehen, wie die Tiere, sowohl die Grasfresser
als auch die auf Bäumen lebenden, die sich von den Blättern und
Knospen der Bäume ernähren, ganz große Mengen von grünen Blät-
tern verzehren, ja, wie ein Teil derselben, die ursprünglich in Ge-
birgsgegenden von harten Kräutern und Gräsern lebenden Wieder-
käuer, die Nahrung nach dem Ruhen noch einmal kauen, um höchsten
Nährwert zu erhalten, im Gegensatz zu den grasfressenden Tieren
der Ebene, die das weiche saftige Gras der Wiesen ohne weiteres ver-
arbeiten können. Die Tiere können ausschließlich von Gräsern, grünen
Kräutern und Blättern leben, das braucht nicht bewiesen zu werden.
Wenn genügend Gras und genügend saftige Kräuter zur Verfügung
stehen, verschmähen diese Tiere Obst und lassen es liegen. Ihr Kör-
per zeigt nur eine geringe Hirn- und Nervenbildung, er ist vielmehr
eine Ansammlung von Knochen, Muskeln, Haut und allem, was damit
zusammenhängt. Der Mensch unterscheidet sich in dieser Beziehung
vom Tier: Sein Gehirn übertrifft im Verhältnis zum Körpergewicht
und zur Körpergröße das Gehirn aller Tiere, sowohl mengenmäßig
als auch der Art der Ausbildung nach um ein Vielfaches.
Die Ausbildung der Gehirn- und Nervenkraft beruht auf dem Ge-
halt an Phosphor in der Nahrung. Dieser entwickelt sich am üppigsten
im Obst und in allen Früchten. Wenn sich daher der Mensch nur von
Früchten ohne grüne Kräuter ernähren wollte, so würde die Zufuhr
von überschüssigen Mengen an Phosphor die Lebendigkeit seiner
Denkkraft steigern, aber sein Körper würde der übrigen notwendigen
erdigen Grundstoffe ermangeln, die der Mensch sich wie das Tier nur
durch die grünen Blätter der Kräuter und Bäume einverleiben kann.
Das Obst bildet eine dem Menschen zugedachte Ergänzung seiner
Nahrung zur Stärkung und Erhaltung seiner geistigen Kräfte.
Wenn wir nun diesen Vergleich zu Ende führen wollen, so möchte
ich einmal den Bauer und Viehzüchter sehen, der versuchen wollte,
seine Tiere mit gekochtem Gras und mit gekochten Kräutern ernähren
zu wollen. Die Unmöglichkeit der Ernährung der Tiere durch gekoch-
tes Gras und durch gekochte Kräuter ist so offensichtlich und so klar
auf der Hand liegend, daß es als ein Witz erscheinen würde, wollte
44
man versuchen, eine derartige Ernährungsart für das Vieh zu propa-
gieren. Der Mensch aber kocht alle seine Nahrungsmittel, ja, es galb
eine Zeit, wo es sogar verpönt war, rohes Obst oder rohes Gemüse zu
verzehren. Wohl brachte man einmal einen Lattichkopf, den man vor-
her mit öl, Essig und Salz versetzt hatte, als Beilage zu den gekochten
Fleischgerichten auf den Tisch, im übrigen waren alle Nahrungsmittel
in der einen oder anderen Art gekocht, gebacken oder sonstwie durch
Feuershitze verwandelt und verschandelt. Ist es da ein Wunder, daß
der Mensch mit zunehmendem Alter von den scheinbar unmöglichsten
Gebrechen chronischer oder plötzlich auftretender Art geplagt wird
und eines frühen Todes stirbt? Aber es ist meistens kein schneller
Tod, sondern ein langsames, oft schmerzhaftes Dahinsiechen. Immer
wieder sucht die Lebenskraft den Menschen aufzuraffen und durch
Krankheitskrisen die Fehler zu berichtigen, ehe der Tod den Men-
schen von seinen Leiden erlöst. Die frischen, in voller Lebenskraft
stehenden Kräuter, die Wurzelgemüse, die Kräuterfrüchte, das Beeren-
obst, das Steinobst in den verschiedensten Arten aber geben dem
Menschen Kraft und Behendigkeit, Tatkraft und Schaffensfreude und
eine unverwüstliche Gesundheit bis ins hohe Alter. Mit Hilfe des
Feuers aber kocht er mit seiner Nahrung auch seinen Körper und
sein Gehirn zu Tode.
Bevor wir diese Gedanken über die natürliche Nahrungsquelle des
Menschen zum Abschluß bringen können, müssen wir noch dem Herbst,
d. h. der Ernte der Weintraube, des Winterobstes und des Winter-
gemüses unsere Aufmerksamkeit widmen. Wir ernten die süßen, saf-
tigen Möhren, die würzigen Knollen der Sellerie- und Petersilien-
wurzeln, die Rüben in ihren verschiedenen Abarten, wie Steckrüben,
Kohlrüben, Zuckerrüben und anderen. Die frostharten Pastinaken,
Schwarzwurzeln und Topinamburknollen aber lassen wir auf ihrem
Standort in der Erde stehen. Wir schneiden die Winterkohlarten und
überwintern die Grünkohlarten und den süßen schmackhaften Rosen-
kohl im Land. Die Winterkohlarten sind bei richtiger Lagerung lange
haltbar und fast den ganzen Winter hindurch zur Bereitung von
frischen Gemüsegerichten und zur Ergänzung der Wurzelgemüse ver-
wendbar. Wenn wir dazu noch das grüne Wintergemüse wie die Ra-
punzel und den Winterspinat hinzurechnen und auch die getrockneten
Gewürzkräuter und die Zwiebelarten, so sehen wir, daß der Reich-
tum der Wintergemüse dem der Sommergemüse in keiner Weise nach-
steht. Nur die Art des Wintergemüses ist anders als das, was wir im
Sommer genießen. Aber damit nicht genug, stehen uns doch im Win-
ter außer dem heimischen Dauerobst die reifen Südfrüchte, die Zitro-
nen, Apfelsinen, Pampelmusen, Ananas und die getrockneten Süd-
früchte, die Datteln, Feigen, Aprikosen, Pfirsiche, Rosinen, Pflaumen
usw. in reichem Maße zur Verfügung, so daß wohl niemals von einer
Einseitigkeit in der Frischkosternährung gesprochen werden kann. Der
Reichtum an Nahrungsmitteln kann dann noch mit heilsamen Mohn-
45
saatbeimischungen und Leinsaatzubereitungen eine wertvolle Ergän-
zung finden.
Wenn wir alle Nahrungsmittel, die uns im Rhythmus des Jahres
zur Verfügung stehen, beachten und zweckentsprechend verwenden,
so sehen wir, daß die Jahreszeiten nicht nur verschiedene Nahrungs-
mittel bieten, sondern daß die Eigenschaften derselben in den ver-
schiedenen Jahreszeiten jede ihren eigenen Zweck und ihre eigene
Bestimmung erfüllen. Die saftigen Wildgemüse im Frühjahr reinigen
das Blut und die Säfte und helfen, die Schlacken aus den verminder-
ten Stoffwechselvorgängen während des Winters aus dem Körper
auszuscheiden. Der Zuckerreichtum des Beerenobstes zusammen mit
den schmackhaften und würzigen Gemüsearten und Gewürzkräutern
des Sommers hilft den im Frühjahr gereinigten Körper, neu aufzu-
bauen, zu kräftigen und für die erhöhten Anforderungen im Herbst
und Winter vorzubereiten. Die Ernte des Herbstes mit ihrem Reich-
tum an Steinobst und frühem Kernobst, an Weintrauben und spätem
Beerenobst, vor allem an Brombeeren und den vielen schmackhaften
Gemüsefrüchten, den Melonen, Gurken, Tomaten, Kürbissen usw. gibt
zusammen mit dem Wurzelgemüse die Grundlage eines kräftigen und
gesunden Aufbaues. Im Winter endlich finden wir in den verschiede-
nen Wintergemüsen und dem haltbaren reifen Winterobst zusammen
mit dem süßen Trockenobst, den geernteten Nüssen und Schalenobst,
die Grundlage zur Erzeugung der erhöhten Wärme- und Kraftleistung,
die für den Lebensbetrieb in den kalten Wintermonaten notwendig
ist. Eines fügt sich rhythmisch an das andere, um in immer neuer
und reicher Abwechslung die Gesundheit des Menschen zu verbes-
sern, die körperlichen und geistigen Kräfte aufzubauen und zu stär-
ken und um schließlich das seelische Empfindungsvermögen wieder
den ursprünglichen, normalen Zuständen anzupassen und die kosmi-
schen Vorgänge im Strahlungsfeld der Sonne in sich aufzunehmen
und in das Leben einbauen zu können.
46
n.
Die Wandlung und Auswertung
der Nahrung
und ihr Einbau in unserem Körper
Wir sahen in den vorhergehenden Ausführungen den Unterschied
zwischen Mensch und Pflanze. Der wichtigste Unterschied ist wohl
darin zu sehen, daß die Lebenskraft der Pflanze an den Standort
gebunden ist, der im allgemeinen dieselbe Stelle ist, auf die das Sa-
menkorn der Pflanze niederfiel und zu keimen begann. Im natürlichen
Verlauf wird die Pflanze dort wachsen, wo das Samenkorn zuerst
Wurzel faßte. Der Mensch hat wie auch das Tier nicht die Möglich-
keit, sich außer Luft und Wasser auch die erdigen Grundstoffe des
Bodens einzu verleiben; denn er schreitet erhobenen Hauptes über die
Erde hinweg und ist nicht wie die Pflanze an einen bestimmten Stand-
ort gebunden. Damit ist aber nicht gesagt, daß zwischen den Äuße-
rungen der Lebenskraft und den Wandlungs Vorgängen der Nahrung
ein wesentlicher Unterschied besteht. Der Boden, auf dem sie steht,
gibt der Pflanze die mineralischen Stoffe und erdigen Bestandteile,
deren sie zu ihrem Aufbau und zu ihrer Erhaltung bedarf. Während
die Wurzel der Pflanze zur Umwandlung und zur Aufnahme der
erdigen Grundstoffe dient, hat die Blätterkrone den Zweck, der
Pflanze die Bestandteile der Luft zu vermitteln und diese ihrem
Wachstum und Aufbau nutzbar zu machen. Außer den Bestandteilen
der Erde und der Luft bedarf die Pflanze noch des Wassers, das sie
sowohl durch die Blätterkrone als auch durch die Wurzeln aufneh-
men kann.
Wir sahen, in welch wunderbarer Weise die Witterungseinflüsse
und die Kleinlebewelt im Boden notwendig sind, um die Mineralstoffe
so umzuwandeln, daß sie von der Pflanze aufgenommen und in ihren
lebendurchfluteten Körper eingebaut werden können. Wurzeln und
Krone sind die lebenswichtigen Organe jeder Pflanze, die sich im
Wurzelhals der Pflanze treffen. Dieser ist der Lebensknoten, das Herz
der Pflanze. In ihm tritt die Lebenswandlung ein, durch die die Säfte
der Wurzeln und der Krone gegeneinander ausgetauscht und mitein-
ander verwoben werden. Die in der Krone gezeugten Zuckerstoffe
werden, durch Zustandsänderung in Säuren gewandelt, in der Wurzel
genutzt, um die Mineralstoffe der Erde zu binden und durch den
Wachstums Vorgang in lebendige Bestandteile der Pflanze umzuwan-
47
dein. Diese werden nach Auflösung im Innern mit dem von der Wur-
zel aufgenommenen Bodenwasser durch den Stamm in die Krone ge-
führt, um dort die Festigkeit der Stengel und des Holzes, der Blatt-
rippen und der Fruchtknoten und endlich die Grundlagen der Keim-
anlagen entstehen zu lassen.
Wir bemerkten, wie der Mensch über die Erde hinwegschreitet, und
warum er die Pflanzen in ihrer vollen Lebenskraft verzehren muß, um
in seinem Körper die in der Pflanze organisch gewandelten, verleben-
digten mineralischen Grundstoffe der Erde nutzen zu können. Wie
nun müssen wir uns die Lebensvorgänge im menschlichen Körper
vorstellen, durch die es möglich wird, die dem Körper dienlichen Be-
standteile aus der Nahrung herauszuwählen?
Das Merkmal der Pflanze ist der Austausch des Stoffwechsels und
seiner Erzeugnisse zwischen Wurzel- und Blattwerk. Ähnliche Vor-
gänge sehen wir im menschlichen Körper. Aber es sind nicht einfach
zu verfolgende Vorgänge wie in der Pflanze, sondern der Mensch
trägt seine Nahrung nach der Aufnahme mit sich herum. Das be-
dingt eine andere Art der Stoffwechselvorgänge als in der Pflanze.
Der Lebensbaum im Menschen ist zur Hauptsache ein dreifach inein-
ander verschlungener Vorgang. Der Aufbau seines Lebens gründet
sich auf zwei lebenswichtige Vorgänge: Die Aufnahme der Nahrung
und Verarbeitung derselben im Magen- und Darmkanal und die Auf-
nahme der Luft durch die Lungen. Um im Bilde der Pflanze zu blei-
ben, ist daher das Organsystem, das im Bauch die Umwandlung der
Nahrung in die Lebenssäfte ermöglicht, das Wurzelwerk des Menschen
und die Lunge ist entsprechend zu vergleichen mit der Blätterkrone.
Der Wurzelhals oder Lebensknoten, der die Austausch- und Wand-
lungsvorgänge ermöglicht, ist in diesem Lebensstamm die Leber.
Stellen wir uns den Vorgang richtig vor. Wir nehmen durch den Mund
die Nahrung auf, nachdem sie von den Kauwerkzeugen zu feinstem
Brei zermalmt und gleichzeitig durch den beim Kauen erzeugten
Speichelfluß zu einer wässerigen Lösung im Speichel verarbeitet
wurde, durch den schon ein Teil der Bestandteile der Nahrung ge-
wandelt und zur Verarbeitung im Magen vorbereitet wird. Der durch
das Kauen und den Speichel verflüssigte Speisebrei gelangt durch den
Schlund und die Speiseröhre in den Magen und nun setzt eine weitere
Umwandlung durch die Säfte des Magens ein, die von der Magen-
schleimhaut in den Nahrungsbrei ausgestrahlt werden. Dabei ist
wohl zu beachten: Die Säfte der Magenschleimhaut werden durch den
Geschmack der Speisen angeregt und passen sich dem Charakter der
Speisen an, der sich durch den Geschmack und den Duft derselben
kundtut. Wenn wir durch künstliche Gewürze und unnatürliche Zu-
sätze den natürlichen Geschmack der Nahrungsmittel verändern und
Reizwirkungen in den Geschmacksdrüsen erzeugen, dann werden
solche Säfte abgesondert, die den künstlich beigefügten Reizstoffen
wie z. B. Kochsalz und scharfen Gewürzen entsprechen, und die
48
eigentliche Nahrung kommt zu kurz. Die Arbeit der Speicheldrüsen
und des Magens wird verwirrt und gerät in Unordnung. Es ist daher
wichtig, alle Speisen im natürlichen Zustande zu verzehren ohne
Kunstbeigabe wie Zucker, Kochsalz, Pfeffer oder anderen scharfen,
beißenden Gewürzen irgendeiner Art.
Kommt die natürliche Anregung der Speichel- und Magensaftdrüsen
durch den natürlichen Geschmack der Nahrung zur Wirkung, dann
sehen wir, daß die Protein- oder Eiweißstoffe in den Samenkernen,
den Nüssen und den Blattgrünkörperchen durch die Magensäfte auf-
gelöst und in ihre Grundbestandteile zerlegt werden. Wir sehen, wie
wechselweise Säuren in der Nahrung abgebunden werden, entweder
durch die gleichzeitig in der Nahrung vorhandenen Mineralstoffe oder
sie werden durch Bestandteile der Magensäfte so ergänzt, daß der
Säurecharakter verschwindet. Die Speisen sind dann süß geworden
oder der Säurecharakter der Fruchtsäfte ist durch Ergänzung mit
Sauerstoff unter Freigabe der Mineralstoffe in Zuckerformen gewan-
delt worden. Der Speisebrei kann nämlich aus dem Magen in kleinen
Portionen nur dann durch den Pförtner in den Zwölffingerdarm hin-
übergelangen, wenn alle Säuren, sowohl solche der Magensäfte als
auch die in der Nahrung vorhandenen verwandelt und ihres Säure-
charakters entkleidet sind. Die Mineralstoffe als die wichtigsten, weil
beständigsten Bestandteile der Nahrung werden in solche getrennt,
die an Säuren gekettet mit dem Speisebrei in den Zwölffingerdarm
und später in den Dünndarm gelangen und in solche, die, durch die
Magenwand hindurchdringend, in die Bauchspeicheldrüse hinüber-
wandern.
Hierzu sei folgendes bemerkt: Die Magenwände bei Mensch und
Tier sind ein sehr verwickelt gebautes Organ. Die Oberflächenschicht
ist so eigenartig gebaut mit solch besonderen Abwehrstoffen, daß die
eiweiß- und proteinlösenden Säfte des Mageninhaltes sie nicht an-
greifen können. Diese und die übrigen Spalt- und Lösungssäfte des
Magens werden von den verschiedenen in der Magenwand eingelager-
ten Drüsenorganen ausgeschieden und vollbringen bei ihrer Durch-
tränkung des schon im Mundspeichel schwimmenden Nahrungsbreies
das Wunder der Lösung und Wandlung aller Nahrungsbestandteile
mit Ausnahme der Zuckerstoffe. Gleichzeitig aber zeigt die Magen-
wand eine Merkwürdigkeit, die sie mit dem der Dickdarmwandungen
gemeinsam hat. Während nämlich die obere Hälfte des Magens, dort,
wo er durch die Leber überlagert wird, für alle Säfte undurchdring-
liche Wandungen aufweist, ist der untere Teil des Magens, dort, wo
er auf der Bauspeicheldrüse aufliegt, mit einer weicheren durchlässi-
gen Membranwandung versehen, durch die gewisse Säfte hindurch-
wandern können. Es ist dies der Grund, warum bei Magenentzündun-
gen fast immer nur die unteren Partien der Magenwandungen ange-
griffen werden und selten die oberen. Dieser weichere Charakter
des unteren Teiles der Magenhaut ermöglicht das Überwechseln der
4 Sommer, Ernährung
49
oben erwähnten Säfte nach ihrer Lösung im Magen in die Bauch-
speicheldrüse.
Um diesen Übergang der mineralischen Grundstoffe der Nahrung
in die Bauchspeicheldrüse zu ermöglichen, ist es notwendig, sie in
solch feiner Lösung zu halten, daß sie die Zellwandungen durchdrin-
gen können. So wie die Körpersäfte mit allen darin gelösten Stoffen
durch alle Zellwandungen hindurchdringen können, so müssen auch
die einst im Erdreich zu Gesteinen und Erden festgefügten Mineral-
stoffe mit hindurchkönnen. Um das zu ermöglichen, müs-
sen sie so fein gelöst sein, daß sie nur noch als
feinstoffliche, in ihre letzten Bestandteile auf-
gelösten Gebilde erscheinen. In diesem Zustande
befinden sich die mineralischen Grundstoffe nur
in der lebendigen Pflanze, denn bereits in der
Pflanze müssen sie mit dem Saftstrom die Mem-
branen der einzelnen Zellwände d u r c h d r i n g e n ,
um vom Boden durch die Wurzeln in die Krone zu
gelangen. Wir dürfen also den physischen Zustand unserer pflanz-
lichen Nahrung in keiner Weise künstlich verändern, wie es beim
Kochen, Backen oder Braten geschieht, wenn wir den feinstofflichen
lebensvollen Charakter der Nährstoffe des Bodens in der Pflanze
nicht verändern wollen. Durch die Feuershitze wird dieser feinstoff-
liche lebenskräftige Charakter des organischen Gewebes in der Pflanze
verändert, er wird verhärtet. In der Kochbrühe verbinden sich die
verschiedenen mineralischen Stoffe in den Bestandteilen dei* Pflanze
zu festen Salzen, die einen ganz anderen Charakter haben als den,
in dem sie sich in der lebenden Pflanze befanden.
So z. B. werden die Eisen- und Kalkstof Verbindungen der Kartoffel
beim Kochen aus ihrer lebenskräftigen organischen Bindung aus den
Säften und den Zellen der Kartoffel herausgelöst und in die anders
geartete Form von wasserlöslichen, anorganischen Mineralsalzen ver-
wandelt. Man findet sie als solche im Kochwasser. Sie geben diesem
die bräunliche Farbe und werden dann dem allgemeinen Küchen-
gebrauch entsprechend mit dem Kochwasser fortgeschüttet.
Derartig durch die Kochhitze veränderte und wieder erdigen Cha-
rakter zeigende Mineralstoffe können nun nicht mit jener lebendigen
Leichtigkeit wie die Mineralstoffe der lebenden Pflanze in ihrer fein-
stofflichen Art die Membranen der Zellwandungen durchdringen und
vom Magen in die Bauchspeicheldrüse gelangen. Nur die unveränder-
ten natürlichen und lebenskräftigen Mineralstoffe im Nahrungsbrei
werden in der Bauchspeicheldrüse, der Pankreas, weiterverarbeitet,
gelöst und entweder in den allgemeinen Säftestrom geschickt oder
in der Drüse selbst zu den Säften und Stoffen verarbeitet, welche die
Bauchspeicheldrüse in den Zwölffingerdarm gibt, damit sie bei der
Verseifung der Fett- und Ölstoffe oder zu anderen Zwecken im Dünn-
darm verwendet werden. Wenn nun trotzdem, weil eben keine anderen
50
als durch Kochen veränderte Stoffe vorhanden sind, diese dem Kör-
per angeboten werden, dann werden die durch Kochen veränderten
Mineralstoffe nur schwer hindurchkommen können und sie werden
der Bauchspeicheldrüse bzw. der Organgruppe, die wir als solche be-
zeichnen, fehlen. Fehlende oder unrichtig gebildete Säfte können sich
im menschlichen Körper nicht oder nur mangelhaft auswirken. Die
Zellwände verlieren dann ihre natürliche Straffheit und Festigkeit,
da diese sich auf die mineralischen Bestandteile gründet. Bei der Zu-
sammenarbeit des Magens mit der Bauchspeicheldrüse selbst macht
sich das dadurch bemerkbar, daß die Zellwände zu locker werden
und Säfte in die Bauchspeicheldrüse hindurchbrechen, die eigentlich
nicht dort hineingehören. Das gibt dann die Anlage zu Gesundheits-
störungen verschiedenster Art, auf die wir noch zu sprechen kommen.
Normalerweise wird ein Teil der bekannten Mineralstoffe der Nah-
rung, besonders die aus der Tonerde und den Natrium- und Kalium-
verbindungen stammenden, direkt von der Bauchspeicheldrüse auf-
genommen und hier weiterverarbeitet. Von der Bauchspeicheldrüse
werden diese erdigen Bestandteile, entsprechend gewandelt, dem all-
gemeinen Säftestrom zugeleitet. Sie stoßen dabei zuerst auf die
Milz. Durch die Arbeit dieser werden sie wiederum gewandelt und
dann weitergeleitet in die Säfte des Körpers. Im Körper finden sie
als Baustoff für alle Haut- und Bindegewebe Verwendung. Die für
die Milz und den allgemeinen Säftestrom nicht in Frage kommenden
mineralischen Grundstoffe werden von der Bauchspeicheldrüse ge-
wandelt und in den Zwölffingerdarm ausgestrahlt. Hier vermischen
sich diese basischen Säfte mit dem Nahrungsbrei und nun setzt durch
ihren Einfluß die Weiterverarbeitung des Speisebreies ein.
Der feinstoffliche Charakter der erdigen Grundstoffe wird, wenn
die Nahrung im natürlich gewachsenen Zustand gegessen wird, dabei
noch feiner zerteilt und gelöst, als er sich schon im Pflanzenwuchs
fand. Die Fortbewegung dieser Säfte im Körper geschieht auf fein-
stofflichem Wege durch Strahlung unter gleichzeitiger Durchdringung
der Schleimhäute und Zellgewebehäute. Dies kann natürlich nur dann
erfolgen, wenn die Mineralstoffe während der Zubereitung der Nah-
rung in ihrem organisch gewachsenen Aufbau nicht gestört wurden.
Es muß immer wiederholt werden. Durch jeden Erhitzungs Vorgang
wird der Charakter der Feinstofflichkeit der Nahrung zerstört. Diese
ist im Pflanzenwuchs so feinsinnig, daß sie im Charakter der Ge-
löstheit und Feinheit den gasigen Mineralstoffen in der Luft wie
Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff und anderen entspricht.
Nur wenn der feinstoffliche Charakter der Mineralstoffe in der
pflanzlichen Nahrung bei der Zubereitung aufrecht erhalten bleibt,
können die Lebensvorgänge im menschlichen und tierischen Körper
auch die feinsten Wandlungen in den nur mikroskopisch erkenn-
baren Verästelungen der Blutgefäße, der Nervenendigungen, der
Muskelgewebezellen und ihrer Häute durchführen. Gerade diese
51
Wandlungen aber sind die Voraussetzung für die gesunde Abwick-
lung des Lebens.
Die Proteine oder Plasmastoffe, auch Eiweißkörper genannt, im
Speisebrei werden durch die Salzsäure im Magen erweicht und
gleichzeitig durch die Pepsine darin gelöst und in ihre Grundbe-
standteile, die Aminosäuren, aufgespaltet Die lebenskräftigen Pro-
teine pflanzlichen Ursprungs in den Blattgrünkörperchen, in den
Samen und den Nußkernen, in den Wurzelknollen und allen anderen
Pflanzenteilen werden durch die Bindung an den gleichzeitig vorhan-
denen reichlichen Gehalt an Mineralstoffen aller Art zu natürlichen
Bausteinen neuer Zellgewebe oder zur Grundlage neuer Gehirn-
und Nervenmasse. Bei der Weiterverarbeitung des Speisebreies im
Zwölffingerdarm werden die Proteine durch die Einwirkung der
Säfte aus der Bauchspeicheldrüse weiter in ihre feinsten Grundbe-
standteile zerlegt. Gleichzeitig werden hier durch anders geartete
Säfte aus der Bauchspeicheldrüse und durch die hier in den Speise-
brei einstrahlenden Gallensäfte und Gallensäure die im Mund und
Magen feinst gelösten öl- und Fettstoffe verseift. Die Lipoide, Lezi-
thine und verwandte Gebilde werden dabei aus ihren Bindungen ge-
löst und auf die Weiterverarbeitung im Körper vorbereitet. Der
Zwölffingerdarm ist das Organ unseres Körpers, von dessen geheimem
Wirken wir trotz aller Forschung am wenigsten wissen. In diesem
Organ verwandelt, gelangen alle Stoffe im Nahrungsbrei in den
Dünndarm, um hier für die Aufnahme in den Körper selbst ihre
letzte Wandlung zu erhalten. Diese kann nur stattfinden, wenn alle
Proteine und verwandten Stoffe (auch Quellstoffe oder Eiweißkör-
per genannt) in ihre letzten Grundbestandteile zerlegt und alle öl-
und Fettstoffe durch die Gallensäfte zu Seifenwasser wurden. Die
daraus entstandenen einfachen Grundformen feinstofflichen Charak-
ters dienen im Körper zum Neuaufbau der Muskelmasse, der Kno-
chensubstanz, der Gehirn- und Nervenmasse und zur Bildung der
Haut, sowohl der äußeren Haut als auch zur Bildung der inneren
Schleimhäute und der Hülle der Zellgewebe des Körpers und seiner
Organe.
Die Kalk- und Magnesiumstoffe werden im Magen kaum verändert,
sondern nur weiter gelockert und gelöst, da diese zum Teil erst im
Dickdarm aus dem Speisebrei herausgezogen werden sollen.
Wenn wir die Verdauungsarbeit im Magen verfolgen, so machen
wir die Beobachtung, daß, wie erwähnt, die Zuckerstoffe durch den
Einfluß der Magensäfte nicht verändert werden. Die Zuckerstoffe
oder Kohlehydrate werden durch die Beeinflussung des Mundspei-
chels bzw. des Ptyalins im Mundspeichel auf die Verarbeitung und
Aufnahme vorbereitet und gelöst. Im Magen werden sie nicht weiter
verändert. Hier nun liegt eine Hauptgefahr bei der Ernährung des
Menschen auf dem Umwege über die Feuershitze. Wenn wir nämlich
Getreidenahrung irgendeiner Art, deren Stärkegehalt im rohen Zu-
52
Stande vom Ptyalin des Mundspeichels in die entsprechenden Zuk-
kerstoffe umgewandelt werden kann, mit Wasser mischen und ver-
kochen oder backen, so wird der Charakter der Getreidestärke ge-
wandelt. Eine gründliche Durchspeichelung der so zubereiteten Ge-
treidenahrung, seien es Brote aller Art, Grützen, Nudeln, Makkaroni,
Knödel und dergleichen, kann nicht erfolgen. Die Einspeichelung der
Brotnahrung ist zudem durch Bestreichen mit Fetten und durch Be-
lag so mangelhaft, daß die Umwandlung der gebackenen oder ge-
kochten Stärke durch den Mundspeichel in die Zuckergrundstoffe
nicht möglich ist. Im Magen können Kohlehydrate oder Zuckerstoffe
nicht verwandelt werden und so bleiben sie leider zu oft unverdaut
im Magen stundenlang, ja, oft sogar tagelang liegen. Da nun im
Magen die Körpertemperatur von etwa 37 Grad herrscht und alle
Voraussetzungen vorhanden sind, um Kohlehydrate oder Zucker-
stoffe in Gärung zu versetzen, so ist diese Zustandsänderung sehr
leicht möglich. Bei der einsetzenden Gärung der Getreidespeisen ver-
wandelt sich der Zuckerstoff in Alkohol und Kohlensäure. Die naszie-
rende, das heißt frisch entstehende Kohlensäure hat aber eine ganz
andere Wirkung als abgestandene Kohlensäure, wie man sie Ge-
tränken zur Frischhaltung und dergleichen zuzusetzen pflegt. Die
frisch entstehende Kohlensäure hat scharfen Säurecharakter und der
frisch entstehende Alkohol frißt viel schärfer als solcher, der mit
ausgegorenen Getränken auf genommen wird. Wenn wir das be-
achten und bedenken, daß säurehaltige Nahrungsmittel nicht vom
Pförtner in den Zwölffingerdarm übergeleitet werden können, so ver-
stehen wir die große Gefahr von Verdauungsstörungen, die durch
die Gärung von gebackenen oder gekochten Getreidespeisen und
Brot hervorgerufen werden. Wenn diese kohlensaure Gärung der
Kohlehydrate oder Zuckerstoffe im Magen eingesetzt hat, dann wer-
den die entsprechenden Fermente nicht nur die Zuckerstoffe, sondern
den ganzen Nahrungsbrei in Gärung versetzen, den Magen ver-
säuern und dadurch schwere Störungen der einen oder anderen Art
entstehen lassen. Ist die Konstitution kräftig genug, dann sehen wir
aus dieser Gärung die gefürchtete Magenversäuerung entstehen mit
Neigung zur Bildung von Reizungen der Magenschleimhaut durch
den fressenden Alkohol und die fressende Kohlensäure, Neigung zu
Geschwüren, Magenverengung u. a., das heißt durch die Säure her-
vorgerufene Krampfzustände und ähnliches. Ist die Konstitution von
vornherein schwach, so entstehen durch die Gärungserscheinungen
und durch den dadurch hervorgerufenen Druck der entstehenden
Gase auf die Magenwand Magensenkung oder Magenerweiterung
mit allen sich daraus ergebenden Folgen. Es ist daher wichtig, be-
sonders bei derartigen Magenkranken, sich überhaupt nicht erst der
Gefahr auszusetzen, durch Getreidenahrung der einen oder anderen
Art die Gärungszustände aufrecht zu erhalten. Besser ist es schon,
man läßt jede Brot- und Getreidenahrung fort und wird dadurch die
53
I
erstaunliche Entdeckung machen, daß die angegebenen gefürchteten
Magen- und Darmstörungen ganz von selbst verschwinden und schon
eingerissene Neigung zur Geschwürbildung zur Ausheilung kommt.
Bricht nun der Pförtner in seiner Arbeit zusammen und kann er
durch das Zusammenbrechen seiner Kräfte nicht mehr verhindern,
daß unrichtig vorbereitete Getreidenahrung im gärenden Zustande
durchschlüpft und in den Zwölffingerdarm und damit in den Dünn-
darm gelangt, so können sich diese unnatürlichen und unerwünschten
Gärungszustände im Dünndarm fortsetzen und werden dort gleich-
falls alle Verdauungs Vorgänge stören. Diese Störungen setzen sich
dann im Dickdarm fort und rufen hier Lähmungserscheinungen her-
vor, die zu hartnäckigen Verstopfungen führen. Auch diese Gefahr,
die bei kohlehydratreicher Brot- und Getreidenahrung eintreten
kann, wird durch Vermeidung derartiger Speisen behoben.
Wird die Nahrung natürlich gewählt, d. h. besteht sie in der oben
angeführten Weise aus organisch gewachsenen, lebensfrisch gegesse-
nen Gartenerzeugnissen, so werden die Zuckerstoffe in dem Ge-
müse, wie wir sie so reichlich in allem Wurzelgemüse, in den Möhren,
Steckrüben, Kohlrüben usw. finden, durch die Ausstrahlungen der ■
Darmzotten niedergeschlagen und im Wachstums Vorgang in körper-
eigene Bestandteile der Darmwände verwandelt in ähnlicher Weise,
wie die Mineralstoffe des Bodens infolge der Ausstrahlungen der
Saug würzeichen der Pflanzen durch ihre Bindung und Sammlung
das Wachstum der Wurzeln ermöglichen. Die Darmzotten und der
Pfortaderblutstamm sind den Saugwürzelchen der Pflanze vergleich-
bar, die die Bodenstoffe durch den Stamm der Krone zuführen. Der
Pfortaderblutstamm führt die zuckerhaltigen Nahrungsstoffe zur
Leber. Dort werden sie gewandelt und gespeichert, um nach Bedarf
durch den Leberblutstamm über das Herz zur Lunge geleitet zu
werden.
Die im Zwölffingerdarm durch die Galle und die Säfte der Bauch-
speicheldrüse verseiften Fettstoffe und die gelösten pflanzlichen
Proteine, Lipoide und Lezithine, werden nicht vom Pfortaderblut-
stamm aufgenommen, sondern in einem besonderen Gefäßsystem ge-
sammelt, das wie der Pfortaderstamm seine Saugwürzelchen in den
Speisebrei taucht. Von diesem Zottelgewebe werden aber nur die
verseiften Fett- und Ölstoffe, die gelösten Lipoide und Lezithine und
die aus den Proteinen im Zwölffingerdarm neu entstandenen Gebilde
niedergeschlagen und verwandelt, um sie im Gefäßsystem des Brust-
saftganges zu sammeln. Der hiervon auf genommene jetzt milchig
weiß erscheinende Saft wird dann in diesem Brustsaftgang im hin-
teren Teil des Brustkorbes hochgeführt und von der oberen Hohlvene
kurz vor ihrem Eingang ins Herz aufgenommen. In den Lungen um-
gewandelt und entsprechend vorbereitet, bildet er nun die Grund-
lage der Gehirn- und Nervenmasse und damit im weiteren Verlauf
der Wandlungs Vorgänge des Körpers die Grundlage der Muskel-
54
masse, der Knochenleimstoffe, der Hautleimstoffe und aller quell-
fähigen Gewebestoffe des menschlichen Körpers.
Alle dem Nahrungsbrei im Dünndarm entnommenen Bestandteile
der verzehrten Nahrung müssen, ganz einerlei, ob sie über den
Pfortaderstamm als Pfortaderblut durch die Leber zum Herzen oder
vom Brustsaftgang gesammelt über die Hohlvene zum Herzen ge-
langen, vom Herzen, dem Steuerungsorgan des Stoffwechsels, erst in
die Lungen, um hier durch die Wandlung während der Atmung zur
Grundlage des Blutes zu werden. Aus dieser Tatsache ergibt sich, daß
die Lungenarbeit bei der Bildung der Körpersäfte ebenso wichtig ist
wie die Magen- und Verdauungsarbeit. In den Wandlungs Vorgängen
der Lungen werden die auf genommenen Nahrungsstoffe veredelt und
mit den Bestandteilen der Luft, vor allem dem Sauerstoff und dem
Stickstoff, wie die Wurzelsäfte der Pflanze in der Blätterkrone in die
Wachstumsstoffe umgeformt, die mit den aus der Tätigkeit des grünen
Blattes im Pflanzenwuchs hervorgehenden zu vergleichen sind.
In den lebenzeugenden Wandlungs- und Wachstums Vorgängen in
der Lungenkrone entwickeln sich die im Mark der Röhrenknochen
vorgebildeten Blutkörperchen aus den Nahrungssäften unter der
Einwirkung der Luft und des Lichtes zur reifen Frucht der eisen-
haltigen, sauerstoffschwangeren roten Blutkörperchen, geladen mit
Sonnen- und Lebenskräften. Es entstehen die mit lebendigen Spann-
kräften geladenen Blutzuckerstoffe und es bilden sich die tragenden
Blutsalze des Natriums und der Phosphor- und Schwefelverbindun-
gen, die zur Einleitung und Erhaltung der Wandlungs Vorgänge im
Gehirn und in den Nerven, in den Muskeln und in den Knochen
dienen. Diese ergeben in ihrer Zusammenarbeit in den verschiedenen
Organen die Verstandes- und die Geisteskraft, die Nerven- und die
Muskelkraft und endlich die allgemeine und lebenswichtige Körper-
wärme zur Erhaltung des Lebens.
Wie ist das möglich?
In der Blätterkrone der Pflanze kommen die Kräfte der Rot-
lichtwirkung in der Strahlkraft der Sonne zur Auswirkung,
um den Kohlenstoff aus der Kohlensäure in der Luft herauszulösen,
mit den wasserbildenden Stoffen, dem Wasserstoff und dem Sauer-
stoff, zu binden und in die der Pflanze eigenen Zuckerstoffe zu wan-
deln. Gleichzeitig werden die kosmischen Kräfte im Lichte der Sonne
gebunden und die von der Wurzel aufgenommenen Mineralstoffe des
Bodens in den Saft und den Körper der Pflanze eingebaut. Alle an
die roten Licht- und Kraftstrahlen gebundenen Kräfte werden inten-
siv und restlos vom Blattwerk aufgesaugt, nutzbar gemacht und ge-
bunden. Dabei werden gleichzeitig die blauen und gelben Strahlen
abgeschirmt und zurückgestrahlt. Blaue und gelbe Strahlen vereint
ergeben grüne Farbwirkung. Deshalb erscheint das Blattwerk
grün. Die an die roten Lichtstrahlen und Schwingungen gebunde-
nen Kräfte der Sonne sind in der Pflanze wirksam, um, gewandelt
55
aus Licht, Luft, Wasser und Erden und Gesteinen, die Erde mit Leben
zu füllen und im Menschen die Seelenkräfte des Weltalls zur Aus-
wirkung zu bringen. Wenn nämlich der Mensch die ihm von Natur
aus zugedachte, gewachsene pflanzliche Nahrung im frischen lebens-
vollen Zustand in sich aufnimmt und das grüne Blattwerk der Kräu-
ter und das Wurzelgemüse nicht verschmäht, dann lösen sich in sei-
nem Körper die in der Pflanze wirksam gewordenen und dort ge-
bundenen Sonnenkräfte der Rotlichtwirkung. Die Kräfte der Rot-
lichtstrahlung werden in den Lungen frei und bewirken hier die
lebenschaffende Lösung der in der eingeatmeten Luft und der in der
lebensfrischen Nahrung gebundenen Kräfte. Diese erscheinen
nun im lebensvollen gesunden Körper als das
leuchtend rote Blut, durch das die kraftvollen Lebensäuße-
rungen des Menschen in körperlicher, geistiger und seelischer Bezie-
hung getätigt werden.
Die Wandlung der in der grünen Pflanze gebun-
denen Lebenskräfte des Weltalls in die Kraft des
roten Blutes durch die Atmung ist das Lebens -
wunder in der Brust des Menschen .
Die Mineralstoffe, die Zuckerstoffe, die Fettstoffe und die Proteine
werden jeweils auf besonderen Wegen aus dem Nahrungsbrei heraus-
geholt, um in die Säfte des Körpers oder durch die Lungenarbeit in
das Blut eingebaut zu werden. Es ist deshalb sehr wichtig, bei der
natürlichen Nahrungsaufnahme Einseitigkeiten in der Ernährung zu
vermeiden. Der Körper bedarf der Fettstoffe und Proteine des
grünen Blattes und der Samenanlage der Früchte, der Nüsse und
Ölsaaten genau so dringend, wie der Zuckerstoffe und der Mineral-
stoffe in den Früchten, Gemüsen und Wurzeln. Wenn wir nun be-
achten, daß bei den Pflanzen die Zuckerstoffe durch die Erzeugung
der Keimanlage im Samen schon aus einem Lebensvorgang der Pflan-
zen hervorgehen und die Mineralstoffe durch das Zusammenwirken
aller Einflüsse der Lebenskraft aus dem Boden herausgeholt werden,
so müssen wir entsprechend unsere Nahrung in ihrem natürlichen Zu-
stande verzehren. Wir müssen die verschiedenen Zutaten in unseren
Speisen zueinander ins Verhältnis bringen, um jeweils eine vollwertige
Nahrung zu erhalten. Daraus geht hervor, daß sich eine vollwertige
Nahrung für Tier und Mensch aus dem Blattgemüse als dem Träger
der Mineralstoffe und der Zuckerstoffe, aus dem Wurzelgemüse als
dem hauptsächlichsten Träger aller Zuckerstoffe und aus den Samen-
kernen der die öl- und Fettstoffe erzeugenden Pflanzen zusammen-
setzen muß. Als dem Menschen besonders zugedachte Ergänzung zur
Vergeistigung seiner seelischen Kräfte dienen dann die saftreichen
Beerenfrüchte, das Obst aller Art, einschließlich des Schalenobstes
und die saftreichen Gemüsefrüchte.
Verfolgen wir den Weg, den die aufgenommene Nahrung im Kör-
56
per geht, so sehen wir, daß die leichter löslichen Mineralstoffe und
die Zuckerstoffe mitsamt den Proteinen und Fettstoffen im Darm-
kanal bereits vom Körper verarbeitet wurden, ehe der Speisebrei in
den Dickdarm resp. in die Dickdarmmulde gelangt. Diese wird da-
durch gebildet, daß der Ansatz des Dünndarmes an den Dickdarm
nicht am untersten Teil erfolgt, sondern ein Stückchen höher. Da-
durch entsteht das, was als der Blinddarm, als Teil des Dickdarmes,
bekannt ist. Hier nun spielen sich Vorgänge ab, die sehr viel ver-
wickelterer Natur sind, als bisher in den Lehrbüchern zur Darstel-
lung gebracht wurde. In diesen Lehrbüchern wird sehr oft versucht,
mit einer physikalisch-mechanistischen Erklärungsweise die Vor-
gänge in den Verdauungsorganen und überhaupt in allen Organen
des Körpers aufzuhellen. Diese Darstellungsweise kann aber niemals
genügen, um Lebensvorgänge aufzuklären, die ihrer Natur nach
nicht mechanistisch-physikalischer Art sind, sondern den Gesetzen
der physiologisch-organischen Welt des Lebendigen entsprechen. Die
Gesetze des organischen Lebens in der Pflanzenwelt gelten genau so
gut für die Vorgänge im menschlichen Körper. Wenn wir diese Ge-
setze selbst in den heute nur unvollkommen verstandenen Deutungs-
versuchen auf den menschlichen Körper beziehen, so werden wir mit
tieferem Verständnis in die wirklich sich abspielenden Vorgänge
eindringen und sie besser verstehen lernen als bisher.
Die zum Teil rein mechanistischen Deutungsversuche des vergan-
genen Jahrhunderts können dabei als überwunden betrachtet wer-
den, wie z. B. aus den folgenden Ausführungen von Dr. Kahn in
seinem fünfbändigen Werk „Das Leben des Menschen“ hervorgeht.
In diesem Buche finden wir nach der Erklärung der sogenannten
Aufsaugungsvorgänge im Darmkanal und nach den sehr eingehenden
Darstellungen des anatomischen Aufbaues und der möglichen Vor-
gänge folgendes: (Wörtlich entnommen aus Kahn, „Das Leben des
Menschen“.)
„Die jenseits der Darm wand gefundenen Stoffe unterscheiden sich
aber wesentlich von jenen des Speisebreies. Während die Amino-
säuren, die Fettsäuren und das Glycerin des Speisebreies aus un-
zähligen verschiedenen Eiweiß- und Fettarten pflanzlicher und
tierischer Herkunft stammen, aus Reis und Rindfleisch, aus Blumen-
kohl und Kuhbutter, aus Kartoffelmehl und Schweineschmalz, aus
Gurken und Datteln, während die Zuckermoleküle die Bruchstücke
von unzähligen verschiedenen Stärke-, Glykogen-, Dextrin- und
Zuckerarten sind, die aus allen erdenklichen pflanzlichen und tieri-
schen Geweben hier im Magen-Darm-Kanal zusammengewürfelt
sind, stimmen die im Inneren der Darmzellen den Organen zueilen-
den Fett-, Eiweiß- und Zuckermoleküle untereinander in ihrem Auf-
bau überein. Sie sind einfachster Normalmenschenzucker, einfachstes
Normalmenschenfett, einfachstes Normalmenscheneiweiß ohne den
vorhergehenden tierischen oder pflanzlichen Charakter, ohne den
57
I
späteren spezifischen Gewebecharakter, der das Muskelfett vom Hirn-
fett, das Knocheneiweiß vom Lebereiweiß unterscheidet.“
Er fährt dann nach Übergängen wie folgt fort:
„Sucht man die Schranken der Darmschleimhaut zu durchbrechen,
ihre Uniformierungsarbeit auszuschalten, so erlebt man ein Fiasko.
Alle körperfremden Stoffe, in die Blutbahn eingespritzt, sind giftig.
Ein Hühnerei ins Blut gespritzt, ist so giftig, als sei es mit Strychnin
gefüllt. Eine Tasse Seifenwasser tötet einen Menschen so sicher wie
ein Glas Salpetersäure und eine Kelle voll Stärkekleister ist im Blut
mindestens so gefährlich wie eine Handgranate. Selbst die niederen
Abbauprodukte sind für den Körper nicht nur unbrauchbar, sondern
direkt schädlich. Spritzt man einem Tiere Spuren von Pepton ins
Blut, so scheiden seine Nieren diese wieder aus. Größere Mengen
davon führen unter Krämpfen zum Tode.“
Nach weiteren überleitenden Abschnitten fährt dann Dr. Fritz
Kahn fort:
„Hier, angesichts der Darmzellen, stehen wir vor dem größten aller
Wunder! Aber auf dem Gebiete des Lebens ist ja alles Wunder vom
ersten Augenblick bis zur letzten Offenbarung, von der Amöbe im
Straßenkehricht und vom Stickstoffbazillus an der Lupinenwurzel bis
zum blühenden Fliederbusch und dem Adler in den Lüften, vom
hüpfenden Punkt im Hühnerembryo bis zur Traumvision, vom ersten
Speicheltropfen, der als Einleitung der Verdauung angesichts der
aufgetragenen Speisen zwischen den Backenzähnen versickert, bis
zum Endprozeß in der Darmzelle, die Pepsin und Erepsin, Maltase
und Enterokinase absondert und zu gleicher Zeit Aminosäuren auf-
nimmt und daraus Eiweiß formt, Seifenwasser einsaugt, Glycerin
anzieht und aus ihnen Fette baut und jenes in die Blutbahn und
dieses in das zentrale Zottengefäß leitet — wer sagt ihr, daß sie das
tun soll, wer sagt ihr, wie sie es tun soll, wer, daß sie jenes hierhin,
dieses dorthin lenkt? Wer sagt es den Mikropünktchen Darmzellen,
die mit allen ihren Polsterstoffen, allen Adern, Lymphgefäßen, Ner-
vennetzen, ihren Zweimuskelschichten und der Bauchfellplatte dar-
über nicht dicker sind als ein Löschpapier, 3000 Zellen auf einer
Zotte, 5000 Zotten auf der Fläche eines Fingernagels. Wer
sagt es ihnen?! Wer sagt es ihnen, wer schuf sie, wer faßte den Plan
zu ihrer Schöpfung, wer dreht das kreisende Rad, nachdem es zu
laufen begonnen hat, durch Äonen, zu welchem Zwecke, zu welchem
Ziele? Müssig hier mit Menschenbegriffen zu operieren, mit Gott,
Natur, Leben, Plasma, mit Entwicklung Worte, Worte, nichts
als Worte. Wir wissen es nicht, und wenn wir es wüßten, könnten
wir es nicht begreifen. Wir könnten auch dann nur wieder, wie es
eben der Mensch nur vermag, mit der hohlen Hand aus dem Meer
der Wunder ein kleines Menschenmaß hervorschöpfen — von draußen
aber rollte Welle auf Welle herbei, kein Anfang zu ersinnen, kein
Ende abzusehen, ein weiteres zu tun ist uns versagt, wir können nur
58
in Bewunderung verstummen, in Anbetung versinken und unser
Menschenherz, das übervolle, ausschütten — in Menschenworten und
mit Menschengefühlen. So wäre auch jener der wahre Menschenbe-
schreiber nicht, der nicht zur rechten Zeit die Feder beiseite legte
und bekennt^: Ich bin mit Kraft und Kunst zu Ende, ich kann es mit
aller Kunst und mit allem Können nicht beschreiben und ich, der ich
es beschreibe, kann es so wenig begreifen wie ihr, die ihr es lest.
Ich kann euch nur sagen, es ist da! Pünktchen klein, doch sonnen-
groß, nichts verratend und doch alle Geheimnisse verbergend, tau-
sendfältig, wenn man es beschriebe, und doch unbeschreiblich, so
göttlich, daß man ein Psalmist sein möchte, aber im Namen so nichts-
sagend prosaisch, daß es als eine Blasphemie erscheint, ein solches
Wunder so zu nennen: Darmzelle!?“
Hier macht uns ein Wissenschaftler von Format inmitten des drit-
ten Bandes eines fünf bändigen Werkes über das Leben des Menschen
das Eingeständnis, daß wir Menschen über die wirklichen Lebens-
vorgänge trotz unserer feinmechanischen Hilfsmittel, trotz unserer
mikroskopischen, chemischen, physikalischen und sonstigen Unter-
suchungsmethoden, doch nicht in der Lage sind, die wirklichen
Lebensvorgänge in ihrem tatsächlichen wundervollen Wirken zu er-
klären oder gar zu begreifen *).
*) In diesem Zusammenhang sei auf das im Jahre 1949 herausgegebene
Buch von Dr. Xaver Mayr, Wien, „Die verhängnisvollste Frage:
Wann ist unser Verdauungsapparat in Ordnung?“ hingewiesen.
Dais Buch beginnt mit der folgenden Feststellung: Das überaus Ver-
hängnisvolle der Frage, wann unser Verdauungsapparat in Ordnung ist,
besteht darin, daß wir Ärzte alle tun, als ob wir es wüßten, wann er es
ist, ohne es auch nur im geringsten zu wissen.
Er weist an Hand von vielen Beispielen nach, daß es kein Lehrbuch der
Anatomie oder der Diagnostik gibt, in welchem die Frage nach dem nor-
malen Zustand der Verdauungsorgane, ihrer normalen Größe, Beschaffen-
heit und ihrer normalen Tätigkeit in gesundem Zustand einwandfrei
beantwortet wird, ja, daß eine Antwort auf diese Frage gar nicht versucht
wird. Er zeigt an vielen Beispielen und in immer neuen Abwandlungen,
wie unwissend wir Menschen einschl. der Ärzte in Bezug auf unsere Ver-
dauungsorgane sind und wie dringend wichtig gerade die einwandfreie
Beantwortung dieser Frage für unsere Gesundheit und unsere gesunde
Leistungsfähigkeit ist. Er zeigt an dem krankhaften Zustand aller körper-
lichen, geistigen und moralischen Fähigkeiten aller lebenden Menschen
und an dem ständigen Zunehmen der Pflege- und Krankenheilanstalten,
wie wichtig die Lösung und einwandfreie Beantwortung dieser Frage für
uns alle ist und kommt zu dem Schluß, daß sich mit der richtigen Beant-
wortung dieser Frage und der damit möglich werdenden Gesunderhaltung
unserer Verdauungsorgane sich anschließend die Frage nach der natur-
gegebenen Nahrung für den Menschen ergeben würde. Ein Wandel 'im
Zustand unserer bisher kranken Vendauungsorgane und eine Änderung
unserer Ernährung zur Verhinderung neuer Erkrankungen aber würde
59
Die folgende Gedankenentwieklung weicht, wie der Leser noch
merken wird, in wesentlichen Punkten von der üblichen physikali-
schen, chemischen und mechanischen Betrachtungsweise ab. Handelt
es sich doch bei allen Vorgängen im menschlichen Körper genau wie
in allen Lebewesen und in allen Wachstums Verhältnissen der Pflan-
zen und Tiere um Wandlungsvorgänge des lebensprühenden Wer-
dens und Vergehens alles Lebendigen, sei es Pflanze, Tier oder
Mensch. Die Wandlungsvorgänge, durch welche der Speisebrei im
Dünndarm im Augenblick des Überganges vom äußeren Darmkanal
in den inneren Saftstrom des Körpers zu lebensvollen Aufbaustoffen
wird, sind mechanistisch oder physikalisch-chemisch nicht zu er-
klären, aber wenn wir uns die Gleichartigkeit der Vorgänge in den
Saugwürzelchen der Pflanze und den Darmzotten im Menschen vor-
stellen, dann kommen wir zu folgenden Betrachtungen:
In den vorhergehenden Abschnitten unter dem Leitwort „Was ist
Nahrung?“ wurde gezeigt, in welch wundervoller Weise die Erde und
alles, was der Pflanze zur Nahrung dienen soll, in ineinander grei-
fenden Vorgängen vorbereitet wird. Mechanische Zerkleinerung
durch Verwitterung der Erden und Gesteine macht den Anfang,
faulige und kohlensaure Gärung aller organischen Reste von Tier-
und Pflanzenleichen helfen mit dabei und werden eifrig unterstützt
durch die unvorstellbar feinsinnige Arbeit der Kleinlebewelt im
Ackerboden und im Wassertropfen, bis die mechanische Vorberei-
tung der zukünftigen Nahrung so weit gediehen ist, daß alles zur
Aufnahme bereit ist. Dann erst setzt die lebensvolle und leben-
zeugende Arbeit der Pflanze selbst ein. Aufsaugen kann die Pflanze
wohl Wasser, aber keine mineralischen Bestandteile des Bodens, weil
diese im Wasser nicht löslich sind und in ihrer mineralischen Form
die Zellwände nicht durchdringen könnten und, wenn sie es täten,
würden sie im Leben der Pflanze wie Gift wirken. Sie müssen viel-
mehr gewandelt werden, d. h., sie müssen aus der mineralischen
Form in die lebenerfüllte Form der pflanzlichen Aufbaustoffe ge-
bracht werden.
Das Samenkorn trägt in sich selbst lebenschaffende Kräfte. Geweckt
durch Feuchtigkeit, Wärme und Sonnenschein, werden diese Kräfte
die im Keim vorgebildete, gewissermaßen kristallisierte Form des
zukünftigen pflanzlichen Lebens hervorbrechen lassen, zuerst sicht-
bar durch das Vortreiben einer winzigen Wurzelspitze in den Erd-
einen grundlegenden Wandel im wirtschaf tldchen und sozialen Leben der
Menschen mit sich bringen.
Der Verfasser beweist dann leider durch seine Ernähr ungisanweisungen,
wie wenig er von den geheimen Lebenskräften in der pflanzlichen Roh-
nahrung erfaßt hat. Durch seine unmöglichen Ernährungsanweisungen wird
das Buch von Dr. Mayr für den wirklich Dauerheilung suchenden Men-
schen keine Quelle wirksamer Hilfe.
60
boden. Diese strahlt nun in das Erdreich mit seiner vorbereitenden
Nahrung, wie oben beschrieben, nicht nur lösende, d. h. säurehaltige
Säfte aus, sondern auch bindende, d. h. solche, durch welche die
feinstofflich gelösten Erden und Mineralien gebunden und durch die
lebendigen Wachstums Vorgänge im Augenblick der Bindung in die
Form gewandelt werden, in der wir sie als körpereigenen aufstei-
genden Pflanzensaft kennen. Dieser Vorgang liegt allem Wachstum
zugrunde. Er spielt sich etwa wie folgt ab: Der im Samenkorn ein-
gebettete oder in der Baumkrone vorgebildete Wurzelsaft schlägt im
Augenblick der Ausstrahlung die das Saugwürzelchen umgebende
pflanzliche Nahrung nieder, bindet sie an sich und vergrößert da-
durch den Umfang und im Vortreiben die Länge des Saugwürzel-
chens. Die Saugwurzel wächst, indem sie die niedergeschlagenen
Nahrungsstoffe zu ihrem eigenen Aufbau verwendet. Was das
Würzelchen nun nicht für dauernd zum eigenen Aufbau und zur
eigenen Erhaltung benötigt und was es dabei überschüssig auf-
nimmt, das löst sich im Innern des Würzelchens wieder auf und bil-
det den jetzt lebensvollen Wurzelsaft, dem Charakter der Pflanze
entsprechend. Aus diesem Saft, der nun durch diese Wandlung den
Charakter und das Leben des Baumes oder der Pflanze angenom-
men hat, zieht nun die Krone oder das Blattwerk sowohl die be-
nötigten erdigen Mineral- und Grundstoffe als auch das Wasser.
Übertragen wir diese Vorgänge auf die Verhältnisse im Dünn-
darm, so ergibt sich etwa folgendes Bild: Wie die Pflanze der mine-
ralischen Grundstoffe des Erdbodens und des Wassers bedarf, so
braucht der Körper die Bestandteile und die Flüssigkeiten im Nah-
rungsbrei. Wie das Samenkorn zuerst das Saug würzeichen in den
Boden senkt, um durch dessen Wachstum den Saft zu gewinnen, der
zur Entwicklung des Keimblättchens und der Blätterkrone notwendig
ist, so sprießt aus der Darmwand ein Saugwürzelchen in den Speise-
brei hinein und wächst und ergänzt sich aus diesem. Dieses Saug-
würzelchen im Speisebrei ist die Darmzotte. Analog zum Würzelchen
strahlt nun die Darmzotte gewisse Säfte in den Speisebrei, der be-
reits durch die verschiedensten Vorbehandlungen im Mund, Magen
usw. entsprechend vorbereitet wurden. Sie schlägt dadurch die brauch-
baren und benötigten Stoffe aus dem Speisebrei nieder, die sie so-
fort zum eigenen Aufbau und Wachstum verwendet. In diesem Vor-
gang überträgt die wachsende Darmzotte auf die verwendeten Teile
des Nahrungsbreies die Lebenskraft des Körpers und wandelt sie
gleichzeitig in die lebensvollen Formen der menschlichen Säfte um.
In der Vollendung dieses Wachstumsgeschehens löst sich der einge-
baute Nahrungsbrei auf der anderen Seite der Darmwand wieder in
Säfte auf und diese sind nunmehr die lebensvollen, arteigenen Be-
standteile des Körpers selbst, in dessen Blut- und Säftestrom sie nun
als arteigene lebendige Bausteine erscheinen. Die in den Speisebrei
hinein wachsenden und nach eigenem Aufbau sich ständig wieder auf-
61
lösenden Darmzotten entsprechen daher den Saugwürzelchen der
Pflanze und erfüllen in jeder Weise deren Aufgabe.
Einem naturfemen Stadtmenschen werden diese Vorgänge wohl
ein Geheimnis bleiben, denn er hat vielleicht noch nie aus eigener
Anschauung das Wachstum einer Pflanze aus dem Samenkorn her-
aus bis zur vollendeten Frucht beobachtet. Jeder aber, der aufmerk-
sam und besinnlich schon einmal etwas von den erwachenden Kräf-
ten im Pflanzenkeimling gespürt hat, wird wissen, wovon die Rede ist.
Doch wir waren abgeschweift, um die Darstellung zu vertiefen,
und waren stehengeblieben bei den Ausführungen über die Aufgabe
des Dickdarmes. Die Verbindungsklappe, die den Dünndarm in die
Lage versetzt, seinen Inhalt in den Dickdarm abzugeben, ohne dem
Speisebrei die Möglichkeit zu lassen, wieder in den Dünndarm zu-
rückzukönnen, dieses Schlußstück des Dünndarmes ist nicht an das
WKBB Ende des Dickdarmes, sondern ein gutes Stück darüberge-
setzt. Dadurch entsteht der Blinddarmsack. In diesem Blinddarm-
sack fälft die Nahrung erst zu Boden und gerät dadurch in innigste
Berührung mit den Säften, die dem gut fingerlangen Lymphdrüsen-
gebilde des sog. Wurmfortsatzes am Blinddarm entstammen. Die
Lymphdrüsensäfte des Wurmfortsatzes leiten wichtigste Wandlungen
im Speisebrei ein, der vom Dünndarm in den Dickdarm gelangte. Im
Verlauf der Arbeit der Verdauungsorgane im Magen, im Zwölf-
fingerdarm oder in allen Teilen des Dünndarmes mit seinen vielen
Darmzotten wurden nämlich nur die im Saft der Pflanzen gelösten
Kalk- und Magnesiabestandteile in der Nahrung verwandelt, nicht
aber diejenigen, welche in den festen Faserstoffen als fester, fast un-
löslicher Kitt dienten. Diese gingen bisher ungenützt durch den
Darmkanal. Hier nun, im Dickdarmsack werden sie durch die Ein-
strahlungen aus dem Wurmfortsatz aus dem Speisebrei ausgefällt
und niedergeschlagen, d. h. aus dem flüssigen Speisebrei ausgetrennt
und für die Aufnahme in den Körper vorbereitet. Für diese Wand-
lungsvorgänge kommen aber nur die noch brauchbaren Bestandteile
der Faserstoffe an Kalk-, Magnesia- und Kaliumsilikaten in Frage,
die durch die Kochvorgänge oder durch unvernünftige Zubereitung
der Speisen nicht schon verhärtet oder aus dem gewachsenen Ver-
band nicht schon herausgelöst wurden. Was bei der Zubereitung
durch Kochen und Erhitzen den organischen lebensvollen Zustand
verlor, das wird zusammen mit den kalkhaltigen unbrauchbaren
Rückständen aus dem Stoffwechsel des Körpers mit dem Kot aus-
geschieden. Die Herauslösung des Kalkgehaltes aus den Pflanzen-
faserstoffen ist deshalb so schwierig, weil der Kalk zwischen den
einzelnen Zellulosefaserteilchen als fester Kitt, als Zement, einge-
lagert ist. Kalk- und Magnesium-, Kalium- und Natriumsilikate sind
je nach der Art der Pflanze der feste, fast unlösliche Kitt, die der
Pflanze den Halt und die Festigkeit geben, die auch der Körper des
62
Menschen nicht entbehren kann, wenn er gesund und lebenskräftig
bleiben will.
Die Lebenskraft bedient sich zu dieser Arbeit außer den Säften
des Wurmfortsatzes vor allem der Tätigkeit der sogenannten Darm-
flora. Diese bakteriellen und pilzartigen Lebewesen leiten beson-
dere Gärungsvorgänge ein. Durch diese wird die Zellulose aufge-
sprengt und gelöst und dadurch den Lymphsäften die Möglichkeit
gegeben, auf die Kittstoffe einzuwirken und sie in ihre Bestandteile
zu lösen. Eine gewisse Art der Dickdarmgärung, hervorgerufen durch
die im Dickdarm ansässige Dickdarmflora, ist sowohl beim pflanzen-
fressenden Tiere als auch bei dem natürlich von ungekochter Nah-
rung lebenden Menschen notwendig. Diese Art der Gärung aber ist
grundverschieden von den Fäulnis- und Gärungsvorgängen, die man
oft beim landesüblich sich nährenden Menschen vorfindet. Bei der
Aufnahme von Speisen, die dem Tierreich entnommen sind, und von
gekochten und gebackenen Getreidespeisen setzt sowohl eine Eiweiß-
fäulnis als auch eine verderbliche alkoholische Gärung ein, die das
ganze Speisegemisch im Blinddarmsack in eine stinkende, ekelhafte
Masse verwandelt, deren entweichende Gase und deren Kotmassen
oft ekelhaft riechen. Die entstehenden faulenden und gärenden
Darmgase gehen nun beileibe nicht immer als Gase aus dem Kör-
per, sehr oft ziehen sie mit den aus dem Speisebrei gezogenen Flüs-
sigkeiten in den Körper hinein und „steigen gar zu leicht in den
Kopf“. Dort können sie die schlimmsten, weil schwer zu beseitigen-
den Kopfschmerzen und Migräne erzeugen, wenn sie nicht in an-
deren Körperteilen und in anderen Organen ihr Unwesen treiben.
Eine andere Art von Gärungen im Dickdarm ist, wie gesagt, not-
wendig, um die Zellulose aufzuspalten und die darin eingebauten
Kalk-, Kalium-, Natrium- und Magnesiumsilikate herauszulösen und
für die Aufnahme in den Körper freizumachen. Unerwünscht und
sehr störend ist die faulige Eiweißzersetzung nach dem Verzehren
von Fleisch, Fisch, Milch, Eiern und dergleichen, d. h. als Folge der
Aufnahme von Stoffen, die dem tierischen Leben entstammen.
Im bisher beschriebenen Verlauf der Vorgänge im Darmkanal, mit
der Zerkleinerung im Munde angefangen, werden große Mengen
Flüssigkeiten aus dem Körper in den Speisebrei gegeben. Die Nah-
rung wird beim Kauen mit reichlich Mundspeichel durchsetzt. Der
Magen sondert große Mengen flüssiger Säfte in den Speisebrei ab
und die Bauchspeicheldrüse, die Gallenblase und die Darmzotten
geben weitere Flüssigkeiten hinzu, so daß der Inhalt des Magen-
darm-Kanals bis dahin in flüssiger Lösung gehalten wurde. Im Dick-
darm setzt die entgegengesetzte Arbeit ein, nämlich die Befreiung
des Speisebreies von allen Flüssigkeiten und seine Eindickung zum
geformten, trockenen Kot.
Wo aber bleibt die aus dem Speisebrei bei der Eindickung her-
ausgepreßte Flüssigkeit? Die anatomischen Lehrbücher, in denen die
63
Dickdarmtätigkeit gesondert und ohne Zusammenhang mit irgend-
welchen anderen Organen sozusagen nur als Eindickungsorgan ge-
kennzeichnet wird, verschweigen uns vollständig, was mit der Flüs-
sigkeit geschieht. Die tägliche Erfahrung aber lehrt uns, daß das
einzige Organ, das der Wasserabscheidung aus der Darmflüssigkeit
und aus der Bauchhöhle dient, die Nieren sind. Diese aber wurden
von der wissenschaftlichen Forschung bisher als Organe der Blut-
reinigung und Blutfiltrierung angesehen, die der Abscheidung der
Harnstoffe aus dem Blute dienen sollen. Als solche wurden sie in
keinerlei Weise mit den Verdauungsorganen oder den Verdauungs-
vorgängen in Verbindung gebracht. Sie wurden vollständig getrennt
von diesen behandelt. Das Ergebnis einer solchen Forschung hat in-
zwischen ein vollständiges Fiasko erlebt. Dr. Fritz Kahn schreibt
darüber in seinem Buche „Das Leben des Menschen“ folgendes:
„Welcher Art die Beziehungen zwischen dem Blute und den ein-
zelnen Abschnitten des Harnkanals sind, wissen wir nicht. Alles,
was wir im folgenden darüber hören, ist vage Vermutung. Aber be-
kanntlich ist ja nichts leichter als eine Theorie aufstellen. So ging
man rasch, nachdem man sich vom ersten Schrecken über den Zu-
sammenbruch der so plausiblen, leider aber doch nicht wahren Fil-
trierungstheorie der Nieren als Blutfilter erholt hatte, an die Auf-
stellung einer neuen nicht weniger einleuchtenden Hypothese.“
Nach diesem Eingeständnis über die Unhaltbarkeit der bisherigen
mit dem Brustton der Überzeugung jahrzehntelang vor getragenen
Theorie der Blutfiltrierung in den Nieren geht Dr. Kahn dann auf
die inzwischen aufgestellten neuen Theorien anderer Zellforscher
ein und versucht, diese plausibel und verständlich zu machen. Da
das aber seinen Worten nach alles nur Vermutungen sind, so ver-
lohnt es sich nicht, darauf des Näheren einzugehen. Wir wollen im
folgenden versuchen, uns über die Nierentätigkeit im Zusammen-
hang mit der Eindickung des Speisebreies im Dickdarm klar zu wer-
den, und kommen dann zu folgenden einfachen Tatsachen.
Zur Klarstellung sei vorausgeschickt: Die dicken, blutgefüllten
Arterien und die dicken, prallen Nervenstränge, die in die Nieren
hineinführen, dienen dem stetigen und schnellen Ersatz des Nieren-
körpers und seiner feinen, vielfach verschlungenen Gewebe selbst.
In diesem Nierengewebe werden doch die im Stoffwechsel des Kör-
pers anfallende Phosphorsäure, die bei der Auflösung der verbrauch-
ten Muskel- und Nervengewebe aus den Eiweißstoffen freiwerdende
Harnsäure, die Harnstoffe und Oxalsäure aus der Körperflüssigkeit
und den Darmsäften herausgetrennt und aus dem Körper ausgeschie-
den. Die Nieren arbeiten ununterbrochen den ganzen Tag und die
ganze Nacht, 24 Stunden des Tages, in den teilweise recht scharfen
Säuren, in die sich die verbrauchten Zellgewebe bei ihrer Auflösung
umwandeln. Diese scharfen, fressenden Säuren zehren in unglaub-
licher Weise am Nierenkörper selbst und deshalb muß das ganze
64
Gewebe des Nierenkörpers ständig und schnell erneuert und ge-
festigt werden.
Darum der große Anfall an Blut- und Nervenmasse, ohne daß das
arterielle Blut seinen Sauerstoff an die Nieren abgibt. Zur Erneue-
rung von Zellgeweben wird nur wenig oder gar kein Sauerstoff ver-
braucht, aber desto mehr von den gewebebildenden mineralischen
Grundstoffen und vor allem Nervenmasse zum Aufbau der protein-
und fetthaltigen Gewebezellen und deren feinen Häuten. Die Tätig-
keit der Nieren spielt sich innerhalb der mit unerhört vielen Blut-
und Nervenbahnen umgebenen Zellgefäße der Nieren ab, über
deren eigenartigen Bau man sich in den Lehrbüchern der Anatomie
sehr leicht ein gutes Bild machen kann. Hier gilt es, den Zusammen-
hang der Nierentätigkeit mit den Aufgaben des Dickdarmes klarzu-
stellen.
Wir können uns beim Zerlegen eines Tieres jederzeit davon über-
zeugen, daß der Dickdarm mitsamt seinem S-förmigen Teil, aber
ohne den Blinddarmsack, in ein schwammartiges Fettgewebe, den
Flomen, eingebettet ist. Dieses Fettgewebe kann eine unglaubliche
Masse von Flüssigkeit in sich auf nehmen und nun verstehen wir, wo
die Darmflüssigkeiten nach dem Hindurchpressen durch die Darm-
wand bleiben. Sie werden von den Flomen aufgesogen. In den Flomen
sind aber auf der anderen Seite die Nieren eingebettet, d. h. mit an-
deren Worten, die Nieren erhalten die vom Dickdarm in das Nieren-
fett eingestrahlte Flüssigkeit zur Verarbeitung. Woraus setzt sich nun
diese Flüssigkeit im Nierenfett oder den Flomen zusammen?
Wir sehen, daß der Dickdarm auf der einen Seite in das Nieren-
fett eingebettet ist. Auf der anderen Seite aber ist er fest verbunden
und umgeben von einem Wundernetz der Venen, d. h. ein Zweig des
Venensaftstammes aus dem Körper hat sich in feinste Haargefäße
aufgelöst, ohne sich wieder zu sammeln. Dies erfolgt zu dem Zweck,
seinen Inhalt nicht wieder dem Körper zuzuleiten, sondern ihn an
den Dickdarm weiterzugeben. Daraus geht hervor, daß der Inhalt
dieses Teiles des Venensaftstammes seinen Inhalt an im Körperbe-
trieb verbrauchten und aus Abfallstoffen des Stoffwechsels bestehen-
den Säften an den Dickdarm zur Ausscheidung abzugeben hat. Diese
verbrauchten Säfte aus dem Wundernetz der Venengefäße werden
somit in den Dickdarm eingestrahlt und vergrößern hier die Menge
der Flüssigkeiten, die zur Verarbeitung in die Nieren kommen sollen.
Dieser Teil der Säfte aus den Venen wird nun mit dem übrigen In-
halt des Dickdarmes eingedickt und würde sich beim Hungern genau
so gut bilden, wie er sich im Dickdarm des Neugeborenen findet. Er
würde bei Enthaltung von Nahrung auch als Kot erscheinen, aber
dann als sogenanntes Hunger- oder Säuglingspech.
Aber das Nierenfett ist nicht nur eng verbunden mit dem Dick-
darm und den Nieren, sondern ein großer Teil der Oberfläche liegt
frei in der Bauchhöhle. In der Bauchhöhle sammeln sich alle über-
5 Sommer, Ernährung
65
schlissigen Säfte aus dem allgemeinen Säftefluß im Körper und
seinen Geweben. Dieser Säftefluß arbeitet sich ohne besondere Saft-
bahnen von Zelle zu Zelle durch die Zellwände hindurch im Körper
von Mensch und Tier ständig vorwärts. Er beginnt nirgendwo und
endet nirgendwo, sondern ist in ständiger Wanderung durch die
Zellen des Körpers begriffen. An einer Stelle lädt er dort Brauch-
bares ab und nimmt dafür Unbrauchbares mit. Er vermittelt, wie es
nötig ist, sowohl den Abbau als auch den Aufbau der Zellgewebe. Er
wandert nach dem Gesetz der osmotischen Durchdringung durch die
Zellwände hindurch, sich ständig erneuernd und ständig Unbrauch-
bares in sich aufnehmend. Diesem Säftestrom des Körpers überträgt
das einzelne Zellgefüge allen Unrat und alle Abbaustoffe, die aus-
geschieden werden müssen, wenn sie den Körper nicht verderben
und die Lebensvorgänge nicht ersticken sollen. In diesem Saftstrom
finden wir die Harnsäure und die Harnstoffe, die im Stoffwechsel
anfallen. Der Säftestrom trägt aber andererseits alle jene Aufbau-
stoffe aus den verschiedensten Organen, die weder im Blut noch in
den Nerven zu finden sind, in die einzelnen Zellgefüge. Aus ihm
empfangen diese selbst in den entlegensten Körperteilen im Hirn
sowohl als auch in den Zehenspitzen die Mineral- und Aufbaustoffe,
die in den verschiedensten Organen, wie der Milz, der Bauchspeichel-
drüse, den verschiedenen Lymphdrüsen und wo immer erzeugt wer-
den. In diesen wandernden Saftstrom des Körpers scheiden nun die
Zellgewebe der Muskeln und Knochen, des Gehirns und der Blut-
bahnen, der Nerven und der Haut alles das ab, was lähmend oder
vergiftend auf die Lebensvorgänge einwirken würde. In ihm finden
sich deshalb alle beim Stoffwechsel anfallenden und auszuscheiden-
den Stoffe, die der Venensaft nicht aufnimmt, wie z. B. kolloidale,
gelöste Harnsäure, im Stoffwechsel frei gewordene, aber schnell
wieder mit Kalkstoffen zu bindende Oxalsäure und Phosphorsäure,
überhaupt alle nur möglichen Abfallstoffe. Diese nimmt der Saft-
strom mit in die Bauchhöhle und gibt sie hier an das solche Flüssig-
keiten auf saugende Nierenfett ab.
Alle diese verschiedenen Säfte, die nicht mehr brauchbaren Venen-
säfte aus dem Wundernetz, das den Dickdarm von einer Seite um-
schließt, die mit der Nahrung aufgenommenen Flüssigkeiten, die
Flüssigkeiten aus dem Mundspeichel, aus den verschiedenen Magen-
und Darmsäften, den Ausscheidungen der Bauchspeicheldrüse und
der Galle, alle diese Säfte finden sich im Dickdarm wieder, soweit
die brauchbaren Bestandteile dieser Flüssigkeiten nicht bereits vom
Dünndarm wieder aufgenommen wurden. Sie werden nun insgesamt
durch die Preßbe wegungen der vielen Dickdarmtaschen in das um-
gebende schwammige Flomen- oder Nierenfett eingestrahlt. Hier
werden alle diese Flüssigkeiten zusammen mit den in der Bauch-
höhle sich sammelnden auszuscheidenden Teilen der allgemeinen
Körpersäfte in einen feinstofflichen Zustand versetzt, der mit der
66
Lösungsart zu vergleichen ist, die in der gröberen physikalischen
Methodik als Verdampfung zum Zweck der Destillation bezeichnet
werden würde. Der hier im Nierenfett sich abspielende Vorgang ist
aber viel feinerer Natur. Die Säfte werden in einen feinstofflichen
Zustand übergeführt, den wir Menschen darzustellen wohl überhaupt
nicht in der Lage sind mit unseren grobstofflichen physikalischen und
chemischen Verfahren. In diesem feinstofflichen Zustand hören die
grobstofflichen Bindungen gewissermaßen auf und alle Stoffe be-
finden sich in der Schwebe. In diesem im Nierenfett erzeugten Zu-
stand der feinstofflichen Lösung gelangen alle Flüssigkeiten aus dem
Dickdarm sowohl als auch alle zur Ausscheidung bestimmten Flüssig-
keiten aus dem allgemeinen Säftestrom in der Bauchhöhle in den
Nierenkörper selbst. Die Verbindung des Nierenfettes mit dem eigent-
lichen Nierenkörper selbst wird durch eine saugfähige, schwamm-
artige Zwischenschicht erreicht, in die der Nierenkörper eingebettet
ist. Diese schwammartige Oberfläche des Nierenkörpers saugt nun wie
ein Schwamm die Flüssigkeit aus dem Nierenfett, löst sie in verschie-
dene Gruppen auf und drückt diese nun in die drei verschieden ge-
arteten ineinander verschlungenen Haarröhrensysteme der Nieren.
Nur solche Flüssigkeiten, die keiner besonderen Reinigung und Be-
arbeitung bedürfen, aber im Körperhaushalt in den saftabsondernden
Organen des Magen-Darmkanals, in den Speicheldrüsen und im all-
gemeinen Säftestrom noch gebraucht werden, gehen nicht erst durch
die Nieren, sondern werden von der Oberflächenschicht der Nieren
wieder in den Saftstrom des Körpers zurückgegeben. Daher die Eigen-
tümlichkeit, daß die schwammartige Oberflächenschicht der Nieren
sowohl Flüssigkeiten aufnimmt als auch wieder abscheidet. Sie läßt
nur solche Säfte in den Nierenkörper selbst gelangen, die entweder
als Harn ausgeschieden werden müssen oder im Nierenkörper selbst
zu neuen Säften verarbeitet werden sollen, wie im folgenden gezeigt
wird.
Der Nierenkörper setzt sich aus einem System von einer Unzahl
ineinandergeschobener, mikroskopisch feiner Haargefäßröhrchen zu-
sammen, die wie feinstoffliche Destillierapparate in immer neuen
Windungen nach dem Innern zu verlaufen. Betrachten wir ganz un-
voreingenommen den Bau der verschiedenen Haargefäßsysteme mit
ihren verschiedenartigen Windungen und ihren eigenartigen Quer-
schnittsformen in den Nierengeweben und deren Zellbildungen, so
können wir die Nieren nie und nimmer als einen Filter irgendeiner
Art auffassen. Der Bau eines Filters hätte nach ganz anderen Grund-
sätzen erfolgen müssen. Was wir hier vor uns haben, ist ein zu höch-
ster Vollkommenheit, aber auch in unvorstellbarer Feinheit und
Zweckmäßigkeit durchdachter Destillierapparat, wie er in grobstoff-
licher Form etwa in der chemischen Industrie zur Herstellung der
hochentwickelten Destillation von feinsten chemischen Erzeugnissen
aus dem Kohlenteer konstruiert wurde und benutzt wird.
67
Was wir als unbrauchbare Abscheidungsprodukte aus den Nieren
in die Harnleiter abtropfen sehen, ist nicht das Ergebnis und das
Produkt der eigentlichen synthetischen Aufbauarbeit der Nieren, son-
dern ein Abfallprodukt, das aus dem Körper heraus muß, um keinen
Schaden zu stiften. Es sind dies, wie schon gesagt, die Harnstoffe, die
Harnsäure, die Oxal- und Phosphorsäuren u. a., die aus den Stoff-
wechselvorgängen bei der Auflösung der eiweiß- und proteinhaltigen
Stoffe anfallen.
Wehe, wenn durch den Genuß eiweißreicher Nahrung zu große
Mengen von aus derselben stammenden Harnsäure, Oxalsäure und
(bei Fisch- und Eierverzehr) Phosphorsäure zur Ausscheidung kommen.
Dann werden die Nieren nicht mehr ohne weiteres mit dieser Ab-
scheidungsaufgabe fertig, sondern entziehen dem Körper die im Blind-
darmsack aus der Nahrung herausgelösten Kalkstoffe, um die fres-
senden Säuren gefahrlos abzubinden. Bei diesem Vorgang bilden sich
die gefürchteten Harnkristalle, die phosphor- und oxalsauren kalk-
steinartigen Gebilde und verunreinigen die feinen Haargefäßröhrchen
der Nieren, die nun ihre Arbeit nicht mehr in der gewünschten Voll-
kommenheit durchführen können. Bilden sich aber aus diesen Nieder-
schlägen mehr oder weniger feste Steine, so können diese die Nieren-
tätigkeit überhaupt blockieren und geben die Ursache zu den schmerz-
haften Nierenkoliken und zu schmerzhaften Harnsteinen.
Die Abscheidung des Harnes ist, wie gezeigt, nur eine Nebenerschei-
nung der Nierentätigkeit. Ihre Hauptaufgabe ist bisher in der ganzen
wissenschaftlichen Welt überhaupt noch nicht erforscht und wohl noch
kaum irgendwo angedeutet, es sei denn in Jezek: „Organische Welt-
und Menschauffassung“. Wir wollen im Folgenden versuchen, uns
in diese Arbeit der Nieren hineinzufühlen. Wer die Fähigkeit mit-
bringt, sich durch innere Versenkung, durch eine gewisse innere
Schau in das geheimnisvolle Wirken der inneren Organe seines Kör-
pers hineinzuversenken, der wird leichter folgen können als mancher
Gelehrte, der in seiner fachlichen Spezialisierung so in der übernom-
menen Denkungsart seiner Fachwissenschaft befangen ist, daß er den
Zusammenbruch seiner bisherigen Theorien über sich ergehen lassen
muß, ohne die Kraft zu besitzen, nun grundlegend neue Gedanken
entwickeln und fassen zu können.
Wir sahen, daß im Blinddarmsack durch die Einwirkung der Drü-
sensäfte aus dem Wurmfortsatz zusammen mit der Einwirkung der
Darmflora auch die härtesten Zelluloseteile gelöst werden. Wozu ge-
löst? Die hochmolekularen Zuckerverbindungen in der Masse der Zel-
lulose werden nicht mehr benötigt, da die für den Körper benötigten
Zuckerstoffe aus dem Saft der pflanzlichen Nahrung schon im Dünn-
darm herausgeholt und dem Pfortaderblutstamm einverleibt wurden.
Was hier herausgelöst wird, sind die Kalk-, Magnesia-, Natrium- und
Kaliumsilikate, welche die feste Verleimung, die Verkittung der
eigentlichen Zelluloseteilchen bewirken und der Zellulosefaser die
68
erstaunliche Festigkeit verleihen, die wir z. B. im Strohhalm, in den
oft eisenharten Hölzern und überhaupt in der Widerstandskraft des
Pflanzenkörpers gegen äußere Gewalten bewundern. Die Natrium-,
Kalium-, Kalk- und Magnesiastoffe werden wegen ihrer festen For-
men der besonderen feinstofflichen Behandlung in den Nieren unter-
worfen, werden hier niedergeschlagen und in Säfte besonderer Art
umgeformt. Sie treten jetzt als eine weißliche, alkalische Saftart, aus
Natrium-, Kalium-, Kalzium- und Magnesium Verbindungen bestehend,
durch einen kurzen Saftgang aus den Nieren aus und werden in die-
sem besonderen Gefäß hochgeführt in die Gegend der Milz.
Dieser besondere Gefäßschlauch, der aus den Nieren herausführt,
wird in der Anatomie nur nebenher erwähnt, wahrscheinlich deshalb,
weil dieses Gefäß nicht in die bisher geltende Theorie über die Nie-
rentätigkeit als Blutfilter hineinpaßte. In ihm sammeln sich die bei
der Nierenarbeit anfallenden alkalischen Säfte, die sehr kalk-, mag-
nesia-, natrium- und kaliumhaltig sind. Diese Stoffe aber finden sich
jetzt nicht wie in der Pflanze als Kittstoffe an Silizium gebunden,
sondern sie erscheinen jetzt teilweise vereint mit Phosphor, Fluor,
Schwefel und anderen. Sie bilden nun die erdhafte Grundlage der
Säfte, welche die Bildung der Gehirn- und Nervenmasse unter Ab-
scheidung von Kalk und Magnesia zum Aufbau der Knochen und der
Zellkerne ermöglichen. Der alkalische Saft aus den Nieren wird von
dem Saftschlauch nur bis in die Gegend der Milz geführt; denn von
hier aus wird er, durch die Milztätigkeit entsprechend gewandelt,
vom allgemeinen Saftstrom des Körpers aufgenommen und mit die-
sen Saftstrom überall hingeführt, wo er gebraucht wird.
Die Bildung dieser Nierensäfte kann sehr stark gestört und beein-
trächtigt werden durch unrichtige Ernährung. Wenn vom Tier stam-
mende Eiweißstoffe vom Körper aufgenommen werden, so bilden sich
entsprechend mehr Abfallstoffe aus der eiweißhaltigen Nahrung, die
durch die Nieren wieder ausgeschieden werden müssen. Dabei fallen
unnötig viele Säuren wie Phosphorsäure, Harnsäure, Oxalsäure usw.
an. Diese wiederum müssen durch Alkalien abgebunden werden, wenn
sie im Körper nicht als fressende Säuren wirken sollen. Die Alkalien
aber werden den Nierensäften entzogen und anstatt, daß die Kalk-
stoffe in die Nieren und von da in den Körper gelangen, werden sie
in den Nieren verbraucht zur Abbindung dieser zu viel anfallenden
Säuren. Die Kalkstoffe erscheinen dann als Nierengries oder als Nie-
ren- und Harnsteine, die dem Körper als Aufbaustoffe verloren gehen.
Der Harngries und die Steinbildungen aber verunreinigen die Nieren
und machen sie unfähig, ihre für den Körper so wichtige Arbeit durch-
führen zu können. Ein allgemeiner Verfall des Körpers wird die
Folge sein. Versagt aber aus irgend einem Grunde die Tätigkeit der
Milz, in deren Lagerstätte die alkalischen Nierensäfte geleitet werden,
dann beginnt auch die Hauttätigkeit und die Blutbildung zu ver-
sagen und es entstehen schwerste gesundheitliche Störungen.
69
Unrichtige Nierentätigkeit oder Störung derselben als Folge unrich-
tiger Ernährung wird sich daher im ganzen Körper als schwerste Le-
bensbehinderung aus wirken. Wenn wir dann noch bedenken, daß die
Bildung der roten Blutkörperchen in den Hohlknochen der Glieder
vor sich geht und uns vergegenwärtigen, daß die Bildung der Kno-
chen nur möglich ist aus dem Saft der Nieren, dann lernen wir ver-
stehen, warum es notwendig ist, gerade auf gute Nierentätigkeit zu
achten und diese nicht durch zuviel Flüssigkeitsaufnahme, durch alko-
holische Getränke und durch mineralisches Kochsalz usw. zu über-
lasten und zu verderben. Die Nieren haben an sich reichlich Arbeit
im Körper zu verrichten. Wer sie derart überlastet, schadet nur sich
selbst.
Bei der Abscheidung der verschiedenen Säfte aus der Flüssigkeit,
die aus dem Dickdarm und der Bauchhöhle durch das Nierenfett in
die Nieren gelangte, bildet sich aber noch eine andere Gruppe von
feinsten, lebenswichtigen Säften, die einen ganz anderen Zweck er-
füllen als die vorerwähnten. Es sind dies die kaum erkennbaren Säfte,
die von den Nieren unmerklich in die Nebennieren übertreten. Hier
bilden sie die Grundlage zur Entwicklung einer Reihe von Säften
wichtiger Art mit hormonartigem Charakter. Der bekannteste ist das
Nebennierenhormon „Adrenalin“. Dieses ist ein Gegenwirkstoff zum
Insulin der Bauchspeicheldrüse und hilft mit diesem zusammen, den
Zuckerhaushalt des Körpers zu regulieren.
Wenn wir in unserem Körper alle Bestandteile der Nahrung nutz-
bar machen wollen, dann müssen wir darauf achten, daß jede genos-
sene Nahrung in dem Zustand gegessen wird, in dem sie uns von der
Natur zugewiesen ist, nämlich ungekocht und durch Zubereitung nicht
verändert, sondern im lebensvoll erhaltenen Zellgefüge. Jede Behand-
lung durch Feuershitze verändert den feinstofflichen Aufbau der orga-
nisch gewachsenen Nahrung und erschwert besonders in den Nieren
die feinstoffliche Destillierarbeit der besonders schwierig aus der
Nahrung herauszulösenden Kalk- und Magnesiastoffe.
Dieser Abschnitt wäre eigentlich in sich abgeschlossen, wenn nicht
noch etwas nachzutragen wäre, das erst jetzt, nach der Erläuterung
der Dickdarm- und Nierentätigkeit, voll verstanden werden kann. Es
handelt sich um das Vorhandensein von Eiweißstoffen bzw. stickstoff-
haltigen Zuckerverbindungen, aus denen sich die quellfähigen Stoffe
des Körpers, wie z. B. die Muskelfaser, die phosphorhaltigen Leim-
stoffe in den Knochen, die Nervenmasse und endlich auch die Hüllen
der Blutkörperchen entwickeln.
Alle diese Protein- oder Eiweißkörperchen und eiweißhaltigen Stoffe
bilden sich, wie schon erwähnt wurde, nicht aus den fertigen Eiweiß-
stoffen der üblichen Nahrung als da sind Fleischfaser vom Schlacht-
tier oder von Fischen, Eiweißträger in der Milch oder aus Eiweißträ-
gern aus dem Pflanzenreich. Das sind z. B. Erbsen und Bohnen, die
gekocht als kräftige Nahrung landesüblich so sehr geschätzt werden.
70
/
Alle diese pflanzlichen und tierischen Eiweißgebilde, die sogenannten
vollwertigen, weil anscheinend vollständigen Gebilde, werden im Vor-
gang der Verdauung in ihre kleinsten Bestandteile aufgelöst in die
bekannten Aminosäuren unter Abscheidung aller nicht stickstoffhalti-
gen Bestandteile. Die nicht stickstoffhaltigen Bestandteile sind durch-
weg reine Zucker Verbindungen und gehen den Weg des Zuckers in
der Nahrung, den wir bereits kennen lernten. Sie gelangen über den
Pfortaderblutstamm, zu dem sich ein Teil der Darmzotten vereinigt,
in die Leber und über das Herz in die Lungen.
Wo aber bleiben die Aminosäuren? Wir sahen schon, daß die Wis-
senschaft anfängt, ihre Mängel zu erkennen, aus den Ausführungen
des Dr. Fritz Kahn. Eine Tatsache ist jedenfalls die rätselhafte Er-
scheinung von vollkommen menschlichen Eiweißstoffen auf der an-
deren Seite, der Innenseite der Darmzotten bei gleichzeitigem Ver-
schwinden der Aminosäuren im Nahrungsbrei des Darmes. Die Zer-
fall- und Lösungsreste der aus der gekochten tierischen oder pflanz-
lichen Kost stammenden Eiweißträger sind auch Aminosäuren. Die
eiweißhaltigen Quellstoffe im tierischen Körper bauen sich auf aus
ammoniumhaltigen, d. h. alkalischen Eiweißgrundlagen. Nach ihrer
Auflösung im Magen durch die Salzsäure-Pepsinmischung erscheinen
die stickstoffhaltigen Reste derartiger Eiweißstoffe auch als Amino-
säuren. Ihre stickstoffhaltigen molekularen Bindungen aber sind da-
bei übergegangen in Reststoffe mit stark säureartigen Eigenschaften.
Kein lebendes Wesen kann es sich leisten, unabgebundene freie Säu-
ren im Körper zu dulden, da jede noch so schwache Säure sofort die
erdigen Grundstoffe, die Leichtmetalle Natrium, Kalium, Kalk usw.
an sich reißen würde, um sich abzusättigen und neutrale Salze
zu bilden. Selbst das geringste Vorhandensein von Säure oder säure-
artigen Reststoffen in den Blut- und Säftebahnen kann das Leben
nicht dulden. Das ist eine Tatsache, auf der sich das Leben selbst auf-
baut. Hier erscheinen nun Reststoffe aus vom Tier stammenden Ge-
nußmitteln als Aminosäuren.
Denken wir den Vorgang logisch zu Ende, so bleibt den leben-
schaffenden Kräften im Innern kein anderer Weg, als diese Amino-
säuren zu zerstören, d. h., die Reste der stickstoffhaltigen Gebilde in
der gekochten Nahrung durch basische Stoffe im Speisebrei zu neu-
tralisieren. Sie tuen dies tatsächlich durch Verwandlung derselben in
Harnstoff unter Abscheidung von Zucker. Der hierbei abgeschiedene
Zucker geht seinen normalen Weg über die Darmzotten in den Pfort-
aderblutstamm, und die Harnstoffe zusammen mit den nicht zu ver-
meidenden Harnsäurebildungen samt den anderen entstehenden Säure-
wirkungen aus sich lösenden Eiweißrückständen werden in den all-
gemeinen Säftestrom des Körpers, in diesem Fall ins Bauchwasser,
übertreten und von dort durch das Nierenfett aufgesogen und durch
die Nieren ausgeschieden. Aus diesem Vorgang erkennen wir klar
und deutlich, warum die Menschheit einem grundlegenden und in
71
seinen Folgen sehr einschneidenden Irrtum verfallen ist, wenn sie
glaubt, vom Tier stammende Erzeugnisse eiweißartigen Charakters
seien bekömmliche und kräftigende Nahrung.
Das gerade Gegenteil ist die Wirklichkeit. Die eiweißhaltigen Be-
standteile aller vom Tier stammenden Genußmittel wie das Fleisch
von Schlachttieren und von Fischen, die Milch und der daraus ge-
wonnene Käse, vor allem aber Eier von Geflügel und Fischen wie
Kaviar und im selben Maße gekochte Erbsen und Bohnen und ge-
kochte oder gebackene eiweißhaltige Keime und Keimanlagen von
Getreide aller Art, müssen im Verdauungs Vorgang vernichtet und un-
schädlich gemacht werden, um den Körper nicht zu gefährden und
ihn erkranken zu lassen. Die Endprodukte dieser Zerstörung und die
Auflösung der so sehr geschätzten Genußmittel aus der Tierzucht und
dem Ackerbau bilden eine schwere Überlastung der Nierentätigkeit
und sind der Grund für die frühzeitige Zerstörung der Nieren und
die Ursache der meisten Nierenerkrankungen. Was für entsetzliche
Schäden die vom Tier stammenden Erzeugnisse im Körper des Men-
schen hervorrufen, davon wird im zweiten Teil über die Krankheits-
ursachen berichtet werden.
Nur der geringe Anteil an Kohlehydraten oder Zuckerstoffen im
Aufbau der Eiweißkörperchen kommt dem Körper zugute. Wir kön-
nen unserem Körper aber Zuckergrundlagen auf viel billigere und
einfachere Weise zuführen als auf dem Umweg über den Genuß von
vom Tier stammenden Erzeugnissen. Das sollte nach dem Lesen dieser
Ausführungen jedem Menschen klar sein. Das scheinbare Sättigungs-
gefühl nach dem Genuß einer sogenannten „kräftigen“ Mahlzeit ist
eine reine Täuschung. Es entsteht durch die spürbare Überlastung der
gesamten Verdauungsvorgänge bei der Verrichtung einer Arbeit, für
die der menschliche Organismus gar nicht eingerichtet ist und die er
bisher trotz der scheinbar jahrtausendlangen Gewöhnung noch nie hat
leisten können. Der Vergleich der menschlichen Verdauungs Vorgänge
mit denen des Raubtieres oder eines sogenannten Allesfressers ist an
sich völlig haltlos. Schon die Tatsache, daß der menschliche Organis-
mus einen ausgewachsenen Wurmfortsatz zum Blinddarm besitzt, d. h.
eine höchst wirksame Erzeugungsstätte von Stoffen, durch welche die
Faserstoffe der grünen Pflanzenteile gesprengt und aufgelöst werden
sollen, um die Mineralstoffe und den Kalk aus diesen Faserstoffen her-
ausziehen zu können, beweist die Notwendigkeit und die Vorbestim-
mung des Menschen zum Verzehr von grünen Pflanzenteilen und
Früchten zum Unterschied vom Raubtier, das keinen Wurmfortsatz
braucht und deshalb auch keinen hat. Das Raubtier gewinnt den Kalk-
bedarf des Körpers aus den verzehrten Knochen des Beutetieres, die
es schon durch die kräftigen Magensäfte auflösen kann.
Die sogenannten unvollständigen eiweißhaltigen Quellstoffe im
Pflanzenkörper wie z. B. die Blattgrünkörperchen, die Keimanlagen
der Samen aller Pflanzen, die Nüsse und Nußkerne, sind Träger von
72
stickstoffhaltigen molekularen Bindungen in lebensvollem noch wach-
sendem Zustand. Diese machen ganz andere Wandlungsvorgänge
durch als vom Tier stammende Bestandteile. Sie werden so verwan-
delt und vervollständigt, daß sie als brauchbare und lebenswichtige
Bestandteile vom Chylussaftgang auf genommen werden. Sie bilden
als solche mit den Fettstoffen zusammen die Grundlage der Säfte,
aus denen sich die Gehirn- und Nervenmasse und die Grundlage der
Blutkörperchen bilden sollen. Gerade diese pflanzlichen Protein- oder
Eiweißgebilde sind heute als die wirklichen Aufbaustoffe und Träger
von lebenswichtigen Vitaminen und Hormonen erkannt und werden
immer mehr als solche geschätzt werden. Doch davon hören wir im
Abschnitt über die Vitazyme und Hormone noch Ausführliches.
Nachdem nun der Nachweis erbracht wurde, daß keine stickstoff-
haltigen Eiweißstoffe aus tierischen Erzeugnissen oder aus gekochter
pflanzlicher Nahrung als solche vom Körper aufgenommen oder nutz-
bar gemacht werden können oder daß sie irgendwie als brauchbare
Nahrung betrachtet werden könnten, und nachdem gezeigt wurde,
daß von diesen Stoffen nichts in den Pfortaderblutstamm und von da
in die Leber oder in den Chylussaftgang gelangen kann, so müssen
wir doch die Tatsache anerkennen, daß sich im Pfortaderblut und
damit auch in der Leber Reste eiweißhaltiger Bestandteile, ja voll
ausgebildete eiweißhaltige Quellkörper finden, die nicht mit der Nah-
rung aufgenommen wurden und auch nicht aus dieser stammen kön-
nen. Woher kommen diese?
Wir sahen im vorhergehenden, wie der Dickdarm in seinen Haupt-
teilen von einem Wundernetz eines sich in feinste Haargefäße tei-
lenden Zweiges des Venensaftganges umschlossen wird, dessen Säfte
als Rückstände aus dem Stoffwechsel zur Ausscheidung durch die
Nieren oder den Darm kommen sollen. In ähnlicher Weise ist auch
das Gefäßnetz des Pfortaderblutstammes in ein Wundernetz eines an-
deren Zweiges des Venensaftganges eingesponnen. Die durch dieses
feine Haargefäßnetz aus den Venen in das Pfortaderblut einströmen-
den Säfte sind in noch großen Teilen brauchbar und werden nun mit
dem Pfortaderblut der Leber zugeführt. Diese aus den Venen stam-
menden Bestandteile des Pfortaderblutes geben diesem den dunkel-
blauroten Farbton des Venensaftes. Die für die Neubildung des
frischen Lungenblutes brauchbaren Bestandteile dieses Venensaftes
werden zugleich mit den neuen Blut- und Zuckergrundstoffen aus
der Nahrung in entsprechender Weise in die Grundlagen des sogen.
Leberblutes gewandelt und dort gespeichert. Aber im Venensaft sind
noch eine ganze Menge Bestandteile enthalten, die nicht wieder vom
Blut übernommen werden können. Es sind dies die Reste von ver-
brauchten Blutkörperchen, die sehr wertvolle alkalische Bestandteile
enthalten. Wir finden sie wieder als die Grundlage der Gallensäfte,
die zur Verseifung und Verarbeitung der Fettstoffe in der Nahrung
dienen. Diese einstigen Bestandteile der roten und weißen Blutkör-
73
perchen, soweit sie alkalischen Charakter zeigen, d. h. erdminera-
lische Grundbestandteile enthalten, stammen nicht nur aus dem In-
halt der Blutkörperchen, sondern auch aus den Hüllen derselben.
Diese Hüllen, die in der Muskelfaser, in den Organgeweben und in
den einzelnen Zellgebilden zur Freigabe ihres Inhaltes zerreißen,
werden vom Venensaftgang auf genommen und durch das obenge-
nannte Wundernetz in das Pfortaderblut abgegeben. Sie gelangen
mit diesem in die Leber und werden hier verwandelt. Diese Reste
der einstigen Blutkörperchen sind eiweiß- oder stickstoffhaltige
Quellstoffe, die bei ihrer Auflösung wie alle eiweißhaltigen Stoffe
säureartigen Charakter annehmen. Sie verwandeln sich in die Billi-
fuscinsäure, den Gallen-Farbstoff. Dies Billifuscin hat sehr wichtige
Aufgaben als Katalysator bei der Verseifung und Verarbeitung der
Fettstoffe in der Nahrung und unterstützt die Aufgabe der Gallen-
säfte und der Säfte der Bauchspeicheldrüse, ohne selbst verbraucht
zu werden. Es geht mit durch den ganzen Verdauungskanal und
wird schließlich mit dem Kot und dem Harnwasser ausgeschieden.
Dabei gibt es den Ausscheidungen die gelbliche Farbe.
Wir sehen aus dieser Entwicklung, daß im Körperhaushalt von
Mensch und Tier nichts verloren gehen darf, was noch irgendwie
verwertbar ist und wandlungsfähig blieb. Die Vorgänge bei diesen
lebensvollen Wandlungen in den menschlichen Organen sind dabei so
feinsinniger und feinstofflicher Natur, daß sich nur dort die gesam-
ten Lebensvorgänge richtig und fehlerfrei abspielen können, wo der
Mensch sich an die Naturgesetze der Ernährung und Lebenserhaltung
hält und sich nach diesen in allem seinem Handeln und Tun richtet.
Jeder Verstoß gegen diese Gesetze aber zieht unweigerlich schwere
Störungen im Ablauf der Lebensvorgänge nach sich und macht den
Menschen oft erst im Verlauf von Jahren und Jahrzehnten krank
oder verkrüppelt ihn.
Der dreifach verschlungene Lebenskeim
Wir sahen aus dem Vorhergehenden, daß die Bestandteile des Nah-
rungsbreies, die wir mit unserer Nahrung nach genügendem Kauen
im natürlichen Zustande in uns auf nehmen, nicht ganz allgemein ins
Blut übergehen, sondern daß sie je nach ihrer Art auf drei verschie-
denen Wegen den Säften und dem Blutstrom des Körpers übermittelt
werden und daß diese drei Organgruppen mit je einem Drüsen-
system wirksam sind.
Die für die Bildung der Haut erforderlichen Stoffe gehen auf dem
Wege über die Bauchspeicheldrüse oder nach Durchgang durch den
Darm über die Nieren in die Milz und den Säftestrom. Die Milz ist
für diese Stoffe der Umformer, von dem aus sie ausstrahlen in den
allgemeinen Säftestrom des Körpers.
Sie erfordern keinen besonderen Saftgang, sondern wandern, wie
wir schon sahen, von Zelle zu Zelle, Aufbaustoffe abgebend und
74
Zerfallstoffe aufnehmend. Sie bedürfen keiner besonderen Zeugungs-
stätte und keiner besonderen saftführenden Gefäße. Sie finden ihren
Weg in alle Zellen und Organe, die ihre Bestandteile brauchen, und
tragen die schädlichen Reststoffe des Stoffwechsels in die Bauch-
höhle, von wo diese durch das Nierenfett in die Nieren oder in den
Dickdarm zur Ausscheidung gelangen.
Die Zuckerstoffe, die wir zum Aufbau des Blutes und der Muskeln
und zur Entstehung der Muskelkraft und Körperwärme brauchen,
werden vom Dünndarm aufgenommen und als Pfortaderblut der
Leber zugeführt, von der sie dann, entsprechend gewandelt, in die
Lungen weitergeleitet werden. Für die zur Blutbildung aus der
Nahrung gewonnenen Zuckerstoffe ist die Leber das Wandlungs-
organ.
Gleichzeitig werden vom Dünndarm die verseiften Fettstoffe und
die Grundlagen der Lezithine, Lipoide usw. aufgenommen, die, im
Brustsaftgang in der Form von verseiften Fettstoffen gesammelt, der
oberen Hohlvene als weißer milchartiger Saft zugeführt werden und
zur Ausbildung der Gehirn- und Nervenmasse, des Knochenleims
und aller quellfähigen Stoffe im Körper dienen. Die vom Dünndarm
aus durch den Chylussaftgang in den Körper übernommenen Stoffe
dienen dem Körper zum Aufbau der Gehirn- und Nervenmasse. Das
Organ ihrer Wandlung sind die Lungen.
Die zur Bildung der Knochen benötigten feinen Kalkverbindungen
und die Verbindungen der Magnesiasalze oder Bittererde werden
aus dem Speisebrei vom Dickdarm aus über das Nierenfett den
Nieren zugeführt. Aus den beim Eindicken des Speisebreies und der
unbrauchbar gewordenen Bestandteile des Venenblutes im Dick-
darm herausgepreßten Flüssigkeiten werden in den Nieren Natri-
um-, Kalium-, Kalk- und Magnesiaverbindungen herausdestilliert
und in besondere Saftbahnen geleitet, um dem Körper zur Bildung
der Knochen, der Gehirn- und Nervenmasse, der roten Blutkörper-
chen usw. zur Verfügung zu stehen. Alle Metall Verbindungen in den
Flüssigkeiten des Mastdarms und der Bauchhöhle werden in den Nie-
ren auf besonders feinsinnige, ja, uns wunderbar erscheinende Art
wie in einem feinsinnig erdachten Destillierorgan abgeschieden und,
wie gezeigt, der Milz zugeleitet. Hier werden alle Metallverbindungen,
sowohl die aus der Bauchspeicheldrüse als auch die aus den Nieren,
gewandelt und für den Einbau in den Körper vorbereitet. Für alle
Metallverbindungen in der Nahrung ist die Milz das Wandlungs-
organ. Das zeigt sich besonders klar, wenn wir die Milz verbrennen
und veraschen. Die Asche erscheint wie mit silbrig glänzendem Staub
durchzogen, der an der Luft allerdings oxydiert. Diese drei Wand-
lungsorgane, die Milz, die Leber und die Lungen liegen bestens ge-
schützt im Brustkorb innerhalb der Rippenbogen, während die hoch-
empfindlichen Nieren im tiefsten Innern der Bauchhöhle aber noch
75
geschützt durch die kurzen Rippen, das Rückgrat und die Rücken-
muskeln ihren Platz gefunden haben.
Wenn wir uns außer dem allgemeinen Saftstrom diese Dreiteilung
des Weges der Bestandteile unserer Nahrung und die zu ihrer
Wandlung benötigten Organe und Organgruppen samt ihren Um-
wandlungsorganen vergegenwärtigen, so entsinnen wir uns, daß mit
dem Beginn eines neuen Menschleins in der Keimanlage des Eies
durch die Strahlkräfte des männlichen Samens diese Dreiteilung be-
reits vorgebildet wird. Die ersten Wuchsformen des menschlichen
Körpers entfalten sich aus einer dreifach gespaltenen Keimblattan-
lage. Wir erkennen dabei die sich steigernde Vergeistigung der
Keimanlage im Wachstum allen Lebens. Die einfachen Gräser und*
Farne, als die Vorläufer allen Lebens, haben ein einfaches Keimblatt.
Ein spitzer Halm bricht durch die Erdhaut und beginnt sich zu teilen.
Die Kräuter, Sträucher und Bäume, die bunte Blüten und Früchte
entwickeln, stehen schon auf höherer Stufe und entwickeln sich aus
einer doppelten Keimanlage mit einem doppelten Saftstrom und
einem entsprechend gegliederten Wurzelknoten. Alle höheren tie-
rischen Lebewesen aber entspringen aus einer dreifach sich teilenden
Keimanlage.
Aus dieser dreifach gespaltenen Keimanlage entwickelt sich zum
ersten die Haut. Diese ist die erste sichtbare Ausbildung aller der
Sinneswahrnehmung dienenden Organgruppen, als deren Zentral-
und Wandlungsorgan wir bereits die Milz erkannt haben. Aus dem
zweiten Keimblatt entwickeln sich die Blut- und Muskelanlagen, als
deren Zentralorgan wir die Leber und als deren Krone wir die
Lunge kennen lernten. Aus dem dritten Keimblatt entwickelt sich
das Knochengerüst mit allem was dazugehört mit der Milz und den
Nieren und dem von dort gespeisten Drüsensystem als dem Zentral-
organ. Die Gehirn- und Nervenmasse jedoch bildet sich aus keinem
dieser drei Keimblätter, sondern entsteht aus dem Zusammenwirken
aller drei Keimanlagen oder aller drei ineinandergreifenden und
wirksamen Säfteerzeugungsstätten im Körper. Es würde zu weit
führen, wollte ich auf diesen Blättern das Zusammenwirken der Blut-
säfte, der hautbildenden Milzsäfte und der feinen kalk- und mineral-
stoffhaltigen Säfte der Nieren und ihren gemeinsamen Einfluß auf die
Säfte des Chylussaftganges bei der Bildung der Gehirn- und Nerven-
masse auseinanderzusetzen. Es soll später versucht werden, diese Vor-
gänge in einem Sonderheft zusammen zu fassen und zu erläutern. Hier
sei nur erwähnt, daß die Muskelkraft durch die Einwirkung der phos-
phorhaltigen Nervensäfte auf die schwefelhaltigen Blutsäfte in Gang
gesetzt wird*). Der stufenweise Abbau der Zuckerstoffe in der feiner
*) Der chemisch-technisch denkende Mensch hat aus diesem alltäglichen
Vorgang in seinem Körper die Feuererzeugung durch das Reiben des
schwefelhaltigen Köpfchens an der phosphorhaltigen Fläche des Streich-
holzkästchens entwickelt.
76
organisierten Nervenmasse, die beide durch mikroskopisch feinste
Verästelungen der Blut- und Nervenfasern in die einzelnen Muskel-
faserzellen gelangen, läßt nach und nach die Kräfte frei werden, die
wir als Wärme- oder Kraftentwicklung in unserem Körper und bei
unserer Arbeitsleistung zu spüren bekommen. Wollen wir unseren
Körper zu Höchstleistungen körperlicher oder geistiger Art be-
fähigen, dann müssen die Blut- und Nervensäfte von einer leicht
wandlungsfähigen Beschaffenheit sein und dürfen nicht mit unlös-
baren und nicht wandlungsfähigen Beimischungen durchsetzt sein.
Das ist eigentlich eine stillschweigende Voraussetzung, aber leider
bemerkten wir bei der landesüblichen Ernährung, wie durch die vom
Tier stammenden Genußmittel gerade die Nervenmasse schon mit
den Stoffwechselrückständen aus dem tierischen Organismus be-
lastet ist und die Blutmasse wegen der gekochten Brot- und Ge-
treidespeisen und den gekochten stärkehaltigen Nahrungsmitteln bei
einer nicht vollkommen arbeitenden Leber mit unrichtigen oder
nicht vollkommen in Blut- und Muskelzucker gewandelten Zucker-
stoffen verschmiert ist. Deshalb können sich die feinen Wandlungs-
vorgänge in den einzelnen mikroskopisch feinen Muskelzellen und
den Haargefäßnetzen der Blutbahnen und Venen nicht so reibungs-
los ab wickeln, wie es normalerweise sein müßte. Nur reingezogene,
organisch richtig gewachsene Nahrung, wie sie uns die Pflanzenwelt
in ihren verschiedenen schon aufgezählten Formen im naturbelasse-
nen Zustand darbietet, ermöglicht den leichten und lebensvollen Ab-
lauf aller Lebensvorgänge unseres Körpers.
Bei den landesüblichen gekochten, gebackenen oder gerösteten und
gebratenen Speisen wird das Blut mit schwer löslichen Zuckerstoffen
aus den Getreidezubereitungen verschmiert und mit den Rückständen
aus den vom Tier stammenden Genußmitteln verunreinigt und der
Säure Wirkung dieser Rückstände ausgesetzt. Die Nerven- und Ge-
hirnmasse aber leidet unter denselben Verunreinigungen und den
lähmenden Giftwirkungen bei der Zersetzung und Auflösung der-
selben. Überlegen wir uns das richtig, dann werden wir verstehen,
warum die bei der Gehirnarbeit und der Gedankenentwicklung sich
abspielenden feinstofflichen Vorgänge der Stoff Wandlung gehemmt
und gestört werden* Je älter ein Mensch bei landesüblicher Ernährung
wird, desto schwerer fällt ihm deshalb geistige Arbeit. Er wird mit
zunehmendem Alter in der Regel unlustiger dazu, ja, er wird mit der
Zeit oft unfähig, neue Gedanken in sich aufzunehmen und zu ver-
arbeiten. Er beginnt es zu hassen, geistigen Strömungen zu folgen
und wünscht, daß alles in den gewohnten, ihm geläufigen Gedanken-
gängen bleibt. Die geistige Arbeit macht ihm wegen der Stoffwech-
selrückstände aus der unrichtigen Nahrung Schwierigkeiten und des-
halb geht er ihr aus dem Wege. Der landesüblich sich Ernährende
wird damit durch seine Nahrung zum Spießbürger werden.
Das körperliche Wohlbefinden wird gleichzeitig gehemmt durch
77
immer zunehmende Stoffwechselrückstände bei der Bildung der
Blut- und Muskelmasse. Die angedeuteten, nicht richtig wandelbaren
Bestandteile der gekochten Brei- oder gebackenen Getreidenahrung
verhindern ein freies und leichtes Spiel des Stoffwechsels. Wir sahen,
wie im Laufe der Jahre die Blutbahnen, besonders die Venenbahnen,
verschlacken, wie sich an den Beinen Knoten, sogenannte Krampf-
adern bilden als Beweis dafür, daß etwas in der Wandlungsfähigkeit
des Blutes nicht stimmt und die Rückstände den Körper belasten.
Wenn nun der Mensch bei seiner täglichen Arbeit mit gewaltiger
Anstrengung diese Hemmungen in der Entstehung und Entwicklung
seiner Muskelkraft überwinden muß, so bedeutet das doch eine
Extrabelastung seines Körpers, die er wiederum zu überwinden sucht
durch entsprechend größere Nahrungsaufnahme. Diese wieder hin-
terläßt mehr Stoffwechselrückstände und es entwickelt sich ein circu-
lus vitiosus, ein Teufelskreis, eine Schraube ohne Ende, die ihn mit
zunehmendem Alter immer hinfälliger und schwerfälliger werden
läßt.
Machen sich aber die Stoffwechselrückstände durch Rückvergiftung
im Körper bemerkbar, weil sie sich in den Organen und Organgrup-
pen oder in den besonderen Geweben irgendwo im Körper festge-
setzt haben, um dort zerstörende Wirkungen auszuüben, dann ent-
stehen die verschiedensten Krankheitserscheinungen, mit denen die
heute lebende Menschheit in so vieltausendfacher Art zu kämpfen
hat. Dabei machen wir dann noch die Entdeckung, daß es der Lebens-
kraft im Körper unmöglich ist, die verkochten Mineralstoffe der
Pflanzennahrung (in den vom Tier stammenden Nahrungsmitteln
sind so gut wie gar keine Mineralstoffe vorhanden mit Ausnahme
vielleicht in den Molken und der Buttermilch) auszunutzen. Das fällt
besonders bei der Nierenarbeit ins Gewicht, denn, wie schon gesagt,
nur organisch richtig gewachsene und durch Feuershitze nicht zer-
störte Kalk- und Mineralstoffe können von den Nieren in die
Säfte gewandelt werden, aus denen die Knochenmasse, die Zell-
kerne der Muskeln, der Blutkörperchen, der Gehirn- und Nerven-
masse usw. auf gebaut werden sollen. Wenn nun bei landesüblicher
Ernährung darauf bestanden wird, alle Nahrungsmittel zu ver-
kochen, so wird sich dementsprechend der Kalkmangel und der
Mangel an Magnesia- oder Bittererdstoffen am fühlbarsten bemerk-
bar machen. Es entstehen Schäden verschiedenster Art in der Kno-
chenbildung. Diese sind durch die Fleisch- und Muskelmasse ver-
deckt, so daß wir sie nur schwer wahrnehmen können. Nur in den
Zähnen liegen die Knochen frei, denn wenn die Zähne auch nicht
allein aus Knochenmasse bestehen, sondern wiederum dem dreifach
verschlungenem Bau aller Organe entsprechend aus dem aus den
Knochen her aus wachsenden Zahnbein, der aus der Blut- und Nerven-
masse gebildeten Zahnpulpa und dem aus hautbildenden Stoffen be-
stehenden Zahnschmelz, so macht sich doch die Unrichtigkeit des
78
Knochenbaues in frühzeitigem Zahnverfall der einen oder anderen
Art, vor allem durch die Karies, bemerkbar. Der überhandnehmende
Zahnverfall der europäischen Menschen, oft schon im Kindesalter,
ist der sicherste Beweis für die Unrichtigkeit der Gedanken, die der
landesüblichen Ernährung der Menschen zu Grunde liegen.
Kein frei lebendes Tier, das sich seine Nahrung natur- und in-
stinktmäßig selbst wählen kann und muß, wird jemals mit einem
solchen Zahnverfall gefunden werden, wie wir ihn durchgehend bei
allen Schichten der landesüblich sich ernährenden, Fabrikzucker ver-
zehrenden Menschheit antreffen. Alle frei lebenden Tiere entwickeln
ein prächtiges, bis zum Tode festes und brauchbares Gebiß. Es kann
nicht anders sein. Würden einem frei lebenden Tiere die Zähne aus-
f allen, wie in aller Welt sollte es sich dann die Nahrung suchen oder
sie so zerkleinern und vorbereiten können, daß der Magen die auf-
genommene Nahrung verdaut und dem Körper nutzbar macht? Der
zahnlose Mensch aber kocht sich seine Nahrung breiweich und
kümmert weiter von Siechtum zu Siechtum.
m.
Die Wirkstoffe in unserer Nahrung:
„Die Vitazyme”
Im Vorhergehenden haben wir uns mit den Stoffwechselvorgängen
im Körper und der Arbeit der einzelnen Organe, sowie dem Aufbau
der Zellen, Muskeln, Knochen usw. beschäftigt. Die Erforschung die-
ser Stoffwechselvorgänge bezeichnet man als organische Chemie der
lebenden Zelle. Wenn wir nun die Vorgänge richtig verfolgen wollen,
so müssen wir uns darüber klar werden, daß wirklich große Unter-
schiede zwischen der organischen und der anorganischen Chemie
nicht bestehen. Es ist praktisch das gleiche Prinzip und es sind die
gleichen Vorgänge, wenn sie auch in der organischen Chemie des
Körpers und seiner Stoffwechselvorgänge ganz besonders verwickelt
und viel schwerer zu verfolgen sind, als in der anorganischen
Chemie.
Nun wissen wir aus der Chemie von einer ganzen Reihe von Analy-
sen und Synthesen, von Stoff Wechsel Veränderungen oder Wechsel-
vorgängen, die nur möglich sind mit Hilfe der sogenannten Katalysa-
79
toren und Enzyme. Ein Katalysator ist ein Stoff, der an sich an einem
chemischen Prozeß selbst so gut wie unbeteiligt ist, der dabei nicht
oder nur ganz wenig aufgebraucht wird, der aber notwendig ist, um
den chemischen Prozeß einzuleiten und ihn aufrecht zu erhalten. Um
ein ganz einfaches Beispiel zu geben: Reiner Zuckersaft gärt nur
sehr schwer, aber sobald wir etwas Eiweißhaltiges in den Zuckersaft
hineintun, erhält der in der Luft überall vorhandene Gärungserreger
einen Nährboden, auf dem er sich festsetzen kann, um sich zu ver-
mehren und wirksam zu werden. Der Gärungspilz selbst verändert
sich bei der Zersetzung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure
nicht, aber er bewirkt die Zersetzung. Er ist der Katalysator, das
Ferment oder der Wirkstoff, durch den die Gärung des Zuckersaftes
eingeleitet wird.
In der Chemie gibt es eine Unzahl derartiger Wirkstoffe, durch
die chemische Vorgänge mancherlei Art eingeleitet und unterhalten
werden. Ganz ähnlich verhält es sich bei der Zerlegung der Nahrung
und bei der Umwandlung derselben im Körper des Menschen. Das
bekannteste Beispiel dieser Art wäre das Ptyalin des Mundspei-
chels. Wie schon im vorhergehenden erwähnt, wird durch das ein-
fache Vorhandensein des Ptyalins im Speichel die Stärke des Ge-
treidekornes zerlegt und in Zucker verwandelt, ohne daß das Ptya-
lin selbst dabei aufgebraucht wird. Es wird nur mit der Nahrung ge-
bunden und geht den Weg des Nahrungsbreies. In der Nahrung
selbst findet sich nun eine ganze Reihe derartiger Wirkstoffe, die der
Lebenskraft des Körpers helfen, die verschiedenen Grundstoffe in
der Nahrung, die Fette, die Zuckerstoffe, die Proteine oder Quell-
stoffe und erdigen Grundstoffe richtig zu verwandeln und in ihre
Einzelteile aufzulösen. Diese werden dann von neuem zu den kör-
pereigenen Säften und Stoffen umgewandelt, aus denen sich das
Blut, die Muskeln, die Knochen, die Weichteile, das Gehirn und die
Nerven aufbauen. Diese Wirkstoffe hat der Forschergeist des Men-
schen erst vor 40 bis 45 Jahren zum ersten Male entdeckt. Es ist die
Lehre von den „Vitaminen“ oder besser Vitazymen, von der im
nachfolgenden die Rede sein soll.
Diese Wirkstoffe oder Vitazyme waren bis vor wenigen Jahrzehn-
ten der Forschung verschlossen, die Menschen kannten sie nicht. Bis
dahin kannte man nur das Grobstoffliche. Auch als die Chemie un-
ter der Führung Liebigs, Voits, Rubners u. a. sich der Erforschung
der Nahrungs Verarbeitung im Körper annahm und die Grundlage
zur Erkenntnis der Stoffwechselvorgänge geschaffen wurde, hatte
man noch keine Ahnung von diesen Wirkstoffen. Deshalb konnten
selbst bis in die neuere Zeit hinein Anschauungen über die Stoff-
wechselvorgänge vertreten werden, die nur grobstofflich die chemi-
schen Vorgänge in Bezug auf die Hauptnahrungsbestandteile im
Körper betrachteten, etwa in der gleichen Weise, wie man in der
chemischen Retorte die verschiedensten Synthesen und Analysen her-
80
zustellen und zu begründen suchte. So war es möglich, daß Jahr-
zehnte hindurch von wissenschaftlich-ärztlicher Seite die Fleisch-
speisen und vor allem die zusätzlichen, vom lebenden Tier stammen-
den Genußmittel wie Milch, Eier, Käse und dergleichen als für den
Körper besonders wichtig angesehen werden konnten. Man bezeich-
nete ein^, Kost, die kalorienmäßig den Körper genügend mit den
drei so sehr gepriesenen Grundstoffen: Eiweiß, Kohlehydrate, Fette
und einer Ergänzung von Mineralstoffen versorgte, als „kräftig“.
Alles, was „kräftig“ war und im landesüblichen Sinne gut schmeckte,
sollte auch dem Körper zuträglich sein. Man beachtete nicht, daß zum
Einbau der Nahrung besondere Wirkstoffe nötig sind, deren Wesen
man aber damals noch nicht kannte. Einst unerklärliche Krankheits-
erscheinungen zwangen die ärztliche Forschung, tiefer hinein zu
steigen in das Wesen der Stoff Wechselvorgänge des lebenden Pflan-
zenwuchses und des lebendigen Tier- und Menschenkörpers.
Die Anregung dazu gab der holländische Arzt Eykmann im Jahre
1897 durch die Feststellung, daß seine Hühner, die er mit dem glei-
chen geschälten und polierten Reis fütterte, mit dem sich die ärmere
Bevölkerung Indiens ernährte, denselben Krankheitserscheinungen
erlagen wie die Menschen, nämlich der sogenannten Beri-Beri. Bei
dem Versuch, seine Hühner von dieser Krankheit zu heilen, kam er
auf den Gedanken, der Nahrung die Reiskleie hinzuzufügen, die man
vorher im Schäl- und Polier verfahren entfernt hatte. Und siehe da,
die Hühner gesundeten überraschend schnell. Er probierte diese
seine neue Entdeckung nun auch an Beri-Beri erkrankten Menschen
mit dem gleichen Erfolg. Das war der Beginn der wissenschaftlichen
Untersuchung und Erforschung dieser eigenartigen Erscheinung und
wurde damit zum Wendepunkt in der Betrachtung der Nahrungs-
mittel und ihrer Wirkungsweise im menschlichen Körper. Er hatte
mit diesem Versuch einen Wirkstoff, ein „Vitamin“ bzw. eine Vita-
mingruppe entdeckt, die zur Ermöglichung der Stoffwechselvorgänge
im Körper von Mensch und Tier nicht entbehrt werden kann. Es war
der Beginn „der Erforschung der Vitamine“, hier „Vitazyme“ ge-
nannt.
Seit der Zeit haben sich nun eine Unzahl von Forschern mit den
damit zusammenhängenden Problemen beschäftigt und manches
Rätsel gelöst, das bisher den scheinbar unvermeidlichen Tod so vieler
Menschen verschuldete. Es sind seit der Entdeckung der Wirkstoffe
durch Eykmann viele Bücher und Abhandlungen über die näheren
Zusammenhänge geschrieben worden, aber erst die letzten 10 Jahre
vor dem 2. Krieg haben tatsächlich Licht in die ganzen Verhältnisse
gebracht. Heute können wir uns schon ein ziemlich sicheres Bild dar-
über machen, welche Wirkstoffe die verschiedenen Vorgänge im
Körper einleiten und aufrecht erhalten. Man ist bei dieser Art der
Erforschung der Lebensvorgänge auch der Tatsache auf die Spur ge-
kommen, daß der Körper selbst in seinen verschiedenen Drüsen-
6 Sommer, Ernährung
81
Organen Wirkstoffe oder Katalysatoren erzeugt, deren Fehlen durch
mangelhaftes Arbeiten der betreffenden Drüsen schwere Krankheits-
erscheinungen hervorrufen kann. Was wir in unserer Nahrung, d. h.
in den Pflanzen, als „Vitazyme“ bezeichnen, hat bei den körpereige-
nen Säften den Namen „Hormone“ erhalten. Es sind Wirkstoffe,
Enzyme, durch welche die Stoffwechselvorgänge des Körpers einge-
leitet und aufrecht erhalten werden.
Man unterscheidet nun zwei große Gruppen von Wirkstoffen, näm-
lich die fettlöslichen und die wasserlöslichen. Beide Gruppen sind
gleich wichtig und gleich wertvoll im menschlichen Körper. Es kann
kein Unterschied zwischen ihnen in Bezug auf den Wert für die Ge-
sundheit gemacht werden.
Trotzdem es nicht die Aufgabe dieses Buches ist, umfangreiche Ab-
handlungen über die Wirkungsweise der Vitazyme zu geben, so
können wir doch nicht umhin, wenigstens bis zu einem gewissen
Grade Einzelheiten über die verschiedenen Arten der Wirkstoffe zu
bringen und vor allen Dingen zu zeigen, wie ein Mangel an diesen
behoben werden kann, um sich vor den in den vergangenen Kriegs-
zeiten aufgetretenen Mangelkrankheiten zu schützen.
Man hat die Wirkstoffe zu Anfang der Forschungsarbeiten darüber
der Einfachheit halber mit den Buchstaben des Alphabets bezeichnet
und kommt dabei zu den bekannten Begriffen von Vitazym oder
Wirkstoff A, B, C, D, E, F und den noch nicht voll erforschten. Be-
ginnen wir mit dem Vitazym „A“.
Das Vitazym „A“, der Wachs tumsstoff
Vielleicht ist es am besten, wenn wir bei der Beschreibung der
einzelnen Wirkstoff gruppen davon ausgehen, welche Krankheits-
erscheinungen durch den Mangel derselben im Körper hervorge-
rufen werden. Man bezeichnet diesen Wirkstoff A in der wissen-
schaftlichen Sprache als das „anti-xerophtalmische“, d. h., das Ver-
hornen Verhütende. Der Mangel an Wirkstoff A ruft z. B. ganz
eigenartige Verhornungserscheinungen auf der Augenhornhaut her-
vor; dort macht sich dieser Mangel am ersten bemerkbar. Die Horn-
haut verhärtet sich in einzelnen Stellen. Gegen diese Verhärtung
sucht sich die Natur zu wehren und so entstehen Hornhautgeschwüre
auf den Augen mit entsprechenden Vernarbungen. Der Wirkstoff
scheint aber nicht nur auf die Hornhaut zu wirken, sondern man
neigt zu der Ansicht, daß der farbenempfindliche Stoff in der Netz-
haut des Auges sich normaler Weise ohne diesen Wirkstoff nicht ge-
sund und kräftig entwickeln kann. Ein Mangel ruft deshalb als erste
auffällige Erscheinung Nachtblindheit in mehr oder weniger starkem
Grade hervor. Diese Mangelkrankheiten an den Augen, die sich
natürlich in verschiedener Weise auswirken können, zeigten sich in
ganz großem Ausmaß während des 1. Weltkrieges an den dänischen
Kindern als Folge einer gewissen einseitigen Ernährung. Damals hat
82
man nicht gewußt, was eigentlich vorliegt, da die erfolgreiche Er-
forschung der Wirkstoffe, wie schon erwähnt, erst nach dem 1. Welt-
krieg einsetzte. Andere Erscheinungen an den Augen sind Trocken-
heit derselben, Fleckenbildung, Fehlschlüsse in der Farbunterschei-
dung und was dergleichen mehr ist. Wir ersehen daraus, daß es sich
hauptsächlich um unrichtige Bildung der Hornhautschichten handelt.
Da aber unsere ganze Oberhaut und alle Hautbildungen unseres
Körpers zu einem gewissen Grade aus verhornenden Hautteilen be-
stehen, so können wir uns leicht erklären, daß sich Hautveränderun-
gen am ganzen Körper zeigen müssen. Derartige Erscheinungen sind
Eintrocknen der Haut und ungenügende Funktion der Schweiß-
drüsen. Daraus entwickeln sich Unreinigkeiten der Haut wie Mit-
esser, Talgdrüsenentzündung und dergleichen, die sich bis zur Bil-
dung von Furunkeln steigern können.
Als man von Vitaminmangelkrankheiten noch nichts wußte, fand
man unter unrichtig oder einseitig ernährten Kindern sehr häufig
die Erscheinung der sogenannten Skrofulöse. Diese Knotenbildung
in den Leder- und Hornhautschichten bzw. unter denselben ist her-
vorgerufen in der gleichen Art wie die Verhornungserscheinungen
auf der Augenhornhaut. Auch die Atmungswege werden selbstver-
ständlich dabei in Mitleidenschaft gezogen, so die Luftröhre und ihre
Verzweigungen. Diese wird aus Knorpelschichten und -ringen ge-
bildet, an denen sich nun auch Verhornungserscheinungen zeigen
werden. Auch die Schleimhäute der Nase und die darin eingelagerten
Riechorgane können verhornen und die Riechfähigkeit nimmt ab.
Auch an den Verdauungsorganen mit ihren feinorganisierten
Schleimhäuten macht sich ein Mangel an diesem Wirkstoff sehr stark
bemerkbar. Eine erste Erscheinung ist z. B. eine abnorme Steigerung
der Zahnschmelzbildung mit Störung des eigentlichen Zahnwachs-
tums, ferner ein Hinaufrücken der Schleimhautgrenze an den Lippen
mit blauer Verfärbung derselben und zum Schluß Neigung zu
Durchfällen mit schleimigem, oft blutigem Stuhl, der an Ruhr er-
innert.
Auch vor den Ham- und Geschlechtsorganen machen die Mangel-
krankheiten nicht halt. Die Verhornungserscheinungen zeigen sich
hier durch Störungen in den Harnwegen und der Blase mit Ablage-
rungen, die wie Hornablagerungen aussehen, Neigung zu Blasen-
und Nierensteinen und Schleimbildung. Außerdem macht sich bei
Frauen ein Mangel an Schleimbildung in der Gebärmutter bemerk-
bar und diese fällt sehr oft zusammen mit Unfruchtbarkeit und Ge-
fühlskälte, aber einer Gefühlskälte, die anderer Art ist als jene Er-
scheinungen, die durch Mangel am Fruchtbarkeits- Wirkstoff „E“
entstehen.
Wenn wir nun diese großen Störungserscheinungen betrachten,
die wir überall im Körper antreffen, so können wir wohl von einem
Wirkstoff zur Hautbildung und Gesunderhaltung derselben sprechen.
83
Aber damit ist die Reihe der Erscheinungen noch nicht zu Ende. Der
Wirkstoff A regt die allgemeinen Wachstums Vorgänge ungemein an.
Bei der Aufgliederung des befruchteten Eies in die drei Keim-
blätter, aus denen heraus der Organismus wächst, dient eines der-
selben speziell der Hautbildung. Hört nun das Wachstum der Haut
auf oder wird es in empfindlicher Weise gestört, so muß das auf
einem Mangel an diesen Wachstums- Wirkstoffen beruhen.
Angesichts dieser einschneidenden Störungen an Augen, Nase,
Luftwegen, in der allgemeinen Körperhaut, den Verdauungsorganen
und allen drüsigen Organen des Körpers fragen wir uns unwillkür-
lich, wo wir nun den Stoff finden, der diese Mangelerscheinungen be-
hebt und das Wachstum der Kinder anregt?
Dieser Wirkstoff findet sich in der Natur in überreichem Maße in
jedem grünen Blatt in treuer Vereinigung mit jenem anderen so
hoch wichtigen Stoff: dem Blattgrün-Körperchen. Er findet sich im
grünen Blatt fertig ausgebildet, aber in noch reicherem Maße in der
Vorstufe zu dem eigentlichen Wirkstoff A, nämlich als Carotin in
allen Wurzelgemüsen. Er entpuppt sich als ein gelblich-rötlicher Farb-
stoff, der z. B. unseren Möhren und Karotten die Farbe gibt. Damit
soll nun keineswegs gesagt werden, daß die Karotte eine unver-
hältnismäßige große Menge an Wirkstoff A oder Carotin enthält: die
Hauptquelle dafür ist und bleibt das grüne Blatt. Deshalb wird ein
auf freier Weide lebendes Tier niemals über Mangel an diesen Wirk-
stoffen zu klagen haben.
Die erwähnte Farbe dieses Wirkstoffes zeigt uns nämlich den Weg
seiner Wirksamkeit. Es ist, wie sein Verhalten im Auge zeigt, ein
Stoff, der das Licht oder einen Teil des Lichtes der Sonne wirksam
werden läßt. Wir sahen die Kraft des Sonnenlichtes im grünen Blatt
durch den an die Blattgrünkörperchen geketteten Farbstoff „das
Blattgrün“ wirksam werden. Im Blatt werden die vom Blattgrün
festgehaltenen roten Farben des Sonnenlichtes wirksam. Das Carotin,
ein gelblich-rötlicher Farbstoff, hält dementsprechend die blauen
Farben des Sonnenlichtes fest und läßt diese in der Haut und im
Körper zur Wirkung kommen. Es ist deshalb auch ein die Haut ge-
sund erhaltender Stoff, ohne den die Haut verkümmert und entartet;
denn das Sonnenlicht kann seine Kraft ohne seine Mithilfe nicht
mehr entfalten. Es entstehen deshalb auch zuerst die Augenschäden.
Wird aber die Haut nicht von der Sonne beschienen, sondern von
einer dicken Schicht lichtundurchlässiger Kleider bedeckt, wie kann
dann die Kraft der Sonne im Körper wirksam werden?
Soll das Wachstum des Körpers und seiner Organe durch die Haut
angeregt werden, so darf der Wirkstoff nicht fehlen, aber die eigent-
liche Kraft des Wachstums der lebenden Schöpfung stammt aus dem 1
Licht der Sonne. Dieses aber muß auf die Haut wirken können und
deshalb dürfen wir unseren Körper nicht vor der Sonne verhüllen.
Wie jede Pflanze und jeder Baum im grünen Blätterschmuck nur im
84
Licht der Sonne gedeihen kann, so muß auch der Mensch in engster
Verbundenheit mit der Natur im Licht der Sonne auf wachsen, wenn
er gesund werden und bleiben soll. Nur im Licht der Sonne kann
dieser wie auch alle anderen Wirkstoffe erst seiner Aufgabe gerecht
werden.
Die Vorstufe zum Wachstumsstoff „A“, das Carotin, findet sich
gleichfalls und in noch größerer Menge im grünen Blatt und in allen
Pflanzen, die der menschlichen und der tierischen Ernährung dienen,
wenn diese Nahrung so verzehrt wird, wie sie in der Natur gewachsen
ist, nämlich roh und ohne kochkünstlerische Zubereitungen.
Es wurde im vorhergehenden schon des öfteren sehr stark betont,
daß jeder Koch- und Erhitzungsprozeß eine Veränderung der chemi-
schen und organischen Struktur hervorruft. Die hauchfeine stoff-
liche Zusammensetzung dieses und jedes anderen Wirkstoffes in der
Natur wird mehr oder weniger durch Hitzeeinwirkung wie Kochen,
Braten und Backen und auch durch Säuren, Salzen und dergleichen
verändert. Wenn auch das Wesen der Wirkstoffe nicht in allen Fällen
vollkommen durch diese Vorgänge zerstört wird, so ist doch eine ge-
waltige Verminderung ihrer Wirkungskraft bei den heute landesüb-
lichen Zubereitungsmethoden und Auf bereitungs verfahren der Nah-
rungsmittel festzustellen. Wollen wir uns daher den Segen der Natur
voll und ganz zunutze machen, so muß unsere Nahrung besonders zur
Zeit der höchsten Sonnenwirksamkeit im Frühjahr zum großen Teil
aus frischen grünen Blättern bestehen, seien es Gartengemüse oder
wild wachsende Kräuter oder wohlschmeckende Blätter und Knospen
von Bäumen, z. B. den Linden, und wir dürfen diese keinem Er-
hitzungsverfahren unterziehen.
Das schon erwähnte Carotin ist eigentlich der Hauptlieferant des
später im Körper wirksamen Stoffes, der, wie gesagt, vor allem im
grünen Blatt vorhanden ist. Die Umwandlung des Carotins geschieht
in der Pfortader, d. h. auf dem Weg des von den Darmzotten über-
nommenen Nahrungsbreies zur Leber. In der Leber wird dann der
fertige Wirkstoff gespeichert.
Nun könnte man versucht sein — wie es die medizinische Wissen-
schaft ja auch getan hat — dem Mangel an Vitazym A durch Dar-
reichung von Leberpräparaten, die von den Tieren stammen, abzu-
helfen, um den darin gespeicherten Wirkstoff dem kranken Körper
zuzuführen. Das aber erweist sich als ein Fehlschluß. Der menschliche
Körper ist nicht darauf eingerichtet, vom Tier stammende Fleisch-
stücke oder leicht verwesende Organteile verarbeiten und aufnehmen
zu können. Das kann wohl ein Raubtier wie der Tiger, der Wolf, die
Hyäne, die Katze u. a., denn diese haben eine ganz andere Struktur
des Magens und der Verdauungssäfte als der Mensch. Der Organis-
mus des Menschen ist eingerichtet zur Verarbeitung von grünem Ge-
müse, Wurzelgemüse, am Baum gereiften Früchten und Nüssen aller
Art. Dabei entdecken wir noch in der Keimanlage aller Samen, seien
85
es Ölfrüchte, Obstkerne, Nüsse, Ölsaaten usw., einen hohen Gehalt
an diesem Wachstumsstoff A.
Wenn wir nun darauf bedacht sind, das Wachstum unseres Körpers
und vor allen Dingen unserer Sinnesorgane vor einem Mangel an
Wirkstoff A zu schützen oder eine gewisse Reserve im Körper an-
zusammeln, so müssen wir uns darüber klar werden, unter welchen
Bedingungen die Pflanzen ein Höchstmaß an diesen Wirkstoffen
entwickeln. Es ist doch klar, daß sowohl der Anbau und die Dün-
gungsart als auch die Bodenverhältnisse überhaupt von erheblicher
Bedeutung für das gesunde Wachstum und den Nährwert der Pflanze
sind. Es ist nun ganz falsch, mit frischen tierischen und menschlichen
Exkrementen, Jauche oder Mist den Boden anreichern zu wollen.
Eine derartige Düngung hat höchstens eine gewisse Entartung der
Pflanzen zur Folge. Sie werden groß und schwammig, aber ihr Ge-
halt an lebenswichtigen Wirkstoffen wird damit nicht gesteigert.
Es ist aber festgestellt, daß der Carotingehalt der Pflanzen bzw. ihr
Gehalt an der Vorstufe zum Wirkstoff A von einem Reichtum des
Bodens an Spurenelementen wie Kupfer, Mangan, Zink, Nickel,
Chrom und ähnlichen Metallen abhängt. Um also die Bildung dieses
wichtigen Wachstumsstoffes anzuregen, müßten diese und andere so-
genannte Spurenelemente reichlich im Boden vorhanden sein. Man
nennt sie „Spuren-Elemente“, weil sie in fast jedem Ackerboden nur
in Spuren zu finden sind. Um einen an diesen Spurenelementen
armen oder ausgelaugten Boden anzureichern, muß man ihm feinge-
mahlenes Urgesteinsmehl verschiedener Art und Zusammensetzung
zuführen. Verwesende Pflanzenteile, tierische und menschliche Exkre-
mente dürfen erst nach vollständiger Vererdung in der Kompostie-
rung dem Boden übergeben werden. Die Umwandlung und Auf-
schließung unvererdeter Stoffe aus pflanzlichen oder tierischen Ab-
fällen versäuert den Boden, stört durch die eintretenden Gärungen
die Entwicklung der Kleinlebewelt und damit letzten Endes das ge-
sunde Wachstum der Pflanze.
Die Gruppe der „B“-Vitazyme
Wie schon erwähnt, ist der holländische Arzt Eykmann der eigent-
liche Entdecker dieses Schutzstoffes gegen Geflügel-Neuritis und
gegen die Neuritis, die als Beri-Beri bekannt ist. Um zu einem Ver-
ständnis dieser Krankheitserscheinungen zu kommen, ist es für den
Leser wichtig, den Begriff der Neuritis als solchen zu verstehen. Die
deutsche Übersetzung des griechischen Wortes Neuritis ist Nerven-
entzündung. Der Nerv heißt auf griechisch „neura“.
Diese Nervenentzündungen wirken sich im ganzen Körper aus, zu-
erst aber im Sympathischen Nervensystem, d. h. in dem Teil der
Nerven, der unserer Willensbeeinflussung nicht untersteht, also in den
unwillkürlichen Nervenfunktionen der Lebenserhaltung und des
Stoffwechsels, dem sogenannten vegetativen Nervensystem. Störun-
86
gen, die auf einem Mangel an Vitamin „B“ und somit auf einer Ner-
venentzündung der einen oder anderen Art beruhen, machen sich zu-
erst am Herzen und seiner Tätigkeit bemerkbar, dann erst im Magen-
und Darmkanal, wo sie den normalen Stoffwechsel stören, und zum
Schluß in allen anderen Organen, Muskeln und Geweben des Kör-
pers. Wenn wir uns diese Tatsache überlegen, dann wird es uns erst
klar, von welchem tiefgreifenden Einfluß ein Mangel an Vitazymen
dieser B-Gruppe im Körper sein muß.
Wenn nun auch Eykmann diesen Schutzstoff gegen Beri-Beri schon
1897 entdeckte, so war doch erst C. Funk 1911 imstande, diesen
Wirkstoff zu beschreiben und wissenschaftlich darzustellen. Aber
auch damit war die richtige Erkenntnis seiner Zusammensetzung
und seiner Wirkungsweise noch nicht gewiß; es dauerte immerhin
noch bis nach dem ersten Weltkriege, ehe die Erforschung dieser
Vitazymgruppe, der eigentlichen „Vitamine“, wirklich erschlossen
werden konnte.
Das Vitazym „B“ ist sehr komplizierter Natur. Es ist das einzige
dieser Enzyme, das sowohl Chlor und Schwefel als auch Stickstoff
enthält. Dies veranlaßte den Forscher C. Funk, diese stickstoffhaltige
Verbindung „Vitamin“ zu nennen, d. h. eine Amino-Verbindung, die
lebenswichtig ist. Dieser Name „Vitamin“ wurde dann auf alle an-
deren Wirkstoffe übertragen, trotzdem die übrigen keinen Stickstoff
enthalten und infolgedessen auch nicht als „Amino“-Verbindungen
bezeichnet werden können.
Ursprünglich meinte man, daß es sich bei diesem „Vitamin B“ um
eine einheitliche Gruppe von Schutzstoffen gegen Krankheitserschei-
nungen handele, aber im Laufe der Zeit merkte man, daß eine große
Gruppe von verschiedenen Schutz- und Wirkstoffen in Frage kam.
Dementsprechend müssen wir die Bezeichnung „Vitamin B“ als eine
Gruppenbezeichnung auf fassen und durch Beifügung der Zahlen von
1 bis 6 und so fort die einzelnen bisher bekannten Variationen kenn-
zeichnen. Für den Menschen kommen zur Hauptsache nur die beiden
Gruppen Bi und B 2 und mit diesen verwandte in Betracht. Die übri-
gen sind mehr im tierischen Organismus des Geflügels, der Nagetiere
und der Raubtiere notwendig.
Der Wirkstoff Bi
Dieses ist der eigentliche Wirkstoff, den seinerzeit Eykmann ent-
deckte. Wie schon im Vorhergehenden erwähnt, fütterte er seine
Hühner mit poliertem Reis. Daraufhin verfielen sie in einen hoch-
gradig krankhaften Zustand. Eykmann kam dann auf den Gedanken,
neben dem polierten Reis zusätzlich Reiskleie zu verfüttern. Die
Krankheitserscheinungen verschwanden daraufhin sehr schnell und
das Geflügel erholte sich zusehends. Diese Entdeckung veranlaßte
Eykmann, auch bei Menschen, die an Beri-Beri erkrankt waren,
87
ähnliche Versuche zu machen und siehe da, auch hier zeigten sich
die Heilerfolge. Das antineuritische Vitazym Bi heilt die Beri-Beri
und ähnliche Krankheitserscheinungen. Diese Krankheiten beruhen
auf einem Mangel an diesem besonderen Wirkstoff, ohne den der
Zuckerumsatz und die Verbrennung der Zuckerstoffe im Körper
nicht oder nur unvollkommen vor sich geht. Ein unvollkommener
Zucker- oder Kohlehydratumsatz im Großhirn und in den Nerven
erzeugt dann die verschiedenartigen Nerven- und Gehirnentzündun-
gen. Durch diese wird der ganze Körper gelähmt. Es entstehen
Müdigkeitserscheinungen, der Zuckerhaushalt und die Zuckerver-
brennung in den Muskeln wird behindert. Es entwickelt sich mehr
Milchsäure, als der Körper wieder in gebrauchsfähigen Zucker um-
wandeln kann. Aus dieser gehäuften Milchsäure entwickeln sich dann
viel stärkere und darum schlimmer wirkende Säuren, die direkte
Lähmungserscheinungen, Gefühlslosigkeit und anderes hervorrufen
können.
Wenn der Zuckerumsatz in den Muskeln nicht richtig vonstatten
geht, werden auch die Verbrennungsreste des Stoffwechsels nicht
restlos ausgeschieden und es bleibt Wasser in den Muskeln und Ge-
weben zurück, während andererseits eine gewisse Neigung zur Fett-
bildung entsteht. Es beginnt die Erscheinung des Anschwellens der
Glieder, die dann bei fortgesetzter Mißernährung zur Wassersucht
führt.
Gleichzeitig wird bei diesem unrichtigen Zuckerumsatz auch Zuk-
ker im Harn erscheinen und sich Zuckerharnruhr einstellen. Wir
sehen aus diesen kurzen Andeutungen, wie sich aus der einfachen
Tatsache des Fehlens dieses Wirkstoffes im Körper sehr schnell ein
vollständiger Verfall entwickeln kann, der bei Fortsetzung der un-
richtigen Ernährungsweise unweigerlich zum Tode führt.
Das Heilmittel, das im Vitazym Bi enthalten ist, bietet uns eigen-
artigerweise die Natur in überreichem Maße. Jedes grüne Blatt,
jedes Gartengemüse, das richtig angebaut und unter normalen
Wachstums Verhältnissen groß wurde, enthält eine genügende Menge
davon, wenn der Mensch sich angewöhnen wollte, alle wild wach-
senden Kräuter, grüne Gemüse einschließlich der Kohlarten (be-
sonders Grün- oder Rosenkohl) roh zu genießen. Schon bei der
Entdeckung der Vitazym-B-Gruppe machte man die Erfahrung, daß
gerade diese Gruppe der Wirkstoffe äußerst empfindlich gegen Hitze-
einwirkung ist. Kochen wir das grüne Gemüse, so können wir sicher
sein, daß sein Gefüge vollkommen auseinandergerissen wird. Aus-
gerechnet alle Chlor- und Schwefelverbindungen sind äußerst emp-
findlich gegen Hitze. Kochen leitet eine ganze Reihe von chemischen
Prozessen ein, die bei der hoch empfindlichen Zusammensetzung des
organisch gewachsenen Nahrungsmittels schwerwiegende Verände-
rungen hervorrufen. Die schlimmste Veränderung zum Nachteil der
menschlichen Gesundheit findet beim Kochen der grünen Gemüse
88
statt durch die Vernichtung des Vitazym Bi. Sein Fehlen in unseren
gekochten Gemüsemahlzeiten ruft letzten Endes die Nervenentzün-
dungen und die sich daran knüpfenden Folgeerscheinungen hervor.
Der Wirkstoff Bi findet sich ferner in der Keimanlage aller Samen,
also auch in den Keimen der verschiedenen Ölsaaten wie Leinsaat
und Mohn, ganz besonders aber in allen Nüssen. Was über die Ent-
wertung der grünen Blattgemüse durch Kochen gesagt wurde, gilt in
gleicher Weise für das Getreide. Die meist sehr erhebliche und lang
andauernde Backhitze vernichtet natürlich noch viel gründlicher als
das Kochen die im rohen Getreidekorn enthaltenen Vitazyme.
Während sich das Vitazym A im voll ausgebildeten Zustand nur
wenig im grünen Blatt findet, sondern nur die Vorstufe dazu als
Carotin, so wird im Gegensatz dazu die B-Gruppe im grünen Blatt
voll ausgebildet und zwar unter der Einwirkung des Sonnenlichtes.
Nach der vollständigen Bildung wird es dann mit dem Saftstrom vom
Blatt in die Samen- und Keimanlage, sowie in die Wurzeln getragen.
Man hat entdeckt, daß die Wurzelbildung der Pflanze durch diesen
Wirkstoff eingeleitet und aufrecht erhalten wird. Seine Wirksamkeit
kann z. B. an den empfindlichen Wurzeln der Tomatenpflanzen ganz
besonders gut beobachtet werden. Es ist tatsächlich so, daß ohne
dieses Vitazym die Pflanzenwurzel verkümmert. Da wir gerade von
der Wurzelbildung sprechen, ist es gut zu wissen, daß der natürliche
Dünger, der sich aus vererdeten tierischen und pflanzlichen Abfall-
stoffen (Laubkomposte) zusammensetzt, einen sehr hohen Gehalt an
Vitazym Bi zeigt, während es im Kunstdünger vollständig fehlt Der
richtig vorbereitete Kompost erzeugt deshalb besonders gute Vor-
bedingungen zur Wurzelbildung. Wir ersehen daraus, daß ursprünglich
das Vitazym Bi wie alle übrigen dieser Wirkstoff gruppen dem Pflan-
zenwuchs an sich dienen, denn sie sind in irgendeiner Weise wichtig
zu seiner Entwicklung. Die Gruppe der B-Vitazyme dient der Pflanze
in erster Linie zur Wurzelentwicklung. Deshalb findet es sich in ge-
speicherter Form in der Samenanlage, die ja zuerst die Wurzel bil-
det, ehe sich die Keimblätter dem Licht entgegenstrecken können.
Wollen wir daher einen reichen Gehalt an diesen Krankheiten ver-
hütenden Wirkstoffen in unserem Gemüse erzeugen, so müssen wir
unseren Garten in biologisch richtiger Weise anlegen und müssen
den Pflanzen alles fernhalten, was das Wurzel Wachstum irgendwie
behindern könnte.
In Europa hat sich die Erkrankung an Beri-Beri kaum jemals in
großem Umfange gezeigt und das nicht etwa, weil unsere Nahrung
keinen Mangel an diesem Schutzstoff hat, sondern weil solche Krank-
heitserscheinungen als Folge der Nervenentzündungen in ihren kras-
sen Formen eben nur dort auftreten können, wo große Einseitigkeit
in der Ernährung herrscht. Diese aber können wir beim armen Inder
ganz kraß beobachten, der tagaus tagein gewissermaßen nur von Reis
lebt. Wird diesem Reis durch Schälen und Polieren der Beri-Beri-
89
Schutzstoff entzogen, so erscheinen die Nervenentzündungen und ihre
Folgen in ihrer stärksten Auswirkung.
In Europa mit seiner großen Vielseitigkeit an Nahrungsmitteln,
auch für die ärmere Bevölkerung, treten so krasse Erscheinungen
nicht auf, wohl aber sehen wir, daß mit dem Altwerden sich die Er-
scheinungen in mehr oder weniger ausgeprägter Form einstellen
und nun jeweils als besondere Krankheitserscheinungen diagnosti-
ziert und behandelt werden.
Der Wirkstoff B2
Der nächste dieser B-Gruppe ist der Pellagra-Schutzstoff. Pellagra
ist besser bekannt als Lombardischer Aussatz. Er wird und wurde bis
vor kurzem sehr ausgebreitet in der Lombardei, in gewissen Gegen-
den Mährens und in den Südstaaten der USA gefunden. Die Gründe
dafür sind kurz die: In diesen Landschaften besteht die Volksnahrung
in Teigwaren aus geschältem Weizen , aus geschältem gelben Mais
und anderen entwerteten Getreidesorten.
In den Südstaaten der USA ist dieser Lombardische Aussatz in den
Jahrzehnten zwischen den Weltkriegen ganz besonders schlimm zur
Auswirkung gekommen, weil durch die Krise in der Baumwollerzeu-
gung die kleineren Baumwollpflanzer arm geworden waren durch die
häufige Un Verkäuflichkeit der Erzeugnisse des Baumwollanbaues und
weil das Land sich wegen der Trockenheit und des Sonnenbrandes
für andere Kulturen nicht eignet. Diese Leute waren und sind deshalb
gezwungen, von den billigsten Nahrungsmitteln zu leben und dazu
gehört dort der Mais.
Der Charakter dieses Pellagra-Schutzstoffes ist als eine Art pflanz-
licher Säure erkannt worden, die in der Form des Nikotinsäureami-
dins für den Wasserstoff Wechsel in den Zellgeweben aller Pflanzen
und Tiere unentbehrlich ist. Er findet sich gehäuft in allen grünen
Gemüsen, in allen Kohlarten, besonders im Wirsing, grünen jungen
Erbsen, Kohlraben, Tomaten, Erdnüssen, grünen Bohnen, roten Rü-
ben, Mohrrüben und überhaupt in allen Rüben- und Wurzelgemüsen.
Mais und Weizengries und daraus hergestellte Teigwaren sind erfah-
rungsgemäß fast frei von diesem Schutzstoff. Daraus erklärt sich die
schlimme Wirkung in Gegenden, wo viel Teigwaren und Mais ge-
gessen wird. Auch dieser Wirkstoff wird, wie alle Vitazyme und
Schutzstoffe des Pflanzenreiches, im grünen Blatt gebildet, und Tier
und Mensch müssen es mit der Nahrung zu sich nehmen. Es kann dann
in großen Mengen in den Geweben und Organen gespeichert werden.
Ein nicht genügender Bestand an diesem Pellagraschutzstoff zeigt
sich in der Neigung zu Hautentzündungen, Hautausschlägen, Furun-
keln. Als erstes Anzeichen sehen wir gewöhnlich Entzündungen der
Mundwinkel mit Schorfbildung, Entzündung der Zunge, oft auch be-
sonders bei Kindern Mundfäule und ähnliches. In dieser Form finden
sich die ersten Anzeichen mehr oder weniger unter der ganzen Mensch-
90
heit und ganz ausgesprochen dort, wo gewisse Einseitigkeit in der
Ernährung besteht oder die Nahrungsmittel durchgehend einem Koch-
prozeß unterzogen werden, da genau wie bei dem Beri-Beri-Schutz-
stoff auch dieses Vitazym durch die Kochhitze aus der organischen
Bindung des Pflanzenwuchses herausgerissen und zerstört wird.
Das Laktoflavin
Zu dieser Gruppe von Wirkstoffen, die die Gesundheit der Nerven
und der Haut verbürgen, gehört auch das „Laktoflavin“. Dieses ist
zum allgemeinen Wachstum des Körpers und besonders der Kinder
notwendig. Es wird deshalb auch der Wachstumsstoff genannt. Es ist
nicht so sehr das Knochenwachstum, das davon beeinflußt wird, als
vielmehr die Haut und die aus dem Keimblatt der Haut entwickelten
Organe, wie z. B. alle Sinnesorgane und das Wachstum der Gewebe-
zellen, der Muskeln und Organe. So wie das Vitamin Bi notwendig
war zum Wachstum und zur Gesunderhaltung der Nerven und die
vorgenannte Gruppe der B2-Vitazyme zum Wachstum und zur Ge-
sunderhaltung der Haut dient, so dient das Laktoflavin zum Wachs-
tum der Bindehäute und der Trennhäute zwischen den einzelnen Ge-
weben. Der kindliche Körper würde bei seinem Fehlen nicht wachsen
können und der Erwachsene könnte sich nicht kraftvoll entwickeln.
Ganz besonders auffällig zeigt sich sein Fehlen im Verhalten der
Haare und der Nägel. Die Haare beginnen auszufallen und zu ver-
filzen, verlieren ihren Glanz und neigen zu vorzeitigem Bleichen. Es
zeigt sich ferner eine Anlage zur Verlausung. Die Verlausung vieler
Menschen, die nicht gerade in besten Verhältnissen leben, erweist sich
damit z. T. als eine Mangelkrankheit, durch die sich unrichtige Stoff-
wechselvorgänge offenbaren. Aus den Abfallprodukten des gestörten
Stoffwechsels ernährt sich die Laus. Ähnlich dürfte es sich mit der
Krätze und allen Hautkrankheiten verhalten, die ihre Entstehung
Schmarotzern verdanken.
Das Laktoflavin findet sich in jedem Lebewesen, in allen Teilen des
Pflanzen- und Tierreiches. Von den niedrigsten Lebewesen, den ein-
zelligen Bakterien, bis hinauf zum Höchstentwickelten ist es überall
notwendig, um das Gewebewachstum und die Erneuerung aller Ge-
webe und Säfte zu ermöglichen und zu vermitteln. Alle grünen Teile
der Pflanze enthalten sehr viel davon. Der ungekeimte Samen ist
jedoch arm an Laktoflavin. Sobald aber der Keimprozeß einsetzt, ver-
wandeln sich gewisse Fett- und Ölstoffe im Samen in diesen Wachs-
tumsstoff und reichern das Saatkorn ungemein an, deshalb ist ge-
keimtes Getreide zu jeder Jahreszeit eine gute Quelle dieses Stoffes.
Daneben sind junge Erbsen reich an diesem Wachstumsstoff und es
brauchte eigentlich in keiner Weise ein Mangel daran zu bestehen,
wenn nicht, wie immer wieder erwähnt werden muß, die Menschen
sich angewöhnt hätten, alle ihre Nahrungsmittel durch Kochen und
Backen zu entwerten. Durch das Erhitzen verwandeln sich die Nah-
91
rungsmittel in eine gehaltlose Masse, der nicht nur die Mineralstoffe
fehlen, die dem Körper Festigkeit, Kraft und Anregung aller Lebens-
vorgänge geben, auch das feine chemische Gefüge der Vitazyme wird
zerstört oder zum mindesten angegriffen. Aus der gekochten und ge-
backenen Nahrung kann der Mensch Wirkstoffe aus der Gruppe der
B-Vitazyme nicht entnehmen, da diese alle sehr empfindlich gegen
Hitzeeinwirkung sind.
Wie schon erwähnt, zeigen alle diese organischen Enzyme und
Wirkstoffe eine bestimmte Färbung. Carotin oder der Grundstof f zum
Vitazym A zeigt die typisch gelbrote Farbe der Möhren. Das Lak-
toflavin ist von typisch gelber Farbe, es hat etwa die Naturfarbe der
Grasbutter.
Wenn wir uns dann wiederum klar machen, daß sie alle in engster
Verbindung mit dem Blattgrünkörperchen oder dem grünen Farbstoff
darin stehen und daß der Grünfarbstoff der Pflanzen eine ganz be-
sondere Aufgabe durch Auswertung des Sonnenlichtes hat, dann wird
uns die ungeheure Wichtigkeit der Einwirkung des Sonnenlichtes und
die Kraft der verschiedenen Farben darin auf alle Lebewesen, auf
alles pflanzliche und tierische Wachstum und ganz besonders auf den
Menschen bewußt. Wir kommen immer wieder darauf zurück, um diese
Voraussetzung für die Lebensbedingungen des Pflanzen Wachstums
und des tierischen und des menschlichen Körpers zu erkennen.
Der Adermin oder der Epilepsie-Schutzstoff
Ein weiterer Wirkstoff dieser Vitazym B-Gruppe ist das Adermin.
Was eigentlich dieser Schutzstoff im Körper vollbringt, wie er sich
auswirkt und was seine Aufgabe ist, das hat die Forschung noch nicht
ergründen können. Vielleicht bringen uns die nächsten Jahre auch
darüber Klarheit. Soviel steht jedenfalls fest, daß bei Mangel an die-
sem Wirkstoff Hunde, Schweine und Ratten typische epileptische An-
fälle von 3 bis 15 Minuten Dauer mit Schreien, Zähneknirschen, Be-
wußtseinsverlust und Krämpfen erleiden. Wir haben noch keine Er-
fahrung darüber, ob auch beim Menschen ähnliche Erscheinungen bei
einem Mangel an diesem Adermin auftreten. Aber die Analogie der
Erscheinungen zwingt uns zu entsprechenden Schlußfolgerungen.
Das Adermin ist im grünen Gemüse, in schwarzen Johannisbeeren
und in Heidelbeeren am geeignetsten zu finden. Das wird bestätigt
durch die Tatsache, daß Epileptiker, die treu zur Rohkost halten, also
rohe, grüne Gemüse zu ihren Hauptnahrungsmitteln machen und da-
bei viel im Garten im Sonnenlicht arbeiten, innerhalb eines Jahres
von den schwersten Erscheinungen der Epilepsie geheilt wurden,
während ein Rückfall zu gekochter Nahrung sofort wieder die alten
Krampfanfälle zurückkehren läßt, wenn auch nicht mehr in dem frü-
heren starken Grad. Die Beobachtung des kranken Menschen hat uns
gelehrt, daß auch die genuine Epilepsie auf diese Weise geheilt wer-
den kann und leichte Anfälle nur bei besonderen atmosphärischen
92
Störungen, wie z. B. bei Witterungsumschwung im Frühjahr, hin und
wieder noch auftreten können. Daraus geht hervor, daß bei Erwach-
senen die Ausfallerscheinungen in den Geweben so schwerwiegend
geworden sind, um allein schon bei Witterungseinflüssen die Anfälle
immer wieder auszulösen. Bei langjähriger Einhaltung der Rohkost
verschwindet jedoch auch diese Anfälligkeit.
Der Anämiefaktor
Wir alle kennen das katastrophale Geschick, das junge Menschen-
kinder befällt, wenn sie, am Abschluß ihrer Entwicklung stehend, die
typischen Symptome der anämischen Erkrankungen zeigen, d. h. eine
Stockung der Bildung von roten Blutkörperchen im Mark ihrer Kno-
chen eintritt. Wir alle kennen den Verfall bei solchen unglücklichen,
jungen Menschen und wissen, wie schwer sich in den weiteren Sta-
dien der Entwicklung die perniziöse Anämie auswirken kann. In mei-
ner Jugend nannte man es Blutarmut und Bleichsucht. Es ist weder
Blutarmut noch Bleichsucht, sondern einfach eine unrichtige Blut-
bildung, bei der die roten Blutkörperchen sich nicht richtig entwickeln
können und einen Mangel an Eisen zeigen. Wir können mit keinem
künstlichen Mittel etwas gegen die Anämie ausrichten, wenn die Er-
nährung nicht grundlegend geändert wird. Hand in Hand mit der
Umstellung der Ernährung muß ein Berufswechsel gehen, der es dem
Befallenen ermöglicht, sich ausschließlich in frischer Luft zu betätigen.
Es handelt sich bei dieser Erkrankung um eine doppelte Ausfall-
erscheinung. Zum ersten stimmt in der Tätigkeit der inneren Drüsen,
d. h. in der Hormonbildung etwas nicht. Es werden bestimmte Lö-
sungsmittel von den Darmwänden nicht abgesondert, die notwendig
sind, um den Anämie-Schutzstoff, der in allen grünen Gemüsen, in
allen Keimanlagen der Nüsse und der Saatkörner aller Art enthalten
ist, zur Wirksamkeit zu bringen. Liegt die Ursache zur Erkrankung
nur im Mangel an grünen Gemüsen, an Nüssen, an Samenkörnern
wie Leinsaat und dergleichen, so wird eine Heilung durch eine Er-
nährungsumstellung sehr schnell eintreten. Liegt aber gleichzeitig
eine Störung der Drüsenfunktionen vor, dann zeigt sich neben den
Erscheinungen der Anämie im weiteren chronischen Verlauf der
Krankheit die bekannte Milzschwellung mit den damit zusammen-
hängenden Störungen. Wüßten wir erst genau, welche Aufgabe die
Milz hat, dann wäre der Weg zur Heilung sehr einfach anzugeben.
Aber wir wissen wenigstens einiges. Die Milz ist das wichtigste Organ
im Körper, um die Erdmetalle umzuwandeln und sie so in den Säfte-
strom einzufügen, daß sie überall, wo sie benötigt werden, in richtig
vorgebildeter Weise zu finden sind. Interessant ist dabei vielleicht
die Tatsache, daß bei vollständiger Veraschung einer gesunden Milz
ein wenig glänzender Staub von feinst verteilten Metallen bleibt, der
wie glänzender Aluminiumstaub aussieht.
Wir hörten bei der Besprechung des Vitazym A, daß dieses bzw.
93
seine Vorstufe, das Carotin, sich nur entwickeln kann, wenn die
Pflanze auf einem Boden gewachsen ist, der reich an Spurenelemen-
ten und Erdmetallen ist. Ein durch Überdüngung mit Stallmist und
durch starke Verjauchung geschädigter Boden kann keine gesunden
Wachstumsstoffe, Vitazyme, Endokryne, Wirkstoffe, Katalysatoren,
Duft- und Anregungsstoffe und was es auch sei, hervorbringen. Es ist
stillschweigende Voraussetzung, daß die Pflanzen in einem gesunden,
mit allen notwendigen Erdmetallen und Mineralien wohl versehenen
Boden gewachsen sind.
Bei schweren Fällen von Anämie beobachten wir, wie schon er-
wähnt, daß mit dem Zerfall des Blutes eine monströse Milzschwel-
lung einhergeht, die gleichzeitig schwere Nierenstörungen mit unna-
türlicher Urinbildung hervorruft. Die vorliegenden Beobachtungen
ergeben ein so ernstes Krankheitsbild, daß es wohl verständlich wird,
wenn bis dahin kein wirksames Mittel gefunden wurde, um bei der
landesüblichen Ernährung viele Tausende von jungen Leuten vor
einem elenden, frühen Tode zu bewahren. Hier handelt es sich um
Störungen in der Bildung der Blutkörperchen sowohl als auch ihrer
Auflösung und Erneuerung. Wenn wir auch noch immer nicht mit
Bestimmtheit wissen, wie die Bildung der roten Blutkörperchen vor
sich geht, so hat uns die Forschung doch gezeigt, wo sie gebildet wer-
den und zur vollen Gebrauchsfähigkeit heranwachsen, nämlich im
Mark der Röhrenknochen.
In der menschlichen Forschung noch nicht klar zugänglicher Weise
wird während des Wachstums und der Erneuerung der Knochen im
Innern dieser unter Verbrauch großer Blut- und Säftemengen die
Hirn- und Nervenmasse in der Hirnschale mit ihren besonderen in
der Hirnhaut eingelagerten Organen gebildet. Auch hier spielen wie
überall im lebenden Körper die drei Hauptkeimblattgruppen der
Organe und Säfte ineinander zu lebensvollem Endzweck. Die Milz
bringt mit dem Säftestrom die hautbildenden Stoffe. Das Blut aus der
Leber und der Chylussaft (die milchartigen Säfte aus den protein-
und fetthaltigen Nahrungsbestandteilen vom Chylussaftgang aus dem
Speisebrei im Dünndarm entnommen), geben die Gehirn, Nerven und
Knochenleim bildenden Stoffe her und drittens kommen die geheim-
nisvollen kalk- und magnesiaenthaltenden Säfte aus den Nieren und
Nebennieren ständig hinzu. Aus dem dreifachen Zusammenklang
scheidet sich im Wandel der Lebensvorgänge der Kalk aus und bildet
unter Einlagerung von Knochenleim den Knochen, der mit einer fei-
nen empfindlichen Knochenhaut überzogen ist. Es fügen sich gleich-
zeitig die Blut- und Chylussäfte um einen kalkhaltigen Kern zusam-
men. Sie bilden die einzelnen Zellen der Gehirn- und Nervenmasse
und erzeugen fortlaufend die Nervenmasse. Diese wird, sich ständig
neu bildend, in das Rückenmark und die sehr zähen Nervenfasern
hineingedrückt, um sich zum Schluß in den mikroskopisch feinen Ver-
ästelungen in jeder einzelnen Muskel-, Organ- oder Gewebezelle mit
94
dem gleichzeitig dort erscheinenden Bluttröpfchen zu vermischen und
durch Verbrennung des Nervenöles im Blute dem Körper Wärme und
Leben und die notwendige Kraftentfaltung zur Arbeitsleistung zu
geben. Die Hautstoffe geben dabei die Möglichkeit, durch die Bildung
besonders gearteter Organe in jedem einzelnen Gewebe, in jeder Zelle
die Sinnestätigkeit zu vermitteln und die Anregungen und Befehle
aus dem Hirn aufzufangen. Das Hirn wirkt dabei wie ein funktele-
graphischer Sender auf entsprechende Empfangsorgane in den Ge-
weben. Umgekehrt wirken die Sinnesorgane, die Augen, die Ohren,
die Nase und die Gefühlsnervenenden in der Haut als Sender, durch
welche die verschiedenen Sinneseindrücke auf die entsprechenden
Zentren in der Hirnhautrinde übertragen werden. Die Nerven oder
richtiger die Nervenhohlfasern leiten dabei die im Hirn ständig neu
aus Blut, Chylus und Nierensaft entstehende Nervenmasse, durch
ihren eigenen Druck getrieben, in die feinsten Gewebezellen der Mus-
keln und des Marks der Röhrenknochen, in die feinsten Zellen und
Einzelteilchen der hochempfindlichen Sinnesorgane, der Gefühlsorgane
an den Enden der sogenannten Gefühlsnerven, aber auch in die ge-
fühllosen inneren Organe. (Diese sind gefühllos, weil in diesen inneren
Organen, dem Magen, den Verdauungswegen und allen Hilfsorganen
derselben, den Nieren, dem Herzen, den Lungen und endlich den
Muskelgeweben die entsprechenden Sendeorgane zur Übermittlung
von Sinnes- oder Gefühlseindrücken nicht vorhanden sind, wohl aber
solche, durch die Eindrücke und Anregungen (Reize) übermittelt wer-
den können, die der unserem Willen entzogenen richtigen Abwicklung
der inneren unwillkürlichen Lebensvorgänge dienen.)
An den Austrittsstellen der Nervenfasern in den feinsten Gewebe-
zellen der Muskeln und Organe entwickelt sich durch das Aufein-
anderwirken der hochempfindlichen Nervenmasse auf die kraftspen-
denden Stoffe im Blut unter Wandlung und Aufzehrung aller kraft-
gebenden Säfte im Blut und in den Nerven die Lebenskraft des leben-
digen Körpers in den verschiedenen Arten ihrer Betätigung. Dabei
wird die Nervenmasse im Blut verbrannt und beide geben die Kräfte-
spannungen frei, die in der pflanzlichen Nahrung durch die Wirkungen
des Sonnenlichtes auf die Lebenskraft der Erde gebunden wurden.
Die bei dieser Verwandlung entstehenden Reststoffe sind den bei der
Verbrennung von Kohle entstehenden Abgasen und Aschen zu ver-
gleichen als da sind: Harnstoff, Harnsäure, Oxalsäure, Kohlensäure,
Wasser und für den Körper unbrauchbar gewordene Mineralstoffe.
Die säurefreien Reststoffe sammeln sich in den Venenbahnen und
bilden den Venensaft, dessen unbrauchbare Bestandteile durch ein
sogenanntes Wundernetz in den Dickdarm zur direkten Ausscheidung
oder zur Überleitung in die Nieren entleert werden. Die noch brauch-
baren, noch wandelbaren Bestandteile des Venensaftes aber werden
entweder durch ein anderes den Dünndarm umschließendes Wunder-
netz in den Pfortaderblutstamm und von hier mit den neuen aus der
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Nahrung stammenden Blutgrundlagen in die Leber geleitet oder sie
werden von den großen Hohlvenenstämmen direkt dem Herzen zu-
getragen. Sie dienen dann zur Hauptsache als Träger der in den Hohl-
knochen neu gebildeten jungen Blutkörperchen. Die säureartigen Rest-
stoffe des Stoffwechsels Harnsäure, Harnstoff, Oxalsäure usw. aber
treten sofort nach ihrer Entstehung aus dem saftführenden Zellgefüge
und den Saftbahnen aus, um sich mit dem allgemeinen Säftestrom
schließlich in der Bauchhöhle zu sammeln und durch die Nieren mit
dem Harn ausgeschieden zu werden.
Aus dieser kurzen Einführung in die Wege der Kraftentstehung im
Körper ersehen wir, daß die richtige und gesunde Entwicklung der
Nervenmasse erst die ganze Lebensentfaltung und Abwicklung ein-
leitet und aufrechterhält. Die Bildung gesunder, lebenskräftiger Ner-
venmasse ist deshalb die Voraussetzung zur Gesundheit und zur voll-
kommenen, fröhlichen Lebensentfaltung.
Wir erinnern uns dabei der Tatsache, daß alle Sinnesorgane ur-
sprünglich durch Umwandlung aus den in der Haut ruhenden Ge-
fühlsnerven hervorgegangen sind, also im Keimblatt der Haut vor-
gebildet wurden.
Die Bildung der Nervenmasse geht in der Hirnschale vor sich unter
Abscheidung von Kalk zur Bildung und Erhaltung der Hirnschale.
Daher der große Verbrauch an Blut und Säften im Hirn. Aber auch
die Röhrenknochen sind hohl und bergen in sich das der Gehirn- und
Nervenmasse ähnliche Knochenmark. Auch hier treffen sich die er-
wähnten drei Arten der Körpersäfte und aus ihnen erwächst nun in
sich stets erneuernden Vorgängen die Knochenmasse mit der sie um-
gebenden Knochenhaut. Aber aus den Säften scheiden sich statt der
Nervenmasse die Grundstoffe zur Bildung der Blutkörperchen ab
unter Benutzung von Magnesium als tragendem Teil. Eine feine Haut
schließt sich um einen Kern von an Magnesium gebundenen stoff-
lichen Trägern des feinen eisenhaltigen Farbstoffs, der roter Blutfarb-
stoff oder Hämoglobin genannt wird. Die in den Röhrenknochen vor-
gebildeten, jungen roten Blutkörperchen werden dann mit dem Ve-
nenblut aus dem Innern der Röhrenknochen zum Herzen und von
dort zur Lunge getragen. Daraus bildet sich dann im Vorgang der
lebensvollen Atmung das mit Sauerstoff geladene rote Blutkörperchen.
Während sich die Knochen zur Bildung ihrer Kernmasse der Kalk-
stoffe bedienen, die in den Nieren aus den Flüssigkeiten des Speise-
breies herausdestilliert wurden, finden zur Bildung der Kernmasse
der Blutkörperchen die Magnesiastoffe Verwendung, die gleichfalls
ein Destillat der Nieren darstellen. Durch einen ähnlichen Vorgang
werden auch die weißen Blutkörperchen in den Röhrenknochen gebil-
det. Da nun die Entstehung gesunder, lebenskräftiger Nervenmasse und
gesunden roten Blutes und deren lebensvolle Wirksamkeit im Körper,
wie wir in diesem Zusammenhang sehen, von den Wirkstoffen der
B-Gruppe in der Nahrung abhängt, so ist es verständlich, wenn deren
96
Fehlen in der Nahrung so schlimme Krankheitserscheinungen wie
Beri-Beri und dieser ähnlichen Erscheinungen, wie Neuritis oder Ner-
venentzündungen, lombardischer Aussatz und im schlimmsten Falle
Anämie hervorrufen wird. Gleichzeitig aber müssen wir bedenken,
daß diese Wirkstoffe, die zur Bildung der hochempfindlichen, aber
kraftgespannten Nervenmasse und zur Bildung der Blutkörperchen
den Anreiz geben, selbst so sehr empfindlich gegen Zustandsverände-
rungen bei der Nahrungszubereitung durch Kochen, Backen, Salzen,
Räuchern und dergleichen sind.
Überlegen wir uns diese ganzen Vorgänge, so verstehen wir, warum
besonders die Überwindung der Anämie bisher allen Versuchen trotzte
und warum im vorgeschrittenen Zustand der Krankheit die Milz als
hautbildendes Organ, die Leber als Blutbildungsstelle und die Nieren
als kalk- und magnesiasaftabscheidende Organe schwere Entartungs-
erscheinungen zeigen. Alle Organe müssen irgendwie versagt haben,
wenn die lebenerhaltende Blutbildung und die Bildung der Nerven-
masse nicht mehr möglich ist.
Was ist zur Heilung notwendig? Glaubt man wirklich, mit der Ver-
abreichung von ein bißchen Vitamin in Tabletten oder in Form von
Leberpräparaten irgendetwas grundlegend zu ändern? Geben wir aber
dem kranken Menschen die Nahrung in lebensvollem Zustand, geben
wir ihm die für die Arbeit der Organe wichtigen Nährstoffe, die lebens-
frisch und vollsaftig im Pflanzenleben heranwuchsen, und geben wir
der Haut gleichzeitig Gelegenheit, sich von Licht und Sonne in frischer
Luft bei Gartenarbeit umfluten zu lassen, dann wird die Krankheit
bald gebannt sein. Das ist immer wieder bestätigte Erfahrungstat-
sache. Der Anämiefaktor der Vitamin B-Gruppe ist, wie wir sehen, von
verhältnismäßig geringer Bedeutung, wenn dem Körper alle Mineral-
und Wachstumsstoffe zur Verfügung stehen, die uns die gesunde
Pflanze liefern kann. Es nützt nichts, einem Anämiekranken Leber-
präparate zuzuführen, wenn seine Ernährung nicht grundlegend um-
gestellt wird. Aus der Leberverfütterung ergeben sich wiederum
ganz andere Folgen, als erwartet werden. Man ist deshalb ja auch
davon abgekommen, Leber zu verabreichen. Man gibt jetzt im chemi-
schen Verfahren hergestellte Leberpräparate. Aber was nützt uns das
Tote, wenn wir uns an der lebendigen Natur in Bezug auf unsere
Nahrung versündigen?! Wir können das Leben nicht erhalten durch
tote, gekochte Nahrung, ganz besonders nicht, wenn es sich um junge
Menschen handelt, die von den Anzeichen der Anämie befallen sind.
Die Wissenschaft hat nun neben dem Anämie verhütenden Faktor
noch einen weiteren Stoff herausgefunden, der die Tropenanämie ver-
hüten soll. Wenn wir uns aber die Sache recht überlegen, so erkennen
wir: Alle sogenannten Tropenkrankheiten haben ihre Ursache in der
unrichtigen Ernährung. Man kann doch unmöglich, von der Natur
verlangen, daß die Organe des Menschen unter den veränderten kli-
matischen Verhältnissen der tropischen Gegenden die gleiche Nahrung
? Sommer, Ernährung
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verarbeiten können wie in der gemäßigten Zone, wenn schon eine
Unzahl von Krankheiten aus der landesüblichen Ernährung im ge-
wohnten Klima hervorgeht. Der Unterschied zwischen den Tropen-
krankheiten und den verschiedenen Krankheitserscheinungen der ge-
mäßigten Zone liegt einzig und allein im schnelleren Ablauf und in
den verstärkten Erscheinungsformen.
Wenn der Europäer in den Tropen darauf besteht, wie zu Hause
Fleisch, gekochte Gemüse, besonders Dosengemüse und schließlich
auch noch Alkohol zu verkonsumieren, dann darf er sich nicht wun-
dem, wenn die Wärme und das intensive Sonnenlicht die Entartungs-
erscheinungen schneller und zerstörender hervorrufen. Es braucht
deshalb nicht extra nach einem besonderen Schutzstoff gesucht zu
werden: Man braucht nur seine Ernährung nach den klimatischen
Voraussetzungen zu richten, indem man sich von den in den Tropen
wachsenden Früchten und Pflanzen ernährt und zwar wiederum in
dem Zustand, wie die Natur sie hat wachsen lassen. Dann wird der
Mensch auch dort allen klimatischen Verhältnissen trotzen können
und sich gesund und lebensfroh entwickeln, wie die Erfahrungen ver-
schiedener Rohköstler in den Tropen bewiesen haben.
Vielleicht ist in diesem Zusammenhang ein Wort darüber zu ver-
lieren, warum auch die Neger in Afrika von Krankheiten nicht ver-
schont werden. Der Grund ist einfach der, daß auch sie verlernt ha-
ben, ihre Nahrung so zu essen, wie sie gewachsen ist. Auch sie erjagen
sich Wildbret, auch sie ziehen sich Schlachtvieh, auch sie rupfen sich
ein Huhn für den Topf und daneben essen sie, wenn sie es erreichen
können, Fische und Krebse in Mengen. Alle die schönen tropischen
Früchte aber überlassen sie den Affen und den Papageien. Um grünes
Gemüse heranwachsen zu lassen, dazu sind sie anscheinend zu faul.
Es könnte ihnen von den Hühnern, dem Wild oder sonstwem auf ge-
fressen werden. Danach kann man also nicht gehen. Es wird dort
auch Brot gebacken und es wird alles nur erreichbare Tierfleisch ge-
gessen, wenn man kein Schlachtvieh zur Verfügung hat. Zum Bei-
spiel Fische in den Tropen zu essen, ist ein Verbrechen gegen den
Körper, ob es der Neger oder der Europäer tut, bleibt sich gleich. Die
in der tropischen Wärme schnell eintretende faulige Zersetzung des
Fischkadavers mit der damit einhergehenden Bildung von Leichen-
gift im menschlichen Körper kann von so entsetzlicher Wirkung sein,
daß daraus allein schon eine Unzahl von Krankheiten entstehen wer-
den. Wollen wir der Urbevölkerung Afrikas und Indiens und den Süd-
amerikanern einen vorbildlichen Gefallen tun, dann müssen wir sie
lehren, sich den Verhältnissen der Tropen und der Subtropen ent-
sprechend gesund zu ernähren, ohne Feuer und ohne vergorene
Getränke. Dann werden auch dort die Krankheiten in Bausch und
Bogen verschwinden und es wird ein gesundes, zähes, lebenskräftiges
Volk heran wachsen.
Da wir aber selber bisher nur elende, entartete Vorbilder waren,
so können wir nicht erwarten, daß die Ureinwohner jener heißen
Länder in Bezug auf Ernährung Gutes von uns lernen könnten.
Es gibt dann noch eine Reihe anderer Vitazyme, die mit der Ent-
stehung der Anämie Zusammenhängen sollen. Aber wenn wir uns
vergegenwärtigen, daß die Natur überreich ist an Schutz- und Wirk-
stoffen aller Art, und wenn wir uns nur angewöhnen würden, nur
das als Nahrungsmittel anzusehen, was wir aus der Pflanzenwelt roh
verzehren können, dann brauchten wir uns keine Gedanken und Sor-
gen zu machen, ob wir auch alle diese Vitazyme mitbekommen. In
frischem Obst, im grünen Gemüse und im Wurzelgemüse wird be-
stimmt kein Mangel daran sein, ganz besonders auch deshalb nicht,
weil die Vitazyme der einzelnen Gruppen oft von überschneidender
Wirkung sind und so ein etwa fehlendes durch ein anderes ersetzt
werden kann.
Der Wirkstoff C
Das Vitazym C ist das bekannteste. Es wird wissenschaftlich als
„Ascorbinsäure“ bezeichnet. Die besonders markante Krankheitser-
scheinung bei Mangel daran ist der seit altersher bekannte „Skor-
but“. Gerade beim Skorbut wissen wir seit alten Zeiten, daß es sich
um eine Ernährungskrankheit handelt, die nach reichlichem Ver-
zehren von grünem Gemüse, Zwiebeln, frischen Früchten wie Zitro-
nen und dergleichen sehr schnell zur Ausheilung kommt. Unfrei-
willige Experimente in dieser Beziehung sind in langen Jahrhun-
derten schon immer in der Seefahrt gemacht worden, wenn Männer
lange Zeit frisches Gemüse und Obst entbehren mußten. Es ist be-
kannt, daß Schiffsbesatzungen nach monatelanger Fahrt oft das
typische Krankheitsbild des Skorbuts zeigen, das sich jedoch sehr
bald nach Genuß von frischem Gemüse usw. verliert.
Wenn auch die offensichtlichen Erscheinungen des Skorbut in
schlimmen Fällen mit leichten Hautblutungen und Blutungen des
Zahnfleisches bekannt sind, so ist es doch nicht so bekannt, daß die
inneren Störungen und die Ausfallserscheinungen an den inneren
Organen schon sehr stark vorgeschritten sein können, ehe der Skor-
but äußerlich in Erscheinung tritt.
Die inneren Schleimhäute, z. B. die Magen- und Darm wände, die
Schleimhäute des Lungengewebes, die Trennhäute zwischen allen
einzelnen Zellgebilden und Muskelfasern sind ungleich feiner als die
immerhin sehr kräftig organisierte, aus drei Schichten bestehende
Oberhaut des menschlichen Körpers. Dadurch ist die Anfälligkeit für
die Blutdurchlässigkeit der Hautbildungen bedingt bzw. das Leiden,
das die Ursache zur Blutdurchlässigkeit bildet, nämlich die Unmög-
lichkeit, die Faserstoffe richtig zu verleimen und dadurch den
Schleimhäuten erst die notwendige Festigkeit zu geben. Die krank-
hafte Durchlässigkeit der inneren Schleimhäute gibt dann die Ver-
anlassung zu inneren Blutungen z. B. im Darm oder zur schwäch-
99
liehen Ausbildung des Lungengewebes und damit eine verstärkte
Anfälligkeit zu Lungenblutungen und Lungenerkrankungen. Die
Tuberkulose stellt sich leichter ein und führt leichter zu Blutungen.
Es entstehen auch Störungen in der Bildung der Knochenhaut und
erhöhte Empfindlichkeit derselben. Die Magenschleimhäute verlieren
ihre Festigkeit und wenn dann noch die gegebene Ursache zur
Magengärung, die in der Brot- und Getreidenahrung liegt, hinzu-
kommt, so sind Magen- und Darmerkrankungen mit Zwölffinger-
darmgeschwüren und dergleichen um so leichter erklärlich.
Alle diese Erscheinungen werden verschwinden, wenn durch reich-
liches Verzehren von grünem Gemüse, Wildkräutern und frischen
Früchten das fehlende Vitazym C zur Verfügung gestellt wird. Außer
im grünen Gemüse findet es sich in besonders reichlicher Menge in
der Zitrone und den Hagebuttenschalen. Es hat sich dabei heraus-
gestellt, daß die Wirkung in der Verhütung der Vitazym-Mangel-
krankheiten umso größer ist, je ursprünglicher und lebendiger die
Nahrung gereicht wird. Durch die eigenartige Verbindung des Vita-
zym C bzw. der Ascorbinsäure, als die sich wissenschaftlich gespro-
chen dieses Vitazym herausgestellt hat, mit dem übrigen Vitazym-
gehalt, vor allem aber mit dem reichlichen Gehalt an Erdalkalien und
Mineralstoffen in der Zitrone, ist diese viel wirkungsvoller als z. B.
die Darreichung einer selbst entsprechend größeren Menge von che-
misch rein dargestelltem Vitazym C.
Wie schon erwähnt, zeigt sich ein Mangel an Wirkstoff C äußerlich
am ehesten in der Neigung zu Zahnfleischblutungen. Gehen wir die-
ser Tatsache nach, so sehen wir, das Zahnfleisch mit seinen feinen
Schleimhäuten bedarf, ebenso wie jede andere Hautbildung im Kör-
per, des Vitazyms. Aber aus der Tatsache, daß es sich an den Über-
gangsstellen vom Zahnfleisch zum Zahnschmelz gehäuft befindet, er-
kennen wir, der Wirkstoff C ist zur Schmelzbildung der Zähne un-
erläßlich. Wir stoßen dabei auf folgende Tatsache: Der Zahn wird
aus einer dreifachen Schichtung von Wachstumsgrundlagen gebildet
entsprechend den drei Keimblattanlagen des Embryos. Die Nerven-
und Muskelanlage ernährt die Zahnpulpa, d. h. den inneren weichen
Teil, der bei der zahnärztlichen Behandlung als „Nerv“ bezeichnet
wird. Dieser wird eingeschlossen durch das aus dem Knochenwachs-
tum sich bildende Zahnbein, das wiederum überzogen ist von dem
aus dem Haut Wachstum sich bildenden Schmelzüberzug. Wird durch
unrichtige Ernährung der Schmelzüberzug wegen Mangel an Vitazym
C schadhaft, so entstehen darin Sprünge und Risse, aus denen sich
dann die Karries der Zähne entwickelt. Diese kann sich zu einem
schlimmen Übel auswachsen, wenn gleichzeitig durch fehlerhafte
Knochenbildung auch das Zahnbein nicht kräftig genug gebildet
wurde.
Es wurde die leichtere Anfälligkeit gegen Lungentuberkulose bei
Mangel an Vitazym C erwähnt. Wir müssen uns über diese Ange-
100
legenheit etwas weiter klar werden, um das richtig verstehen zu
können. Der Lungenkörper ist von feinen Schleimhäuten überzogen,
die das ganze Lungengebilde sowohl außen herum als auch in den
einzelnen feinen Lungenbläschen wie mit einem feinen Überzug um-
geben, der an keiner Stelle zerstört oder angegriffen werden darf. Die
Lungen haben nämlich die Aufgabe, den Sauerstoff und alles Brauch-
bare in der Luft für die Stoffwechselvorgänge im Körper des Menschen
aufzunehmen, an das Blut zu binden und dann in den Körper durch
die einzelnen feinen Blutbahnen bis in die äußersten, mikroskopisch
feinen Verästelungen in der einzelnen Muskelfaser, den feinen Zell-
staaten der Organe, den Knochen und der Haut zu verteilen. Der
Sauerstoff ist zur Lebenserhaltung unentbehrlich. Wir alle wissen
das. Wir können wohl tage- und wochenlang ohne Nahrung leben,
aber nicht fünf Minuten lang ohne die Sauerstoffaufnahme durch die
Lungen Sein. So wichtig wie der Sauerstoff für die Lebensabwick-
lung ist, so gefährlich sind seine chemischen Eigenschaften, wenn er
sich als der Fresser auswirken kann, als den wir ihn z. B. bei der
Entstehung des Rostes und der dadurch eingeleiteten Vernichtung
von Eisen kennen lernen. Der Sauerstoff ergreift jede ihm gebotene
Möglichkeit, um sich abzusättigen und sich in seinen fressenden
Eigenschaften zu neutralisieren an allem, was irgendwie eine Ver-
bindung mit ihm eingehen will, seien es Kohlenstoff oder Erd-
mineralstoffe, wie Natrium, Kalium, Eisen und dergleichen, oder
seien es die lebendigen Gefüge, die sich aus allen diesen verschiede-
nen Stoffen gebildet haben und in ihrer Gesamtheit den mensch-
lichen Körper bilden.
Der feine Schleimüberzug der Haut der einzelnen Lungengewebe
und Gewebeteilchen hindert den Sauerstoff daran, das Gewebe selbst
anzugreifen. Wird nun durch Vitazym C-Mangel die feine Schleim-
haut der Lungen geschädigt und die normale Schleimabsonderung be-
hindert, so setzt bei Entzündungserscheinungen aus anderen Ursachen
heraus eine unrichtige Schleimhautbildung ein. Diese führt nun
zu Husten oder Hüsteln mit Schleimauswurf. Dabei kann sich die
Schleimhaut als so widerstandslos erweisen, daß der Schleimhaut-
überzug als Schutz gegen den Sauerstoff unwirksam wird. Dann er-
hält der Sauerstoff die Möglichkeit, die Oberfläche der Lungenge-
webe direkt anzugreifen. Dadurch entsteht eine Schadenstelle, an die
sich die Körpersäfte hinziehen, um den Schaden zu heilen. Sind die
Säfte gesund, so wird das schnell geschehen. Sind aber die Säfte als
Folge unrichtiger Ernährung und Lebensweise krankhaft gebildet
und mit Stoffwechselgiften durchsetzt, dann greift der Sauerstoff
auch diese mit zersetzender Wirkung an. Es entsteht ein idealer
Nährboden für Bazillen und Bakterien aller Art, die dann mithelfen,
Lungenentzündungen und .Lungenleiden aller Art hervorzurufen.
Von diesen ist die Zersetzung des Lungenkörpers in den Erscheinun-
gen der Tuberkulose am meisten gefürchtet.
101
Der maßgebliche Fehler oder die eigentliche Ursache ist deshalb
in einem Mangel an Vitazym C bei gleichzeitigem Mangel der Vita-
zym B-Gruppen zu suchen. Wir können uns wohl denken, daß bei
einer unrichtigen Ernährung nicht nur ein Mangel an Vitazym C,
sondern genau so ein Mangel an Mineralstoffen und an anderen, zur
Gesundheit unbedingt wichtigen Nahrungsbestandteilen vorhanden
sein wird. Bei der landesüblichen Ernährung wird ja niemals
nur ein Mangel an einem einzigen gewissen Wirkstoff eintreten,
sondern, wenn schon ein Mangel vorhanden ist, so finden wir diesen
nicht nur auf einem sondern auf allen die Lebensfunktion aufrecht
erhaltenden Gebieten. Wollen wir uns vor Krankheiten schützen,
so müssen wir der Natur folgen und die Nahrung, die uns zugedacht
ist, so verzehren, wie sie uns im gewachsenen, lebendigen Zustand
geboten wird. Wollen wir uns vor Lungenerkrankungen schützen,
so müssen wir uns hüten, Schleimbildner wie Brot, vom Tier
stammende Genußmittel, Getreidebreie und dergleichen zu ver-
zehren. Sie geben die Veranlassung zu unrichtiger Schleimbildung
und zum Auswurf, dessen gewaltsame Entfernung durch Husten die
Schäden entstehen läßt, durch die der Sauerstoff angreifen kann.
Die Tatsache, daß eine künstliche Untätigkeit der Lunge, durch Ner-
venschnitt oder Pneumothorax hervorgerufen, den Sauerstoff hindert,
weiterzufressen und dadurch der Kavernenbildung Einhalt geboten
wird, bestätigt die vorgezeichnete Entwicklung.
Der Wirkstoff D
Durch Mangel an diesem Wirkstoff D entsteht die rachitische Kno-
chenverbildung, in Deutschland „Englische Krankheit“ genannt und
umgekehrt. Der Name bezieht sich also auf Krankheitserscheinungen,
die unter den hochzivilisierten Völkern mit großindustrieller Ent-
wicklung seit Jahrzehnten typische Erscheinungen waren und zum
Teil noch sind. Erst im letzten Jahrzehnt vor dem 2. Weltkrieg ist es
gelungen, die Krankheit als eine Mangelkrankheit zu klären, die
durch das Fehlen eines bestimmten Wirkstoffes, genannt Vitazym D,
hervorgerufen wird. Die rachitischen Erscheinungen an sich sind all-
gemein bekannt, doch ist es vielleicht gut, einige Anhaltspunkte zu
geben. Kinder, die mangelhaft ernährt sind und gleichzeitig unter
Mangel an Sonnenlicht leiden, die also nicht genügend in der Sonne
spielen können, oder, wenn es Säuglinge sind, deren Körper nicht
von den Sonnenstrahlen getroffen werden kann, erleiden eine Ver-
bildung der Knochen, das Längenwachstum hört auf, die Einlagerung
von Kalk verzögert sich. Deshalb bleiben die Knochen weich und es
kommen Knochenverbildungen vor, die sich insbesondere in den Ge-
lenken und im Brustkorb schon rein äußerlich bemerkbar machen.
Die Kopfknochen, die die Schädelhöhle umgeben, erleiden krankhafte
Entartungszustände. Aber eine der schlimmsten Erscheinungen ist
die Verengung des Beckens des kindlichen Körpers, die sich später
102
bei der Geburt im Frauenkörper so verhängnisvoll auswirkt und
eine normale Geburt so oft verhindert.
Nun wissen wir aus vorhergehenden Abhandlungen, daß das
Wachstum der Knochen von einer ganzen Reihe verschiedener Wachs-
tumsvorgänge abhängig ist. Es ist also nicht allein das Fehlen des
Vitazym D, daß die charakteristischen Erscheinungen der Rachitis
hervorruft, sondern ein ganzer Komplex verschiedener Störungen
bringt letztlich unter dem Fehlen des Sonnenlichtes die Krankheits-
bilder hervor, die im Kindesalter als Rachitis und bei Erwachsenen
als Alterserscheinungen verschiedener Art bezeichnet werden. Es ist
klar, daß Mangelkrankheiten in Bezug auf das Knochenwachstum
sich bei Kindern anders auswirken müssen, als bei Erwachsenen oder
solchen, die schon die Höhe des Lebens überschritten haben.
Das Vitazym D bietet sich in der Natur nicht so ohne weiteres an
wie z. B. die Vitazyme A oder B oder C. Letztere sind in allen un-
seren Nahrungsmitteln, besonders in solchen, die der Frischköstler
in rohem Zustande genießt, in ausreichender Menge vorhanden. Das
Vitazym D findet sich aber in grünen Pflanzen nur wenig, im Obst
fast gar nicht, im Fleisch und in den tierischen Nahrungsmitteln nur
vereinzelt, aber äußerst reichhaltig in der Fischleber, besonders in
der Leber vom Dorsch, Heilbutt und Thunfisch. Das Leberöl vom
Thunfisch wird bei der künstlichen Herstellung dieses Wirkstoffes als
Ausgangsmaterial benutzt. Wir als Frischköstler, die wir uns be-
mühen eine möglichst natürliche Lebensweise durchzuführen, wollen
uns aber nicht die Mühe machen und wollen auch von anderen Leuten
nicht verlangen, daß sie auf gefahrvollen Fangreisen eine Unmenge
von Fischen ihrem Lebenselement entreißen, um so in der Fabrika-
tion von Leberölen im sogenannten Lebertran die Grundlage zu er-
halten, die sich evtl, im menschlichen Körper zur Heilung rachitischer
Erscheinungen verwenden läßt.
Wie schon gesagt, ist es nicht allein der Mangel an Wirkstoff D,
der zur Erscheinung der rachitischen Knochen Verbildung führt, son-
dern es muß schon ein ganzer Komplex von Mangelerscheinungen in
der Nahrung und im Lebensablauf vorhanden sein, um letztlich diese
Krankheitserscheinungen hervorrufen zu können. Das Vitazym D ist
doch nur ein Faktor, der notwendig ist, um das Knochenwachstum
in der Längenausdehnung und anschließend daran die Kalkeinlage-
rungen in der richtigen Weise einzuleiten. Es müssen aber, ehe der
Faktor D wirksam werden kann, natumotwendig die übrigen Be-
dingungen gegeben sein. Eine stillschweigende Voraussetzung ist
doch ohne weiteres, daß die Nahrung die notwendigen Mineralstoffe,
vor allem den nötigen Kalk so enthalten muß, daß er zum Knochen-
wachstum Verwendung finden kann. Der Einbau des Kalkes in die
Knochen kann aber nur dann vor sich gehen, wenn er im normalen
Sonnenwachstum schon in der Pflanze, die wir essen, richtig einge-
baut worden ist und in genügender Menge vorhanden war. Dann
103
muß gleichzeitig der bei der Bildung der Knorpelmasse so äußerst
notwendige Phosphor, der ja im Knochenleim von ausschlaggebendem
Einfluß ist, ebenso gut und in bester Verfassung in der pflanzlichen
Nahrung enthalten sein. Um nun Phosphor und Kalk, wenn sie in
der Nahrung richtig vorhanden sind, auch richtig in die Gewebe des
Körpers, in die Nerven und in die Knochen einbauen zu können,
muß das Wachstums-Vitazym A bzw. müssen die Vorstufen zu die-
sem, d. h. die Carotinstoffe, aus denen das Vitazym A hervorgeht, in
der Nahrung vorhanden sein. Sonst hört überhaupt jedes Wachstum
und damit auch jedes Knochenwachstum auf. Von ebenso großem
Einfluß sind die Vitazym B-Gruppen bzw. der Wachstumsfaktor
Lactoflavin. Erst wenn neben Kalk und Phosphor diese beiden
Wachstumsvitazyme vorhanden sind und sich im Körper zum Anbau
der zugeführten Nahrung richtig auswirken können, dann erst wird
der Wirkstoff D im Wachstum der Knochen, der Zähne, der Gehirn-
schale usw. wirksam und ergibt einen kräftigen, normalen Knochen-
bau und ein vollwertiges Knochengerüst als Grundlage eines normal
gebauten Körpers. Dabei ist noch gar nicht erwähnt, welche Rolle
das sogenannte Fruchtbarkeitsvitazym E spielt. Auch dieses muß be-
reits im Körper wirksam sein, um das Vitazym D zur Auswirkung
bringen zu können, auch wenn alle anderen Bedingungen gegeben sind.
Es ist also nicht so, daß man einfach sagen könnte: Rachitis ist
eine Mangelkrankheit, die durch Mangel an Vitazym D entsteht und
mit Lebertran geheilt werden kann. Nein, so einfach geht die Sache
nicht. Es sind eine ganze Menge von Voraussetzungen zu erfüllen,
bevor der Faktor D überhaupt wirksam werden kann. Deshalb ist
es auch nicht ohne weiteres möglich, die Rachitis dadurch aufzuheben
und zum Verschwinden zu bringen, daß man einem derart erkrank-
ten Kinde nun Lebertran löffelweise eingibt. Erst müssen doch alle
Voraussetzungen zur Auswirkung der Vitazyme, die Umweltbedin-
gungen, die Lebensart des Kindes und gleichzeitig die Ernährung des
Kindes und die Ernährung der Mutter in natürlicher Weise umge-
stellt sein.
Ehe wir des Näheren auf das Vitazym D und seine Erzeugung und
Wandlung im menschlichen Körper eingehen können, müssen wir
uns vergegenwärtigen, was wir bei der Besprechung der Vitazym-
gruppen A und B kennen gelernt haben: nämlich, die Wichtigkeit
der Farbstoffe als Träger notwendiger Katalysatoren oder Wandler
in allen Lebensvorgängen wie z. B. das Blattgrün, das Blutrot, die
Karottenfarbe des Vitazym A. Die Kraft des Vitazym B ist, wie wir
schon sahen, an die gelbliche Cremefarbe des Laktoflavins gebunden.
Dieses ist als Emulsion, d. h. in feinster Verreibung, in fast allen un-
seren natürlich gewachsenen Nahrungsmitteln besonders bei mineral-
stoffreichem Anbau enthalten. Carotin und Laktoflavin, d. h. die
Vorstufe zu Vitazym A und B, sind an Farbstoffe gebunden. Welche
Farbstoffe im Leben des grünen Blattes als Grundlage des Pflanzen-
104
Wuchses überhaupt in Frage kommen, wurde in dem Abschnitt „Das
Wunder des Lebens“ ausgeführt. Es wurde darin gezeigt, daß sich
unter der Einwirkung des Sonnenlichtes durch die Arbeit der Blatt-
grünkörperchen die Pflanze aus der Kohlensäure der Luft durch sehr
verwickelte chemische Vorgänge den Kohlenstoff herausholt, um aus
den daraus gebildeten Zuckerstoffen und seinen Abwandlungen das
tragfähige Gerüst der Pflanze aufzubauen und gleichzeitig den Sauer-
stoff freizugeben, der Menschen und Tieren für ihre Atmung von
Nutzen ist. Dabei wurde gezeigt, daß der eigentliche Blattgrünfarb-
stoff wohl vermittelnd wirksam ist, aber selbst weder verbraucht
wird noch tatsächlich tätig ist. Was ist dann aber der Zweck des
Blattgrünfarbstoffes und welche Tätigkeit obliegt ihm?
Diese Frage ist eigentlich sehr einfach zu erklären. Das Sonnen-
licht enthält als die drei Grundfarben rot, blau und gelb. Der Farb-
stoff in den Blättern gibt dem Blatt die grüne Farbe, d. h. mit an-
deren Worten: Die Lichtwirkungen von Blau und Gelb werden vom
Blatt abgestrahlt, in den Raum zurückgeworfen und das rote Licht
oder die Lichtwirkung von „Rot“ im Blatt ausgenutzt. Die Spaltung
der Kohlensäure in Kohlenstoff und Sauerstoff und die Umwand-
lung dieser Stoffe in Verbindung mit dem Wasserstoff in die für
ihren Aufbau nötigen Bestandteile geschieht durch die Kraft des
roten Lichtes und durch Speicherung aller durch „Rot“ wirkenden
Kräfte im Licht der Sonne, während „Blau“ und „Gelb“ abgestrahlt
werden müssen und im Blatt bzw. in der Pflanze nicht zur Wirkung
kommen. Damit haben wir ein wichtiges Geheimnis in der Wirksamkeit
des Farblichtes in der Sonne dargelegt. Das Wachstum des Baumes und
jeder Pflanze ist ausschließlich abhängig von der Kraft der Rotlicht-
wirkung. Blau und Gelb wird vom grünen Blatt abgestrahlt. Im
menschlichen und tierischen Körper aber kommen besonders Blau
und Gelb zur Wirksamkeit, wenn die übrigen Voraussetzungen ge-
geben sind. Dieses Verhältnis wird noch einleuchtender, wenn wir
uns klar machen, daß im menschlichen und tierischen Körper die
Umwandlungskraft von Blau und Gelb im Sonnenlicht zur Wirk-
samkeit kommt durch die sogenannten roten Blutkörperchen. Die
Farbe der roten Blutkörperchen ist rot, d. h. alle aus der Rotlicht-
wirkung im Pflanzenwuchs gebundenen Kräfte des Sonnenlichtes
werden von den roten Blutkörperchen gelöst und dadurch als Lebens-
kraft bei der Entstehung von Kraft und Wärme wirksam. Gleich-
zeitig wird durch die rote Farbe der Blutkörperchen die Kraft der
Rotlichtstrahlung auf den menschlichen Körper verhindert, abge-
schirmt und abgestrahlt, daher erscheint Fleisch und Blut rot. Die .
rote Farbe zeigt uns an, daß Blau und Gelb intensiv eingesaugt und*
dadurch deren Strahl- und Schwingungskräfte ausgenutzt werden
sollen. Die an Blau und Gelb gebundenen Strahl- und Schwingungs-
kräfte im Lichte der Sonne aber kommen im Aufbau der Gehirn-
und Nervenmasse und der Muskeln und Knochen zur Wirksamkeit.
105
Um das zu verstehen, müssen wir uns die Haut des Menschen be-
trachten.
Die bleiche Hautfarbe der Europäer ist keine Naturfarbe, denn so-
bald das Bleichgesicht an die Sonne kommt, rötet sich die Haut, mit
anderen Worten, die Lebenskraft des Körpers schützt sich gegen die
Kraftwirkung der roten Farbstrahlung im Sonnenlicht durch das
Rotwerden der Haut. Je intensiver wir unseren Körper von der
Sonne bestrahlen lassen, desto intensiver rot wird auch die Farbe der
Haut bei dem Versuch, die starke Lichtwirkung der Sommersonne
abzudämpfen. Es entsteht die rötliche Bronzefarbe. Der Körper
schützt sich gegen zu intensives Sonnenlicht durch die ins Rötliche
gehende Dunkelfärbung der Haut. Die Naturfarbe des Europäers
müßte darum ein gewisser rotbrauner oder rötlicher Bronzeton sein,
wie wir ihn ja bei gesunden Landarbeitern und Sportlern und sol-
chen Leuten, die mehr oder weniger entkleidet zu arbeiten gewohnt
sind, vorfinden. Bleich wird die Haut nur da, wo sie durch die Klei-
dung vom Licht der Sonne nicht getroffen werden kann. Die für den
Menschen wirksamen Kräfte des Sonnenlichtes, die an Blau und Gelb
und all ihre Zwischenfarben gebunden sind, werden vom Körper
des Menschen begierig aufgenommen, Rot wird abgestrahlt im Ge-
gensatz zur grünen Pflanze.
Im Zusammenhang damit sei auf Folgendes aufmerksam gemacht.
Wenn wir im Sommer bei großer Hitze und intensiver Sonnenstrah-
lung in den Wald gehen, so empfinden wir den Aufenthalt dort wie
eine Erlösung. Dieses Gefühl entsteht nicht nur durch die Beschat-
tung, sondern die Wirkung ist eine Folge der Aufsaugung der Rot-
lichtstrahlung der Sonne durch die Blätterkrone der Bäume. Die
Rotlichtstrahlung kann im Wald in ihrer für den menschlichen Kör-
per erregenden und doch lähmenden Wirkung nicht mehr zum Zuge
kommen und die von den Blättern abgestrahlten blauen und gelben
Strahlkräfte werden sich um so wohltuender im Körper erweisen.
Diese Abschweifung war wichtig, denn nun kommt der springende
Punkt! Das Vitazym D findet sich in den für den Menschen im natür-
lichen Zustande gewachsenen und dargebotenen Nahrungsmitteln so
gut wie gar nicht. Aber bei der natürlichen Ernährung unter der
Voraussetzung, daß der Mensch schon von Jugend auf natürlich er-
nährt wurde, läßt die pflanzliche Nahrung im menschlichen Körper
gewisse Fettstoffe entstehen, die ganz besonders in der Haut zu fin-
den sind. Zwischen Lederhaut und Bindehaut wird dabei eine Fett-
schicht eingelagert. In dieser Fetteinlagerung, die sich sehr schnell
und dauernd erneuert, findet sich als Bestandteil derselben das, was
die Wissenschaft als Ergosterin bezeichnet. Wird nun dieses Ergo-
sterin, das sich auch in den Ölstoffen der Samenkerne findet, von
den blauen und violetten Strahlen der Sonne getroffen, dann tritt in
dem Ergosterin eine Wandlung ein: es verwandelt sich unter dem
106
Einfluß der Lichtwirkung nacheinander in Lumisterin , Tachysterin
und schließlich in Vitazym D.
Wir sehen aus dieser Erklärung, daß der Wirkstoff D ein Ergebnis
der Lichtwirkung auf gewisse Fettbestandteile der Haut ist, die sich
in fast allen pflanzlichen ölen und Fettstoffen vorgebildet finden als
das sogenannte Unverseifbare. Dieses Ergosterin verwan-
delt sich unter der Einwirkung des Sonnenlich-
tes auf die Haut in Vitazym D und wird dann im
menschlichen Körper beim Aufbau der Knochen,
der kalkhaltigen Zellkerne usw. wirksam. Die wirk-
samen Strahlen sind nun nicht, wie gezeigt, die roten Strahlen son-
dern die gelben, blauen und die violetten, also blau gemischt mit
gewissen Teilen der roten Farbstrahlung. Zur künstlichen Herstellung
dieser sogenannten ultravioletten Lichtstrahlen gilt gewöhnlich die
Quecksilber-Dampf-Lampe, die auch als künstliche Höhensonne be-
kannt ist.
Die Bestrahlung des Ergosterins in der menschlichen Haut durch
die Höhensonne kann nun aber eigentümlicherweise nicht dauernd
durchgeführt werden, denn eine Bestrahlung von mehr als 5 Minuten
Dauer würde einen Zerfall des sich bildenden Wirkstoffes D her-
vorrufen. Dieses würde zerfallen in Toxisterin, Suprasterin 1 und
Suprasterin 2. Diese Zerfallsprodukte des Wirkstoffes D haben aber
vergiftende Wirkung. Das ist wohl zu beachten; denn die Queck-
silber-Dampf-Lampe, d. h. die künstliche Höhensonne, kann die auf-
bauende und heilkräftige Wirkung der Sonnenstrahlkraft nie er-
setzen. Ein Zerfall des durch die Sonnenstrahlung erzeugten Wirk-
stoffes D aus dem Ergosterin im Hautfett in giftige Zerfallsprodukte
ist nur dann möglich und ruft Krankheitserscheinungen nur dann
hervor, wenn Kinder und Erwachsene sich mit nacktem Körper in
die brennenden Strahlen der heißen Sonne legen und dort nichts-
tuerisch sich stundenlang braten lassen. Es sind mehrfach dadurch
hervorgerufene schwere Gesundheitsstörungen beobachtet worden,
die eine sehr langwierige Behandlung erforderten, ehe sie wieder zur
Ausheilung kamen.
Da nun der menschliche Körper ohne Sonnenlicht kein arteigenes
Vitazym D und damit auch nicht den Wachstums Vermittler zum Auf-
bau der Knochen hervorbringen kann, so ist es notwendig, daß die
Haut des Menschen unbedingt der Sonne dargeboten wird, wenn wir
Wert darauf legen, gesund zu bleiben und gesunde Kinder heran-
wachsen zu sehen. Aber diese Sonnenbestrahlung darf nicht im Zu-
stand der Ruhe geschehen, sondern die Kinder und auch die Erwach-
senen müssen sich in der Sonne tummeln und bewegen oder in der
Sonne arbeiten, dann kann die Farbwirkung der Sonne aus den Fett-
bestandteilen unbegrenzte Mengen von Vitazym D erzeugen. Das
Vitazym D steht dem Menschen in unbegrenztem Maße kostenlos
durch die Lichtwirkung der Sonne zur Verfügung. Er braucht nur
107
seinen unbekleideten Körper, d. h. seine Haut, dem Licht der Sonne
aussetzen. Bekleiden wir den Körper, so verhindern wir die Wir-
kung des Sonnenlichtes auf die Haut und schließen sie gleichzeitig
von der gesunden Einwirkung der Luft ab.
In diesem Zusammenhänge ist es dann noch wichtig, darauf hin-
zuweisen, daß ein gesundes Menschengeschlecht aus den oben ange-
führten Gründen auf Farbwirkungen im Licht der Sonne als wesent-
licher Faktor zur Erhaltung der Gesundheit auf das Licht der Sonne
angewiesen ist, d. h. in anderen Worten, jede Beschäftigung in ge-
schlossenen Bauten ist unter dem Gesichtspunkt der Farbwirkung,
die zur Erreichung der höchsten Wirksamkeit der Vitazyme notwendig
ist, dem menschlichen Körper nicht zuträglich und vermindert seine
Leistungsfähigkeit und die seiner Organe. Die einzige, ihm zuträg-
liche Beschäftigung ist die im Freien, im Garten zur Erzeugung sei-
ner Nahrung. Hierbei sollte der Körper möglichst unbekleidet sein,
soweit die Witterung es zuläßt. Deshalb ist der „Gärtner-Beruf“ der
grundlegende und der einzige, der göttliche Begründung hat. Es
heißt deshalb in der Schöpfungsgeschichte der Bibel ausdrücklich:
„Und Gott pflanzte einen Garten und setzte den Menschen hinein,
ihn zu betreuen und zu bebauen.“ Durch diesen uns durch göttlichen
Ratschluß bestimmten Beruf erzeugen wir die Nahrung, die wir für
unseren Lebensunterhalt brauchen und die wir, individuell für uns
auswählend, so anbauen können, wie sie für uns am richtigsten und
wertvollsten ist.
Gleichzeitig wird dann durch die Verwertung der Abfallstoffe und
unserer eigenen Auswurfstoffe der Garten ganz individuell in idealer
Weise bestens gedüngt. Das ist der wirkliche und richtige Stoffwech-
selkreislauf, der für uns vorgesehen ist. Würde die menschliche
Familie als Grundzelle des Volkes und des Staats wesens als solche
wieder in den Garten hineingesetzt, aus dem sie sich selbst durch die
Abirrung von ihrer natürlichen Ernährung ausgestoßen hat, dann
würden unsere Kinder wieder in idealer Weise im Sonnenlicht nackt,
so wie sie Gott geschaffen hat, spielen und heranwachsen können, bei
gleichzeitiger richtiger Ernährung von den Erzeugnissen des eigenen
Gartens. Ich möchte das Geschlecht sehen, das unter solchen Verhält-
nissen heranwächst. Ich möchte die strahlenden Augen der Kinder
sehen, die nicht auf das Asphaltpflaster der großstädtischen Straßen
als Spiel- und Tummelplatz angewiesen sind, wo sie bei jeder ihrer
Bewegungen immer in Angst um ihr eigenes Leben den verschiedenen
Verkehrsgefahren ausgesetzt sind, die nicht in halbdunklen Zimmern
schlafen müssen und die nicht in den Hinterhöfen der Großstadt-
häuser zwar vor allen Zufälligkeiten der Straße geschützt sind, aber
ihr Leben lang die Sonne kaum sehen. Ich glaube, in den letzten
Jahrzehnten der Vorkriegsjahre haben wir alle die zersetzenden Ein-
wirkungen einer Entwicklung gesehen, die rasend schnell unser gan-
zes heranwachsendes Geschlecht hätte vernichten können, wenn nicht
108
der gesunde Sinn der Jugend in der sogenannten Wander- und
Jugendbewegung sich sein Recht auf Licht und Sonne verschafft
hätte. Es ist dabei zu bedenken, daß mit der Reichsgründung 1871
die Schaffung eines Schulsystems einherging, bei dem das heran-
wachsende Kind vom 6. bis zum 14. oder 15. Jahre, also in der
Hauptentwicklungszeit des Körpers, Tag für Tag mindestens 6 Stun-
den in den geschlossenen und sorgfältig vor den Strahlen der Sonne
geschützten Schulräumen eingesperrt war, um das Wissen der Er-
wachsenen in sich aufzunehmen, um sich auf sogenannte Intelligenz-
berufe oder auf höheres Studium vorzubereiten. Ist es da unter den
oben erläuterten Gesichtspunkten ein Wunder, wenn sich in den Kin-
dern kein rechter Saft und keine rechte Kraft entwickeln konnte, wenn
sie teilweise im Wachstum sehr zurückgeblieben sind, und wenn die
Gebärfähigkeit der Frauen und jungen Mütter durch Beckenver-
engung sehr stark herabgesetzt wurde? In unserer jetzigen Zeit
haben sich mit der Erkenntnis der aus der Vitazymforschung her-
vorgegangenen Tatsachen die Verhältnisse zu Gunsten des Wachs-
tums der Kinder sehr verändert, wenn auch die unglückselige indu-
strielle Entwicklung der Großstadt noch nicht vermieden werden
kann. Trotz alledem müßte es als ein dringendes Erfordernis zur Ge-
sundung des Volkes angesehen werden, wenigstens der Jugend soviel
Zeit zu geben, um sich lange im Licht der Sonne zu tummeln und
ihren Körper ausarbeiten zu lassen. Dann werden Rachitis oder eng-
lische Krankheit mit ihren Entartungserscheinungen, wie sie in der
Vorkriegszeit so oft angetroffen werden konnte, für alle Zeiten ver-
schwinden. Da wir aber im vorhergehenden sahen, was sich im Innern
der Knochenhöhlen, der Hirnschale und der Wirbelknochen, von allem
aber im Innern der Röhrenknochen abspielt, so begreifen wir die
Wichtigkeit des richtigen Ablaufs aller Knochenbildungsvorgänge in
ihrer vollen Tiefe. Mit dem eigentlichen Knochen- und Knorpelge-
füge zusammen entstehen und erneuern sich sowohl die Gehirn- und
Nervenmasse im Hirn als auch die roten und weißen Blutkörperchen
in den Röhrenknochen. Zeigen sich darum Mißbildungen am Kno-
chenwachstum, so müssen damit Hand in Hand auch Entartungs-
erscheinungen in der Bildung der Gehirn- und Nervenmasse und
dementsprechend auch in der Blutbildung auftreten.
Die Rachitis kann nun sowohl durch Mangel an Ergosterin, der
Vorstufe zum Wirkstoff D, als auch durch Mangel an Sonnenlicht zur
Umwandlung der Vorstufe in den brauchbaren Zustand des vollwer-
tigen Wirkstoffes entstehen. Da nun der Stadtmensch, der Arbeiter
der Fabriken und Werkstätten, der Beamte und Angestellte im Kon-
tor und im Geschäft, während der Hauptzeit der Sonnenwirksamkeit
im geschlossenen Raum vom direkten Licht der Sonne abgeschlossen,
ja, der Bergarbeiter gar unter Tage im Innern der Erdrinde ‘fern der
Sonne arbeitet, so kann sich nur selten die Kraft des Sonnenlichtes
in unseren Zeiten auf den Menschen auswirken. Er muß langsam
109
aber sicher im Laufe der Jahre verkümmern. Ja, auch die Hausfrau
und Mutter wird bei der Arbeit in ihrer Großstadtwohnung nicht
vom Verkümmern verschont bleiben. Nur die gesunde Arbeit im
Garten und auf dem Felde zur Erzeugung unserer eigenen Nahrung
gibt uns die Gewähr der gesunden Entwicklung und Erhaltung un-
serer Knochen, unseres Gehirns, unserer Nerven und unseres Blutes.
Eins hängt engstens mit dem anderen zusammen und jede Entartung
und Schädigung zeigt sich mehr oder weniger in allen unseren Or-
ganen, je nach Veranlagung und Erbanlagen zu stärkeren oder min-
deren Störungen und Krankheitserscheinungen die Veranlassung
gebend. Wie schwer und fast allumfassend sich die Mißemährung der
Menschen zusammen mit dem Fehlen des Sonnenlichtes zu Schäden
der Knochen- und Nervenbildung im Zusammenhang mit Störungen
in der Blutbildung ausgewachsen hat, erweist sich sehr offensichtlich
an den Gebißschäden, von denen kaum einer unter uns verschont ist.
Am Gebiß, am Zahnfleisch, an den Zähnen selbst und am Zahnnerv
offenbart sich zur gefälligen Ansicht aller, der wirkliche Zustand der
Haut, der Knochen, der Nerven- und der Blutbildung. Die Zähne
entsprechen doch nur zu einem Teil den Knochen, da der Schmelz aus
der Haut hervorwächst und die sogenannte Pulpa in engster Zusam-
menarbeit mit den Nerven- und Fleischteilen tätig ist. Alle drei
Grundlagen des Körpers spielen beim Aufbau der Zähne in besonde-
rem Maße mit hinein. Dementsprechend zeigen sich auch alle Schä-
den, die im Körper zur Auswirkung kommen können, am augen-
fälligsten und zuerst an den Zähnen. Bevor es überhaupt möglich ist,
tatsächliche rachitische Erscheinungen am Knochengerüst feststellen
zu können, zeigen sie sich schon in den Zähnen. Auch wenn skorbu-
tische Erscheinungen im Anzuge sind, also Mangel an Vitazym C
herrscht, so wird sich das am einfachsten zu erkennen geben durch
Empfindlichkeit des Zahnfleisches und Neigung zu Zahnfleischbluten.
Wenn das Muskel- und Nervensystem versagt, also wenn Mangel an
den Wirkstoff gruppen A oder B eintritt, dann wird auch der Zahn
kümmern und es werden sich Schäden an den Zähnen zeigen. Wenn
der Körper zu Entzündungszuständen verschiedenster Art neigt, kön-
nen wir sicher sein, daß sich Eiterherde an den Zähnen bilden. Nun
zu sagen, daß die Neigung des Körpers zu Geschwürbildungen von
den Eiterherden in den Zähnen herstammt, heißt doch, Folgeerschei-
nungen zur Ursache machen zu wollen. Ehe die Zahngeschwüre mit
ihren vergiftenden Wirkungen sich zeigen, muß Neigung zu Ge-
schwürbildungen schon im ganzen Körper vorhanden sein. Nur läßt
sich die Neigung zu solchen Eiter- und Geschwürbildungen im übri-
gen Körper nicht so leicht nachweisen. Sie ist aber an einem der
empfindlichsten Teile des Körpers, nämlich den Zahnwurzeln, am
schnellsten festzustellen. Auch Mangel an Wirkstoff D und Mangel an
Sonnenschein wird sich deshalb zuerst an den Zähnen bemerkbar
machen. Unrichtiges Wachstum der Zähne, zu weiche Ausbildung des
110
Zahnschmelzes, Neigung zu Karies als Verfall der kalkhaltigen Teile
der Zähne, werden als erste Anzeichen fast aller Mangelkrankheiten
gewertet werden müssen. Der Zustand der Gebißschäden eines Vol-
kes ist darum als ein Wertmesser für die Güte der Ernährung in Be-
zug auf ihre tatsächliche Bekömmlichkeit und ihre gesundheitlichen
Wirkungen zu betrachten.
Bedenken wir folgendes: In der Vorkriegszeit war eine rapide Ge-
bißverschlechterung mit starkem Auftreten von Gebißverfall und
Zahnkaries eingetreten. Dieser Zahnverfall nahm durch die offenbar
werdende Mißernährung des deutschen Volkes während des ersten
Weltkrieges beängstigende Formen an und ist bis heute noch nicht
zum Stillstand gekommen, sondern nimmt noch weiterhin in er-
schreckendem Maße zu. Daraus müssen wir zu der Überzeugung
kommen: Die Ernährung der vergangenen Jahrzehnte war vom wis-
senschaftlichen Standpunkt aus unter keinen Umständen als be-
kömmlich und gesund zu bezeichnen. Doch wir müssen in diesem Zu-
sammenhang bekennen, daß die Vorläuferin der Gemüse-Rohkost-
Bewegung, wie sie in diesen Zeilen immer wieder vorangestellt und
erläutert wird, nämlich die Früchte-Rohkost, keineswegs eine para-
diesische Kost ist. Auch sie kann und hat im Gegenteil schwere Män-
gel und Schäden im Gebiß hervorgerufen. Ich erinnere nur an
Namen wie Kurzrock, Jamasch, Densmore, Schlickeysen, die sämtlich
das Obst als Idealnahrung des Menschen bezeichneten und schwung-
volle, ja, von hohen Idealen getragene Broschüren und Aufsätze
verfaßten, die den Leser direkt begeistern konnten. Und doch sind
viele an den Schäden zugrunde gegangen, welche die reine Obstkost
wegen ihres Mangels an fettbildenden Grundlagen hervorrief. Die
Säure im Obst hebt nicht nur die Zuckerbildung auf oder verhindert
sie, sondern es kann sich auch unter ihrer Einwirkung nur wenig
Hautfett bilden. Und weil sich kein Fett bilden kann, fehlt auch das
Ergosterin in der Haut, das durch die Wirkung des Sonnenlichtes in
Vitazym D umgewandelt werden soll und zum Knochenwachstum
nun einmal unerläßlich ist. Das heißt nun nicht ohne weiteres, daß
die Obstnahrung allein für die Zahnschäden verantwortlich ist. Aber
wenn auch schon vor Beginn der Obstnahrung als Hauptnahrungs-
mittel Zahnschäden vorhanden gewesen sind, so hat doch die Obst-
nahrung die Schäden nicht beseitigen können. Ja, aus Erfahrungen
der Ernährungsreformer geht hervor, daß Bevorzugung von rohem
Obst in seinen verschiedenen Abarten ohne genügenden Einsatz von
Rohgemüse aller Art mit seinem großen Gehalt an den verschieden-
sten Wachst ums- Vitazy men Zahnverfall begünstigt. Dieser aber zeigt
gleichzeitig an, daß sich auch die Knochen bei reiner Obstnahrung
nicht voll entwickeln können, und deshalb müssen sich früher oder
später grundlegende Knochen- und Wachstumsschäden einstellen.
Ich habe Kinder gesehen, die von idealistisch gesinnten Eltern in den
Tropen nur von Früchten aller Art ernährt waren. Sie waren an sich
111
außerordentlich gesund und geistig aufgeschlossen, aber von zarter
kleiner Gestalt. Erst nachdem sie reichlich Gemüse und Wurzelge-
müse verzehrten, streckten sich die Knochen und sie wuchsen zu-
sehends. Bei der Einführung in diese Zusammenhänge wurde gezeigt,
daß als Voraussetzung zur Wirksamkeit des Wirkstoffes D alle übrigen
Vitazyme bereits wirksam sein müssen, und daß die Ernährung auch
die Stoffe enthalten muß, aus denen sich die Knochen bilden sollen,
also Phosphor und Kalk. Da nun durch das Kochen gerade der so
sehr empfindliche Kalk aus seinem organischen lebenskräftigen Auf-
bau in der Pflanze herausgerissen wird und als toter unorganischer
Kalk im Kochwasser zu finden ist, so würde es einem kranken Kinde
nichts nützen, wenn wir ihm reichlich Vitazym D in Form von Leber-
tran geben würden. Wir müssen dem Kinde gleichzeitig in Form von
gut gewachsenem, kalkreichem Wurzel- und Blattgemüse die Mög-
lichkeit geben, in der Nahrung die übrigen Voraussetzungen zum
Wachstum zu finden und den Gehalt an Kalk und Phosphor zu er-
halten, an dem sich der Wirkstoff auswirken kann. Da der Wirkstoff D
einProdukt der Lichtstrahlen ist und diese am einfachsten und in aus-
reichendem Maße im Licht der Sonne zu finden sind, ja, auch dann
im menschlichen Körper wirksam werden, wenn das Licht der
Sonne durch Wolken verdeckt ist, so brauchen wir den Kindern und
Erwachsenen nur reichliche Gemüsekost zu geben und sie dem Licht
der Sonne auszusetzen, um das Wachstum der Knochen und damit
auch der Zähne gesund zu gestalten. Kochen wir aber die Nahrung,
dann werden der in der Pflanze eingebaute Kalk und mit dem Kalk
auch die Phosphorbestandteile entwertet. Diese Entwertung durch
den Kochprozeß ist der Grund und die Hauptursache der Schäden,
die als Mangelkrankheit bezeichnet werden und die auch durch reich-
liche Zuführung von technisch her gestellten Vitazymen nicht be-
hoben werden können, sondern die nur durch richtig dargereichte
natürliche Nahrung ausheilen.
In den Kindheitstagen der Vitaminforschung wurde angenommen,
daß die Vitazyme äußerst hitzeempfindlich sind. Die weitere wissen-
schaftliche Forschung hat aber festgestellt, daß das keineswegs
immer der Fall ist. Der Wirkstoff A, der sich aus dem Carotin der
Möhren bildet, ist z. B. sehr hitzebeständig. Aber das Carotin, die
Vorstufe zu A, ist nicht hitzebeständig, weil durch das Kochen der
Möhre der ganze pflanzliche Aufbau zerstört wird, somit auch das
Carotin. Wir dürfen daher nicht erwarten, daß wir in der gekochten
Möhre oder Karotte den bekannten Farbstoff, das Carotin, in brauch-
barer Form finden werden, aus dem sich der Körper den Wirkstoff A
auf bauen kann. Das finden wir nur in der rohen Wurzel. Das Gleiche
gilt für die Blattgrünkörperchen und die sie begleitenden Carotin-
Farbstoffe. Es ist also wichtig, wenn wir den Vitazymgehalt der Nah-
rung beachten und den vorhandenen Vitazymen die Möglichkeit zur
Auswirkung verschaffen wollen, unsere Nahrung so zu genießen, wie
112
sie der Herrgott wachsen ließ, das heißt im rohen Zustande, nicht
verändert durch den Kochtopf und die Bratpfanne. Es muß immer
wieder erwähnt werden: Nur durch das Verzehren der grünen Blät-
ter und der Körner und Samenteilchen, an die die Fettstoffe und
die Proteine oder Eiweißstoffe gebunden sind, also der Nußkerne, der
eßbaren Samenkörner, der Obstkerne des Kernobstes und der Blatt-
grünkörperchen, können im menschlichen Körper diejenigen Fett-
stoffe erzeugt werden, die zur Bildung des Ergosterins in der Haut
dienen. Diese werden dann durch das Licht der Sonne in den Wirk-
stoff D verwandelt. Wir müssen uns alle diese Tatsache
vor Augen halten, um voll und ganz begreifen zu
können, warum die natürlich gewachsene, roh ge-
nossene Gemüse- und Obstkost aus dem eigenen
Garten eine grundlegende Voraussetzung zur
wirklichen Gesundung des Volkes ist und daß eine
solche Ernährung niemals durch andere gesund-
heitliche Maßnahmen ersetzt werden kann.
Das Wunder des Lebens
Aus dem tieferen Sinn des bisher Vernommenen wird der auf-
merksame Leser wohl schon herausgehört haben, von welch grund-
legender Bedeutung für die Erhaltung des Lebens das grüne Blatt
ist. Es wurden genug Andeutungen gemacht, aus denen hervorgeht,
daß im grünen Blatt praktisch alles das enthalten ist, was der
menschliche und der tierische Körper für die Erhaltung seines Le-
bens und zum Aufbau seiner Knochen, Muskeln, Gewebe, Organe,
Schleimhäute und Nervenmasse sowie für die Organe der inneren
Drüsentätigkeit benötigt. Ja, wir können, ohne uns einer Übertrei-
bung schuldig zu machen, behaupten, daß das grüne Blatt die Grund-
lage der Erhaltung alles Lebendigen an sich ist! Die grünen Meeres-
algen sowohl wie die niedrigstes Leben zeigenden Organismen sind
genau so darauf angewiesen. Auch ihre Lebenskraft beruht auf dem
Vorhandensein und der Wirksamkeit des Blattgrünfarbstoffes und
des grünen Blattes. Alle höheren Organismen, seien es Pflanze, Tier
oder Mensch, können ohne das grüne Blatt nicht leben. Beginnt das
Samenkorn zu keimen, so entwickelt sich nach dem Wurzelschuß zu-
erst ein grünes Keimblättchen. Nehmen wir dem gekeimten Korn
dieses Keimblättchen in seiner ersten feinen Ausbildung, so kann
das Pflänzchen nicht mehr weiterwachsen und geht ein. Das Leben
der Tierwelt beruht genau so auf der grünen Pflanze. Alle Tiere, In-
sekten, Fische und alle pflanzenfressenden Gattungen der Tierwelt
leben direkt oder indirekt von der Pflanze. Wenn die pflanzenfressen-
den Tiere sich nicht von Gras und grünen Blättern nähren würden,
dann würde auch das Raubtier sich nicht an dem Kadaver derselben
sättigen können. Auch ist es eine unrichtige Ansicht zu glauben, daß
der Eskimo in Grönland nur von Fisch, Fleisch, Speck und Tran lebt.
Die exakte Forschung hat im Gegenteil gezeigt, daß er größere Men-
8 Sommer, Ernährung
113
gen pflanzlicher Nahrung zu sich nimmt, vielleicht mehr, als der sich
landesüblich ernährende deutsche Bauer. Nicht nur, daß er sich wäh-
rend der Sommerzeit eifrig Moose und Flechten sammelt und für den
Winter auf speichert, sondern er fischt sich darüber hinaus auch
Algen, Tang und andere Meeresgewächse, die die warmen Wasser-
strömungen heranbringen. Wenn er ein Tier tötet, um sich daran zu
sättigen, so ist dessen Mageninhalt und das warme frische Blut mit
seinem reichlichen Mineralstoffgehalt für ihn die höchste Delikatesse,
ungefähr das, was für uns die ersten grünen Frühjahrsgemüse sind
oder sein sollten, aber er erreicht bei seiner Kost bestenfalls ein Alter
von 50 Jahren. Die meisten sterben viel früher. Diese Art der Ernäh-
rung ist deshalb nicht vorbildlich oder ideal.
Die Wichtigkeit des grünen Blattes für die Erhaltung des Lebens
ist von so überragender Bedeutung, daß es sich wohl verlohnt, etwas
Näheres darüber zu erfahren. Der Blattgrünfarbstoff hat die Auf-
gabe, aus der Luft alle die Gase und Stoffe herauszuholen, aus denen
die Pflanze ihre Säfte und ihren Körper aufbaut. Es ist das die Koh-
lensäure, die nur in ganz geringfügigen Spuren vorhanden ist, aber
wegen ihrer Schwere immer wieder zu Boden sinkt und dadurch der
Pflanze zur Verfügung steht. Die Kohlensäure schwebt in der Luft,
sinkt herab und dort, wo sie in den größeren Höhenlagen der Gebirge
nicht mehr zu finden ist, hört auch das Wachstum der Pflanze auf.
Die Wachstumsgrenze für Gräser und grüne Blätter wird nicht allein
von der Kälte gezogen, sondern ebenso durch die Abwesenheit der
Kohlensäure. In Grönland entwickelt sich selbst auf dem Eise und
auf Gletschern, wo sich nur etwas Sand und Erde abgelagert hat, ein
wenn auch noch so kümmerliches Pflanzenwachstum, bestehend aus
Moosen und Flechten, weil dort reichlich Kohlensäure vorhanden ist.
Der Blattgrünfarbstoff hat die Fähigkeit, die Farbwirkung des Son-
nenlichtes aufzuspalten. Er scheidet das blaue und gelbe Licht aus
den Farbwirkungen aus und bindet an das Blatt die rote Farbe mit
allen in der roten Farbe wirksam werdenden Kräften im Lichte der
Sonne. Rot wird vom Blatt nicht abgestrahlt, sondern gebunden. Blau
und Gelb wird zusammen abgestrahlt und in den Raum zurückge-
worfen, sie erscheinen dem Auge als grün. Auf besonderen, nur für
ultrarot empfindlichen photographischen Platten erscheint das grüne
Blatt weiß, also bar jeder roten Farbwirkung. Unter der Wirkung der
die rote Farbe zeugenden Kraftstrahlungen der Sonne entwickelt die
Lebenskraft der Pflanze die Fähigkeit, die Kohlensäure in ihre Grund-
stoffe, den Kohlenstoff und den Sauerstoff, zu zerlegen. Gleichzeitig
findet sich in der Atmosphäre noch reichlich Wasserdampf. Auch diese
Wasser dämpfe werden im Blatt gespalten in Wasserstoff und Sauer-
stoff. Dann steht dem grünen Blatt in überreichem Maße auch der
Stickstoff zur Verfügung, denn 4 /s der gesamten Atmosphäre ist reiner
Stickstoff. Damit haben wir die Grundelemente, aus denen das grüne
114
Blatt seine Lebenskraft aufbaut: Wasserdampf, Kohlensäure, Stick-
stoff und Sonnenlicht.
Nun verfolgen wir die Arbeit im grünen Blatt. Es ist eine chemi-
sche Werkstatt von so geheimnisvoller Betriebsamkeit, daß es auch
der exakten wissenschaftlichen Forschung mit allen ihren neuzeit-
lichen Untersuchungsmethoden noch nicht gelungen ist, das Geheim-
nis ganz zu lüften. Wohl können wir den Weg verfolgen, den der
Kohlenstoff in der Kohlensäure der Luft durch die Wirkung des Blatt-
grünkörperchens nimmt, um als Zucker, Zellstoff, Holz und in den
verschiedenen Wurzelsäuren, die zur Lösung und Niederschlagung der
erdigen Mineralstoffe dienen, Verwendung zu finden. Aber wie dieser
Vorgang tatsächlich vor sich geht, das ist auch heute noch ein wohl-
behütetes Geheimnis der Natur. Es ist genau so geheimnisvoll wie
der Ursprung des Lebens überhaupt, ln dem Augenblick aber , wo in
den Blattgrünfarbstoff die Fähigkeit gelegt wurde , die Kohlensäure
in Kohlenstoff und Sauerstoff zu spalten , nahm das sichtbare Leben
seinen Anfang und konnte sich auf dieser Grundlage weiter entwickeln.
Alle die oben auf gezählten Vorgänge sind schon mehrfach erwähnt.
Wir sehen, daß der Baum z. B. einen doppelten Säftestrom entwickelt.
Die in der Blattkrone entwickelte und zur Lösung der erdigen Grund-
stoffe bestimmte Wurzelsäure setzt sich zusammen aus Kohlenstoff,
Sauerstoff und Wasserstoff unter Zusatz von ein wenig Stickstoff. Es
würde zu weit führen, hier alle chemischen Formeln zu bringen und
sie ausführlich zu erläutern, das muß besonderen Studien überlassen
bleiben. Um nun diese in den Blättern gebildete Lösungssäure in die
Wurzel zu bringen, muß ein Saftstrom von der Krone zu der Wurzel
führen. Die Wurzel steht im Erdreich. Auf der Oberfläche der Erde
bildet sich in jedem Jahr durch das Wachstum und das Absterben der
Pflanzendecke eine immer kräftiger werdende Humusschicht. In dieser
Humusschicht zeigt sich ein üppig entwickeltes Leben ganz besonderer
Art. Es ist die sogenannte Kleinsttierlebewelt, die hier ihr Wesen
treibt. Diese lebt, wie alle anderen Tiere auch, vom grünen Blatt,
aber diesmal vom zerfallenden, verwesenden Blatt und von Wurzel-
resten. Die Aufgabe dieser Kleinsttierlebewelt ist es, aus den Blatt-
leichen und Wurzelresten die Zuckerstoffe zu spalten und sie wieder
in ihre Grundbestandteile aufzulösen. Dabei bildet sich Kohlensäure
und Sauerstoff, die wiederum vom grünen Blatt und vom Tier ver-
wendet werden. Bei dieser Spaltung werden gleichzeitig die im Blatt
gebundenen Mineralstoffe und erdigen Grundstoffe frei zur weiteren
Verwendung. Die mikroskopisch kleinen Wesen verzehren alle koh-
lenstoffhaltigen Teile verwesenden Pflanzenwuchses im Erdreich und
scheiden die Reste davon als Exkremente aus. In diesen Abfallstoffen
sind dann die einst im Blatt tätig gewesenen erdigen Grundstoffe
wiederum in so feiner Form erhalten geblieben, daß sie nun von den
Wurzeln der Bäume mit Leichtigkeit niedergeschlagen und zum Auf-
bau verwertet werden können. Doch sind die Mineralstoffe trotz ihrer
115
überaus feinstofflichen Lösung sowohl im Blatt wie auch im Magen
der Mikroorganismen so spröde, daß sie die Wurzel nicht aufsaugen
könnte, wenn sie nicht neutralisiert würden. Wir wissen, daß rein
mineralische Grundstoffe in ihrer Reindarstellung als Element auf
das Leben von ungünstigem Einfluß sind und wie Gift wirken. Erst
dadurch, daß die feinen Faserwürzelchen die oben erwähnte Lösungs-
säure ausstrahlen, die dann die durch die Kleinlebewesen freigesetz-
ten atomisch feinen Erdmineralien neutralisiert, wird es der Pflanze
bzw. dem Baum möglich, diese mineralischen und erdigen Grundstoffe
niederzuschlagen, zu sammeln und zu ihrem Aufbau zu verwenden.
Wir ersehen daraus, daß erst das grüne Blatt durch die Erzeugung
der Bindungssäuren für die Wurzel die Möglichkeit schafft, das Erd-
reich für die Zwecke der Nahrungsaufnahme sowohl des pflanzlichen
als auch des tierischen Körpers auszunutzen.
Wie wir in den vorhergehenden Abhandlungen sahen, schafft das
grüne Blatt die Lösungsmittel, die zum Einbau der erdigen Grund-
stoffe in den Pflanzenwuchs notwendig sind. Diese werden vom tieri-
schen und menschlichen Körper aufgenommen, in diesem durch die
Wirkung derVitazyme eingebaut und im Leben des Menschen wirksam.
Damit ist die Aufgabe des grünen Blattes immer noch nicht in ihrem
vollem Umfange erschöpft. Wir sahen, daß die Spaltung der Kohlen-
säure im grünen Blatt nur unter der Einwirkung des Sonnenlichtes
vor sich gehen kann. Welche Kräfte im Sonnenlicht dabei wirksam
werden, zeigt uns die grüne Farbe des Pflanzenwuchses und die schon
erläuterte Wirkung derselben. Die Stoff Wechsel Vorgänge der Pflanze
zeigen, wie wir jetzt sehen, aufbauenden Charakter, die der Tierwelt
jedoch erweisen sich als verwertend, d. h. abbauend. Was die Pflanze
auf baut, wird im menschlichen und tierischen Körper im Vorgang des
Stoffwechsels abgebaut und verwertet. Das heißt: alle tierischen Le-
bewesen — auch die Kleintierlebewelt im Ackerboden — atmen Koh-
lensäure aus, während das grüne Blatt die Kohlensäure aufnimmt
und nach Zerlegung derselben in Kohlenstoff und Sauerstoff den
ersteren zu ihrem Aufbau verwendet und den letzteren wieder an die
Luft abgibt, die seinerseits wieder von den Tieren eingeatmet wird.
Wenn wir uns das alles überlegen, so wird es uns klar, warum das
instinktmäßig handelnde Tier nicht anders kann, als den einzig mög-
lichen Weg in seiner Ernährung zu wählen, den es überhaupt nur
geben kann, nämlich grüne Blätter und Kräuter in genügender Menge
zu verzehren. Die Tierwelt nährt sich durchweg auf diese Art und
Weise und wird dabei gesund und stark. Sie entwickelt gewaltige
Knochenmassen, kräftige Muskeln und Gewebe und gesunde Organe.
Das auf die Weide getriebene Mastvieh frißt sich nicht nur groß und
stark, sondern es setzt auch ohne besondere Zufuhr fetthaltiger
Nahrung das erwünschte Fett an. Sein Organismus hat die Fähigkeit,
die Grundbestandteile, aus denen sich das Fett zusammensetzt,
nämlich Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, aus dem grünen
116
Gras und den Blättern zu entnehmen und im eigenen Körper in Fett
ujnzuwandeln. Aber während der Lebensvorgänge im Tierkörper und
durch dessen Stoffwechsel wird nur ein ganz kleiner Teil von dem
gestapelt oder in Muskelfleisch und Knochen verwandelt, was das
Tier gefressen hat. */io der gefressenen Futtermenge gehen in den
Stoffwechselvorgängen verloren, werden für diese gewissermaßen als
Betriebsstoff verbraucht. Nur V*o setzt sich in tatsächliche Körper-
masse um. Dabei müssen wir bedenken, daß außer der Nahrung das
Tier, wie jedes Lebewesen, eine ungeheure, fast nicht zu messende
Menge von Luft benötigt. Das Tier atmet ständig Stickstoff, Sauer-
stoff und alle die anderen Spurenstoffe in der Luft ein, verarbeitet
die brauchbaren davon und gibt die Reste aus den Stoffwechsel-
vorgängen wieder von sich. Es ist also in Wirklichkeit schwerlich
festzustellen, welche Mengen der Nahrungsbestandteile tatsächlich
in Kör permasse umgesetzt werden. Würde nun der Mensch ver-
suchen, sich in einen Gegensatz zur .gesamten Tierwelt zu stellen, und
entgegen den Naturgesetzen es unternehmen, sich ausschließlich vom
Fleisch der Tiere zu ernähren, so würde die große Menge der Nah-
rung, die, wie vorerwähnt, in den Stoffwechselvorgängen des Tieres
zugrunde geht und in der Körpermasse nicht erscheint, verloren sein.
Außerdem würde er nicht eine im Aufbau begriffene Nahrung zu
sich nehmen, sondern eine mit starken Verfallserscheinungen. Da er
zudem doch nur vom getöteten Tiere ißt, so gesellen sich zu den
Abbauprodukten des Stoffwechsels auch noch die Zerfalls- und Ver-
wesungsprodukte und die Leichengifte, die alle zusammengenommen
nie und nimmer als eine auf bauende gesunde Nahrung angesprochen
werden können. Tatsache ist ja, daß ein Mensch, der ausschließlich
Fleisch ist, schneller zugrunde geht als ein hungernder. Mit anderen
Worten: Vollständige Nahrungsentziehung bei genügender Wasser-
zufuhr wirkt nicht so verheerend und schnell tötend wie ausschließ-
liche Fleischnahrung. So wie die Fähigkeit des grünen Blattes, die in
der Atmosphäre vorhandene Kohlensäure in Kohlenstoff und Sauer-
stoff zu spalten, den Kohlenstoff zu seiner eigenen Erhaltung zu be-
nutzen und den Sauerstoff auszuatmen, die Entstehung des Lebens
an sich bedeutet, so sind im weiteren Verfolg der Erhaltung des
Lebens das grüne Blatt sowie alle grünen Pflanzenteile die Grund-
lage der Erhaltung des tierischen Lebens einschließlich der Erhaltung
des menschlichen. Wollen wir uns gesund und lebenskräftig erhalten
und aller der Stoffe teilhaftig werden, die die Natur im Blatt auf-
baut und zum Leben der Tiere vorbereitet, dann müssen wir er-
kennen lernen, daß auch für den Menschen das grüne Blatt in Form
von grünen Gemüsen aller Art in dem Zustand, wie diese gewachsen
sind, die Grundlage seiner Ernährung sein und bleiben muß.
Die Natur gründete das Leben auf die Wirksamkeit des grünen
Blattes. Aus dem grünen Blatt baut sich die Pflanze auf. Durch das
Verzehren der Pflanze lebt die Tierwelt einschließlich des Menschen.
117
Aber um die Erhaltung der Art zu ermöglichen, entwickelt das grüne
Blatt schon in den einfachsten Lebensformen, in der Gestalt von Al-
gen und Moosen, das Samenkorn, die Keimanlage. Die gereifte Keim-
anlage, der gereifte Samen, bewahrt in sich die Art der Pflanze. Ihre
Gestaltungskraft ist gewissermaßen im Keim kristallisiert, um bei
der Neubildung die artgerechte Form aufs Neue erstehen zu lassen.
In der Keimanlage zeigt sich das zweite Wunder des Lebens: Denn
um diese Keimanlage, dieses Samenkorn zu entwickeln, mußte in der
Pflanze etwas vor sich gehen, woran sich die Doppelkraft des Lebens
auswirkt: Ein männliches und ein weibliches Prinzip mußten den
Weg zu einander finden, um den Samen entstehen zu lassen, aus dem
das neue Leben hervorgehen soll.
In der Blüte der Pflanze wurden die Kräfte des Weltalls wirksam.
Durch die Einwirkung des Lichtes ist die Pflanze selbst die Grund-
lage, aus der sich das Samenkorn entwickeln soll, ist sie die Masse
des Geformten, aus dessen Schoß das Neue her Vorkommen soll. Es
ist das ruhende, weibliche Prinzip der Erde, der Muttergrund des
Lebens. Die Blüte trägt im Zentralteil den festen Stempel, über dem
sich die Staubgefäße aufrichten. Die Blüte ist umgeben von den far-
bigen oder weißen Blütenblättern, die so gestellt sind, daß das ein-
fallende Sonnenlicht in dem Büschel der Staubgefäße gesammelt
wird. Die weißen oder bunten Blütenblätter haben keine oder nur
wenig Farbkräfte, sondern strahlen alles wieder ab an die Staub-
gefäße. Unter der Einwirkung des Lichtes kommen diese zur Reife
und verdichten die strahlenden Kräfte des Sonnenlichtes oder des
Weltalls in die Form des Blütenstaubes, der nun mit Hilfe des Windes
oder der Insekten auf die Grundlage der Erhaltung des Lebens, näm-
lich den Stempel übertragen wird. Im Augenblick der Berührung
desselben entwickeln sich in ihm die Chromosomen, zu deutsch: Farb-
fädchen. Diese fügen sich zu Paaren aus den gegensätzlich aufein-
ander wirkenden Kräften, und diese erhalten nun die weitere Fähig-
keit, aus dem Stickstoff der Luft zusammen mit den Mineralstoffen
des Erdreichs das Protoplasma zu schaffen, das zur Entwicklung der
Keimanlage notwendig ist.
In den Chromosomen oder Farbfädchen liegt die Kraft der Fort-
pflanzung und der Festhaltung der artgemäßen Eigenschaften der
Pflanze und in der gleichen Weise auch späterhin im Tier. In der
strahlenden Wirkung des Sonnenlichtes bei der Entstehung der Chro-
mosomen im Augenblick der Berührung des Staubes mit dem Stempel
kristallisiert sich die Form der Art und wird dadurch erhalten. Ehe
in den Samenfäden und dem Samenkorn die Eigenschaften der Art
festgehalten wurden, entwickelten sie sich bereits durch die wirksame
Kraft der Farbe in den Farbfädchen.
Mit der Hervorbringung des ersten grünen Blattes und der in die-
sem liegenden Kraft des Blattgrünfarbstoffes, die seiner Zeit in rei-
chen Mengen in der Luft vorhanden gewesene Kohlensäure zu zer-
118
legen und unter Freilassung des Sauerstoffs den Kohlenstoff zum
Aufbau der pflanzlichen Zucker- und Zellstoffe zu verwenden, nahm
das Leben seinen Anfang. Hier sehen wir, daß die Erhaltung des
Lebens von der durch Farben und Licht in allem Lebendigen wirksam
werdenden Kristallisationskraft der Keimanlage abhängig ist. Die
Auswirkung der Kristallisationskraft, die allen Metallen und deren
Verbindungen mit Nichtmetallen, d. h. deren Veraschung in der Erd-
rinde eigen ist, gab der Erde ihre wechselvolle Form und schuf die
Ungleichheiten auf der Erdhaut. Diese Kristallisationswirkung schuf
die Gesteinsmassen und Erden. Deren ungleichmäßige Anhäufungen
zwangen das Wasser, sich zu sammeln und Meere zu bilden, aus denen
durch die Kraft der Kristallbildung die Gesteins- und Felsbildungen
als hochragende Teile als Land auftauchten. Diese Landflächen ga-
ben die Möglichkeit, das grüne Blatt hervorzubringen, während gleich-
zeitig im Wasser die Algen und Seetange mit den gleichen Spalt-
kräften des grünen Farbstoffes ausgestattet wurden. Die Vorbedin-
gung der Lebensentstehung ist, wie wir daraus ersehen, die Kristalli-
sationskraft der festen Erdrinde, nachdem die sie bildenden Stoffe
miteinander Verbindungen eingingen, zu deren Bildung gewaltige
Kräfte gebunden wurden. Das Leben macht sich diese gebundenen
Kräfte zunutze durch deren Lösung in der Pflanze. Damit aber offen-
bart sich in der Kristallisationskraft der Erden und Gesteine die
gleiche Kraft, durch die auch das Leben erstand. Die Kristallisations-
kraft ist die erste Lebensäußerung in der Schöpfung, die seither zur
Erhaltung des Lebens in der Keimanlage alles Lebendigen wirksam
wird. Die Kristallisationskraft ist aber auch wirksam in der Form-
gebung alles Lebendigen. Die Bestandteile des Bodens bedingen die
Art und Form der Pflanzen. Verändern wir den Boden, so wechselt
die Art des Pflanzenwuchses oder die seither bestehenden Formen
verkümmern. Wir können deshalb Marschpflanzen nicht auf die Heide
bringen und umgekehrt. Die wesentlichen Bestandteile des Tierkör-
pers bestimmen aber auch wegen deren Kristallisationsgesetze die
Körper formen. Weil die Muskeln den Zusammenhalt des Körpers er-
möglichen, deren wesentlicher Bestandteil aber das Kalium ist, so
erhielten die Tiere vier Beine; denn das Kalium und seine Verbin-
dungen kristallisieren in vierkantigen Rechtecken. Die Form des auf-
recht stehenden Tieres aber umschließt mit seinen vier Beinen und
dem waagerecht liegenden Körper die Form des vierkantigen Recht-
eckes. Insekten, die kein Kalium in sich tragen, sondern zur Haupt-
sache Ammoniumphosphatverbindungen sind, haben entsprechend
dessen Kristallisationsform sechs Beine und zeichnen mit ihren Bei-
nen das Sechseck auf den Boden. Bauen sich Insekten aber Nester
für ihre Brut, so zeigen diese die Form des Sechsecks. Die Kristalli-
sationskraft der Erde ist damit nicht nur die Vorbedingung der Ent-
stehung des Lebens, sondern auch das Mittel der Formgebung und
119
deren Erhaltung durch ihre Wirksamkeit in der Bildung der Keim-
anlagen durch die Lichtkräfte, die an Farben gebunden sind.
Die Tätigkeit des Blattes wurde an den Blattgrünfarbstoff gebun-
den, durch den das rote Licht wirksam wird. In der Blüte der Pflanze
sind alle anderen Lichtkräfte wirksam. Deshalb sind die Blüten bunt
gefärbt und zeigen mit Vorliebe rot, rot getönt oder weiß, da bei der
Entwicklung des Samens die blauen und gelben Lichtstrahlen genau
so wirksam werden müssen wie im menschlichen Körper. Zur Ent-
wicklung des Samens benötigt die Pflanze die Fettstoffe und Proteine
neben dem Zucker und der Stärke. In der Keimanlage des Samen-
korns finden wir darum ganz andere Stoffe und Kräfte als im übri-
gen Körper der Pflanze: ätherische öle, Fette, Proteine und als Stärke
gebundene Zuckerstoffe neben den so notwendigen Mineralstoffen,
welche zur Entwicklung des ersten Pflanzenwuchses und der ersten
Wurzelanlage benötigt werden. Viele Pflanzen entwickeln nun die
Eigenart, das eigentliche Samenkorn oder die Ansammlungen der-
selben mit einer besonderen, mehr oder weniger festen oder auch
saftigen Hülle zu umgeben oder sie in eine dicke Schicht pflanzlichen
Fleisches zu betten. Es entstehen so die besonders für die menschliche
Ernährung so wichtigen Früchte der Bäume, Sträucher und Kräuter.
Während nun von der Tierwelt im allgemeinen das Gras und das
grüne Blatt als Nahrung bevorzugt wird, sind die besonders ausge-
bildeten Früchte eine für den Menschen bestimmte zusätzliche Nah-
rung. Sie enthalten in der Samen- und Keimanlage alle die für die
Entwicklung des Gehirns und der Nerven so notwendigen öl- und
Fettstoffe, alle Proteine, Lezithine und Lipoide, deren das Tier in)
allgemeinen nicht so dringend bedarf oder die es z. T. ganz entbehren
kann. Das grüne Blatt dient Tier und Mensch zur Entwicklung der
Muskeln, der Knochen und der Haut mit allen darin eingelagerten
Organen. Der besondere Gehalt der Früchte der Bäume, Sträucher
und Kräuter, besonders der Gehalt des Schalenobstes, der Nüsse und
nußähnlichen Samenkerne aber regen in besonderem Maße die Ge-
hirntätigkeit und die Entwicklung der Nerven und der Nervenkraft
an. Das ist der Grund, warum in der im ersten Kapitel der Bibel
überlieferten Entstehungsgeschichte des Lebens als Nahrung für den
Menschen die grünen Kräuter und die krautigen Wurzelgemüse emp-
fohlen werden, die einen harten, verholzenden Samenstengel ent-
wickeln, und dann erst gewissermaßen als besondere Zusatznahrung
die Früchte der Bäume, Sträucher und Kräuter erwähnt werden.
Alles tierische Leben aber ist auf alles Zartgrüne als Nahrung ver-
wiesen. Weitere Erläuterungen im 3. Abschnitt: Das Urgesetz der
Ernährung.
Der Wirkstoff E
Wir sahen, daß die Keimanlage das zweite Wunder des Lebens ist,
das durch die Kristallisationskraft der Farbwirkungen in den Farb-
fädchen der Samenanlagen, in den Chromosomen, entsteht. Deshalb
120
ist es wohl nicht schwer zu begreifen, daß in diesem auch eine Gruppe
äußerst wichtiger Wirkstoffe enthalten ist, deren Fehlen im mensch-
lichen Körper ganz besonders eigenartige und schwere Ausfallerschei-
nungen zeitigt. In der Keimanlage aller Pflanzensamen finden wir
neben den im vorhergehenden Abschnitt erwähnten Bestandteilen
das Fruchtbarkeitsvitazym, das mit dem Buchstaben E bezeichnet
wird. Dieser Fruchtbarkeitsstoff ist wie alle anderen Vitazyme auch
eine Bildung aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff in einer so
komplizierten Zusammensetzung, daß es nur den Wissenschaftler in-
teressiert, die Einzelheiten darüber zu wissen. Ein Mangel an Frucht-
barkeitsstoff E in der Nahrung zeigt sich vor allen Dingen in einer
mangelhaft entwickelten Keimanlage und in organischen Störungen
der Frau, während ein Mangel daran sich in den Organen des Mannes
nicht so spürbar auswirkt. Es ist mit anderen Worten ein Wirkstoff,
der zur gesunden und kraftvollen Entwicklung der weiblichen Organe
nicht entbehrt werden kann. Sein Fehlen ist oft die Ursache von
Fehlgeburten, von Absterben der Frucht im Mutterleib, von schweren
Geburten und in ganz schlimmen Fällen von Unfruchtbarkeit. Auch
Störungen im normalen Wachstum der Gebärmutter und ihrer Hilfs-
organe sind bedingt durch das Fehlen dieses Wirkstoffes. Derartige
krankhafte Erscheinungen in den Organen der Frau können durch
entsprechende Umstellung in der Nahrung behoben werden und, wie
die Erfahrung gezeigt hat, führt diese dazu, daß Ehegatten, die jahre-
lang kinderlos waren, doch noch Nachkommen zeugen konnten. Das
Vitazym E heilt Unfruchtbarkeit.
Wie erwähnt, findet es sich in der Natur zur Hauptsache in den
Keimen und Samenanlagen aller Pflanzen. Für die Ernährung des
Menschen kommt es hauptsächlich zur Wirksamkeit durch das Ver-
zehren der vollausgereiften Nüsse, der Mandeln, der verschiedenen
Ölsaaten, wie Leinsaat und frischer Mohnsaat und anderer eßbarer
Samen. Auch die Samenkörner der Äpfel und Birnen sind reich daran,
während die Samenkörner des Steinobstes diesem Zweck nicht in der
gleichen einfachen Weise dienen können, da die harte Schale, in der
sie sich befinden, die Sicherung des menschlichen und tierischen Le-
bens gegen Säurewirkungen darstellt (Blausäure), die sich als Gift
im menschlichen Körper auswirken können. Es ist daher angebracht,
beim Verzehren von Früchten aller Art, auch des weichen Beeren-
obstes und der Kräuterfrüchte wie Gurken, Tomaten, Melonen, Kür-
bis und andere, die Kerne möglichst mit zu zerbeißen und zu ver-
speisen. Beim Verzehren der Kräuterfrüchte wie Gurken, Kürbis, Me-
lonen u. a. offenbart sich gleichzeitig eine andere Wirkung der Samen
derselben, nämlich die Fähigkeit, im Darmkanal bereits bestehende
Verwurmungen zu vertreiben bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen.
Eine ebenso wichtige Quelle der Fruchtbarkeitsstoffe findet sich in
der Keimanlage des Getreidekoms und würde uns darin in reicher
Menge zur Verfügung stehen, wenn die Menschen das Getreidekorn
121
so essen würden, wie es gewachsen ist. Leider hat sich die zivilisierte
Menschheit angewöhnt, mit Hilfe von sehr komplizierten technischen
Apparaten und Maschinen vor der Vermahlung des Brotkomes zu
Mehl die Keimanlage abzuschlagen und zu entfernen, um so das
schnelle Bitter- und Ranzigwerden des Mehles zu verhindern. Beim
fein ausgemahlenen Getreidemehl ist mit der Kleie gleichzeitig die
Keimanlage entfernt. Damit fehlt einer der wichtigsten Stoffe, der
zur Erhaltung der Fruchtbarkeit des Menschen so dringend notwendig
ist besonders in der Vergangenheit, deshalb, weil vielleicht schon seit
Jahrhunderten das Verzehren von Obst und der darin enthaltenen
Saipenkörner nur als Leckerei angesehen wurde, die man nicht zur
eigentlichen Ernährung rechnete. Durch die hohe Backhitze beim
Brotbacken werden nicht nur krankmachende Veränderungen in der
Stärke des Zellkernes hervorgerufen, sondern es werden auch die
Wirkstoffe und Vitazyme zerstört und die Eiweißstoffe durch Über-
hitzung unwirksam gemacht.
Wohin diese Art der Brotzubereitung durch Ausmahlen und Ver-
backen entwerteten Feinmehles führt, zeigt uns das französische Volk.
Selbst unter der Voraussetzung, daß alles das, was dem Ein- und
Zweikindersystem charakterlich zugrundeliegen soll, richtig gesehen
ist, dürfen wir nicht vergessen, daß der Franzose schon sehr früh
angefangen hat, Feinmehl herzustellen und sich schon seit langer
Zeit von feinem Weißbrot und Weißmehlerzeugnissen ernährt, welche
bar jedes Fruchtbarkeitsstoffes sind. Die verfeinerte französische
Küche zeigt bei ihren Zubereitungsmethoden einen auffallenden
Mangel an Fruchtbarkeitsstoffen. In diesem Mangel aber liegt der
Grund der verminderten Fruchtbarkeit des französischen Volkes
in der Vergangenheit. Während der Kolonialzeit abgesprengte fran-
zösische Volksteile haben sich unter anderen Lebensbedingungen
und bei altbackenen Ernährungssitten in vorbildlicher Weise ver-
mehrt. Ich denke da an die französischen Kanadier und jene in den
Südstaaten am Mississippi lebenden Franzosen, deren Fruchtbarkeit
sprichwörtlich geworden ist.
Will man sich die Fruchtbarkeits vitazyme im Getreidekorn nutzbar
machen, so kann das nur durch Vermahlen des ganzen Kornes zu Schrot
geschehen, das dann als Zuspeise zu Früchten und grünem Gemüse in
Notzeiten roh gegessen werden muß. Eine andere schmackhafte und
gesunde Art des Verzehrens von Getreide ist das Verzehren des leicht
vorgekeimten Kornes. Durch die Vorkeimung verwandelt sich die
Stärke schon in Malzzucker und die öl- und Fettstoffe mitsamt den
Proteinen werden gelöst und wirklich aufgeschlossen, ohne die Wirk-
samkeit des Fruchtbarkeitsstoffes aufzuheben. Dieser Weg ist von der
Lebensreform in Frankreich begangen worden. Zum Verzehren des
Getreides als Schrot sind Buchweizen und Hafer besonders geeignet
aus dem einfachen Grunde, weil bei diesen Getreidearten die An-
sammlung der Stärke nicht so intensiv und stark ist, wie im eigent-
122
liehen Brotkom, dem Roggen, Weizen oder Mais. Man sollte den
Buchweizen und den Hafer mit den Schalen und Spelzen einschroten
und nur die groben Teile aussieben. Auch das ist wichtig und wohl
zu beachten.
Da das Fruchtbarkeitsvitazym in der Keimanlage der Samen am
wirkungsvollsten ausgebildet ist, so finden wir dementsprechend die
verhältnismäßig größte und wirkungsvollste Masse desselben in der
Anhäufung von Samenkörnern, wie sie z. B. in der feinen, winzig
kleinen Mohnsaat vorhanden ist. Die Mohnsaat ist so winzig, daß
schon ein wenig davon im Verhältnis zu anderen Samen unverhältnis-
mäßig viel Fruchtbarkeitsvitazym enthalten wird. Wir können uns
daher diese Fruchtbarkeitsstoffe nutzbar machen, wenn wir unserer
Nahrung täglich eine kleine Menge frisch gequetschter Mohnsaat hin-
zufügen. Mohnsaat muß gequetscht werden, weil sie so fein ist, daß
auch bei gesunden Zahnverhältnissen im Munde ein wirkliches und
vollständiges Zerkauen der Mohnkörner nicht möglich ist. In ähnli-
cher Weise ist auch die Leinsaat sehr vorteilhaft zu verwenden; denn
auch das Korn der Leinsamenpflanze ist so fein, daß schon eine ge-
ringe Menge an Körnern sehr viel Fruchtbarkeitsstoffe enthält.
Schon aus diesem Grunde wäre es angebracht, in den täglichen Speise-
plan etwas Mohn oder Leinsaat einzufügen.
In nicht ausgeprägter, aber immerhin noch genügender Menge findet
sich das Fruchtbarkeitsvitazym auch im grünen Blatt, es ist aber nicht
im Fruchtfleisch des Obstes und der Beerenfrüchte, wohl aber in ver-
schiedenen Wurzelknollen zu finden.
Schlußbetrachtung
Die übrigen noch bekanntgewordenen Vitazyme wie die als H und
K bekannten, sind noch nicht so sicher erforscht, um darüber be-
stimmte Angaben machen zu können. Es scheint vielmehr so zu sein,
daß sich diese als andersgeartete oder zusätzliche Formen der Vita-
zymgruppen C und B entpuppen werden. Es gilt für diese daher das
dort Gesagte.
Zum Schluß dieser Betrachtungen über die Vitazyme und ihre
Wirkungen wollen wir uns nochmals vergegenwärtigen, daß die
lebenswichtige Wirkung erst dann eintreten kann, wenn die Nahrung
als Ganzes verzehrt wird. Sobald wir z. B. aus den Hagebutten-
schalen oder aus der Zitrone die Ascorbinsäure, d. h. das tatsächlich
wirksame Vitazym C aus der Ganzheit des Nahrungsmittels heraus-
trennen und es gesondert darzustellen versuchen, um es in dieser
Form zu verabreichen, wird die Wirkung längst nicht so tiefgreifend
sein wie in der Ganzheit der Frucht. Es fehlen bei der Reindarstel-
lung der Vitazyme und Verabreichung derselben in der reinen Form
alle die heilsamen und wichtigen Nahrungsstoffe, insbesondere die
123
mineralischen Grundstoffe des Bodens, die Duft- und Würzstoffe der
Pflanze und die Fermente, durch die die Pflanzenfaser sich z. B. in
den Darmsäften löst. Vor allen Dingen aber fehlen von den im
grünen Blatt zu findenden Schutzstoffen die Blattgrünkörperchen,
die ätherischen öle, die Fette, überhaupt alles das, was das natür-
liche Nahrungsmittel erst wertvoll macht.
Wir müssen uns einmal vor stellen, wie denn eigentlich ein be-
sonderes Vitazym im Körper des Menschen wirksam werden soll,
der sich in landesüblicher Weise in der Hauptsache von Fleisch oder
gekochten, vom Tier stammenden Genußmitteln, ferner von weißem
Brot, gekochten Kartoffeln und gekochten Gemüsen ernährt. Wo
sollen bei einem solchen Nahrungsgemisch die Vitazyme anfangen zu
wirken? Sie haben ja nichts, um sich auswirken zu können. Ohne die
gewachsenen, durch Feuerhitze nicht zerstörten Mineralstoffe des
Bodens können sich die Enzyme, die Fermente, die Vitazyme, die
Wirkstoffe und die lebenswichtigen Stoffe in der Nahrung doch gar
nicht betätigen. Wenn wir bei chemischen Vorgängen bestimmte Er-
scheinungen hervorrufen wollen, zu denen Enzyme, Katalysatoren
und dergleichen notwendig sind, dann müssen doch erst die Stoffe
vorhanden sein, in denen sich die Enzyme und Katalysatoren wirk-
sam erweisen sollen. Fehlen sie, dann nützen auch die bestentwickel-
ten Enzyme nichts.
Genau so ist es mit den Vitazymen in der Nahrung. Aus der
grünen Blattnahrung, aus der Keimanlage der Samenkörner, aus
dem Frucht- oder Wurzelfleisch herausgetrennt und als Beigabe zu
der landesüblichen, vom Tier stammenden Kost gegeben, fehlt doch
die selbstverständliche und natürliche Voraussetzung, durch die die
Kräfte in der Nahrung durch die Vitazyme in Bewegung gesetzt
werden sollen. Es muß deshalb immer wieder betont werden: Die
Lebenskräfte im Pflanzenwuchs können nur dann zur vollen Aus-
wirkung kommen, wenn das Nahrungsmittel, in dem diese enthalten
sind, ohne Anwendung der Feuershitze im gewachsenen lebendigen
Zustand gegessen wird.
Wenn sich nun, wie die Wissenschaftler ausfindig machten, ein Teil
der Vitazyme, die im grünen Blatt, in den Wurzeln oder in der
Keimanlage der Samenkerne vorhanden sind, in gehäufter Menge in
verschiedenen Organen der Tiere finden wie z. B. die Wirkstoffe D
und A in der Leber, dann ist das doch kein Zeichen dafür, daß wir
die Organe der Tiere essen müssen, um der Wirkstoffe teilhaftig zu
werden. Es ist doch nur ein Beweis dafür, daß der Körper und die
Organe der Tiere und der Menschen die Fähigkeit haben, die Wirk-
stoffe in den entsprechenden inneren drüsigen Organen zu speichern
und als Reserve für den Notfall aufzuheben.
Wenn z. B. die Leber der Tiere große Mengen der verschiedensten
Vitazyme gespeichert enthält, so ist damit doch nicht gesagt, daß
man nun diese Leber oder Auszüge daraus essen soll, um der Kraft
124
der Vitazyme teilhaftig zu werden. Der erkrankte Mensch müßte
dann doch erst die Leber verdauen, ehe er der Wirkstoffe teilhaftig
werden könnte. Um zur Leber des Tieres zu gelangen, muß dieses
erst getötet werden. Rohe, schnell in Verwesung übergehende Organe
kann der Mensch aber nicht essen, das widerstrebt seinem natür-
lichen Empfinden. Beim Versuch könnte er einfach nicht dagegen an.
Deshalb versucht man, auf industriellem Wege die Wirkstoffe als
Präparate herauszudestillieren und reicht sie, wie z. B. den Leber-
tran als Träger von Vitamin D und A den Kindern und den an
Mangelerscheinungen krankenden Erwachsenen. Wie schon gesagt,
helfen solche Präparate nur wenig. Sie finden im Körper des Kran-
ken oder des Kindes nicht die notwendigen Voraussetzungen, um
wirksam werden zu können.
Ein besonders interessanter Versuch in dieser Art hat erwiesen,
daß die Versuchstiere bei Zufütterung von Ascorbinsäure als Träger
des Vitamin C wohl von den eigentlichen Krankheitserscheinungen
des Skorbuts verschont blieben, daß sich aber Lungenveränderungen
zeigten, die der Anlaß zu schweren Gesundheitsstörungen wurden.
Erst die Verfütterung von Zitrone oder Zitronensaft hob diesen Zu-
stand verhältnismäßig schnell wieder auf. Man ist daher zu der
Überzeugung gekommen, daß es noch ein Extra- Vitamin neben
der Ascorbinsäure im Saft der Zitrone geben muß, durch das
diese Lungenerkrankungen verhindert bzw. geheilt werden können.
Diesem vermuteten Vitamin hat man den Buchstaben J gegeben.
Ascorbinsäure in Verbindung mit diesem Stoff J wird als Ganzheit
in der Nahrung in der Zitrone, der schwarzen Johannisbeere, den
Vogelbeeren und den Heidelbeeren gefunden. Diese Beerenfrüchte
sind daher ganz besonders wertvoll bei der Überwindung von
Lungenleiden aller Art: denn ihre wirkenden Kräfte verhindern
schwächliche Entwicklung der Lungenschleimhäute in Ergänzung zur
Kräftigung der äußeren Haut und heilen dadurch auch schon ein sich
in den ersten Anzeichen bemerkbar machendes Lungenleiden.
Bei Vitazym C und dem in engster Verbindung mit ihm vor-
handenen J zeigt sich, daß beide nur dann zur Wirkung in Bezug
auf die Lungen kommen können, wenn das betreffende Nahrungs-
mittel als Ganzes und in unveränderter, natürlicher Form gereicht
wird. Bei den übrigen Wirkstoffen ist der exakte Nachweis, daß die
Wirkung nur dann tatsächlich und wirklich eintreten kann, wenn
die natürlichen Voraussetzungen in der Nahrung gegeben sind,
leider noch nicht erbracht. Es scheint den Wissenschaftlern wichtiger
zu sein, auf Flaschen gezogene oder in Tablettform gebrachte Präpa-
rate zu erfinden, als der Menschheit zu raten, sich die Schutzstoffe
in der pflanzlichen Nahrung dadurch nutzbar zu machen, daß sie
diese so ißt, wie die Natur sie uns bietet.
125
IV.
Die körpereigenen Wirkstoffe:
Die Hormone
Nachdem wir im Vorhergehenden die Wirkstoffe und Vitazyme
der Pflanzen in ihrer Wirkung zur Erhaltung des menschlichen
Körpers durchforscht haben, ist es wichtig zu wissen: Auch
der menschliche und tierische Körper erzeugt ähnliche Wirkstoffe,
Enzyme oder Katalysatoren in sich selbst. Diese in den Drüsen-
organen erzeugten Wirkstoffe, Hormone genannt, ergänzen gewisser-
maßen die Kraft der pflanzlichen Wirkstoffe, die in der Nahrung
enthalten sind. Sie dienen wie diese zum Einbau der mineralischen
Grundstoffe sowohl als auch der Bildung der körpereigenen Zucker-
stoffe und der Bildung der Proteine oder eiweißhaltigen Quellstoffe.
Es wäre im Interesse des Lesers eine dankbare Aufgabe, diese
ganz große Gruppe der inneren Wirkstoffe eingehend darzustellen.
Aber da sie nicht eigentlich als Nahrungsmittel betrachtet werden
können, sondern bei gesunder Ernährung vom Körper selbst in aus-
reichender Menge und hoher Wirksamkeit erzeugt werden, so genügt
ein kurzer Hinweis auf die Art und Weise derselben.
Um die Wirkungsweise der Hormone zu zeigen, sei hier auf das
Beispiel der sich gegenseitig ergänzenden Tätigkeit der Nebennieren
und der Bauchspeicheldrüse hingewiesen. Beide bewirken in ein-
trächtiger Zusammenarbeit den Einbau und die richtige Verwertung
der Zuckerstoffe oder Kohlehydrate der Nahrung im Körper von
Mensch und Tier. Wenn auch die Nebennieren oder Adrenalien und
die Bauchspeicheldrüse oder Pankreas keine eigentlich hormonalen
Drüsen sind wie etwa die Schilddrüsen am Halse, so ist die Arbeit
dieser Organe im Volke doch mehr oder minder bekannt, da un-
richtiges Arbeiten einer derselben zur Zuckerharnuhr führt, auch
Zuckerkrankheit oder Diabetes mellitus genannt.
Wir alle haben z. B. schon von der Wirkungsweise des Insulins der
Bauchspeicheldrüse gehört und wissen, daß in den letzten Jahr-
zehnten eine künstliche Einführung von aus Schlachttieren gewonne-
nem Insulin vorgenommen wird, um den schweren Formen der
Zuckerkrankheit ihre Schrecken zu nehmen. Das künstliche Insulin
bewirkt zwar keine Heilung der Zuckerkrankheit, aber es hält den
Menschen aufrecht und ermöglicht seine weitere Arbeitsfähigkeit bei
entsprechend strenger Diät. Das Insulin oder der Inselstoff ist ein
Erzeugnis der Bauchspeicheldrüse. Es bildet sich in gewissen Organ-
teilen, die wie kleine Inselchen in der Masse der Bauchspeicheldrüse
schwimmen. Der in ihnen erzeugte Stoff, das Insulin, regelt den
126
Einbau der Zuckerstoffe in die Gewebe und deren Ausnutzung und
Oxydation im Körper, durch die gewissermaßen der ganze Lebens-
betrieb aufrechterhalten wird. Der Aufbau und die Herausholung
der Zuckerstoffe aus der Nahrung erfolgt, wie wir schon gesehen
haben, über das Pfortadersystem in der Leber. Hier bilden sich die
Blutzuckerformen, die dem Organismus jeweils am besten angepaßt
sind, um von hier über das Herz zur Lunge geführt zu werden. In
der Lunge erfolgt dann die Überführung in die spannkräftige Form
des Blutzuckers, der nun mit dem Blut durch den ganzen Körper in
alle Organe geleitet wird. Im Körper treten nun je nach der Art der
Verwendung und dem Zweck des Organes Oxidations- oder Ver-
brennungsvorgänge ein, die wir als Abbau bezeichnen, denn von nun
an sind Reststoffe aus diesen Oxidationsvorgängen schwerer Ballast
für den Körper und müssen ausgeschieden werden. Die ordnungs-
mäßige Verteilung und die Einleitung der Oxidationsvorgänge des
Zuckers ist die Aufgabe des Insulins. Es wirkt bei diesen Wandlungs-
vorgängen gewissermaßen als Katalysator oder körpereigenes Enzym.
Würde nun die Bauchspeicheldrüse in der Erzeugung des Insulins
ungehemmt arbeiten, so würde auch im Falle gemäßigter Arbeit der
Muskeln oder in ihrer Ruhestellung ein unerwünscht schneller Abbau
der Zuckerstoffe erfolgen. Dies wird verhindert durch die Tätigkeit
der Nebennieren. In diesen Adrenalien wird ein Saft, das Adrenalin,
zu deutsch Nebennierensaft, abgesondert, welches der Tätigkeit des
Insulins entgegenwirkt. Die Kraft des Insulins wird gewissermaßen
gehemmt durch das Adrenalin. Arbeiten die Organe des Körpers in
gesunder ausgeglichener Weise, dann wird der Abbau des Zuckers
sich durch die Wirkung des Insulins und seines Widerparts, des
Adrenalins, so vollziehen, daß sich gerade so viel Zucker im Blut
befindet, wie zur Aufrechterhaltung der notwendigen körperlichen
Vorgänge erforderlich ist.
Wir sehen an diesem Beispiel die Wirkungsweise dieser eigentüm-
lichen Säfte, die körpereigen erzeugt und dem betreffenden Organis-
mus entsprechend angepaßt, das Beste aus den gegebenen Verhält-
nissen zu machen versuchen. Sie können sich nun keineswegs aus dem
Nichts bilden, sondern müssen wie alle Säfte und Betriebsstoffe des
Körpers aus der Nahrung im Zusammenwirken mit der Luft ent-
stehen. Sie brauchen also als Voraussetzung ihrer Bildung im Körper
eine gesunde aufbaufähige Nahrung, die in sich die nötigen aufbauen-
den Nährstoffe enthält. Wenn auch die Säfte nicht wie die Vitazyme
mehr oder weniger fertig ausgebildet in den Pflanzen vorhanden sind,
so muß die Nahrung doch die Voraussetzung zur Bildung der Hor-
mone enthalten. Wie das aufzufassen ist, sei wieder an dem Beispiel
des Insulins gezeigt. Es ist, wie wir bei der Wirkungsweise der Vita-
zyme gesehen haben, doch keineswegs gleichgültig, was wir essen
und wie wir die Nahrung, die wir essen wollen, zubereiten. Ein jedes
Nahrungsmittel trägt in sich selbst die Lösungsmittel, die Fermente
127
und Katalysatoren, die zu seiner Auflösung und Umgestaltung dienen,
denn die Pflanze brauchte ja diese Stoffe, um sich aufbauen und den
Samen bilden zu können. Wenn wir Menschen aber klüger sein wol-
len als die vorsorgende Natur und aus der Nahrung bei der Zuberei-
tung beim Vermahlen, beim Polieren und Verarbeiten die wichtigsten
Bestandteile, wie die Schalen und Schalenhäute, die Keime usw.
beim Getreide, entfernen und verkochen oder verbacken dann den
Rest, wie können da die Organe aus pflanzlichen Leichenteilen einen
gesunden und richtig arbeitenden Körper aufbauen mit gesundem
Blut und gesunden Säften? Wie schon so oft vorher gezeigt, wird die
erwünschte Arbeit der pflanzlichen Wirkstoffe überwiegend durch
gewisse Farbstoffträger ausgelöst. Auch die Wirkung der pflanzlichen
Vorstufen des Insulins bzw. der Stoffe, aus denen es sich bilden soll,
ist an gewisse Farbstoffe gebunden, die durch Erhitzung bekanntlich
sehr leicht zerstört werden. Sie sind enthalten in fast allen grünen
Gemüsen, besonders im Löwenzahn und seinen Abarten, den Endivien
und den Latticharten, ferner in Zwiebeln und Zwiebelkraut und
den äußeren Randschichten aller Samen und Saatkörner. Deshalb
konnte die Zuckerkrankheit ihre schlimmsten Formen im mensch-
lichen Körper erst entwickeln, nachdem man ganz allgemein zu immer
verfeinerten Ausmahlungsverfahren in der Mehlherstellung schritt.
Bei der Herstellung der Feinmehle werden die Schalen und Häute
entfernt und damit die Nahrung der Stoffe beraubt, die zur Bildung
der Hormone, hier des Insulins, so notwendig sind. Bevorzugen wir
in unserer Nahrung die Latticharten und die grünen Gemüse, ver-
achten wir den so gesunden Löwenzahn nicht und vermeiden alles
Getreide und daraus hergestellte Nahrungsmittel wie Brot, Grützen,
Rohgetreide, so finden der Körper und seine Organe die Nahrung, die
sie in gesunder Weise auswerten können.
Die Zuckerkrankheit beruht nun nicht unbedingt immer auf einem
Mangel an Insulin im Körper oder einer zu geringen Erzeugung da-
von in der Bauchspeicheldrüse. Wir können uns wohl vorstellen, wie
sich bei unrichtiger Arbeit der Nebennieren oder Adrenalien ähnliche
Erscheinungen entwickeln können. Arbeiten die Nebennieren zu stark,
so wird die Hemmung in der wirksamen Arbeit des Insulins so stark
werden, daß sich die gleichen Zustände entwickeln können, als ob
zu wenig Insulin vorhanden wäre. Auch bei zu großer Hemmung des
Zuckerabbaus durch zu viel Adrenalin ergeben sich Krankheits-
erscheinungen ähnlicher Art, aber doch verschieden von der echten
Diabetes, da dann auch Störungen in der Nierentätigkeit und der
Bildung der dort erzeugten Säfte auftreten werden. Das Krankheits-
bild wird dementsprechend von schlimmerem Charakter und wird
vor allem nicht durch einfache Zuführung von Insulin zu steuern sein.
In solchen Fällen ist es erst recht wichtig, sich auf pflanzliche Nah-
rung umzustellen. Nur durch diese können wir eine entsprechende
Umstimmung der Stoffwechselvorgänge einleiten, nicht aber dadurch,
128
daß wir nun versuchen, die wirksamen pflanzlichen Bestandteile in
ihrer vollen Lebenskraft durch Mittel zu ersetzen, die in ihrer chemi-
schen Zusammensetzung ähnlichen Charakter aufweisen, aber keine
lebendigen Kräfte bergen und deshalb auf die gestörten Lebensvor-
gänge nur von untergeordneter Wirksamkeit sein können. Arbeiten
nun die Nebennieren zu schwach, so zeigen sich andere Folgen. Der
Zuckerumsatz oder Abbau im Körper kann sich ungehemmt aus-
wirken und nimmt nun zu starke Formen an. Es wird dabei zu viel
Zucker umgesetzt und verbrannt, der nun zum Aufbau der Körper-
organe und der Muskeln fehlt. Die Betreffenden erscheinen als
schlanke Menschen, die so viel essen können, wie sie nur wollen, und
doch nicht dicker werden. Die Nahrung schlägt nicht an, sie sind aber
geistig oft entsprechend reger und betriebsamer. Der Zuckerkranke
neigt zur Fettsucht, der Adrenalinmangelkranke zeigt Schlankheit
und ist entsprechend regsamer.
An diesem Beispiel sehen wir, wie die Tätigkeit der Hormone oder
der körpereigenen Wirkstoffe durch Wirkung und Gegenwirkung aus-
geglichen wird, um die Leistung des Körpers auch unter erschwerten
Umständen aufrecht zu erhalten und Fehler auszugleichen. Die wich-
tigsten hormonalen Drüsenorgane im Körper des Menschen sind: die
Keimdrüsen , die den Körper durch den inneren Fluß ihrer Säfte be-
herrschen, die Zirbeldrüse und der Hirnanhang oder die Hypophyse ,
die Schilddrüse und die Nebenschilddrüsen , die Nebennieren, die Thy-
musdrüse und die Drüse im Steißbein . Die hormonalen Säfte dieser
Drüsen durchdringen den Körper nicht auf dem Wege bestimmter
umschlossener Bahnen wie das Blut oder die Venensäfte, sondern sie
wandern mit dem allgemeinen Saftstrom von Zelle zu Zelle, überall
die ihnen zugeteilten auf bauenden oder lösenden Aufgaben anbahnend.
Die Keimdrüsen
Die wichtigsten Hormone für den menschlichen Körper sind die
Hormone der Keimdrüsen in ihrer vielfältigen Gestalt und der um-
fassenden Art ihrer Wirkungsweise. Die Keimdrüsenhormone be-
stimmen die gesamte Entwicklung des menschlichen Körpers in seiner
männlichen oder weiblichen Ausprägung. Sie bestimmen nicht nur die
eigentlichen Fortpflanzungs- und Gebärorgane, sondern formen den
ganzen Körper, die geistige Veranlagung und das seelische Einfüh-
lungsvermögen in gleicher Weise. Das ganze menschliche Leben, mit
Ausnahme der Nahrungs Verarbeitung in den Verdauungsorganen
und ihrer Hilfsorgane, hängt von der gesunden und richtigen Aus-
bildung der Keimdrüsen und der darin entstehenden und dauernd
erzeugten Hormone ab. Es würde nun zu weit führen, in allen Einzel-
heiten den Entwicklungsweg der Hormone und ihre Wirksamkeit zu
zeigen, das kann in Facharbeiten nachgelesen werden. Hervorgehoben
werden muß, daß durch den Beischlaf vorübergehend eine empfind-
liche Störung der Hormonerzeugung eintritt. Es ist doch ganz klar,
daß bei normalem Lebenslauf die Säfte und Hormone der Fortpflan-
9 Sommer, Ernährung
129
zungsorgane dem Aufbau des eigenen Körpers dienen, während sie
im Beischlaf zur Erzeugung des neuen Lebewesens gebraucht werden.
Hervorgehoben werden muß, daß die Begegnung junger Menschen
im keuschen Liebesspiel zu einer urkräftigen Anregung der hormo-
nalen Drüsentätigkeit werden kann und wird, sofern die sich gegen-
seitig ergänzende Hingabe zur hochzeitlichen Zeugung führt. Dann
formt sich in der Kraft der Urzeugung eines neuen Wesens der
Wille und die Lebenskraft zur Erweckung sich ständig erneuernder
Seelenkräfte. Aus dem Schoß der Mutter erwächst mit der zu-
nehmenden schöpferischen Kraft des Gatten in der Familie die
kraftvolle Gestaltung der Zukunft und die Formung einer neuen
Geisteshaltung in den kommenden Geschlechtern, wenn das Ur-
gesetz der Erhaltung des Lebens zum Durchbruch kommt.
In der Gemeinschaft von Menschen aber, die mordend in die
Tierwelt einbrachen, um sich naturwidrig am Fleisch zu sättigen,
entartete auch das Triebleben. Mit der Erniedrigung des Zeugungs-
willens zur Erfüllung aufgepeitschter Sinnlichkeit hört die Ge-
schlechtskraft auf, eine fördernde und aufstrebende Macht im Leben
der Menschen zu sein. In der erotischen Erregung seines Trieblebens
erstickt bei fortgesetztem Mißbrauch die Säfteentwicklung seiner
Geschlechtskraft und weder der Körper noch das Gehirn und die
Nerven kommen zu ihrem Recht. Die schöpferische Seelenkraft zer-
bröckelt und mit dem Familienleben entartet auch die Volkskraft.
Die Zirbeldrüse
Im Kopf, innerhalb der Hirnschale dort, wo sich das Großhirn und
das Kleinhirn treffen an der Basis des Großhirns, dort ist die Zirbel-
drüse eingelagert. Dieses kleinste Drüsengebilde im menschlichen
Körper ist trotz seiner Kleinheit das Wichtigste. In diesem kaum meß-
baren Organ ist die Verbindung des Körperlichen mit dem Seelischen
geschaffen. Aus diesem Organ heraus wirken die geistig-seelischen
Impulse im Leben des Menschen und aus ihr heraus entwickeln sich
die Fähigkeiten der Sinnesorgane und des Gefühlslebens mit der
geistig-seelischen Entscheidungskraft des Menschen. Gelenkt und ge-
steuert aus dieser Drüse entwickeln sich die schöpferischen Kräfte des
Menschen, die ihn bei Einhaltung der natürlichen Gesetze der Er-
nährung und Lebensführung zur Vollkommenheit seiner göttlichen
Herkunft emporheben. Bei fortschreitender Entartung der Lebens-
gewohnheiten und Trennung aus dem geistig-seelischen Verband der
natürlichen Schöpferkräfte des Weltalls verkümmern auch die Im-
pulse aus diesem wichtigen Organ. Es entartet dann mit dem Seeli-
schen auch das Körperliche. Erkrankt aber diese Zirbeldrüse aus dem
einen oder anderen Grunde oder wird sie bei Erkrankungen des Ge-
hirns in Mitleidenschaft gezogen, dann gerät der gesamte Lebensab-
lauf in Unordnung. Nicht nur das Gefühlsleben und die Sinnesorgane
beginnen unrichtig zu arbeiten, sondern auch das vegetative Leben im
Körper, durch dessen Nervensystem alle unserem Willen nicht unter-
130
stellten Tätigkeiten unserer Organe gelenkt werden, verliert die im
lebenden Körper so sinnvoll in Erscheinung tretende Organisation
aller Lebensvorgänge. Die Körpersäfte geraten durcheinander, die
Abwehrkräfte versagen, bis dann Bewußtlosigkeit eintritt, die mit
dem Tode endet. Aus diesen Tatsachen zeigt sich die Wirkungsweise
der Zirbeldrüse im gesunden Zustand. Diese Drüse ist gewissermaßen
der Kommandostand des körperlichen und geistigen Lebens, das durch
sie, wohl das kleinste Organ im ganzen Körper, seine lebendigen see-
lischen Impulse erhält. Durch diese wird das Leben selbst in allen
seinen Funktionen gelenkt und geleitet.
Die Hypophyse
Vom Hirnanhang oder der Hypophyse wissen wir mehr. Sowohl
das Tierexperiment als auch die Erfahrung in der Krankenbehand-
lung hat uns gezeigt, welche großen Aufgaben diese so verhältnis-
mäßig kleine Drüse hat. Dieses winzige Organ im Hinterkopf wirkt
in seiner Stellung und Ausbildung wie ein Anhang des Gehirns. Es
ist trotz seiner Winzigkeit in drei verschiedene Lappen eingeteilt,
und jedem dieser drei Lappen fallen bestimmte Aufgaben zu. Die
Hypophyse als solche erzeugt ein Wachstumshormon, dessen Er-
zeugung aber durch gewisse Einflüsse der Sexualhormone nach ein-
tretender Geschlechtsreife gebremst wird. Der Mensch würde sonst
endlos weiter wachsen. Der Hypophysenvorderlappen erzeugt das
sogenannte gonadotrope Hormon. Durch dieses werden die Sexual-
funktionen und die Hormonbildung in den Keimdrüsen gesteuert.
Wir sehen hier, ähnlich wie beim Insulin und Adrenalin, eine eigen-
artige Wechselwirkung: Die Sexualdrüsen wirken als Bremse auf
die Wachstumshormone der Hypophyse und umgekehrt wirkt das
gonadotrope Hormon der Hypophyse als Steuerung oder Bremse auf
die Sexualfunktion. Gleichzeitig bildet der Hypophysenvorderlappen
das thyreotrope Hormon. Dieses wirkt anregend oder bremsend, je
nach den vorliegenden Verhältnissen, auf die Tätigkeit der Schild-
drüsen und deren Hormone, auf die wir noch zu sprechen kommen.
Sein Fehlen würde eine Stockung der Stoffwechselvorgänge hervor-
rufen können, da dann die Anregung der Schilddrüse fehlt, die diese
Vorgänge regelt.
Es sind noch einige andere hormonale Säfte, die im Hypophysen-
vorderlappen erzeugt werden, deren Natur und Wirkungsweise
jedoch noch nicht klar genug herausgestellt werden kann. Dasselbe
gilt vom Hypophysenzwischenlappen. Auch über die dort erzeugten
Hormone wissen wir noch zu wenig, um darüber Bestimmtes ver-
lauten lassen zu können. Der Hypophysenhinterlappen erzeugt
Hormone, die wiederum die Wirkungsweise der Keimdrüsenorgane
beeinflussen mit besonderer Wirkung auf die weiblichen Organe und
die Gebärmutter.
Die Schilddrüsen
Von der Hypophyse leiten wir über zur Schilddrüse, die vorn am
131
Halse zu beiden Seiten der Luftröhre in doppelter Ausbildung zu
finden ist. Diese doppelte Ausbildung zeigt uns schon die Wichtigkeit
ihrer Aufgabe und der ihr beigeordneten Organe, der sogenannten
Nebenschilddrüsen, an, die gar in vierfacher Ausbildung vorhanden
sind. Die Schilddrüse erzeugt ein Hormon, das man Thyroxin nennt.
Dieses hat die große Aufgabe, den Stoffwechselumsatz des Körpers
zu regeln und zu steuern. Eine krankhaft gesteigerte Tätigkeit der
Schilddrüsenhormone wirkt sich in den Erscheinungen der Basedow-
schen Krankheit aus, die mit stark vermehrten, den Menschen
auszehrenden Stoffwechselvorgängen einhergeht. Die Betreffenden
können sehr viel essen und werden doch immer weniger, während
das Herz sich verzweifelt wehrt und versucht, durch erhöhten Blut-
umlauf den Ausfall auszugleichen. Eine Verminderung ihrer Tätig-
keit setzt den Stoffwechselumsatz herab; die Nahrung verbleibt im
Körper und setzt sich in Fett um. Hier greifen nun, wie schon er-
wähnt, die Hormone der Hypophyse regelnd ein. Die Entfernung
der Hypophyse ruft nämlich eine verminderte Schilddrüsentätigkeit
hervor und der Mensch könnte in ausgesprochener Fettsucht ent-
arten pnter gleichzeitigem Nachlassen der Sexualkräfte: Es würde
sich bald der Typus eines willensschwachen, charakterlosen, fettig
entarteten Menschen, geistig zurückgeblieben und verkümmert,
entwickeln, den wir schon oft in der Jugend, bestimmt aber im Alter
gar zu oft sehen.
Die krankhaft gesteigerte Tätigkeit der Schilddrüse, die wir als
Basedowsche Krankheit bezeichnen, entsteht zur Hauptsache durch
die landesübliche unrichtige Ernährung mit den vom Tier stammenden
Nahrungsmitteln aller Art. Das wirkliche Heilmittel, das heute von
allen tüchtigen Spezialärzten gegen diese Krankheit zur Anwendung
gebracht wird, ist strengste Rohkost unter Bevorzugung von Beeren-
obst und Früchten aller Art. In schweren Fällen dieser Art ist die
Rohkosternährung nur unter geschulter Aufsicht durchführbar, da die
hierdurch zunächst gesteigert auftretenden Krankheitserscheinungen
den Patienten unsicher machen und ihm den Mut nehmen, die Roh-
kosternährung durchzuhalten.
Der im Schilddrüsenhormon eigentlich wirksame Stoff ist das Jod.
Trotzdem kann aber durch Zuführung desselben in chemischer Form
ein krankhafter Zustand nicht behoben werden, da eben, wie schon
so oft in dieser Schrift erwähnt wurde, nur solche Mineralstoffe
wirksam werden können, die im Lebensvorgang der Pflanze in diese
eingebaut und durch Feuershitze nicht wieder herausgerissen wurden.
Eins der besten pflanzlichen Heilmittel gegen Störungen in der Arbeit
der Schilddrüsen, z. B. den in Süddeutschland so verbreiteten Kropf,
ist das Caragheenmoos. Es ist im Meer gewachsen und enthält neben
dem Jod auch eine ganze Reihe anderer Mineralstoffe des Welt-
meeres, die in auf dem Lande gewachsenen Pflanzen nicht in dem
Maße und der Zusammensetzung gefunden werden. Es ist ein an-
132
erkanntes und altbewährtes Heilmittel zur wirksamen Unterstützung
der Rohkostkur bei oben erwähnten Krankheiten. *)
Die Nebenschilddrüsen mit ihren Parathormon genannten Säften
haben die besondere Aufgabe, den Kalkstoffwechsel des Körpers zu
regulieren. Da die Nervenmasse und die Kalkgäfte nur in engster
Gemeinschaft miteinander im Körper verwertet werden können, so
regelt der Saft der Nebenschilddrüse auch die Ausbildung und den
Gesundheitszustand des Gehirns und der Nerven. Eine Unregel-
mäßigkeit in der Wirksamkeit der Nebenschilddrüsen erzeugt darum
erhöhte Erregbarkeit der Nerven. Eine verminderte Tätigkeit da-
gegen hat Störungen im Kalkanbau und der Ergänzung der Knochen
sowohl als auch Ausfallerscheinungen in der Gehirn- und Nerven-
funktion zur Folge.
Die Nebenschilddrüsen regeln nicht nur das Wachstum und die
artgerechte Bildung der Gehirn- und Nervenmasse, sie haben auch
für den Kalkgehalt des Blutes und den Magnesiumgehalt der roten
Blutkörperchen Sorge zu tragen. Ausfallserscheinungen rufen schwere
Krankheitsbilder hervor, denen schlecht beizukommen ist. In einem
gesund und natürlich sich ernährenden Körper werden sich jedoch
niemals solche Ausfallserscheinungen einstellen können, das ver-
hindern die verzehrten Säfte der Gemüse und der Früchte.
Unter dem Brustbein liegt die Thymusdrüse. Diese arbeitet an-
scheinend nur bis zur Ausbildung der Keimdrüsen und ihrer Reife.
Die Säfte dieser Drüse sollen gewissermaßen im kindlichen Körper
die Wachstumsanregung und die Bildung der körperlichen Funk-
tionen durchführen, die mit dem Beginn der Geschlechtsreife von
den Sexualhormonen übernommen werden. Mit dem Eintritt der
Geschlechtsreife verkümmert die Thymusdrüse.
Es bleibt nur noch eine winzige Drüse im Steißbein zu erwähnen,
über deren Wirksamkeit wir eigentlich so gut wie gar nichts wissen.
Die Wirksamkeit der Hormonsäfte wird unterstützt und er-
möglicht durch die Kräfte der in den pflanzlichen Nahrungsmitteln
enthaltenen Vitazyme, Fermente und Farbstoffe, so daß ohne eine
ständige Ergänzung der Grundlagen der Hormonsäfte durch die
lebensfrisch verzehrte Pflanzennahrung eine vollkommene Gesund-
heit nicht zustande kommen kann. Erst wenn durch die Anregung
der natürlichen Nahrungsmittel die richtige Säfteabsonderung der
hormonalen Drüsen erreicht wird, kann sich das Bild einer voll-
kommenen Gesundheit im Menschen zeigen.
*) Man weicht IV 2 Eßlöffel Oairagheenmoos in einem Glas Wasser auf
und läßt es 12 — 24 Stunden ziehen. Dann gibt man die Flüssigkeit durch
ein Haarsieb und trinkt sie. Auf die Rückstände gießt man noch einmal
Wasser. Wer eis dann ganz gut mit ©einem Körper meint, der trinkt nach
abermaligem Ziehenlassen von 12 Stunden die Rückstände vom Moos mit
Falls man (gegen den Geschmack nicht ankommen kann, hilft etwas
Zitronen- oder Apfelsaft sehr gut darüber hinweg.
133
V.
Die Kalorien -Theorie
Im menschlichen Körper kann sich eine vollkommene Gesundheit
nur unter gewissen Voraussetzungen entwickeln, die sowohl in der
Ernährung als auch im Körper des Menschen selbst begründet liegen.
Wir müssen versuchen, den besten Weg zu finden, diese vollkommene
Gesundheit unseres Körpers aufzubauen und zu erhalten. Wenn der
Leser sich über den Wert der natürlichen Wirkstoffe, Vitazyme ge-
nannt, klar geworden ist und ihre unentbehrliche Wirksamkeit in
der natürlichen Nahrung erkannt hat, dann wird er wissen, daß die
natürliche Grundlage der Entwicklung eines gesunden Körpers und
eines gesunden Geistes das grüne Blatt ist, durch dessen Tätigkeit
erst die Grundlage und der Aufbau pflanzlichen Lebens und damit
auch des tierischen und menschlichen Lebens gegeben ist. Dem-
entsprechend muß auch die Grundlage der Ernährung des Menschen
das frische, unveränderte, grüne Blatt der Gartengewächse, der
Gemüse und der Kräuter sein. Diese Grundlage wird ergänzt durch
das aus der Arbeit des grünen Blattes erzeugte Wurzelgemüse, den
Wintervorrat der Pflanze, und Beerenfrüchte, Obst und Südfrüchte
aller Art, Nüsse (Schalenobst), Ölfrüchte und Ölsaaten.
Die natürliche Nahrung dient zum ersten der Erhaltung der
Körpergewebe und deren immerwährenden Ergänzung, zum zweiten
der Erzeugung der Energien und Kräfte, die notwendig sind zur
Betätigung der Muskeln bei der täglichen Arbeit und zur Erzeugung
der geistigen Kräfte und Überlegungen unseres Gehirns und des
darin verankerten Verstandes und zum dritten der Erhaltung der
seelischen Kräfte und der Anregung unseres Gefühlslebens mitsamt
der Fortpflanzung, durch die das Leben der Menschheit immer-
während sich selbst fortzeugend erhalten und ergänzt wird.
Diese dreifach verschiedene Verwertung der Nahrung, die wir
durch den Mund in uns aufnehmen, zusammen mit der Luft, die wir
durch die Nase in die Lungen einatmen, speist den Menschen mit den
Kräften und Energien, die das Leben aufrecht erhalten. Die Luft,
zusammen mit der Nahrung und der Wirkung der Lichtkräfte der
Sonne, soll die Kräfte entwickeln, die das Leben von uns fordert. Es
spielt sich im Körper ein Vorgang der Energieentwicklung ab, der
ordnungsgemäß und richtig unterhalten werden muß.
Den besten Kraftspender, nämlich die Luft, die wir einatmen,
können wir nicht verändern. Wir müssen sie so in uns aufnehmen,
wie sie uns dargeboten wird. Um sie aber dem Körper in allerbester
Weise nutzbar zu machen, sollten wir versuchen, sie dort einzu-
atmen, wo sie uns am reinsten und damit am besten für unsere
134
Gesundheit geboten wird, also dort, wo ein reicher Pflanzenwuchs
durch seine Tätigkeit die Luft von Kohlensäure und damit zusam-
mengehenden verschmutzenden und schädigenden Beimischungen
reinigt un,d einen möglichst großen Gehalt an frisch erzeugtem, rei-
nem Sauerstoff bietet. Nur im Garten in engster Verbundenheit mit
den grünen Bäumen und den Kräutern, die unsere Nahrung erzeugen,
haben wir die Gewähr, die für unsere Lungen beste und zuträglichste
Luft zu atmen.
Der zweite Energiespender für die Erhaltung des Lebens und der
Kraft im Körper ist die Nahrung, die wir durch den Mund in uns
aufnehmen. Diese können wir unserem Geschmack, unserer Vor-
stellung und unserem Willen entsprechend ändern. Wir sind in
keiner Weise an eine bestimmte Art der Nahrung gebunden, wie
dies bei der Luft der Fall ist. Wir können, wenn es unserem Willen
gefällt, durch den Mund Stoffe in uns aufnehmen, die das weitere
Leben unmöglich machen, d. h. uns vergiften. Wir können eine
Nahrung wählen, wie sie den höchsten Anforderungen unserer
Gesundheit entspricht und wir können, der Gewohnheit und dem
landesüblichen Brauch folgend, das verzehren, was alle anderen
Leute auch essen. Die Entscheidung über den Wert und die Art der
Nahrung, die wir zu uns nehmen wollen, liegt bei uns selbst. Sobald
wir dem Elternhaus entwachsen sind, haben wir die Möglichkeit,
uns über den Wert der Nahrung auf die eine oder andere Weise
belehren zu lassen. Zu diesem Zweck sind im Laufe der Jahre und
Jahrhunderte eine ungeheure Zahl von Büchern und Aufsätzen ver-
öffentlicht worden, in denen die verschiedensten Menschen ihrer
Erkenntnis und ihrer Überzeugung über den Wert oder Unwert der
einzelnen Nahrungsmittel und ihrer Erzeugung Ausdruck gaben. In
dieser immer noch anschwellenden Flut von Schriften über die Er-
nährung des Menschen, wie sie sein sollte, erschien nun als Ergebnis
der bahnbrechenden, aus den chemischen Wissenschaften übernom-
menen Anschauungen auch die Lehre von der Energieumsetzung der
Nahrung im menschlichen Körper nach Wärmeeinheiten, Kalorien
genannt.
Nach den chemischen Erkenntnissen der damaligen Zeit, die für
die Wärmeerzeugung in Industrie und Technik, für den Bau von
Kraftmaschinen und dergleichen auch heute noch volle Gültigkeit
haben, wurde dieses Gesetz des Energieumsatzes, nach dem Kalorien-
gehalt errechnet, auch auf die Nahrungs Verarbeitung im mensch-
lichen Körper angewandt. Man sprach von Kalorien oder Einheiten
von Wärme und Kraft in den Nahrungsmitteln. Man errechnete den
Brennwert der Nahrungsstoffe und schloß von diesem auf die Quali-
tät und den Wert der Nahrung für den menschlichen Körper. Man
setzte diesen einer Kraftmaschine gleich, die unter Verwertung
des Sauerstoffes der Luft aus den Zuckerstoffen Kraft erzeugt unter
Abscheidung der Kohlensäure und der Stoffwechselrückstände. Man
135
verglich den Zucker, die Fett- und Eiweißstoffe also gewissermaßen
mit der Kohle, deren Verbrennung in der Industrie die Kraft er-
zeugte. Es ist klar, daß bei der körperlichen Kraftleistung des Men-
schen auch dieser Vorgang im Menschen stattfindet.
Aber er ist nicht grundlegend wichtig, sondern gewissermaßen nur
eine Nebenerscheinung des Gesamtstoffumsatzes im menschlichen
Körper. Nachdem nun Wissenschaftler dieses Gesetz gewissermaßen
autoritativ auf den Menschen übertragen hatten, errechnete man den
Nährwert eines Nahrungsmittels folgerichtig nach dem Gehalt an
Kalorien erzeugenden Stoffen unter fast völliger Außerachtlassung
aller zur Erhaltung der Körpergewebe, zur Erzeugung der Nerven,
des Gehirns, der Knochen und Muskeln notwendigen erdigen Grund-
stoffe und der Luft. Man vernachlässigte das ganze große Geschehen
im menschlichen Körper und bewertete die Nahrung einzig und allein
unter dem Gesichtspunkt der Energieerzeugung durch Verbrennungs-
vorgänge. Man kam dementsprechend zu Anschauungen, die sich in
keiner Weise mit den Anforderungen des Lebens deckten, mit denen
man uns aber in den Zeiten der Not nach dem Kriege so entsetzlich
quälte.
Die wichtigste Aufgabe der Nahrung liegt nicht in der Erzeugung
von Kraft bei der Arbeitsverrichtung der einen oder anderen Art ,
sondern in der Erhaltung des Lebensbetriebes und der Erneuerung der
organischen Gewebe . Wir müssen darum versuchen , die wirklichen
Verhältnisse kennen zu lernen , die im Körper vorliegen , um zu rich-
tigen und verwertbaren Schlüssen zu kommen . Die Kalorientheorie
schied die Nahrung ihrer chemischen Natur nach zur Hauptsache in
Zuckerstoffe, in öle und Fettstoffe und in Proteine oder Eiweißstoffe.
Unter diesen Gesichtspunkten fand man, daß die Getreidearten als
Träger der stärkeartigen Zuckerstoffe den höchsten Kaloriengehalt
haben. Man stellte ihnen gleich die öl- und Fettstoffe und sah in den
Eiweißstoffen der vom Tier stammenden Nahrungsmittel eine not-
wendige Ergänzung zum Aufbau der Nerven und Muskeln, d. h. der
quellfähigen Stoffe, die den Muskeln, Nerven, Knochen und Organen
als Gewebegrundlage dienen.
Die Aufnahme der stärkeartigen Zuckerstoffe im Getreide geschieht
landesüblich in der Form von Brot, Kuchen, Grützen, Klößen, Pud-
dings, Nudeln, Mehlbreien, Flocken und dergleichen. Dazu kommt
noch die Gruppe der stärkehaltigen Knollen und Wurzelgemüse, be-
sonders die Kartoffeln, die fast ausnahmslos in gekochtem Zustand
gegessen werden, da sie roh oft unangenehm schmecken. Als Beigabe
zum Brot und zur Bereitung der übrigen Speisen verwertet man
dann die Fettstoffe und öle, die teils vom Tier stammen, teils pflanz-
licher Herkunft sind. Den Hauptwert der Nahrung aber legte man
auf die eiweißhaltigen Genußmittel, die man in erster Linie dem
Tierreich entnahm, da man nur die vom Tier stammenden Proteine
136
oder Eiweißstoffe für vollwertig hielt. Man tötet das Tier, zerlegt es,
würzt die Fleischstücke mit Salz, Pfeffer und anderen mehr oder
weniger scharfen Gewürzen, die den faden Geschmack des verwesen-
den Fleisches übertönen sollen, und beschmiert es unter Umständen
noch mit Salpeter, um die frische Fleischfarbe möglichst zu erhalten.
Dann kocht oder brät man es oder stopft es, mit chemischen Stoffen
gegen <üe Fäful'niLs 1 verseJhien, in die Wurst, ehe man es verzehrt. Das
soll dann „Kraft“ geben! Ein solches Speisegemisch ist nach Auffas-
sung der Kalorientheorie wissenschaftlich einwandfrei und die beste
Ernährung für den Menschen. Dieser eigenartigen wissenschaftlichen
Erkenntnis und ihrer Durchführung in den Ernährungsformen der
Menschen ging eine Zeit voraus, in der mit Ausnahme der Fürsten,
des Adels, der Handelsherren und der sonst Reichgewordenen die
Bevölkerung zur Hauptsache von Brot, einfachen Getreidespeisen, ge-
kochten Gemüsen und geringer tierischer Zukost einfachster Art lebte.
Heute haben sich diese einfachen Emährungsgewohnheiten bei der
arbeitenden Bevölkerung nach dem Vorbild der Reichen gewandelt.
Scheinbar wissenschaftlich unterbaut, sind reichliche Beigaben von
Fleisch, Wurst oder Fisch usw. die Grundlage der landesüblichen Er-
nährung der Europäer geworden. Ihr Wert oder Unwert muß sich aus
den Folgeerscheinungen zeigen, die wir an dem jeweiligen Gesund-
heitszustand der Bevölkerung ablesen können.
Die Ernährungsweise vor hundert oder zweihundert Jahren zeigte
eine lange Reihe von Krankheitserscheinungen, die fieberartigen Cha-
rakter hatten und oft epidemischen Verlauf nahmen. Das hatte seinen
Grund in der Einseitigkeit der Ernährung der ärmeren Bevölkerung.
Man aß zuviel Brot- und Getreidespeisen, Suppen und andere ver-
kochte Speisen. Wenn nun die Bevölkerung sich so ziemlich gleich-
mäßig ernährte, so mußten auch die sich zeigenden Krankheitserschei-
nungen mehr oder weniger den gleichen Charakter haben. Wir finden
in dieser Zeit Hautausscheidungskrankheiten mit stark reißendem
Fieber verbunden wie Scharlach, Masern, Blattern usw. Entartungs-
erscheinungen der inneren Organe wie z. B. die Zuckerkrankheit,
deren Behandlung durch Insulin damals noch unbekannt war. Diese
nahm groteske Formen an, so daß den Befallenen erst die Zehen und
dann die Füße z. B. bei lebendigem Leibe durch eingetretenen Brand
abfaulten. Auch die Lungenleiden und Erkrankungen der Atmungs-
organe forderten viele Opfer. Am schlimmsten und ausgeprägtesten
aber wütete zu der Zeit die Säuglings- und Kindersterblichkeit. Dann
folgte etwa um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Deutschland
eine Zeit, die neben dem wirtschaftlichen Aufschwung neue Anschau-
ungen über die Ernährung brachte. Diese bewirkten eine allgemeine
Bevorzugung der Fleischnahrung auch in den bisher ärmeren Be-
völkerungsschichten. Der übermäßige Fleischgenuß zeitigte nun
eine neue Reihe von Krankheitserscheinungen. Zuerst beobachtete
man eine ungewöhnlich starke Zunahme der Lungenleiden. Dieser
137
versuchte man auf die verschiedenste Weise entgegenzutreten. Doch
ohne eine grundlegende Änderung der Lebensweise ist diesem Leiden
nicht beizukommen. Daneben sehen wir eine erschreckende Zunahme
der perniciösen Anämie mit ihren Begleiterscheinungen, gegen die es
bis heute ohne eine grundlegende Ernährungsumstellung im Sinne
der pflanzlichen Frischkost keine sichere Heilung gibt. Die letzte
große Krankheitsgruppe sind die ständig zunehmenden Myome, Tu-
more und Krebserkrankungen aller Art.
Durch das Zusammenwirken der Brot- und Getreidespeisen mit
dem im Überfluß genossenen Fleisch, Wurst und anderen vom Tier
stammenden Genußmitteln wie Milch, Eier und Erzeugnisse aus den-
selben entwickelten und entwickeln sich ihrer Entstehungsursache
entsprechend ganz anders geartete Krankheiten und Krankheits-
erscheinungen, deren oft unvorhergesehener Verlauf der Heil Wissen-
schaft immer neue Rätsel aufgibt. Diese werden dann noch durch die
Beigabe der aus Kohlenteer hergestellten künstlichen Färbe-, Würz-
und Konservierungsmittel immer neue Formen annehmen.
Diese Betrachtungen lassen uns zu der Einsicht kommen, daß die
Kalorientheorie und die darauf auf gebaute Volksernährung nicht den
wirklich entscheidenden Anforderungen gerecht wird, die der Mensch
an seine Ernährung stellen muß. Wir müssen darum den Nachweis
erbringen, daß sich die tatsächlichen Stoffwechselvorgänge im Kör-
per des Menschen ganz anders abspielen.
Die uns heute erkennbaren Wege
der Lebenserhaltung und Kraftentfaltung
Um den wirklichen Vorgängen des Stoffwechsels und des Energie-
umsatzes im menschlichen Körper auf die Spur zu kommen, wollen
wir versuchen, uns ein klares Bild von dem zu machen, was da eigent-
lich vor sich geht.
Im grünen Blatt wurde durch die Lichtwirkung der Sonnenkraft
aus der Kohlensäure der Luft, die ja ein reines Verbrennungsprodukt
ist und keine Energie mehr in sich trägt, als neuer Energieträger der
Kohlenstoff herausgeschält und mit Sauerstoff und Wasserstoff als
Zuckerstoff in das Leben der Pflanze eingespannt, die hierdurch ge-
wissermaßen mit neuen, durch die Kraft der Sonne entstandenen
Spannkräften aufgeladen wird. Die Pflanze wird dadurch zum Spei-
cher von Sonnenenergien in Gestalt von Zuckerstoffen oder Kohle-
hydraten. Das grüne Blatt, die in den Wurzelgemüsen gespeicherten
Zuckerstoffe, die mit besonderen Kräften geladenen Samenkörner
und Früchte der Pflanzen und Bäume sind Kraft- und Energieträger
in organischen Lebensformen. Diese hochgespannte Kraftspeicherung
in den Pflanzen steht dem Menschen jederzeit aus erster Hand zur
Verfügung, sobald er den notwendigen Willen auf bringt, sich von den
Pflanzen im naturgegebenen Zustand zu ernähren. Hat der Menscrf
die Pflanze als für ihn einzig mögliche Ernährungsgrundlage erkannt
138
und verzehrt er sie so, wie sie gewachsen ist, dann vollzieht sich im
Stoffwechsel des menschlichen Körpers ein Abbau der in den Lebens-
vorgängen der Pflanze gespeicherten Spannkräfte der Sonne. Dieser
Abbau erfolgt nicht nach den Gesetzen des Energieumsatzes in der
chemischen Retorte beim Verbrennungs vor gang, sondern ist ein stu-
fenweiser Abbau mit immer wieder neu einsetzendem Umbau, so daß
zum Abschluß der Stoffwechselvorgänge ganz einfache Reststoffe zum
Vorschein kommen. Diese sind Kohlensäure, Wasser und harnbildende
Stoffe mit den darin gefundenen Beimischungen.
Um uns ein Bild von diesen Vorgängen zu machen, wollen wir ein-
mal den Vorgang der Nahrungs Verarbeitung im Körper verfolgen.
Wir gehen davon aus, daß die Grundlage der Ernährung die Pflan-
zenwelt in ihrer natürlichen vollen Lebenskraft ist. Die Pflanze baut
sich auf, wie gezeigt, aus den Bestandteilen der Luft, aus Wasser und
den feinstofflich gelösten Bestandteilen des Erdbodens. Das Ganze ist
im Lebensvorgang selbst bis zum Bersten geladen mit den Energien
im Lichte der Sonne und den überall wirksamen kosmischen Kräften,
die aus den lebenzeugenden Kräften der Erde das Leben selbst in
den uns bekannten Formen hervorbrachten. In der Pflanze sind die
Grundstoffe des Bodens, die Erdmineralien der verschiedensten Art
aus den verwitternden Gesteinen, Erden und vererdeten Resten vor-
hergehenden Pflanzenwuchses enthalten. Die Erdmineralien sind durch
die Lebensvorgänge im Pflanzenwuchs feinstofflich gelöst. Es wurde
gezeigt, daß diese Lösung der erdigen Grundstoffe hervorgerufen
wird durch die Bodengare, die ihrerseits wieder durch das bakterielle
Leben und die mikroskopisch feine Kleintierlebewelt im Ackerboden
und im Wassertropfen hervorgerufen wird. Durch die Einwirkung
von Sonne, Luft und Regen und die Tätigkeit der Kleintierlebewelt
wundersamer Art werden die Grundstoffe der Erde in den Ober-
schichten derart fein gelöst, daß sie von den durch die Haarwürzel-
chen ausgestrahlten Pflanzensäuren gebunden, von den Pflanzen an-
gesogen und niedergeschlagen werden, um nun, in das Gefüge des
Pflanzen Wuchses eingebaut, im auf steigenden Saft zur Verwendung
im Aufbau der Blätter und der Krone mitgeführt werden zu können.
Diese Lösung der erdigen Grundstoffe, die wir uns in ganz anderer
Art vorstellen müssen als das, was sichtbar und in der Retorte nach-
weisbar ist, muß so feinstofflicher Natur sein, daß sie gewissermaßen
die Eigenschaften gasförmiger, nein, atomisch gelöster Stoffe anneh-
men und die Membranen der Pflanzenzellen auch in ihrem feinsten
Gefüge durchdringen können. Nur so ist es möglich, daß die Pflanze
die erdigen Grundstoffe und Erdmineralien überhaupt aufnehmen
und für ihren inneren Aufbau verwerten kann.
Sind nun diese feinstofflich atomisch gelösten Grundstoffe orga-
nisch und lebensvoll in den Pflanzenkörper eingebaut, so sind sie
dadurch geschickt vorbereitet für den Aufbau und die Erhaltung des
menschlichen Körpers. Nur in dieser einen und einzigartigen Form
139
kann der menschliche Körper die erdigen Grundstoffe in sich auf-
nehmen, die er zum Aufbau der Knochen und Zähne, der Muskeln
und Sehnen, der Haut und ihrer Sinnesorgane, der inneren Organe,
des Blutes und der Nerven und ihrer Bahnen braucht. Nur aus derart
vorbereiteter, organisch gewachsener Nahrung können gesunde Lun-
gen und Drüsenorgane aufgebaut und in gesunder Tätigkeit erhalten
werden. Durch Kochen, Braten, Backen, kurzum durch Erhitzen, wird
der feinstoffliche Aufbau der Pflanzen zerstört, die mineralischen
Grundstoffe der Erde zerfallen aus ihren feinstofflichen, atomischen
Bindungen und nehmen wieder die Formen der grobstofflichen Erd-
mineralien oder deren Salze an, die der lebende Körper nicht ver-
werten kann. Was die Pflanze in ihren Lebens Vorgängen so wunder-
bar in ihrem Saft und ihrem Gefüge zur gesunden menschlichen Nah-
rung vorbereitet hat, wird in der Zubereitung durch die kochende
Hausfrau mutwillig, möchte man sagen, zerstört und wertlos gemacht.
Haben wir diese Tatsache richtig erfaßt, dann wird uns klar, warum
die Nahrung in dem Zustand gegessen werden muß, in dem sie ge-
wachsen ist. Wohl darf die Nahrung zerkleinert werden, dafür haben
wir ja unsere Zähne bekommen, mit denen wir unsere Nahrung so fein
zermahlen, daß sie mit den Verdauungssäften des Mundes, des Ma-
gens und des Darmes durchtränkt und für die Aufnahme im Darm
vorbereitet werden kann. Jede andere Zubereitung wird sich als
schädlich und entwertend erweisen und unerwünschte Stoffwechsel-
störungen in Form von Krankheitserscheinungen hervorrufen.
Die Pflanze ist an ihren Standort gebunden, sie senkt ihre Wurzeln
in die Erde und strebt mit der Blütenkrone in den Himmel, um mit
dieser möglichst große Mengen an Sonnenkraft zu sammeln. Die
Wurzel dagegen zieht aus der Erde die Mineralstoffe, das Wasser und
die erdigen Grundstoffe, die zum Aufbau ihres Körpers und zur Sa-
menbildung über Blüte und Frucht notwendig sind. Der Mensch be-
wegt sich frei über die Fläche der Erde. Er kann infolgedessen keine
Wurzeln in das Erdreich senken. Um die Grundstoffe der Erde in sich
aufnehmen zu können, muß er die Pflanze verzehren. Sein Körper
aber baut sich nach dem Grundsatz der Pflanze in dreifach verschlun-
gener Weise aus Wurzel, Stamm und Krone auf. Im Vorgang der
Lebenszeugung wird die Keimanlage der Frau durch den männlichen
Samen befruchtet. Bei der Entwicklung teilt sich der Keim in die
drei Keimanlagen. Aus der ersten entwickelt sich die Haut mit allen
darin eingelagerten Sinnesorganen. Aus der zweiten entwickeln sich
die Muskeln mit den bluttragenden und blutbildenden Organen und
aus der dritten endlich die Knochen, das Gehirn und das Nervensystem.
Genährt wird das Ganze durch die Lungen und den Magen-Darm-
Kanal.
Die Haut braucht zu ihrer Festigkeit eine ganze Reihe erdiger
Grundstoffe und Mineralien, die in ihre quellfähigen Stoffe eingebaut
sind. Sie gewinnt diese aus der Nahrung. Die Quelle, durch die sie
140
die bestimmten Stoffe aus der Nahrung herausholt, ist die Pankreas
oder die Bauchspeicheldrüse. Diese ist eng angelagert an die Unter-
seite der Magenwand. Diese Unterseite ist von ganz anderer Struktur
als die oberen Teile der Magenhaut, über welche die Leber gelagert
ist. Die Unterseite der Magenhaut, , soweit sie sich an die Bauchspei-
cheldrüse anlehnt, ist durchlässig, membranartig, die übrigen Teile
sind fest und undurchlässig. Alle feinstofflichen gebundenen Mineral-
stoffe, mit Ausnahme der Kalk- und Magnesiaverbindungen und der
Kaliumsilikate in der Zellulose der Pflanze, werden durch die aus
der Bauchspeicheldrüse eingestrahlten Säfte niedergeschlagen und
von der Drüse aufgenommen. Sie finden sich feinstofflich gelöst in
der Bauchspeicheldrüse, um von hier aus in der verschiedensten
Weise Verwertung zu finden. Ein Teil wird von der Bauchspeichel-
drüse übergeleitet in den Zwölffingerdarm und dient hier zur wei-
teren Verarbeitung der Grundstoffe, aus denen sich die Proteine oder
Quellstoffe bilden sollen, und der Ölstoffe und Fette, die von gewissen
Säften aus der Bauchspeicheldrüse zusammen mit den Gallensäften
verseift werden. Ein Teil geht in den allgemeinen Säftestrom über
und dient, wie wir am Beispiel des Insulins sehen, zur Regulierung
des Zuckerumsatzes im Körper. Der wichtigste von der Bauchspeichel-
drüse aufgenommene Teil der entsprechend vorbereiteten Mineral-
stoffe wechselt jedoch in feinstofflicher Strahlung hinüber zur Milz
und wird hier in dem Zentralorgan der Hautbildung so gewandelt
und vorbereitet, wie es die Ausbildung der verschiedenen Hautschich-
ten und Schleimhäute erfordert. Es beziehen die drei Schichten unse-
rer Haut, die Haare, die Nägel, der Zahnschmelz, die Hautgebilde der
Sinnesorgane, die Augen, die Ohren, die Nase und die Zunge usw.
ihre Aufbaustoff e aus der Milz. Die Verteilung der Milzsäfte geschieht
nun nicht durch irgend ein Gefäßsystem, wie es die Blutbahnen und
die Nervenstränge darstellen, sondern sie erfolgt feinstofflich im all-
gemeinen Säfteaustausch. Die Säfte wandern dabei von Zelle zu Zelle
durch die Zellgewebe der Organe des ganzen Körpers, überall Ver-
brauchtes, Abgebautes mitnehmend und es umformend an anderer
Stelle wieder neu einbauend. Die Stoffwechselreste dieses Säftestroms
im Körper sammeln sich im Bauchwasser, treten von dort in das
Nierenfett oder den Dickdarm über und werden entweder mit dem
Kot oder durch die Nieren ausgeschieden.
Die Hauptmasse der Nahrung sind die Zuckerstoffe. Diese erschei-
nen nur im Obst in der einfachen Form von Frucht- oder Trauben-
zucker. In allen übrigen pflanzlichen Geweben ist der Zucker nur in
doppelt oder mehrfach gebundener Form zu finden. In den Wurzel-
gemüsen und im Zuckerrohr findet sich der Zucker hauptsächlich als
Invertzucker als einer gebundenen Einheit von je einem Gefüge
Frucht- und Traubenzucker und wird als solcher Rohr- oder Rüben-
zucker genannt. Das Wurzelgemüse und das Zuckerrohr ist neben
dem Obst der beste und gehaltreichste Zuckerspender. Diese pflanz-
141
liehe Zuckerform in den Wurzelgemüsen und im Zuckerrohr ist nur
einfach gebunden und darum in den Verdauungs Vorgängen leicht zu
lösen und in die einfachen Formen von Frucht- oder Traubenzucker
zu verwandeln.
In der Stärke des Getreidekorpes und dem kartoffelartigen Knol-
lengemüse sowie in den Faserstoffen der Pflanze ist der Zucker mehr-
fach, ja, oft vielfach mit sich selbst gebunden, d. h. es ist eine vielfach
verschlungene Gemeinschaft von einzelnen Zuckermolekülen, aus de-
nen sich die Stärke und die Zellulose zusammensetzt. Zur Verarbei-
tung der pflanzlichen Stärke in den Getreidekörnern und in der
Kartoffel durch die Verdauungsorgane ist darum ein sehr viel um-
ständlicherer Vorgang notwendig als beim Wurzelgemüse und beim
Obst. Die sich aus den Zuckerstoffen zusammensetzende Getreide-
stärke muß schon im Munde beim Kauen vom Ptyalin des Speichels
in ihre einzelnen Bestandteile auseinandergebrochen und in Frucht-
und Traubenzuckermoleküle zerlegt werden. Das Ptyalin wirkt dabei
als Katalysator oder als Enzym, ohne dabei selbst verbraucht zu
werden. Ist diese Zerlegung in Frucht- und Traubenzucker durch den
Mundspeichel eine vollkommene geworden, so geht die weitere Ver-
arbeitung im menschlichen Körper ohne weitere Schwierigkeiten
vonstatten, genau wie die Aufnahme des Zuckers beim Verzehren
von Obst oder Wurzelgemüse. Aber der Mensch hat sich angewöhnt,
die Getreidestärke durch Feuershitze in Brot zu verwandeln. Durch
den Vorgang der Erhitzung im Backprozeß oder im Koch verfahren,
durch das Grützen und andere Getreidespeisen zubereitet werden,
wird die Stärke zum Unglück für den Menschen in ihrer Zusammen-
setzung verhärtet und in Kleister verwandelt. Auch dieser Kleister
ließe sich zur Not noch verdauen und lösen, wenn der Mensch das
Brot trocken essen würde. Leider aber liebt er es, das Brot mit Fett
zu bestreichen und Belag oder Marmelade darauf zu tun. Dadurch
werden die Speicheldrüsen verwirrt, das Ptyalin, das zur Spaltung
der Zuckermoleküle in der Stärke notwendig ist, wird weder in
genügender Menge noch in richtiger Kraft abgesondert und die Stärke
im Brot geht ungenügend vorbereitet in den Magen über. Noch
schlimmer ist der Zustand, wenn die Getreidestärke in Form von
Grützen, Getreidebreien, Klößen, Puddings usw. zubereitet wird.
Dann ist der Wassergehalt dieser Speisen so groß, daß von einer
Durchdringung der Stärkemoleküle durch das Ptyalin nicht mehr die
Rede sein kann. Diese schlecht oder überhaupt nicht aufgebrochenen
Kleisterstoffe können im Magen nicht weiterverändert werden, da
im Magen das Ptyalin, das allein die Spaltung durchführen kann,
nicht vorhanden ist. Die gekochten oder gebackenen Getreidezube-
reitungen sind eine gewaltige Belastung für die Verdauungsorgane
und sind deshalb die Ursache schwerer Krankheitserscheinungen und
Veränderungen im Magen-Darm-Kanal und im menschlichen Körper.
Die richtig verarbeiteten Zuckerstoffe gehen unverändert durch
142
den Magen und den Zwölffingerdarm hindurch, um erst im Dünn-
darm von den aus den Darmzotten ausgestrahlten Säften zu einer
letzten Verwandlung vorbereitet zu werden zu ihrer Aufnahme durch
eben diese Darmzotten in das Adersystem der sogenannten Pfortader.
Diesen Vorgang können wir am besten verstehen, wenn wir ihn ver-
gleichen mit dem Vorgang in der Pflanzen wurzel. Die feinen Darm-
zotten sind den Faserwürzelchen vergleichbar, die nun aber nicht in
das Erdreich, sondern in den aufgenommenen und im Magen vorbe-
reiteten Nahrungsbrei tauchen. Im Pfortadersystem sammeln sich die
zur Blutbildung notwendigen Zuckersäfte mit den zum Aufbau not-
wendigen Ergänzungsstoffen und gehen durch den Pfortaderstamm
zur Leber. In der Leber werden sie wiederum gewandelt in Blut-
zucker in Form der kleinen Lebersternchen, als die sie dort gespei-
chert werden. Der Blutzucker in der Leber wird angereichert und
mit weiteren Spannkräften versehen durch die eigenartige Atmosphäre,
die in der Leber herrscht. Diese zeigt die höchste Temperatur, die
im menschlichen Körper gefunden wird. Die Leber an sich ist über-
haupt in Bezug auf Wärmeempfindlichkeit am widerstandsfähigsten.
Sie verbrennt z. B. schwerer als selbst die Knochen. Bei Leichen-
verbrennungen kann man beobachten, daß die Leber wohl zusammen-
schrumpft, aber als letztes in den Flammen aufgeht. Es herrscht in
der Leber gewissermaßen ein tropisches Klima.
Die Reste der Stoffwechselvorgänge in der Leber werden von dieser
ausgeschieden und sammeln sich in der Galle zu den Gallensäften
an, die zur Verseifung der öl- und Fettstoffe im Zwölffingerdarm
benötigt werden. Das den nun fertig vorgebildeten Blutzucker ent-
haltende Leberblut wird zum Herzen geführt, vereinigt sich aber
vorher mit den in den Knochen vorgebildeten jugendlichen roten und
weißen Blutkörperchen des Venensaftes, um sich in der kleinen Herz-
kammer mit diesem zu mischen. Von dort gelangt diese Venen-
Lebermischung in die Krone des Pfortaderstammes, nämlich in die
Lungen. Diese Krone des Pfortaderstammes taucht mit ihren feinsten
Verästelungen und mit ihrem gesamten Wunder netz in die Lungen-
bläschen ein, d. h. wie die Krone des Baumes gewissermaßen direkt
in die durch die Atmung aufgenommene Luft. Und nun voll-
zieht sich in den Lungen ein Lebenswunder eige-
ner Art. Mit jedem Atemvorgang, d. h. jeder rhythmischen Ein-
und Ausatmung entfaltet die Lungenkrone ihre Blätter, bildet im
inneren Luftmeere Blüten und Frucht aus den vorhandenen Blut-
grundlagen und wirft diese in der Reifung bei der Ausatmung ab.
Der jetzt mit atmosphärischen Bestandteilen angereicherte Blut-
zucker und die im Blut enthaltenen Mineralstoffe sind den Resten
der Blätter zu vergleichen, die ein Baum im Herbst abwirft. Die mit
Sauerstoff geladenen und mit hohen Sonnenenergien gespannten
Blutkörperchen aber sind die reifen Früchte des Lungenbaumes. Zu-
sammen bilden sie das rote pulsierende Blut, das unseren Körper
143
durchströmt. Dieses wird durch seine eigenen Spannkräfte in das
Herz getrieben und erzeugt den pulsierenden Rhythmus des Herz-
schlages. Die mit hohen Spannkräften geladenen Blutgase aus den
Lungen sammeln sich im Herzen und vereinigen sich hier mit schlag-
artiger Gewalt, den Herzmuskel dehnend, zum flüssigen Blut, das nun
von dem in seine Ruhelage zurückschnellenden Muskel durch die
Schlagader getrieben wird. Vom Herzen geht nun dieses rote Lungen-
blut, das einzig und allein den Namen „Blut“ verdient, durch den
großen Schlagaderstamm, getrieben durch seine eigenen schlagartig-
rhythmisch wirkenden Spannkräfte, in den ganzen Körper und ver-
teilt sich in die feinsten Äderchen. Diese sind schließlich so fein, daß
selbst die mikroskopisch kleinen roten Blutkörperchen nur im Gänse-
marsch einzeln durch sie hindurchkommen können, um in den ein-
zelnen Muskel- und Zellgeweben ihre wichtige Arbeit zu vollbringen.
Hier nun erhält die Kalorientheorie ihren ersten Stoß: Bei der
Krafterzeugung im Muskel müßte nach dieser Theorie der Muskel-
zucker des Blutes zusammen mit den geringen Nerventeilchen, die,
im Gehirn erzeugt, durch die Nerven hindurchgedrückt werden und
gleichzeitig mit dem Blute in die einzelnen Muskelzellen gelangen,
durch die Einwirkung des an die roten Blutkörperchen gebundenen
Sauerstoffs zu Wasser, Kohlensäure und Harnstoff verbrennen. Das
aber tun diese Stoffe nur zu einem geringen Teile. Die große Masse
der Zuckerstoffe und der Nervenmasse wandelt sich durch die Ar-
beitsleistung in der Muskelzelle in Milchsäure um. Die Milchsäure
ist wohl ein Abbauprodukt aus der Wandlung des Stoffwechsels in
der Muskelzelle, aber sie ist kein Endprodukt, das ausgeschieden
werden müßte. Sie wird vielmehr in der Muskelzelle nach ihrer Entste-
hung eingelagert und gespeichert. Die wachsende Ansammlung dieser
Milchsäure wirkt hemmend auf die Vorgänge der Kraft- und Wärme-
erzeugung und erzeugt das Erschöpfungs- und Müdigkeitsgefühl nach
schwerer Arbeit besonders dann, wenn die Sonne sinkt und die Nacht
naht. Nach getaner Arbeit folgt ein gesunder Schlaf. Im Schlaf aber
wandelt die Lebenskraft die angestaute Milchsäure in der Muskel-
zelle wieder um in Blut- und Muskelzucker und zwar in solchen
bester und gehaltvollster Art, wenn die Nahrung bekömmlich und
gehaltvoll im natürlichen Sinne war. Nach erquickendem Schlaf ist
der Körper und das Gehirn wie neu gekräftigt und neu gespannt.
Der Mensch fühlt sich erfrischt und gestärkt. Er ist nun voll leistungs-
fähig und körperlich und geistig frisch und munter, auch wenn er
keine Nahrung zu sich nimmt. Die Erfahrung so vieler Lebensrefor-
mer hat immer wieder bestätigt, daß man nach einem gesunden Schlaf
vom frühen Morgen bis in die Mittagszeit hinein frisch und leistungs-
fähig ist und bleibt ohne Nahrungsaufnahme, wenn man nach dem
Erwachen seinem Magen nichts anbietet als höchstens einen Trunk
frischen Wassers. Diese Erfahrung kann aber nur ein naturgemäß
lebender Mensch machen, der sich einigermaßen natürlich ernährt.
144
Wer sich mit einem Bauch voll alkoholischer Getränke und vollge-
stopft mit giftzeugenden Genußmitteln ins Bett legt, wird zwar tief
und fest wie nach einem hirntötenden Schlafmittel schlafen, aber das
Erwachen ist ein anderes. Da ist es notwendig, den Körper und seine
Tätigkeit erst aufzupeitschen mit einem heißen Kaffee oder einem
anderen Reizgift. Zwischen diesen beiden Gegensätzen liegen alle
Stufen der Empfindungen der landesüblich sich Ernährenden und der
sich natürlicher Lebensordnung Befleißigenden bei ihrem Erwachen.
Je weiter sich das Gefühl beim Erwachen vom Idealzustand entfernt,
desto krankhafter haben sich die Lebensäußerungen im Laufe der
Jahre durch unrichtige Ernährung und Lebensweise entwickelt.
Die Entstehung der Milchsäure aus Blut- und Muskelzucker im
Zusammenhang mit der Nervenmasse in der Muskel- oder Gehirn-
zelle und ihre Verwandlung in Muskelzucker während des Schlafes
macht die Berechnung des Gehaltes der Nahrung nach ihrem Gehalt
an Kalorien hinfällig. Denn jetzt erkennen wir, daß die Verbrennung
nach Art der Kraftmaschine gar nicht eintritt, sondern wir sehen
einen stufenweisen Abbau der kraftzeugenden Zuckerstoffe im Blute
und in der Nervenmasse, in deren Verlauf das schon Verbrauchte,
als Umwandlungsstoff gespeichert, in sich selbst im Lebensvorgang
des Schlafes und der Entspannung durch eine Ruhepause wieder in
den Kraftstoff Muskelzucker zurückverwandelt wird und derart wie-
der und wieder zur Verwertung kommt.
Der nächste, zwar nicht so umfangreiche, aber um so wichtigere
Teil der Nahrung sind die öl- und Fettstoffe. In natürlicher Weise
entwickelt sich im Lebens Vorgang aus den Zuckerstoffen das jeweils
im menschlichen und tierischen Leben benötigte Fett. Es erzeugt
sich durch entsprechende Stoffwechselvorgänge selbsttätig, wie wir es
beim Weidetier beobachten können. Auch in der pflanzlichen Nah-
rung sind öl- und Fettstoffe enthalten, auch da, wo wir sie kaum
vermuten. Wenn wir z. B. eine Möhre auf einer feinen Reibe fein
reiben und nun Wasser darauf gießen, so sehen wir, daß sich auf der
Oberfläche nach und nach eine feine Fettschicht bildet. Gewisse Vita-
zyme im Blattgrünkörperchen sind an Fettstoffe gebunden und des-
halb zeigt sich auch im Gras und in jedem grünen Blatt ein ge-
wisser Fettgehalt. Eine bedeutende Ansammlung von ölen und Fetten
finden wir in den Samenkörnern der Pflanzen, denn die Entwicklung
einer Keimanlage ohne öl- und Fettstoffe ist undenkbar. Der Gehalt
an ölen und Fetten der einzelnen ölliefernden Pflanzen ist recht
bedeutend. Leinsaat, Raps, Palmkerne, Erdnuß, Mohn und andere
Saaten enthalten schmackhafte öle, die ausschließlich für die mensch-
liche Ernährung in Frage kommen, und noch dazu viel billiger sind
als tierische Fette. Dazu kommen noch die geschätzten öle aus der
Frucht des Olivenbaumes und die Fettstoffe aus der Kokosnuß und
aus den verschiedenen Arten der Nüsse und des Schalenobstes.
Die öle und Fettstoffe in der pflanzlichen Nahrung finden sich dort
10 Sommer, Ernährung
145
in feinster Verteilung in der Masse des Samenkornes eingebaut. Durch
intensives Kauen und Einspeicheln werden sie aus ihrer organischen
Bindung gelöst und in eine feine Emulsion verwandelt. Im Magen
wird diese Emulgierung noch vervollständigt und die Ölstoffe gelan-
gen in dieser Form als mikroskopisch feinste Tröpfchen durch den
Pförtner in den Zwölffingerdarm. Hier kommen sie nun in engste
Berührung mit den alkalischen Gallen- und Bauchspeicheldrüsen-
säften. Diese bewirken eine Verseifung der feinstofflich gelösten öl-
und Fettstoffe.
Verstehen wir es richtig: Alle öl- und Fettstoffe in der Nahrung
müssen durch die Galle und durch gewisse Stoffe der Bauchspeichel-
drüsen verseift werden. Zu Seifenwasser verarbeitet gelangen sie
dann in den Dünndarm. Hier erhält die Kalorientheorie ihren zwei-
ten Stoß. Hat schon je ein Mensch gehört, daß Seifenwasser als Kraft-
stoff verwendet wird?
Diese im Zwölffingerdarm aus der Verseifung der öl- und Fett-
stoffe durch die Galle und gewisse Säfte aus der Bauchspeichel-
drüse entstehenden Seifenwässer werden als solche im Dünndarm
durch die Ausstrahlungen der Darmzotten des sogenannten Zottel-
systems, eines besonderen saftführenden Gefäßsystems, nieder-
geschlagen. Sie lagern sich nun wie die Mineralstoffe der Erde beim
Saugwürzelchen des Pflanzenwuchses um die einzelnen Zottelchen
herum und bewirken dessen Wachstum. Sie werden so ein Teil des
menschlichen Körpers und lösen sich nach innen als nunmehr
menschliche Säfte wieder auf. Sie sammeln sich im Brustsaftgang.
Die als Seifenwässer niedergeschlagenen öl- und Fettstoffe bilden
von nun an die Grundlage der mehr oder minder festen mineral-
haltigen Laugen, die eine vielfältige Verwendung beim Aufbau der
Muskelfasermasse, der Hirnhaut, der Hirn- und Nervenmasse, der
Hautstoffe und vor allem der Knochen und Sehnen finden. Ehe sie
aber derart im Körper zur Verarbeitung kommen, werden sie vom
Zottelgewebe des Dünndarmes über den Brustsaftgang in die obere
Hohlvene geleitet. Die alkalischen Laugen und Seifenwässer mischen
sich hier mit den vom Gehirn zum Herzen zurückkehrenden Teilen
des Venensaftes und den in der Leber neu gebildeten Blutgrundlagen
und gehen mit diesen zum Herzen und von dort in die Lungen.
In den Lungen geht nun ein anderes Lebenswun-
der vorsich. Im Vorgang der Atmung verwandeln sie sich unter
dem Einfluß der Bestandteile der Luft, des Sauerstoffs, des Stick-
stoffs und der sonstigen feinen Beimischungen, in die Bestandteile
der Gehirn- und Nervenmasse, die uns als Lezithine, Lipoide usw.
bekannt sind. Welche Wandlungen dabei vor sich gehen und wie wir
uns diese Vorgänge vorzustellen haben, das hat noch keines Menschen
Auge wahrgenommen. Etwas Ähnliches spielt sich im Pflanzenleben
bei der Entstehung der öl- und Fettstoffe und der samenbildenden
Keimstoffe in der Blüte und der reifenden Frucht ab, die auch noch
146
keines Menschen Auge wahrgenommen oder erforscht hat. Es ist
ein Wunder vor unseren Augen.
Wenn wir uns diese eigentliche Bestimmung der öl- und Fett-
stoffe der Nahrung vor Augen halten, dann erkennen wir die
Wichtigkeit dieser Nahrungsbestandteile, aber wir erkennen auch,
wie unsinnig es ist, sie nach der Art der Kalorientheorie bei der
Wärmeentwicklung bewerten zu wollen. Wenn nun die öl- und
Fettstoffe in der Nahrung nicht zur Kraft- und Wärmeentwicklung,
also nicht zum Unterhalt der Lebensäußerungen Verwendung finden
können, dann müssen wir uns doch fragen, welchem Zweck dienen
sie dann. Da nun der Mensch nichts erfinden oder erforschen kann,
was nicht schon in seinem Körper wirksam wurde, so müssen wir
uns einmal umsehen, wozu die verseiften öl- und Fettlaugen in der
Technik Verwendung finden. Da finden wir sie zuerst bei der täg-
lichen Reinigung oder bei der großen Wäsche als schmutzlösende
Seifen. Die Verwendung kennt jeder Mensch und jede Hausfrau.
Dabei erkennen wir, daß es verschiedene Seifen gibt, je nachdem,
welcher alkalische Grundstoff zur Herstellung genommen wurde.
Kaliumseifen z. B. sind mehr oder weniger leicht im Wasser löslich.
Es sind die weichen Schmierseifen. Die Natriumseifen sind in sich
fester. Durch Natriumzusatz zu den Kaliumseifen werden die Hand-
seifen gewonnen. Seifen aus Kalkstoffen aber sind wasserunlöslich
und werden hart wie Knochen. Damit haben wir einen Fingerzeig
zur Lösung der Frage, warum die öle und Fette im Körper verseift
werden. Die entstandenen Seifen dienen zum Aufbau der Körper-
gewebe, der einzelnen Zellgewebe in den verschiedenen Arten, aus
denen sich der ganze Körper aufbaut und in dem sich die einzelnen
Lebensvorgänge abspielen sollen.
Die mit Hilfe von Kaliumlaugen gewonnenen Seifen dienen in der
Technik nicht nur als schmutzlösende Mittel, sondern in viel um-
fangreicherem Maße als Gleit- und Schmiermittel. Es könnte z. B.
kein einziges Schiff, weder groß noch klein, vom Stapel laufen,
wenn die Gleitschienen nicht mit entsprechenden Mengen von
Schmierseifen eingefettet worden wären. Schauen wir uns die
Gelenke von Mensch und Tier an, so finden wir, daß zwischen
Gelenkpfanne und Gelenkkugel eine Gleitschicht eingelagert ist, die
überhaupt erst die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht. Diese
Gleitschicht ist aufgebaut aus verseiften Fetten unter Zusatz von
Stickstoff, um die Masse körpereigen zu machen und ihr eine ge-
wisse Festigkeit zu verleihen unter gleichzeitiger Aufhebung des
technischen Seifencharakters.
Die kaliumhaltigen Seifen sind in ihrem Gefüge weicher und
leichter löslich, d. h. leicht veränderlich. Kaliumlauge ist deshalb
zum Bau der Organe des Körpers nicht geeignet, aber sie erfüllen
wegen ihrer leichten Wandelbarkeit andere Zwecke im Blut und in
147
den Säften. Sie binden z. B. Stoffwechselsäuren sehr leicht und
neutralisieren dadurch die gesamten Stoffwechselabfallstoffe.
Natriumseifen sind fester. Deshalb baut sich der Körper aus
Natriumlaugenseifen durch Zusatz von Stickstoffverbindungen die
dehnbaren quellfähigen Muskelfaserstoffe auf und bildet aus ihnen
in ähnlicher Weise die Hautstoffe und alles, was aus der Haut wächst
oder der Hautstoffe bedarf. Sie bilden durch Einbau von Stickstoff
in ihr inneres Gefüge die eiweißhaltigen Quellstoffe der Muskelfaser
und der Sehnen und Knorpelmasse sowie auch die der Hautstoffe.
Aber Kalium- und Natriumseifenlaugen finden sich niemals ^allein,
sondern ergänzen sich gegenseitig in ihrer Wirksamkeit in den
Säften des Körpers und dem Aufbau der Gewebe.
Wie schon erwähnt, sind die Kalkseifen wasserunlöslich. Sie bilden
deshalb die Grundlage der Knochen. Auch sie wachsen durch Ein-
fügung von Stickstoff zu großen molekularen Gebilden im Körper
in engstem Zusammenspiel der verschiedensten Lebensvorgänge bei
der Bildung der Nerven- und Gehirnmasse unter Abscheidung der
Knochenmasse und der darin eingelagerten Leimstoffe.
Die Grundlage der gesamten Muskel-, Knochen- und Organmassen
mit allen verbindenden Teilen beruht auf der Umbildung und Ver-
seifung der öl- und Fettstoffe mit alkalischen Natrium-, Kalium-
oder Kalklaugen, die wir mit unserer täglichen Nahrung zu uns
nehmen. Aus dieser Tatsache erhellt zum ersten die außerordentliche
Wichtigkeit der öle und Fette in unserer täglichen Nahrung. Aber
wir ersehen daraus ebenso eindringlich die Notwendigkeit, von nur
solchen Ölen und Fetten zu leben, die der fein organisierte Mensch
auch einwandfrei verarbeiten und verseifen kann. Grundbedingung
dabei ist, daß alle als Nahrung dienenden öl- und Fettstoffe aus der
Pflanzenwelt entnommen sind und sich in dem Zustand befinden,
in dem sie die Pflanze uns zur Nahrung bietet. Schon die Aus-
pressung aus dem gewachsenen Verband und die Darstellung als
reines öl ist unzweckmäßig und nicht naturgegeben. Bei der Lage-
rung z. B. ist ein leichtes Ranzigwerden nicht zu vermeiden. Ranzige
Ölstoffe aber wirken durch ihren Gehalt an freier Fettsäure wie jede
andere fressende Säure im Organismus und wirken deshalb milde
gesagt unbekömmlich, da ja die freie Fettsäure durch Mineralstoffe
abgebunden werden muß, die dann dem Körperaufbau verloren
gehen. Jede weitere Verarbeitung aber wie Raffinieren, Bleichen,
Verhärten ist gesundheitsschädlich. Was daraus entstehen kann,
werden wir im 2. Teil unter „Ernährungskrankheiten“ erfahren. Der
Genuß von Speisefetten aber, die durch chemische Verfahren irgend-
einer Art gewonnen wurden, ist für jeden unmöglich, der Wert
darauf legt, sich gesund zu ernähren und sich gesund zu erhalten.
Hat man noch niemals bedacht, daß die durch solche Kunstverfahren
gewonnenen öle und Fette die Ursache schwerer und schwerster, ja
unheilbarer Krankheitszustände sein können, deren Ursachen zu er-
148
gründen bisher nicht möglich war?! Vielleicht war man bisher nur
auf falscher Fährte. Wie aber denkt man sich die Entstehung von
Gallensteinen, die doch nur zu früh entstandene Verseifung von
harten Seifen in der Gallenblase sind, in die bei landesüblicher Er-
nährung unverseifte, aber verseifbare Fette hineingelangten.
Am wirkungsvollsten sind die pflanzlichen öl- und Fettstoffe
in unserer täglichen Nahrung, wenn sie als ganzes Ölsaatkorn oder
als Nußkern gegessen oder eben vorm Essen frisch gemahlen und
zerkleinert mit der übrigen Nahrung im Munde gründlich zerkaut
und durchspeichelt in den Magen gelangen, wo sie dann umso leichter
emulgiert werden können. Derart gegessen sind sie in noch frischem,
lebensvollem Zustand, durch Feuershitze nicht verhärtet, noch im
feinstofflichen atomischen Aufbau des organischen Lebensgefüges
und daher äußerst leicht wandlungsfähig. Man spürt sie beim Genuß
kaum und während der Verdauung gar nicht. Gekochte, gebackene
oder chemisch gereinigte öle oder durch Kunstverfahren hergestellte
Fette aber bilden gar zu leicht die Ursache schwerer Magenverstim-
mungen und schwerer Schädigungen im stofflichen Aufbau des
Körpers.
Wir erkennen aus diesen Zusammenhängen aber auch, wie äußerst
wichtig der Gehalt an bekömmlichen öl- und Fettstoffen in der
Nahrung ist. Enthält die Nahrung so gut wie kein Fett und ist kein
Ölgehalt vorhanden, dann kann sich die Gehirn- und Nervenmasse
nicht mehr ergänzen und erneuern. Nachlassen der Denkfähigkeit,
Gedächtnisschwund und ähnliches, sind die ersten Anzeichen des
Fehlens von gesundheitlich bekömmlichen Ölstoffen in der Nahrung.
Es folgen die Unmöglichkeit der Erneuerung der Muskel- und Organ-
gewebe und damit Muskelschwund und Muskelerschlaffung. Mit
beiden zusammen geht die Unmöglichkeit der ordnungsmäßigen Er-
setzung der Knochen und deren Neubildung und daraus entwickelt
sich dann in jungen Jahren Knochenerweichung und im Alter
Brüchigwerden der Knochen und schließlich in ganz schweren Fällen
völliger körperlicher Zusammenbruch.
Damit kommen wir zu den von den Menschen am meisten ge-
schätzten und am höchsten gewerteten Bestandteil der landesüblichen
Ernährung, nämlich den vom Tier stammenden eiweißreichen Genuß-
mitteln als da sind: Fleisch- und Wurst waren aller Art, Fischen und
aus Fischen hergestellten Genußmitteln und Speisegemischen und all
den anderen vom Tier stammenden begehrten Genußmitteln, die wie
Milch, Eier, Käse und daraus gewonnene Erzeugnisse heute nicht
mehr aus der Ernährung der Kulturvölker hinwegzudenken sind.
Sie bilden auch in Asien, Afrika und Amerika unter den Eingebore-
nen begehrte Genußmittel. Überall auf dem Erdenrunde sind die
Menschen nicht nur dem Wahn verfallen, Lebensmittel für den
Menschen erst dann als bekömmliche Speisen anzusehen, wenn sie
gekocht, gebacken oder gebraten sind, sondern man ist überall und
149
unter allen Völkern auch dem Wahn verfallen, daß vom Tier stam-
mende Genußmittel für den Menschen und seine Ernährung uner-
läßlich sind. Ja, auch die wissenschaftliche Erforschung der Ernäh-
rung des Menschen konnte sich seit der Zeit der ersten Erforschung
des menschlichen Körpers und seiner Ernährung zu Beginn der
chemischen Forschung unter Liebig, Voit und Rubner bis nach dem
ersten Weltkrieg diesen Wahnvorstellungen nicht entziehen. Sie be-
stärkte ihn eher unter dem Gesichtspunkt, daß der menschliche
Körper und seine Gewebe außer aus Wasser zum großen Teil nur
aus Eiweißstoffen besteht, wie sie im tierischen Körper typisch sind.
Sie waren dem Wahn verfallen, daß Fettstoffe im Körper nur aus
zugeführten Fetten und Eiweißstoffe nur aus Eiweißstoffen ähnlicher
Art gebildet werden könnten. Diese Ansicht und Forschungsvoraus-
setzung hat inzwischen sehr schwere Angriffe und Widerlegungen
erfahren, die bisher jedoch weder allgemein bekannt wurden, noch
festen Fuß fassen konnten. Weil nun die wirklichen Vorgänge im
menschlichen Körper bei der Nahrungs Verarbeitung und dem Einbau
der mit der Nahrung zugeführten Stoffe nicht bekannt sind, und
deshalb auch dem Volke nicht näher gebracht werden konnten,
deshalb mußte das deutsche Volk und das halbe Europa an Hunger
und an Entbehrungen fast zu Grunde gehen in den schweren Kriegs-
und Nachkriegszeiten. Wäre es bekannt, daß alle vom Tier stammen-
den Erzeugnisse ohne Ausnahme im menschlichen Körper wie
schwere Gifte wirken und der Mensch viel leichter leben und sich
gesunder ernähren könnte ohne diese verderblichen Genußmittel, die
Not im Volke wäre mit einem Schlage gebannt. Uber den Magen der
Schlachttiere gehen über 85 %, ja bis 90 % aller erzeugten Nahrungs-
mittel für die menschliche Ernährung verloren, weil sie als Vieh-
futter Verwendung fanden. Ohne den Umweg über das Tier und bei
entsprechendem Anbau nur für den Menschen bestimmter pflanz-
licher Nahrung könnten auf deutschem Boden mindestens 3 bis 4 mal
mehr Menschen aus eigener Erzeugung satt werden , nicht nur aus-
reichend ernährt t sondern direkt überfüttert werden , als heute unter
der wahnsinnigen Voraussetzung der Notwendigkeit der vom Tier
stammenden Genußmittel , die den Menschen doch nur krank machen.
Um diese Tatsache klar zu stellen, müssen wir schon Gehörtes
wiederholen und zeigen, welchen Weg diese Teile unserer Mahlzeit
nehmen. Die Eiweißstoffe oder Proteinkörper im Lebensvorgang der
Tiere werden ohne Verzehren von Fleisch oder irgendwelcher
tierischen Eiweißstoffe gebildet. Die Lebenskraft geht eben andere
Wege bei der Bildung der körpereigenen Stoffe, als es die Chemie
bisher wahr haben wollte. Fest steht jedenfalls: Die gesamte sich von
Pflanzen ernährende Tierwelt erhält sich gesund und lebensfähig,
ohne tierischer Eiweißstoffe zu bedürfen. Ja, es steht fest, daß zwangs-
weise zugeführte vom Tier stammende Nahrung bei Weidetieren
schwere Krankheitserscheinungen und frühen Tod zur Folge hat.
150
nachdem vorher schlimme Störungen im Charakter der betreffenden
Tiere eingetreten sind. Aber den daraus zu folgernden Schluß, auch
der Mensch wird vom Fleischessen krank unter Änderung seines
Charakters, wie von den vegetarisch lebenden Menschen schon immer
behauptet wurde, hat der landesüblich lebende Mensch in seinem
Wahn nie wahrhaben wollen und bisher nicht begreifen können.
Man lese in diesem Zusammenhang die Schriften von Pythagoras,
Plutarch, Franz von Assissi, Chrysostomos und die Schriften der
Vorkämpfer des Vegetarismus. Der Vorwand, die Raubtiere nähren
sich doch nur vom Fleisch anderer Tiere und in der Natur frißt eine
Tierart eine andere, ist an sich nicht stichhaltig. Der Magen-Darm-
kanal der Raubtiere und der Greifvögel ist entsprechend ihrer Er-
nährungsart ganz anders gebaut als der des Menschen.
Wenn wir klar sehen wollen, müssen wir uns zuerst über den
Unterschied zwischen den beiden Tierarten, den Raubtieren und den
Weidetieren, in Bezug auf den Weg der Nahrung klar werden. Bei
den Pflanzenfressern geht die Nahrung ungefähr den gleichen Weg
wie beim Menschen, nur daß die Wiederkäuer als ursprünglich in
Gebirgsgegenden lebende Tiere einen Doppelmagen besitzen. In dem
einen werden die oft sehr harten Gebirgskräuter vorgeweicht und
dann nach nochmaligem Kauen erst im zweiten richtig verarbeitet.
Zur Aufspaltung und Zerreißung der festen Pflanzenfaser, der Zellu-
lose, haben sie alle wie der Mensch einen sehr langen Wurmfortsatz
des Blinddarmes, der die nötigen Katalysatoren zur Einleitung der
Zersetzung der Zellulose im Dickdarm erzeugt. Da die Gras- und
Kräuternahrung der freilebenden Weidetiere nur geringe Mengen
unvollständiger Eiweißstoffe in den Blattgrünkörperchen besitzt, so
bilden sich im Körper entsprechend nur die Mengen an Harnstoff
und Harnsäure, die aus dem Verfall der körpereigenen Gewebe bei
den Stoffwechselvorgängen entstehen und mit denen die Nieren und
die Ausscheidungsorgane sehr leicht fertig werden. Ganz anders ge-
artet sind die Raubtiere. Diese müssen versuchen, auf Umwegen von
den zuckerhaltigen Kraftstoffen im Fleisch und im Körper der Tiere
zu leben, die sie zu sich nehmen. Dabei ist zu beachten, mit dem
Tode des Tieres geht der Kadaver und alle seine Teile mit allen
Organen sofort in Verwesung über und diese ist durch nichts aufzu-
halten. Sie kann höchstens durch Kälteeinwirkung verzögert aber
nicht aufgehalten werden. Bei der Zersetzung der Fleischbasen, die
aus Xantin-, Creatinin- oder Purinstoffen bestehen, bilden sich aus
diesen nicht wie im Lebensvorgang Harnstoff, Harnsäure und Oxal-
säure, sondern die bekannten schweren Leichengifte. Haben sich
solche im Kadaver der Schlachttiere oder der Fische gebildet, dann
wird das Genossene im Menschen schwere, oft tödlich verlaufende
Krankheitserscheinungen zeitigen, im Raubtier jedoch nicht, da sehen
wir den Unterschied ganz augenfällig. Doch verfolgen wir den Weg
des Fleisches im Magen des Raubtieres.
151
Das Raubtier besitzt keine eigentlichen Mahlzähne, sondern nur
dreikantige Schneide- und Backenzähne und spitze lange Reißzähne.
Mit solchen Zähnen ist es dem Tiere überhaupt nicht möglich, Gras
oder Kräuter abzubeißen oder abzureißen. Es kann solche gewachsene
Nahrung nicht mit den Zähnen festhalten oder gar zerkauen. Aber
um so besser ist ein derartiges Gebiß geeignet, Fleisch zu zerreißen
oder Knochen zu zermalmen. Doch kann das Raubtier auch Fleisch-
teile nicht kauen, sondern muß die abgerissenen Fleischfetzen in
mehr oder weniger großen Stücken herunterschlingen. Auch der
Raubvogel kaut nicht, sondern schlingt. Der Magen des Raubtieres
aber erzeugt im Gegensatz zum Pflanzenfresser so starke Fleisch-
und Eiweißstoffe lösende Säfte, eine so starke Pepsin-Salzsäure-
mischung, daß nicht nur Fleischstücke, sondern auch Knochen mühe-
los aufgelöst und restlos verflüssigt werden. Die Fleischteile werden
dabei in zwei große Gruppen zerlegt. In der einen Gruppe ist nach
der Auflösung kein Stickstoff vorhanden, während die andere als
sehr stickstoffreich erkannt ist. Bei der Auflösung wurde das Fleisch
in stickstoffreiche Zuckerstoffe und in den stickstoffhaltigen großen
Rest der Aminosäuregebilde zerlegt. Die Zuckerstoffe werden nun
genau wie die Zuckerstoffe in der Nahrung der Pflanzenfresser vom
Pfortaderblutstamm aufgenommen und der Leber des Tieres zuge-
führt und nehmen nun den Weg durch das Herz zu den Lungen, wo
sie mit den anderen Blutgrundlagen in gutes rotes Lungenblut
gewandelt werden.
Der stickstoffhaltige Teil wandelt sich, wie gesagt, in Aminosäure-
gruppen um. Diese haben säureartigen Charakter. Es sind fressende
Säurebildner, die beim Verbleiben im Körper sich sehr schädigend
auswirken, wenn sie nicht schnellstens abgebunden werden. Das
geschieht durch die in jeder Nahrung reichlich vorhandenen Kalium-
und Natriumstoffe, die auch in der tierischen Nahrung, besonders
im Blut, reichlich vorhanden sind. Aus diesen Aminosäuren werden
daher im Dünndarm sofort nach ihrer Entstehung mit den alkalischen
Grundstoffen im Blut Harnstoff bzw. Harnsäure gebildet. Diese
können nicht im Körper verbleiben, sondern müssen schnellstens
ausgeschieden werden. Sie werden sofort nach ihrer Entstehung im
Wege der Osmose, der Zellwanddurchdringung, in das Bauchwasser
hinübergeleitet und gehen von dort durch das Nierenfett in die
Nieren, um von diesen als Harn ausgeschieden zu werden. Außer
diesen zusätzlichen harnbildenden Stoffen aus der Nahrung bildet
der Körper des Raubtieres auch noch die normalen Stoffwechselreste
bei der Auflösung der körpereigenen Eiweißstoffe aus den Muskeln
und den Organen, die normaler Weise sowieso ausgeschieden werden
müssen. Die doppelte Entstehung von Harnstoff und Harnsäure im
Körper des Raubtieres verwandelt sich in große Mengen Harnstoff
und Harnsäure, die ständig in Lösung gehalten werden müssen. Das
bedingt wiederum eine entsprechend hohe Körperwärme, die um ein
152
geringes höher sein muß als beim Weidetier. Eine Abkühlung des
Raubtieres unter seine Normalkörperwärme aber würde sehr ver-
derbliche Folgen haben. Bei Abkühlung würde die freischwebende
kolloidale Harnsäure in den Säften und Geweben sofort kristallisie-
ren und schwere rheumatische Störungen mit großen Schmerzen
verursachen. Um das zu verhindern, ist der Körper des Raubtieres
mit einer Haut versehen, die einen Schweißausbruch unmöglich
macht im Gegensatz zum Weidetier. Dieses wird bei körperlicher
Anstrengung in Schweiß geraten und dabei stark abkühlen, ohne
irgendeinen Schaden zu erleiden. Ein in Schweiß geratendes Raubtier
würde sehr bald sehr schmerzhafte und deformierende Rheuma-
erscheinungen zeigen und wegen der dadurch geminderten Schnellig-
keit und Gelenkigkeit bald Hungers sterben müssen.
Würde der Mensch nun, der sich als Fleischfresser so gern auf das
Beispiel des Raubtieres bezieht, so starke Magensäfte besitzen, daß
er mühelos und restlos alle Fleischspeisen, alle Milch- und Eierspeisen
und vor allem alle Fischgerichte so zerlegen könnte wie das Raub-
tier, dann müßte er auch eine dem Raubtier entsprechende Haut-
ausbildung besitzen, um den Folgen der erhöhten Harnstoff- und
Harnsäurebildung durch die aufgenommenen tierischen Genußmittel
in Form von Rheumaerkrankungen zu entgehen. Die sich nie ver-
ringernde Zahl von Rheuma- und Gichtkranken und die vielen Nie-
ren- und Blasenleiden aber beweisen uns im Gegenteil: Der Körper
des Menschen ist bei Verzehr von tierischen Genußmitteln den glei-
chen Gefahren ausgesetzt wie das Raubtier, aber er ist in der ganzen
Organisation seiner Haut und seiner Organe nicht für den Verzehr
dieser Genußmittel eingerichtet. Infolgedessen entwickeln sich in sei-
nem Körper all die Krankheiten und Gebrechen, die das Erbe einer
schlechtberatenen und unwissenden Menschheit sind.
Der Gang der Entwicklung rheumatischer Krankheiten und Be-
schwerden zeigt uns: Vom Tier oder vom Fisch stammende Erzeug-
nisse irgendwelcher Art können niemals zur Ernährung des Menschen
beitragen, ja, ausschließliche Fleischnahrung tötet gewissermaßen einen
Menschen schneller, als es vollständige Enthaltung von Nahrung tun
würde. Der geringe Teil dieser Genußmittel, der im Körper noch als
Zuckerstoffe nutzbar werden kann, ist so geringfügig, daß er fast
ganz vernachlässigt werden kann. Die Tatsache aber, daß sich viele
nach einem guten Fleischgericht so schön satt fühlen, beweist nur
folgendes: Sie haben ihren Magen etwas zugemutet, was ihm Be-
schwerden macht und mit dem er nicht fertig wird. Die verzweifelte
Anstrengung des Körpers trotz allem zu versuchen, mit dem Zeugs
im Magen fertig zu werden und es wenigstens annähernd unschädlich
zu machen, erzeugt das Völligkeitsgefühl und das lähmende Sattsein.
Dieses sucht man dann mit Anregungsmitteln in Form von Kaffee,
alkoholischen Getränken usw. zu überwinden. Fleisch, Fisch und vom
Tier stammende Erzeugnisse aber kalorienmäßig erfassen zu wollen,
153
ist nach dem geistigen Erfassen dieser Ausführungen wohl kaum
noch möglich. Leider aber gilt auch für den heutigen überklugen,
technisch so weit fortgeschrittenen Menschen das ewige Wahr wort:
Wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie zuerst mit
Blindheit.
Wenn uns die Krankheiten zeugende Wirkung aller vom Tier stam-
menden Speisen im menschlichen Körper erst klar geworden ist, dann
könnte man auch auf den Gedanken kommen, auch die Eiweißstoffe
in den Pflanzen, die Proteine der Keimanlagen in den Samenkörnern,
den Nüssen usw. könnten von Schaden sein. Da muß in diesem Zu-
sammenhang auf den grundlegenden Unterschied zwischen den Eiweiß-
stoffen im Tierfleisch und vom Tier stammenden Produkten und den
in den Keimanlagen der Pflanzen vorhandenen hingewiesen werden.
Legen wir Fleisch vom Kadaver eines Tieres in Wasser, dann löst sich
das Fleisch und verfärbt sich. Die Lösung in warmes Wasser be-
günstigt die Zersetzung und Fäulnis. Legen wir dagegen ein Samen-
korn oder eine Nuß in Wasser und erwärmen es leicht, dann wandelt
sich die Keimanlage sehr bald und aus der Ansammlung von ölen,
Proteinen und Zuckerstoffen bildet sich in kurzer Zeit der lebens-
volle Keim. Aus diesem wächst die erste Wurzelbildung und das
Keimblättchen hervor. Mit anderen Worten ausgedrückt, heißt das:
Das Fleisch befindet sich im Vorgang der Auflösung und Verwesung,
es vergeht. Die Proteine und Eiweißstoffe im Samenkorn aber sind
zum Bersten gefüllt mit Lebenskräften aller Art, und treiben zum
Leben. Das vom Tier Stimmende leitet dementsprechend im mensch-
lichen Körper als Grabstätte von faulenden Leichenteilen mit allen
möglichen Krankheitserscheinungen frühen Tod und Verwesung ein.
Das Pflanzliche aber erfüllt uns mit lebendigen Spannkräften und
hilft uns, alle Schwierigkeiten zu überwinden. Außerdem sind in den
Keimanlagen der Pflanzen, in ihren Samen und in den Nüssen noch
hochwertige Wirkstoffe, Enzyme und pflanzliche Hormone in unüber-
troffener Wirksamkeit vorhanden. Diese kann der menschliche Kör-
per ohne Schaden zu nehmen nicht entbehren, das wurde schon ein-
gehend gezeigt und erläutert.
Die eingehende Erläuterung der bei der Umwandlung derartiger
pflanzlicher Proteine zusammen mit den Keimanlagen und im Nuß-
fleisch vorhandenen Ölstoffen würde im Bezug auf die Ölstoffe schon
Gesagtes nur wiederholen. Die Verarbeitung der Eiweißstoffe in ihnen
aber geht ganz andere Wege als die der Eiweißstoffe im Fleisch. Wir
sahen, daß die ruhenden Keimanlagen unter der Einwirkung von
Wasser und Wärme das Lebenswunder des Pflanzenwachstums zeiti-
154
gen durch entsprechende Umwandlung und Ergänzung ihrer unvoll-
ständigen Teile zu den Stoffen, die zur Entwicklung von Wurzel und
Blattanlage notwendig sind. Ist das Folgende so schwer zu begreifen:
Die Umwandlung der unvollständigen pflanzlichen Proteine oder
Eiweißstoffe erfolgt nicht durch Aufspaltung wie beim tierischen
Eiweiß, sondern durch entsprechende Ergänzung, durch welche die
unvollständigen öl- und Fettstoffe in leicht verseifbare verwandelt
und die unvollständigen Eiweiße in solche Gebilde umgewandelt wer-
den, die im Körper als Grundlagen für Gehirn- und Nervenmasse
dienen können. Wie diese Verwandlung vor sich geht und wie die
Umwandlung der Blattgrünkörperchen im menschlichen Körper zu
Blutgrundlagen stattfindet, das können wir wohl ahnen, aber nicht
nachweisen. Bedingung für diese Umwandlungsvorgänge der Keim-
anlagen in den Samen der Pflanze und den Nüssen ist die Erhaltung
der Lebenskraft in ihnen ohne Zerstörung derselben durch Feuershitze
bei der Zubereitung. Gekochte, reife Erbsen und Bohnen, gekochte,
gebackene oder geröstete Nüsse und Samenkörner können nicht mehr
wie die voll lebenskräftigen und keimfähigen in Lebensgrundlagen
für den Menschen umgewandelt werden, sondern müssen in ähnlichen
Vorgängen wie bei der Verdauung des tierischen Eiweißes durch die
Salzsäure-Pepsinmischung im Magen gelöst und gespalten werden in
stickstofffreie Zuckerstoffe und in stickstoffhaltige Reststoffe, die
wiederum zur Überlastung des Körpers und der Nieren mit Harn-
säure und Harnstoff führen und dadurch Krankheiten hervorrufen.
Nun findet sich in jeder pflanzlichen Nahrung noch eine andere
Gruppe von Stoffen, nämlich die Fruchtsäure in den Früchten und die
Pflanzensäure im grünen Blatt. Ihrem Charakter nach sind sie prak-
tisch gleichzusetzen, sie unterscheiden sich nicht wesentlich vonein-
ander. Man nennt die einen Fruchtsäuren und die anderen gehören
zur Gruppe der Oxalsäuren. Wenn die Fruchtsäure der Früchte und
die Oxalsäure der Gemüse in den Magen gelangen, so werden diese
nicht aufgelöst, sondern durch bestimmte Lebensvorgänge wird diesen
Säuren noch mehr Sauerstoff zugeführt, d. h. sie werden weiter oxy-
diert. Sie wandeln sich dabei zu vollständigem Zucker um. Bei diesem
Vorgang geben sie die Mineralstoffe und erdigen Grundstoffe, die
jeweils an sie gebunden sind, frei. Es ist das der Grund, warum auch
saure Äpfel und die saure Zitrone im gesunden Magen nicht als Säure
wirken. Durch den Umwandlungsvorgang, der durch Hinzufügen der
entsprechenden Ergänzungen und Ausfällen der Mineralstoffe die
Pflanzensäure verändert, wird der Speisebrei im Magen alkalisch und
süß. Die an die Säure gebundenen freiwerdenden Mineralstoffe ge-
hen dann, so weit sie für das betreffende Organ in Frage kommen,
in die Bauchspeicheldrüse über, von wo sie dann den schon früher
beschriebenen Weg in den Körper nehmen.
Von diesem Vorgang jedoch machen die Kalk- und Magnesiastoffe
der Zellulose eine Ausnahme. Diese werden nicht zum Aufbau der
155
Hautstoffe in der Milz benötigt und dürfen deshalb auch die Bauch-
speicheldrüse nicht passieren. Sie gehen mit dem Speisebrei durch
den Zwölffingerdarm weiter in den Dünndarm und gelangen schließ-
lich in den Dickdarm. Erst hier werden sie vorbereitet für die Auf-
nahme in den Körper in der schon erwähnten Weise über die Nieren.
Die Reste des Speisebreis gelangen in vollkommen verflüssigter Form
durch das Endstück des Dünndarmes, den sog. Leerdarm, wie durch
einen besonders gearteten Ventilschlauch in den Dickdarm. Während
die Speisen vom Augenblick des Verschluckens an und durch die sog.
peristaltische Bewegung des Schlundes, des Magens und des Darmes
fortbewegt werden, setzt im Dickdarm eine andere Bewegung ein,
die in der Hauptsache von seinen taschenartigen Ausbuchtungen aus-
geführt wird. Diese Taschen füllen sich mit dem vorbereiteten Speise-
brei und pressen ihn aus. Dieser Vorgang hat den Zweck, den dünn-
flüssigen Brei von der Flüssigkeit zu befreien und ihn einzudicken.
Das ausgepreßte Wasser, zusammen mit den benötigten feinstverteil-
ten Kalk- und Magnesiaverbindungen, wird nun in das dem Dick-
darm angelagerte Nierenfett hineingepreßt und wird von dort in die
Nieren selbst geleitet. Es findet hier, wie gezeigt, ein Vorgang statt,
der mit den Destillationsverfahren der modernen chemischen Indu-
strie zu vergleichen ist.
Die Nieren nehmen diese durch das Nierenfett hindurchgepreßten
und dort feinstofflich vorbereiteten Säfte auf, und nun setzt ein
Trennungs- und Wandlungs Vorgang eigener Art ein. Wir müssen da-
bei noch berücksichtigen, daß der aus dem Körper zurückkehrende
Venensaft, der die Reste des Blutes aus den Stoffwechselvorgängen
mit sich führt, sich in der Bauchhöhle verzweigt. Der noch brauchbare
Teil der Venensäfte geht im Venenblutstamm zur Leber, der Rest
verzweigt sich in ein sogenanntes Wundernetz, das den nicht vom
Nierenfett umgebenen Teil des Dickdarmes umschließt. Die
durch dieses Wundernetz in den Dickdarm hineingeleiteten für den
weiteren Stoffwechsel unbrauchbaren Reste werden nun — wenn sie
einen die Organe schädigenden Charakter haben — entweder mit
dem Kot ausgeschieden oder sie gehen mit den entsprechenden Säf-
ten in die Nieren und werden dann durch den Harngang und die
Harnblase aus dem Körper entfernt.
Wir haben damit in großen Zügen gesehen, wie die Bestandteile
der Nahrung ihre Verwendung und ihren Platz im Körper finden.
Wir müssen noch hinzufügen, daß neben dem arteriellen roten Blut-
stamm ein anderer gewaltiger Stamm den ganzen Körper und alle
seine Gewebe durchzieht. Es ist das der Nervenstamm, der vom Ge-
hirn und der Hirnhaut ausgeht und den ganzen Körper und alle
Organe umfaßt.
Es bildet sich nun im Lebensvorgang des Gehirns aus den vor-
erwähnten verschiedenartigen Säften dauernd neue Gehirn- und Ner-
venmasse. Diese wird dann kraft ihrer eigenen, stets neu entstehen-
156
den Spannungen durch die Nervenbahnen getrieben und in die fein-
sten Nerven Verästelungen hindurchgedrückt, bis sie in die letzten
Muskelgewebezellen gelangt. In der Mukelzelle trifft die phosphor-
haltige Nervenmasse mit dem gleichzeitig aus dem arteriellen Blut-
stamm sich dort hineinzwängenden roten Blut und seinem Gehalt an
Blutzucker und Sauerstof f zusammen. Im Vorgang der Mischung findet
die Wandlung der Kräfte statt, die von der Pflanze im Sonnenlicht
gesammelt wurden.
Die Blutsäfte sind schwefelhaltig, die Nervensäfte dagegen phos-
phorhaltig. Kommen Phosphor und Schwefel zusammen, so entsteht
eine Flamme. (Wir alle kennen diesen Vorgang vom Anstreichen des
schwefelhaltigen Zündholzes an der phosphorhaltigen Reibfläche der
Schachtel her.) Es entzündet sich im Zusammentreffen die austretende
phosphorhaltige Nervenmasse am Schwefelgehalt des roten Blutes in
den Muskelzellen. Es entsteht wie bei den mit Luft gemischten Ben-
zingasen im Explosionsmotor durch die Verbrennungs Vorgänge eine
gewaltige Luftspannung, die das Muskelpartikelchen dehnt, dadurch
eine Verkürzung des Muskels hervorruft und so die Muskelbewegung
ermöglicht.
Die Abgase, sofern sie nicht als Milchsäuren in den Muskeln ver-
bleiben, sammeln sich in Form von Wasser und Kohlensäure zusam-
men mit den Resten der noch im Blut und in den Nerven enthaltenen
Stoffe als Venensaft und werden in der vorbeschriebenen Weise ent-
weder im Körper wieder verwertet oder durch den Dickdarm aus-
geschieden, während bei schwerer Arbeit das bei dem Abbau der
Zuckerstoffe anfallende Wasser gleich durch die Haut als Schweiß
aus dem Körper entfernt werden muß. Auf diese Weise entsteht die
Muskelkraft und die Muskelarbeit. In anderer Art entsteht durch den
Stoffwechselvorgang aus dem Zusammenarbeiten des Blutes und der
Nerven die jeweils gewünschte Tätigkeit der Organe oder der Haut
oder was gerade für die Erhaltung des Körpers und seiner Lebens-
aufgabe wichtig ist.
Die Vorgänge bei der Entstehung der Gedankenkraft im Hirn sind
wohl ähnlicher Art, aber verwickelter und oft von mehr stürmischem
Charakter. Wir müssen bedenken, daß die Blutmassen, die direkt ins
Gehirn geführt werden, genau so groß sind wie die, die den ganzen
übrigen Körper und alle seine Organe speisen sollen. Wenn auch ein
Teil dieses Blutes zur Bildung der Nervenmasse benötigt wird, so
wird doch ein ganz erheblicher Teil bei der Gedanken- und Geistes-
arbeit in gedankliche Energie und Strahlkräfte umgesetzt. Durch
diese kann unter Umständen das ganze Weltall in neue Bahnen ge-
lenkt werden, wenn sie in natürlicher und lebensgesetzlicher Art die
bisherigen Lebensgewohnheiten der Menschen zu beeinflussen und
zu wandeln imstande sind.
157
Zweiter Teil
Ernährungskrankheiten
Einleitung
Solange sich der Mensch von der ihm von der Natur bestimmten
Nahrung, bestehend aus grünen Blattgemüsen, Wildkräutern aller Art,
Wurzelgemüsen und Gewürzkräutern zur Schmackhaftmachung, er-
gänzt durch Obst und Beerenfrüchte aller Art, Nüssen, Ölfrüchten
und Ölsaaten, ernährt, gehen die Stoffwechselvorgänge ihren geregel-
ten Gang. Der Mensch merkt dann nicht, daß er überhaupt Organe
hat. Sein Körper und seine Gliedmaßen sind wie in der Jugend und
in den Kinder jahren frei beweglich und gehorchen seinem Willen,
ohne daß nervöse Hast und Nervenspannungen der einen oder ande-
ren Art eintreten. Seine geistige Regsamkeit hält Schritt mit seinem
körperlichen Wohlbefinden und die Gedankenentwicklung ist klar und
einfach, sie folgt den natürlichen Zusammenhängen. Alles Gekünstelte
liegt ihm fern, denn so einfach wie seine Ernährung spielt sich auch
sein ganzes Leben, seine Vorstellungswelt und sein Gefühlsleben ab.
Sein Geist wird offen und frei sein für alle die Eingebungen, die ihm
die Naturbetrachtung und die Notwendigkeiten seines täglichen Le-
bens vermitteln.
Anders aber wird es, wenn der Mensch in der einen oder anderen
Weise versucht, von der ihm von der Natur bestimmten Nahrung ab-
zuweichen oder diese irgendeinem künstlichen Verfahren zu unter-
ziehen. Die Abweichung von den . natürlichen Gesetzen der Lebens-
erhaltung erzeugt in ihm das, was wir gemeinhin Krankheit nennen.
Fühlt sich der Mensch krank, so zeigt sich eine Schwere in seinen
Gliedern, sein Geist will nicht mehr so arbeiten, wie es für seinen
Beruf und seine Arbeit nötig wäre. In seinen Organen, in seinen Ge-
danken, am meisten aber in seinen Verdauungsorganen zeigen sich
Störungen, die mit mehr oder weniger schweren Druckgefühlen oder
im fortgeschrittenen Zustand mit Schmerzen einhergehen.
Wir alle kennen diesen Zustand des Krankseins. Es gibt wohl heute
in der ganzen europäischen Menschheit nicht einen einzigen Menschen,
der von sich behaupten könnte, daß er vollkommen gesund sei. Zu
irgendeiner Zeit in seinem Leben sind Krankheitszustände in seinem
Körper aufgetreten und mit den Jahren stehen alle unter dem schein-
bar unabwendbaren Verhängnis, krank zu werden. Ja, die Mehrzahl
der Menschen stirbt an ungewollten Krankheiten mit Kummer und
Schmerzen. Der natürliche Tod jedoch sollte nach dem Erleben einer
vollendeten Lebenserfahrung ein Freude auslösendes Erwachen der
11 Sommer, Ernährung
161
Seele sein, die den inzwischen vergeistigten Körper verläßt, um zur
vollen Erkenntnis einzugehen.
Wenn wir die heute lebende Menschheit betrachten, so sehen wir,
wie schon erwähnt, daß die landesübliche Ernährung sowohl der
Europäer als auch der Asiaten, Afrikaner oder Amerikaner keines-
wegs den natürlichen Gesetzen der Lebenserhaltung entspricht. Sie
besteht nicht aus dem, was die Natur uns in gewachsenem Zustand
als Nahrung bietet, sondern wir sehen mit Grauen, daß der begehr-
teste Teil der Nahrung Fleischstücke sind, die aus den Körpern von
geschlachteten Tieren geschnitten wurden. Diese werden dann mehr
oder weniger sorgfältig mit Hilfe des Feuers zubereitet. Man ißt dazu
mit Fleisch zubereitete Suppen, gekochte Gemüse, Getreidebreie und
Brot. Zu den Vormittags- und Abendmahlzeiten werden Brot mit Be-
lag aus Eiern, Wurst oder Käse mit Tee, Kaffee oder Kunstgetränken
gereicht. Alles ist durch Feuershitze verändert worden, teilweise scharf
gewürzt, besonders das Fleisch, um so den faden Geschmack und den
Verwesungsgeruch zu überdecken.
Entsprechend den drei Hauptgruppen dieser Nahrung, dem Brot,
dem Fleisch und den gekochten Gemüsen, sehen wir, wie sich im
menschlichen Körper jeweils anders geartete Krankheiten entwickeln.
Das Geheimnis dieser Krankheitserscheinungen zu lüften, soll die
Aufgabe der folgenden Abschnitte sein.
162
I.
Krankheiten,
die aus der Brot- und Getreidenahrung
entstehen
Wir sahen im ersten Teil dieses Buches, daß die stärkehaltigen Be-
standteile des Getreidekornes durch das Ptyalin des Mundspeichels in
die einfachen Zuckerformen des Frucht- oder Traubenzuckers ver-
wandelt werden. Geschieht dies nicht, so gehen die Stärkestoffe der
Getreidekörner unverändert den Schlund hinab in den Magen. Dort
können sie nicht mehr verändert werden, weil es im Magen kein
Ptyalin gibt. Damit beginnt die lange Reihe der durch Brot und Ge-
treidenahrung verursachten Krankheiten.
Wir sahen bei der Beobachtung der Umwandlungsvorgänge im Ma-
gen, daß alle natürlichen Säuren des Obstes und der Gemüse durch
entsprechende Vorgänge in Zucker verwandelt werden müssen. So-
lange der Nahrungsbrei im Magen Säurecharakter zeigt, kann er nicht
durch den Pförtner hindurch. Dieser öffnet sich nur, wenn die davor
gelagerten Speisepartien alkalisch und süß geworden sind. Die Zuk-
kerstoffe sind an sich süß, passieren den Pförtner also sehr leicht und
gehen leicht in den Zwölffingerdarm über. Die durch Kochen oder
Backen in Kleister verwandelte Stärke des Getreidekornes wird kaum
durch den Mundspeichel verändert, besonders dann nicht, wenn zum
Brot und zu den Breispeisen noch Fett und andere Zutaten und Ge-
würze oder Zucker hinzukamen, die den Geschmack täuschen und ver-
wirren. Die Stärke wird. dann nicht in die einfachen Zuckerformen
übergeführt. Der nicht verwandelte Stärkekleister wird im Magen
auch nicht weiter verändert, da es im Magen kein Ptyalin gibt. Der
Pförtner, der den Speisebrei vom Magen in den Zwölffingerdarm
hindurchgeben soll, reagiert nur langsam auf diesen verkochten oder
verbackenen und in Wasser und Speichel gelösten Brei. Er bleibt des-
halb zu lange im Magen liegen. Was geschieht dort mit solchen Spei-
sen? Gekochte oder gebackene Getreidestärke, geweicht und auf eine
Temperatur von 35° gebracht, geht, wie jede Hausfrau weiß, sehr schnell
in Gärung über: Sie säuert. Tritt dieser Zustand bei den im Magen lie-
gengebliebenen Brot- und Getreidespeisen ein, dann verwandelt sich
der Magen in einen Gärbottich. Aus den Zuckerstoffen der Stärke
entwickelt sich unter Einwirkung der immer vorhandenen Spalt- und
Hefepilze unter den Erscheinungen der Vergärung Kohlensäure und
Alkohol. Die naszierende, frisch im Magen entstehende Kohlensäure
163
erzeugt ganz gefährliche Reaktionen, die schon manchem Menschen
zum Verhängnis geworden sind. Die den Magen auskleidende Schleim-
haut ist nicht darauf vorbereitet, den fressenden Angriffen der frisch
entstehenden Kohlensäure zu widerstehen. Die Magenschleimhaut ist
wohl gefeit gegen die Pepsin-Salzsäuremischung, die zur Auflösung
der Proteine oder eiweißhaltigen Quellstoffe dient, nicht aber gegen
die Angriffe der durch Vergärung entstehenden Kohlensäure.
Es zeigen sich bei Menschen, in deren Organen die entsprechenden
Voraussetzungen gegeben sind, Entzündungen der Magenschleimhaut.
Gegen diese fressende Kohlensäurewirkung und die Entzündung der
Magenschleimhaut setzt die Natur sich zur Wehr. Sie versucht, die
angegriffenen Stellen abzustoßen und dadurch wieder zur Ausheilung
zu bringen. Sie würde das auch fertigbringen, wenn keine weitere
Zufuhr von Brot- und Getreidespeisen erfolgte. Leider aber bleibt
der Erkrankte aus Unkenntnis bei der gewohnten Kost. So entstehen
aus den Entzündungen Geschwüre. Besonders gefährlich werden diese,
wenn sie sich am Pförtner selbst entwickeln. Dann wird dieser in
seiner Funktion empfindlich gestört. Der Zustand der vergärenden
Speisen verschlimmert sich m?t der Zeit immer mehr, nimmt chroni-
schen Charakter an, verhindert schließlich jede normale Verdauungs-
tätigkeit, und der Magen beginnt, sich unter dem Einfluß der Säure
krampfartig zusammenzuziehen. Es entstehen Muskelverspannungen
und Einengungen, und dann wird versucht, durch Operation zu helfen
mit nachfolgender „Schonkost“, aus leichten Speisen und Weißbrot
bestehend, bis die Wunde ausgeheilt ist. Es wird dann erwartet, daß
der Krankheitszustand behoben ist und der Magen zur Ausheilung
kommt. Fühlt sich der Mensch dann wieder gesund, beginnt er wie-
der, Brot und Getreidespeisen in gewohnter Weise zu essen, so stellt
sich der alte Zustand recht bald wieder ein. Den wechselnden Zustand
der durch Gärungserscheinungen gereizten oder entzündeten Magen-
schleimhaut nennt man dann einen nervösen Magen und zuckt die
Schultern. Entwickeln sich die Entzündungen zu Geschwüren in der
Magenschleimhaut und am Pförtner, so schneidet man unter Um-
ständen den ganzen Pförtner weg und verbindet den Magen direkt
mit dem Dünndarm. Dann hören die Störungserscheinungen im Ma-
gen durch die Säureeinwirkung der Gärung auf, weil die durch die
Gärung versäuerten Speisen nun nicht mehr durch den unter der
Säurewirkung sich zusammenziehenden Pf örtner im Magen festgehal-
ten werden, sondern schnell in den Dünndarm übertreten. Dadurch
wird der ganze Verdauungskanal in einen einzigen Gärbottich ver-
wandelt. Der richtige Weg aber, derartige Krankheitserscheinungen
zur Ausheilung zu bringen, besteht darin, Brot- und Getreidespeisen
vollständig zu meiden und seinen Körper durch Zuckerstoffe in Form
von süßen Möhren, süßem Wurzelgemüse aller Art in Verbindung mit
Rohgemüse und Nüssen zu versorgen. Als besonders wirksames Heil-
mittel zur Überwindung der Säureverätzung der Magenschleimhaut
164
gilt das Leinsaatmehl, das die Fähigkeit hat, gerade derartige Stö-
rungen schnell und leicht zur Ausheilung zu bringen.
Bei einer anderen Gruppe von Menschen bleiben diese fressenden
Ätzerscheinungen aus, weil die Magenschleimhaut gesünder und kräf-
tiger ist als bei den erstbeschriebenen Typen. Nach dem Verzehren
des altberühmten Schwarzbrotes, aus Vollkorn hergestellt, machen
sich die Folgen der Gärungen anders bemerkbar. Die entstehende
Kohlensäure treibt bei starken Schwarzbrotessern den Magen auf
und der frisch entstehende Alkohol beginnt zu wühlen und zu bren-
nen. Es entsteht ein unangenehmes Druckgefühl und gegen dieses
sucht der Betroffene ein Gegenmittel. Er findet es im Alkohol, der
aus gärender Getreidestärke oder aus vergorenem Wein gebrannt
wird. Der Branntwein ist ein natürliches Gegenmittel gegen die Brot-
gärung im Magen. Bekanntlich hört jede Gärung auf, sobald der
Alkoholgehalt 15 % übersteigt. Einige hochprozentige Schnäpse in
den Magen gegossen, bringen diesen Zustand sehr schnell hervor und
der Mensch fühlt sich erlöst von seinem Magendruck. Leider hat der
Alkohol die unangenehme Eigenschaft, den Menschen süchtig werden
zu lassen. Wenn er erst einmal die Erleichterung gespürt hat, die
ihm der Alkohol nach Brotgenuß gebracht hat, dann ist es um ihn
geschehen. Er wird früher oder später diesem Laster zum Opfer fal-
len. Trunksucht ist ursprünglich eine Folge der im Magen gärenden
Brot- und Getreidenahrung.
Wie ist das möglich? Die Kohlensäure, frisch entstehend, und der
Alkohol sind sehr bewegliche gasförmige Gebilde. Sie durchdringen
die Magenhaut und verbreiten sich im Körper und seinen Organen.
Sie steigen dann gar zu gern nach oben in den Kopf. Die Kohlen-
säure erzeugt hier Kopfdruck, Kopfschmerzen und migräneartige Er-
scheinungen. Der Alkohol aber lähmt bekanntlich die Hirn- und
Nerventätigkeit. So steht mancher derart Leidende oft schon als Kind,
ohne es zu wissen und zu ahnen, dauernd unter dem Einfluß von
benebelndem Alkohol. Der Alkohol im Kopf und der dadurch gleich-
zeitig auftretende Kopfdruck aber läßt den Menschen nach Gleich-
artigem suchen. Durch das Auffinden gleichartiger Stoffe bei auf-
tretender Gärung von Zuckerstoffen fand der Gaumen, angelockt
durch im Körper bereits Vorhandenes, Gefallen am Geschmack und
die Sucht danach setzte ein.
Nun gibt es noch Menschen, bei denen die Magenmuskulatur zu
schwach ist, um dem Druck der durch die Gärung entstehenden Koh-
lenräuremengen standzuhalten. Der Magen versucht nun zwangsweise,
so lange wie möglich sich gegen die Verspannungen und die Auswei-
tungen zu wehren. Auf die Dauer ist das jedoch nicht möglich, und es
entsteht die sog. Magenerweiterung mit starken Versäuerungserschei-
nungen und allen sich daraus entwickelnden Folgen. Das Gefährliche
bei diesem Zustand der Magenerweiterung oder der Magensenkung
liegt darin, daß die Speisen in den erweiterten Magensack sinken
und nicht mehr den Magenausgang erreichen können, um vom
165
Pförtner weitergegeben zu werden. Sie bleiben vielmehr im Magen
wie in einem Gärtopf liegen, der gärende Speisebrei geht in Fäulnis
über, und der Mensch bricht zusammen. Die Möglichkeit der Heilung
eines solchen Zustandes liegt darin, alle Brot- und Getreidespeisen
vollständig auszuschalten und alle säurebildende Nahrung, auch
saures Obst, zu meiden. Stattdessen müssen zunächst Säfte aus frisch
gepreßten Gemüsen und Wurzelgemüsen in kleinen Mengen gereicht
werden, um erst einmal die Gärungserscheinungen zu überwinden.
Nach und nach können dann statt des Saftes die Gemüse selber in
feingehacktem Zustand gegeben werden und man kann gemahlene
Nüsse als Zugabe daruntermischen. Auch hier ist Leinsaatmehlauszug
sehr gut, weil er allen Versäuerungs- und Fäulniserscheinungen ent-
gegenwirkt. Den Leinsaatmehlauszug stellt man wie folgt her: Die
gemahlene Leinsaat wird bis zu 12 Stunden im Wasser geweicht und
dann durch ein Haarsieb gedrückt.
Treten nun derartige Störungen nicht ein, sondern erweist sich der
Magen von Kindheit an als kräftig genug, um diese vielfachen An-
griffe überstehen zu können, so stellen sich andere Störungen ein.
Verfolgen wir den Weg der Zuckerstoffe in der Nahrung, so sehen
wir, daß sie mit dem Pfortaderblut in die Leber gelangen. Nun müs-
sen wir uns vorstellen, daß bei gesunder natürlicher Nahrung die
Umwandlung der Zuckerstoffe in Leberblut und Blutzucker sehr ein-
fach und leicht ist. Aber die durch Feuershitze veränderten Getreide-
stärke und Zuckerstoffe lassen sich nicht so leicht verwandeln. Von
den Ausstrahlungen der Darmzotten niedergeschlagen und vom
Pfortaderstamm aufgenommen, bilden sie im Gegenteil eine sehr
starke Belastung für die Leber und richten in diesem Organ Schaden
an. Soll ich des Längeren ausführen, welche verheerenden Wirkungen
in der Leber entstehen können, angefangen mit Leberschwellungen
und Verhärtungen? Soll ich weiter ausführen, wie die Stoffwechsel-
rückstände aus der Leber als Gallensäfte einen Charakter annehmen,
der diese unfähig macht, die Oele und Fettstoffe ordnungsgemäß im
Zwölffingerdarm zu verseifen. Eines nur sei erwähnt: Die unvoll-
kommen gewandelten Stärke- und Zuckerstoffe werden nicht alle in
normalen Blutzucker verwandelt.
Es entsteht ein Zuckerschleim, der nun mit dem Leberblut weiter
in die Lungen geht und hier zur Ausscheidung kommt, falls die Kon-
stitution des Betreffenden kräftig genug ist, um diesen Schleim her-
auszuwerfen. Andernfalls bleibt der Schleim hängen, verstopft die
Atmungswege, bringt Neigung zu Erkältungen, die ja nichts weiter
sind als der energische Versuch der Natur, sich von dem angesam-
melten Schleim zu befreien. Gelingt dies nicht, so erkranken schließ-
lich entweder die Lungen oder die Bronchien. In dem einen Fall
wird der Grund zu Lungenerkrankungen gelegt, im anderen entsteht
die Anlage zu den später chronisch werdenden asthmatischen Er-
scheinungen. Hört der Mensch auf, Brot- und Getreidespeisen zu
166
essen, so erhält die Lebenskraft wieder die Möglichkeit, die angegrif-
fenen Atmungswege gesunden zu lassen.
Aus dem unrichtig gewandelten Stärkezuckerschleim kann sich
kein normaler Blutzucker bilden. Was ist wohl leichter zu erklären
als die Entstehung der Zuckerkrankheit mit allen ihren Folgen aus
dieser unrichtigen Zuckergrundlage im Blut, die wir im Körper durch
Verzehren von Brot und Getreidespeisen schaffen? Außer Brot und
gekochten Getreidespeisen werden gekochte Gemüse gegessen. Diese
haben durch die Kochhitze ihren natürlichen Gehalt an Vitazymen
und Mineralstoffen verloren, sind daher nicht fähig, die Bauch-
speicheldrüse mit den Stoffen zu versorgen, die zur Erzeugung der
Pankreassäfte, vor allem des Insulins, notwendig sind. Wer sich daher
außer von Fleisch, Fisch, Milch und anderen vom Tier stammenden
Genußmitteln von Brot, Kuchen und gekochten Getreidebreien er-
nährt, setzt sich dauernd der Gefahr der Entstehung von unrichtig
gebildeten Zuckergrundlagen in seinem Körper aus. Diese können
nicht durch Insulin aus seiner Bauchspeicheldrüse berichtigt werden.
Der unrichtig gebildete Zuckerschleim aber zeugt die Erscheinungen
der Zuckerkrankheit, die bei Fortsetzung der landesüblichen Ernäh-
rung zum Kräfteverfall und zum Zusammenbruch der Gesundheit
führen. Mit Insulinspritzen ist erfahrungsgemäß eine wirkliche Hei-
lung nicht möglich. Im Gegenteil mit diesem Erzeugnis aus der Pan-
kreas von jungen Tieren wird wohl der Zuckerspiegel im Blut vor-
übergehend gesenkt, aber gleichzeitig die Nerven- und Gehirntätig-
keit stark gehemmt. Als Folgeerscheinungen daraus sind schon Taub-
werden und langsam fortschreitende Erblindung bekannt geworden.
Die Heilung der Zuckerkrankheit ist einfach genug: Wildkräuter,
besonders die zur Berichtigung der Gallentätigkeit so wichtigen
bittersüßen Kräuter wie Löwenzahn, Endivien, Schafgarbe, Spitz-
und Breit Wegerich, die Blüten vom Huflattich in Verbindung mit
Gartengemüsen aller Art und, als besonders wirksam, die jungen
Brennesselschüsse lassen die Zuckerkrankheit oft in überraschend
kurzer Zeit zur Ausheilung kommen, natürlich nur, wenn Brot und
Getreidespeisen gänzlich gemieden werden.
Es ist klar, daß unrichtige Zuckergrundlagen im Blut nicht fähig
sind, in den Muskeln die Vorgänge aufrecht zu erhalten, die zur
Krafterzeugung notwendig sind. Ein Zuckerkranker kann wohl mal
kräftig aussehen, er ist es aber nicht mehr, er fühlt sich auch immer
schlapp und müde.
Gelingt es nun dem Körper, über alle diese aus der Brot- und Ge-
treidenahrung entstehenden Störungen hinwegzukommen, so ist da-
mit nicht gesagt, daß er gesund bleibt. Die unrichtigen Zuckergrund-
lagen lassen die Stoffwechselvorgänge nur unvollkommen zur Aus-
wirkung kommen. Dementsprechend werden die Venensäfte nicht
von der richtigen Beschaffenheit sein, sie enthalten Schleim, wie wir
es auch in Bezug auf die Lungen feststellten. Dieser Schleim besteht
aus unrichtig und unvollkommen ausgebildeten Zuckerstoffen. Er
167
verstopft die Venensaftgänge und diese können die Venensäfte dann
nur schwer zum Herzen zurückführen. Es entstehen Stockungen, be-
sonders in den Beinen und daraus bilden sich im Laufe der Jahre
Krampfadern und Geschwüre. Ich brauche nicht zu erwähnen, daß
sich bei den Krampfadern die gefürchteten Embolien bilden können,
jene Blutpfropfe, die unter Umständen den sofortigen Tod herbei-
führen, wenn sie ins Herz gelangen.
Wird auch diese Gefahr überwunden, so sind wir doch immer noch
nicht am Ende der Erkrankungsmöglichkeiten, die aus dem Verzehren
von Brot- und Getreidespeisen entstehen können. Der unbrauchbare
Teil des Venensaftes soll, wie schon gesagt, durch das Wundernetz
der Venen, das den Dickdarm umschließt, in diesen hineinfiltriert
werden. Ist nun dieser Venensaft nicht richtig gebildet und durch
allerhand Stoffwechselrückstände verschmutzt, durch die er scharf
und bissig wird, dann können diese Störungen zu den sog. Hämorrhoi-
dalkrankheiten ausarten, da sich die schlechten Säfte hauptsächlich
im Mastdarm und After absetzen. Diese wirken sich um so heftiger
aus, je besser scheinbar der Magen und der Dünndarm mit den Brot-
und Getreidespeisen fertig geworden sind.
Alle Zuckerstoffe aus den Brot- und Getreidespeisen, die in den
vorhergehenden Verdauungs Vorgängen nicht richtig umgewandelt
wurden, gelangen schließlich in den Dickdarm. Hier verbleiben die
Speisereste oft 12 Stunden und länger, um eingedickt und nach der
restlosen Ausnutzung endlich durch den Mastdarm ausgeschieden zu
werden. Findet sich nun noch Stärkehaltiges im Dickdarm, so wird
es dort ganz bestimmt in Gärung übergehen und durch diese wieder-
um zersetzt in Kohlensäure und Alkohol. Hier wirkt sich die ent-
stehende Kohlensäure und der Alkohol als Lähmung der gesamten
Dickdarmtätigkeit aus und wird dann zur Ursache der so verbreite-
ten und immer wieder anzutreffenden Stuhlverstopfung.
Wirkt sich nun die Stuhl Verstopfung als verschlimmerndes Moment
auf die Erscheinungen der Hämorrhoidalerkrankungen aus, dann
können als weitere Komplikationen Mastdarmgeschwüre, Mastdarm-
vorfall oder gar Mastdarmkrebs entstehen. Die Fachwissenschaft hilft
sich in diesem Falle damit, daß sie den Mastdarm lahmlegt und dem
Menschen einen künstlichen After an der linken Hüfte gibt. Dadurch
aber wird die Ursache nicht behoben und ein derart verstümmelter
Mensch ist dann vom Tode gezeichnet.
Alle diese Krankheitserscheinungen entwickeln sich ganz langsam
und machen sich zunächst im Körper in keiner Weise bemerkbar. Sie
verursachen zunächst gar keine Schmerzen, mit Ausnahme vielleicht
von einem mehr oder minder leichten Druckgefühl im Magen oder
im Kopf. Erst wenn die Krankheit schon sehr weit vorgeschritten ist,
macht sie sich durch Schmerzen bemerkbar. So heimtückisch sind die
Krankheiten, die aus der Brot- und Getreidenahrung entstehen, daß
es für wirksame Gegenmaßnahmen oft bereits zu spät ist, wenn sie
sich endlich schmerzhaft bemerkbar machen. Deshalb ist gerade allen
168
diesen Schädigungen gegenüber Vorbeugen leichter als Heilen. Wenn
die Ätzerscheinungen in der Magenschleimhaut erst so weit fortge-
schritten sind, daß sie schmerzhafte Geschwüre bilden, ist es selbst-
verständlich viel schwieriger, dem Übel entgegenzutreten, als zu der
Zeit, da sich erst die Erscheinungen der erhöhten Säureerzeugung im
Magen durch saures Aufstoßen, Sodbrennen usw. bemerkbar machen.
Es ist viel leichter, Brot als Nahrung aufzugeben, als später von
Trunksucht oder Krankheiten geheilt zu werden!
Noch viel einfacher vollzieht sich die Heilung eines Zuckerkranken.
Die Anlage zur Zuckerkrankheit kann schon vom Mutterleib her ge-
geben sein, denn wir finden oft schon Kinder mit ausgesprochener
Zucker harnruhr. Vermeidet nun ein so veranlagter Mensch von vorn-
herein alle Brot- und Getreidespeisen, so wird er überhaupt gar nicht
erst erkranken.
Alle diese Krankheitserscheinungen sind in ihrer Entstehung zu
verfolgen, wenn wir uns den Unterschied klarmachen zwischen dem
natürlich gewachsenen Frucht- und Traubenzucker in Früchten od,er
dem gewachsenen Invertzucker in den Gemüsen und Wurzelgemüsen
und den durch Kochen oder Backhitze gehärteten und in Kleister ver-
wandelten Stärkezuckerstoffen des Brotes und der Getreidespeisen.
Aber es kommt noch eins hinzu, was bisher im Zusammenhang mit
dem Brot noch gar nicht berücksichtigt war. Außer der Stärke im
Mehlkern enthält das Getreidekorn in seinen verschiedenen Häuten
und Randschichten die wichtigen Mineralien und erdigen Grund-
stoffe, die zum kräftigen Aufbau des neuen Lebens vorgesehen sind,
die Proteine oder Eiweißstoffe in der Kleberschicht, der Einlage zwi-
schen Schale und Kern, und die Proteine und Ölstoffe in der Keim-
anlage mitsamt den zum Wachstum der Wurzel und des Halmes zu-
erst nötigen Vitazymen und Wuchsstoffen, auch Auxine genannt. Roh
verzehrt, können diese wichtigsten Bestandteile des Getreidekornes
von gutem Einfluß auf die Verdauungsarbeit sein und dürfen für den
Aufbau des menschlichen Körpers, seiner Organe und seines Geistes,
nicht fehlen, wenn schon Getreide gegessen werden soll. Jedoch ist
der Rohgenuß von frisch gemahlenem oder von Getreide im ganzen
Korn nicht empfehlenswert, wenn Anlage zu Rheumatismus vorliegt
oder die Magen- und Darmtätigkeit nicht besonders stark und die Er-
zeugung kräftigen Mundspeichels und entspr. Magen- und Darmsäfte
nicht sicher ist. Eingeweichtes Rohgetreide kann nur schwer vom
Körper verarbeitet werden, weil es im Munde nicht mehr einge-
speichelt werden kann.
Aber backen oder kochen wir die Erzeugnisse aus dem Getreide-
korn, so gehen diese Stoffe die schlimmen Veränderungen ein, die
wir bei der Gerinnung der Eiweißstoffe aller Art durch Hitze-
einwirkung kennen. Geronnenes Eiweiß, d. h. koagulierte und ihrer
Lebensfähigkeit beraubte Eiweißstoffe werden nur unvollkommen
von der Pepsin-Säuremischung im Magen gelöst und aufgespalten,
sie werden wohl verflüssigt, aber die Aufspaltung in ihre Amino-
169
säurenbausteine geht nur sehr unvollkommen vor sich. Das verzögert
natürlich die Verdauung, und die vorbeschriebene Gärung der Zucker-
stoffe zieht auch die Eiweißstoffe in Mitleidenschaft. Anstatt sich zu
lösen, können sie im Magen in Fäulnis übergehen und machen sich
oft als pestilenzartiger Mundgeruch schon äußerlich bemerkbar. Ein
Chronischwerden dieses Zustandes erzeugt dann im Laufe der Zeit
in Verbindung mit den sich zersetzenden Eiweißstoffen der vom
Tier stammenden Speisen die schlimmen Formen des Magenkrebses.
Gehen die Eiweißstoffe des Brotgetreides unvollständig gelöst in
den Dünndarm, so werden sie hier nicht weiter verändert, da die
Säfte der Bauchspeicheldrüse derart verarbeitete Eiweißstoffe nicht
angreifen können, und gelangen in den Dickdarm. Dort setzt sich die
Fäulnis rasch fort und wir sehen die Entstehung der Darmfäulnis
immer in Verbindung mit den eiweißhaltigen Stoffen der vom Tier
stammenden Speisen. Aus dieser entwickeln sich dann die schlimm-
sten Formen des Mastdarmkrebses.
Die Mineralstoffe des Getreidekornes sind unbestritten sehr wich-
tig für den Körper. Aber in der Backhitze und im Kochtopf gehen
sehr schwerwiegende Veränderungen mit ihnen vor. Sie verhärten
sich oder fallen aus ihren natürlich gewachsenen, organischen Bin-
dungen aus. Im Moment der in der Hitze sich auflösenden Lebens-
kräfte im Getreidekorn gehen sie Verbindungen mit anderen frei-
werdenden Stoffen ein und bilden sich um in schwer lösliche, im
Körper unbrauchbare Mineralstoffe von salzartigem Charakter. Um
nun der Hausfrau handgreiflich zu zeigen, was beim Kochen vor sich
geht, kann sie selbst folgenden kleinen Versuch machen: Das Quell-
wasser, auch das Leitungswasser unserer Städte besitzt eine innere
Spannung, eine lebendige Spannkraft. Diese kann sichtbar gemacht
werden, wenn man vorsichtig eine Nadel oder Stecknadel auf die
Oberfläche des Wassers legt. Die Spannkraft des Wassers hält diese
Nadel schwimmend. Erhitzt man das Wasser, so wird in dem Augen-
blick, wo die Oberfläche fast den Siedepunkt erreicht hat, die Span-
nung des Wassers plötzlich auf hören und die Nadel sinkt wie ein
Stein zu Boden. Diese lebendige Spannkraft des Wassers wirkt sich
im Saft der Pflanzen, im Fruchtfleisch usw. aus. Sie hält die erdigen
Grundstoffe in der Pflanze in der Schwebe und trägt sie hoch empor
in die Krone der Bäume. Erhitzt man nun die zur Nahrung aus-
ersehene Pflanze, so wird die Spannkraft des Wassers im Saft und im
Körper der Pflanze aufgehoben. Die erdigen Mineralstoffe werden
frei. Sie trennen sich aus ihren lebendigen spannkräftigen Bindungen
und sinken wie die Stecknadel im kochenden Wasser zu Boden. Es
bilden sich aus ihnen Kesselstein und Bodensatz. Aber nicht genug
damit, in dem Augenblick, in welchem die natürliche Spannkraft zer-
stört wird, lösen sich die Mineralstoffe aus ihrer lebenskräftigen
Bindung und gehen nun mit all den anderen Mineralstoffen, den
erdigen Grundstoffen in der Nahrung, neue Verbindungen ein.
Diese taugen dann nicht mehr zur Erhaltung der Lebenskraft im
170
Menschen. Diese festen, im Körper nur schwer umzuwandelnden
Salze vom Natrium, vom Kalium, vom Kalk und anderen sind aber
fein genug gelöst, um durch die Membranen der Zellwände hindurch-
gelassen zu werden. Sie verteilen sich im Körper ohne richtigen Ein-
bau in die Gewebezellen. Sie fallen ihrer Schwere entsprechend in
die Tiefe, sie sinken nach unten und im Laufe der Zeit bilden sich
aus diesen gekochten und gebackenen Mineralstoffen des Getreides
die Gichtablagerungen in den Füßen und Händen, an denen unsere
Vorfahren, die ja nur Vollkornbrot oder bestenfalls ausgesiebtes
Mehl kannten, so schwer und so vielfach zu leiden hatten. Die Gicht-
ablagerungen aus dem damals fast nur gegessenen Vollkornbrot ver-
zogen den Menschen die Muskeln und die Knochen unter oft unsag-
baren Schmerzen zusammen mit den aus anderen Ursachen stammen-
den rheumatischen Erscheinungen. Die Gelenke wurden steif und die
Menschen dadurch unfähig, ihrer Arbeit nachzugehen. Wohlgemerkt,
die Erscheinungen der Brotgicht und des Brotrheumas können nur
beim Verzehren von Brot aus dem vollen Korn auftreten. Deshalb
begrüßten es unsere Großeltern ganz instinktiv, als in der letzten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Patentmüllerei aufkam und mit
dem Fortschreiten dieser die Brotgicht langsam weniger wurde. War-
ten wir den Erfolg der Vollkornbrotbewegung ab, dann haben wir
nach einigen Jahren wieder ein Überhandnehmen der gichtischen
Erscheinungen, da in weiten Landstrichen und großen volkreichen
Ländern z. Z. fast nur Feinmehlerzeugnisse gegessen werden.
Der folgende Abschnitt ist einer Arbeit von D. Somogyi mit dem
Titel „Uber das Entstehen von Calcium-, Phosphor- und Vitamin-D-
Mangelzuständen“ in der Zeitschrift für Vitaminforschung entnommen.
„Wie aus der exakten Arbeit von McCance und Widowson hervor-
geht, beeinflußt das Schwarzbrot die Aufnahme von Calcium im
Organismus ungünstig. Diese Feststellung ist wichtig, weil sie zeigt:
Das Schwarzbrot weist nicht nur Vorteile gegenüber dem Weißbrot
auf, z. B. Reichtum an Vitaminen der B-Gruppe, sondern auch
schwere Nachteile.
„Der Grund der schlechteren Calciumaufnahme bei Schwarzbrot
anstelle des Weißbrotgenusses liegt darin, daß Schwarzbrot einen sehr
hohen Gehalt an Phytin (Inositphosphorsäure) aufweist. Calcium bil-
det zur Neutralisation dieser Art der Phosphorsäure mit dem Phytin
eine unlösliche, nicht auf nehmbare Verbindung. Das überraschende
Resultat der oben angeführten Autoren ist, daß bei Versuchspersonen
nicht nur weniger Calcium aufgenommen wurde, sondern daß in der
Mehrzahl der Fälle sogar eine negative Calciumbilanz entstand, d. h.
es wurde mehr Calcium ausgeschieden, als aufgenommen wurde. Das
erklärt sich daraus, daß selbst das mit den Verdauungssäften, z. B.
der Galle zur Verseifung der öl- und Fettstoffe in den Darm gelan-
gende Calcium nicht zurückgenommen, sondern, an das Phytin ge-
bunden, ausgeschieden wurde.
Wir wissen, daß der Minimalbedarf des Körpers an Calcium aus der
171
Nahrung entnommen werden muß. Bei Weißbroternährung ist der
Bedarf mit 500 mg pro Tag meist gedeckt, dagegen entsteht bei der-
selben Menge bei Schwarzbrot eine stark negative Calciumbilanz. Die
nachfolgende Tabelle zeigt gut die Richtigkeit der Beobachtungen:
Calciumaufnahme in mg pro Tag bei
8 Versuchspersonen
Weißbrot
Schwarzbrot
1
307
169
2
130
27
3
181
20
4
178
64
5
121
46
6
127
74
7
118
50
8
138
70
Während der Versuchsperiode wurden täglich mit der Nahrung
etwa 500 mg Calcium zugeführt.
Die Durchführung der Schwarzbrot- und Vollkorngetreideernäh-
rung wird bei nicht gleichzeitiger Zuführung von großen Mengen an
Kalk in der Form von Frischgemüse voraussichtlich bei 9 von 10
Personen einen Verlust des Körpers an Kalk verursachen.“ (Soweit
der Auszug aus den Forschungsergebnissen).
Wenn sich der Leser diese Erkenntnis der Forschung richtig über-
legt, wird er bald folgendes erkennen können: Bei der jetzt von so
vielen Lebensreformern eingehaltenen Ernährung mit viel Milch,
Schwarzbrot und Vollkorngetreide zeigen sich nach Überwindung
der aus dem Fleisch-, Fisch- und Eiergenuß entstehenden Krank-
heiten oft schwere Mangelzustände und besonders gern schmerzhafte
rheumatische Erscheinungen. Zu diesen möglichen Beschwerden kom-
men dann beim Vollkorn- oder Schwarzbrot die schon geschilderten
Magen- und Darmleiden, die aus der Gärung der Brot- und Getreide-
speisen entstehen. Das Vollkornbrot aus Roggen z. B. wird durchweg
mit Sauerteig verarbeitet. Die im Teig durch den Zusatz von Sauer-
teig einsetzende Gärung setzt sich dann gar zu leicht im Magen fort,
mit all den daraus sich ergebenden Folgen.
Folgen aus der chemischen Behandlung
von Getreide und Mehl
Bis ins vorige Jahrhundert hinein kannte man keine Feinmehle
oder Weißmehle, denn es war nicht möglich, die Keimanlage des Ge-
treidekorns vor dem Vermahlen restlos zu entfernen. Der Keim und
die Keimanlage wurden mitvermahlen, man konnte höchstens die
Schalen und Hüllen des Kornes nach dem Vermahlen aussieben und
erhielt dann die gesiebten Feinmehle, aus denen die Bäcker damals
die Feinbrote herstellten. Zu den damaligen Zeiten war das auch gut
möglich, die Bevölkerung lebte zum größten Teil in ländlichen Sied-
lungen in Dörfern, Flecken, Landstädten und nur vereinzelt gab es
172
größere Städte. Da brauchte nicht auf Vorrat gemahlen zu werden,
sondern der Bäcker erhielt aus der Mühle stets frisch gemahlenes
Mehl. Inzwischen verlagerte sich die Bevölkerung vom Dorf in die
Stadt. Es entwickelten sich die Riesenstädte der Industriegebiete und
die gewaltigen Groß- und Handelsstädte. Diese Verlagerung und Zu-
sammenballung der Bevölkerung machte eine gewisse Vorrats Wirt-
schaft in der Bereitstellung von Mehl und Getreideerzeugnissen not-
wendig. Das Mehl aber, mit dem Keim gemahlen, läßt sich nicht auf-
bewahren, denn die Proteine, die flüchtigen öle und Vitazyme in der
Keimanlage werden im vermahlenen Zustand unter der Einwirkung
des Luftsauerstoffs schnell ranzig und bitter. Man sann auf Abhilfe
und in Ungarn wurde das heute allgemein bekannte Schäl- und Ent-
spitzverfahren erfunden. Mit Hilfe dieser Patentmüllerei wurde das
Korn vor dem Vermahlen geschält, d. h. von seinen mineralstoff-
reichen Hüllen befreit und die Keimanlage abgeschlagen. Das Korn
wurde entspitzt. Es blieb der reine Mehlkern. Das daraus gewonnene
Mehl war schön weiß mit gelblicher Tönung und ergab ein schön
aussehendes Backwerk. Es eroberte sich schnell die Gunst der Haus-
frauen in der gesamten Kulturwelt, besonders in Frankreich, England
und Amerika. Durch dieses Patentverfahren wird das Getreidekorn
seiner wichtigen Mineralstoffe, seiner für die Gesunderhaltung un-
entbehrlichen Vitazyme, seiner Duft- und Ergänzungsstoffe, vor allem
aber seiner Keimanlage und damit des wichtigen Fruchtbarkeits-
vitazyms E beraubt. Von der Zeit an beginnen die Vitazymmangel-
krankheiten in den Kulturvölkern in verstärktem Maße Einzug zu
halten, die Volksgesundheit auf dem Umweg über den Genuß von
Fein- und Weißbrot zu untergraben und die Völker infolge des Man-
gels an Fruchtbarkeitsvitazymen im Brot zur Unfruchtbarkeit zu
verdammen. (Siehe Frankreich und Nord- Amerika.)
Aber um die Haltbarkeit des Brotgetreides und die gewünschte
blendende Weiße des daraus hergestellten Mehles und der Mehl-
erzeugnisse zu gewährleisten, griff die Nährmittelindustrie zu den
verschiedenen chemischen Hilfsmitteln, die für den lebenden Orga-
nismus des Menschen schwere Gifte sind. Erwähnt sei in diesem Zu-
sammenhang z. B. eine geringe Beimischung eines Pulvers aus Benzol-
peroxyd und Kaliumphosphat oder die Durchgasung des Mehles mit
Chlorgasen verschiedener Zusammensetzung oder einfach mit Stick-
stoffoxyd. Zu den Schädigungen, die aus dem Gebrauch und der Ein-
wirkung dieser Mittel auf das Mehl direkt entstehen, kommen noch
die Schädigungen, die aus der Behandlung der Lagerräume bei der
bekannten Blausäuredurchgasung oder Durchgasung mit Nikotin-
präparaten zur Bekämpfung der Mehlmotten und dergleichen Me-
thoden zur Erhaltung der Lagerfähigkeit des Getreides gebräuchlich
sind. Wohlgemerkt, die Durchgasung der Lagerräume geschieht nicht,
wenn sie leer sind, sondern ganz regelmäßig mit den gesamten
Lagerbeständen.
In der chemischen Retorte mögen sich nach den Angaben der Fach-
173
leute und der Industrie diese schweren Gifte nicht schädlich auswir-
ken, aber was tun sie im menschlichen Körper? Wir wissen aus den
Erfahrungen der Homöopathie, daß Medikamente und Gifte ihre Wir-
kungen noch in den unvorstellbaren Verdünnungen von der neunten
Potenz im Körper ausüben können. Bei diesen Verfahren aber wer-
den Nahrungsmittel direkt mit schweren Giften gemischt oder laufend
mit ihnen in Berührung gebracht. Blausäure wirkt als Gas auch in
feinsten Spuren noch mit merklichen Reiz- und Giftwirkungen im Kör-
per. Aber wer hat bisher gewagt, die Ursache der seit J^Jirzehnten
in immer neuen Formen auftretenden, schleichenden Krankheiten
mit diesen Konservierungs- und Bleichverfahren des Mehles und des
Getreidekornes in Verbindung zu bringen? Wer es dennoch wagte,
die Gesundheit des Menschen den Vorteilen der Nahrungsmittel-
industrie voranzustellen oder forderte, daß die Volksgesundheit allen
anderen Vorteilen voranzugehen hat, dem wurde vom Industrie-
kapital recht bald der Mund gestopft.
In diesem Zusammenhang sei auf den Aufsatz von Dr. med. Elisa-
beth Tornow in Heft 1 Jahrgang 1952 der Zeitschrift „Hippokrates“,
Zeitschrift für praktische Heilkunde, hingewiesen. In diesem umfang-
reichen Aufsatz wird unter dem Titel „Gesundheitsschädigungen
durch Mehlbehandlungsmittel“ der Nachweis einer großen Anzahl
von Gesundheitsschädigungen erbracht. Der folgende kurze Auszug
wird auf das Wichtigste hinweisen.
Die Anwendung der oben angeführten verschiedenen Mehl-
bleichungs- und Behandlungsmittel führt danach zu erhöhter An-
fälligkeit der im Bäckergewerbe Tätigen, zum Bäckerekzem und zu
Hautschäden. An Versuchstieren wurden Schädigungen nachgewiesen,
die dem typischen Bild der Mehlnährschäden bei Säuglingen ent-
sprechen mit Wachstumsstörungen und all den Fehlern, die durch
eine ausgesprochene Mangelnahrung entstehen. Es wird dann gezeigt,
daß durch die Mehlbleichung und Behandlung der nicht unbeträcht-
liche Gehalt des Mehlkernes und damit auch des Mehles an Carotin,
d. h. der Vorstufe zum Wachstums vitazym A, zerstört wird. Der das
Verhornen verhütende Wachstumsstoff A beziehungsweise die Vor-
stufe dazu, das Carotin, erzeugt die gelbliche Verfärbung des Mehles,
und dieser lebenswichtige Gehalt im Mehlkern wird durch die Mehl-
bleichungsverfahren zerstört. Das Mehl wird reinweiß. Aber die
Chemikalien selbst, durch die das Carotin zerstört wird, sind an sich
sehr schädliche Giftstoffe. So wurde an Versuchstieren, die zusätzlich
mit Erzeugnissen aus gebleichten Mehlen gefüttert wurden, Krampf-
zustände beobachtet, die von menschlicher Epilepsie nicht zu unter-
scheiden waren. Andere Versuchstiere zeigten Störungen der willkür-
lichen Muskelbewegungen. Bei anderen entwickelten sich schwere
Schäden, die zum Tode führten. Eine andere Reihe von Tieren, die
mit Breien aus Mehl gefüttert wurden, das mit stickstoffenthaltenden
Mehlbleichungsmitteln bearbeitet war, zeigte ausgeprägte Zustände
der Pellagra, d. h., jener Mangelkrankheiten der Haut, die nässende
174
Ekzeme der Haut und der inneren Schleimhäute bis zur Mundfäule
entstehen lassen. Daraus geht hervor, daß nicht nur der Wirkstoff A,
sondern auch die Wirkstoffe der Vitazym B-Gruppe zerstört werden.
Dazu kommen noch eine Reihe von Nerven- und Kreislaufstörungen,
die als Folge der Mehlbleichung beobachtet wurden.
Zum Schluß erwähnt dann die Verfasserin noch, daß in den euro-
päischen Ländern, die seit jeher am meisten Weizenerzeugnisse ver-
zehrten, in Frankreich, Belgien, Schweden und der Schweiz, die Mehl-
bleichung und „-Verbesserung“ verboten ist, nachdem diese schweren
Schädigungen einwandfrei festgestellt worden waren. Hoffen wir auf
ein Gesetzes werk, das die Verwendung von Giftstoffen in der Lebens-
mittelindustrie und im Handwerk grundsätzlich verbietet. Das ist in-
zwischen auf dem Verordnungswege erfolgt
Im Anschluß an diesen Aufsatz mit dem Nachweis, daß die Ver-
suchstiere an krampfartigen und lähmenden Erscheinungen erkrank-
ten und daran z. T. verendeten, sei die Frage erlaubt: In welchem
Zusammenhang steht die Mehlbleichung und „Mehl Verbesserung“ mit
der Zunahme des Auftretens der Kinderlähmung?
Aber auch jetzt ist die versteckte Ursache so vieler Volkskrankhei-
ten aus dem Brotgenuß noch nicht restlos geklärt. Ehe wir das fertige
Brot aus dem Laden holen können, muß es erst gebacken werden.
Deshalb müssen wir, ehe wir diesen Abschnitt über die Krankheits-
entstehung durch Brot- und Getreidenahrung zum Abschluß bringen,
noch einen Blick in die Backstube tun. Die Hauptarbeit des Bäckers
ist die Aufbereitung des Teiges, damit das Brot und der Kuchen
schön aufgehen und ein mehr oder minder lockeres Gebäck entsteht.
Um dies zu erreichen, wird der Teig entweder mit chemischen Stoffen
durchsetzt, die bei ihrer Erhitzung Kohlensäure freigeben, oder es
wird Sauerteig oder Hefe angewendet, um die Zuckerstoffe im Teig
in Gärung zu versetzen. Die bei der Gärung entstehende Kohlen-
säure und der Alkohol treiben dann den Teig auf und lockern das
fertige Erzeugnis. Das Prinzip ist immer das gleiche: durch die frei-
werdende Kohlensäure soll der Teig aufgelockert werden.
Wird Sauerteig verwendet, so wird die Brotgärung, durch die an
sich schon viele Magenleiden entstehen, gefördert und begün-
stigt. Aus dem Grunde können so viele Menschen kein sauerteigge-
triebenes Vollkornbrot vertragen.
Die Anwendung von Hefe ist für die Gesundheit an sich günstiger,
da bei richtiger Bemessung nur so viel Zuckerstoffe im Teig in
kohlensaure Gärung versetzt werden können, als die zugesetzte Hefe
bewältigen kann. Das Erzeugnis bleibt an sich süß. Auch entstehen
dadurch im Verhältnis zum Vollkornbrot geringere Schäden.
Bei der Kuchenherstellung verwendet der Bäcker und Konditor
genau wie die Hausfrau Backpulver verschiedener Art. Diese Back-
pulver sind chemische Erzeugnisse, die bei ihrer Erhitzung Kohlen-
säure entstehen lassen. Die Kohlensäure ist vorher an Mineralstoffe,
175
zur Hauptsache an Natrium oder Kalium, gebunden. Der größte Teil
der Backpulver besteht aus Natrium-Bikarbonat, Kalium-Bikarbo-
nat, Kalium-Bisulfat, Aluminium-Sulfat. Auch Ammonium-Karbo-
nat, bekannt als Hirschhornsalz, und ähnliche chemische Backhilfs-
mittel finden Anwendung.
Wird nun der Teig der Backhitze ausgesetzt, so löst sich die Koh-
lensäure von den mineralischen Bestandteilen. Die Kohlensäure lok-
kert den Teig und das zur Anwendung gekommene Natrium oder
Kalium oder Aluminium, was es gerade ist, bleibt in rein minera-
lischer Form im Gebäck zurück. Nun wissen wir, daß alle reinen
Mineralstoffe vom Körper nicht verarbeitet werden können, sondern
als Schlacken Zurückbleiben. Da nun diese mineralischen Reste der
Backpulver wegen ihrer feinen Zerteilung vom Körper mit aufge-
nommen werden, so gelangen sie unter Umständen mit den Zucker-
stoffen in die Blütbahn, bestimmt aber in den allgemeinen Saft-
strom, und werden durch den Körper hindurchgeschleppt. Hier be-
wirken sie an sich keine wesentlichen Störungen. Sie wirken nicht als
Krankheitserreger, sondern ihrer Schwere wegen sammeln sie sich
in den äußersten Gliedmaßen, in den Füßen und Zehen und in den
Händen und Fingern. Hier finden wir sie wieder als schmerzhafte
Gichtknoten. Die Gicht, die in früheren Jahrzehnten sehr stark un-
ter der Bevölkerung verbreitet war, ehe der große Fleischverbrauch
aufkam, ergibt sich da als eine Folge des Genusses von Kuchen und
Feingebäck, die mit Backpulvern gelockert wurden.
Der Verbrauch von Backhilfsmitteln zur Verschönerung des Fer-
tiggebäckes, zur Herstellung von Glasuren und was alles noch in
Frage kommt, die Verwendung von Backaromen, chemischen Süß-
stoffen zum Süßen des Gebäcks, ist so unendlich groß, daß man
heute in einer Konditorwerkstatt schon mehr an einen Drogerieladen
erinnert wird durch die vielen Fläschchen und Dosen, die alle diese
verschiedenen Stoffe beherbergen. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß
z. B. Backaromen und ein Teil der Farben chemische Erzeugnisse
sind, die zum Teil dem Kohlenteer entstammen. Alle Kohlenteer-
produkte wirken im Körper sehr schädigend, denn der Körper kann
sie in keiner Weise irgendwie verwerten. Er kann sie aber auch nicht
herausschaffen, da sie durch die Eigenart ihrer Herstellung in fein-
ster Verteilung durch die Membranen der Darm wände hindurch-
gehen. Alle Kohlenteerprodukte aber sind als krebserzeugend be-
kannt.
Wer mehr über die industrie- und gewerbsmäßige Verschandelung
der täglich verzehrten Backwaren und aus Getreide hergestellten
Erzeugnisse wissen will, der möge in dem Buche von Kurt Len-
zer: „Gift in der Nahrung “ nachlesen. Das Buch erschien schon
viele Jahre vor dem zweiten Weltkrieg und hat viel Beachtung und
Bekämpfung erfahren. Es ist aber in allen seinen grundlegenden
Aufschlüssen bisher nicht widerlegt worden. Es konnten keine Un-
wahrheiten nachgewiesen werden. Das Buch war schon seit Jahren
176
im Buchhandel nicht mehr erhältlich, ist jetzt aber neu aufgelegt und
mit vielen Ergänzungen versehen.
Es könnte noch vielerlei mehr über Brot- und Getreidekrankheiten
gesagt werden, z. B. alles das, was im Zusammenhang steht mit den
Ausführungen im nächsten Abschnitt über die Krankheiten, die aus
dem Fleischverzehr entstehen.
Hier sei nur noch erwähnt, daß die durch die Patentmüllerei einge-
führte Herstellung hochgradig ausgemahlener und gebleichter Mehle
die Entstehung von Krankheiten der Verdauungsorgane besonders
fördert. Diese Feinmehle enthalten nichts weiter als die reine Stärke
oder den sog. Mehlkern und nichts mehr von den für den mensch-
lichen Körper so notwendigen Mineralstoffen. Auch fehlen so gut
wie alle Vitazyme und Wirkstoffe, die sonst im Getreidekorn ent-
halten sind. Sie verstärken im Laufe der Zeit die Mangelkrank-
heiten, welche alle Krankheitserscheinungen erheblich verschlimmern.
Nun werden nicht alle Menschen in ausgesprochenem Maße für die
bösen Auswirkungen der Brot- und Getreidespeisen anfällig sein.
Die es aber sind, entwickeln ganz bestimmte Merkmale. Ein Teil der-
selben ist zu erkennen an der Anlage zu Fettsuchtserscheinungen,
an den vollen runden Körperformen und an dem vollen Gesicht mit
Hängekinn. Es sind dies die Anzeichen dafür, daß der Zuckerstoff-
wechsel nicht richtig vor sich geht und Störungen im Anzug sind.
Die andere Gruppe von Menschen, die an Gärungserscheinungen als
Folge des Brot- und Getreidegenusses leiden, zeigt durchweg hagere
Gesichtszüge mit hervortretenden Knochen und leidendem Ausdruck.
Bei diesen säuert und gärt alles, was sie an Brot- und Getreidespeisen
essen. Mit der Brotgärung aber kommen alle anderen Speisen und
Zutaten in Gärung und Fäulnis. Die Heilung dieses Zustandes, der oft
schon im Säuglingsalter mit der ersten Milchbreinahrung einsetzt, ist
sehr schwierig und langwierig. Die Heilmaßnahmen müssen eingelei-
tet werden mit strengster Vermeidung aller Brot- und Getreide-
speisen, auch Rohgetreide, aller säuerlichen Obstarten und aller künst-
lichen Süßigkeiten, bei gleichzeitiger Verabreichung von frisch ge-
preßten Rohsäften aus Wurzelgemüsen. Besonders wirksam sind
Möhrensaft, Rettichsaft und Saft aus biologisch angebauten Kartof-
feln. Kartoffeln, die mit frischem Stallmist und Jauche gedüngt wur-
den und noch Gaben von Kalisalzen und Kunstdünger obendrauf er-
hielten, sind zur Heilung solcher Zustände ungeeignet. Die Saftgaben
sind dann nach und nach zu ergänzen durch Gemüsegerichte aus
frischem grünem Gemüse, mit feingemahlenen Nüssen, besonders
Erdnußkernen, angemacht. Im Sommer können süßes Beerenobst und
süßes Steinobst aller Art gegessen werden, doch ist beim Genuß von
Äpfeln Vorsicht zu üben, da diese leicht säuern.
Ein ebenso wichtiges Heilmittel bei diesen Zuständen sind die schon
mehrfach erwähnten Leinsaatzubereitungen.
12 Sommer, Ernährung
177
II.
Krankheiten durch Genuß von Fleisch und
anderen vom Tier stammenden Erzeugnissen
Um diesen Krankheiten auf die Spur zu kommen, müssen wir uns
wiederum klar machen, welchen Weg die Speisen im Körper nehmen
und welchem Zweck sie dienen sollen.
Bei den Folgen der Brot- und Getreidespeisen sahen wir, wie sich
schmerzlos und schleichend eine Entartung der blut- und muskel-
bildenden Säfte einstellte, durch die eine große Anzahl schmerzloser,
aber zu hoffnungslosem Zusammenbruch führender Krankheiten ent-
steht. Durch den Genuß des Fleisches der Tiere und Fische und der
vom Tier stammenden Erzeugnisse wie Eier, Milch, Käse, Wurst- und
Fischerzeugnisse entstehen im Körper des Menschen Veränderungen
seiner Stoffwechselvorgänge und seiner Gewebe, die einen ganz
anderen Charakter zeigen und sich ganz anders auswirken als die im
vorigen Abschnitt behandelten Krankheitserscheinungen.
Weil der Körper des Menschen in all seinen Geweben und Organen,
in seinen Knochen und Muskeln, in seinem Hirn und seiner Nerven-
masse aus Eiweißgebilden besteht, glaubte der Mensch, er müßte ver-
suchen, seinem Körper solche oder ähnliche Stoffe zuzuführen. Er
glaubte, diese im Fleisch der Tiere und in den vom Tier stammenden
Erzeugnissen zu finden. Er glaubte, wie wir es ja noch heute bei
manchen primitiven Völkern beobachten können, daß er sich mit dem
Fleisch der Tiere und ihrer Erzeugnisse auch die Kraft und den
Lebensmut der Tiere ein verleibe. Auch der kultivierte Mensch moder-
ner Prägung schwört darauf, daß Fleisch und vom Tier Stammendes
die beste und kräftigste Nahrung sei. Auch er glaubt, sie nicht missen
zu können, da sie für die Erhaltung seines Lebens unerläßlich sei.
Selbst Ärzte und namhafte Forscher sind bis heute von dieser An-
sicht, von diesem Glauben nicht frei gekommen. Und doch ist die
Menschheit mit diesem Glauben einem ungeheuerlichen Irrtum ver-
fallen.
Es ist nun keineswegs so, daß die Menschen von Anbeginn diesem
Irrtum verfallen waren. Aus der Mythologie der Frühzeit aller Völker
und Völkerschaften erfahren wir von dem idealen Zustand in Ernährung
und Lebensart, der einst bestanden hat. Alle Mythen und Sagen der Vor-
zeit wissen von einem Leben in fruchtbaren Gärten und freischaffender
Arbeit darin zu berichten. Die Geschichte vom göttlichen Leben im
Garten Eden in der Bibel ist nur eine Erzählung von vielen, aber
vielleicht die bekannteste von allen. So hat z. B. die vorgeschichtliche
178
Forschung unserer eigenen Vorfahren in den sogenannten Küchen-
abfallhaufen große Mengen von Haselnußschalen festgestellt. Daraus
geht hervor, daß die Haselnuß ein wesentlicher Bestandteil der Nah-
rung unserer eigenen Vorfahren war. Das freie germanische Boden-
nutzungsrecht teilte zudem den Boden als Gotteseigentum nicht in
große Feldwirtschaften mit Monopolbesitzrecht einzelner ein, wie
es bei den römischen Latifundienbesitzungen der Fall war, sondern
teilte der einzelnen Familie nur zu, was diese zur Erhaltung des
Lebens benötigte. Das aber bedingte kleine Parzellen mit mehr
gartenmäßiger Bewirtschaftung und Erzeugung der Nahrung durch
Gartenbau. Welchen Anteil Rohnahrung aus dem Garten, ergänzt
durch Haselnüsse, in der Ernährung unserer Vorfahren hatte, das
wissen wir nicht. Wir wissen aber aus der Untersuchung des Magen-
und Darminhaltes der im National-Museum in Kopenhagen befind-
lichen Moorleichen und aus dem Zustand ihres Magen-Darmkanals
und dem Zustand der Schleimhäute desselben: Unsere nordischen
Vorfahren haben kein Fleisch vom Fisch und nichts vom Tier Stam-
mendes gegessen. Es fanden sich im Magen- und Darminhalt zur
Hauptsache die aufgelösten Bestandteile von wildwachsenden und
angebauten Kräutern, Wurzeln u. a. und von Haselkernen. Die
Schleimhäute zeigten auch nicht die typischen krankhaften Verände-
rungen, die sich stets einstellen, wenn Fleisch, Fisch oder vom Tier
Stammendes gegessen wird. Nach dem Zustand ihrer inneren
Schleimhäute zu rechnen, haben die Betreffenden in ihrem Leben
nur von rohen Kräutern, Wurzeln, Früchten und Nüssen gelebt und
niemals Fleisch verzehrt. Wir wissen ferner, daß germanische Siedler
während des zweiten und dritten Jahrhunderts n. Chr. in großer
Zahl in Oberitalien und in die von den Römern abgeholzte Poebene
einströmten. Diese Siedler germanischer Herkunft verwandelten die
Poebene zum großen Erstaunen der Römer in einen einzigen großen
Garten und ernährten sich daraus, soweit sie Niederlassungsrecht er-
hielten. Daraus geht doch unzweifelhaft hervor, daß Gartenbau auch
die Grundlage der Ernährung unserer daheimgebliebenen Vorfahren
war. Erst durch die immer inniger werdende Berührung mit den
Römern und anderen mittelmeerländischen Völkern änderten sich
die Ernährungsgewohnheiten unserer Vorfahren, bis durch die geisti-
gen Umwälzungen, welche der „Völkerwanderung“ folgten, auch
diese die vom Tier stammenden Genußmittel nicht mehr vermissen
wollten.
So lange die germanischen Völker ihre Nahrung zur Hauptsache
auf kleiner Fläche gartenmäßig erzeugten, waren sie friedliebender
Natur und traten geschichtlich in keiner Weise hervor. Erst mit der
Entstehung einer Vorliebe für den Genuß vom Fleisch der Tiere und
vom Tier stammender Erzeugnisse mußte sich zwangsläufig auch die
Art der Nahrungsgewinnung ändern. Nach der Einführung des Ge-
nusses von Tierfleisch mußte auch der deutsche Mensch bestrebt sein,
stets genügend große Mengen von Schlachttieren zur Verfügung zu
179
haben, da die Ergebnisse der Jagd doch gar zu unsicher waren, um
seinen Hunger zu befriedigen. Um Schlachttiere großziehen und
füttern zu können, braucht es großflächiger Wiesen, Weiden und Fel-
der, die regelmäßig zur Erzeugung von Futtermitteln für den Ge-
brauch während futterknapper Zeit bestellt und bearbeitet werden.
Auch der deutsche Mensch verwandelte deshalb seine Gärten in
futtertragende Weiden und da diese bald nicht mehr ausreichten,
holzte er die außerhalb seiner Siedlungen üppig wuchernden Wälder
ab und verwandelte sie in Wiesen und Felder. Dabei lernte er nach
dem Vorbild der Orientalen und Römer von der Frucht der Gräser,
die ursprünglich nur zur Ernährung des Viehs angebaut wurden,
Nahrung und Brot herzustellen. So ersteht mit der Wandlung seiner
Nahrung vor unseren Augen aus dem gartenbautreibenden Germanen
der Ackerbauer und Viehzüchter unserer Tage. Mit der Vergrößerung
des Viehbestandes zur Ernährung der anwachsenden Bevölkerung
wurde die Beschaffung immer größerer Mengen von Futtermitteln
notwendig. Das bedingte immer weitere und größer werdende Ab-
holzungen des Waldbestandes und da nach dem Gesetz der abneh-
menden Bodenfruchtbarkeit der Ertrag der baumlosen Felder immer
mehr zurückging, so sehen wir mit dem Erstehen und Heranwachsen
der Kulturvölker einen immer geringer werdenden Waldbestand.
Wehe aber dem Volk, das seinen Waldbestand lichtet und einen
solchen Wandel seines Bodens vornimmt, um dem Fleischgenuß huldi-
gen zu können. Es wird je nach den klimatischen Verhältnissen die
Fläche der Erde früher oder später in eine Wüste verwandelt sehen.
Das Land der einstigen gepriesenen Kulturvölker des Ostens und der
Mittelmeergebiete beweist uns diesen Vorgang nur zu deutlich. Aber
nicht nur die Erde wurde verwandelt, auch der Charakter der Men-
schen ändert sich mit ihrer Ernährung. Solange der Mensch garten-
mäßig nur für seine eigene Nahrung zu sorgen hat, ist er frei von
Bindungen an andere und ist deshalb ein wirklich freier Mann in
allen seinen Entschlüssen. Er wird aber als friedliebender Mensch
diese Freiheit niemals zum Schaden seiner Nachbarn ausnutzen, son-
dern im Gegenteil gerne bereit sein, diesen in seiner Freizeit zu
helfen, falls Hilfe notwendig sein sollte. Zur Befriedigung seiner
Sucht nach Fleisch aber muß er zuerst für die Ernährung der Schlacht-
tiere sorgen. Das bedingt im Gegensatz zur Gewinnung der Nahrung
aus gartenmäßigem Anbau riesige Weiden und Felder. Diese kann
man nicht bearbeiten, wenn man nicht weiß, daß dem Bebauer auch
der Ertrag sicher ist und er die viele Mühe und Arbeit nicht schließlich
für andere hatte, die mit der Ernte bei freier Bodennutzung durch-
gehen könnten. So wandelte sich mit der Umstellung der Ernährung
das Bodenrecht und aus dem natürlichen freien Bodennutzungsrecht
für alle wurde das Bodenbesitzrecht, das Bodenmonopolrecht, für
einzelne Besitzer von Viehherden unter Ausschluß aller übrigen von
der Bodennutzung. Das aber bringt eine Umschichtung der sozialen
Verhältnisse mit sich. Von nun an gibt es Besitzer mit monopolarti-
180
gen Rechten am Boden und solche, die aus der einst freien Boden-
nutzung durch das Recht des Stärkeren verdrängt wurden. Diese
führten im Altertum ein Hundeleben als unfreie Sklaven oder
schlecht bezahlte Lohnarbeiter, die aber heute als Knechte oder
Industriearbeiter ebenso heimatlos und besitzlos aus der Gemein-
schaft der Besitzenden ausgeschlossen sind. Bei anwachsender Be-
völkerung wird die Erzeugung von Schlachttieren auf der gleichen
Fläche der Erde immer schwieriger und die Völker kommen deshalb
gar zu leicht in die Versuchung, ihren Anteil an der Fläche der Erde
und deren Nutzung zu vergrößern. Das aber ist nur möglich
durch die Verdrängung oder Unterjochung an-
derer Völkerschaften, durch m^ nnermordende
Kriege mit allen ihren Folgeerscheinungen.
So einschneidend die Einführung des Genusses von Tierfleisch und
vom Tier stammender Erzeugnisse auf die soziale Schichtung und die
rechtliche Stellung der Menschen zueinander wirkte, so einschneidend
wirkt sie sich auch aus im Körper der Menschen und in ihrem Ge-
sundheitszustände.
Wir sahen im ersten Teil dieses Buches, wie einfach und leicht die
Umwandlung der pflanzlichen Nahrung im natürlich gewachsenen
Zustand im Körper des Menschen vor sich geht und wie sich aus
gartenmäßig erzeugter Nahrung ein gesunder, blühend schöner Kör-
per mit einem natürlichen Empfinden und einem gesunden Seelen-
leben , entwickeln muß. Die gewachsene, pflanzliche Nahrung, in
lebensvollem Zustand verzehrt, erhält nicht nur das Leben, sondern
kräftigt den Menschen und seine Organe, wirkt immer aufbauend
und erhält ihn gesund und rein. Zur Verarbeitung derartiger pflanz-
licher Rohnahrung brauchte es im Magen und in den Därmen nur
milder Lösungsmittel; denn die Wandelbarkeit derselben wird durch
die in der Pflanze vorgesehenen Vitazyme und Wirkstoffe unter-
stützt. Der ganze Verdauungs- und Wandlungs vor gang im Körper
wird kaum wahrgenommen, bzw. ist nur mit freudigen Lust- und
wachsenden Kraftgefühlen begleitet. Ein solches befriedigtes Be-
glücktsein nach der Nahrungsaufnahme kennt der landesüblich mit
gebackenem Brot, gekochten Gemüsen und vom Tier stammenden
Erzeugnissen sich Nährende überhaupt nicht. Der Verdauungs Vorgang
nach einer landesüblichen Mahlzeit ist der unnatürlichen Gewinnung
und Zubereitung entsprechend ein ebenso unnatürlicher und deshalb
ein Vorgang, auf den der natürliche Mensch von Geburt her nicht
eingerichtet ist. Der Mensch spürt deshalb eine jede derartige Mahl-
zeit auch bei landesüblich wohlzubereiteten, schmackhaften Gerichten
nach der vorübergehenden Gaumenbefriedigung als Belastung seiner
Organe oft mit Magendrücken, Sodbrennen und mit lähmend auf die
Arbeitslust und auf die geistige Aufnahmefähigkeit wirkenden Ge-
fühlen. Das ist an sich nach dem Vorhergesagten nicht verwunder-
lich. Zum Verständnis müssen wir uns die Vorgänge eindeutig klar
machen.
181
Wir sahen, der Magen des Raubtieres löst Fleischfetzen und Kno-
chenstückchen mühelos durch eine Salzsäure-Pepsinmischung im
Magen und spaltet sie in ihre Grundlagen auf. Es entstehen als
Lösungsergebnis aus den Eiweißbestandteilen des gerissenen Tier-
fleisches und den faulenden Kadaverfetzen Zuckerstoffe und Amino-
säuretrümmer. Die entstehenden Zuckerstoffe werden im Körper des
Raubtieres genau so verwertet wie die Zuckerstoffe, die das Weide-
tier direkt mit der pflanzlichen Nahrung in sich aufnimmt, während
die Aminosäurereste schnellstens durch alkalische Bestandteile im
gelösten Fleisch oder aus dem Vorrat im Körper des Tieres abgebun-
den und in Harnstoff und Harnsäure verwandelt werden müssen.
Diese müssen durch die Nieren zur schnellen Ausscheidung kommen,
damit das Raubtier nicht daran zugrunde geht. Das Weidetier nimmt
keine Fleischfetzen in sich auf und braucht sie deshalb auch nicht zu
lösen. Es fehlen im Magen der Weidetiere deshalb auch solche Säfte
vollständig, die Fleisch lösen könnten. Sie werden nicht gebraucht.
Wer sagt und beweist uns nun, daß der Mensch von seiner Erschaf-
fung her ursprünglich als Gemischtesser oder gar als fleischverzeh-
rendes Raubtier auf die Welt gekommen ist? Wer erbringt uns den
untrüglichen Nachweis, daß der Mensch von Anbeginn die Fähigkeit
hatte, in seinem Magen fleischlösende Säfte, die Pepsin-Salzsäure-
Mischung, in genügender Menge zu erzeugen, und deshalb von An-
beginn befähigt und vorbestimmt war, sich wie ein Raubtier zu er-
nähren?
Das Gebiß des Menschen mit der kleinen Mundhöhle und den
vielen breiten Mahlzähnen ohne einen ausgesprochenen Reißzahn
verweist ihn mit Sicherheit in die Gruppe der vom Pflanzenwuchs
lebenden Geschöpfe. Er hat im Gegensatz zu allen Tieren eine aus-
gesprochene Vorliebe für Obst und Früchte aller Art, die ein Raub-
tier erst nach Gewöhnung durch den Menschen anrührt und ein
Weidetier beiseite läßt, wenn frisches, junges Gras vorhanden ist.
Daraus geht hervor, daß dem Menschen von Anbeginn seiner Natur
nach nur solche Säfte für die Verdauung zur Verfügung standen, die
frisches grünes Gemüse, süßes Wurzelgemüse und Obst lösen und
wandeln konnten. Solange der Mensch seiner Anlage nach sich
von grünen Gemüsen, Wurzelgemüsen und Früchten nährte, kannte
er keine Krankheiten und Beschwerden, aber das genügte ihm nicht.
Wie er dazu kam, sich in seiner Ernährung Wahnvorstellungen hin-
zugeben, wie er auf den Gedanken kommen konnte, daß ihm mit
dem Genuß vom Fleisch der Tiere auch die Kraft dieser zufallen
würde, wird im dritten Teil dieses Buches gezeigt werden. Tatsache
aber ist, daß auch der primitive Mensch teils durch Nachahmung der
Gebräuche anderer, teils durch Einwirkung dämonischer Wahnvor-
stellungen zum Genuß von Tierfleisch und vom Tier stammender Er-
zeugnisse überging.
Nachdem der Mensch erst einmal Fleisch gegessen hat, das ihn
zwar zu Beginn reichlich stark anwidert und dem er nur schwer Ge-
182
schmack abgewinnen kann, wird sein Körper sich doch nach und
nach daran gewöhnen, d. h. die Lebenskraft beginnt sich auf die Ver-
arbeitung einzustellen. Sie kann es doch nicht zulassen, daß das
Fleisch im Magen und Darm einfach in faulige Zersetzung übergeht
und die ganzen Vorgänge lebenswidrig stört. Sie muß sich doch
irgendwie dagegen wehren. Bei fortgesetztem Verzehr von Fleisch
als Bestandteil der Speisen entwickelt der Magen des Menschen als
Gegenwehr die gleichen Arten von Säften, die wir im Magen des
Raubtieres als naturnotwendig kennen lernten. Es entwickelt sich
die Fleisch- und Eiweißstoffe lösende Saftart des Raubtiermagens
auch im Menschen, aber mit nur schwacher Wirksamkeit, gemessen
an der Kraft der Magensäfte des Raubtieres. Die Lösung auch des
härtesten Knochens durch die Pepsin-Salzsäure im Magen des Raub-
tieres erfolgt in weniger als einer halben Stunde. Die Auflösung von
Fleisch im Magen des Menschen braucht oft mehr als vier Stunden.
Mit der Kraft des Lösungsmittels sinkt auch entsprechend die Wirk-
samkeit in Bezug auf das Ergebnis. Hat aber die Entwicklung dieser
fleischlösenden Säfte im menschlichen Magen erst eingesetzt, dann
setzt sich diese munter fort, auch wenn mal kein Fleisch in der Mahl-
zeit vorhanden war. Diese Säfte sammeln sich dann im Magen und
melden ihre Anwesenheit im Hirn an. Sie verlangen nach Auswir-
kung und die unerbittliche Sucht nach Fleischgenuß und das Ver-
langen nach vom Tier Stammenden setzt ein.
Der Mensch wird nach Gewöhnung an Fleisch-
genuß süchtig darauf.
Will er diesen süchtigen Hang nach vom Tier stammenden Genuß-
mitteln überwinden, so braucht es nach der Erfahrung aller ernsten
Vegetarier einer gewissen Zeit der Entwöhnung. Während dieser
Zeit weiß der Betreffende wohl von der Schädlichkeit des Fleischge-
nusses, aber die sich fortsetzende Erzeugung von fleischlösenden Säf-
ten im Magen reizt von Zeit zu Zeit seinen Gaumen und verführt zu
einem Rückfall. Gewöhnlich merkt er schon gleich nach dem Genuß
an der Schwere seiner Gefühle, daß er einen Fehler machte, aber die
Sucht trieb ihn zur Übertretung seiner guten Vorsätze. Nach und
nach wird der Zeitraum zwischen den eigentlich süchtigen Perioden
immer größer und größer, bis das Verlangen überwunden ist. Damit
hat der Magen aufgehört, die lösenden Säfte zu erzeugen und von da
an ist es für den Betreffenden schon ein Ärgernis, an einem Fleischer-
laden vorübergehen zu müssen. Diese Tatsache des Süchtigwerdens
und die Schwierigkeiten der Entwöhnung zeigen uns klar, daß dem
Menschen von Anbeginn das Fleisch der Tiere und alles vom Tier
Stammende nicht als Nahrung zugedacht war; denn ein Raubtier vom
Fleisch entwöhnen zu wollen und es vegetarisch zu ernähren, ist so
gut wie unmöglich. Die Säfte und Instinkte seiner Natur lassen sich
nicht überwinden. Selbst Hunde können wohl mal eine Zeitlang
vegetarisch ernährt werden, aber sie erkranken dabei sehr leicht und
verlieren nie die Fähigkeit, Fleisch und Blut schon auf weite Ent-
183
fernung zu riechen. Der einsichtig gewordene Mensch aber läßt sich
sehr leicht entwöhnen und wird dann bewußt gegen jede Versuchung
ohne weiteres gefeit sein. Das widerlegt eindeutig die Behauptung,
der Mensch könne ohne vom Tier stammende Genußmittel nicht aus-
kommen.
Das Fleisch und die eiweißhaltigen Genußmittel müssen nun im
Körper des Menschen die gleichen Lösungsvorgänge durchmachen
wie im Magen des Raubtieres. Wenn sie nicht durch Verwesungs-
und Fäulniserscheinungen und die dabei sich entwickelnden Gifte
schwere Störungen im Körper des Menschen anrichten sollen, müssen
sie schnellstens in eiweißhaltige Aminosäurereste und eiweißfreie
Zuckerstoffe umgewandelt werden. Die entstehenden Zuckerstoffe
können, wie mehrfach gezeigt wurde, wie normal gewachsene Zuk-
kerstoffe in der Lebensabwicklung verbraucht werden. Die Säure-
reste aber müssen schnellstens abgebunden werden, um als Harn-
stoff oder Harnsäure durch die Nieren ausgeschieden zu werden. Da
finden wir den ersten krankmachenden Einfluß dieser Genußmittel.
Sie zerfallen in säurehaltige Reststoffe. Als solche vermehren sie die
säurehaltigen Reststoffe, die bei den normalen Stof f Wechselvorgängen
im Lebensablauf des Körpers entstehen, und bedeuten damit eine
Überlastung der Nieren und der Ausscheidungsorgane. Geht die Um-
wandlung glatt und restlos von statten, dann ist restlose Ausschei-
dung möglich, aber wegen der Überlastungsgefahr der Nieren nicht
wahrscheinlich. Zurückgebliebene Reste dieser Säuren aus den Stoff-
wechselvorgängen, die nicht so dringend ausgeschieden werden müs-
sen wie die, welche bei der Auflösung der Fleischteile im Magen ent-
stehen, werden deshalb gegebenenfalls in den Körpergeweben
eingelagert. Sie werden gespeichert, bis sich später eine Gelegen-
heit ergibt, sie durch die Nieren zur Ausscheidung zu bringen. Solche
Harnsäurelager in den Körpergeweben sind nur zu gut als tatsäch-
lich möglich und vorhanden bekannt. Sie stören solange nicht, wie
die Körperwärme groß genug ist, um sie in kolloidaler organischer
Lösung zu halten. Wird aber der Körper des Menschen, werden ein-
zelne Teile desselben durch kalten Luftzug und Kaltwasseranwen-
dung unterkühlt, dann kristallisiert die gespeicherte kolloidale
Harnsäure in den betroffenen Gliedern und erzeugt nun die ent-
setzlich schmerzhaften akuten Rheumaanfälle. Dienen diese dem
Menschen nicht als Warnung, dann kann die Ansammlung der Harn-
säure unangenehme Formen annehmen und es entwickeln sich aus
den akuten Fieberanfällen des Rheuma die chronischen Erscheinun-
gen, die unter Umständen mit Verkrüppelungen in den Gliedern und
Gelenken einhergehen. Die Häufigkeit dieser Erscheinungen erweist
uns die Richtigkeit dieser Darlegungen.
Der Mensch bereitet sich seine Mahlzeiten in der Kochküche vor.
Er kocht, backt und brät doch auch, was er an tierischen Genußmit-
teln zu sich nehmen will. Was geht nun bei dieser Erhitzung vor sich?
Erhitzen wir z. B. ein Ei, so sehen wir, daß die eigentlichen Eiweiß-
184
Stoffe oder Proteine darin schon bei 43 Grad Celsius ihr Aussehen
und ihre Form verändern. Bis dahin waren sie wässerig und durch-
sichtig, nun beginnen sie weißflockig zu werden und verhärten
gleichzeitig. Man sagt dann, das Eiweiß gerinnt. Diese Veränderung
der Eiweißstoffe durch die Erhitzung wirkt sich im Körper sehr un-
günstig aus. Wird z. B. ein Mensch von hohem Fieber gepackt, bei
dem die innere Körperwärme auf 43 Grad ansteigt, dann gerinnt die
Eiweißmasse im Blut und in den Säften, und der Mensch stirbt.
Wird durch die Erhitzung geronnenes, verhärtetes Eiweiß dem
Körper ein verleibt, dann verhindert die Verhärtung die vollständige
und leichte Auflösung desselben im Magen. Ein ähnlicher Vorgang
entsteht bei der Verkäsung der Milch. Man erwartet trotzdem, daß
die Erzeugnisse dieser Küchenkunst, die auch noch durch Zusatz von
Salz und scharfen Gewürzen den faden Geschmack der Fleischge-
richte zu übertönen sucht, im Magen restlos und unschädlich gelöst
und zum Aufbau und zur Erhaltung des Körpers, des Blutes und der
Nerven verwertet werden. Man erwartet also von seinem Magen
eine Leistung, die er unmöglich vollbringen kann. Schwere im Magen,
Störungen aller Art sind die Folgeerscheinungen. Mancher hilft sich
nun dadurch, daß er zu den Fleischspeisen Wein oder alkoholische
Getränke zu sich nimmt. Dann kann sich der Magen auf eigenartige
Weise schützen. Die schlecht gekauten Fleischbrocken werden alsdann
mit einer feinen wässerigen Alkohollösung durchtränkt und einge-
hüllt und nun kann der Magen sie ungelöst und unverdaut weiter
schicken.
Durch den alkoholischen Dunst erscheinen sie dem Pförtner als
alkalisch und er läßt sie, teilweise gelähmt durch den Alkohol, in
den Zwölffingerdarm passieren. Das wichtigste Schutzorgan der ge-
samten Verdauungswege, der Pförtner, wird also getäuscht und be-
trogen. Auf diese Weise gelangen sie unverändert in den Dickdarm.
Hier nun setzen Fäulniserscheinungen ein, von denen später noch
die Rede sein wird. Die Fäulnis lähmt die Dickdarmtätigkeit und
ruft mehr oder weniger starke Stuhlverstopfung hervor. So ist es
möglich, durch Weinzusatz verhältnismäßig große Mengen von
Fleischgerichten verzehren zu können. Aber ernährt wird der Mensch
davon nie und nimmer. Die Gewebe, das Gehirn und die Nerven sol-
cher Menschen leiden dauernd Hunger, auch bei vollen Schüsseln.
Der Magen kann sich wegen der dauernden Überlastung nicht ent-
sprechend durch Hungerzeichen bemerkbar machen. Gleichzeitig er-
regen die Fäulnisgase in seinem Körper dauernd sein Gehirn und
seine Nerven, während die alkoholischen Getränke im Gegensatz da-
zu lähmend wirken und so fühlt ein weintrinkender, fleischessender
Mensch nie, was in seinem Körper eigentlich vor sich geht, bis es
eines Tages zu spät ist. Die Richtigkeit dieser Ausführungen zeigt
uns schon das Äußere solcher Genießer.
Die Salzsäure-Pepsinmischung im Magen soll die eiweißhaltigen
Bestandteile der gekochten oder gebackenen Fleischspeisen lösen und
185
durch entsprechende Wandlung unschädlich oder wenigstens einen
Teil als Zuckerstoffe verwertbar machen. Sie könnte das vielleicht
gut, wenn der Mensch nicht alle seine Mahlzeiten durch Feuershitze
zubereiten würde. Dadurch wird Magerfleisch genießbar, fettes
Schweinefleisch aber aufgelockert werden. Auf jeden Fall wird durch
die Feuerbehandlung die restlose Auflösung im Magen verhindert
und nicht vollständig gelöste Eiweißtrümmer gelangen in den Dünn-
darm. Überlegen wir uns, was nun vor sich gehen wird.
Ehe der Mensch seiner Natur entgegen das Fleisch der Tiere ge-
nießen kann, muß er das Tier töten. Er nennt das „Schlachten“. Er
verwandelt dadurch den bis dahin lebensprühenden Körper des
Tieres in einen Kadaver. Dieser geht sofort nach Eintritt des Todes
unaufhaltsam in Verwesung über. Verwesung ist Fäulnis. Bei der
Fäulnis entstehen eine ganze Reihe von giftigen Zersetzungsproduk-
ten. Diese, in den Körper hineingebracht, werden dort trotz Kochen
und Erhitzen weiter faulen und verwesen, wenn sie nicht schnell
restlos gelöst werden. Das aber geschieht nicht immer restlos und die
nicht restlos gelösten Trümmer werden, wie oben gezeigt, in den
Dünndarm gelangen. Sie sind trotzdem aber verflüssigt und die
faulige Zersetzung geht munter fort. Die übelriechenden Gase zeugen
von ihrer Anwesenheit, die bei Fischen und Eiern oft unerträglich
für Dritte werden. Dabei ist zu bemerken, daß sich in den inneren
Organen keine schmerzempfindlichen Nerven befinden. Im Magen
z. B. kann man sich die Schleimhaut durch zu heiß verschlungene
Speisen verbrennen oder die Schleimhäute des Magens oder des
Darmes verätzen, ohne daß sich dabei Schmerzempfindungen zeigen.
Diese Schmerzlosigkeit der inneren Organe verhindert die Wahrneh-
mung von Störungen im Beginn der krankhaften Zustände. Nur ein
sich nach außen fortsetzendes Druckgefühl kann durch die Gefühls-
nerven der Außenhaut wahrgenommen werden. Im Innern ist es
nicht zu spüren. Ansammlung und Festsetzung von Fäulnisgasen im
Dünndarm werden deshalb äußerlich nur schwer wahrgenommen.
Wird auf derart entstandene Druckgefühle nicht geachtet, so kann
die innere Spannung dieser Gasstauungen zu stark werden. Dann
werden die Muskel- und Sehnenbänder der Bauchhaut an einer
schwachen Stelle auseinander geschoben und es entsteht urplötzlich ein
Darmdurchbruch an irgend einer Stelle, wo der Dünndarm direkt
unter der Bauchdecke liegt. Kurz nach dem Entstehen solcher Brüche
in der Bauchhaut lassen sich diese durch feucht-heiße Aufschläge,
Kompressen und entsprechende Kost wieder zur Ausheilung brin-
gen, aber ein Bruchband kann bestenfalls das Herausspringen des
Darmteiles verhindern, jedoch nie einen Bruch heilen. Schreitet das
Übel bei landesüblicher Ernährung fort, dann ist schon all zu oft ein
unbeachtet, weil schmerzlos, heraustretender Bruch in die Bauchhaut
eingeklemmt worden und dabei geht dann das eingeklemmte Darm-
stückchen in weiter um sich greifende Fäulnis über. Wenn dann nicht
186
schnellstens durch operativen Eingriff geholfen werden kann, ist eine
Katastrophe nicht zu verhindern.
Gehen die nicht gelösten, aber halbverflüssigten Fleischteile im
Speisebrei weiter, dann setzt sich auch die Fäulnis weiter fort und
hört auch im Dickdarm nicht auf. Hier entstehen faule Gase und
Fäulnissäuren, die ja alle Fäulnisvorgänge begleiten. Säuren im Darm
aber erzeugen dort Lähmungserscheinungen, die wir bereits bei den
Abhandlungen über die Schäden der Brotnahrung sahen. Verbindet
sich nun die Wirkung der Brotgärung im Darm mit der Fäulnis von
Fleischresten, dann entstehen die hartnäckigen Stuhlverstopfungen,
an denen schon Tausende von Menschen trotz aller Abführmittel
langsam und qualvoll zu gründe gegangen sind.
Besonders gefährlich wird diese Sache, wenn die Verstopfung zur
Bildung von Dickdarm- und Mastdarmgeschwüren führt. Diese sind
sehr schwer, oft gar nicht mehr zu beeinflussen, ohne eine grund-
legende Ernährungsumstellung zur rechten Zeit schon gar nicht. Oft
wird nur durch die Lahmlegung des Mastdarmes der schnelle Tod ver-
hindert und dem Betroffenen noch eine Frist kümmerlichen Lebens mit
künstlicher Entnahme des Kotes aus der Seite gegeben. Bei dieser
Fäulnis von Resten aus den Fleischspeisen in den Därmen bleibt es
nun nicht etwa. Die Reste der gesamten aufgenommenen Speisen fin-
den sich doch auch im Dickdarm. Sie werden dort normaler Weise bei
natürlicher Ernährung in eine gewisse Art von Gärung geraten, durch
welche die pflanzliche Zellulose in ihre Bestandteile gelöst werden
soll, um die darin eingelagerten Kalk- und Kittstoffe herauszulösen
und für den Einbau im Körper des Menschen frei zu machen. Nun
stellen wir uns aber vor, was unter solchen Umständen mit dem aus-
gelaugten Speisebrei bei 37 Grad Celsius und längerem Verbleiben
geschehen wird. Begreifen wir, daß die in Fäulnis befindlichen Reste
der Fleischspeisen den Inhalt des Darmes mit in Fäulnis und faulige
Gärung im Gegensatz zur natürlichen Gärung versetzen werden? Der
Geruch der entweichenden Gase und der Exkremente des Fleisch-
essers zeigt uns an, daß dieser Vorgang tatsächlich stattfindet; denn
ohne Fäulnis im Darm würden diese übelriechenden giftigen Gase
nicht entstehen. Beim Weidetier kennt man derartiges nicht, deren
Gase riechen nicht abstoßend. Die Gase gehen nun beileibe nicht alle
durch den After ab. Die meisten werden durch die Darmwände des
Dickdarmes hindurchgelassen, da diese gasdurchlässig sind. Ein Teil
wird vom Darmwasser aufgesogen, sie gehen mit diesem in die Bauch-
höhle. Damit gelangen sie in die Körpersäfte und wandern mit diesen
in alle Teile des Körpers, in alle Organe und steigen schließlich ins
Gehirn. Sie erzeugen dort einen unerträglichen Kopfdruck und Kopf-
schmerzen. Die Gase dringen in die Lungen und in alle Organe und
verderben schon durch ihre bloße Anwesenheit jeden normalen Lebens-
ablauf. Wo sich auch immer die Blähgase aus der Darmfäule ansam-
meln, entstehen Druckgefühle und Beklemmungen. Wird das Herz
durch sie beengt und drücken sie auf die Organe im Brustkorb, so
187
entstehen Herzbeklemmungen und Kurzatmigkeit. Der Druck setzt
sich schließlich strahlenförmig weiter fort und wird unerträglich, bis
eine ergiebige Stuhlentleerung oder Reinigung dem Betreffenden
vorübergehend Erleichterung schafft. Ganze Bücher sind allein schon
über diese Wirkung fauliger Darmgase im Körper geschrieben und
allerlei Heilbehandlungen vorgeschlagen worden, aber nur selten
kommt einer auf den Gedanken, die Fleischmahlzeiten aufzugeben,
um zu gesunden.
Wenn sich nun diese Fäulnis- und Entzündungserscheinungen nur
im Darm abspielen, dann wäre an sich der Fleischgenuß vielleicht noch
erträglich. Dann würde wenigstens der übrige Körper gesund bleiben
und richtig Weiterarbeiten können. Leider ist dem nicht so. Durch die
Verdauungssäfte sollen die Eiweißstoffe gelöst und in zwei Gruppen
aufgespalten werden. Das mag bei rohem Fleisch im Magen eines
Raubtieres auch wohl restlos geschehen, aber bei den gekochten Ge-
richten im Magen des Menschen ist das nicht der Fall. Zum minde-
sten aber werden alle fleisch- und eiweißhaltigen Stoffe durch die
Magensäure erweicht und soweit gelockert und verflüssigt, daß ein
Teil dieser unvollkommen gelösten Reste durch Osmose, d. h. Durch-
dringung der Zellwände, in die Körpersäfte gelangen kann. Diese
unvollkommen gelösten in leichter Fäulnis befindlichen Reste der
Fleischspeisen werden mit den Körpersäften durch den ganzen Kör-
per getragen. Sie finden überall im Körper die Möglichkeit, faulige
Entzündungsherde hervorzurufen. Es entsteht dadurch die Gefahr der
Bildung eitriger Geschwüre und eitriger Entzündungen an schwachen
oder gefährdeten Stellen im Zellgefüge. Derartige Erscheinungen sind
z. B. Mittelohrentzündungen bei jungen Menschenkindern. Wird statt
der Ohrenhöhlung die Nasenpartie oder die Stirnhöhle betroffen,
dann können die widerlichsten Entzündungszustände wie Stinknase
oder Polypenbildung entstehen, auch Stirnhöhlenvereiterungen sind
keine Seltenheit.
So gut wie die gelösten, in leichter Fäulnis befindlichen Reste der
Fleisch- und Fischspeisen sich als Mittelohrentzündungen auswirken
können, so gut kann es möglich sein, daß das Gehirn als solches oder
die Gehirnhaut angegriffen wird. Es entstehen dann bei Kindern die
gefürchteten Hirnhautreizungen oder Hirnhautentzündungen, die ent-
weder tödlich verlaufen oder aber die angegriffenen Teile der Hirn-
haut zerstören und dadurch mit Sicherheit die in den befallenen Be-
zirken verankerten geistigen Eigenschaften vernichten. Treten die Er-
scheinungen bei Erwachsenen auf, dann entwickeln sich gern Ge-
schwüre oder Gehirntumore, die fast immer tödlich verlaufen.
Eitrige Entzündungen als Folge des Fleischgenusses können wir im
ganzen Körper beobachten. Bekannt als besonders gefährlich sind die
Zwerchfell- und Brustfellentzündungen, auch als Rippenfellentzün-
dung bekannt. Wie verheerend aber die Lungenentzündungen wirken,
braucht nicht erwähnt zu werden. Dabei ist es noch nicht einmal not-
wendig, daß es in den Lungen zu einer wirklichen Entzündung oder
188
Vereiterung kommt. Es genügt die Reizung oder Anfälligkeit der
Oberflächenschleimhaut des Lungenkörpers, um die Grundlage für
die gefürchtete Lungentuberkulose zu legen. Die Lebenskraft ver-
sucht in solchen Fällen die eitrigen Entzündungen von den Lungen
selbst fernzuhalten und wirft die zur Fäulnis neigenden Trümmer
der eiweißhaltigen Speisen an die äußersten Hautschichten des Lun-
genkörpers und in die Gewebe, welche die Verbindung zwischen den
Bronchien, den Luftröhrenverästelungen und den Lungenbläschen
bilden. Hier wird die Schleimschicht, welche die Lungenbläschen um-
gibt, durch die fäulniserregenden Stoffe angegriffen und zersetzt. In
dieser Zersetzung wirkt sich nun um so leichter die Neigung zur
kohlensauren Gärung der unvollkommenen Blutzuckerstoffe aus der
Brotnahrung aus und es entstehen vom Schleim entblöste Stellen auf
der Haut des Lungenkörpers. An diesen Stellen kann sich der mit der
Atmung in die Lungen eingeführte Sauerstoff der Luft auswirken.
Er beginnt zu fressen, d. h. die Mineralstoffe in den angegriffenen
lebenden Geweben an sich zu reißen, zu oxydieren und dadurch das
Gewebe zu zersetzen. Durch diesen Vorgang werden die Wirkungen
der kohlensauren Gärung der erwähnten unvollkommenen Zucker-
stoffe und die Fäulnis der Eiweißstoffe in den Lungengeweben unter-
stützt. Es entstehen die schleichend fressenden
Zersetzungserscheinungen, welche die Nähr-
grundhage der Tuberkelbazillen abgeben. Als Er-
gebnis der gesamten Vorgänge entsteht dann die ausgewachsene
Lungentuberkulose mit den gefürchteten Cavernen.
Dreifach verschlungen finden wir die Ursachen dieser gefürchteten
Krankheit, die Jahrzehnte hindurch ein Siebentel der gesamten West-
europäer und Angloamerikaner dahin raffte: Fäulnisneigung unvoll-
kommen verdauter Eiweißtrümmer aus der Nahrung im Blut und in
den Säften des Körpers. Gärungsneigung unvollkommen gewandelter
Zuckerstoffe aus der Brot- und Getreidebreinahrung und fressende
Einwirkung des Sauerstoffs der eingeatmeten Luft in den angegrif-
fenen Stellen der Lungen. Als Ganzes betrachtet, ergibt das einen
prächtigen Nährboden für Tuberkelbazillen. Liegt dann noch eine
gewisse konstitutionelle Schwäche als Vererbung oder Anlage oder
als Auswirkung unrichtiger Ernährung in der Kindheit vor, dann ist
diese Lungenseuche kaum zu beeinflussen. Vorbeugung durch richtige,
natürliche Ernährung von Geburt an ist besser als alle späteren
Heilungsversuche und sicherer.
Es erübrigt sich, weitere Möglichkeiten der Eiweißzersetzung als
Folge unrichtiger Ernährung auszumalen, nur eins sei noch erwähnt:
Die außerordentliche Gefährdung des Nierenkörpers durch die ge-
zeigte Fäulnisneigung von Eiweißtrümmern aus den tierischen Genuß-
mitteln Fleisch, Fisch, Eiern, Käse, Wurst, Milch und dergleichen.
Sind im Nierenkörper selbst derartige durch Fäulnisneigung ver-
ursachte Entzündungsherde entstanden, so wird die Entzündung und
Eiterbildung sehr schwer zum Stillstand zu bringen sein, da doch
189
die scharfen fressenden Gifte, welche in den Nieren neutralisiert und
durch sie zur Ausscheidung gebracht werden sollen, in die Entzün-
dungsherde eindringen und sich bemerkbar machen werden. Im Nie-
renkörper ist deshalb diese Fäulnis und Eiweißzersetzung besonders
gefährlich. Sie ist bekannt als Bright’sche Nierenentzündung und gilt
als unheilbar.
Alles, was von den eiweißhaltigen Stoffen der Fleischspeisen nach
der Lösung durch die Pepsin-Salzsäurelösung in stickstof f-freie Zucker-
stoffe zerlegt wurde, kann vom Körper im Blute richtig verarbeitet
werden, nicht aber die stickstoffhaltigen Reste, die wir als Amino-
säuren erkannten. Nun aber ist der Körper des Schlachttieres durch
die Anfallstoffe des lebendigen Stoffwechsels mit den Harn- und
Oxalsäureresten gesättigt, die aus der normalen Auflösung und Zer-
setzung der Gewebe, der Muskeln, der Gehirn- und Nervenmasse des
lebenden Tieres entstehen. Im getöteten Tiere aber entstehen durch
die Verwesung außer den erhöhten Mengen dieser Stoffwechselgifte
noch aus der Verwesung und der normalen Leichenzersetzung die
Leichengifte. Zu der Harnsäure und der Oxalsäure aus den normalen
Lebensvorgängen des Schlachttieres kommt mit den Fleischspeisen
nun die große Menge dieser gif tigen Abbau- und Verwesungsprodukte
hinzu. Diese sind aber durch die Speisenzubereitung und durch die
Verdauungssäfte nicht so gelockert und gelöst, daß sie restlos und
schnell durch den Darm und die Nieren ausgeschieden werden kön-
nen. Sie kommen deshalb zu leicht in die Saft- und Blutbahnen des
lebenden Körpers. Wir können niemals erwarten, daß alle diese
säureartigen und teilweise sehr giftigen Leichengifte aus der Fleisch-
nahrung von den Ausscheidungsorganen restlos erfaßt und irgendwie
unschädlich ausgeschieden werden können. Ein Teil geht, besonders bei
Fleischbrühen und dergleichen, nach dem Eintritt in den Magen durch
Osmose sofort in die Säfte des Körpers über. Ein Teil wird wahr-
scheinlich vom Chylussaftgang mit übernommen und gelangt in die
Säftebahnen und in alle die Organe, die auf solche Stoffe nicht vor-
bereitet sind. Überlegen wir uns doch einmal, was das heißt.
Wir erkennen dabei, daß die tierischen Genußmittel nicht so un-
schädlich für das Leben des Menschen sind, wie man sich das vorstellt.
Bedenke man doch stets, daß alles, was sich aus diesen stickstoffhalti-
gen Genüssen nicht durch Verbindung mit Natrium in unschädlichen
Harnstoff wandeln kann, zumindest als freie Harnsäure und Oxal-
säure vielleicht aber auch in Form von Leichengiften wieder er-
scheint. Bei der Überlastung der Organe mit den giftigen, säure-
haltigen Zerfallstoffen der Genußmittel zusätzlich zu den Stoff-
wechselresten aus dem normalen Zerfall der lebenden Gewebe des
Körpers ist das immer der Fall. Der Körper wird einfach nicht fertig
damit. Wir finden deshalb in den Säften aller Fleisch, Fischfleisch
und tierische Erzeugnisse verzehrenden Menschen für den Körper
untragbar große Mengen von Harnstoff, Harnsäure und Oxalsäure.
Das Verhältnis dieser drei zueinander ist etwa folgendes: Auf drei
190
Teile sich bildenden Harnstoffes kommt ein Teil Harnsäure. Auf drei
Teile entstehender Harnsäure findet sich ein Teil Oxalsäure. Die
Ausscheidung dieser Stoffe geschieht normalerweise durch die Nieren,
die der zusätzlich aus den Genußmitteln stammenden aber geschieht
nicht restlos. Deshalb finden wir sie oft in den Säften der landes-
üblich sich ernährenden Menschen.
Harnsäure im arteriellen Blut, selbst im kolloidalen Zustande, ist
untragbar. Sie bildet die Ursache zu all den Krankheitserscheinungen,
die mit dem Begriff Blut- und Säfteversäuerung Zusammenhängen.
Die daraus sich entwickelnden Krankheitserscheinungen mögen in
anderen Schriften nachgelesen werden, ihre Zahl ist Legion.
In diesem Zusammenhänge sollen nur noch einige besondere Wir-
kungen erwähnt werden. Solange die Harnsäure sich in kolloidalem
Zustand befindet, ist ihre Anwesenheit wohl krankheitszeugend, aber
schmerzlos. Kristallisiert sie durch Unterkühlung des Körpers nach
Erhitzung, dann entstehen, wie schon erläutert, die Gelenk- und
Muskelentzündungen der rheumatischen Erscheinungen. Sie verstär-
ken in den äußersten Gliedmaßen die Auswirkungen der verschiede-
nen gichtischen Erscheinungen und können dann dem Menschen das
Leben bis zur Unerträglichkeit verbittern. Tritt die Kristallisierung
der Säure an den Nervenaustrittspunkten ein, so können die Harn-
säurekristalle die betreffenden Nervenpartien in schmerzhafter Weise
empfindlich stören.
Bemerkt sei als Beispiel Ischias in den Beinen oder Armen. Kristal-
lisierte Harnsäureansammlung kann sich aber auch in den Muskel-
partien, in den Gelenken und den Sehnen festsetzen. Dann entstehen
chronische Muskel- und Gelenkverspannungen der ganzen Körper-
gestaltung. Der Rücken krümmt sich, die Beine werden aus ihrer rich-
tigen Lage durch Muskel verkrampf ungen und Verhärtungen ge-
zogen. Es entstehen die von Schmerzen geplagten, in ihrer äußeren
Gestalt verzerrten Typen der Rheumatiker. Setzt sie sich an den
Austrittsstellen der Nervenbahnen aus der Wirbelsäule fest, so ent-
stehen Stockungen in den angeschlossenen Organen und Gliedern
mit Unterernährung derselben und die betroffenen Teile verkümmern.
Die Wirkung der Harnsäure in den Blutbahnen kann sogar offen
und deutlich im Zahnfleisch verfolgt werden. Das arterielle Lungen-
blut wird von den Hauptblutstämmen abgezweigt und in die aller-
feinsten Verästelungen des mikroskopisch feinen Haargefäßnetzes in
die einzelnen Muskelfasergewebe geleitet. Dort wechselt es im Voll-
zug der lebenzeugenden Wandlungen über in die feinsten Haargefäße
des Venensaftstammes. Diese letzten feinsten Verästelungen des
arteriellen Blutstammes sowohl als die des Venensaftstammes sind
normalerweise in ihren Endbezirken gradlinig. Ist aber Säure im
Blute, dann werden sie verkrampfen und nehmen eine verschnör-
kelte Form an, unter gleichzeitiger Verkümmerung und Verkramp-
fung oder Einschmelzung der Muskelfaser. Der Zustand artet im
Laufe der Jahre in die Erscheinungen aus, die als Zahnfleischerkran-
191
kung unter dem Namen Paraden tose bekannt sind. Die Zähne lockern
sich mehr und mehr und fallen schließlich schmerzlos aus.
Die verkrampfende und verzerrende Wirkung der Säuren im Blute
können wir am Zahnfleisch offensichtlich mit dem Mikroskop ver-
folgen, wenn ein bisher vegetarisch lebender Mensch plötzlich auf
vorwiegende Fleischkost gesetzt wird. Sie tritt aber mit genau den
gleichen Wirkungen in den Blut- und Venengefäßnetzen des ganzen
Körpers ein. Es entstehen dadurch krampfartige Zustände, die sich
z. B. am Herzmuskel ganz gefährlich auswirken können. Die Herz-
tätigkeit wird unregelmäßig verkrampft. Die Herzklappen selbst
schließen nicht mehr dicht. Es stellen sich Herzklappenfehler und
Verkrampfungen der Herztätigkeit ein, die schwere Angstzustände
hervorrufen. Bei Fortsetzung der Ernährung mit Fleischspeisen usw.
artet der Zustand aus in die Erscheinungen der Basedow’schen
Krankheit. Basedow, weil ein deutscher Arzt dieses Namens die
Krankheitserscheinungen zum ersten Male beschrieb, ohne auf den
Gedanken zu kommen, daß die Erkrankungen eine Auswirkung der
Fleischspeisen im Körper sind. Die Herz- und Gefäßverkrampfungen
werden hier zum Dauerzustand mit periodischen lebengefährdenden
Höhepunkten, die den Befallenen in einen Zustand höchster Todes-
angst versetzen. Diese Todesangst kommt in den Gesichtszügen mar-
kant zum Ausdruck und wird bei fortschreitender Erkrankung zur
erstarrt verzerrten Maske der Todesangst mit angstvoll hervorquel-
lenden Augen. Solange nun die Schilddrüsen mit ihren Nebenorganen
und die Mandeln noch dazu fähig sind, suchen diese durch überhöhtes
Arbeiten die Auswirkungen der Säurekrämpfe vom Gehirn fernzu-
halten. Die Überanstrengung der Drüsen zeigt sich rein äußerlich
durch die Schwellung derselben und ihrer Hilfsorgane am Halse.
Diese Schwellung der Schilddrüsen ist also nicht Ursache der Er-
krankung, sondern eine Folgewirkung der Überanstrengung der
Organe im Kampf gegen die Säure. Man hat in Verkennung dieser
Tatsache versucht, die Krankheit durch operative Entfernung der
Schilddrüse zu heilen. Der Erfolg der Wegnahme dieser Sicherheits-
organe gegen die Auswirkungen von Blutentartungen im Gehirn war
eine Überschwemmung des Gehirns mit den Giften, und daraus ent-
wickelten sich schwere geistige Störungen und gewisse Geisteskrank-
heiten.
In ähnlicher Weise verkrampfend und unerklärliche rätselhafte
Krankheitsbilder zeugend, wirkt die Oxalsäure trotz der nur ge-
ringen Menge derselben im Verhältnis zur Harnsäure. Wird sie im
Körper und in den Säften selbst nicht schon durch körpereigene
Mineralstoffe wie Kalk oder Magnesia abgebunden, vielleicht in Er-
mangelung dieser Alkalien in den Säften wegen des chronischen
Mangels derselben in der Nahrung bei landesüblicher Ernährung,
dann behält sie ihren fressenden Charakter, bis sie in die Nieren ge-
langt. Die auf dem Wege zu den Nieren im Körper entstehenden
Krarikheitserscheinungen sind kaum erforscht. Bisher ist kaum
192
jemand auf den Gedanken gekommen, daß hier eine Krankheits-
ursache liegen könnte. Krankheitsursachen sucht man seit Jahrzehn-
ten nur noch in Bakterien, Bazillen, Viren usw. Man bedenkt nicht,
daß diese Wesen doch nur Folgeerscheinungen des Zustandes der
krankhaften Auflösung der Gewebe durch andere Ursachen sind.
Die Auflösung der Gewebe gibt den Bazillen,
Mikroben, Viren usw. doch nur den geeigneten
Nährboden. Heilt das Gewebe aus und vermeidet
man durch Umstellung der Ernährung die Wieder-
kehr, dann verschwinden beileibe nichtdie Bazil-
len usw., sondern der Nährboden für diese im Kör-
per, und das ist das Entscheidende.
Im Gegensatz zur Harnsäure fällt uns auf, daß die Oxalsäure nicht
kristallisiert, sondern als freie Säure solange ihre ätzende Wirkung
behält, bis sie durch basische Mineralstoffe abgebunden und in Salze
verwandelt ist. Sie erscheint nun bekanntermaßen als freie Säure
auch in den Nieren. Hier muß sie nun endgültig umgewandelt und
gebunden werden. Sie findet hier, wie aus der Abhandlung über die
Nierentätigkeit hervorgeht, nur Kalkstoff vor, der aus dem Speise-
brei im Dickdarm herausgeholt wurde und in die Nieren gelangte,
um von hier seinen Weg in den Körper zu nehmen. Der Kalkstoff
wird in den Nieren von der freien Oxalsäure aufgesogen und bildet
nun mit der Oxalsäure zusammen die Kalkoxalate, die als Nieren-
gries, Harngries, Nierensteine, Blasensteine usw. bekannt sind. Wer-
den aber zur Abbindung die gleichfalls in den Nieren Vorgefundenen
und vom Körper so dringend benötigten Magnesiastoffe genommen,
dann entstehen Magnesiaoxalate. Der nur selten eintretende Entzug
von Magnesia zur Bildung von oxalsauren Steingebilden in den Nie-
ren wird sich im Körper verheerend auswirken. Was nämlich in den
Nieren aus dem Nierendestillat zur Abbindung der Säuren benutzt
wurde, das fehlt nachher im Körper. Die Kernmasse der roten und
weißen Blutkörperchen ist, wie schon gezeigt, Magnesium. Sein
früher Entzug zur Bildung von Magnesiaoxalaten in den Nieren ver-
hindert deshalb die organisch richtige und vollwertige Ausbildung
der Blutkörperchen, und es entstehen die bekannten Erkrankungen
aus unrichtiger oder ungenügender Blutbildung aller Art.
Um die ätzende Wirkung der freien Oxalsäure und der freien
Harnsäure in den Blutbahnen und in den Säften des Körpers unwirk-
sam zu machen, müssen sie durch Kalkstoffe im Blute und in den
Säften abgebunden und in unschädliche, aber auch unlösliche Kalk-
salze verwandelt werden. Die sich bildenden oxal- und harnsauren
Kalkstoffe schlagen sich an den Wänden der Blutgefäße und der
Saftbahnen, in den Adern und Venen nieder und bilden hauchfeine
Ablagerungen. Diese vermehren sich, solange der Mensch lebt und
nicht aufhört, Fleisch, Fisch und vom Tier stammende Erzeugnisse
zu verzehren. Es summiert sich im Laufe der Jahre die Wirkung,
denn was sich einmal an diesen unlöslichen oxal- oder harnsauren
13 Sommer, Ernährung
193
Salzen niedergeschlagen hat, kann durch nichts wieder gelöst wer-
den. Es gibt kein Gegenmittel. Mit der Zeit führt dieser Nieder-
schlag an den Blutgefäßwänden zu einer Verhärtung und damit zur
Sprödigkeit. Die Gefäßwandungen verlieren ihre Elastizität, ihren
Tonus, und es entsteht die sogenannte Aderverkalkung. Die Tat-
sache, daß es auf der ganzen Welt kaum einen einzigen, fleischver-
zehrenden Menschen gibt, der im Alter nicht von dieser sogenann-
ten Alterserscheinung der Verkalkung mit dazugehörigem hohem
Blutdruck befallen wird, erweist die Richtigkeit dieser Gedanken-
entwicklung.
Die Entstehung von Säuren im Körper des Menschen aus den ver-
zehrten, vom Tier stammenden Genußmitteln und deren Umwand-
lung in oxal- oder harnsaure Salze führt im Laufe der Jahre zu
schlimmsten Katastrophen. Da nun im Gehirn große Mengen von
Blut und Säften zur Bildung der Gehirn- und Nervenmasse ver-
braucht werden, so kommen auch darin diese Säuren zur Auswir-
kung. Die Verhärtung der Wandungen der Nervenhohlgefäße führt
zur Verlangsamung aller Funktionen der Muskeln und Organe, d. h.
zu all den Erscheinungen, die im Alter den normalen Lebensablauf
hemmen. Besonders gefährlich aber werden sie in den Blutgefäßen
der Hirnhautrinde. Wenn nämlich die Sprödigkeit der Adernwände
mit dem häufig anzutreffenden Mangel an Vitazym C einhergeht,
dann kann es zu inneren Blutungen durch Zerreißen der Blutgefäß-
wände im Hirn kommen. Dieser Vorgang ist bekannt als Gehirn-
schlag mit seinen katastrophalen Folgen. Die Tatsache, daß bei
Fleischessern ein Gehirnschlag im beginnenden Alter keine Selten-
heit ist, beweist wiederum die Richtigkeit der beschriebenen Vor-
gänge. Zu dieser Aderverhärtung durch Ansammlung von oxal- und
harnsauren Salzen im Blute müssen wir uns die Lähmung der
Spannkraft der Blutgefäße durch das bloße Vorhandensein von
Säure im Körper hinzudenken und wir verstehen dann die Entstehung
des gesteigerten Blutdruckes bei alten Leuten und oft auch bei Leu-
ten im besten Alter. Dieser wird hervorgerufen durch die gewaltige
Anspannung der Herzmuskeln, die notwendig wird, um den durch
Verhärtung und Verkrampfung gesteigerten Widerstand der Blut-
bahnen gegen die Blutbewegung zu überwinden.
Aus den wachsenden Keimanlagen der Pflanzen mit ihren an Vita-
zymen gesättigten Oelstoffen, ihren leicht wandelbaren Eiweißmole-
külen als Träger der Chromosomen oder Farbfädchen der Samenan-
lagen in der natürlich gewachsenen pflanzlichen Rohkostnahrung,
bildet die Lebenskraft oder besser die Seelenkraft des Menschen
seine individuelle Wesenheit entsprechend dem Grundsatz der Fort-
pflanzung. Nach diesem Gesetz hat ihn schon die bei der Zeugung zu-
sammenwirkende Erbmasse der beiden Elterngruppen und deren
Ahnen zu der ihm eigenen Art geprägt und geformt. Aus dieser Erb-
masse bildet der Mensch, seiner Nahrung und seiner Umwelt ent-
sprechend abgewandelt, sein eigenes Ich mit eigenständigen Blut-
194
körperchen, eigenem Gehirn, eigenen Nerven und eigenen Muskeln,
deren Bildung von der eines jeden anderen Menschen abweicht. Die
Abweichungen der Individualität der Menschen untereinander in
Bezug auf die Zusammensetzung der eigenständigen Eiweißkörper-
chen und Moleküle sind noch erheblich größer, wenn wir die ver-
schiedenen Rassen in ihren verschieden gearteten Wohngebieten
untersuchen und vergleichen.
Rein individuell kann die Nerven- und Gehirnmasse und alles, was
damit zusammenhängt, vom Körper nur dann aufgebaut werden,
wenn die Grundlagen aus dem lebensvollen Pflanzenwuchs genom-
men werden. Nur dann kann die Auswahl und der Umbau der Nah-
rung so vollendet durchgeführt werden, daß keine Fehlentwicklung
eintreten kann. Die vom toten Tier stammenden Proteine oder Ei-
weißmoleküle müssen den Charakter des Menschen entarten lassen,
genau so wie durch sie der Körper entartet und verdirbt. Wie können
wir erwarten, daß sich aus solchen Genußmitteln ein menschliches
Gehirn mit menschlichem Gefühlsleben und den Charaktereigen-
schaften, die dem Menschen eigen sein sollten, entwickeln kann? Wir
sehen zwar bei der Naturerforschung, daß es, im Verhältnis zum
Ganzen gesehen, eine kleine Gruppe von Vögeln und vierfüßigen
Tieren gibt, die sich von dem Kadaver eines getöteten Tieres ernäh-
ren kann. Für diese Art „Raubtiere“ besteht tatsächlich die Möglich-
keit, die Proteine und Eiweißstoffe der Tierleiche zu verdauen und
als Nahrung zu verwerten. Aber wir müssen uns vor Augen halten,
wie anders ein solches Tier, sowohl äußerlich als auch organisch, auf-
gebaut ist, und wie es das gerissene Tier verzehrt. Ein Raubtier reißt
die Beute mit den Zähnen und Tatzen, die seine einzigen Waffen
und Werkzeuge zum Töten sind. Es trinkt das Blut und frißt den
Kadaver mit Haut und Haaren, mit dem Darminhalt und allen Orga-
nen, ja, soweit es möglich ist, auch mit den Knochen. Alles, was im
getöteten Tier und im Kadaver vorhanden ist, wird mitverzehrt. Die
Magensäfte des Raubtieres sind von solcher Art, daß nicht nur fri-
sches Fleisch, sondern stark verwestes mit den Sehnen und Knochen
ohne weiteres sehr schnell aufgelöst und verdaut werden kann.
Würde man ein Raubtier, besonders ein heranwachsendes, ausschließ-
lich mit ausgeblutetem Tierfleisch aus dem Schlachterladen ernäh-
ren wollen, so zeigt sich, daß dieses allein nicht ausreichend ist, um ■
das junge Leben zu erhalten oder gar aufzubauen. Junge, für die
Aufzucht bestimmte Tiere würden dabei vorzeitig eingehen; denn
Haut, Knochen, Haare und Eingeweide und alle inneren Organe sind
für die Entwicklung des Raubtieres genau so wichtig wie das Fleisch.
Den tierischen Genußmitteln entsprechend entwickelt das Raubtier
einen ganz anderen Charakter als das pflanzenfressende Tier oder
der natürlich lebende Mensch. Ein Raubtier, das verwesendes Fleisch
auf weite Entfernungen riecht, wird davon nicht angeekelt, sondern
angezogen, und der Geruch des Blutes ist ihm ein Genuß. Wir müssen
uns diese Wesensart des Raubtieres vor Augen halten, um verstehen
195
zu können, warum sich ähnliche Eigenschaften in einem Menschen
entwickeln müssen, der mit Vorliebe die vom Tier stammenden Ge-
nußmittel verzehrt. Welche Charakterwandlungen durch diese Ge-
nußmittel im Menschen entstehen müssen, das würde uns ein Gang
durch die Zucht- und Irrenhäuser beweisen können, wenn die Men-
schen in dieser Beziehung Lehren annehmen wollten. Es wird uns
aber durch diese Abhandlungen klar geworden sein, daß aus dem
Fleischgenuß keine gesunde Nerventätigkeit und keine gesunde
menschenwürdige Denkfähigkeit entstehen kann.
Die Entartung der Gehirn- und Nerventätigkeit erfaßt den ganzen
Menschen. Der gereizte und leicht erregte Zustand seiner Nerven
spiegelt sich nicht nur in seinem Wesen wider, sondern greift hin-
über in sein Gefühlsleben und stört hier an der Quelle seiner mensch-
lichen Eigenart überhaupt die Gefühlsimpulse der Fortpflanzungs-
organe. Nicht nur, daß die Säfte und Kräfte, durch welche die Keim-
zellen und die Anlagen der Lebenszeugung und -erhaltung genährt
und rein körperlich auf gebaut werden, in der gleichen Weise ent-
arten und krank werden müssen wie alles Leben und alle Organe in
seinem Körper, sondern hier am Quell der unerforschlichen, leben-
schaffenden und lebenweckenden Kräfte seiner seelischen Veran-
lagung zerstören die aus dem Fleischgenuß entstehenden Entartungen
die Harmonie mit den Leben schaffenden Kräften im Weltall.
Die aus dem Fleischgenuß stammenden und zersetzenden Gifte
machen doch vor den lebenschaffenden Kräften nicht halt. Sie grei-
fen auch diese an. Sie wirken wie überall in den Körpergeweben er-
regend und aufreizend. Damit haben wir die Ursache der sittlichen
Entartung und des sittlichen Niederganges aller Kulturvölker, deren
Ernährungsgrundlage Ackerbau und Viehzucht ist, erkannt. Die
wohl gelockerten, aber nicht völlig in ihre Aminosäuregrundlagen
gelösten Eiweißstoffe der tierischen Genußmittel neigen, wie schon
erwähnt, nach ihrem Übertritt in die Saftbahnen des Körpers, wie
wir bereits sahen, zur Eiterbildung und damit zur Gefahr der Ent-
stehung von Entzündungen in den Körpergeweben, wo immer sie
sich an geschwächten Stellen festsetzen können. Nun, bitte, stelle
man sich doch vor, daß die Erregung in den Organen durch die Säure-
wirkung sich unnatürlich und zur Unrechten Zeit, also außerhalb der
natürlichen Brunst, steigert. Es kommt als Folge davon zu erhöhter
Absonderung von Säften und Absonderungen in den feinen Schleim-
häuten der Organe und schon besteht die Gefahr der Neigung zu
Entzündungen. Wie nun, wenn die Erregung durch die Säure Wirkung
zu einer Steigerung des Trieblebens führt, d. h. sich nicht mehr als
normales Gefühlsleben zur Lebensweckung auswirkt, sondern als un-
natürliches Verlangen nach Erfüllung um jeden Preis. Diese ist dann
nicht mehr als Vereinigung zur Erlangung der Mutterschaft gedacht,
sondern nur zur Stillung ungezügelten übersteigerten Trieblebens.
Braucht es da noch langer Erklärungen über den Ursprung der Ge-
schlechtskrankheiten mit all ihren furchtbaren Auswirkungen und
196
Nachwirkungen in der menschlichen Gesellschaft? Die Tatsache der
immer wieder unerhört ansteigenden Verseuchung der Geschlechter
und damit der Lebenden und ihrer Nachkommen ist eine nicht weg-
zuleugnende Erscheinung bei allen Kulturvölkern besonders, wenn
zu Zeiten eines sogenannten gehobenen Lebensstandards oder aus
anderen Ursachen ein übersteigerter Fleischgenuß zum guten Ton
gehörte.
Wird es jetzt klar, warum gerade die Begüterten und die verant-
wortlich führenden Persönlichkeiten mitsamt ihren Familien, ja,
ganze Fürsten- und Adelsgeschlechter den Folgen der Geschlechts-
krankheiten zum Opfer fielen? Wird es klar, warum so oft genial
veranlagte Menschen, die es zu Wohlstand brachten, krankhaft ver-
anlagte und schwächliche Kinder zeugten, warum die Nachkommen
so vieler erfolgreicher Menschen spätestens mit dem dritten und
vierten Geschlecht entarteten oder ausstarben? Die aufreizende Wir-
kung der aus dem Fleischgenuß stammenden Säuren und die ständige
Zersetzung der aus dem Fleisch- und Eiweißgenuß stammenden
Leichengifte sind die Ursache all dieser Erscheinungen, deren Be-
schreibung und Bekämpfung nie gelingen will trotz der immer mehr
anschwellenden Bücherflut darüber und der immer neu erfundenen
Arzneimittel.
Verhütung ist auch hier leichter als Heilung. Sorgt dafür, daß
wenigstens eure Kinder die Gelegenheit erhalten, sich gesund und
einfach, den natürlichen Gesetzen der Lebenserhaltung entsprechend
zu ernähren, dann wird die Flut der ekelhaften, fressenden Geschwüre
und Krankheiten von selbst verschwinden und ein neues in fröhlicher
Unbefangenheit gedeihendes Geschlecht edler, gesunder, von un-
seligen Trieben freier Menschen wird heranwachsen und in Zukunft
die Erde bevölkern und sie in einen Garten Gottes verwandeln.
Die Milch und ihre Schadenswirkung
Im Anschluß an diese Darlegungen über die Auswirkung der vom
Tier stammenden Genußmittel müssen wir noch kurz über den Wert
oder Unwert der Milch als Nahrungs- und Genußmittel sprechen.
Der Mensch gebärt wie alle Säugetiere lebendige Junge, deren erste
Nahrung die Absonderung aus den Milchdrüsen der Mutter ist. Die
Säuglinge können in den ersten Lebenstagen und -monaten noch
nicht von der Nahrung leben, welche für den Erwachsenen richtig ist.
In der Milch der Mutter und bei den Säugetieren in der Milch des
Muttertieres sind neben den Nahrungsstoffen vor allem die Aufbau-
stoffe enthalten, aus denen sich im Körper des Säuglings ein Vorrat
an Knochen, Muskeln und Gehirn- und Nervenmasse bildenden Stof-
fen sammeln kann. Die Milch der Mutter und des Muttertieres ist
nicht einfach nur Nahrung. Ihr wichtigster Zweck ist, vorbereitete
und leicht umsetzbare Lebensgrundlagen in den Körper des heran-
wachsenden Menschleins oder des jungen Tieres zu schaffen, die oft
197
für das ganze Leben eine Rücklage und einen ständigen Vorrat be-
deuten. Auf diesen kann dann in Zeiten des Mangels der einen oder
anderen Art oder in Zeiten von Krankheitsnot zurückgegriffen
werden.
Die Milch ist flüssige Nahrung für den Säugling des jeweiligen
Muttertieres, die abgesaugt werden muß, um nicht an Wert zu ver-
lieren, im Gegensatz zur mehr oder weniger festen Nahrung des Er-
wachsenen. Aber es ist so gut wie unmöglich, ein Pferdefüllen z.B.vom
ersten Tage an mit gewöhnlicher gemolkener und der Luft ausge-
setzter Kuhmilch großzuziehen und umgekehrt. Die Art der Milch-
bildung bei diesen Tierarten ist zu verschieden von einander, als daß
die eine ohne weiteres durch die andere ersetzt werden könnte, vor
allen Dingen nicht in den ersten Tagen nach der Geburt. Trotzdem
versucht man immer wieder, Menschenkinder mit abgestandener,
tiefgekühlter und wieder mild erwärmter Kuhmilch aufzuziehen und
scheitert daran immer wieder.
Im Magen des Säuglings sind ganz andere Voraussetzungen gege-
ben als im Magen des Erwachsenen. Die Eiweißstoffe oder Albumine
der Milch, die Kaseine, können von den Magensäften des Erwachse-
nen kaum gelöst und auf gespalten werden. Das können nur die Ver-
dauungssäfte des Säuglingsmagens, nämlich die Labsäfte. Durch die
Verlabung erfolgt eine strikte Trennung der in der Milch vorhande-
nen Nahrungsgrundlagen. Erst die verlabten, in feinste Flocken ver-
wandelten Kaseine der Brustmilch können weiterzerlegt und für den
Säugling nutzbringend verwandelt werden unter folgender Voraus-
setzung: Die Brustnahrung muß, vom Munde des Säuglings abge-
saugt, ohne Luftzutritt und ohne Temperaturänderung in den Magen
des Säuglings gelangen. Nur auf diese Art genossen, ist die Brust-
milch im vollsten Sinne lebendige „Nahrung“ für den Säugling, die
seinem Körper von Nutzen ist. Die Bestandteile der Brustmilch sol-
len nicht wie die Eiweißstoffe im Fleisch der Tiere in Aminosäure-
reste und Zucker zerlegt, sondern in fertige Aufbaustoffe für den
Einbau in den wachsenden Körper umgewandelt werden. Das aber
kann nür der Säuglingsmagen durchführen. Der Säuglingsmagen ist
mit ganz anderen Säften ausgestattet als der Magen des Erwachse-
nen. Mit dem fortschreitenden Wachstum des Säuglings ändert sich
allmählich der Zustand des Magens und seiner Verdauungssäfte, da-
mit eine allmähliche Überleitung der Ernährung auf das, was die Er-
wachsenen essen, erfolgen kann. Mit dem allmählichen Versiegen der
Lababsonderung, der Zustandsänderung der Magensaftdrüsen und
der fortschreitenden Entwöhnung hört die Milch nach dem ersten
Lebensjahre auf, natürliche Nahrung für das Kind zu sein. Von da
an sind die Verdauungsorgane fähig, ohne weiteres die natürlich ge-
gebene Nahrung aus dem Pflanzenreich gut und richtig auszunutzen
und zu verarbeiten. Die Milch der Mutter ist nur so lange natürliche
Nahrung für den saugenden Säugling, wie sich noch Labflüssigkeit im
Magen absondert. Haben sich die Verhältnisse im Magen geändert
198
und sich dem Zustand der Erwachsenen angeglichen, dann wird sich
bei Einhaltung der natürlichen Ernährungsgesetze, d. h. Verabrei-
chung von Nahrung aus dem Pflanzenreich in Form von Obst, Ge-
müse, Nüssen und dergl., der Geschmack und die Aufnahmebereit-
schaft des Kindes von Natur aus so geändert haben, daß das Kind die
Mutterbrust mehr und mehr ablehnt und nach fester Nahrung ver-
langt. Damit hört die Milch auf, Nahrung für den heranwachsenden
Menschen oder für das heranwachsende Tier zu sein.
In den Magen des Erwachsenen gehört die Milch auf keinen Fall.
Dieser hat ja gar keine Möglichkeit, den die Verdauung vorbereiten-
den Vorgang der Verlabung durchzuführen. Es kann deshalb in
diesem Zusammenhang auch niemals die Rede davon sein, daß vom
Tier stammende Milch irgendeiner Art als Nahrung für den Erwach-
senen angesprochen werden kann. Wer sie trotzdem in seiner Ernäh-
rung verwendet, vergeht sich damit gegen das Gesetz der Erhaltung
des Lebens. Die Folgeerscheinungen bleiben nicht aus. Leider machen
sie sich selten sofort bemerkbar, da die ersten krankhaften Erschei-
nungen und Mißbildungen in der Kindheit als nicht zu vermeidende
Kinderkrankheiten angesprochen werden. Es sind dies Milchschorf
im Säuglingsalter, später Masern, Windpocken, Scharlach, Diphthe-
rie, echte Blattern und verwandte Krankheiten mit starker Hautaus-
scheidung. Auch die Furunkulose bei Kindern und Erwachsenen ge-
hört z. T. zu den durch Milchgenuß erzeugten Krankheitszuständen.
Die Überwindung dieser Krankheiten bewirkt eine Gewöhnung an
die schädlichen Einwirkungen im wachsenden Menschenkinde durch
die große Anpassungsfähigkeit des Körpers und seine Fähigkeit, sich
durch Erzeugung von Abwehrstoffen der offensichtlichen Schäden
zu erwehren. Diese schädlichen Einflüsse beginnen sich auszuwirken,
wenn die Ansammlung durch dauernde Zuführung zu groß wird. Wir
werden in den nächsten Abschnitten noch Näheres über die Schäden
hören, die aus der Verarbeitung der Milch und ihrer Abkömmlinge,
dem Rahm, der Butter und den verschiedenen Arten von Käse ent-
stehen. Hier sei nur noch hinzugefügt, daß die albuminhaltigen Reste
der Milch, also die Käsestoffe, weder im Magen noch im Dünndarm
vollständig gelöst und verarbeitet werden können. Sie werden gar
zu leicht die Ursache schwerer Darmfäulnis im Dickdarm und damit
die Ursache schwerer und schwerster Stuhlverstopfung und all ihrer
schlimmen Folgen.
Trotz der heute herrschenden Meinung muß immer wieder die
folgende Tatsache vermerkt werden: Die Milch ist keine lebendige
Nahrung, nachdem sie mit der Luft in Berührung gekommen ist.
Schon beim Melken kommt der für das junge saugende Tier be-
stimmte nährende Muttersaft ganz intensiv mit der Luft in Berüh-
rung. Der in der Luft als belebendes Element wirkende Sauerstoff
greift sofort die dem lebendigen Quell entströmende Nahrung an
und tötet das Leben darin. Der Tod eines lebenden Geschöpfes ist
stets begleitet von dem Angriff der die Verwesung bewirkenden,
199
die Zellen und ihre Säfte lösenden Bakterien und Bazillen. Geführt
vom Milchsäurebazillus drängen sich sofort nach der Berührung der
Milch mit der Luft eine Unmenge von Fäulniserregern heran und
durchsetzen die Milch. Das ist allen in der Milchwirtschaft Helfenden
bekannt, denn diese müssen wie noch gezeigt wird, einen unaufhör-
lichen Kampf gegen die Versäuerung und den Verderb der Milch
führen. Die gesunde lebende Zelle aller lebendigen Geschöpfe kann
sich aller dieser Angriffe erwehren. Die abgestorbene kann das nicht,
sondern wird dem Ansturm dieser Truppen des Verderbens erliegen.
Die Tatsache der fauligen und milchsauren Zersetzung der Milch so-
fort nach ihrer Berührung mit der Luft zeigt uns das bereits erfolgte
Absterben der Lebenskraft in der Milch an. Wer da glaubt, die Milch
sei lebendige Nahrung, täuscht sich selbst. Auf dieser irreführenden
Täuschung beruht die Entstehung so mancher schweren Erkrankung
durch den Genuß der vom Tier stammenden Milch.
Aus dieser irrigen Ansicht, die Milch als lebendige Nahrung anzu-
sehen, entsteht auch die große Täuschung von dem für den Men-
schen so zuträglichen Kalkgehalt der Milch. Gewiß, nach den Tabellen
über den Gehalt an Nährstoffen in den Nahrungsmitteln hat die Milch
einen unverhältnismäßig großen Gehalt an Kalk, besonders die Milch
der Kuh, da ja das Kalb große Mengen an Kalkstoffen braucht, um
sein wachsendes Knochengerüst aufzubauen. Dieser Kalkgehalt wirkt
sich entsprechend günstig im Körper des Kalbes aus, wenn die Milch
mit dem Maul abgesaugt wird. Aber die durch die Berührung mit
der Luft abgestorbene Milch reagiert ganz anders wie die im
lebendigen Saftstrom durch Saugen vom Euter in den Magen ge-
kommene. Sobald nämlich die Milch vom Milchsäurebazillus ange-
griffen wird oder mit der Magensäure in Berührung kommt, lösen
sich die phosphorhaltigen Gebilde in der Milch und ihrem Eiweißge-
halt in ihre Bestandteile auf. Es ist derselbe Vorgang, der auch bei
den eiweißhaltigen Bestandteilen des Vollkornbrotes schon beschrie-
ben wurde. Die freiwerdende Phosphorsäure verbindet sich nun un-
ter der Einwirkung des Milchsäureerregers oder irgend einem ande-
ren Säureeinfluß mit dem Kalkgehalt in der Milch, um sich abzu-
binden und bildet zusammen mit *dem Albumin in der Milch den
Käsestoff. Dieser setzt sich aus den folgenden Bestandteilen der
Milch zusammen: Phosphorsäure, Eiweiß und Kalk. Ist nicht ge-
nügend Kalk in der Milch vorhanden, um die Phosphorsäure abzu-
binden, dann greift diese die menschlichen Gewebe an und entzieht
diesen den benötigten Kalk zu ihrer Neutralisierung. So kann es
Vorkommen, daß die sehr kalkhaltige Milch dem Körper und damit
auch den Knochen des Milchtrinkenden noch Kalk entzieht, um die
übergroßen Mengen durch Säurewirkung freiwerdender Phosphor-
säure zu neutralisieren und für die Lebensvorgänge unschädlich zu
machen.
200
Der damals 80jährige bekannte Nahrungsmittelchemiker Dr. Rag-
ner Berg erläuterte diese Tatsache am Schluß der Vegetariertagung
in Stockholm im August 1953 in einem Vortrag etwa wie folgt:
„Dem großen Kalkgehalt der Milch entspricht ein unverhältnis-
mäßig hoher Gehalt an Phosphorsäure, die in der Milch in den ihr
jeweils zukommenden leicht zu lösenden Bindungen an andere Stoffe
zu finden sind. Wir wissen nun, daß sich an warmen Tagen z. B. durch
den Milchsäurebazillus die Zersetzung des durch die Berührung mit
der Luft zur Milchleiche gewordenen Milchsaftes sehr schnell voll-
zieht und die Bindungen der Phosphorsäure und der Kalkstoffe
sich unter der Einwirkung der entstehenden Milchsäure lösen. Sie
werden neue Bindungen untereinander eingehen, durch die der ganze
Charakter der Milch und der in ihr enthaltenen Stoffe verändert
wird. Unter der Einwirkung der Milchsäure, die durch den Milch-
säurebazillus hervorgerufen wird, verbindet sich der aus seinen bis-
herigen losen Bindungen herausgelöste Kalkstoff mit der gleichfalls
freiwerdenden Phosphorsäure und wird nun zu phosphorsaurem
Kalk. Dieser in der Milch neuentstandene Stoff reißt nun wiederum
alle Eiweißstoffe in der Milch an sich und das Resultat ist das, was
im Sprachgebrauch als Käse bekannt ist. Die im Käsestoff grund-
legend enthaltene Verbindung von Kalk und Phosphorsäure ist eine
so feste, daß sie von den Verdauungssäften nicht mehr angegriffen
werden kann. Sie ist im Magendarmkanal unlöslich. Sie wird sich
aber im Darm bei längerem Aufenthalt z. B. bei Stuhlverstopfung in
fauliger Gärung zersetzen und dann die Ursache zu schweren Darm-
erkrankungen werden.
„Wird nun die frische süße Milch, auch die von gesunden Kühen,
von einem dem Säuglingsalter entwachsenen Kinde oder gar von
einem Erwachsenen getrunken, dann wird die Milch sich unter dem
Einfluß der Magensäure in ähnlicher Weise zersetzen wie bei der
Einwirkung des Milchsäurebazillus an der Luft. Die in der frischen
süßen Milch vorhandenen Bindungen der verschiedensten Stoffe wer-
den gelöst und die Phosphorsäure wird dabei frei. Freie Phosphor-
säure aber wirkt im menschlichen Organismus wie fressendes Gift,
da Phosphorsäure sich abzubinden sucht. Zur Abbindung aber bedarf
es der basischen Grundstoffe. Die Phosphorsäure hat nun bekanntlich
eine besonders starke Vorliebe für Kalkstoffe, um sich abzubinden
und reißt nun im Magen die aus der Milch freigewordenen Kalkstoffe
mit Gewalt an sich. Es bildet sich unter Hinzuziehung der Eiweiß-
stoffe in der Milch phosphorsaures Kalkeiweiß, bekannt als unlös-
barer Käsestoff.“
Der Leser wolle sich diese Tatsachen stets vor Augen halten, wenn
er im Begriff ist, Milch oder Milchspeisen zu genießen, weil darin sehr
viel Kalk enthalten sein soll und die Milch deshalb als besonders zu-
trägliches kräftigendes Genußmittel gepriesen wird.
201
Gekochte Milch oder solche, die bei der kunstfertigen Zubereitung
von Kuchen oder suppenartigen Speisen und Breien Verwendung
findet, ist noch viel gefährlicher in der Auswirkung. Durch den Koch-
prozeß werden alle Mineralstoffe in der Milch aus ihren organischen
Bindungen ausgefällt und in unbrauchbare mineralische Verbindun-
gen gebracht in ähnlicher Weise, wie auch die organisch gewachsenen
erdigen Grundstoffe in lebenden Pflanzen durch das Kochen zurück-
geführt werden in für den Körper unbrauchbare mineralische Bin-
dungen ähnlich denen, die im Boden vorhanden sind. Die gelösten
Phosphorverbindungen in der Milch gehen z. B. beim Kochen eine
Verbindung mit den Kalkstoffen ein und bilden unlösbare Kalk-
phosphate, deshalb käst gekochte Milch nicht mehr. Die Fett- und
Ölstoffe in der Milch werden durch das Kochen verhärtet und sehr
schwer lösbar, und damit schwer oder gar nicht verseifbar. Die Albu-
mine aber haben ihre Labfähigkeit und damit ihre Lösungsfähigkeit
genau so verloren wie das geronnene Eiweiß beim Fleischgenuß. Alle
diese Umstände wirken miteinander auf den Zustand der Organe und
der Lebenstätigkeit des Menschen ein und helfen, alle Krankheiten
zu verschlimmern und in eine Unzahl von immer wechselnden Er-
scheinungen zu verändern. Halten wir uns dies alles vor Augen und
durchdenken es richtig, dann wird es uns klar, warum so mancher
Kranke und Rekonvaleszent, also Erholungsbedürftige, bei der ver-
ordnten Schonkost mit besonderer Einschaltung von Milch oder
Milchabkömmlingen und Eiern sich gar nicht erholen kann und im-
mer weiter kränkelt und immer von neuem rückfällig wird im Gegen-
satz zu den Kranken, die, durch die Krankheit nachdenklich gewor-
den, auf die gewohnte Nahrung verzichten und sich schnellstens auf
Obst- und Gemüserohkost mit den nötigen, natürlich gewachsenen
Ergänzungen umstellen.
Zur Erhärtung des von Ragnar Berg nachgewiesenen Kalkentzuges
und die Bindung des Kalkes in der Milch durch die bei der Lösung
der Milch in den Magensäften frei werdende Phosphorsäure sei noch
auf einen Abschnitt aus dem Buch von Landois & Roesemann, Wien,
„Die Physiologie des Menschen und physiologische Chemie“, hinge-
wiesen.
Es wird in dem Abschnitt gezeigt, wie sich der Gehalt der Milch an
Eiweiß, Phosphor und Kalk sofort nach ihrem Eintritt in den Magen
durch die Magensäure in Käse verwandelt. Es heißt dann weiter:
„Nachdem das Paracaseincalzium als Käse im Magen ausgefällt ist,
d. h. sich von den übrigen Bestandteilen abgesondert hat, unterliegt
es der verdauenden Wirkung des Magensaftes. Dabei wird es gespal-
ten in Eiweiß, das peptomisiert wird, und in Paranuclein. Dieses ist
zunächst unlöslich, wird aber schließlich doch gelöst unter Bildung
einer phosphorhaltigen Säure, der Paranucleinsäure . . .
„Diese Paranucleinsäure muß und wird als phosphorhaltige Säure
neutralisiert und gebunden werden. Das geschieht wiederum durch
202
den Kalkgehalt der Milch und wenn der Kalk darin nicht ausreicht,
durch den Gehalt der übrigen Nahrung oder des Körpers selbst. Das
Casein der Frauenmilch ist ohne Rückstand in der Pepsinsäure löslich,
während Kuh-, Ziegen-, Büffel- und Schafmilch in steigender Menge
unlöslichen Pseudonuclein hinterlassen.“
Dieser unlösliche Rückstand kann aus dem Körper nicht oder nur
sehr langsam entfernt werden. Er sammelt sich im Darm und seinen
Nebenorganen und verursacht hier die vielen bisher ungeklärten
Störungen, die dem Milchgenuß folgen.
203
II a.
Die schädliche Wirkung
der Fleisch-, Wurst- und Fischwaren
■
Die folgenden Abhandlungen wurden ergänzt durch Gedanken
aus Kurt Lenzner „Gift in der Nahrung“. In den vorhergegange-
nen Abschnitten war die Rede von der Krankheitsentstehung aus den
eiweißhaltigen, vom Tier stammenden Genußmitteln. Wir können
aber diesen Abschnitt nicht zu Ende führen, ohne auch auf Auswir-
kungen aufmerksam zu machen, die durch die Frischhaltungs- und
Fabrikationsmethoden für Wurst- und Dauerfleischwaren entstehen,
die der Mensch in sich aufnimmt, wenn er diese Erzeugnisse verzehrt.
Wir wissen, daß mit der Tötung des Tieres der Verwesungs Vorgang
einsetzt, ob das Tier eines natürlichen Todes gestorben ist oder ge-
schlachtet wurde, bleibt sich gleich. Bei der Verwesung zerfällt das
Fleisch in die stickstoffhaltigen Fleischbasen: Xanthin, Kreatinin und
Sarkin. Bei der Auflösung dieser Fleischbasen bilden sich Zersetzungs-
gifte und diese sind äußerst giftiger Natur. Die bekanntesten sind die
Leichengifte, aus denen sich Fleisch-, Wurst- und Fischvergiftungen
aller Art entwickeln können. Um diese verwesende, Leichengifte
bildende Zersetzung zu verhindern, beginnt der Kampf gegen die
Fäulnis im Haushalt sowohl als auch in der Fleischerei. Der Eis-
schrank ist noch das mildeste Mittel gegen die Zersetzung, schlimmer
wirken Pökeln, Räuchern und die frischhaltenden Wurstwürzen. Daß
beim Genuß von rohem Fleisch als Schabe- oder Hackfleisch z. B. die
Bandwurmgefahr und die Übertragung von Trichinen nicht zu ver-
meiden ist, sei nur am Rande bemerkt. Auch die ordnungsmäßige
Fleischbeschau bietet keine absolut sichere Gewähr gegen die Band-
wurmentwicklung aus den Fleischfinnen. Bei den Fischen besteht
keine Finnen- oder Trichinenschau. Es besteht deshalb beim Fisch-
verzehren die große Gefahr für die Entwicklung des sogenannten
Fischbandwurmes im Darm des Menschen. Aus der täglichen Erfah-
rung wissen wir, daß sich dem verwesenden Fleisch mit Vorliebe
allerhand Ungeziefer nähert, das sich vom Kadaver nähren möchte.
Die Fleischereien und Schlachthäuser führen deshalb einen ständigen
Kampf gegen das Ungeziefer, ebenfalls die Kühlhäuser. In den letzten
Jahren wurde die Bekämpfung des Ungeziefers durch Vergasung der
Aufbewahrungsräume mit Blausäure durchgeführt. Die Giftigkeit der
Blausäure, auch in feinsten Spuren, braucht nicht näher erörtert zu
werden, sie ist bekannt. Wahrscheinlich ist, daß Spuren von Blau-
säure im Fleisch verbleiben, wenn die Durchgasung der Räume mit
204
Inhalt vorgenommen wurde. Außerdem ist es kaum möglich, die
Gase aus den Räumen wieder restlos zu entfernen. Die Häufung der
Giftspuren im Laufe der Jahre wird sich in der einen oder anderen
Weise auswirken; aus der Homöopathie sind die Wirkungen sogenann-
ter hochpotenzierter Giftlösungen bekannt.
Bis dahin handelt es sich um Frischfleisch, im folgenden wird die
Wirkung der Konservierung von Dauer fleisch waren kurz gezeigt. Mit
der einsetzenden Verwesung verliert das Fleisch die vom Blutfarbstoff
stammende Röte und wird graugelb und unansehnlich. Um diese
Farbveränderung zu verhindern und unerwünschten Verfärbungen
auch bei Fleischwaren vorzubeugen, verwendet man ganz allgemein,
sowohl bei Hausschlachtungen als auch in den Fleischereien und
Wurstfabriken: Salpeter.
Salpeter ist chemisch ausgedrückt „Kaliumnitrat“, das sich durch
Vereinigung mit den Blutsalzen in Nitrit verwandelt. Das Kalium-
nitrit erzeugt dann die frischrote Fleischfarbe. Da nun bei jedem
Pökelverfahren und bei jeder Haltbarmachung von Fleischerzeugnis-
sen das Verhältnis des Salpeters, das noch in den Blutsalzen unschäd-
lich gelöst werden kann, niemals genau bestimmt werden wird, so
wird unter allen Umständen ein Rest an Salpeter, sei er noch so
gering, im fertigen Erzeugnis vorhanden sein. Infolgedessen wird
nach dem Genuß dieser Erzeugnisse durch das Salpeter die erwähnte
Blutzersetzung im lebenden Körper des Menschen eintreten. Die Fol-
gen sind schwere Störungen in der Blutbildung, deren Ursache kaum
ergründet werden kann, wenn der Zusammenhang mit der Verwen-
dung der Pökelsalze nicht bekannt ist. Es gibt kein Einpökeln ohne
Salpeter. Alle Räucher- und Wurstwaren werden mit Salpeter be-
handelt. In jeder Wurstwürze ist immer Salpeter enthalten. Da dürfte
man sich doch eigentlich über die Entstehung krankhafter Blutzerset-
zung nicht wundern. Das Pökeln an sich ist der Vorgang, der bei
Herstellung von Dauerfleischwaren durch Einlegen der Fleischstücke
in Salzlake besteht. Da nun dieser Salzlake stets Salpeter zugefügt
wird, und Salpeter einen bitteren Geschmack hinterlassen würde,
setzt man der Pökelbrühe braunen Zucker hinzu, um sowohl den
Verwesungsgeschmack als auch den Geschmack des Salpeters zu ver-
decken. Salz und Zucker sind wasserentziehend, d. h. sie ziehen das
Wasser aus dem Gewebe des Fleisches, um sich daran zu sättigen. Die
Fleischmasse schrumpft deshalb durch den Pökelvorgang ein. Mit
dem Fleischwasser werden aber auch alle wasserlöslichen Nährstoffe
aus der Pökelmasse mit herausgezogen, d. h. alle kolloidalen, lösbaren
Proteine, alle Mineralstoffe und Enzyme, alle noch vorhandenen lös-
lichen Blutsalze, es bleibt nur ein ausgelaugtes, wertloses Produkt,
das durch die reichliche Salzzugabe, mit Zucker gemischt, noch eben
schmackhaft ist. Uber den Nährwert und die krankmachende Einwir-
kung des Fabrikzuckers im menschlichen Körper wird in einem wei-
teren Absatz ausführlich berichtet werden, so daß wir uns hier mit
einem Hinweis auf diesen Absatz begnügen können.
205
Hier kommt es nun auf die physiologische Einwirkung des „Koch“-
Salzes an. Dieses Kochsalz ist chemisch ausgedrückt reines Chlor-
natrium, durch seine schon erwähnte auslaugende wasserentziehende
Eigenschaft wirkt es als lebenvernichtendes Salz. Im folgenden wird
die allgemeine Anwendung des Kochsalzes bei der Konservierung
und Zubereitung der Genußmittel und Speisen gezeigt. Durch die
auslaugende und geschmacklos machende Wirkung des Kochens und
der Feuershitze werden alle Speisen geschmacklos. Durch Beimischung
von etwas Salz ergibt sich trotzdem eine gewisse Würze, die den
natürlichen Geschmack ersetzen soll. An diesen Geschmacksersatz
durch Kochsalz hat sich die Kulturmenschheit im Laufe der letzten
Jahrtausende gewöhnt. Die organischen Schädigungen des Salzgenus-
ses sind in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr erkannt, und
diese Erkenntnis findet ihren Niederschlag in der Verordnung der
kochsalzfreien Diät. Es soll in diesem Zusammenhang nicht des
Näheren auf die schädliche Wirkung des Salzgenusses aufmerksam
gemacht werden. Das wird später nachgeholt und kann auch in ande-
ren Werken nachgelesen werden. Es seien nur die wichtigsten Schä-
den erwähnt. Die Bleichsucht ist oft nichts weiter als eine Auslaugung
der roten Blutkörperchen durch übergroße Verwendung von Kochsalz
im Kindesalter und in jungen Jahren. Das Blut muß in seiner Zu-
sammensetzung eine Reihe bestimmter Salze enthalten. Wird dieses
Verhältnis durch die Zufuhr von Kochsalz gestört, so entstehen Ner-
venschwäche, Blutandrang zum Kopf, Benommenheit im Kopf,
Schwindel, Ziehen und Schmerzen in den Sinnesorganen, Schwäche
der Arme und Beine und Herzklopfen. Es ist in früheren Zeiten
behauptet worden, daß Kochsalz für den Lebensbetrieb unerläßlich
ist, z. B. zur Erzeugung von Salzsäure im Magen. Ich möchte hier aus
eigener Erfahrung bemerken, obgleich ich jetzt seit über 45 Jahren
kein Körnchen Salz zu mir genommen habe, mit Ausnahme von ge-
ringen Abweichungen auf Reisen und dergleichen, war der Körper-
schweiß bis vor einigen Jahren leicht salzig und die Magenflüssigkeit
normal salzsäurehaltig, d. h. mit anderen Worten: Bei natürlicher Er-
nährung, bestehend aus Gemüse, Früchten, Nüssen und dergleichen,
erhält der Körper alle notwendigen Mineralstoffe zur Bildung nor-
maler Blut- und Körpersäfte in voller Lebenskraft. Daraus bildet
die Lebenstätigkeit selbst alle für den Körperbetrieb notwendigen
Säfte in natürlicher Weise. Bei natürlicher Ernährungsweise wirkt
deshalb der Zusatz von Kochsalz zur Nahrung sehr störend, weil diese
eben nicht gekocht wird und deshalb ihre natürliche Würzigkeit und
die natürlichen Nährstoffe behalten hat. Sind aber nach der Um-
stellung auf natürliche Nahrung die letzten Reste von angestauten
Salzlagern ausgeschieden, dann verschwindet auch der Salzgeschmack
des Körperschweißes, wie es jetzt bei mir selbst der Fall ist.
Außer diesen Hauptbestandteilen Salpeter, Zucker und Kochsalz ist
in den Pökelpräparaten und Fleischkonservierungsmitteln noch eine
Spur weiterer Stoffe enthalten, die der chemischen Giftküche, nämlich
206
den Kohlenteer-Produkten entstammen. Es sind das Konservierungs-
mittel, die gleichzeitig die Farbe haltbar machen sollen und deshalb
oft eine doppelt giftige Wirkung in sich bergen.
Außer der Pökelung werden viele Fleischwaren haltbar gemacht
durch das Räuchern. Scheinbar ist das Räuchern ein natürliches Ver-
fahren. Aber wenn wir uns nun vorstellen, daß fast alle Räucherwaren
vorher mehr oder weniger stark gepökelt oder gesalzt werden, so
werden wir recht schnell den Wirkungen der meist schädlichen Roh-
stoffe auf die Spur kommen.
Bei der unvollkommenen Verbrennung von Holz- oder Brenn-
material, das zur Raucherzeugung bei der Räucherung Verwendung
findet, entstehen Gase, die den bekannten Erzeugnissen der Teer-
abkömmlinge verwandt sind. Es sind zunächst phenolartige Sub-
stanzen wie Karbolsäure, Kresol, Kreosot und brenzliche Stoffe wie
Formaldehyd, Essigsäure, Ameisensäure und andere. Diese teilweise
sehr giftigen Stoffe durchdringen die Fleischstücke, verbinden sich
mit diesen und erzeugen die Haltbarkeit durch ihre Eigenschaft als
starke Lebensgifte, die sogar Gärungs- und Fäulniserreger töten und
die Ware dadurch keimfrei halten. Glaube nur ja keiner, daß die in
das Fleisch mit den Rauchgasen eingezogenen Stoffe sich irgendwie
wieder verflüchtigen oder entfernt werden könnten. Man verzehrt
mit solchen Genüssen auch deren Giftwirkung.
Nun wurden in der neueren Zeit Schnellräucherverfahren ent-
wickelt, bei denen in 36 bis 48 Stunden die gleichen Erscheinungen
hervorgerufen werden wie beim regelrechten langsamen Räuchern
im Rauch. Statt des Räucherns bedient man sich in solchen Fällen
des Holzessigs, einer braunen, sauren und unangenehm teerig-rauchig
riechenden Flüssigkeit, welche die brandigen, antiseptisch wirkenden
Bestandteile enthält. Eine solche Schnellräucherflüssigkeit, die in
Kürze das ganze Fleischstück durchdringt, besteht z. B. aus 100 Teilen
Kreosot, 10 Teilen Wacholderbeeröl, 100 Teilen Holzessig, verdünnt
mit der zehnfachen Menge Wasser, In diese Flüssigkeit wird das vor-
her gepökelte Fleisch eingelegt und ist dann nach 36 bis 48 Stunden
verkaufsbereit. Das Verfahren ist wirtschaftlich günstiger als das
monatelange Hängen im Rauch. Man beachte: In beiden Fällen hat
die desinfizierende Räuchersubstanz eine weitgehende Ähnlichkeit mit
den flüssigen Substanzen im Teer. In der Wissenschaft setzt sich mehr
und mehr die Erkenntnis durch, daß die gefürchteten Krebsleiden
mit dem Verzehren von Teerabkömmlingen Zusammenhängen.
Die Deutschen im besonderen sind in der Welt bekannt als die
Wurstesser. „Aber nur ein Gott kann Wurst essen, denn nur ein Gott
kann wissen, was darin ist“. Das hat schon Jean Paul gesagt.
Bei der Fabrikation von Wurst wird dem gemahlenen Fleisch eine
gewisse Wurst würze beigegeben, die gewöhnlich noch Färbungs- und
Konservierungsmittel enthält. Der Hauptbestandteil der Wurstwürze
ist Salz, Zucker und Salpeter. Auf 1 Pfund Dauerwurst kommen
etwa: 17 g Kochsalz, 6,5 g Pfeffer, 1 g Rohzucker und V 4 bis V 2 g
207
Salpeter, dazu noch etwas Borsäure, Borax, Kalisalpeter, Natrium-
sulfat, vielleicht mit der Würze auch noch Benzoesäure und ähnliche
Teerabkömmlinge. Es erübrigt sich nach dem bisher Gesagten, über
die Schädlichkeit dieser Wurstbeigaben etwas zu sagen. Aber es ist
noch zu bemerken, daß viele Wurst waren außerdem noch geräuchert
werden oder im Schnellräucherverfahren mit den vorbeschriebenen
Giften versehen wurden. Wir müssen noch bedenken, daß nicht nur
die Wurst haltbar gemacht werden muß, sondern auch der Darm, in
die sie hineingestopft wird. Trotz alledem reicht die künstliche Be-
handlung und Haltbarmachung der Fleisch- und Wurst waren nicht
aus, um die Erzeugnisse vor Schimmel, üblem Geruch, Austrocknen,
Madenbildung, Schmierigwerden und dergleichen zu schützen. Akute
Wurstvergiftungen sind beileibe keine Seltenheit, aber schlimmer ist
die langsam schleichende, sich immer häufende Giftwirkung der be-
kannten Zusätze, durch welche manche der rätselhaftesten Krank-
heiten ihre Aufklärung finden könnten, wenn sich die Wissenschaftler
mehr um diese Dinge kümmern würden.
Die Milch als Ware
Was geschieht nun in dieser Beziehung mit der Milch und welche
Schädigungen treten durch die zur Anwendung kommenden Frisch-
haltungsmethoden usw. ein? Auch im folgenden stützen sich diese
Ausführungen zum Teil auf die Arbeiten von Kurt Lenzner.
Wir sahen, daß die Milch der Mutter dem Säugling nur dann voll-
wertige und natürliche Aufbaunahrung ist, wenn sie vom Säugling
selbst gesaugt und ohne Berührung mit der Luft bzw. dem Luft-
sauerstoff und ohne Wärmeänderung in den Magen desselben gelangt.
Die Kuhmilch aber, die wir nach dem Melken der Kühe auf dem
Bauernhof als Volksnahrungsmittel für Kinder und Erwachsene im
Laden kaufen, ist doch etwas ganz anderes als das, was in den Eutern
war. Sie hat ihre Natürlichkeit auf dem Wege zum Käufer und in die
Speisekammer der Hausfrau bestimmt eingebüßt und alles das ver-
loren, durch das sie im Kälbermagen so hervorragend zum Aufbau
des wachsenden Rinderkörpers gedient hätte. Die Kuhmilch ist in ihrer
Zusammensetzung aus all den Stoffen gebildet, die für den Aufbau
des heranwachsenden Rindes notwendig sind. Durch Melken oder
künstliches Absaugen mit elektrischen Melkvorrichtungen der Kuh ab-
genommen, muß sie möglichst sofort gekühlt werden, damit sie nicht
sauer wird. Auf der Erzeugerstätte wird die Milch in Kühlanlagen
mit Eisbeigaben oder auf elektrischen Kühlanlagen gekühlt und
kommt dabei ganz ausgebreitet mit der Luft und dem Sauerstoff der
Luft in Berührung. Die Luft besonders, die in Ställen und Bauern-
höfen ist, ist stets geschwängert mit Bazillen und Bakterien in un-
gezählter Menge. Die durch die intime Berührung mit dem Sauerstoff
in der Luft, wie vorher gezeigt, zur Milchleiche gewordene Milch aber
ist wohl der beste natürliche Nährboden für diese Krankheitskeime,
208
den wir uns vorstellen können. Die Milch würde in jedem Kubik-
zentimeter Millionen von Krankheitserregern aufweisen, wenn man
sie in ihrem natürlichen Zustande belassen würde. Dazu kommt noch
die Gefahr der Krankheitskeime, die aus dem Tierkörper schon in
die Milch hineingelangten, als da sind: Die Erreger der Maul- und
Klauenseuche, Tuberkulose, Lungenseuchen verschiedener Art, Milz-
brand, Tollwut, Strahlenpilzkrankheit, Kuhpocken und die Erreger
fast aller menschlichen Infektions- und Kinderkrankheiten. Rechnen
wir dazu noch die Schäden, welche aus der Berührung der Milch mit
Kannen, die aus verzinntem Eisen oder Aluminium bestehen oder
emailliertem Geschirr durch Übernahme von freien Metallverbindun-
gen entsteh m können, dann haben wir vor uns die fast unbesiegbaren
Schwierigkeiten und den Kampf der Milchwirtschaft gegen alle diese
Einflüsse. Diese können kaum überwunden werden, sie müssen durch
die Mittel im Kampf gegen evtl. Schäden wie Sauer- und Schlecht-
werden eher noch verstärkt und verschlimmert werden.
Im Sommer wird die Milch auf dem Transport zur Meierei oder zur
Stadt schon säuern und gerinnen wollen. Der Milchsäurebazillus be-
ginnt seine Arbeit sofort nach Entnahme aus dem Euter und kann
nach Berührung der Milch mit der Luft im Sommer nicht ausge-
schaltet werden. Eingetretene Versäuerung kann aber nicht rück-
gängig gemacht werden. Da hilft nur Neutralisation der Säure durch
Zusatz von Alkalien wie etwa doppelkohlensaures Natron. Das aber
ist laut Gesetz eine Nahrungsmittelfälschung. Da man aber doch den
ganzen Milchtransport nicht fortschütten kann, so wird eben neutra-
lisiert. Im Sommer ist kaum ein Transport ohne Natron möglich. Was
aber bedeutet das für die Milch? Die Wirkstoffe Vitazym C und D,
die in der Milch als Schutzstoffe für den Säugling, ob Kalb oder
Mensch, so notwendig sind, werden schon durch die geringste Menge
von Alkalien zerstört, d. h., die Aufbaustoffe in der Milch können
wegen des Fehlens dieser vermittelnden Enzyme nicht im Körper
des Kindes eingebaut werden. Die Milch wird dadurch entwertet.
Erfolg: Barlowsche Krankheit, Milchnährschäden, Rachitis, beim Er-
wachsenen Vitaminosen aller Art, die aber nur selten mit der ent-
werteten Milch in Zusammenhang gebracht werden.
Um nun ein Sauerwerden der Milch zu verhindern und die gefürch-
teten Bakterien und Bazillen abzutöten, nahm man den Kampf auf,
ohne zu fragen, ob die Milch selbst auch dabei Schaden nähme. Man
hat zuerst versucht, die Milch durch eine länger dauernde Erhitzung
auf 60 bis 80 Grad unter Luftabschluß zu pasteurisieren und ist
äußerlich ganz gut dabei gefahren. Heute wird jede Handelsmilch in
jeder Molkerei pasteurisiert, aber da zur Hauptsache nur die Milch-
säurebazillen dabei vernichtet wurden, so konnten sich die anderen
schädlichen Kleinlebewesen, die durch den Milchsäurebazillus dar-
niedergehalten werden, umso mehr ausbreiten und verflüssigten
dabei gewisse Eiweißstoffe in der Milch. Da ging man über zum
14 Sommer, Ernährung
209
Sterilisieren, d. h. Erhitzung unter Luftabschluß bei hohen Hitze-
graden. Heute wird durchweg alle angelieferte Milch sofort sterili-
siert. Um die Verbraucher vor Bakterien und Krankheitskeimen zu
schützen, kommt kaum noch unerhitzte Milch in den Handel. Durch
die Sterilisierung bei Hocherhitzung werden aber nicht nur alle Bak-
terien und Keime getötet, sondern auch die Lebensträger, Enzyme,
Vitazyme und alles Lebendige werden vernichtet.
Die Mineralstoffe werden aus ihren Bindungen gerissen und in
unbrauchbare Salze verwandelt. Das ganze lebendige Gefüge wird
zertrümmert und verwandelt sich in Schlacken und Asche. Der Arzt
Dr. Schwenninger sagte schon 1890: Sie zerkochen die Nährkraft der
Milch, sie verderben das Baumaterial für die Knochen und das Wachs-
tum. Sie verweichlichen den Darm, der viel eher daran gewöhnt
werden müßte, mit den Bazillen fertig zu werden. — Schwenninger
wußte, daß die Bazillenfurcht schlimmer wirkt als die Bakterien und
die Bazillen selbst. Ein gesunder Körper mit gesundem Magen und
gesunden Organen wird mit jeder Menge von Krankheitserregern
ohne weiteres fertig, aber ein unrichtig ernährter Körper wird gar
zu leicht ein willkommener Nährboden für diese.
Aber die Molkereien wissen auch, daß die Milch auf dem Wege zur
Molkerei schon durch eine große Anzahl Hände gegangen ist und
verschiedene Hantierungen durchlaufen mußte, ehe sie bei ihnen
landet. Deshalb wird die Milch in den Molkereien erst filtriert und
kommt dabei mit dem Inhalt der Filter in engste Berührung, als da
sind: präparierte Watten, Asbest, Papiermassen und ähnliches. Die
Berührung mit Asbest in den Filtern z. B. wirkt gleichzeitig keim-
tötend und vernichtet die Wirkstoffe.
Dr. v. Behring erkannte ganz klar die Nachteile des Abkochens der
Milch durch Sterilisation und suchte nach Auswegen. Er verfiel auf ein
chemisches Konservierungsmittel, nämlich auf Formaldehyd, im Ver-
hältnis von 1 : 25 000. Seit der Zeit hat sich auch der Chemismus der
Milchwirtschaft bemächtigt. Formaldehyd, Benzoesäure, Borsäure,
Salizylsäure, Wasserstoffsuperoxyd kamen als Mittel gegen Bakterien
zum Versuch und werden teilweise noch verwendet. Es würde zu weit
führen, alle Nachteile der verschiedenen Bakteriengifte im einzelnen
nachzuweisen.
Man bedenke nur, daß alle diese bakterientötenden Gifte und
Chemikalien auch das menschliche Leben und die feinsinnig und
empfindlich arbeitenden Organe des menschlichen Körpers genau so
stören müssen, wie sie die Keime töten. Das Gefährlichste bei der
Anwendung aller Chemikalien in der Frischhaltung ist zum ersten
die mögliche Täuschung des Käufers über den wirklichen Zustand
des Genußmittels und die Reizwirkung der Gifte selbst in homöopa-
tisch kleinsten Verdünnungen auf den Körper. Diese muß durch
Dauereinwirkung bei fortgesetztem Genuß sich immer mehr steigern
und schließlich zu rätselhaften Krankheitserscheinungen führen, da
man den Ursprung ja nicht mehr erkennen kann.
210
Was hat es denn nun mit der eingedickten, kondensierten Milch auf
sich? Ist die besser? Überlegen wir uns den Fabrikations Vorgang. In
Homogenisier-Maschinen wird die Milch aus feinen Düsen gegen
rotierende Achatscheiben geschleudert, so daß die Fettkügelchen zer-
stäuben. Dann wird sie in luftdicht verschlossenen Apparaten auf
90 Grad erhitzt und mit 12% Zucker vermischt zur Konservierung.
Darauf wird sie bei 50 Grad im Vakuum eingedickt. Wird kein
Zucker zugesetzt, so wird sie bei 112 bis 114 Grad sterilisiert und
dann nach Abkühlung in Blechdosen abgefüllt. Eine amerikanische
Firma verwendet folgendes Verfahren: Die Milch wird erst bei 95
Grad kurz vorgewärmt, dann im Vakuumverfahren auf 7,8% Fett-
gehalt eingedickt bei Anwendung von überhitztem Dampf. Diese
Milch wird dann homogenisiert wie oben, gekühlt und mit Kalium-
phosphat oder Natriumnitrat versetzt, in Dosen gefüllt und noch mal
bei 116 Grad sterilisiert. Das Ergebnis beider Verfahren lasse man
sich in Bezug auf Nährwert und Bekömmlichkeit einmal durch den
Kopf gehen.
Soll man nun noch viel erzählen von den Verfahren zur Eintrock-
nung der Milch zu Trockenmilch und Milchpulver? Schon die Tat-
sache, daß diese Erzeugnisse mit Chemikalien versetzt werden müs-
sen, um als Dauerware gelten zu können, zeigt uns, was wir davon
zu halten haben, wenn wir uns die Wirkung auf die feinstoffliche
Materie des menschlichen Körpers vor Augen halten. Im Haushalt
findet die Trockenmilch wegen ihrer offenbaren Unbekömmlichkeit
ja auch kaum Verwendung, aber auf dem Umweg über Schokolade,
Backwaren, Bäckereien, Konditoreien, Nahrungsmittelgewerbe aller
Art kommen wir leider unbewußt und unbeabsichtigt gar zu leicht
damit in Berührung.
Ist es dem Leser durch diese kurzen Hinweise klar geworden, was
für ein Strom von neutralisierter, mit chemischen Fremdsubstanzen
durchsetzter, durch hohe und tiefe Temperaturen in seiner Zusam-
mensetzung veränderter, konservierter, belebender Wirkungen und
wachstumfördernder Stoffe beraubter Milch durch den Verdauungs-
kanal und damit in seinem Körper und seinen Organen, in seinen
Lymphdrüsen und in seinen Blut- und Säftebahnen fließt? Ist es ver-
ständlich, daß es nicht möglich ist, mit solch einem „Nahrungsmittel“
gesunde Kinder großzuziehen? Der Charakter der Milch von der Kuh
gehört nicht zur Art des menschlichen Wesens und muß schon deshalb
von Schaden sein. Außerdem verhindert die handelsübliche Vorbe-
arbeitung der Milch die Ausnutzung der evtl, noch vorhandenen Werte
in ihr und macht den Menschen vorzeitig krank und lebensunfähig.
Sie ist in der ärztlichen Säuglingspflege inzwischen auch als das er-
kannt, was sie in Wirklichkeit ist: Ein Würger der Gesundheit für
alle Säuglinge, die nicht das Glück haben, an der Brust der Mutter
groß zu werden.
211
Der Käse
Zur Herstellung des Käses wird die Milch durch einen Zusatz von
Labferment in den geronnenen Zustand übergeführt. Durch diesen
Zusatz werden ähnlich wie im Kälbermagen die in der Milch in loser
Bindung vorhandenen Phosphorstoffe frei. Diese reißen sofort, wie
schon vorher gezeigt, den Kalkgehalt der Milch an sich, um sich zu
neutralisieren. Die neu entstandene Verbindung von Kalkphosphat
sättigt sich sofort an dem vorhandenen Eiweißgehalt, dem Albumin
der Milch, ab. Es entsteht aus dieser Verbindung das, was seit
Menschengedenken nach Einführung der Kuhmilch in die Ernährung
der Menschen „Käse“ genannt wird. Käselab stammt aus dem Magen
der Kälber. Kunstlab besteht aus Kochsalz, etwas Borsäure und Lab-
ferment. Borsäure ist ein starkes Gift, auch in verschwindend geringer
Menge. Borsäure ist wie die meisten Teerabkömmlinge ein Nerven-
reizgift und doch begegnen wir dieser Säure oder ihren Salzen in der
Konservierung der Nahrungsmittel immer wieder. Die Milch muß bei
der Aufbereitung zu Käse auf die Labtemperatur von 37 Grad ge-
bracht werden, ehe sie richtig verkäst. Nach dem Vorkäsen wird der
Frischkäse einige Tage in eine zwanzigprozentige Salzlake gelegt.
Danach verbessert man ihn dann durch die sogenannte Reife in den
Gär kellern.
Die Reifung wird durch die verschiedenen Reifebakterien erzielt,
die teilweise in Reinkulturen zugesetzt werden. Es sind:
1. Die Milchsäurebazillen, besonders Milchsäurelangstäbchen.
2. Die peptonisierenden Bakterien, die das Kasein aufspalten und
nach und nach immer weiter auflösen. Bald treten freie Amino-
säuren auf und eine Reihe stickstoffhaltiger Körper, denen wir
auch bei der Verwesung der Fleischbasen begegnen, es sind Kada-
verin, Cholin, Guadin, Putrescin und auch Indol. Es sind all die
Stoffe, denen wir bei der Eiweißfäulnis im Darm immer wieder
begegnen und die auch im Urin starker Fleischesser gefunden
werden. Die Käsereifung ist darum in Wirklichkeit nichts anderes
als ein Fäulnisvorgang.
3. Sporenbildner wie Buttersäurebakterien.
4. Hefe- und Schimmelpilze.
Die Tätigkeit der Reifebazillen und Bakterien bedingt eine vorherige
Entsäuerung der Käseoberfläche. Diese wird erreicht durch die ver-
schiedensten basischen Präparate, durch welche die Säuren gebunden
werden. Das mildeste dieser ist ein Zusatz von Natron, das auch dem
Quark beigegeben wird, damit er süßer schmeckt. Es werden aber
chemische Präparate genug angeboten, welche die Reifung beschleu-
nigen sollen. Durch die Verwendung derartiger Mittel wird die Reife-
zeit der verschiedenen Käsesorten bis um die Hälfte der normalen
Zeit verkürzt. Welchen Einfluß die Reifungspräparate auf die Organe
212
des Verbrauchers ausüben, wird leider nicht gesagt, scheint auch
nicht wichtig zu sein, wenn man Umsatz erzielen will.
Beim Reifungsvorgang werden die wertvollen Bestandteile in der
Milch wie Milchzucker, Glycerin, Eiweißstoffe, Fett und die wert-
vollen Enzyme, Fermente und Wirkstoffe aufgelöst und zersetzt. Da-
bei entstehen dann die charakteristisch riechenden Düfte des Käses
wie Ameisensäure, Essigsäure, Buttersäure, Proprionsäure, Valerian-
säure usw. Auch Alkohol und Kohlensäure entstehen. Die Kohlen-
säure dehnt sich dabei kräftig aus und verursacht die kirschgroßen
Löcher im Schweizerkäse mit der Träne darin.
Das Färben der Käse geschieht durch pflanzliche Färbmittel wie
Safran, Orlean, Kurkuma usw. oder durch die billigeren Anilinfarb-
stoffe der Fabriken. Edamer Käse kommt z. B. innen goldgelb, außen
rot gefärbt auf den deutschen Markt, auf den englischen aber mit
Rindenfarbe.
Die Weichkäse reifen unter der Tätigkeit besonderer Käsebak-
terien, die außer den oben genannten zur Wirkung kommen und die
Zersetzung und Auflösung der Käsemasse vollenden und dadurch
den stinkenden Weichkäse entstehen lassen, in dem sich oft Maden
befinden.
Wie weit sich das natürliche Empfinden für Reinheit und Natür-
lichkeit in der Nahrung der zivilisierten Völker in das Gegenteil ver-
kehrt hat, das zeigt uns die Herrichtung besonders beliebter Käse-
sorten. Da ist z. B. der Parmesankäse, der König der italienischen
Käse. Er wird in seiner Heimat zubereitet durch Einreibung mit
Leinölfirnis und gefärbt mit einem Gemisch von Spiritus, Kienruß
und Leinöl und wird dann grünlich schwarz. Der Anschnitt aber wird
allmählich grün, weil die Aufrahmung und Verkäsung der Milch in
kupfernen Gefäßen vollzogen wurde. Der Neuchateller erhält seinen
nußkern- und champignonartigen Geruch von weißen und blau-
grünen Schimmelpilzen, die nachher durch Käserotbakterien gefres-
sen werden. Diese überziehen den Käse mit der bekannten rötlichen
Haut. Den Fromage de Brie lösen die Käserotbakterien in eine röt-
liche Schmiere auf und geben die rötliche Farbe. Sie entwickeln bei
ihrer Zersetzungsarbeit Ammoniak, das dem Ganzen die Würze gibt.
Man hilft nach durch Besprengen mit gelöstem Ammoniumkarbonat,
bekannt als Hirschhornsalz. Der Roquefort erhält in seiner Heimat
eine grüne Marmorierung durch Beifügung von verschimmeltem
Brot. Der veredelnde Schimmelpilz Penicillium Roquefort zersetzt
den Käsestoff und das Fett und verursacht dadurch den scharfen Ge-
ruch und Geschmack. Das gilt als pikant! Frankreich exportierte einst
mehr als 4000 Tonnen jährlich.
Es ließe sich noch vieles sagen über die Einwirkungen der Mittel,
die bei der Haltbarmachung der fertigen Käse für den Versand und
die Lagerung zur Anwendung kommen, da auch hierfür viele künst-
liche Erzeugnisse verwendet werden. Auch von der Verpackung der
neueren Käsearten in Zinnfolien, Aluminiumfolien, in Pergament
213
und paraffiniertem Pergamentpapier wäre noch viel zu erwähnen.
Metallfolien z. B. werden aus Metallegierungen auf besonderen Wal-
zenstühlen fein ausgewalzt und dabei oft mit buntem Aufdruck ver-
u sehen. Alle freien Metalle und ihre Legierungen aber werden zu
äußerst giftigen Substanzen, wenn sie in das Innere des Menschen
gelangen. Sie zersetzen die Zellsubstanz sowohl als auch die Zellsäfte,
das Blut und die Nerven. Glaubt man denn nun wirklich, daß die
Metallfolien-, die Silberpapierumhüllungen der Käse oder anderer
säureerzeugender Genußmittel nicht angegriffen werden? Schon
Spuren davon werden äußerlich haften bleiben und sich dadurch dem
Genußmittel mitteilen, ganz besonders bei so aufsaugenden Stoffen
wie Käse. Die kleinsten Spuren aber werden im Laufe der Jahre im
Körper zu schweren Giften, die oft die Veranlassung zu schweren
und fast unheilbaren Krankheiten werden können. Man sollte deshalb
Nahrungsmittel nicht in Metallfolien oder andere schädigende Stoffe
verpacken.
Die Eier
Über das Ei als Nahrungsmittel ist im Zusammenhang mit den
Ausführungen über das Fleisch und über die vom Tier stammenden
Genußmittel eigentlich nur hinzuzufügen, daß wir alle Krankheits-
erscheinungen, die wir dem Fleischgenuß zuschreiben müssen, beim
Eiverzehr in verstärktem Maße wiederfinden.
Die Naturärzte und die verläßlichen Naturheilkundigen haben die
Mütter schon seit Jahrzehnten gewarnt, ihren Kindern Eier oder
Eierspeisen irgendwelcher Art vorzusetzen. Die besondere Wirkung
des Gehaltes der frischen Eier auf den Menschen und auf die Kinder
liegt in der Überhitzung der Nerven und des Gefühlslebens. Kinder,
die viel Eier vorgesetzt erhalten, sind nervös, leicht reizbar und ge-
schlechtlich frühreif. Beim Erwachsenen liegt die gleiche Gefahr vor,
besonders die erhöhte Gefahr ungezügelter Begierden. Das ist schon
der Fall bei Frischeiern, aber verschlimmert wird die Gefahr beim
Genuß von Konserveneiern.
Auch die Eikonserve, welche die Hausfrau durch Einlegen in Kalk
oder Wasserglas oder in Salizyllösung und andere chemische Stoffe
oder durch einen künstlichen Überzug erhält, ist doppelt gefähr-
lich. Alle diese zur Konservierung benutzten Stoffe dringen durch
die Porep der Schale in das Innere ein und teilen sich dem Inhalt
mit. Das Ei nimmt immer den Geschmack der verwendeten Mittel an
und läßt sich beim Backen von Kuchen nicht mehr so verwenden wie
das Frischei. Das weiß jede Hausfrau. Daß aber alle diese Konser-
vierungsmittel, auch das scheinbar harmlose Einlegen in Kalk, nicht
unschädlich ist, das weiß sie nicht. Gut, so wird es Zeit, daß sie be-
ginnt, sich mit diesen Lehren vertraut zu machen. Alles Wissenswerte
darüber findet sie in dem Buche von Kurt Lenzer „Gift in der Nah-
rung“.
214
Nun aber wurden in Deutschland vor dem Kriege so viele Eier ver-
braucht, daß es eine Unmöglichkeit war, sie alle im Lande zu erzeu-
gen. Hunderttausende von Tonnen Eier und Eikonserven sind auf
dem Weltmarkt, und die größte Menge davon kam und kommt aus
China. In den großen Städten Chinas wurden täglich viele Millionen
Eier in Eikonserven für die Ausfuhr zugerichtet und verschickt.
Schokolade-, Margarine- und Teigwarenindustrien, Bäckereien und
Konditoreien brauchten vor dem Kriege in ihren Betrieben kaum
Frischeier, das war zu kostspielig und zu umständlich, sie verwende-
ten zur Hauptsache Eikonserven aus China, die jetzt wieder einzu-
strömen beginnen.
Ob diese Eikonserven als Trockenei oder flüssiges Eigelb auf den
Markt kommen, immer sind sie mit starken Konservierungsmitteln
aus der chemischen Giftküche versetzt. Das flüssige Eigelb wird mit
Salz und Borsäure versehen und in verzinnten Blechgefäßen ver-
schickt, das Trockenei wird in Kisten mit starker Folieneinlage ver-
packt. Borsäure ist ein starkes Gewebegift und als solches in der
deutschen Nahrungs- und Genußmittelindustrie verboten. Bei der Ei-
konserve aus China wurde es nicht beanstandet, da es angeblich in
jeweils zu kleinen Mengen zum Genuß kommen würde, um noch
schädigend wirken zu können. Wenn wir aber bedenken, daß wir
Gefahr laufen, in Eigelbschokoladen, in Nudeln und Makkaroni, in
Kuchen und Konditorwaren dieser borsäurehaltigen Eikonserve zu
begegnen, dann wird die Sachlage schon anders. In England z. B.
wurden jährlich für über 10 Millionen Dollar dieser Eikonserven ein-
geführt und verbraucht. Auch Phenol, Natriumsulfit, Benzoesäure
und Salizylsäure werden zur Konservierung dieser Eikonserven in
überstarker Dosis verwendet, da ja in China keine Gesundheitspolizei
tiie Aufarbeitung überwacht.
Fischileisch und Fischkonserven
Es braucht wohl nicht erwähnt zu werden, daß Fischfleisch, als
Genußmittel dem menschlichen Körper einverleibt, genau die gleichen
Schadenswirkungen hervorrufen wird wie das Fleisch der Tiere, ja,
die Wirkungen sind noch schlimmer, da der Fisch als Wasser bewohner
bedeutend mehr Wasser in seinem Gewebe birgt als die Landtiere.
Das Fischfleisch ist darum einer viel größeren Gefahr der Zersetzung
ausgesetzt als das Fleisch der Schlachttiere. Dann enthält der Fisch-
körper als Aufbaustoff nicht wie der Tierkörper Schwefel, sondern
Phosphor. Phosphor aber ist ein besonders aufregendes Nervengift,
wenn es in unrichtiger Form vom Körper aufgenommen wird. Im
Gemüse, im lebenden Wachstums Vorgang eingebaut, dient es im Kör-
per zum Aufbau der Nervenmasse, des Gehirns und des Knochen-
leims. Als zerfallendes Kadavergift im Fischfleisch wirkt es entspre-
chend als Reizgift auf Nerven und Gehirn und wirkt sich störend auf
die Bildung der roten Blutkörperchen in den Hohlknochen der Glieder
215
aus. Das aufreizende Nervengift des Fischfleisches wirkt entsprechend
schlimm auf das Gefühlsleben und die Begierden ein. Wir sehen des-
halb in Fischerdörfern ein oft übermäßig zutage tretendes Triebleben
mit den entsprechenden Folgeerscheinungen. Auch finden wir in
Europa ausgeprägte Fälle von Lepraaussatz nur in Fischerdörfern.
Wenn man alles das weiß, da fragt man sich ganz erstaunt: Wenn das
alles wahr und erwiesen ist, wieso kommt dann die Kirche dazu,
ausgerechnet Fische als Fastenspeise zuzulassen? Sind die Begriffe so
verwirrt durch die unnatürliche Nahrungssuche, daß man gar nicht
mehr weiß, welche Wirkungen die einzelnen Nahrungs- und Genuß-
mittel im Körper hervorrufen, wenn sie den natürlichen Gesetzen der
Lebenserhaltung nicht mehr entsprechen?
Aber die vielen Tausende von Tonnen toter Fische, die in Europa
zum Verzehr kommen, werden in den Weltmeeren gefangen und
werden nach den Fangreisen in den Häfen angelandet. Was heißt das?
Ein Fisch erstickt und stirbt, so bald er aus seinem Lebenselement,
dem Wasser, herausgenommen wird. Ein Fischdampfer aber fährt
nicht am Abend aus und kommt am nächsten Morgen mit der frisch
gefangenen Beute wieder herein, sondern er ist Tage und Wochen
unterwegs. Die toten Fischkörper oder Fischleichen müssen daher
schon im Dampfer oder auf dem Kutter vor dem Verderben ge-
schützt werden. Ein Fisch geht doch wegen seiner phosphorhaltigen
Eiweißbestandteile erheblich schneller in Verwesung über als ein
Tierkadaver, deshalb kann man sich in den Fischhallen und den
Fischverkaufsläden trotz aller Sauberkeit und Reinhaltung, doch des
strengen Verwesungsgeruches nicht erwehren. Es reizt einen Menschen,
der sich noch eines gesunden Empfindens erfreut, zum Brechen,
wenn er einen Fischladen betreten muß.
Um nun den Fisch in möglichst frischem, noch genießbarem Zu-
stande anzubieten, werden die verschiedensten Arten der Haltbar-
machung oder der Konservierung angewendet. Aber nicht eine davon
erreicht ihren Zweck mit Sicherheit. Besonders wertvolle Fischarten
versucht man durch Eiseinlagen frisch zu halten. Die Kältewirkung
verzögert jedoch nur gewisse Vorgänge der Verwesung, der eigent-
liche Eiweißzerfall wird nicht aufgehalten. Der setzt sofort nach dem
Tode ein und kann nicht verhindert werden, beim Fisch noch weniger
als beim Fleisch. Um nun die Fische an Land bringen zu können und
einen Transport von einem Lande ins andere zu ermöglichen, werden
sie gesalzen, geräuchert, gebraten, mariniert, getrocknet, in Essig und
öl eingelegt und was dergleichen mehr ist.
Kein Lebensmittel wird so oft und mit solch unglaublichen Salz-
mengen versehen und behandelt wie der Fisch und besonders der
Hering. Marinierte Heringe und Salzheringe werden zwischen Lagen
von Salz in Tonnen verpackt, dabei kommt auf zwei Tonnen Gewicht
Hering bestimmt eine Tonne Kochsalz. Was das Salz für schädigende
Wirkungen im Körper und besonders in den Nieren vollbringt, dar-
j über hörten wir schon in den Ausführungen über Fleisch- und Wurst-
216
waren. Es wird aber noch mehr geschrieben werden müssen, um die
Giftwirkung des Kochsalzes im Körper ganz eindeutig klar zu
machen. Hier sei nur daran erinnert, daß das Kochsalz die Eigen-
schaft hat, das Gewebe auszulaugen, d. h., den Zellen das Wasser zu
entziehen und mit dem Wasser alle wasserlöslichen Bestandteile aus
dem Gewebe gleichzeitig herauszulösen und zu entfernen. Es bleibt
im marinierten Fisch doch nur noch eine völlig gehaltlose, aller
lebenswichtigen Stoffe beraubte Masse von eiweißartigen Quellstoffen
zurück, die zu nichts mehr gut und völlig geschmacklos geworden
sind. Aber nicht die Heringe allein werden gesalzen, praktisch werden
fast alle Fische, die nicht lebend verkauft werden, einer mehr oder
weniger scharfen Salzbehandlung unterworfen.
Nun gibt es aber im Fischladen noch eine besondere Delikatesse,
nämlich die Räucherwaren. Heringe, Sprotten, Aale, Makrelen, Flun-
dern, Lachs usw. werden nach der gehörigen Kochsalzpräparierung
im Räucherofen mit Holzrauch konserviert. Die antiseptischen Be-
standteile des Holzrauches sind, wie wir aus der Wursträucherei schon
wissen, Kreosot und Karbolsäure. Das sind zwei sehr schwere Zell-
gifte, deren Giftwirkung die Konservierung bewirkt, unter gleich-
zeitiger Erzeugung der goldgelben Verfärbung.
Glaubt man wirklich, diese scharfen Gifte, die durch ihre konser-
vierende Wirkung beweisen, daß sie in das Fischfleisch eingedrungen
sind, kann man ungestraft verzehren und dem hochorganisierten
Stoffwechsel seines Körpers ohne schädigende Wirkungen anvertrauen?
Gibt es da wirklich kein hygienisches Institut, keine einwandfreie
Forschungsstätte auf dem weiten Erdenrund, keine Gesundheits-
behörde, die diese lehentötenden Verfahren der verschiedenen Arten
der Konservierung aufdecken und die Menschen über den wahren
Charakter solcher „Lebensmittel“ auf klären? Kurt Lenzner, der Ver-
fasser von „Gift in der Nahrung“, wurde verfolgt und gehetzt, weil
er es wagte, die Wahrheit über die „Lebensmittelindustrie und
-Konservierung“ an den Tag zu bringen, denn sie könnte das Geschäft
verderben.
Bratheringe und andere Bratfische, die als solche auf den Markt
kommen, werden in Mehl gewendet und in billigem Kunstspeisefett
gebraten. Alle Kunstspeisefette sind gehärtete Fette, die fast immer
aus billigsten ölen und Fetten hergestellt werden. Auf die dabei zur
Anwendung kommenden chemischen Verfahren und den Wert der-
selben wird im nächsten Abschnitt unter den Speiseölen und -Fetten
noch besonders hingewiesen. Hier sei nur erwähnt, daß die Fische
nach dem Braten ihre Farbe verlieren würden, wenn diese nicht
durch chemische Mittel und Farbzusatz fixiert würden. Nach dem
Braten werden sie in Blechdosen gelegt und mit Essig übergossen.
Essig wird ferner zur Bereitung von Bismarckheringen, Rollmöpsen,
Delikateßheringen, russischen Sardinen, Anchovis, Appetitsild u. a.
verwendet. Zu dem Zweck werden sie nach dem Vermischen mit
25 bis 30 °/o Kochsalz tagelang in sechsprozentigen Essig gelegt und
217
nach dem Weich werden mit verschiedenen Zutaten, Pfefferkörnern,
Senfkörnern, Lorbeerblättern, sauren Gurken und dergl., in Blech-
büchsen verpackt und verschickt. Bei dieser Konservierung spielt der
Essig die Hauptrolle.
Was ist Essig?
Essig ist verdünnte Essigsäure. Diese entsteht bei der
Essiggärung alkoholischer Getränke durch die Essigbakterien. Die
reine Essigsäure ist wie jede andere Säure eine stechend sauer
riechende, ätzende Flüssigkeit. In Essigkonserven mit 2 bis 3 °/o Essig-
säuregehalt sind Bakterien und Krankheitserreger nicht mehr lebens-
fähig. Die konservierende Wirkung beruht daher auf der Tatsache,
daß die Essigsäure ein starkes Keimgift ist und ätzend und zerstörend
auf lebende Gewebezellen ein wirkt. Bei Verwechselungen von Essig
mit Essigessenz oder Essigsäure z. B. wird man sich die Speiseröhre
und den Magen derart verätzen, daß fast immer der Tod eintritt.
Wenn man die Säure zum Gebrauch als Speiseessig entsprechend
verdünnt, so hebt man damit doch die Giftigkeit nicht auf, sondern
schwächt sie nur ab. Die Wirkung auf die Schleimhäute des Magens
und des Darmes ist dann nur nicht so auffällig, wird aber bei fort-
gesetztem Verbrauch von konserviertem saurem Fisch, sauren Gurken
und dergleichen schwere Störungen durch langsame Verätzung der
Schleimhäute hervorrufen.
Wenn nun der zur Verwendung kommende Essig reiner Gäressig
wäre, dann könnte sich die Wirkung nur als langsam fortschreitende
Verätzung einstellen. Aber die Herstellung aus alkoholischen Ge-
tränken ist viel zu kostspielig und lange nicht ausreichend für die
industrielle Verwertung im Großbetrieb. Man ist deshalb vom Gär-
essig zum Destillationsessig übergegangen, dessen Ausgangsmaterial
„Holz“ billiger und bequemer zu beschaffen ist. Durch trockene
Destillation von Laubholz gewinnt man den rohen Holzessig. Dieser
ist eine Verbindung von Essigsäure mit Methylalkohol. Die Giftigkeit
des Methylalkohols ist bekannt, es genügen 8 Gramm, um einen
Menschen zu töten. Durch besondere Reinigungsverfahren mit Ätz-
kali und konzentrierter Schwefelsäure wird daraus eine Essigessenz
von etwa 60 bis 80 °/o Essigsäure gewonnen, die für industrielle Zwecke
zur Verwendung kommt, für den Verkauf an die Hausfrau aber ent-
sprechend verdünnt wird.
Die Herstellung aus Holzgeist ist inzwischen umgestellt worden, um
einen bekömmlicheren Essig herzustellen, als er aus der Verbindung
mit Methylalkohol gewonnen werden kann. Man nimmt heute als
Ausgangsmaterial wohl Holz bzw. Sägemehl, aber diese werden nicht
destilliert, sondern durch Hydrolisierung in Zucker verwandelt. Unter
Hydrolisierung versteht man die Hinzufügung von Wasser zum
Sägemehl auf chemischem Wege, nachdem man die Zellulose der
Holzabfälle durch Bearbeitung mit starken Säuren und chemischen
Mitteln aufgelöst und von allen Beimischungen befreit hat. Man
218
nennt diesen Zucker dann „Holzzucker“. Dieser kann wie jeder andere
Zucker auch in Gärung versetzt werden. Der entstehende Alkohol
wird dann durch Essigbakterien zu Essigessenz verarbeitet und wie
Gäressig aufbereitet.
Dieser Art der Herstellung haftet zwar nicht die Giftwirkung des
Methylalkohols an, aber glaubt man denn wirklich, daß ein derartiges
rein chemisches Präparat keine Gesundheitsschädigungen in sich
birgt? Muß die Gesundheit des Menschen und sein Verstand mit Ge-
walt durch solche Art der Konservierung von Genußmitteln ruiniert
werden?
Aber die Industrie kennt nur zu gut die Fehler und Schärfe der
Grundstoffe, die in der Fischkonservenherstellung zur Anwendung
kommen und möchte die Schärfe der Erzeugnisse abmildern. Sie
möchte wohl haltbare aber milde Erzeugnisse anbieten. Sie behauptet,
das nur unter Verwendung von künstlichem Süßstoff ermöglichen zu
können. Da taucht die Frage auf: Was ist Süßstoff? Diese Frage wird
im Zusammenhang mit dem Industrieprodukt „Zucker“ eindeutig
und klar beantwortet werden.
Das fertige Produkt der Marinaden und Bratheringe wird dann in
Blechbüchsen verpackt und in den Handel gebracht. Bedenken wir,
Essigsäure zusammen mit anderen chemischen Erzeugnissen wie Sali-
zylsäure z. B. sind, wenn auch verdünnt, in verzinnten oder lackierten
Blechbüchsen verpackt und kommen nun zur einstweiligen Lagerung.
Was geschieht? Die Säure hat während der Lagerung genug Zeit,
um sich am Zinn oder, nach Durchfressen der Lackschicht, am Dosen-
metall, dem Eisen, abzusättigen. Es bilden sich Zinnsalze oder Eisen-
salze, die sich in der Dose ihrem Inhalt, dem zu verzehrenden Ge-
nußmittel, mitteilen und dieses durchdringen. Gelöste, freie Zinnsalze
oder Eisensalze aber sind immer wie alle Schwermetallsalze schwere
Gifte, wenn sie dem menschlichen Körper mit der Nahrung ein ver-
leibt werden. Das ist eine Tatsache, die nicht näher bewiesen zu
werden braucht. Zinn- und andere Schwermetallsalze äußern sich in
Lähmungserscheinungen des Zentralnervensystems, sie erzeugen
Magen-, Darm- und Nierenreizungen mit den daraus sich entwickeln-
den Krankheitserscheinungen. Bedenken wir: In der Konserven-
industrie der Welterzeugung werden jährlich etwa 25 000 Tonnen an
Zinn verwendet. Da ist es verständlich, wenn selbst Spuren von
Zinnsalzen sich im Laufe der Jahre in den Organen der Verbraucher
zu ganz erheblichen Mengen anhäufen werden. Es ist doch fast un-
möglich, diese mit der Nahrung in den Körper gelangten Schwer-
metallsalze wieder herauszubringen. Die vergiftende und lähmende
Wirkung wird sich daher im Körper anhäufen und im Laufe der
Jahre schwere Störungen zeitigen. Man bedenke, schon einige Milli-
gramm können verheerende Wirkungen auslösen.
Damit kommen wir zu der letzten gebräuchlichen Art der Fisch-
konservierung, dem Einlegen in öl. Die dazu bestimmten Fischsorten
wie Sardinen, Thunfische, Krabben, Hummer, Langusten, Lachs usw.,
219
werden 12 Stunden in scharfe Salzlake gelegt und nach dem Trock-
nen 2 bis 3 Minuten in auf 200 Grad erhitztes öl getaucht. Dann wer-
den sie in die Blechbüchsen geschichtet und mit siedendem öl über-
gossen. Die Dosen werden zugelötet und bei hoher Temperatur sterili-
siert. Was bleibt dann noch an lebenswichtigen Stoffen im Fisch
wirksam? Die Vitamine A und C, beide im Fisch reichlich vorhanden,
werden, besonders in der Fischleber, durch derartige Hitzebehand-
lung restlos zerstört, und was bleibt nach? Nun glaube man nur
nicht, daß diesen Erzeugnissen keine chemischen Konservierungsmit-
tel zugesetzt werden. Ohne die geht es nun einmal nicht. Aber man
sollte meinen, daß das öl wenigstens das Zinn der Dosen nicht lösen
würde, doch auch das stimmt nicht. Die geöffneten Dosen und ihr
Inhalt schmecken und riechen immer nach gelöstem Zinn und schlecht
gewordene, aufgetriebene oder bombierte Dosen zeigen einen sol-
chen Grad des Verdorbenseins, wie kaum eine andere Konserve. Das
zeigt an, daß trotz der Sterilisation, trotz der Zusätze die Fischzer-
setzung und damit die Arbeit der Bakterien im verwesenden Fisch-
fleisch nicht unterbrochen wurde. Bei in öl eingelegten Fischen be-
steht immer noch, wie bei den Räucherfischen, die große Gefahr der
Vergiftung durch schnell wirkendes Leichengift und die dabei tätigen
Bakterien.
Wenn trotzdem nicht mehr Fischvergiftungen bekannt werden, so
bedenke man, daß nicht jeder bei einer „kleinen Magenverstimmung
und Übelwerden“ gleich zum Arzt läuft. Dann werden die Ärzte sich
auch nicht immer gleich der Unannehmlichkeit einer Anzeige mit
den daraus sich ergebenden Vernehmungen und Verfahren aussetzen.
Zudem wird es sehr viele Fälle geben, bei denen man nicht auf den
Gedanken kommt, daß das Erkranken durch den Genuß der Konser-
ven entstanden sein könnte. Es kommen doch nur sich häufende Fälle
von Fleisch-, Fisch- oder Wurstvergiftungen zur Anzeige und damit
zur Kenntnis der Öffentlichkeit. Wieviel Krankheitsnot und Men-
schenelend aber entsteht durch die langsam kulminierende Wirkung
der täglich mit den Konserven der verschiedensten Arten in den Kör-
per gelangenden Spuren von Giften chemischer, metallischer oder
bakterieller Art, die man zu Beginn nicht spürt und bei Auftreten
akuter Erscheinungen in keiner Weise mit dem Genuß der Kon-
serven, ja, vielleicht überhaupt nicht mit der Ernährung in Verbin-
dung bringt. Wer kommt denn auf den Gedanken? Die Hausfrau
doch ganz gewiß nicht. Die ahnt gar nicht, was alles mit den Genuß-
mitteln vorgegangen ist, die ihr in diesen schönen Dosen angeboten
und aufgedrängt wurden. Es ist doch so einfach, die Konservendosen
zu öffnen und das. Mahl zu bereiten. Doch welch eine Tragödie sich
daraus entwickeln kann, sehen wir an den immer neu entstehenden
Krankheiten, deren Ursprung und Ursache nicht zu enträtseln ist.
220
III.
Die öl- und Fettstoffe
Ihre schädliche Wirkung bei künstlicher Verarbeitung
Die öl- und Fettstoffe, die ein Bestandteil aller natürlich gewach-
senen Nahrungsmittel sind, findet man im Blattgemüse nur in ge-
ringer Menge, in den Nüssen und den süßen Ölfrüchten und Öl-
saaten aber um so mehr.
Sie werden im Kauvorgang fein verrieben und im Mundspeichel
während der Kaubewegung emulsioniert. Dieser Vorgang wird im
Magen in vollendeter Weise fortgesetzt, bis eine feinstoffliche Ver-
reibung oder Emulsionierung erreicht wird. Es findet dabei keine
eigentliche Auflösung der öl- und Fettstoffe in ihre Grundbestand-
teile, den Fettkörper und die Fettsäure statt, sondern eben nur eine
feinstoffliche Emulsionierung. Vom Magen gelangt diese öl- und fett-
haltige Emulsion mit dem Speisebrei in den Zwölffingerdarm. Hier
kommt sie mit den Gallensäften und Teilen der Säfte aus der Pan-
kreas, der Bauchspeicheldrüse, in engstem Kontakt. Diese Gallen-
und Pankreassäfte haben laugenartigen Charakter und wir wissen
aus dem Vorgang der Seifenherstellung, daß sich öl- und Fettstoffe
bei engster Berührung mit Laugen vereinigen und zu Seifen wer-
den. Die öl- und Fettstoffe werden im Zustand ihrer feinstofflichen
Verreibung als feinste Emulsion mit den wirksamen laugenartigen
Säften der Galle verseift unter Mitwirkung gewisser Bauchspeichel-
drüsensäfte und dem Billifuscin der Galle als Katalysator. Sie gehen
nun als Seifenwasser in den Dünndarm über.
Dieser Vorgang muß beachtet werden. Es ist eine wichtige Voraus-
setzung zur Entwicklung und zum Aufbau der Körpermasse. In
natürlichen Ölstoffen verseifte Erdmetallbasen sind, wie wir schon
sahen, die Grundlage der Muskeln und Sehnen, der Knochen und der
Bindegewebe, die dem ganzen Körper Festigkeit und Form geben.
Sie bilden die Grundlage der Gehirn- und Nervenmasse, auf der das
ganze Geistes- und Seelenleben des Menschen beruht. Ohne dieses
Seifenwasser, ohne diese verseiften Erdmetallbasen im Darm ist kein
Wachstum und keine körperliche Entwicklung möglich. Wir würden
geistig verkümmern oder entarten, wenn die öl- und Fettstoffe nicht
aus natürlichen Quellen stammen.
Wie aber kommen die Gallensäfte in die Gallenblase? Die Gallen-
säfte entwickeln sich aus Absonderungen der Leber. Bei den Lebens-
vorgängen in dieser werden die Zuckergrundlagen aus der Nahrung
in die Blutzuckergrundlagen verwandelt, die im Körper Kraft und
221
Wärme erzeugen sollen. Aber der Pfortaderblutstamm, in dem sich
die blutbildenden Säfte aus dem Nahrungsbrei im Dünndarm
sammeln, enthält nicht nur diese Säfte, sondern nimmt auch gewisse
Rückstände aus dem Venen wundernetz in sich auf, das den Dünn-
darm umschließt. In diesen Venensäften im Pfortaderblut sind zur
Hauptsache die Rückstände und die feinen Hüllen der roten Blut-
körperchen enthalten, die aus den Stoffwechselvorgängen stammen.
Wenn die Blutkörperchen ihren Saft und ihre Kraft hergegeben
haben, wird ein Teil dabei zerreißen und aufgerieben. Die Hüllen
und Reste dieser Blutkörperchen gelangen durch das Venen wunder-
netz in den Pfortaderblutstamm und mit dem Pfortaderblut in die
Leber. Sie werden von dort weitergegeben in die Galle. Hier schei-
den sie sich in stickstoffhaltige Teile und stickstoffreie. Die stick-
stoffhaltigen Teile bilden sich um in den Gallenfarbstoff, die Billi-
fuscinsäure, und die stickstoffreien bilden nun die laugenartigen
Säfte der Galle, die vor allem Natrium, Kalium, Aluminium und Kalk
als Erdmetallbasen in sich bergen. Gemischt gelangen sie in den
Zwölffingerdarm und wirken sich nun im Speisebrei aus. Die basische
Lauge verseift die öl- und Fettstoffe. Es bildet sich Seifenlauge oder
Seifenwasser. Das Billifuscin wirkt dabei als Katalysator, ohne sich
bei diesem Vorgang zu verändern, und wandert dann weiter mit dem
Speisebrei durch den Darm. Es macht sich bemerkbar durch die
gelbliche Verfärbung des Kotes und des Wassers.
Nun wissen wir aus der Technik der Seifenherstellung, daß Seife,
die aus Kaliumlauge hergestellt wird, zu weicher Seife wird, und als
Schmierseife bei der Wäsche bekannt ist. Eine Seife aus Natrium-
lauge ist härter und fester, sie bildet die Stückseife. Eine Verseifung
mit Kalklaugen aber ergibt eine in Wasser unlösliche feste Masse.
Daraus ergibt sich die Art der Verseifung der öl- und Fettstoffe, die
zum Aufbau des Körpers und seiner Masse Verwendung finden sol-
len. Die Muskeln bauen sich auf aus kalium- und natriumhaltigen
Seifen unter späterem Einbau von Stickstoffverbindungen aus den
Lungen, d. h. die stickstoffhaltigen Protoplasma- oder Eiweißkörper
müssen im Körper ihrem Zweck entsprechend jeweils aus diesen
Seifenlaugen bei gleichzeitigem Einbau der ammoniumhaltigen
Fleischbasen neu gebildet werden. Sie können sich im Körper
niemals aus bereits fertigen Gebilden von verzehrten Tierkadavern
bilden, wie schon früher gezeigt wurde. Die Knochen werden ebenso
auf der Grundlage von kalkhaltigen Laugen aus der Verseifung von
natürlichen öl- und Fettstoffen gebildet. Kaliumhaltige Laugen aber
finden beim Aufbau der Körpermasse keine Verwendung, da sie
weder den quellfähigen Charakter der Natronseifen noch den festen
Bestand der Kalkseifen zeigen würden. Die Erdmetallbasen des Kali-
ums dienen auch ganz anderen Zwecken im Körper und sind aus an-
deren Gründen unentbehrlich.
Die Natriumstoffe bleiben im Körper als solche tätig und finden
vielfache Verwendung im Blute. Sie haben im Blut vorwiegend die
222
Aufgabe, die beim Stoffwechsel in den Muskeln und bei der Gehirn-
und Nerventätigkeit sich bildende Kohlensäure aufzufangen und in
loser Bindung durch das Venennetz in die Lungen zu bringen. Ein
anderer Teil dient dazu, die stickstoffhaltigen Reste, die im natür-
lichen Stoffwechsel und beim Genuß von Fleisch und den vom Tier
stammenden Produkten entstehen, so weit wie möglich in Harnstoff
umzu wandeln. Je mehr Natriumstoffe darum im Blute und in den
Säften sind, desto reibungsloser werden sich die Ausscheidungsvor-
gänge im Körper abspielen.
Kaliumhaltige Seifenbasen finden Verwendung als Gleitmittel
zwischen Gelenkpfanne und Gelenkkugel in allen Gelenken des Kör-
pers und erfüllen ferner wichtige Aufgaben bei der Bildung der Ge-
hirn- und Nervenmasse.
Erhitzt nun der Mensch oder kocht er die natürliche pflanzliche
Nahrung, so wird dadurch die Löslichkeit der öle und Fettstoffe in
derselben verändert, die feinstoffliche Emulsionierung der pflanz-
lichen öl- und Fettstoffe wird erschwert. Gleichzeitig wird der mole-
kulare Aufbau der Erdmetallbasen verändert; denn die zur Verseifung
notwendigen natrium-, kalium-, aluminium- und kalkhaltigen Stoffe
lösen sich aus ihrer natürlich gewachsenen Bindung und gehen mit
anderen als den im Pflanzensaft vorgesehenen Stoffen Verbindungen
ein. Diese können bei der Verseifung keine Verwendung finden,
da sie ihren basischen Charakter verloren haben. Sie bilden sich
mit den durch das Kochen freiwerdenden nichtmetallischen Säure-
bildnern zu festen chemisch fast unlöslichen und oft auch wasser-
unlöslichen Salzen um, die nicht mehr verseifen können. Der ge-
zeigte wunderbare und sehr schwierige organische Aufbau der Pflan-
zen und der nur bei Erhaltung des organischen Zustandes der pflanz-
lichen Nahrung vor sich gehende feinstoffliche Einbau der Erdmetall-
basen in leicht wandelbarer Form wird durch den Kochvorgang zer-
stört. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, was das heißt. Der
Bau des gesamten Körpers hängt ab von dem ordnungsgemäßen Ein-
bau der in den öl- und Fettstoffen der Pflanzen verseiften Erdmetall-
basen des Natriums, des Kaliums, des Kalkes und anderer. Durch
das Kochen ballen sich die Ölstoffe und Fette und kein noch so gutes
Kauen, keine noch so gut arbeitende Magenverdauung kann die ge-
ballten Fettstoffe so fein emulsionieren wie die im natürlichen Zu-
stand belassenen. Die Erdmetallbasen verändern sich so, daß sie zur
Verseifung nicht mehr oder nur sehr schlecht in Frage kommen. Die
Folge davon ist, daß der Aufbau und die Erhaltung des Körpers und
seiner Organe sich nicht so kräftig entwickeln können, wie es von
Natur aus vorgesehen ist. Es tritt deshalb eine immer zunehmende
Entartung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten ein und die
Widerstandskraft gegen krankmachende Einflüsse nimmt ab. Aus
dieser Tatsache der molekularen Veränderung der Bestandteile der
natürlichen pflanzlichen Nahrungsmittel durch Kochen oder Erhitzen
erklärt sich allein der immer mehr abnehmende Gesundheitszustand
223
der Kulturvölker und ihr langsamer, aber unaufhaltsamer Unter-
gang, wenn keine grundlegende Änderung der Ernährung durchge-
führt wird. Es wird doch nicht allein der Gesundheitszustand des
Körpers geschädigt. Viel schwerer wiegt die Schädigung des Gehirns
und der Nervenmasse, die aus den öl- und Fettstoffen immer wieder
bei der Gedankenentwicklung neu gebildet und ergänzt werden soll.
Der im Volk bei landesüblicher Ernährung um sich greifende Verfall
der geistigen Fähigkeiten und der im zunehmenden Alter sich so oft
zeigende Schwund des Gedächtnisses und der Sinnesorgane wird als
Alterserscheinung hingenommen. Wie weit dieser schon vorgeschrit-
ten ist, möge man ermessen an der Unfähigkeit des Volkes, eine
klare Entscheidung in Sachen des politischen Selbstmordes durch
atomare Waffen zu verlangen und durchzusetzen.
Nachdem die Menschen den Kochprozeß in der Nahrungszuberei-
tung einmal aufgenommen hatten und durch die Tatsache getäuscht
wurden, daß das Kochen manche Gemüse- und Getreidespeisen
scheinbar aufschließt und ihnen dadurch einen süßen Geschmack ver-
leiht, wie z. B. bei der Zwiebel, der noch durch Zusatz von Kunst-
zucker verstärkt werden kann, so kam man von dieser einmal einge-
bürgerten Gewohnheit nicht mehr ab. Als Folgeerscheinung dieser
Kochküche merkte man bald, daß die Gemüse und das Getreide
keinen rechten Gehalt mehr hatten, man empfand sehr bald den
Mangel an Kraft schon im Geschmack und suchte nach Abhilfe. In-
stinktiv fühlte man wohl den Mangel an öl- und Fettstoffen. So be-
gann man, den Speisen besonders hergerichtete Fette hinzuzufügen.
Um die Wirkung dieser mehr oder weniger rein gewonnenen öle und
Fette im Körper zu erkennen, müssen wir uns immer die Aufgabe
derselben im Körper vor Augen halten. Wir müssen immer wieder
bedenken, daß die ganzen Körpergewebe aus feinstofflich gefügten,
natürlich gewachsenen Erdmetallbasen, verseift mit gewachsenen
feinstofflich emulsionierten pflanzlichen öl- und Fettstoffen, aufge-
baut sind. Jede Art der Nahrungszubereitung durch Erhitzung läßt
darum den Körper in seiner Widerstandskraft herabsinken und ent-
arten. Der Mensch kocht mit seiner Nahrung auch seinen Körper zu
Schanden und vernichtet dadurch seine geistigen Kräfte und die
schöpferischen Fähigkeiten seiner Seele.
Nehmen wir ein Beispiel. Das natürlich gewachsene Getreidekorn
birgt in sich als den eigentlich lebenzeugenden Kern den Keimling,
aus dem sich die neue Pflanze entwickeln soll. In diese Keimanlage
sind in wunderbarer Weise Ölstoffe hinein verwoben, die beim
Keimungsvorgang hochwichtige Aufgaben haben. Als gespeicherte
Nahrung finden sich dann noch feine Fettröpfchen im Stärkekörper.
Der Keim mitsamt den darin enthaltenen öl- und Fettstoffen geht
zum Teil und in neuerer Zeit bei der Feinausmahlung des Kornes
ganz in die Kleie über. Dies soll ein Ranzigwerden des Brotmehles
verhindern. Das gewonnene Mehl wird unter Verwendung hoher
Hitzegrade in der Glut des Ofens gebacken. Dadurch werden die im
224
Mehlkorn noch vorhanden gewesenen Fettröpfchen chemisch so fest,
daß sie schwer wandelbar werden. Das entstehende Brot ist, wie wir
schon an anderer Stelle sahen, ein denaturiertes, im lebendigen Nah-
rungswert entwertetes Erzeugnis, das dem Speichelfluß keine Anre-
gung gibt. Um es anregender und schmackhafter zu machen, streicht
man einen Aufstrich von künstlich hergestellten Fetten und oft noch
Belag der einen oder anderen Art darauf, die oft auch fetthaltig
sind. Das empfindet man dann als kräftige Nahrung. Auf die Ver-
wirrung der Geschmackssinne durch den Brotaufstrich wurde schon
beim Brotgenuß aufmerksam gemacht. In diesen Abhandlungen han-
delt es sich um die Auswirkung der Fettstoffe, die, mehr oder weni-
ger künstlich zubereitet, keinen natürlichen Ausgleich schaffen
können. Sie wirken im Gegenteil ihrer Natur entsprechend störend
und gesundheitsschädigend.
Würde man z. B. das pflanzliche öl aus den ölhaltigen Saaten wie
Mohn, Leinsaat, Raps, Erdnußkernen usw. unter hohem Druck in ent-
sprechend gebauten Maschinen gewinnen und sofort verbrauchen, so
würde der Genuß keine großen Bedenken veranlassen, wenn man von
den Nachteilen der engen Metallberührung absehen will. Die Schlag-
mühlgetriebe unserer Ahnen waren ganz aus Holz gebaut und er-
zeugten ein gesundes, schmackhaftes öl, das nur in Filtriertüchern
gereinigt wurde. Aber die Saat wird vor der Pressung geröstet und
erhitzt, damit sich das öl leichter aus dem Gefüge des Saatkörpers
löst und eine bessere und leichtere Ausbeute erzielt werden kann.
Dabei wird aber nicht nur das Ölsaatkorn weicher, sondern der Zu-
stand des gewonnenen Öles wird kein natürlicher mehr sein. Der Ge-
schmack zeigt schon das vorhergegangene Rösten an. Dann gibt man
es den Speisen bei der Zubereitung bei, da man das flüssige öl ja
nicht zum Brotaufstrich verwenden kann, sondern nur als Zusatz zu
den Speisen. Dabei wird auch das öl genau wie die Speisen gekocht,
gebacken oder beim Braten stark erhitzt. Das entstehende Gemisch
ist im Magen nicht mehr so einfach zu lösen und feinstofflich zu
emulsionieren wie in dem Zustand, in dem es sich im Saatkorn be-
fand. Trotzdem mag es noch möglich sein, daß es genügend fein ge-
löst wird, um in den Gallensäften, bei kräftiger Veranlagung des be-
treffenden Menschen, verseift zu werden. Bei Menschen mit emp-
findlichen Organen und entsprechend empfindlicher Galle versagt die
Verseifung, ja, oft schon die Emulsionierung. Das öl kommt dann
unverseift in den Dünndarm, wenn es nicht gar im Magen zu lange
verweilt und hier bereits in faulige Zersetzung übergeht. Dabei wird
das öl in seine Bestandteile aufgelöst und es treten die zwei Grund-
bestandteile als solche in Erscheinung. Der Fettkörper und die Fett-
säure in ihren verschieden gearteten Formen bilden nicht mehr das
Gefüge, das wir öl oder Fett nennen, sondern sie treten getrennt auf
und die Fettsäure macht sich als Sodbrennen und unangenehmer
scharfer Geschmack im Halse bemerkbar und der im Darm faulende
Fettkörper verdirbt alle weiteren Verdauungs Vorgänge. Nun braucht
15 Sommer, Ernährung
225
nicht alles in den Magen gelangende öl derartige Störungen zu ver-
ursachen. Es genügen Ölreste und kleinste Mengen, um diese unange-
nehmen Verdauungsstörungen zu verursachen, die selten richtig ge-
deutet werden. Schlimmer ist die Wirkung der unverseiften Fett-
stoffe im Darm, die hier als freie Fettsäuren und als Fettkörper, fein
emulsioniert, schwerste Schäden anrichten können. Freie Fettsäure
ist ein fressendes Gift, das wie alle Säuren die Gewebe des Darmes
und vor allem die feinen Darmzotten angreift und, daran fressend,
diese verändert. Die Schleimbildung wird gestört, und auch die Ab-
sonderung der die Verdauung und Aufnahme bewirkenden Säfte
leidet darunter. Der Fettkörper geht in faulige Zersetzung über und
so manches rätselhafte Darmleiden würde seine Aufklärung finden,
wenn auf diese Beziehungen der unrichtigen Verarbeitung der künst-
lich hergestellten öle Bedacht genommen würde. Solche Menschen lei-
den dann gar zu leicht an Durchfall und sich nicht erhärtendem Darm-
inhalt bei der Entleerung. Oft zeigen sich dabei noch Spuren von Öl-
stoffen. Es sind nur wenige Menschen, bei denen sich diese Sym-
ptome offen nachweisen lassen, bei den meisten Menschen wird sich
der Organismus in seiner unglaublich großen Anpassungsfähigkeit
entsprechend einstellen und die Auflösung und faulige Zersetzung
der Reste geht ohne äußerlich merkbare Störungen vonstatten. Solche
Menschen haben dann gut lachen, wenn sie die anderen mit empfind-
lichem Magen und empfindlicher Galle leiden sehen, da diese bei den
gleichen Speisen schwere, oft unerträgliche Störungen zu erdulden
haben, die den anderen unbegreiflich scheinen.
Wenn sich nun die merkbaren Störungen nicht ergeben, so wird die
faulige Zersetzung des Fettkörpers und der Fettsäure im Darm sich
immer dann bemerkbar machen, wenn unverseifte Reste entstehen.
Es entwickelt sich dabei der Schmer bauch. Die Vorgänge sind etwa
folgende: Die verseiften Fettstoffe sollen, wie gezeigt, die Grund-
lagen für die Gewebemasse der Muskeln und der mehr oder weniger
festen Teile bilden. Alles, was nun nicht den Anforderungen ent-
spricht, wird bei Seite geschoben und erstmal zwischen die eigent-
lichen Gewebe als Fremdstoff eingelagert. Die unrichtigen Grund-
lagen werden dabei nicht in die Zellen eingebaut, sondern zwischen-
geschoben und nun mit herumgeschleppt. Es entsteht, zusammen mit
den als Brot oder Backwaren oder als Grützen und Mehlspeisen ge-
nossenen unrichtigen Zuckergrundlagen, ein im Betrieb der Muskeln
und der Organe unbrauchbares Zwischengewebe, das dem Menschen
ein fülliges, komplettes Aussehen gibt, aber in Wirklichkeit nur die
Anhäufung von unbrauchbaren Fettpolstern und Stoffwechselrück-
ständen ist. Durch Herausbildung krankhafter Veranlagung können
wir einen ähnlichen Vorgang beim Mastschwein in aller Deutlichkeit
verfolgen. Wir beobachten da, daß der sich im Fleisch einlagernde
Speck oder die Fettschichten in Wirklichkeit gar nicht zum organi-
schen Lebensbetrieb gehören, sondern nur eine krankhafte Stoff-
wechselstörung darstellen, durch die der Körper nicht mehr fähig
226
ist, die in den Körper gestopften unrichtigen Futterstoffe wieder los
zu werden. Ein großer Teil dieser unrichtig verarbeiteten Fett- und
Ölstoffe sammelt sich dabei mit den anderen Stoffwechselrückständen
im Bauch wasser an und kann nun nicht mit den im Wasser gelösten
Flüssigkeiten in die Nieren hineinkommen, in den Dickdarm können
sie nicht wieder zurück und der Zustand zeigt sich als der mehr oder
minder leicht aufgetriebene Bauch, der unter Umständen direkt ent-
stellende Formen annehmen kann. Derartige Menschen sind nun
nicht etwa wegen ihres scheinbar wohlgenährten Aussehens, wegen
ihrer angenehm aussehenden Fülligkeit besonders gesund oder wider-
standsfähig, im Gegenteil: Niemand wird so leicht von Krankheits-
zuständen der einen oder anderen Art angegriffen, als gerade solche
Vollschlanken, oft so rosig und gesund Aussehenden, ganz abgesehen
von denen, die man schon an ihrer Aufgedunsenheit als gesundheit-
lich gefährdet erkennen kann. Diese Vollschlanken und Korpulenten,
die gerne gut und fett essen, geben in ihrem Gewebe einen ganz
außerordentlich günstigen Nährboden für Bazillen und Bakterien
aller Art und sind infolgedessen in jeder Beziehung äußerst anfällig
für alle ansteckenden Krankheiten. Von den oft seuchenartig auf-
tretenden Influenza- oder Grippe-Epidemien werden gerade solche
Menschen in den besten Jahren gar zu gern und schnell hinwegge-
rafft. Wir sehen hier, was es mit solchen Leuten auf sich hat und
warum gerade sie jeder Seuche zum Opfer fallen.
Alle diese Krankheitserscheinungen mit all ihren verschiedenen
Folgen können sich schon bemerkbar machen, wenn bei der Ge-
winnung der öle und Speisefette nichts weiter geschah, als daß man
die Ölsaaten bei der Ölgewinnung der besseren Ausbeute wegen
röstete und sie dann bei der Speisenzubereitung noch einmal einer
Erhitzung unterzog. Schon die Erhitzung der Nahrungsmittel und der
darin enthaltenen Fettstoffe ohne gesonderten Genuß von natürlich
belassenen ölen oder Fetten genügt, um solche krankhaften Zustände
hervorzurufen. Was aber muß im Menschen vorgehen, der sich mit
den einfachen natürlichen ölen nicht begnügt, sondern die in den
tierischen Produkten vorhandenen Fettstoffe in seiner Ernährung
benutzt oder die natürlichen öle und Fette pflanzlicher Herkunft
künstlich, d. h. auf chemischem Wege verändert und z. B. aus pflanz-
lichen ölen feste Fette herstellt, die er sich aufs Brot streichen oder
wie Butter verwenden kann?
Das seit der Einführung der Viehzucht von den Menschen begehr-
teste Fett ist die Butter. Kann man sich in normalen Zeiten einen gut
bürgerlich gedeckten Tisch ohne Butter überhaupt vorstellen? Mit
Butter wird gebacken, gebraten, gebräunt und das Brot bestrichen.
Deshalb müssen wir uns einmal dieses begehrteste aller Speisefette
näher ansehen. Wie schon gezeigt, bestehen die Fette und öle aus
einer Verbindung von einem Fettkörper mit einer Fettsäure. Nehmen
wir an, daß der Fettkörper bei allen Speisefetten ziemlich die gleiche
227
Zusammensetzung hat, so zeigen die Fettsäuren aber große Unter-
schiede und diese sollen kurz berücksichtigt werden.
Die öle und Fette sind eine organisch gewachsene Vereinigung von
Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Es sind die gleichen Grund-
bestandteile, aus denen sich auch der pflanzliche Zucker aufbaut.
Aber im Zucker sind die einzelnen Bausteine des Zuckermoleküles
ineinander gefügt nach dem gleichen Gesetz wie der Kohlenstoff und
der Wasserstoff im Benzolring. In der chemischen Darstellung sieht
das Gebilde ähnlich aus wie die Zelle in der Bienenwabe, deren Form
auf dem chemischen Bauprinzip der Zuckerstoffe beruht. Die anein-
ander gefügten Bestandteile der Fette jedoch bilden eine Kette, die
um so länger wird, je größer die Zahl der eingefügten Baustoffe ist.
In der chemischen Formel sieht das Gebilde dann so aus:
pflanzliche öle, z. B. Oleinsäure = Cis H34 Os
pflanzliche Fette z. B. Palmitinsäure = Cie Hm O2
Die Buttersäure aber hat ein ganz anderes Gefüge. Dieses sieht so
aus:
Buttersäure = Cs H7 COs H
Dabei bedeutet C Kohlenstoff. H Wasserstoff und O Sauerstoff,
entsprechend dem ersten Buchstaben der lateinischen Bezeichnung
für diese Stoffe. Die Gegenüberstellung der langen Reihe der Koh-
lenstoff- und Wasserstoffmoleküle in den pflanzlichen ölen und Fet-
ten mit den wenigen und ganz anders gefügten Molekülen in der
Buttersäure zeigt uns an, daß zwischen diesen beiden Fettsäuren ein
in den Organen des Menschen nicht zu überwindender Unterschied
besteht. Nur der wachsende Organismus des Säuglings oder des Kal-
bes ist imstande, die der Brust mit dem Mund entnommenen, fein
emulsionierten Fett- bzw. Butterstoffe in der Milch so zu ergänzen
und umzuwandeln, daß eine verseifbare schnell einzubauende Seifen-
grundlage für das wachsende Menschlein entsteht. Ja, die Butter-
säure ist bei der in früheren Jahren üblichen Herstellung der Butter
aus abgerahmter Sauermilch sehr leicht in sich selbst verseifbar und
schmeckt dann entsprechend. Daraus müßte man nun schließen, daß
die Butter als leicht verseifbares Fett auch das bekömmlichste sei.
Aber dem ist nicht so, da ihre Zusammensetzung nicht der natür-
lichen Fettsäure der natürlich gewachsenen pflanzlichen Fette ent-
spricht, die einzig die uns von Natur zugedachten Fette darstellen.
Es tritt nämlich etwas anderes ein.
Die leicht zu bewerkstelligende Emulsionierung der Butter im
Magen läßt ein Gefüge entstehen, daß wohl leicht verseift werden
kann. Aber gleichzeitig wird es auch so leicht lösbar, daß es von der
Darmschleimhaut auch ohne Verseifung auf genommen werden kann
und, wenn sie im Übermaß genossen wird, d. h. mehr Butter als ver-
seifende Gallensäfte vorhanden sind, auch tatsächlich von der Darm-
schleimhaut durch Osmose aufgenommen wird. Damit besteht die
Gefahr, daß Butterfett und Buttersäure unverseift nicht in das Chy-
lussystem des Brustsaftganges gelangen, sondern in das Pfortader-
228
System. Die unrichtig verteilten Butterstoffe kommen dann in die
Leber und bilden die Grundlage zu einer völligen Fehlleistung dieses
Organes. Es bilden sich in der Leber Fettstoffe, die sich hier in
Cholesterin umbilden und die Leber verhärten und entarten lassen.
Gleichzeitig gehen Fettstoffe weiter in die Gallenblase und kommen
hier vorzeitig mit den Gallensäften in innige Berührung. Es tritt eine
Verseifung ein und die harten verseiften Fette erscheinen in der
Galle als die gefürchteten Gallensteine mit all den schlimmen Folge-
erscheinungen, denen der davon Betroffene ausgesetzt ist, wenn die
fürchterlichen Gallensteinkoliken eintreten.
Die Gallensteinkoliken sind nur eine Möglichkeit für die Schäden
und Stoffwechselstörungen, die durch die Butter ausgelöst werden
können. Es würde sich verlohnen, anderen nachzuforschen, um den
ganzen Fragen auf die Spur zu kommen. Es ist klar, daß die Folgen
ungleich schwerwiegender werden, wenn die Butter nicht aus der
unveränderten Sauermilch, sondern aus der sterilisierten Milch ge-
wonnen wird, nachdem diese durch die Zentrifugen gejagt wurde.
Wohl ist die Butter durch das vorherige Kochen süßer geworden und
ist nicht mehr der Gefahr der Verseifung in sich selbst ausgesetzt,
aber es fallen damit auch alle die Erscheinungen und Vorteile aus,
um derentwillen die Butter als ein bevorzugtes Fett angesprochen
werden könnte. Die Butter ist wegen der Bestimmung der Milch, als
erste Nahrung für den eben zum Leben erwachten Organismus und
den Körper des Kalbes zu dienen, besonders reich an allen fettlös-
lichen Vitazymen und Hormonen aus den Lebenssäften und Lebens-
kräften des Muttertieres. Ein Teil dieser wäre in der Butter noch zu
finden, wenn sie nicht im modernen Aufbereitungsverfahren unter
Luftabschluß pasteurisiert oder sterilisiert worden wäre. Die fett-
löslichen Vitazyme und alle Hormone sind außerordentlich empfind-
lich gegen Hitze. Sie werden durch Hitzeeinwirkung unwirksam. Die
in der Vorstellung der Menschen so hoch geschätzte Butter bzw. der
hohe Gehalt an natürlichen Wirkstoffen im frischen Milchfett wird
zerstört und die Butter wird damit zu einem entwerteten Fett
tierischer Herkunft, dem nun während des Zerfalls im Körper auch
all die Schadenswirkungen anhängen, die allen vom Tier stammen-
den Genußmitteln eigen sind.
Zu all den Schäden, die schon erwähnt wurden und deren Auf-
zählung noch erweitert werden könnte, gesellt sich dann noch eine
Schadensursache, die der Aufbereitung von reinen ölen und Fetten
immer innewohnt, wenn sie der Luft ausgesetzt sind. Sie werden
nämlich mit der Zeit ranzig, d. h. die Fettsäure trennt sich vom Fett-
körper und tritt als freie Fettsäure auf. Diese macht sich durch den
durchdringenden Geruch und kratzigen Geschmack und das Kratzen
in der Kehle bemerkbar. Freie Fettsäure aber wirkt wie jede andere
freie Säure im Körper durch Ätzen und Fressen an den feinen
Schleimhäuten des Magens und stört die lebenschaffende Arbeit der
Darmzotten. Wenn sie nicht sich langsam steigernde Schadenswir-
229
kungen erzeugen soll, muß sie schnellstens neutralisiert und gebun-
den werden. Dabei werden, wie wir jetzt wohl schon wissen, basische
Grundstoffe aus den anderen Speisen und aus dem Körper selbst ge-
bunden, die nun dem Menschen für seinen Aufbau verloren gehen
und Mangelkrankheiten, besonders an Natrium und Kalk erzeugen
und verstärken helfen. Alle diese Krankheiten zeugenden Wirkungen
haften schon den schlicht und einfach gewonnenen ölen und Fetten
pflanzlicher Herkunft und der Butter ihrer Natur nach an, wenn sie
aus der Ganzheit ihrer gewachsenen Zusammengehörigkeit der natür-
lichen Nahrung herausgerissen und gesondert genossen werden.
Würden sie in so geringen Mengen zur Verwendung kommen, wie
sie in der Summe natürlich gezogener Nahrung aus dem Garten an
sich vorhanden sind, dann würde die Lebenskraft und ihre Anpas-
sungsfähigkeit an veränderte Ernährungsbedingungen schon damit
fertig werden. Aber man glaubt doch in den ölen und Fetten eine
besonders gute, schmackhafte und bekömmliche Nahrungsquelle zu
haben und übertreibt den Gebrauch. Man kocht, backt und brät in
Fetten pflanzlicher und tierischer Herkunft, man beschmiert das Brpt
in immer wechselnder Form und immer verstärktem Maße. Im Über-
maß der Verwendung aber liegt die wirkliche Quelle schwerer und
schwerster Krankheitserscheinungen, wie sie oben beschrieben
wurden.
Heute aber, im Zeitalter der Industrialisierung, begnügt man sich
nicht mit den einfachen und schlichten Herstellungsverfahren unserer
Vorfahren, die sind nicht rentabel genug und ergeben keine wir-
kungsvollen Verkaufsobjekte. Die technisch industrielle Erzeugung
der Speiseöle und -fette geht andere Wege der Erzeugung und Kon-
servierung als die unserer Ahnen. Laßt uns einmal einen Blick hin-
eintun.
Das Olivenöl z. B. wird nach altem Verfahren bei der ersten kalten
Pressung der Olive als grünlich-gelbes, wohlschmeckendes, vitamin-
reiches öl gewonnen, das in großen unterirdischen Zisternen ge-
sammelt und so lange ungestört gelagert wird, bis sich die Fremd-
stoffe aus der Frucht, die sich beim Auspressen nicht vermeiden
lassen, am Boden gesammelt haben, danach wird es abgeschöpft. Das
ist das sogenannte Jungfernöl der guten alten Zeit. Auch die Pres-
sung der Ölsaaten im alten Schlagverfahren, in Holzgestellen, ergab
nach Filtrierung durch Tücher ein gutes, schmackhaftes, pflanzliches
öl von hohem Gehalt an Wirkstoffen. Auch in den hydraulischen
Zylinderpressen und in neuerer Zeit in den mit hohem Druck arbei-
tenden Schneckenpressen können noch gute öle erzeugt werden.
Aber was sagt man zu der Gewinnung der öle mit Hilfe chemischer
Lösungsmittel und Extraktionsverfahren?
Die Ölgewinnung mittels chemischer Fettlösungsmittel geht etwa
folgendermaßen vor sich: Die zu verarbeitenden Ölsaaten oder
-Kerne oder die Kopra, das nach Europa in großen Mengen einge-
führte getrocknete Fleisch der Kokosnüsse, werden fein zerkleinert
230
und mit fettlösenden chemischen Extraktionsmitteln versetzt. Solche
Fettlösungsmittel sind: Petroläther, Schwefelkohlenstoff, Benzol,
Tetrachlorkohlenstoff, Chloroform und andere. Alle sind schwere
Gifte. Schon einige Milligramm von Schwefelkohlenstoff in der Luft
führen zu schweren Bewußtseinsstörungen, es ist ein Nervengift.
Tetrachlorkohlenstoff ist zehnmal schwerer als Chloroform. Seine
Wirkung geht aufs Herz. Die Ansicht, es gäbe unschädliche Fett-
lösungsmittel als Ersatzstoffe für die fürchterlichen Blut- und Ner-
vengifte, ist irrig. Gerade die physikalisch-chemische Eigenschaft der
starken Lösungskraft für alle öl- und Fettstoffe schließt in sich die
starke Wirkung auf die Lipoide, die Fettstoffe in den Nerven, und
damit auf die Struktur des Nervensystems und auf alle lipoidhaltigen
Organe. Aber die Ausbeute ist eine restlose, während bei einer noch
so gut gehandhabten Pressung mit hoher Hitze und hohem Druck,
doch immer noch 5 Prozent und mehr Reste im Ölkuchen verbleiben.
Die chemische Fettlösung wird im Destillator von ihren chemischen
Lösungsmitteln mittels Abdestillation befreit und das Pflanzenöl oder
Pflanzenfett erscheint rein und naturhaft. Aber auch der beste Fach-
mann kann uns nicht den klaren, sicheren Nachweis erbringen, daß
auch die letzten Reste der giftigen Fettlösungsmittel entfernt wur-
den. Bedenken wir dabei, daß die Homöopathie mit hohen und höch-
sten Potenzen noch nachweisbare Wirkungen erzielt. Hier wirken
die Gifte fort und wenn auch die Spuren noch so gering sind. Die
gewonnenen öle müssen zum großen Teil vor dem Verbrauch bzw.
der weiteren Verarbeitung zu Genußfetten von den schleimigen,
harzartigen und eiweißartigen Bestandteilen gereinigt werden. Das
geschah in der guten alten Zeit durch einfaches Filtrieren in dichten
Tüchern. Die Industrie bedient sich dazu chemischer Raffinationsver-
fahren durch Bleichen, Entsäuern und Geruchlosmachen. Solcher Raf-
finationsverfahren bedürfen besonders die minderwertigen öle wie
z. B. das im Naturzustand giftige Baumwollsamenöl, Walfischöl und
Rüböle. Die bleichende, geruchlosmächende Wirkung wird erzielt durch
Wasserstoffsuperoxyd, Chlor, schweflige Säure, Schwefelsäure, Zink-
chlorid, Benzoylsuperoxyd und ähnliche Stoffe. Zum Entsäuren be-
nutzt man Natronlauge, Ammoniak, Kalk- und Magnesialaugen und
andere. Zu den wirksamsten Methoden gehört die Raffination mit
konzentrierter Schwefelsäure, von der man dem öle 1 Prozent hinzu-
mischt, um es nach genügend langer Einwirkung durch sorgfältiges
Waschen wieder zu entfernen. Mit den zu entfernenden Stoffen geht
bei diesen Verfahren überhaupt alles verloren, was man noch als
Nahrungs- oder Wirkstoff bezeichnen könnte. Ein solches neutrales,
geschmackloses öl, chemisch gewonnen und chemisch gereinigt, kann
man doch nicht mehr als Speiseöl bezeichnen, auch wenn es noch so
blank und klar in der Auslage steht.
Im Naturzustand findet sich das öl in den Pflanzen in feinsten, ja,
in mikroskopisch feinsten Tröpfchen in der Ganzheit des Saatkornes
eingelagert oder im Fleisch der Olivenfrucht verteilt. Mit der Ganz-
231
heit des Nahrungsmittels dem Körper einverleibt, wird diese fein-
stoffliche Verteilung schon durch den Kauakt aus den Gewebezellen
herausgelöst und im Mundspeichel mit der fein zermalmten Speise
dem Magen anvertraut. In dieser Form ist die feinstoffliche Emulsio-
nierung im Magen und die dann folgende Verseifung in den Gallen-
säften ein einfacher Vorgang. Aber was soll der Magen mit dieser
geballten, kaum zu emulsionierenden ölflut in seinen Organen an-
fangen, die außerdem noch mit den Restspuren der unglaublichsten
Nerven- und Blutgifte durchsetzt ist? Glaubt man wirklich, mit sol-
chen „Genüssen“ seinen Körper und vor allem seine Nerven und
seinen Geist ein ganzes Leben lang gesund und leistungsfähig er-
halten zu können? Was haben Schwefelkohlenstoff, Benzole, Schwe-
felsäure, Benzoylsuperoxyd und all das andere Zeugs mit „Nahrungs-
mitteln“ zu tun, die uns in voller Lebenskraft und Leistungsfähigkeit
erhalten sollen?
Und was erlebt die Hausfrau, ohne es zu ahnen, gerade beim Ein-
kauf ihrer Speiseöle. Da ist z. B. das bei seiner Gewinnung rötliche
bis schwarze Baumwollsamenöl. Dieses ist an sich ungenießbar und
bewirkt schwere gesundheitliche Störungen. Es ist im Geschmack so
bitter und kratzend, daß es einfach unverwertbar für die menschliche
Ernährung wäre, wenn es keine chemischen Verfahren gäbe, um es
geschmacklos, blank und glänzend zu machen. Dieses Baumwoll-
samenöl, das nach der chemischen Behandlung nur als pflanzliche
Chemikalie angesprochen werden kann, wird seiner Billigkeit wegen
in großen Mengen als Speiseöl angeboten und, mit anderen guten
Speiseölen verschnitten, als Tafelöl verkauft. Es ist bekannt, daß die
Mittelmeerländer um ein vielfaches mehr angebliche Olivenöle auf
den Markt bringen als überhaupt gewachsen sein können. Die dortige
Ölindustrie kauft große Mengen von Baumwollsamenrohölen, neu-
tralisiert und verarbeitet diese auf chemischem Wege durch Raffinie-
ren und Bleichen und verschneidet sie dann mit bestem Olivenöl.
Das hell und blank aussehende Produkt geht dann unter Phantasie-
namen in alle Welt.
Pflanzenöle gibt es reichlich in der Welt, sie sind verhältnismäßig
billig und leicht zu gewinnen, aber sie bilden keinen Ersatz für die
Butter aufs Brot. Man verlangte daher in der Ernährung nach mehr
streichfertigen Fetten, als solche auf dem Umweg über die Kuh her-
zustellen waren. Die Nachfrage nach billigen streichfähigen Fetten
befriedigen, hieße Geld verdienen. So wurde denn bald eine Methode
gefunden, flüssige und halbfeste pflanzliche oder tierische öle und
Fette in streichfähige Fette umzuwandeln. Die öle wurden
durch Kontaktsubstanzen gehärtet. Die dazu verwen-
deten Kontaktstoffe sind Schwermetall Verbindungen wie Nickeloxyd,
Kupferoxyd, Nickelsalze, Kobaldsalze und andere. Die feinst pulveri-
sierten Metallsalze werden dabei in die stark erhitzten öle unter
hohem Druck hineingeblasen und nachher auf chemisch-mechanischem
Wege wieder entfernt. Die Erfindung dieser Härtung
232
flüssiger und halbfester öle und Fette pflanz-
licher oder tierischer Herkunft war die Geburts-
stunde der heute in riesigen Fabrikbetrieben her-
gestellten „Margarine“.
Das Härten ist theoretisch nur ein Kontaktverfahren, bei dem die
Kontaktstoffe keine chemischen Bindungen mit den Ölstoffen ein-
gehen. Nach der Härtung muß der Schwermetallsalzstaub wieder
entfernt werden, da er sonst im Körper wie schweres Gift wirken
würde. Theoretisch ist die Entfernung wohl möglich, aber die Erfah-
rung lehrt, daß es doch nicht restlos der Fall ist. Auch kleinste Spuren
schwerer Gifte, täglich verzehrt, können im Laufe der Jahre zur
Grundlage von schweren chronischen Leiden werden. Jeder chemische
Eingriff in die Verarbeitung der Lebens- und Genußmittel ist ein
verderblicher Eingriff in die natürlich gewachsene Eigenart und die
lebendige Kraft des Ausgangsmaterials. Hier aber reiht sich immer
ein Kunstgriff an den anderen und das Resultat, mit den notwendigen
chemischen Konservierungsmitteln versehen, wird dann als bekömm-
liches Speisefett angeboten.
Wie wird der feinsinnig organisierte Mensch, der aus seiner Nah-
rung seine seelischen, geistigen und körperlichen Kräfte erhalten und
ständig erneuern will, mit solchen industriell „veredelten“ Genuß-
mitteln fertig? Wie reagiert der Organismus darauf, der doch nur auf
die Wandlung und Verarbeitung von natürlich gewachsener Nahrung
eingerichtet ist?“
Die natürlich gewachsenen öl- und Fettstoffe in den Ölsaaten, den
Samenkernen, den Nüssen und den Ölfrüchten, werden zusammen
mit den ölspuren im grünen Gemüse und im Wurzelgemüse durch
die Galle und bestimmte Säfte aus der Bauchspeicheldrüse verseift
und gelangen als Seifenwasser in den Dünndarm. In diesem werden
sie durch die von den Darmzotten des Chylussaftganges ausgestrahl-
ten feinsten Säfte niedergeschlagen und dadurch in körpereigene
Säfte zum Aufbau der Knochen und Muskeln, der Gehirn- und Ner-
venmasse und der roten und weißen Blutkörperchen verwandelt. Nun
kommen die künstlich hergerichteten, aus raffinierten Preßölen, aus
den Auszugsölen oder aus gehärteten Fetten bestehenden Ölstoffe in
den Magen. Die Magensäfte versuchen auch an diesen festen, fast nicht
lösbaren Ölstoffen ihre emulsionierende Arbeit aufzunehmen. Neh-
men wir an, es gelingt, sie in ihre feinsten Teilchen aufzulösen und
sie in den Zwölffingerdarm hindurchzubringen. Wie werden die
Gallensäfte, die doch nur auf die Verseifung natürlich gewachsener
Ölstoffe aus der lebenden Pflanze eingerichtet sind, mit diesen Kunst-
stoffen fertig, die außerdem noch in viel zu großen Mengen an die
Gallensäfte herangetragen werden? Ein geringer Teil wird so lange
noch verseift, wie der Organismus noch fähig ist, kräftige Gallensäfte
und wirksames Billifuscin als Katalysator bei der Verseifung herzu-
geben. Ein Teil aber wird immer unverseift in den Dünndarm mit
dem Speisebrei weiter gegeben. Selbst die verseiften und als Seifen-
233
wasser in den Dünndarm gelangenden Säfte aus diesen Kunstfetten
werden von den körpereigenen Ausstrahlungen der Zottelgefäße gar
zu schnell als das entlarvt werden, was sie in Wirklichkeit sind, näm-
lich Kunststoffe, bar jeder natürlichen Wachstumsstoffe und natür-
licher Lebenskraft. Herrscht Mangel an anderen Fettstoffen oder
natürlichen ölen, dann ist der Organismus gezwungen, seinen Bedarf
an diesen Stoffen zu sättigen und sie seinen Blut- und Säftebahnen
einzufügen. In der Jugendkraft des Körpers versucht die Lebenskraft
wohl noch, die schlimmsten Störungen durch Hautausscheidungen,
Furunkel usw. zu beseitigen. Unreine Gesichtshaut und entstellender
Hautausschlag, Neigung zu Geschwüren, Exzemen usw. sind die
Folgen. Dann stelle man sich vor, wie aus solchen Kunststoffen ge-
sunde Nerven und gesunde, klardenkende Gehirnmasse entstehen
sollen. Sind die Menschen durch den Genuß so vieler lebensfremder,
trügerisch hergerichteter Gaumenkost schon so denkfaul und gedan-
kenlos geworden, daß sie bedenkenlos und ohne Gewissensbisse alles
in sich und ihren armen, gequälten und gefolterten Magen hinein-
stopfen, was nur angeboten wird? Aus gesunder, natürlich gewachse-
ner Nahrung entstehen aus den darin enthaltenen öl- und Fettstoffen
gesunde Nerven, gesunde, denkfähige Gehirnmasse und gesundes
Blut, von dem gesunde Muskeln gespeist werden. Was aber aus die-
sen vielen Kunststoffen wird, das sollte man einmal in den Kranken-
häusern, den Gefängnissen, den Zucht- und Irrenhäusern gründlich
untersuchen.
Was geschieht nun mit dem Teil der verzehrten Kunstspeisefette,
die nicht von den Gallensäften verseift wurden? Sie werden von den
Ausstrahlungen der Darmzotten in keiner Weise verändert oder an-
gegriffen, sondern gehen unverändert weiter, um schließlich im Dick-
darmsack, dem Blinddarm, zu landen. Es sind immerhin feinst gelöste
öl- und Fettstof fe. Diese kommen nun in Berührung mit den Lösungs-
säften aus dem Wurmfortsatz, die zur Lösung der Zellulosefaser-
teilchen dort eingestrahlt werden, unter gleichzeitiger Berührung mit
den durch diese Säfte gelösten Kalkstoffen aus der Zellulose. Was
wird geschehen? Unter dem Einfluß der alkalischen Lösungsmittel
aus dem Wurmfortsatz des Blinddarmes werden die Reste der feinst
gelösten, lebensfremden, raffinierten Speiseöle, der Kunstspeisefette
und der vom Tier stammenden Fettstoffe mit den im Dickdarmsack
freiwerdenden Kalk-, Magnesium- und Kaliumstoffen zu mehr oder
minder festen Seifen werden. Die öl- und Fettstoffe werden hier am
vollkommen falschen Platz verseifen und werden zu lebensgefähr-
lichen Fremdstoffen im Körperinnern, im Dickdarm des Menschen,
der solche Stoffe gedankenlos verzehrte.
Wir sahen in vorhergehenden Abhandlungen, daß Kalkseifen was-
serunlöslich sind. Hier entstehen am unrichtigen Platz Kalkseifen!
Diese sind unlösbar, und, durchsetzt mit Resten aus dem sich ein-
dickenden Speisebrei, verhärten sie zu harten, von den Darmwänden
kaum zu bewegenden Kotkügelchen. Diese setzen sich nur gar zu gern
234
in den Dickdarmtaschen fest und beginnen in ganz schlimmen Fällen
die Schleimhäute des Dickdarmes von innen wie mit einem festen
Überzug auszukleiden. Das ergibt dann den Zustand, vor dem die
Naturärzte und Naturheilkundigen immer wieder warnen, unter dem
Leitspruch: Der Tod sitzt im Darm. Solche Gebilde sind die
Ursache zu den gefürchteten Dickdarmgeschwüren und zum Darm-
krebs mit allen seinen Folgen.
Aber noch nicht genug damit. Die Gefahr kann sich auch anders
auswirken. Ist nämlich durch dauernde Überlastung oder Entartung
in anderer Weise der Schließmuskel des Wurmfortsatzes nicht mehr
funktionstüchtig, dann kann es passieren, daß ein solch hartes, unlös-
liches Kalkseifenkügelchen in den Wurmfortsatz hineinsackt und sich
dort festeetzt. Das wirkt dann wie ein Fremdkörper im Organismus
und nur! versucht die Lebenskraft, diesen unliebsamen Fremdkörper,
der die Saftabsonderung aus dem Drüsenorgan stört, wieder heraus-
zuwerfen. Das kann nur in der gleichen Weise geschehen, wie ein
Fremdkörper aus der Haut oder aus irgendeinem Glied wieder her-
ausgeschafft wird, nämlich durch Auflösung des umgebenden Haut-
und Muskelgewebes in Eiter und Bildung einer neuen Gewebeschicht
um die gefährdete Stelle herum. Ist die so entstandene Eiterbeule
oder das Geschwür reif, dann wirft der Organismus den Fremdkörper
zusammen mit dem Eiter heraus und befreit sich dadurch von der
Störung. Hier aber ist ein Fremdkörper tief im Innern des Körpers
an gefährlicher Stelle hineingelangt und im Wurmfortsatz des Blind-
darmes bildet sich in der notwendigen Abwehr ein Blinddarm-
geschwür, eine Blinddarmvereiterung. Was das heißt, braucht
wohl nicht mehr erläutert zu werden.
Der Beweis für die Richtigkeit dieser Gedankenführung ist leicht
zu erbringen. Man braucht die Kurve des Ansteigens und Uberhand-
nehmens von Blinddarmentzündungen und Geschwüren und die Fälle
von Kot Verhärtungen im Dickdarm nur in Vergleich zu setzen mit
der Zunahme des Verzehrens von raffinierten ölen und Kunstspeise-
fetten. Wann wurden die ersten Margarine-Erzeugnisse auf den
Markt gebracht und wann begannen die heute noch andauernden
Massenoperationen der Blinddarmgeschwüre? Es würde sich lohnen,
diese Frage gründlich zu prüfen und in ihren Folgewirkungen zu
untersuchen.
Vieles kann die Lebenskraft des Menschen durch Neutralisierung
unter Aufzehrung der eigentlich zum Aufbau des Körpers und der
Organe notwendigen basischen Grundstoffe aus der Nahrung oder
aus dem bereits im Körper vorhandenen Vorrat oder durch Einhüllen
der krankmachenden Stoffe in feste Hautgebilde oder durch Einbau
des Unbrauchbaren als Zwischenlage zwischen die einzelnen Ge-
webezellen unschädlich machen. Aber all diese gesunderhaltenden
Maßnahmen der Lebenskraft versagen im Laufe der Jahre unter der
immer mehr zunehmenden Last. Im Alter von 45 bis 50 Jahren er-
folgt oft schon der erste Zusammenbruch der Gesundheit als Zeichen,
235
daß die Lebenskraft am Ende ihrer ausgleichenden Fähigkeiten an-
gelangt ist und jedes Mehr an krankmachenden Stoffen in dem, was
man als Nahrung verzehrte, auf Kosten der Gesundheit und Lei-
stungsfähigkeit geht. Wie schnell das Ende dann kommen kann, das
zeigen uns immer wieder die eintretenden lähmend oder tödlich wir-
kenden Schlaganfälle oder Herzlähmungen im besten Mannesalter
oder das nicht mehr einzudämmende Fortwirken sogenannter chroni-
scher Krankheiten, die im Laufe der Jahre mit sicherem, oft qual-
vollem Tod enden. Spürt doch den einfachen Ursachen nach und
richtet eure Ernährung entsprechend ein! Erwartet aber keine Hei-
lung durch Verschreibung und Einnehmen von schnellwirkenden
Reagenzien. Glaubt man wirklich einen zusammengebrochenen Kör-
per mit versagender Lebenskraft dadurch wieder in Ordnung zu
bringen, daß man den Erfolgen der Kochküche und der chemischen
Behandlung der begehrtesten Nahrungs- und Genußmittel die Krö-
nung aufsetzt durch Medikamente aus der chemischen Giftküche oder
daß man lebenswichtige Organe verstümmelt oder wegschneidet?
Der Mensch ist keine chemische Retorte, sondern ein körperlich-
geistig-seelisches Wesen, das lebt und auf die feinsten geistig-seeli-
schen Einflüsse der Natur ansprechen muß, wenn er die Fähigkeiten,
die in ihn bei seiner Zeugung hineingelegt wurden, zur höchsten
Vollkommenheit entwickeln will. Die in die Pflanzen in feinster Ver-
teilung hineingewachsenen öl- und Fettstoffe dienen nach Aufnahme
im Körper des Menschen im naturbelassenen Zustand als Grundlage
zum Aufbau seines ganzen Körpers, nicht nur seiner Muskeln, Kno-
chen und Organe, sondern erst recht als Grundlage seiner Gehirn-
und Nervenmasse. Diese aber sind die Organe, durch welche die
seelischen Einflüsse im Weltall auf genommen und umgesetzt werden
sollen. Ist das klar?
236
IV.
Die Entstehung der
Mineralstoff-Mangelkrankheiten durch das
Kochen der Obst- und Gemüsenahrung
Mangel an organisch gewachsenen Mineralstoffen metallischer, d. h.
basischer oder alkalischer Art und nichtmetallischer, also säure-
bildender Art, erzeugt sehr schwere Entartungs- und Krankheits-
erscheinungen. Das wurde in den vorhergehenden Abhandlungen
deutlich genug gezeigt. Bedingung für ihre Aufnahme und Verarbei-
tung im gesunden Lebensprozeß von Mensch und Tier ist die fein-
stoffliche, organische Bindung in der lebenden Pflanze, die in dem
sinnvollen aber sehr zeitraubenden Wachstum entsteht, das im Ab-
schnitt „Was ist Nahrung“ erläutert wurde. Auf die Erhaltung dieses
feinstofflichen, im Sonnenlicht und durch die Einwirkung aller wirk-
samen kosmischen Einflüsse auf das Leben der Erde entstandenen
Zustandes kommt es an. Nur in diesem Zustand ist die Pflanze von
Natur aus als Ernährungsgrundlage für Mensch und Tier geeignet.
Jede Veränderung dieses Zustandes durch Kochen, Backen, Braten,
Sterilisieren oder Erhitzen aus anderen Gründen über die natürliche
Körperwärme von Mensch und Tier hinaus zerstört diesen feinstoff-
lichen Aufbau und die organisch gewachsene Bindung der Mineral-
stoffe der Erde in der gewachsenen pflanzlichen Nahrung. Ganz zu
schweigen von der Zerstörung der lebenswichtigen Vitazy me, Enzyme,
Pflanzenhormone usw., von denen in einem vorhergegangenen Ab-
schnitt so ausführlich berichtet wurde. Jedes gekochte oder gebackene
Obst- und Gemüsegericht ist darum keine natürliche Nahrung mehr
und kann das Leben des Menschen nicht gesund und leistungsfähig
bis ins hohe Alter erhalten.
Obst, frisches grünes Gemüse und Wurzelgemüse aller Art sind bei
natürlichem Anbau bis zu ihrer äußersten Fassungskraft gesättigt
mit den verschiedensten erdigen Grundstoffen, den Erdmineralien,
und den Wirkstoffen des Lebens, die den Einbau der Grundstoffe in
den lebenden Körper des Menschen ermöglichen. Die Wurzelstöcke
und Wurzelknollen der zwei- und mehrjährigen Wurzelgemüse sind
es in erhöhtem Maße, da diese die Nahrungsspeicher darstellen, aus
denen sich im kommenden Jahre der Blütenstock und der Same ent-
wickeln soll. Die erdigen Grundstoffe wurden im Pflanzenwuchs durch
die von den feinsten Saugwürzelchen ausgestrahlten, organischen
Pflanzensäuren gebunden, die vorher in der Blätterkrone durch die
237
Einwirkung des Sonnenlichtes gebildet wurden. Im Magen werden
die Pflanzensäuren ergänzt und zu Zuckerstoffen gewandelt, die im
Darm ihren Weg in den Pfortaderblutstamm finden. Dadurch werden
die erdigen Grundstoffe wieder frei und gewinnen nun die feinstoff-
lich strahlende Natur der Sonnenkräfte wieder, durch die sie einst in
der Pflanze gebunden wurden. Sie erhalten die Fähigkeit der fein-
stofflichen Strahlkraft, durch die sie befähigt werden, die feinen
Häute der einzelnen Zellgewebe des Körpers zu durchdringen und
derart den Körper von Zelle zu Zelle zu durchwandern.
Die im Pflanzenleben erworbene feinstoffliche Strahlkraft ermög-
licht es den erdigen Grundstoffen aller Art, durch die Magenwand in
die Pankreas zu wandern und von dort in die Milz zu strahlen. Dort
werden sie für all die Aufgaben vorbereitet, die sie im Körper zu
verrichten haben. Für diese Art der Aufbereitung in der Milz kom-
men nur solche Grundstoffe in Frage, die nicht im Verseifungsvorgang
im Zwölffingerdarm direkt Verwendung finden sollen. Es sind vor
allem die Verbindungen von Aluminium, Eisen, Natrium, Kalium
usw. mit den Säurebildnern wie Schwefel, Chlor, Fluor, Kieselsäure
und dergleichen. Ja, auch solche Stoffe wie Selen und Arsen, Gold,
Silber, Kupfer usw. werden im Körper dringend gebraucht, trotzdem
diese bekanntlich in freien chemischen Bindungen wie schwere Blut-,
Nerven- oder Zellgewebegifte wirken. Selen z. B. wird im Körper
dringend gebraucht zur Bildung der Sehfähigkeit des Auges. Selen-
stoffe in der Netzhaut des Auges vermitteln die Aufnahme der Licht-
eindrücke und bewirken deren Weiterleitung ins Gehirn. Diese Licht-
empfindlichkeit der Selenzelle hat der Mensch jetzt in seinen techni-
schen Errungenschaften ausgenutzt in der Übertragung von Licht-
eindrücken und Bildern im Fernsehverfahren. Alles, was die Erde an
Grundstoffen enthält, braucht auch der menschliche Organismus in
irgendeiner Art, um das Leben in allen seinen Formen aufwachsen
zu lassen und es zu erhalten. Aber, um sie im Körper richtig und
gesunderhaltend einbauen zu können und zu verwenden, müssen sie
alle in der feinstofflichen Form erhalten bleiben, in der sie gewachsen
sind. Jede Veränderung des organisch gewachsenen Zustandes bei der
Nahrungsmittelzubereitung zerstört diese feinstofflichen Gebilde und
wandelt sie oft in direkte Körpergifte um.
Nicht nur Kochen und Erhitzen, sondern auch jede andere künst-
liche Nahrungsmittelzubereitung, durch die der feinstoffliche Aufbau
zerstört oder geschädigt wird, wirkt auf die Dauer krankmachend
und verkürzt das Leben und die Lebensfreude. Solche Einwirkungen
von schädlichem Einfluß auf die erdigen Grundstoffe im Obst, Ge-
müse und allen anderen natürlich gewachsenen Nahrungsmitteln sind
Säuren, Salzen, Vergärenlassen, mit Essig mischen oder mit Essig
behandeln, Zusatz von chemischen Säuren auch in kleinsten Spuren
wie Salizylsäure, Benzoesäure und ähnlichen. Alle chemischen Kon-
servierungsmittel wirken deshalb konservierend, weil sie die Keim-
kraft der Spaltpilze und Bakterien vernichten, die Lebenskraft und
238
damit die organisch gebundenen Grundstoffe im Gemüse und Obst
angreifen und deren organische Bindung soweit aufheben, wie sie
dazu die Kraft haben. Durch alle diese Verfahren einschließlich der
Erhitzung über Blutwärme, werden die feinstofflichen, lebenskräfti-
gen Bindungen der erdigen Grundstoffe aufgehoben und zerstört.
Die basischen Erdmetalle gehen dabei vorzeitig grobstoffliche, chemi-
sche Bindungen mit den säurebildenden, nichtmetallischen Stoffen
ein und bilden mehr oder weniger feste Mineralsalze, die der Körper
nicht verwenden kann. Könnte er sie in diesem Zustand richtig und
gut verwerten, dann brauchte die Natur sich doch nicht erst die große
Mühe zu machen, in der lebenden Pflanze so wundervolle Nahrungs-
grundlagen für Mensch und Tier zu schaffen, dann könnte man ja
ganz einfach Erde essen und Lehm schlucken. Das aber geht nicht.
Ein sehr aufschlußreiches Beispiel für die Wirkung konzentriert un-
richtiger Ernährung hat uns die Mannschaft des Hilfskreuzers „Kron-
prinz Wilhelm“ und ihres Schwesterschiffes gegeben.
Während des ersten Weltkrieges fuhren die Mannschaften dieser
Hilfskreuzer als gesunde, robuste, tatenfreudige Menschen zu Kaper-
fahrten aus und lebten während der Fahrt ausschließlich von gekoch-
ten tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln in scheinbar bester
Form. Frischfleisch, Dosenmilch, Feinmehl und Gemüsekonserven
aller Art waren die Nahrung in immer neuer Abwechslung, da ja die
gekaperten Schiffe immer neue Lebensmittelmengen abgeben muß-
ten. Nach 180-tägiger Kreuzerfahrt mußten die beiden Schiffe einen
damals noch neutralen Hafen in den USA anlaufen, da die gesamte
Mannschaft, vom Kapitän bis zum letzten Matrosen, so krank und
schwach geworden war, daß sie durchweg keinen Dienst mehr tun
konnten, ja eine ganze Reihe der Männer schwebte in Lebensgefahr.
Wenn der landesüblich sich ernährende Mensch auch nicht gar so
schnell mit seiner Lebenskraft am Ende ist, so liegt das daran, daß
er neben der gekochten Nahrung doch auch noch eine Menge wirk-
licher Nahrung in Form von Obst und Rohgemüse zu sich nimmt, die
immer wieder einen Ausgleich schaffen, aber verkürzt wird die Le-
bensdauer in ganz ausgesprochenem Maße. Man bedenke, ein natür-
lich lebendes Tier erreicht ein Mindestalter von durchschnittlich
fünf- bis sechsfacher Dauer der Zeit, die notwendig ist, um das Kno-
chengerüst vollständig aufzubauen. Der Mensch müßte deshalb durch-
weg ein Mindestalter von fünf oder sechs mal 25 Jahren erreichen.
Das sind aber 125 bis 150 Jahre. Das durchschnittliche Lebensalter
aller lebend Geborenen liegt heute zwischen 35 und 55 Jahren, d. h.
der Mensch verkürzt sich durch seine naturwidrige, sinnlose Art der
Nahrungsaufnahme und den Verzehr von lebenzerstörenden Genuß-
mitteln sein Leben in unvorstellbarer Weise. Vergessen wir doch nie,
daß ungezählte Millionen von Menschen in Krankheiten aller Art
qualvolle Zustände körperlicher, geistiger und seelischer Leiden zu
erdulden haben, ehe ein sanfter Tod sie aus ihrem Elend erlöst.
239
Verzehrt man rohes Obst, so werden die feinstofflichen Bindungen
der Erdmineralien an die Obstsäuren im Magen aufgehoben, die basi-
schen Grundstoffe werden frei und wandeln durch neue Bindungen
die Säuren um in körpereigene Aufbaustoffe. Beim Kochen oder Er-
hitzen von Obst lösen sich die organischen Bindungen schon vorher,
die Basen gehen, wie erwähnt, teils unlösliche Bindungen mit erdigen
Säurebildnern ein und die organischen Pflanzensäuren verhärten und
werden schwer lösbar. Deshalb schmeckt gekochtes Obst viel strenger
nach Säure als rohes Obst. Dieser Säurecharakter kann auch durch
Zuckerzusatz nicht behoben werden, sondern setzt sich im Magen
immer wieder durch. Ein empfindlicher Magen spürt die Säure so-
lange, bis sie auf natürlichem Wege wieder ausgeschieden ist, wenn
keine Krampfzustände eintreten. Genau das gleiche geschieht beim
Kochen und Erhitzen von Gemüse. Säuerliche Gemüse wie Sauer-
ampfer, Rhabarber u. a. erhalten durch das Kochen und Erhitzen
einen viel stärkeren Säuregeschmack als roh gegessen. Die Oxalsäure
kann dabei so fest und unlöslich werden, daß sie nachher im Körper
wie Gift wirkt und schwere Magenverstimmungen besonders bei
Personen mit schwachem Magen oder bei Kindern hervorruft. Frisch
gepreßter Rhabarbersaft aus jungen Pflanzen aber ist eine köstliche
Erfrischung an heißen Sommertagen.
Die durch das Kochen und Backen und chemische oder künstliche
Behandlungsarten der Obst- und Gemüsegerichte hervorgerufenen
neuen Bindungen der Mineralstoffe können von verheerender Wir-
kung sein. Die feinstoffliche Strahlkraft wird aufgehoben und die
Milz versagt wegen Mangels an geeignetem Material oder kann
nur noch unvollkommen arbeiten. Das macht sich dann in der Haut-
bildung, in der Art des Zahnschmelzes, in der Beschaffenheit der
Haare, der Fingernägel und so weiter bemerkbar. Die Haut verliert
ihre frische Zartheit und wird schlaff, welk und runzelig. Der Zahn-
schmelz wird mit der Zeit rissig und verliert seine Widerstandskraft
gegen zerstörende Einflüsse. Zahnerkrankungen sind nicht gerade eine
Seltenheit. Die Haare verlieren ihre geschmeidige Spannkraft und
ihren Glanz, sie werden spröde und brüchig und ergrauen leicht. Es
bilden sich Schuppen und Schwären, die das Haar ausgehen lassen.
Aber nicht nur die äußere Haut und ihre ausgleichende Tätigkeit im
Haushalt des Körpers leidet, auch die inneren Hautgebilde in all
ihren verschiedenen Formen werden schwer geschädigt. Beachten wir
wohl, nicht nur die Mineralstoffe werden verändert, auch die Vita-
zyme, Fermente, Pflanzenhormone usw. verlieren ihren Charakter
oder werden zerstört. Durch diesen doppelten Ausfall ergeben sich
erschreckende Schäden im Körper.
Die inneren Schleimhäute und die feinen Häutchen der Zellgewebe
verlieren ihre Spannung und der Zellinhalt seine Festigkeit und
Straffheit. Er beginnt zu quellen und kann das Wasser aus dem Stoff-
wechsel nicht mehr loswerden. Das führt zu Schwellungen der Ge-
webe und Erschlaffung der Muskeln und Glieder. Der Stoffwechsel
240
erlahmt und die Blutzusammensetzung verändert sich als Folge da-
von. Das gebackene Brot und die gekochten Getreidespeisen, die vom
Tier stammenden Genußmittel, die unnatürlichen Fett- und Ölstoffe
und der Mineralstoffmangel der Gemüse- und Obstnahrung in ge-
kochtem Zustand ergeben in ihrer Gesamtheit gehäufte Krankheits-
ursachen und Krankheitsbilder. Für den Kenner der Ernährungs-
vorgänge und deren Auswirkung im Körper des Menschen gehört
nicht viel Phantasie dazu, um die landesübliche Ernährung der Men-
schen in allen Zonen und Erdteilen, unter allen Rassen und Völkern
als den wirklichen Grund und die Ursache allen Elends und aller
Krankheiten zu erkennen.
Betrachten wir in dieser Beziehung einmal den Lungenkörper und
seine lebenswichtige Aufgabe. Wie alle inneren und äußeren Häute
verlieren auch die feinen Schleimhautgebilde, die nicht nur die Lunge
als solche, sondern auch jedes einzelne Lungenbläschen umschließen,
ihre Festigkeit und ihre innere Spannkraft durch Mineralstoffmangel
in der Nahrung. Sie verlieren damit die Fähigkeit, ihre Aufgabe
richtig zu erfüllen. Mit der Unfähigkeit, sich richtig zu entwickeln,
verlieren die Schleimhautbildungen im Lungenkörper auch die Fähig-
keit der gesunden Schleimbildung. Der die Schleimhäute überziehende
feine, aber zähfeste Schleim schützt das lockere Lungengewebe vor
Angriffen des Luftsauerstoffes, der sich in den Lungen bei der Bildung
des pulsierenden Blutes auswirken soll. Wird die Schleimschicht
locker oder rissig, so verliert sie ihre schützende Wirkung gegen die
Angriffe des Luftsauerstoffs auf die Schleimhäute der Lungen-
bläschen. Wird nun aus irgend einem Grunde Hustenreiz ausgelöst,
so löst sich krankhaft gebildeter Schleim von der Schleimhaut und
das krankhaft lockere Lungenhautgewebe wird vielleicht nur kurz
vom Sauerstoff angegriffen. Es entsteht eine Schadensstelle. Hier hat
dann der Luftsauerstoff Gelegenheit, das Lungengewebe selbst an-
zugreifen und die darin eingelagerten Mineralstoffe zu veraschen,
d. h. mit ihnen Verbindungen einzugehen, durch die sie aus dem
Gewebe der Lungenhaut herausgerissen werden. Die Lebenskraft
des Körpers sucht sich gegen solche Schäden dadurch zu wehren, daß
sie den befallenen Stellen der Gewebe größere Blutmengen zukom-
men läßt, um den Schaden auszugleichen und zu reparieren. Es treten
die Schutztruppen und inneren Helfer in Tätigkeit, die wir als weiße
Blutkörperchen kennen. Aber auch diese werden bei unrichtiger Er-
nährung nicht so kräftig und stark sein wie im gesunden Körper.
Auch sie werden hier den Angriffen des Luftsauerstoffs ausgesetzt.
Eine Haut- oder Fleischwunde kann durch die Angriffe des Luftsauer-
stoffs in faulige Zersetzung übergehen, wenn die Ernährung eine
unnatürliche ist. Ähnliche Vorgänge können auch im Lungengewebe
eintreten, wenn durch die Einwirkung des Luftsauerstoffes auf eine
Schadensstelle im Lungengewebe der Nährboden geschaffen wird,
der dem gefürchteten Tuberkelbazillus Lebensmöglichkeit im Lungen-
gewebe gibt. Eins kommt zum anderen und ehe man sich der Tat-
16 Sommer, Ernährung
241
Sache richtig bewußt wird, ist Kavernenbildung eingetreten, und
dann steht der Mensch der Erkrankung fast hilflos gegenüber.
Vorbeugen ist hier wie überall besser und leichter als Heilen. Sorgt
für richtige Hautbildung und gute Schleimentwicklung in den inne-
ren Schleimhäuten des Lungenkörpers durch lebenskräftige, mineral-
stoffreiche Ernährung auf der Grundlage von natürlich angebautem
Obst und Frischgemüse in rohem Zustand von Jugend auf. Dann
wird der Lungenkörper sich immer und unter allen Bedingungen als
kräftig und widerstandsfähig genug erweisen, um allen Angriffen
von Bazillen und Bakterien spotten zu können.
Mangelt es in der Körperhaut an den notwendigen Mineralstoffen,
so kann sie bald ihre ausscheidende und lebenerhaltende Wirkung
im Stof f Wechsel nicht mehr ausüben. Wird sie zudem überlastet durch
sogenannte „kräftige“, d. h. eiweiß- und fettreiche Kost, dann
sammeln sich in ihr die Stoffe aus der Nahrung, die wir kennen
lernten als solche, die Geschwüre und Entzündungen begünstigen. Die
Haut wird unrein. Versagt die Haut wegen dieser Überlastung und
Mißbildung, dann muß ihre Aufgabe, so gut es geht und so lange wie
möglich, von den Lungen und den Nieren mit übernommen werden.
Aber auch diese können wegen der Mißbildung an allen Stellen und
Organen der Überlastung auf die Dauer nicht standhalten. Es kommt
dann zum allgemeinen Zusammenbruch. Das Schlimmste aber tritt
ein, wenn die Milz die Mineralstoffe, die zur Bildung der roten Blut-
körperchen notwendig sind, nicht in der richtigen, feinstofflich
organisch gebundenen Form erhält.
Wenn das feinstofflich gebundene Eisen im Gemüse oder im Obst
durch das Kochen ausgefallen ist oder sich so gewandelt hat, daß es
nicht mehr richtig verarbeitet werden kann, dann wird in dem
Augenblick, wo der Vorrat des Körpers aus dem Mutterleibe und der
Mutterbrust verbraucht ist, die Blutbildung einen Mangel an Eisen
zeigen. Das Eisen ist der Träger des lebensnotwendigen Sauerstoffes
im Blute, durch den die Stoffwechselvorgänge überhaupt erst ermög-
licht werden. Fehlt es an Eisen im Blute, so können wir uns bald die
ungeheuerliche Mißwirtschaft vorstellen, die dann eintreten wird. Es
tritt zu den Erscheinungen der Hauterschlaffung eine Mißbildung
des Blutes, die uns als Weißblütigkeit, als Leukämie oder Anämie,
bekannt ist. Die Milz sucht dann den Mangel mit Gewalt zu ersetzen
und wird über beansprucht. Sie entartet dabei und zeigt das anrdurch
starke Schwellung und Vergrößerung bis zum achtfachen der nor-
malen Größe. Ein derart Erkrankter ist dann vom Tode gezeichnet,
wenn er seine Ernährung nicht rechtzeitig umstellt.
Die perniziöse Anämie erweist sich in ihrem Endstadium als ein
hoffnungs aser Zusammenbruch aller Organe des Körpers. Die Milz
bezwingt die Überschwemmung mit entwerteten Mineralstoffen und
Stoffwechselgiften nicht mehr. Die Haut kann das Sonnenlicht nicht
mehr ertragen. Die Nieren werden überanstrengt und lösen sich auf.
Der Magen und der Darm können die Verdauungssäfte nicht mehr
242
in der Form abscheiden, die zur notdürftigen Verdauung der gekoch-
ten Nahrung notwendig ist. Die Lungentätigkeit wird erschwert, weil
die Haut nicht mehr mitarbeitet und die Körperorganisation gerät
vollständig durcheinander und zerfällt. Am Anfang dieser ganzen
Katastrophe steht der Mineralstoffmangel im jugendlichen Alter
durch die totgekochte landesübliche Ernährung, wenn der bei der Ge-
burt mitgebrachte und aus der Mutterbrust stammende Vorrat er-
schöpft ist.
In meiner Kindheit war es noch allgemeiner Brauch der Mütter
und Hausfrauen, das Gemüse und die Kartoffeln nach dem Kochen
vom Kochwasser zu befreien. Das Kochwasser wurde fortgeschüttet,
mit Ausnahme von solchen Suppen, in denen Tierfleisch mitgekocht
war. Die vom Tier stammenden Produkte aller Art, Fleisch, Speck,
Wurst, Milch, Butter, Käse usw., wurden bevorzugt, da ja das An-
steigen der Verdienstmöglichkeiten auch dem Arbeiter und dem
kleinen Manne eine „bessere“ Lebenshaltung als vor Zeiten ermög-
lichte. Zu allem Unglück wurden die ersten Nahrungsmittelchemiker
Voit, Rubner und andere, bei ihren ersten chemischen Untersuchun-
gen der Körpergewebe zu einem Trugschluß verleitet. Dieser bestand
darin, daß sie den Körper ganz richtig als eine stickstoffhaltige Pro-
toplasmabildung erkannten und nun folgerten, daß sich dieses Pro-
toplasma am besten entwickeln würde, wenn man recht viel tierisches
Protoplasma, also Eiweißgrundlagen, verzehrte. Sie kannten den
mühsamen Umweg der Natur nicht, der notwendig ist, um aus rein
pflanzlichem Material körpereigenes Gewebe zu erbauen. Sie schlos-
sen nur, der Körper scheidet durch die Nieren so und soviel Harn-
stoff und Harnsäure aus. Zur Bildung dieser Mengen aus zerfallen-
dem Eiweiß des Körperplasmas sind so und so große Mengen von
Eiweißstoffen nötig. Sie forderten als Ergebnis ihrer Betrachtung,
daß man entsprechend mindestens 120 g Eiweiß am Tage zu sich
nehmen müßte. Dadurch wurde die Überbewertung des Fleisches der
Tiere in scheinbar wissenschaftlicher Weise unterbaut und alle
pflanzliche Nahrung wie Obst und Gemüse unterbewertet. Alles aber
wurde zudem noch totgekocht und das Trinkwasser nicht mehr aus
hölzernen Pumpen gefördert, sondern in eisernen und bleiernen
Rohrleitungen in die Häuser geleitet. Ist es da ein Wunder, wenn mit
der wirtschaftlichen Blütezeit des deutschen Volkes eine fast epide-
mische Ausbreitung der gefürchteten Lungentuberkulose und der
Leukämie oder Weißblütigkeit mit allen ihren verheerenden Folge-
erscheinungen einsetzte? Wer den Inhalt dieses Buches mit wachem
Verstände gelesen hat, wird sich nach den Ursachen dieser Erschei-
nungen nicht mehr lange umzusehen brauchen.
Aber noch eine Erscheinung müssen wir als Mineralstoffmangel-
Krankheit insbesondere erwähnen, nämlich die sogenannte Basedow’-
sche Krankheit, so genannt nach dem thüringischen Arzt Basedow,
der sie zuerst beschrieb, und die Erscheinung der Kropfbildung.
Wenn es sich hierbei erwiesenermaßen um einen Mangel an Jod in
243
der Schilddrüse handelt, durch den diese Drüsen und ihre Neben-
organe ihre Arbeitsfähigkeit verlieren, so müssen wir bedenken, daß
bei natürlicher Ernährung ein Jodmangel im Körper überhaupt un-
denkbar ist. Jeder Ackerboden auf der ganzen Erde enthält durch-
weg genügend Jod, um im Pflanzen wuchs den Bedarf des Menschen
zu decken, da dieser im ganzen Leben nur einige Milligramm be-
trägt. Jeder auf Marschboden gewachsene Kohlkopf enthält genug
Jod, um den ganzen Bedarf des Menschen mehrfach decken zu
können. Aber wer ißt denn schon einen Kohlkopf roh, ohne Zube-
reitung durch Kochen, Dämpfen oder Säuren? Gerade die Jod Verbin-
dungen in den Pflanzen sind nicht nur hitzeempfindlich, sondern zer-
fallen ebenso leicht durch Gärung oder Säureeinwirkung. Alle Kohl-
sorten wurden bisher fast nur gekocht oder als Sauerkraut gegessen.
Damit ging der ganze Jodgehalt für die Erhaltung des Menschen
verloren. Wegen Mangel an Jod konnten dann die Schilddrüsen und
ihre Nebenorgane ihre Aufgabe der Hilfsstellung beim Aufbau der
Protoplasmastoffe des Gehirns und der Nerven nicht erfüllen. Dar-
aus entwickelt sich folgender Zustand:
Der Fleischesser, der da glaubt, sich dreimal am Tage Fleisch oder
vom Tier Stammendes einverleiben zu müssen, setzt sich der Gefahr
der Versäuerung seiner Gewebe durch übermäßige Bildung von
Harnsäure und Oxalsäure im Stoffwechsel aus. Diese Versäuerung
erzeugt im Körper krampfartige Zustände. Es kommt gar zu leicht
bei entspr. Veranlagung zu Krampferscheinungen im arteriellen Blut-
strom. Daraus entwickeln sich dann Herzkrampf und Klappenfehler
und diese erzeugen in periodischen Anfällen Angstzustände schlimm-
ster Art. Die sonst korrigierend eingreifenden Säfte aus der Schild-
drüse versagen, da die Schilddrüse wegen Jodmangels nicht richtig
arbeiten kann. Sie versucht trotzdem ihr Bestes, überanstrengt sich
und beginnt Schwellungen zu zeigen, weil sie nun die Aufgabe über-
nimmt, die störenden Einflüsse und ihre Erreger in sich zu sammeln
und dadurch unschädlich zu machen. Da aber die Neuentstehung
immer größerer erregender Stoffwechselrückstände bei der landes-
üblichen Ernährung nicht aufhört, so verschlimmern sich die Angst-
zustände von Anfall zu Anfall, bis schließlich die Augen in der Todes-
angst hervorquellen und die Gesichtszüge die Zeichen der ausgestan-
denen Todesangst sichtbar werden lassen. Ein nicht mehr zu über-
windender Herzkrampf wird schließlich zur Todesursache.
Eine Heilung ist nur möglich durch eine klar durchgeführte Er-
nährungsumstellung unter besonderer Berücksichtigung von Frisch-
obst und Frischgemüse aller Art. Sehr hilfreich ist dabei die Verwen-
dung von Irländisch Moos „Caraghen Moos“. Das ist eine Meeresalge
mit besonders großem Jodgehalt, die an der Küste von Irland und
Japan gefischt wird.
Aus diesem ganzen Zusammenhang ersehen wir, daß der Mangel
an Mineralstoffen niemals allein die Ursache der unzähligen Krank-
heitserscheinungen ist, sondern sich erst in Verbindung mit den
244
krankmachenden Einflüssen der Brot- und gekochten Getreidenah-
rung und der vom Tier stammenden Genußmittel aller Art in so ver-
heerender Weise aus wirkt. Wird die Menschheit sich aber entschließen,
zu einer Ernährung von nur pflanzlicher Frischnahrung überzugehen
und die pflanzliche Nahrung ohne wesentliche Veränderung durch
Kochen, Backen oder künstliche Zubereitung zu genießen, dann wer-
den der reiche Mineralstoffgehalt der Pflanzen, ihr Gehalt an Vita-
zymen und Wirkstoffen aller Art, ihre pflanzlichen Hormone und Fer-
mente und ihr reicher Gehalt an lebenskräftigen Zuckerstoffen und
Nahrungsgrundlagen die Menschheit gesunden lassen.
Wir wären damit am Ende unserer Abhandlungen über diese Zu-
sammenhänge und die Bekömmlichkeit der frischen Obst- und Ge-
müsenahrung wäre einwandfrei erwiesen, wenn sich inzwischen die
Lebensmittelindustrie nicht der Massenerzeugung von konservierten
Lebens- und Genußmitteln aus Obst und Gemüse angenommen hätte.
Schon der Anbau des Obstes in den großen Obstplantagen gibt zu
schweren Bedenken Anlaß. Aus der Gewohnheit der Ackerbewirt-
schaftung werden bei der Obsterzeugung die gleichen Grundsätze an-
gewendet wie beim Feldbau des Getreides. Man pflügt und bearbei-
tet den Boden zur intensiven Bodenlockerung undBodendurchlüftung.
Gleichzeitig wird der Boden intensiv in landesüblicher Weise gedüngt
und diese Düngung oft noch durch frische Jauche und Fäkalien ver-
stärkt, um sichere Erträge zu erzielen. Man bedenkt dabei nicht, daß
der Baum seine eigentliche Nahrung nicht durch die tiefgehenden
wassersuchenden Wurzeln erhält, die gleichzeitig die Sicherung in der
Erde zu übernehmen haben, sondern durch die feinen Haarwürzelchen
an der Oberfläche, die nur bis etwa 25 bis 35 cm Tiefe reichen. Der
Baum lebt und sucht seine erdige Nahrung genau wie das Getreide
nur in den oberen Erdschichten, soweit die Bodengare reicht. Das
schnellwachsende Getreide schlägt jedes Jahr neue Wurzeln. Der
Baum braucht für die Ausbildung des Faserwurzelnetzes längere
Zeiträume, und dieses Faserwurzelnetz unter der Oberfläche darf
nicht gestört werden. Es müßte sonst jedes Jahr auf Kosten des Er-
trages und der Lebensdauer des Baumes neu gebildet werden. Des-
halb ist es auch nicht möglich, unter Obstbäumen und im Umkreis
der Faser wurzel noch Unterkulturen anbauen zu wollen, die ein Lok-
kern des Bodens erfordern. Das stört den Baum und zehrt an seiner
Lebenskraft. Jede Bodenbearbeitung im Obstgarten, jede Lockerung
des Bodens hat Ertragsminderung und Verkürzung der Lebensdauer
und krankhafte Zustände zur Folge. Um nun trotz der immer wie-
derholten Zerstörung der Faserwurzeln den Baum zu erhöhter Wur-
zelbildung anzuregen, wird zusammen mit der Bodenbearbeitung ge-
düngt und zwar nach heutigen Grundsätzen vorwiegend mit Stick-
stoff, Phosphor und Düngesalzen. Frische Jauche, Fäkalien, Stickstoff
und Phosphor sind ein wunderbarer Nährboden für die Entwicklung
von Ungeziefer aller Art. Alle Insekten bestehen und entstehen doch
zur Hauptsache aus phosphorhaltigem Ammonium, d. h. Stickstoff
245
und Phosphor. Durch die angegebene Düngung züchtet man gerade-
zu die Insektenbrut heran und macht außerdem den Baum anfällig
für Geschwür- und Krebsbildungen. Bodenbearbeitung, Stickstoff
und Phosphor begünstigen Krankheiten und Schädlinge, ja, züchten
diese direkt. Wenn dann das Heer der Schädlinge den Ertrag zu
fressen und zu vernichten droht, wenn die Geister, die man unbe-
wußt rief, nicht mehr zu bändigen sind, dann sucht man Abhilfe und
siehe: Die gleiche Industrie, die die schönen treibenden Düngesalze
anbot, bietet sich jetzt an, den Schaden zu kurieren. Aber wie?
Die Industrie liefert unter immer neuen Anpreisungen Schädlings-
bekämpfungsmittel. Alle diese Mittel sollen die Insekten vom Leben
zum Tode führen und sie vernichten. Kupfervitriol, Kupferkalkbrühe,
Blausäurezubereitungen, Arsen- und Bleiverbindungen, in neuerer
Zeit Kohlenteerabkömmlinge aller Art, werden in Abwechselung
nicht einmal, sondern 5 bis 7 Mal im Laufe des Jahres über die Obst-
bäume im Winter, vor und nach der Blüte, ja, gegen die Obstmaden
noch einmal, wenn das Obst oft schon ansehnliche Größe erreicht hat,
über die Blätterkrone verspritzt. Am schlimmsten haust man mit den
Spritzmitteln in den Weingärten und Weinanbaugebieten, da diese
Ja auch entsprechend mehr mit Fäkalien usw. gedüngt wurden. Die
Spritzmittel werden nur in ganz geringen Verdünnungen gegeben,
heißt es, etwa 1 kg gelöstes Konzentrat auf 100 kg Spritzflüssigkeit.
Aber die Gift Wirkung ist sehr erheblich. Jedes Insekt, das damit
in Berührung kommt oder auch nur ein Stäubchen davon frißt,
stirbt daran. Frißt dann ein Vogel diese von Gift getöteten Insekten,
dann stirbt auch er. Aber dem Menschen schadet es absolut nichts,
wenn er einen Apfel ißt, der mindestens zweimal während seines
Wachstums mit einer feinen Gif thaut überzogen wurde. So behauptet
man wenigstens. Glaubt man denn wirklich, daß das Gift nur auf
der Haut des Apfels bleibt? Weiß man denn wirklich nicht, daß
Giftspuren von Arsen, Kupfer, Blei und Kohlenteerpräparaten auch
in das Innere des Fruchtfleisches dringen. Weiß man oder ahnt man
wirklich nicht, daß diese Gif tspuren, einmal an den Apfel angespritzt,
diesen durchdringen und im Apfel stecken bleiben genau so, wie sie,
einmal in den menschlichen Körper hineingebracht, kaum wieder
daraus zu entfernen sind und im Laufe der Zeit ihre Giftwirkung
summieren? Man spritzt doch auch nur zu solchen Zeiten, wenn mög-
lichst kein Regen fällt, damit das Gift nicht gleich wieder abge-
waschen wird, sondern gut haften bleibt und seine Wirkung tun
kann. Ja, die amerikanischen Züchter sind darauf erpicht, die
Früchte selbst zu bespritzen, damit sie haltbar werden und bei Un-
tersuchungen vor 1933 wurden in deutschen hygienischen Instituten
von 15 derart behandelten Äpfeln 13 mit bedenklichem Gehalt an
Arsen- und Bleiverbindungen festgestellt. Da nützt auch das Schälen
nichts. Aber es sind ja nur geringe Mengen und nach dem Genuß
werden ja nicht gleich tödliche Vergiftungen festgestellt und gemel-
det. Wer aber denkt daran, nach Genuß solchen Obstes Magen ver-
246
Stimmungen, Aufstoßen, Brechreiz, Darmschmerzen, Blähungen mit
Durchfall mit dem Verspeisen des Obstes in Verbindung zu bringen?
Wie oft aber treten solche Erscheinungen ein, und man sucht dann
vergeblich nach den Ursachen. Wer aber kommt auf den Gedanken,
solche vorübergehenden Verstimmungen mit irgend einer gesund-
heitspolizeilich noch eben zugelassenen Lebensmittelverfälschung
und -Vergiftung zum Zwecke der Haltbarmachung und Verschöne-
rung des Obstes in Zusammenhang zu bringen?
Früchte kommen oft von Kalifornien, Südafrika usw. nach Europa
zum Versand. Wer könnte da das Risiko des Verderbens auf dem
wochenlangen Wege übernehmen? Das Risiko sucht man auszuschal-
ten durch Präparieren der Früchte. Die amerikanischen Äpfel,
Birnen usw. werden mit einer feinen Paraffinschicht überzogen, oft
arsenhaltig, wenn auch nur in Spuren; deshalb das schöne Aussehen,
wie frisch gepflückt. Weintrauben taucht man vor dem Versand in
flüssiges Wachs, dieselben Weintrauben, die man am Stock mit
Schwefelpulver bestreut, mit Bordelaiser Brühe oder Kupfervitriol-
Kalkbrühe bespritzt und deren Boden man mit Petroleum und
Schwefelkohlenstoff gegen die Reblaus behandelt hatte. Die chemi-
sche Behandlung erzeugt eine harte Schale und unangenehmen, oft
beißenden Geschmack. Man konserviert durch Eintauchen in eine
Mischung von Wachs, Harz, Gelatine und Schwefel, in neuerer Zeit
durch Eintauchen in eine Lösung aus Salz und Mischungen aus Ben-
zoesäure, Ameisensäure und schweflige Säure. Man legt weiche
Früchte in eine Formalinlösung. Dadurch erhalten sich Früchte wie
Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche tage- und wochenlang wie frisch ge-
pflückt. Wenn nicht gleich Schäden eintreten, so müssen die Gift-
spuren, die oft in bedenklichen Mengen vorhanden sein können, doch
immer durch die Nieren ausgeschieden werden. Das ist nicht nur
eine Mehrbelastung der Nieren, sondern die feinstofflichen Haar-
röhrchen der mikroskopisch feinen Destillierschlangen derselben
verziehen sich unter dem Einfluß der Gifte und werden undurch-
lässig. Der Schaden ist kaum wieder zu reparieren. Freie anorgani-
sche Säuren in den Nieren führen zu gesteigerter Quellung der Ge-
webe und machen dadurch die Nieren untüchtig. Verstehen wir jetzt
vielleicht die Ursache der vielen, vielen Nierenleiden nach dem Ge-
nuß von Obst und Früchten aller Art, besonders des ausländischen?
Im Jahre 1927 und 1928 betrug der Wert der eingeführten Früchte
nach dem Statistischen Amt über 400 Millionen RM. Was sind da für
unglaubliche Mengen an Konservierungsgiften aller Art mit herein-
gekommen und was für Spritzmittel müssen schon vor dem Versand
drin und dran gesteckt haben? Alles aber wurde begierig vom deut-
schen Volke aufgenommen und verzehrt.
Da nicht alle Obstsorten haltbare Früchte liefern, so sorgt die
Hausfrau im Herbst für Trockenobst aller Art zur späteren Ver-
wertung, so war es wenigstens früher einmal. Was die Hausfrau sich
dann an Äpfeln und Birnen in Scheiben oder Schnitzeln trocknete,
247
das sah schrumpelig und unansehnlich aus, es hatte eine braune,
dunkle Farbe und war erst nach langem Weichen zu gebrauchen. Die
Zwetschgen waren hart und klein. Doch half sich die Hausfrau zum
Kompott als Nachspeise mit derart getrockneten Früchten. In neuerer
Zeit hat sich die Lebensmittelindustrie der verschiedenen obsterzeu-
genden Länder der Sache angenommen, und es gibt heute die ver-
schiedensten Arten getrockneten Obstes aller Art in Mengen zu kau-
fen. Aber wie kommt es wohl, daß die Ringäpfel so hell und weiß
aussehen und schmiegsam und weich sind, ganz anders als Selbst-
Getrocknetes? Die Pflaumen sind glänzend schwarz und weich, ja
saftig, und die Aprikosen und Pfirsiche machen gar keinen schlech-
ten Eindruck. Forscht man nach, so finden sich folgende Behand-
lungsweisen:
Die Ringäpfel werden entweder auf Zinkdrahtnetzen getrocknet
oder mit Zinkpuder bestrichen. Es entwickelt sich dann das gesund-
heitlich so äußerst bedenkliche Zinkeiweiß. Dieses giftige Metalloxyd
gibt den Ringäpfeln die schöne weiße Farbe und konserviert gleich-
zeitig. Wie lange wird sich die Hausfrau und der Importeur vom
Schein trügen lassen? Das Trocknen in der Sonne ist inzwischen
immer mehr verdrängt worden durch die großen Dampftrocknungs-
apparaturen, in denen bei mäßiger Hitzeeinwirkung unter gleich-
zeitiger Wasser dampf an Wendung die Früchte nicht so sehr geschädigt
werden wie bei scharfer Hitze. Leider gehen bei diesem Verfahren
nicht nur das überschüssige Wasser, sondern auch aromatische Stoffe
fort, der Zucker beginnt sich zu verwandeln und die Vitazyme wer-
den zerstört. Der gesunde Gehalt der Früchte ist zum Teil verloren
gegangen.
Backpflaumen, richtiger Zwetschgen, werden vor dem Trocknen in
eine Lauge getaucht, damit die Haut rissig wird un$ dadurch das
Trocknen schneller vor sich geht. Nach dem Trocknen werden die
Früchte dann in geschlossenen Apparaturen gedämpft. Dadurch wer-
den sie weicher und saftiger und erhalten die schwarz glänzende
Haut.
Zur Erzielung größerer Haltbarkeit und einer gefälligeren Be-
schaffenheit werden die Früchte in neuerer Zeit fast ständig mit
schwef eliger Säure behandelt. Birnen, Aprikosen, Pfirsiche, Prünellen,
Pflaumen, Zwetschgen, Walnüsse, Rosinen, vor allem aber die
schönen weißen Ringäpfel werden ausgiebig geschwefelt. Die Früchte
werden in Räumen untergebracht, wo Schwefel verbrannt wird. Da-
bei entsteht schweflige Säure. Diese ungesättigte schweflige Säure
entzieht allen Früchten den erreichbaren Farbstoff und verwandelt
die dunkle, unansehnliche Farbe in eine hellere Tönung.
Diese Schwefelung des Trockenobstes dient einem doppelten
Zweck. Es ist eine Notmaßnahme gegen Maden und Käferfraß. Alle
Insekten sind Geschöpfe aus Phosphor und Ammonium. Schon
kleinere Mengen von schwefligen Säuregasen vernichten alle Insek-
ten, ihre Larven und ihre Brut, da Phosphorverbindhngen durch die
248
unvollständigen Schwefelverbindungen in der schwefligen Säure sehr
leicht zerstört werden. Nun bleibt von der schwefligen Säure nur ein
geringer Teil am Obst haften und diese Spuren der Säure gehen
Verbindungen mit dem Zuckergehalt der Früchte ein. Es bleibt keine
freie, fressende Säure zurück. Nun sind seit der Entdeckung und
Entwicklung von Schwefelverbindungen in der Art der Sulfonamide
diese als sehr heilkräftig im Lebensbetrieb des Körpers festgestellt,
was nicht bestritten werden kann. Auch ist bekannt, daß Schwefel-
salben und Schwefelbäder z. B. im Kampf gegen Hautkrankheiten
wie Sporiasis und gegen Hautunreinigkeiten und Befall durch Schma-
rotzer wie Krätzmilben sehr wirksam sind. Warum also das große
Geschrei, das in letzter Zeit gegen die Schwefelung des Trocken-
obstes als so sehr schädlich erhoben wird. Etwas muß zur Bekämp-
fung von Insektenfraß getan werden, sonst würde eine einwandfreie
Lagerung nicht möglich sein. Wäre die Schwefelung durch Hinein-
bringen des Trockenobstes in Räume, in denen Schwefel abgebrannt
wird, das Schlimmste bei der Herrichtung von Rosinen und Trocken-
obst aller Art, dann wäre der Schaden nicht schlimm. Aber es wird
im Versuch, das Aussehen des Trockenobstes zu schönen, noch manch
anderer Trick benutzt. Aber die Hersteller von Trockenobst haben
auch von den Bestrebungen der Gesundheitsbehörden und den
Reformbestrebungen in den Verbrauchergebieten gehört und behan-
deln das anzubietende Trockenobst nicht mehr gar so ausgiebig und
gesundheitsschädigend mit schwefliger Säure, wie es in vergangenen
Jahren der Fall war.
Da ist z. B. vor und während des ersten Weltkrieges die künstliche
Trocknung im „Dehydrator“, zu deutsch dem „Wasserentzieher“, ent-
wickelt worden. Diese Apparatur ist gebaut wie eine niedrige, lang-
gestreckte Scheune aus Wellblech. Die zu trocknenden Früchte wer-
den, in entsprechende Schalen und Behälter gelagert, auf dem laufen-
den Band durch den Schuppen in etwa 10 bis 15 Stunden, je nach der
Art der Frucht, langsam hindurchbewegt. Am Ende des Ganges wer-
den sie automatisch gedreht und gehen durch den anderen Teil des
Doppelganges in weiteren 10 bis 15 Stunden an das Eingangstor zu-
rück. Durch diesen Tunnel wird ein warmer Luftstrom von etwa
60 Grad hindurchgeblasen, der in gewissem, abgestimmten Ver-
hältnis feucht gehalten wird. Dieser feuchtwarme Luftstrom entzieht
der Frucht das Wasser besser und gleichzeitig schonender als die bis
dahin nur angewandte Sonnentrocknung. Bei der Sonnentrocknung
sind die Erzeuger zu sehr an die klimatischen Verhältnisse gebunden,
die in Kalifornien sehr wechselvoll sind, während in Griechenland,
der Türkei und dem Orient die Sonnentrocknung noch heute ge-
bräuchlich ist. Die Sonnentrocknung ist in einer Weise vorzuziehen,
aber sie ist doch wieder sehr unsauber und zieht das Ungeziefer an,
neben dem Staub u. a., was im Freien nicht zu vermeiden ist. Das
fertige Trockenobst muß deshab vor der Verpackung noch gereinigt
und im Aussehen verbessert werden. Im Orient und in Griechenland
249
geschieht das nach der leichten Schwefelung zur Ungeziefervertrei-
bung und -Bekämpfung durch Reinigen und nachfolgendes ölen. Das
ist der Grund, warum griechische und türkische Rosinen immer etwas
ölig sind. Die kalifornischen können, wenn der Erzeuger darauf
achtet, bei so mäßiger Wärme im Dehydrator getrocknet werden, daß
nur wenig Schaden angerichtet wird. Derart getrocknete kalifornische
Früchte sind frei von Ungeziefer und sauber. Sie sind auch nicht
hart geworden, sondern behalten bei richtiger Handhabung der Appa-
ratur eine gewisse Weichheit und in gewisser Weise auch noch
einen Teil des natürlichen Geschmackes der frischen Frucht. Maß-
geblich beteiligt an der Entwicklung dieser Trocknung im Dehydra-
tor war und ist Otto Carque, Inhaber der Firma „Carque Pure Food
Company, Inc., Los Angeles, Cal.“ Er beschreibt die ganze Methode
sehr eingehend in seinem Buch „Rational Diet“, Rationelle Ernäh-
rung. Wenn die ganze Methode der Trocknung in dieser neuartigen
Weise richtig durchgeführt wird, dann brauchen die Früchte nicht
geschwefelt zu werden. Allerdings muß dann die Verpackung so er-
folgen, daß während der Lagerung und der Verschiffung kein Unge-
ziefer Zugang zu den Früchten erhält. Das aber ist nicht immer
leicht. Es wird erreicht durch Verpacken in Pappkartons, die nachher
gut verleimt werden.
Die Walnüsse werden im Orient und auf dem Balkan nach dem
Herunterfallen von den Bäumen nur getrocknet und kommen dann
„natural“ zum Versand. Der ursprüngliche süße Geschmack der Nuß
wird dadurch erhalten, aber die Nuß hält sich kaum von einem Jahr
zum anderen. Die französischen Walnüsse werden nach der Ernte
vorgetrocknet, in einem Wasserstrahl gereinigt und dann in Räume
hineingehängt, in denen Schwefelfäden verbrannt werden. Die ent-
stehende schweflige Säure bleicht dann die Schale, ohne daß der Kern
bei heilen Nüssen davon betroffen wird. Die dünne Haut um das
Fleisch der Nußkerne ist bei französischen Nüssen etwas bitterer als
bei den orientalischen Nüssen. Bei offenen Walnüssen wird der Kern
angegriffen, bei geschlossenen nicht. Bei guten Nüssen besteht daher
trotz der Schwefelung keine Gefahr der Vergiftung durch schweflige
Säuredämpfe.
Wenn man sicher wäre, daß das Trockenobst außer der Trocknung
und den vorbeschriebenen Verfahren nicht noch mit chemischen Mit-
teln zur Konservierung und zur Verschönerung behandelt wäre, dann
wäre nichts dagegen einzuwenden. Vor jeder künstlichen Behand-
lung mit chemischen Mitteln muß man sich hüten, wenn man auf ge-
sundheitlichen Wert bedacht ist. Besonders gefährlich für den Ver-
braucher aber ist die Überarbeitung und Wiederauffrischung von
durch zu lange Lagerung oder aus sonstigen Gründen schlecht ge-
wordenem Trockenobst. Derart behandelte Ware wird oft weit unter
dem normalen Preis angeboten und unbesehen gekauft. Wenn man
auch nicht gleich daran stirbt, so besteht doch die Gefahr, daß durch
tägliche Häufung auch geringster Mengen chemischer Gifte schwere
250
und oft unerklärliche Gesundheitsstörungen entstehen können. Der
Gebrauch von Kunstfarben ist besonders gefährlich, da alle Farb-
stoffe und alle Chemikalien aus Teerabkömmlingen heute als krebs-
zeugend erkannt und gefürchtet sind.
Obstkonserven
Aber das Obst wird nicht nur zur Konservierung getrocknet, son-
dern in noch größeren Massen als Konserven in Dosen in den Handel
gebracht. 350 000 Tonnen inländisches, über die doppelte Menge an
ausländischem Obst aus den USA, Mexiko, Kanada, Brasilien, Argen-
tinien, Chile, Südafrika, Georgien, Griechenland, Türkei und den
Balkanländern wurden vor dem Kriege jährlich in Deutschland zu
Obstkonserven oder Marmeladen verarbeitet. Was sind nun Obst-
konserven? Alle Vorarbeiten zur Konservierung geschehen rein
maschinell, sogar das Enthäuten der Pflaumen. Zu diesem Zweck
werden die zu schälenden Früchte zunächst in eine heiße Natronlauge
gelegt und oberflächlich wieder getrocknet und dann einige Minuten,
je nach Art der Früchte, in eine kochende bis 10°/oige Natronlauge
getaucht. Nachher kann man dann die Haut oder die Schale durch
fließendes Wasser ab waschen. Die oft zähe Haut der Früchte wird
durch die Lauge gelöst, wird aber die Lauge, die doch auch die
menschliche Haut und vor allem die feinen Schleimhäute der inneren
Organe angreifen wird, durch das Waschen restlos wieder entfernt?
Glaubt man wirklich, daß diese Behandlung tatsächlich unschädlich
ist?
Die Früchte werden dann in Kupfer-Blanchierkesseln vorgekocht,
also blanchiert. Dabei verlieren sie die Farbe und müssen des besse-
ren Aussehens wegen wieder aufgefärbt werden. Grüne Früchte wer-
den durch Zusatz von Kupfersulfat gegrünt und alle anderen durch
entsprechende Teerfarbstoffe „leicht gefärbt* 4 . Die Farbstoffe wirken
zwar nicht sofort tödlich, aber man bedenke doch die gehäufte Wir-
kung im Laufe der Jahre auf die Nierentätigkeit. Nach dieser Vor-
behandlung werden die Früchte in Dosen gefüllt und mit einer
Zuckerlösung bedeckt oder vorher noch in einer starken Zuckerlösung
gekocht und dann eingelegt.
Was der Zucker ist, werden wir noch erfahren. Hier interessiert
uns nur noch, was nun geschieht. Die Dosen werden verschlossen
und nun in Autoklaven bei 100 bis 104 Grad Hitze bis IV2 Stunden
sterilisiert. Nach allem, was über die Einwirkung der Siedehitze auf
die Nahrungsmittel in diesem Buche schon gesagt wurde, erübrigt es
sich, noch des näheren darauf einzugehen. Was noch an Nahrungs-
werten vorhanden sein könnte, das wird bestimmt vernichtet sein,
aber das genügt trotz allem noch nicht zur Haltbarmachung auf un-
bestimmte Zeit. Eine Keimfreimachung wird wohl auf diese Weise
erzielt, nicht aber die Zerstörung der Pilzkeime, der Sporen und die
Möglichkeit der Neuentstehung derselben in den Konserven. Um
diese zu verhüten und sicher zu gehen, bedient sich die Industrie
251
und die Hausfrau gleicherweise der Salizylsäure als Konservierungs-
mittel. Salizylsäure wird durch Einwirkung von Kohlensäure aus
Karbolsäure und Ätznatron gewonnen. Sie erweist sich als schweres
Reizgift für Schleimhäute, Blutgefäße, Nieren und alle Organe. Auch
kleinste Mengen, immer wieder in den Körper gebracht, können
schlimme Wirkungen hervorrufen und doch scheint man ohne Salizyl-
säure heute nicht mehr leben zu können. Was ist das Ergebnis?
Bekannte Erscheinungen sind: Entzündungen der Haut und vor
allem der Schleimhäute des Mundes und der Kiefer und daraus ent-
stehende Erweichung der Zähne, im Magen Reizwirkung bis zu
Schleimhautgeschwüren, Reizung der Nieren zu starkem Harndrang.
Salizyl ist ein starkes Nierengift, das zu Nierenblutungen Veranlas-
sung gibt. Es entsteht Reizung aller Schleimhäute bis zu Blutungen.
Anormale Blutungen der weiblichen Geschlechtsorgane finden oft nur
in der Verwendung von Salizyl als Konservierungs- oder Heilmittel
ihre Erklärung. Das Herz beginnt stark unregelmäßig zu arbeiten.
Aile Lungenkrankheiten werden durch Salizyl verschlimmert. Die
Sinnesorgane erleiden eine Schwächung, bekannt ist das Ohrensausen
als Folge. Am folgenschwersten aber wirkt sie sich auf das Nerven-
system aus. Fast alle nervösen Störungen bis zu Tobsuchtsanfällen
können Folgen des Salizyls sein. Seine schädlichen Nebenwirkungen
sind so mannigfaltig wie wohl bei wenigen anderen chemischen Prä-
paraten, und trotzdem dieser allgemeine Verbrauch im Haushalt und
in der Industrie. Es wirkt halt langsam schleichend und schmerzlos,
bis es zu spät ist.
Da die desinfizierende Kraft der Salizylsäure oft nicht ausreicht, die
Obstkonserven von allen pilzlichen und bakteriellen Sporen zu be-
freien und die Entstehung neuer zu verhindern, so vereinigt man
diese Säure mit anderen konservierenden Mitteln, z. B. mit benzoe-
saurem Natrium, das schon in Mengen von 1 Gramm auf ein Liter
gut wirksam sein soll. Benzoesäure enthaltende Mittel für Obst-
konservierung sind: Benzoazyt, Benzoitol und Benzotron-Einmach-
tabletten. Auch Mikrobin (chlorbenzoesäures Natrium) wird häufig
an Stelle von benzoesaurem Natrium genommen. Mischungen aus
Benzoesäure, Ameisensäure und schwefliger Säure sollen auch sehr
wirksam sein. Ameisensäure wird auch allein, aber in größerer Menge
gebraucht, um die gleiche keimtötende Wirkung hervorzubringen.
Die charakteristische Giftwirkung der freien Säuren besteht in
ihrer Fähigkeit der Quellung von allem Protoplasma oder kolloiden
Eiweißkörpern. Das ist ja auch der Zweck der freien Salzsäurelösung
im Magen bei der Verdauung der stickstoffhaltigen Eiweißstoffe des
Fleisches usw. Ihre Wirkung zeigt die Ameisensäure offensichtlich
beim Insektenstich durch das Aufquellen der betroffenen Hautstellen.
In den Konserven zerstört sie durch diese Wirkung die Lebensfähig-
keit des Keimplasmas. Sie zerstört aber gleichzeitig alle Plasma-
stoffe im Obst und den zu konservierenden Sachen. Freie Säuren im
Magen, die nicht an den pepsinhaltigen Magensaft gebunden sind,
252
wirken sich aber ganz anders aus als die Magensalzsäure. Freie Säu-
ren werden in ihrer fressenden Wirkung nur gehemmt, wenn sie
durch basische Erdmineralien wie Kalk, Kalium, Natrium u. a. in
neutrale Salze umgewandelt werden. Finden sich in der präparierten
Konserve keine solchen, so greifen sie die Magen- und Darmschleim-
häute an, um sich an dem Mineralstoffgehalt dieser zu neutralisieren.
Dabei werden die Magen- Darmschleimhäute angegriffen und ver-
ätzt. Die Folgen möge sich der Leser selbst ausdenken.
Aber auch diese Zusätze an freien Säuren genügen nicht immer,
um Bombagen und damit Verluste für die Fabrik und den Vertrieb
zu verhindern und so greift der Fabrikant zu noch stärkeren Mitteln.
Es ist schon Natriumfluorid und Kryolith, ein ausgesprochen giftiges
Aluminiumsalz, in den Konserven gefunden worden. Wenn der Zu-
satz auch nur sehr gering ist, so genügen in der Homöopathie erwie-
senermaßen schon hohe Verdünnungen, um ausgesprochene Wirkun-
gen auszulösen. Hier aber sind die Zusätze noch immer in Gramm
auszudrücken, also nicht zu unterschätzen. Das Gesetz aber gibt dem
Hersteller die Möglichkeit, diese schweren Gifte zur Konservierung
zu verwenden, wenn der Zusatz klar und deutlich auf dem Etikett
vermerkt, d. h. „deklariert“ wurde. Ameisensäure und Benzoesäure
dürfen auch ohne Deklaration zugesetzt werden. Welche Hausfrau
hat wirklich schon einmal eine derartige Deklaration auf dem Etikett
der Dosen beachtet? Wenn sie diese wirklich zur Kenntnis genommen
hätte, was soll sie sich darunter vorstellen und was kann sie daraus
schließen? Hat sie denn genügend chemische Erfahrung, um zu wissen,
oder auch nur zu ahnen, daß das verzeichnete Mittel auf der Dekla-
ration die Anwesenheit eines schweren Giftes in der Konserve be-
deutet? Woher soll sie denn wissen, daß Salizylsäure, benzoesaures
Natrium, Mikrobin, Albenal, Ameisensäure und Natriumfluorid
schädliche, ja, ausgesprochen giftige Beimengungen sind, die als
Keimgift wirken und deshalb das Schlechtwerden verhindern? Oder
weiß der Krämer und der kaufmännische Angestellte, daß er seiner
Kundschaft mit Giften versetzte Konserven anbietet und verkauft?
Was sich hinter der Deklaration verbirgt, ist doch Fabrikgeheimnis.
Marmelade
Einen billigen Brotaufstrich liefert die Marmelade, die dem Käufer
in Gläsern, Blechdosen und Blecheimern angeboten wird. Der deut-
sche Soldat beider Weltkriege kennt sie zur Genüge. Was ist Mar-
melade?
Die vorsorgende Hausfrau und Mutter sucht für ihre Familie einen
billigen Brotaufstrich zu beschaffen. Sie stellt sich zu dem Zweck
stundenlang an den heißen Herd und verkocht die gewaschenen und
verlesenen Beerenfrüchte des Sommers, bis sie breiweich sind und
die Kerne sich vom Fruchtfleisch getrennt haben. Dann schüttet sie
gewichtsmäßig die gleiche Menge oder etwas weniger weißen Zucker
hinzu und kocht noch einmal, bis die ganze zuckersüße Masse gelier-
253
fähig geworden ist. Dann füllt sie in Gläser ab und bindet mit Papier
zu. Die erstarrte verzuckerte Fruchtmasse ist die beliebte Frucht-
marmelade, die in früheren Zeiten im Haushalt selbst hergestellt
wurde.
Machen wir uns klar, welch einem Selbstbetrug die Familie zum
Opfer fällt, wenn sie glaubt, darin einen idealen Brotaufstrich zu
besitzen. Was heißt Brotaufstrich? Wir sahen bei der Entstehung der
Brot- und Getreidekrankheiten, wie unrichtig es ist, seinen Gaumen
durch derart verzuckertes Zeug zu betrügen, die Saftabsonderung des
Mundes und des Magens zu verwirren und dann zu glauben, daß der
Mensch mit solch einem verwirrenden Speisegemisch eine aufbauende
Nahrung erhalte. Zu den Schäden, die dem Brotgenuß folgen wer-
den, tritt nun noch der Schaden, den das durch Kochen wertlos ge-
machte Obst und der Zucker im Körper anstiften. Aber die Hausfrau
hütet sich doch, bei der Herstellung dieser Marmeladen, noch offen-
sichtliche Gifte zur Haltbarmachung zu verwenden, da eine richtig
hergestellte Marmelade bei richtiger Aufbewahrung sehr lange halt-
bar ist.
Was aber hat die Industrie daraus gemacht? Eine sauber und ge-
wissenhaft hergestellte Marmelade müßte nach den gleichen Regeln
hergestellt werden, wie sie oben beschrieben wurden. Aber eine solche
Herstellung würde viel zu kostspielig werden, um ein Konsumartikel
für die Masse zu sein. Wie wird deshalb der billige Brotaufstrich,
Marmelade genannt, hergestellt?
Marmelade braucht erst dann als Kunstmarmelade bezeichnet zu
werden, wenn sie mit mehr als 25 °/o Obstrückständen aus anderen
Fabrikationszweigen der Obstverwertung hergestellt ist oder an
Stärkesirup oder anderen Ersatzbestandteilen mehr als 50 °/o enthält.
Was diese Prozentsätze nicht erreicht, gilt als gute Fruchtmarmelade
und die Hausfrau ahnt bestimmt nicht, was sich dahinter verbirgt.
Obstrückstände aller Art, Kerngehäuse und Kerne, Preßrückstände
aus der Obstsaftbereitung, Himbeerkerne und Johannesbeertreber
und was noch, Südfruchtschalen, nicht mehr ganz Einwandfreies,
alles geht in die Marmelade. Die eigentliche Grundsubstanz sind die
verschiedenen Fruchtpulpen, d. h. konserviertes Fruchtfleisch in
Eimern, das alle die konservierenden und zerstörenden Vorgänge
schon hinter sich gebracht hat, von denen oben bei den Fruchtkonser-
ven die Rede war. Da der deutsche Marmeladenfabrikant nicht auf
gleichmäßige Ernten rechnen kann und überhaupt in Deutschland
bisher nicht genügend angebaut wurde, ist er notgedrungen auf die
ausländischen Pulpen angewiesen und da diese im Aussehen, Ge-
schmack und Gelierkraft so gut wie alles eingebüßt haben, so muß
das alles künstlich ersetzt werden. Den Geschmack verleihen Wein-
säure und Essenzen, das Gelieren wird erzielt durch Zusatz von Ge-
liermitteln aller Art. Die „giftfreie, unschädliche“ Farbe aber liefert
die Teerfarbenfabrik.
Die Hauptmasse der Marmelade besteht aus Zucker, der zum Teil
254
durch Stärkesirup ersetzt werden kann. Über Zucker werden wir noch
zu reden haben. Wie Stärkesirup entsteht, erfahren wir im folgenden:
Grundsubstanz ist in Deutschland die Kartoffelstärke, in Amerika
die Maisstärke. Die Stärkemilch kocht man in verdünnter Schwefel-
oder Salzsäure. Nach Neutralisation mit kohlensaurem Kalk, Filtra-
tion in Kohlenfiltern, nach Konzentration und Konservierung ent-
steht als Endprodukt der zähklebrige Stärkesirup, der, mit einigen
Geschmackstoffen, Essenzen und Farben versetzt, allein schon als
Marmelade gelten kann. Würde man die Hydrolyse weiter führen,
so würde aus dem Stärkesyrup der Stärkezucker entstehen. Dieser
wird tatsächlich hergestellt und als „Traubenzucker“ nicht nur in den
Handel gebracht, sondern als Arzneimittel verwendet und verschrie-
ben. Die menschliche Natur muß über ungeheuerliche Regenerations-
kräfte und Fähigkeiten verfügen, wenn sie selbst bei schwächlichen
Konstitutionen fähig ist, solche Stoffe noch verhältnismäßig gefahrlos
über sich ergehen zu lassen.
Das Einkochen der Fruchtmasse erfolgt dann bei 100 bis 120 Grad
in Kochapparaten aus Kupfer. Die Konservierung wird unterstützt
durch Salizylsäure, Benzoesäure, benzoesaures Natron und Frisch-
erhaltungsmittel mit Fantasienamen, die aus diesen Stoffen herge-
stellt wurden.
Ein solches Obstfabrikat hat doch mit dem ursprünglichen Obst,
mit dessen Namen und Aroma es versehen ist, nichts mehr zu tun.
Es enthält außer dem Zucker oder dem Zuckerersatz doch höchstens
nur ein Viertel seiner Masse an Fruchtrückständen und ein Viertel
an Fruchtpulpen.
Fruchtsäfte
In meiner Kindheit kaufte die Mutter in großen Mengen zur Som-
merzeit Beerenobst und Steinobst aller Art und machte daraus Säfte,
die im Winter zu Suppen und Getränken verbraucht wurden und der
Stolz der Hausfrau waren.
Wozu werden diese mit soviel Mühe und Arbeit am heißen Herd
hergestellten Fruchtsäfte aus Beerenobst und weichen Früchten be-
nutzt? Überlegen wir uns das richtig. Da wird aus Getreideerzeugnis-
sen eine Grütze gekocht, die als Vorspeise dienen soll, oder ein Mehl-
pudding oder Auflauf für den Nachtisch. Um nun den trostlosen Ge-
schmack dieser Gerichte dem Gaumen angenehmer zu machen, ver-
sucht die Hausfrau der Familie oder den Gästen durch die Zugabe
der Obstsäfte einen Fruchtgeschmack vorzutäuschen. Der verkochte
Fruchtsaft in Verbindung mit Zucker hilft, den Gaumen zu betrügen,
und das Essen wird verzehrt, mag der Magen sehen, wie er mit dem
Getreidebrei zurecht kommt. Erinnern wir uns bitte daran, daß alle
gekochten oder gebackenen Getreidegerichte an sich schon nicht vom
Mundspeichel durchweicht werden können und deshalb fast unver-
daulich sind. Durch den Zusatz der gesüßten und verkochten Frucht-
säfte wird nun die Verwirrung der Nerven, durch welche der
255
Speichelfuß und die Magensäfte zur Arbeit angeregt werden, noch
größer. Die daraus entstehenden möglichen Folgen sind in vorher-
gehenden Abschnitten klar genug erläutert. Wenn schon derartige
Folgewirkungen durch den Verzehr der mit eigenen Fruchtsäften zur
Geschmackstäuschung angerichteten Speisen eintreten, dann überlege
man sich doch einmal sehr gründlich, was von den gewerbsmäßig
hergestellten Fruchtsäften zu erwarten ist. Die gewissenhaft arbei-
tenden Hersteller von Fruchtdicksäften und Süßmostereien arbeiten
ziemlich nach den gleichen Grundgedanken wie die Hausfrau, nur die
Konservierung muß durch Sterilisation und die Verwendung der
schon oft erwähnten chemischen Zusätze intensiver durchgeführt
werden, um Lagerfähigkeit zu erreichen und Verluste zu vermeiden.
Betrachten wir aber die Herstellung der Fruchtsäfte von der Seite
der billigen Massenfabrikation her, dann sieht die Sache anders aus.
Wären alle Fruchtsäfte, die alkoholfreien und die alkoholischen, der
Wein und die Liköre und alles, was dem Namen nach aus Früchten,
Weintrauben oder Beerenobst hergestellt sein soll, wirklich aus
Früchten und Trauben, dann müßte die ganze Erde ein blühender
Obstgarten sein und die Ernte würde wohl immer noch nicht aus-
reichen, die angebotene Menge herstellen zu können. Daraus erhellt
wohl zur Genüge die Tatsache, daß die Industrie gelernt hat, eine
große Abwechselung von Fruchtsaftersatz und daraus hergestellten
Getränken usw. herzustellen. Bei diesen muß die Kunst ersetzen, was
die Natur nicht in genügender Menge hervorbringen kann. Bei der
heutigen Vielseitigkeit der Industrie fällt es auch nicht schwer, ein
Produkt billig herzustellen, das vom Naturprodukt kaum zu unter-
scheiden ist. Die ahnungslose Hausfrau ist dazu jedenfalls nicht im-
stande. Die Fabrikationsvorgänge verlaufen ziemlich nach den gleichen
Prinzipien, wie schon oft erläutert, und auch die chemischen Konser-
vierungsmittel sind die gleichen: Benzoesäure, Ameisensäure, Salizyl-
säure, schweflige Säure usw., künstliche Farbstoffe, Aromastoffe,
Farben und Stärkesirup bilden den Strauß der Grundstoffe, aus
denen das ganze aufgebaut oder ergänzt worden ist. Da bleibt noch
übrig, ein Wort über den in Gaststätten angebotenen Zitronensaft zu
bringen. Zitronensaft hält sich trotz beigefügter Konservierungsmittel
sehr schlecht und wird deshalb sehr oft ganz aus Kunststoffen herge-
stellt: Künstliche Zitronensäure, Zitronenöl, Sacharin, Essenzen, Teer-
farben, Ameisensäure und Konservierungsmittel sind die Zutaten.
Ein solches Produkt wird dann dem auf seine Gesundheit bedachten
Reformer oder Alkoholgegner vorgesetzt und wahrhaftig auch ge-
trunken.
Inzwischen ist aber eine große Industrie von Erfrischungsgetränken
aufgebaut worden. Diese Erfrischungsgetränke werden gern von Kin-
dern und reformerisch eingestellten Leuten getrunken. Es sind die
künstlichen Limonaden und Fruchtsäfte. Ursprünglich sind Limo-
naden (Limon = Zitrone) Mischungen von Fruchtsäften, Zucker und
Wasser. Da es sehr schwierig ist, solche Mischungen auf Lager zu legen
256
und frisch zu erhalten, so kommen heute fast nur Kunstlimonaden
und Brauselimonaden in den Handel. Eine Vorschrift zur Bereitung
von künstlichem Fruchtsirup sieht etwa so aus:
Süßstofflösung: Man löse 100 Gramm Dulcin in 30 1 stark-
kochendem Wasser und gebe die Abkochung nach Zusatz von 50 Gramm
Süßstoff, Sacharin, in 65 kg kaltes Wasser. Bei längerer Aufbewah-
rung muß der Haltbarmachung wegen 60 Gramm benzoesaures
Natron auf 100 1 Flüssigkeit hinzugetan werden.
Säurelösung: Weinstein- oder Zitronensäure löst man in
einem gut emaillierten Gefäße in der gleichen Menge kochenden
Wassers und filtriert die Lösung.
Farbe: 50 Gramm der gewünschten Farbe werden in einem
Liter siedend heißem Wasser unter Umrühren aufgelöst. Soll die
Farbe längere Zeit halten, so muß mit benzoesaurem Natron konser-
viert werden. Das benzoesaure Natron ist in kochendem Wasser zu
lösen.
Zu diesen Grundstoffen treten dann Wasser, Schaummittel und
Konservierungsstoffe. Zum Aromatisieren nimmt man künstlich her-
gestellte Ester: ameisensaure Buttersäure oder essigsaure Äthyl- und
Amylester, die einen obstartig aromatischen Geruch und Geschmack
besitzen. Auch salpetrigsaurer Athylester gibt einen der angegebenen
Frucht eigentümlichen Würzduft. Konzentrierte Fruchtaromate aller
Art werden heute laufend fabriziert und verkauft, auch an die Haus-
frau. Zusätze von künstlichen Schaummitteln ergänzen die Täuschung.
Diese Schaummittel sind die Saponine aus Quillajarinde, Seifenwur-
zel oder Roßkastanie. Diese Saponine sind natürliche Ester von
Zuckerarten mit aromatischen Stoffen. Sie wirken ähnlich giftig wie
die Alkaloide der Genußgifte auf Mensch und Tier, von denen noch
die Rede sein wird. Die genannten Saponine sind Blutgifte und be-
wirken die Auflösung der roten Blutkörperchen.
Das Süßstoffgesetz vom 14. Juli 1926 verbietet, daß Lebens- und
Arzneimitteln bei ihrer gewerbsmäßigen Herstellung Süßstoff zuge-
setzt wird und daß solche Genußmittel angeboten und in den Handel
gebracht werden dürfen. Von diesen Bestimmungen sind folgende
Ausnahmen gestattet: „Benzoesäuresulfinid und Dulcin dürfen ver-
wendet werden zur gewerbsmäßigen Herstellung von Limonaden
und Kunstlimonaden, alkoholfreien Kalt- und Heißgetränken sowie
Grundstoffen hierzu, ferner zur Herstellung von Essig, Mostrich,
obergärigem Bier, Eßoblaten, Kautabak und Kaugummi.“
Das, was wir soeben in seine giftigen Grundstoffe zerlegten, ist ein
Genußmittel, das öffentlich angeboten und an heißen Tagen viel ge-
trunken wird. Ironie des Schicksals: Kranke und Schwache, die keinen
Alkohol vertragen können und Lebensreformer und Alkoholgegner,
die da glauben, auf ihre Gesundheit achten zu müssen und bemüht
sind, alles Schädliche fernzuhalten, trinken mit der Limonade unbe-
kömmliche Gift- und künstliche Duft- und Farbstoffe. Sie können es
17 Sommer, Ernährung
257
nicht wissen, daß solche Erzeugnisse in die Gruppe der alkoholfreien
Erfrischungsgetränke eingereiht sind und verkauft werden dürfen.
Gemüseanbau
Über den Wert des Rohgemüses in jeder Art ist in diesem Buche
schon soviel gesagt worden, daß es keines weiteren Hinweises mehr
bedarf, und doch muß immer wiederholt darauf hingewiesen werden.
Das biologisch richtig angebaute Gemüse, das grüne sowohl als auch
das Wurzelgemüse ist die wertvollste und durch nichts zu ersetzende
Nahrung für Mensch und Tier. Die grünen Kräuter und das Wurzel-
gemüse sind gesättigt mit allen erdigen Grundstoffen, den Erdmine-
ralien aller Art, den Vitazymen und pflanzlichen Hormonen, den
Enzymen und Anregungsstoffen aller Art, ohne die das Leben des
Menschen einfach verkümmern würde und ein gesundes, kräftiges
und ausdauerndes Schaffen überhaupt unmöglich wäre. Es ist die
Quelle reinster und bester Gesundheit und höchster Lebensfreude
und Schaffenskraft, wenn der Mensch es so genießen würde, wie es
Gott geschaffen hat, ungekocht und unbehandelt. Es wächst und ge-
deiht auf dem Erdboden in großen Massen und immer wechselnden
Arten. Alle Menschen und alles Getier auf Erden könnten sich daran
satt essen, wenn der Mensch die Gesetze seiner Lebenserhaltung
nicht auf den Kopf gestellt hätte und darauf bestände, sich vom
Fleisch der Tiere und von Erzeugnissen des tierischen Lebens zu er-
nähren. Mit dem Übergang zum Verzehr der vom Tier stammenden
Genußmittel ging eine mehr oder minder ausgeprägte Geringschät-
zung der pflanzlichen Nahrungsmittel, besonders der Gemüse und
Wurzelgemüse, Hand in Hand. Es sank von dem hohen Ansehen der
natürlichen Nahrung für Mensch und Tier herab zu einer bloßen Er-
gänzung der begehrten vom Tier stammenden Genußmittel. Die Ge-
ringschätzung des Nahrungs wertes der Gemüsenahrung wurde er-
gänzt durch eine unnatürliche, lebenzerstörende Zubereitungsart der-
selben. Man kochte die Gemüse breiweich, zerstörte dadurch den
feinstofflichen, biologisch richtigen, lebenskräftigen und lebenerhal-
tenden Aufbau der Pflanzenfaser selbst und vernichtete alles Leben
und alle aufbauenden und lebenerhaltenden Stoffe darin. Man aß
und ißt dann eine ausgelaugte, zerkochte, chemisch veränderte und
geschmacklose Masse von Zellulose, die man durch Salzen und Wür-
zen und Hinzufügen von Fleisch oder Speck überhaupt erst wieder
in eine genießbare Speise zu verwandeln sucht. Man entwertet durch
die Zubereitung das edelste Nahrungsmittel, das auf Erden wächst
und wundert sich dann, wenn das Menschengeschlecht langsam ver-
kümmert und entartet und in Krankheit und Elend zu versinken
droht.
Aber man begnügte sich nicht mit dem Erfolg dieser folgenschweren
Änderung der Ernährungsgrundsätze. Man brachte es zuwege, durch
die Einführung des Monopols am Boden, des Bodenbesitzrechtes, einen
Teil der Menschen gewaltsam davon abzuhalten, sich im eigenen
258
Garten das für ihn unersetzliche Gemüse anzubauen, und schuf eine
vom Boden losgelöste, entwurzelte städtische Bevölkerung. Diese
mußte trotzdem ernährt werden, und so entstand im Lauf der Jahre
eine bodenständige ländliche Bevölkerung, die zum Verkauf be-
stimmte Nahrungsmittel anbaute und erzeugte, und eine bodenbesitz-
lose städtische Bevölkerung, die sich die notwendige Nahrung von
den Bodenbesitzenden kaufen mußte. Die Nahrungs- und Genußmit-
tel wurden dadurch Handelsartikel, die nicht mehr ihres gesundheit-
lichen Wertes wegen angebaut wurden, sondern des zu erzielenden
Gewinnes wegen. Dieser war um so größer, je schwerer und massiger
das Erzeugnis wurde. Das verführte die Menschen dazu, von dem
natürlichen Gesetz der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit abzugehen
und darauf bedacht zu sein, möglichst gewichtige, schwerwiegende
Massen zu erzielen, die ja nicht nach dem Gesundheitswert und der
Bekömmlichkeit, sondern nur nach Gewicht bezahlt wurden. So ent-
standen zur Erlangung erhöhter Profite oder erhöhter Rentabilität
durch Massenanbau die modernen Düngemethoden, die von der
Düngemittelindustrie ins Leben gerufen und durch deren Forschungs-
institute immer weiter vorangetrieben wurden.
Die natürliche Bodenfruchtbarkeit des Waldes erhält sich selbst
dauernd aufrecht und ergänzt sich selbst durch die Bodenfeuchtigkeit
und die feuchtwarme Beschaffenheit der faulenden Laubdecke. Durch
die dichte Blätterkrone überschattet, entwickelt sich im Waldboden
ein reges Leben im Humus. Dieses zersetzt nicht nur die fallenden
Blätter, sondern auch die obersten Erdschichten, so daß sich aus der
Erde immer von neuem eine mineralstoffreiche Bodengare bildet.
Holzt man den Wald ab, so entsteht eine schattenlose Steppe, in der
sich das Bodenleben und die Bodengare nicht entwickeln und er-
halten können. Damit hört der natürliche Ersatz der durch den Pflan-
zenwuchs verbrauchten und abgeernteten Mineralstoffe auf und die
Fruchtbarkeit läßt von Jahr zu Jahr nach. Dieses Gesetz der ab-
nehmenden Bodenfruchtbarkeit des Ackerbodens nach Abholzung des
Waldes suchte der moderne Mensch durch die Düngung, d. h. durch
Zufuhr neuer wasserlöslicher Nährstoffe für den Boden zu über-
winden und brachte die bei der Tierhaltung abfallenden Exkremente
mitsamt der Jauche auf den Acker. Dadurch wurde zwar nicht die
sengende Kraft der Sonne auf die Stoppeln oder die gemähte Wiese
aufgehoben, aber es wurde den Pflanzen die Möglichkeit gegeben,
wasserlösliche „Nährsalze“ aufzunehmen. Gleichzeitig wirkte der
Harnstoff und die Harnsäure im Boden wie eine Peitsche. Der Stick-
stoff kann zwar die benötigten Mineralstoffe im Boden nicht lösen
und den Mangel an erdigen Grundstoffen nicht ersetzen, aber er hat
die Fähigkeit, als basische Ammoniumverbindung wie ein basisches
Mineral zu wirken und wird nun von der Pflanze als Ersatz für die
fehlenden Mineralstoffe in das Zellgewebe eingelagert. Dadurch er-
hält die Pflanze ein kräftiges, dickes Aussehen und massiges Gewicht,
aber der wirkliche Gehalt fehlt und das geerntete Korn, die geernte-
259
ten Gemüse erweisen sich als nicht so haltbar und widerstandsfähig
wie die nach dem Roden zuerst angebauten Getreide- oder Gemüse-
pflanzen.
Als dann von den Chemikern die Entdeckung gemacht wurde, daß
das menschliche und tierische Gewebe des Körpers aus Eiweißstoffen
auf gebaut war, begann, wie schon gezeigt, die scheinbar wissenschaft-
lich unterbaute Überschätzung der Eiweißstoffe als Ernährungs-
grundlage für den Menschen. Man übertrug diesen Glauben an den
Wert der stickstoffhaltigen Eiweißstoffe auch auf die Ernährung der
Pflanzen. Man brachte dementsprechend stickstoffhaltige Düngemittel
aufs Land, die zu Anfang aus Südamerika als Chilesalpeter und
Guano eingeführt wurden. Beide Mineralien sind Gebilde aus der
Vorzeit. Der Guano in seinen verschiedenen Arten und aus seinen
verschiedenen Fundgebieten ist wohl von Vogelmist überzogen, seine
Grundbestandteile aber sind besondere Ablagerungen aus dem Welt-
meer, die bei der Bildung der Gebirgszüge an die Oberfläche kamen.
Der Versuch glückte scheinbar. Die Erträge des Ackerbaues steigerten
sich durch die Anwendung der stickstoffhaltigen Düngesalze aus
Übersee zusammen mit der Entdeckung, daß die kalihaltigen Ab-
raumsalze bei der Steinsalzgewinnung die dem Boden durch Raub-
bau entzogenen Kalisalze ersetzen konnten. Auf diesen beiden Grund-
lagen baute sich die Verwendung der chemischen Düngemittel auf,
bis der erste Weltkrieg die Einfuhr von überseeischen Düngesalzen
unmöglich machte. Da mußte die inzwischen industriell ausgewertete
Entdeckung der Stickstoffgewinnung aus der Luft ersetzen, was die
Schiffe nicht mehr bringen konnten. Es begann die großindustrielle
Herstellung rein chemischer Erzeugnisse, der sogenannten Handels-
dünger. Von da an schien es möglich zu sein, die Fruchtbarkeit der
Äcker beliebig zu steigern. Aber der Schein trügt. Es gab wohl viel
Gewicht, denn die Pflanzen wurden träge und bauten die basischen
Ammoniumverbindungen der Salpetersalze oder der chemisch er-
zeugten Ammoniumsalze in ihr Gefüge ein anstelle der ohne die
Humusdecke nicht mehr zu lösenden erdigen Grundstoffe. Die Salze
der Erdmineralien, die man den ammonium- oder stickstoffhaltigen,
chemisch erzeugten Düngemitteln beifügte, kann die Pflanze nicht
gebrauchen. Die Erden bilden sich nicht aus Salzen der Erdmine-
ralien, sondern aus Mineralstof faschen. Die Gesteine, aus deren Ver-
witterung die Erden entstanden sind, bildeten sich in der Vorzeit aus
dem kristallisierten Glasfluß von wasserunlöslichen Mineralstoff-
aschen, nicht aber aus wasserlöslichen Salzen. Salze zerstören das
Leben im Ackerboden und ein von Meeresfluten überspültes Stück
Land braucht lange Jahre, ehe es wieder als Ackerland Verwendung
finden kann. Die in der einstigen Sonnenglut des Erdkörpers ver-
aschten Mineralstoffe der Erdrinde erstarrten bei ihrer Abkühlung
im Glasfluß. Die Kristallisation dieser im Glasfluß erstarrten Aschen
türmte dia entstehenden Gesteinsmassen zu Bergen und Gebirgs-
zügen. Aus der Verwitterung der Gesteine und deren Zerfall bildeten
260
sich die Erden, aus denen das Leben hervorbrach und in der Form
der grünen Pflanzen zuerst sichtbare Gestalt annahm. Aus wasser-
unlöslichen Erden und Gesteinen baut sich das Leben auf und wasser-
unlösliche Erden, Lehme, Sande und Gesteine erhalten es in ewiger
Gesundheit. Die wasserlöslichen ammoniumhaltigen Düngesalze und
die tief aus dem Schoße der Erde geholten Kalisalze fördern das
Bodenleben nicht, sie verbessern die Bodengare nicht, sondern stören
sie oft sehr empfindlich und ein Übermaß bewirkt das Gegenteil des
gewünschten Erfolges. Es läßt den Boden offensichtlich erkranken,
und mit dem Boden leiden auch die Pflanzen. Kranke Böden, stark
versäuerte und unfruchtbar gewordene Böden treten mehr und mehr
in Erscheinung; denn die wasserlöslichen stickstoffhaltigen Dünge-
salze verderben alles, was die Natur bisher so mühsam aufgebaut
hatte. Die schlimme Wirkung zeigt sich im Boden nicht von heute auf
morgen, aber im Laufe der Jahre summiert sich die krankmachende
Wirkung auch mäßiger Mengen von rein chemisch erzeugten
Düngesalzen, bis das Maß voll ist. Dann wird auch eine kräftige und
ausgeklügelte Dunggabe unwirksam bleiben und die Bodenfrucht-
barkeit trotz der sich immer wieder durchsetzenden Erneuerungs-
kraft des Bodenlebens restlos vernichtet sein. Die Versteppung, auch
des deutschen Bodens, schreitet munter fort. Wie lange noch und der
deutsche Boden wird bei Fortführung der heutigen Düngewirtschaft
und der Abholzung bald die Menge der Bevölkerung nicht mehr tra-
gen können und so verarmen wie der Boden der Mittelmeergebiete.
Noch ist es Zeit zur Umkehr, noch ist es möglich, bei natürlicher Er-
nährung der Menschen, ohne den Umweg über das Vieh und ohne
künstliche Düngesalze, die Fruchtbarkeit der in Gärten zu wandeln-
den Felder so gesunden zu lassen, daß die Erde genug hervor-
bringen wird, um alle satt machen zu können. Liebig und Haensel
erkannten die wirklichen Zusammenhänge und lehrten den Ersatz
der dem Acker entzogenen Mineralstoffe durch Gesteinsmehle. Man
vergleiche auch Julius Haensel „Brot aus Steinen“.
Schon merkt die Wissenschaft vom Ackerbau, daß es mit den 12
oder 14 Grundstoffen, die man bisher als notwendig für das Wachs-
tum der Pflanzen bezeichnete, nicht getan ist. Es fehlen die sogenann-
ten Spurenelemente, die in den Düngesalzen nicht enthalten sind und
im Ackerboden bei der neuen Düngungsart und der versteppenden
Humusdecke auch auf natürliche Weise, selbst wenn sie im Boden
vorhanden sind, nicht mehr gelöst werden können. Schon merkt die
Wissenschaft, daß es trotz guten Aussehens der Pflanzen doch am
wesentlichen fehlt. Abnahme der Fortpflanzungsfähigkeit, minder-
wertige Nachkommen bei den Tieren, die mit aus Düngesalzen er-
zeugten Futtermitteln ernährt wurden, die immer zunehmenden
Seuchen der Rinder und Schweine sind Anzeichen gestörter Nähr-
kraft der Erzeugnisse des Ackerbodens in der Viehzucht. Sehen wir
nicht die gleichen Erscheinungen im Leben der Kulturvölker? Fran-
zösische Forscher vertreten die Ansicht, daß die Steigerung der
261
Krebsanfälligkeit in Frankreich mit den Kalisalzen der Düngemittel
in Zusammenhang zu bringen ist. Bei schnell wachsenden Krebsge-
schwüren zeigt sich ein erhöhter Kaligehalt im Blute. Denken wir
uns diese Art der künstlichen Düngung jahrelang fortgesetzt, so wer-
den sich diese und andere Erscheinungen in erhöhtem Maße zeigen.
Sollte es nicht so sein, daß auf den kranken Böden auch kranke Men-
schen wachsen?
Im letzten Abschnitt dieses Buches wird gezeigt, wie die richtige
Ersetzung der sich durch die Ernten aufbrauchenden Mineralstoffe im
Boden durchgeführt werden muß, um wieder eine natürliche Boden-
fruchtbarkeit in die Wege zu leiten und auf dem so behandelten Gar-
tenboden gesundes und wirklich bekömmliches Gemüse zu ziehen.
Hier sei noch auf die Düngung der Erwerbsgärtner mit frischer
Abort jauche und nicht ver kompostiertem Mist und Jauche hinge-
wiesen. Nach den Anweisungen der Gartenbaubücher gibt es eine
Reihe von Gemüsearten, die gut auf Jauchegüsse ansprechen. Es sind
dies zur Hauptsache Blumenkohl, Kohlrabi, Spinat, Lattich (fälschlich
Salat genannt), Rosenkohl und alle anderen Kohlarten und Tomaten,
Gurken und dergleichen. Merkt denn die Hausfrau nicht schon beim
Zubereiten und Kochen dieser Gemüse den widerlich scharfen Dung-
geruch, der schon aus dem Topf steigt und das ganze Haus verpestet?
Spinat, auf solche Weise gezogen, ist als Frischgemüse, roh zube-
reitet, ungenießbar und für Kranke und Gesunde, denen er beson-
ders empfohlen wird, unbekömmlich. Noch schlimmer wird die Sache,
wenn man aus solchem Spinat Preßsaft für Säuglinge herstellen will.
Die Säuglinge bekommen davon Magendrücken und Verdauungs-
störungen. Was soll man aber erst sagen, daß mancher Gärtner sein
Lattichbeet am frühen Morgen erst mit einem Jaucheguß aus dem
eigenen Abort versieht und einige Stunden später den Kunden davon
frische Köpfe schneidet? Wissen die Leute nicht, daß derart gedüng-
tes und gejauchtes Gemüse ganz allein schon verantwortlich ist für
die ungeheuerliche Verwurmung der Gedärme so vieler Menschen?
Es wurde schon bei der Obstbaumdüngung gesagt, daß die stickstoff-
reiche Phosphordüngung Ungeziefer züchtet. Mit gejauchtem Gemüse
züchtet man die Wurmplage im Menschen aus den gleichen Gründen.
Unter den heute üblichen Anbaubedingungen ist ein gesundes, be-
kömmliches Gemüse kaum zu erhalten. Das aufgeschwemmte Dung-
gemüse ist an sich schon entwertet und deshalb gesundheitlich nicht
einwandfrei. Es ermangelt der natürlichen erdigen Grundstoffe, die
im schnell wachsenden und schwammig erscheinenden Gemüse durch
basische Ammoniumsalze ersetzt wurden. Diese aber bilden eine Ge-
fahr für die Gesundheit von Mensch und Tier.
Fügen wir diesem Gefahrenherd noch die Entwertung der Ge-
müsenahrung durch die Kochhitze und die landesüblichen Zuberei-
tungsarten selbst der Frischgemüse mit raffinierten und geschönten
„Speiseölen“ und Essig hinzu, dann hört die letzte gesundende Wir-
kung dieser naturnotwendigen Grundlagen der Ernährung für
262
Mensch und Tier auf. Es beginnt mit einer solchen Nahrungsgrund-
lage die Tragik menschlicher Leiden und fortgesetzten Krankheits-
elends.
Gemüsekonserven
Aber die schnell welkenden Gemüse des Sommers und die Garten-
früchte der einjährigen Fruchtstauden sollen für den Winter haltbar
gemacht werden, denn der Mensch will doch auch im Winter leben.
Da die vielgeplagte Hausfrau in der Stadt oft gar nicht die Möglich-
keit hat, sich selbst das Gemüse anzubauen oder es für den Winter
zu konservieren, so hat sich die Lebensmittelindustrie auch dieser
Nahrungsgrundlage bemächtigt und Dauergemüse und Konserven
aller Art daraus hergestellt. Feilgehalten werden besonders: Trok-
kengemüse, Essig- und Sauergemüse und Dosengemüse. Wie werden
diese hergestellt?
Das Trockengemüse wird nach mechanischer Vorbehandlung 5 bis
7 Minuten kurz aber kräftig abgebrüht und das Brühwasser zur Ver-
hinderung von scharfem Geschmack, aus den Düngemitteln stammend,
fortgegossen. Die Farbe sucht man zu erhalten durch Zusatz von
Kupfervitriol, und zum Schönen benutzt man schwefligsaure Salze
und Schwefeldioxyd. Gleichzeitig werden keimtötende chemische
Konservierungsmittel beigegeben, und dann folgt der eigentliche
Trocknungsvorgang in Trockenapparaten bei ca. 90 Grad Hitze. Was
nachbleibt ist eine entwertete, chemisch behandelte Zellulosemasse
von zweifelhaftem Wert und Geschmack.
Das Sauergemüse, wie z. B. Gurken, wird durchweg in einer
70 Grad heißen Salzlake vorbehandelt, die einen Zusatz von Wein-
steinsäure oder künstlicher Zitronensäure enthält und dem künst-
liche Konservierungsmittel zugesetzt sind. Spargel, Blumenkohl, Erb-
sen, Oliven, Perlzwiebeln usw. werden in der gleichen Weise vorbe-
handelt, aber entsprechend gefärbt oder mit Kupfervitriol gegrünt.
Nach dieser Vorbehandlung werden die Gemüse in eine siedende
vierprozentige Essiglösung gelegt, der Kochsalz, Weinsteinsäure und
Zitronensäure beigefügt ist. Gewürzt ist das Ganze mit Paprika,
Pfeffer und Ingwer und gegrünt mit Kupfer. In England benutzt
man zur Herstellung der sauren Mixed Pickles fast nur Holzessig, um
die Alkoholsteuer der durch alkoholische Gärung hergestellten Er-
zeugnisse zu sparen. Die Spuren des stark antiseptisch wirkenden
Kreosots im Holzessig machen diese Art besonders haltbar, sie sind
deswegen ja auch so berühmt. Das Gemisch wird alsdann in Dosen
gefüllt und 10 Minuten sterilisiert. Zur Konservierung werden die
schon bekannten Säuremischungen verwendet.
Das Sauerkraut ist im Heim ein Erzeugnis der natürlichen milch-
sauren Gärung der Zuckerstoffe im Kohlgemüse und als solches viel-
leicht noch ganz annehmbar. Was aber macht die Industrie daraus?
Zur schnelleren Säuerung wird eine hochgradige Salzlake mit chemi-
schen Gärmitteln dem vorbehandelten Kraut zugesetzt, in der die
263
Konservierungsmittel Benzoesäure, Ameisensäure oder schweflige
Säure nicht fehlen, um das Schimmeln zu verhindern. Dem fertigen
Produkt setzt man dann noch einmal Konservierungsmittel zu, um
spätere buttersaure Gärung zu verhindern, die das Produkt ver-
derben würde.
Man läßt solche Zubereitungen mit Reiz- und Giftstoffen mit der
Selbstbeschwichtigung gewähren, daß sie ja in nur geringer Menge
zur Anwendung kommen und deshalb keinen großen Schaden an-
richten können. Irrt euch nicht: Die Natur läßt sich nicht spotten! Sie
straft ohne Ansehen der Person und ohne Gnade und Barmherzigkeit
und schlägt die Menschen durch Krankheit und frühen Tod.
Am schlimmsten von allen Zubereitungsarten aber sieht es mit der
gewerbsmäßigen Herstellung von Dosengemüsen aus. Eigentlich
könnte ich mit diesem Satz schließen und auf die vorhergehenden
Abhandlungen über die Erzeugung von Konserven aller Art mit
chemischen Giften und Schönungsmitteln hinweisen. Aber jede Haus-
frau fühlt sich doch verantwortlich für die Gesunderhaltung ihrer
Familie und der geliebten Kinderschar, und deshalb muß sie wissen,
was sie ihrer Familie in Wirklichkeit vorsetzt, wenn sie sich durch
Kauf von Dosengemüse die Arbeit erleichtert und oft in den Städten
gar nicht anders kann, als diese Art Gemüsekonserven zu benutzen.
Die zu konservierenden Gemüse werden nach der mechanischen
Vorarbeit in Salzwasser vorgekocht und das Kochwasser fortgeschüt-
tet, um sie packfähig zu machen und strenge Geschmackstoffe auszu-
merzen. Durch diesen Vorgang verlieren die Gemüse nachgewiesener-
maßen bis zu 30 Prozent ihrer Zuckerstoffe und bis zu 80 und 90 Pro-
zent ihrer erdigen Grundstoffe aller Art, besonders jedoch ihre
Leichtmetalle, die so lebenswichtig sind. Schon diese Vorstufe ver-
nichtet damit die besten und wertvollsten Stoffe im Gemüse, die
allein schon genügt, um unsere Abneigung gegen solche Zubereitungs-
arten zu veranlassen. Aber beim Kochen lösen sich die Blattgrün-
körperchen, das Chlorophyll, auf. Dadurch werden die Gemüse grau
und unansehnlich. Um das zu verhindern, wird das Gemüse gegrünt.
Das geschieht teils schon durch Kochen in kupfernen Kesseln. Die ge-
ringen Mengen des freiwerdenden Kupfers hindern die Zersetzung
des Blattgrüns durch Bildung von durch nichts zu zerstörendem
Kupferchlorophyll. Dieses wirkt wie ein starkes Blutgift und ist als
solches bekannt. Um aber ganz sicher zu gehen, werden oft noch
Kupfermünzen mitgekocht oder Kupfersalze zugesetzt. Kupfern ist
laut Reichsgesetz vom 5. Juli 1887 verboten, aber die Konservenindu-
strie hat mit dem Hinweis auf die Konkurrenz des Auslandes auf die
Notwendigkeit der Erhaltung der grünen Farbe hingewiesen und ist
damit durchgedrungen. Frankreich z. B. verwendet regelmäßig Kup-
fersalze. Diese aber rufen schon bei einem Gehalt von 50 Milligramm
auf den Liter Übelkeit und Brechreiz hervor. Was aber geschieht,
wenn gekupferter Spinat z. B. schwächlichen und erholungsbedürf-
tigen Personen wegen des gerühmten Eisengehalts angeboten wird,
264
das entzieht sich bisher der Nachprüfung. Freie Kupfersalze und
deren Lösungen in den Nahrungsmitteln aber wirken immer leben-
zerstörend.
Aber nicht alle Gemüse sollen grün aussehen, ein Teil muß ge-
bleicht werden, wie z. B. Sellerieknollen, Kohlrabi, Spargel und
Schwarzwurzeln. Diese werden gebleicht durch Zusatz oder Entwick-
lung von schwefligen Säuren im Kochwasser oder durch Zusatz von
Alaun. Dies ist ein Doppelsalz von schwefelsaurem Kalium und
schwefelsaurem Aluminium. Schwarzwurzeln werden gebleicht mit
künstlicher Zitronensäure oder Essigsäure. Spargel, Blumenkohl und
so weiter mit schwefliger Säure. Auch durch Vorbehandlung mit
Äthylengas, einem ungesättigten, giftigen Kohlenwasserstoffgas, wer-
den die Gemüse gebleicht.
. Zum Färben benutzt man chemische Farbstoffe aller Art, die von
Iden chemischen Fabriken in reicher Auswahl angeboten werden und
Idurchweg Teerfarbstoffe zur Grundlage haben.
Nach all diesen Vorbehandlungen werden die Gemüse in die ver-
zinnten Weißblechdosen gefüllt, zugefalzt und zugelötet und dann
bei 110 bis 117 Grad in Autoklaven sterilisiert. Die Kochzeiten dauern
von 15 Minuten bis 30 und 60 Minuten. Man nimmt an, daß diese
enorm hohen Temperaturen eine intensive Keimfreimachung bewir-
ken, aber vorsichtshalber werden den Konserven noch die schon oft
erwähnten chemischen Konservierungsmittel zugesetzt. Diese Sterili-
sation bei so großen Hitzegraden zerstört im Gemüse restlos, wa?
darin an Nährstoffen noch hätte vorhanden sein können. Die Zellu-
lose wird restlos zertrümmert und der Gehalt gründlich zerstört, so
gründlich, daß kaum noch ein Geschmack an die ursprünglich benutz-
ten Gemüse erinnert. Aber nun setzt die Tragödie ein. Zinn ist in den
sauren Säften der Gemüse verhältnismäßig schwer löslich, aber reines
Zinn ist spröde. Um es geschmeidig zu machen, wird es mit einem
geringen BleiSusatz versehen. Erlaubt ist ein Bleizusatz von 1 Pro-
zent. Dieser Bleizusatz löst sich nun gar zu leicht im Saft der Ge-
müse und es entstehen Bleisalze. Diese aber sind auch in kleinsten
Mengen furchtbare Gifte. Sie zersetzen die Protoplasmabildner, d. h.,
die Eiweißstoffe im Organismus. Wenn auch keine sofort ins Auge
fallende Giftwirkung der bekannten Bleisymptome auftritt, so müs-
sen wir immer bedenken, daß sich die Wirkung im Laufe der Jahre
im Körper häuft, denn gerade die Schwermetallsalze sind kaum wieder
aus dem Körper zu entfernen. Die Natur kann sich nur durch Ein-
lagerung in die Gewebe vor Schaden schützen. Das kann sie aber
nicht für immer, das ganze Leben hindurch. Ist die Grenze erreicht,
dann folgt der Zusammenbruch der bis dahin oft eisernen Gesund-
heit. Bleivergiftungen durch Nahrungsmittel können auf verschie-
dene Weise entstehen. Hingewiesen sei nur auf Bleivergiftung durch
Trinkwasser, das durch Bleiröhren floß und darin länger verblieb.
Deshalb Trinkwasser immer erst nach längerem Ablaufenlassen der
265
Leitung entnehmen, wenn Bleirohre zur Verwendung kamen. Blei*
Vergiftungen können ferner durch Lebensmittel entstehen, die in
schlecht verzinnten Dosen oder Gefäßen auf bewahrt wurden. Ver-
meidet Konserven oder Nahrungsmittel, die mit Blei in Berührung
gekommen sind! Weitere Verfälschung der Nahrungsmittel ist z. B.
möglich durch Zusatz von Mennige zu gemahlenem Paprika oder
durch bleihaltiges Mehl, das unvorsichtigerweise auf mit Blei ausge-
gossenen Mühlsteinen gemahlen wurde.
Sind die Konserven mit schwefligsauren Salzen versetzt, so kann
sich bei längerer Lagerung schweflige Säure freimachen und diese
bildet dann mit dem Blei der Verzinnung Schwefelblei. Auch kann
sich daraus Schwefelwasserstoff bilden, der an sich schon ein schweres
Blutgift ist.
Damit haben wir eine Übersicht über das erhalten, was der Haus-
frau im Dosengemüse mit verkauft wird. Die Hausfrau und Mutter
aber weiß nicht, ja, sie ahnt oft nicht einmal, was sie alles mit den
vermeintlichen Nahrungs- und Lebensmitteln eingekauft hat und
dem sie nun im Haushalt durch Kochen, Erwärmen, Würzen und
Aufbereiten noch neue Schäden hinzufügt.
Um das alles noch einmal klar zu machen, sei eine Zusammenfas-
sung erlaubt. Alles, was die Menschen als landesübliche Nahrung zu
sich nehmen, ist, mit wenigen Ausnahmen, gekocht, gebacken oder
gebraten, d. h., einer Hitze von durchweg 100 Grad Celsius oder dar-
über, ausgesetzt worden: Diese Erhitzung zieht aber immer und un-
ter allen Umständen den Wärmetod auch der gesunden pflanzlichen
Nahrung nach sich. Bei Temperaturen über 42 Grad Celsius treten
auffallende Veränderungen im Protoplasma ein: Es zieht sich zu-
sammen, zerfällt aus dem Zusammenhalt der gewachsenen Bindung
und bildet eine krümelige, weiche Masse. Das bedeutet Tod durch
Wärme. Die Lebenskraft der Pflanze ist zerstört und ihre Masse zer-
fällt und löst sich auf in ihre Grundbestandteile, die nun aus ihren
organischen Bindungen befreit werden und jetzt fähig sind, neue
anorganische Verbindungen einzugehen, die im Körper des Menschen
keine Verwendung finden können. Die Stärkekörner und die Zellu-
lose werden zerrissen, die eiweißartigen Stoffe gerinnen, die freige-
wordenen mineralischen Bestandteile gehen anorganische, teilweise
unlösliche Bindungen miteinander ein und fallen aus dem Gefüge
aus. Sie treten oft ins Kochwasser über. Die ätherischen Duftstoffe
lösen sich auf und verflüchtigen sich. Die Vitazyme und Enzyme wie
Diastase, Pepsin, Emulsin, Myrosin, Papayin und andere Stoffe, die
zur Anregung des Pflanzenwuchses und als solche auch im mensch-
lichen und tierischen Organismus wirken sollen, erlöschen in ihrer
Kraft und fallen aus. Die Vernichtung des Pflanzenlebens durch die
Erhitzung ist vollständig. Die einzelne pflanzliche Zelle, das Zellge-
füge, ist aber im Prinzip mit den Zellen und den Zellinhaltsstoffen
des tierischen und menschlichen Körpers identisch. Die grundlegen-
den Eigenschaften und ihre Wirkungen im Zellgefüge sind in der
266
Pflanze und im Tier die gleichen und nur deshalb kann die Pflanze
als aufbauende und lebenerhaltende Nahrung für Mensch und Tier
Verwendung finden. Werden alle Inhaltsstoffe des pflanzlichen Zell-
gefüges zerstört und ihre Eigenschaften und ihre Wirksamkeit ver-
nichtet, ehe wir das Ganze als Nahrung in uns aufnehmen, wie kön-
nen wir dann noch erwarten, daß solche Speise uns leistungsfähig
und gesund erhält? Müssen wir nicht mit solchen Lebensgrundlagen
durch Mangel am Wichtigsten zum Leben langsam erkranken und zu-
grunde gehen, wenn die Nahrungsmittel zudem noch mit chemischen
Konservierungsgiften durchsetzt sind?
267
V.
Süßmittel, Kochsalz, Gewürze
und Genußmittelgifte
Fabrikzucker
In allen Küchen auf dem weiten Erdenrund, in allen Lebensmittel-
industrien, überall, wo Gerichte und Speisen für den Gaumen des
Menschen schmackhaft gemacht werden sollen, verarbeitet der
Mensch heute ein konzentriertes Genußmittel: den Fabrikzuk-
k e r. Ohne diesen könnte eine Hausfrau oder eine Lebens- und Ge-
nußmittelfabrik kaum noch auskommen. Wo vor Jahrhunderten hin
und wieder ein wenig Honig zum Süßen an die Speisen getan wurde,
da verwendet man heute Unmengen von Zucker. Er ist ein so ge-
bräuchlicher Betrüger unserer Zunge in unseren täglichen Speisezu-
bereitungen geworden, besonders gern von Kindern genommen, ohne
den eine Ernährung kaum noch denkbar ist.
Die Grundlage zur Gewinnung von Zucker ist in Europa die Zuk-
kerrübe und in den Tropen und tropischen Gebieten das Zuckerrohr.
Das Erzeugnis daraus ist in beiden Fällen sogenannter Invertzucker,
d. h. ein zweiwertiger Zucker, der aus je einem Kern von einwer-
tigem Traubenzucker und einem Kern Fruchtzucker besteht, die eng
aneinander gekoppelt sind. Zu Beginn der Zuckersiederei wurden die
Zuckerrüben oder das Zuckerrohr gekocht und ausgequetscht und der
dünne Saft solange gekocht, bis der Sirup teilweise kristallisierte.
Die Zuckerkristalle wurden dann vom Sirup geschieden. Diese Art
der Gewinnung läßt aber keine rechte Ausbeute zu und man lernte
im Laufe der Jahre die raffinierte Technik der Kristallzuckerge-
winnung, wie sie heute üblich ist.
Die Zuckerrüben werden nach der mechanischen Vorbereitung zer-
schnitzelt und dann in einer Lauge gekocht. Die Lauge löst und zer-
frißt die Zellulose und gibt den gesamten Zuckergehalt frei. Um
diese Zuckerlauge zu reinigen, setzt man der kochenden Masse Kalk
zu. Der Kalk schlägt die Lauge nieder, fällt aber gleichzeitig alle
Vitamine und Mineralstoffe aus dem Saft heraus. In die mit Ätzkalk
vermischte Flüssigkeit wird Kohlensäure geleitet, um den Kalk ab-
zuscheiden, Um den Zuckersaft von der faserigen Lauge und dem
Kalk zu befreien, wird er in Filtrierpressen gepumpt und der dünne
Saft mit Kalziumsulfit behandelt, um den Saft zu bleichen. Der so
durch die schweflige Säure gebleichte Zuckersaft wird dann zu Dick-
saft eingedampft und anschließend im Vakuum bis zur Kristallisation
268
gekocht. Durch Ausschleudern in einer Zentrifuge wird der Roh-
zucker vom Sirup getrennt.
Um den im Sirup verbliebenen Zuckerrest herauszuholen, der nur
minderwertigen Zucker abgibt, wird der Sirup mehrere Male durch
Blankkochen, Abkühlen, Kristallisieren und Zentrifugieren behan-
delt, bis schließlich eine Melasse zurückbleibt, die zur Spiritusbe-
reitung und als Viehfutter dient. Der so gewonnene Rohzucker wird
dann in der eigentlichen Raffinerie in den gewohnten Verbrauchs-
zucker umgewandelt. Dazu wird er einer nochmaligen Reinigung mit
Kalkkohlensäure, Bleichung durch schweflige Säure, Filtrierung
durch Knochenkohle unterzogen und wieder „auf Korn“ gekocht. Der
Zucker minderen Grades behält dabei einen gelben Schein. Um die-
sen zu verdecken, setzt man der Maische in der Zentrifuge Ultra-
marinblau hinzu. Es ist dies ein Farbstoff, der aus Tonerde, Kiesel-
erde, Schwefel und Natrium gewonnen wird. Er wandelt sich im
Magen zu Gift um, da sich der Schwefel darin unter dem Einfluß der
Magensalzsäure herauslöst und Schwefelwasserstoff entstehen läßt,
der immer und unter allen Umständen wie Gift wirkt. In neuerer
Zeit nimmt man statt dessen auch Indanthrenblau, das aus dem
Anthrazen des Kohlenteeres gewonnen wird und wie alle Kohlen-
teererzeugnisse schon an sich giftig ist.
Das Endprodukt dieses alle natürlichen Lebenskräfte vernichtenden
Fabrikationsvorganges ist dann der Kristallzucker, der Staubzucker,
der Würfelzucker, der Hutzucker, der Kandiszucker usw. Man sieht
diesem glänzend weißen kristallinischen Gefüge seine Herkunft aus
der Zuckerrübe wirklich nicht mehr an. Er hat ja auch mit einem
pflanzlichen Nahrungsmittel rein gar nichts mehr zu tun, da er ja ein
rein chemisches Erzeugnis, das Produkt eines umfangreichen chemi-
schen Prozeses aus der Zuckerrübe ist. Was ihm an Reststoffen und
giftigen Farben aber noch anhaften kann, das erzählt sein Aussehen
nicht, denn siehe, der Schein trügt. Es ist kein Nahrungsmittel mehr
und kann im Körper auch nicht mehr wie ein pflanzliches Nahrungs-
mittel verwertet werden, sondern wirkt wie ein in Wasser lösliches,
chemisches Produkt.
Der gesundheitliche Wert des Fabrikzuckers ist von Anfang an viel
umstritten worden. Man rühmt ihm seine leichte Aufnahmefähigkeit
nach und verweist darauf, daß doch die Zuckerstoffe in den Pflanzen
überhaupt die Grundlage der Ernährung für Tier und Mensch sind.
Was ist richtig?
Prof. Dr. A. Katase von der medizinischen Akademie zu Osaka,
Japan, hat im Jahre 1931 eine kurz gefaßte Broschüre über die Er-
gebnisse langjähriger Nahrungsmitteluntersuchungen von ihm selbst,
seinen Assistenten und Hörern veröffentlicht, die von den deutschen
Wissenschaftlern wohl zur Kenntnis genommen, aber nicht ausge-
wertet, sondern übergangen worden sind. Hier sind kurz gefaßt die
Ergebnisse:
Prof. Dr. Katase und seine Assistenten verwendeten bei ihren
269
langjährigen Versuchen nur den weniger behandelten raffinierten
Rohrzucker und keinen Rübenzucker. Als Versuchstiere kamen vor
allem Kaninchen, Meerschweinchen, Tauben und Hunde in Frage.
Zur Hauptsache also pflanzenfressende Tiere, da Hunde hauptsäch-
lich zur Erprobung der eiweißhaltigen Nahrung hinzugezogen wurden.
Bei Zufütterung von 2 bis 4 Gramm Zucker je kg Körpergewicht
täglich entwickelten sich bei jungen wachsenden Tieren bemerkens-
werte Veränderungen am Knochensystem: Erweichung der Knochen-
substanz, die mit dem Messer schneidbar wurde, Neigung zu Kno-
chenbrüchen, Verbiegungen und Umknickungen der Röhrenknochen,
Entwicklung von Knochenwucherungen. Dazu kamen noch mikrosko-
pisch wahrnehmbare Veränderungen wie: Verschmälerung der Ge-
lenkfugen, starke Verkürzung, ja, zuweilen Verschwinden der Knor-
pelpfeiler, Erweiterung und Ineinanderfließen der Haverschen Röh-
ren im Gefüge der Knochen, Verdickung der Knochenhaut und
Wucherungen der Knochen wand, Blutüberfüllung und gallertartige,
zuweilen faserige Umbildung des Knochenmarkes. Außerdem ließ
sich feststellen, daß die Gliederknochen der erkrankten Tiere länger
waren als die der normal gefütterten Kontrolliere.
Sollte dies nicht ein Fingerzeig sein über die Ursache unserer heute
so lang in die Höhe schießenden Jugend ohne ein ausgeglichenes Brei-
tenwachstum. Die Röhrenknochen wachsen offensichtlich mehr in die
Länge als der normalen Entwicklung des Körpers entspricht. Bei den
Mädchen werden die Beckenknochen zudem länger und höher als
dem Breitenwachstum entspricht. Sollte diese Erscheinung nicht auch
mit dem übermäßigen Zucker genuß unserer Kinder und Jugend-
lichen Zusammenhängen? Hören wir weiter was Dr. Katase darüber
zu sagen hat.
Die Ursachen der Erkrankungen konnten in einer durch die Zuk-
kerzufütterung entstandenen Blut- und Säfteversäuerung nachge-
wiesen werden, da die Injektion von verdünnter Salzsäure die glei-
chen Erscheinungen auslöste.
Die gleichen Knochen Veränderungen wurden durch Verfütterung
von einwertigem Zucker wie Traubenzucker und Fruchtzucker er-
zeugt, d. h. die ein- und zweiwertigen Zuckerarten im Invertzucker
der fabrikmäßigen Herstellung sind die Ursachen, während die
Stärkezuckerarten im Getreide und in Kartoffeln diese krankhaften
Erscheinungen nicht hervorriefen. Diese werden nicht so leicht vom
Körper aufgenommen wie der freie chemisch reine Zucker. Alle noch
in der Ganzheit der pflanzlichen Bindung befindlichen Zuckerstoffe
löst der Verdauungsorganismus nach und nach auf und überführt
nur soviel davon in die Leber, wie diese aufnehmen kann. Die freien
ein- und zweiwertigen Zuckerarten aber sind wasserlöslich und
durchdringen in dieser Form die Zellgewebswände durch Osmose,
d. h. Zellhautdurchdringung und gehen in die Blut- und Säftebahnen
direkt über. Freien Zucker, der in der Leber nicht in körpereigenen
Blutzucker umgewandelt wurde, kann der Körper nicht ertragen. Er
270
wird in den Blut- und Säftebahnen gelöst und zerfällt in seine Be-
standteile. Dabei bildet sich freie Kohlensäure und diese wirkt in den
Körpersäften und in den Blutbahnen wie jede andere Säure. Sie ist
die Ursache der Blutacidosis, der Blutübersäuerung, die sich am
Kalkgehalt des Blutes und der Säfte absättigt und dadurch unschäd-
lich wird, aber gleichzeitig die Kalkgebilde im Blut und in den Kno-
chen zerreißt und dadurch die krankhaften Erscheinungen im wach-
senden Organismus hervorruft. Bei vollständig ausgewachsenen
Tieren traten diese Erscheinungen nicht auf. Dafür zeigten sich an-
dere Auswirkungen der Blut- und Säfteübersäuerung. Mit den Kno-
chenerkrankungen Hand in Hand ging eine Überfunktion und eine
Überent Wicklung der Nebenschilddrüsenkörperchen als Folge des
übermäßigen und anormalen Kalkstoffwechsels.
Die Knochenveränderungen zeigen sich bei weiteren Untersuchun-
gen am ganzen Knochensystem. Die Brustform artet aus zu ausge-
sprochener Hühnerbrustform. Zunahme der Höhe des Beckens und
Abnahme der Breite desselben konnte immer wieder festgestellt
werden, ferner abgeplatteter Beckendurchgang mit Verkürzung des
geraden Durchmessers, d. h., auf den Menschen übertragen, Erschwe-
rung der Gebärfähigkeit der Frauen und Mütter. Sekundäre Kno-
chenveränderungen wurden nachgewiesen, die sich in verschieden
veränderten unsymmetrischen Beckenformen und verengtem Becken
zeigen. Die abnormen Beckenformen ließen sich bei jungen wachsen-
den Tieren experimental durch die Zufütterung von Rohrzucker er-
zeugen. Prof. Katase kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu
dem Ergebnis, daß die immer häufiger auftretenden Entartungen und
Verengungen in der Ausgestaltung des Beckens nicht eine Folge ver-
erbter Konstitution, sondern ein durch unrichtige Ernährung erwor-
bener Zustand sind.
Aber die Ausfalls- und Entartungserscheinungen bleiben nicht etwa
auf die erwähnten Zustandsveränderungen im Knochenbau be-
schränkt. Mit dem Knochensystem in Zusammenhang steht die Ent-
wicklung der Kiefer und der Zähne. Hier aber treten die Fehlent-
wicklungen offen zu Tage. Es können aber auch mikroskopisch und
röntgenologisch wahrnehmbare Veränderungen festgestellt werden.
Die infolge der unrichtigen Ernährung durch ein Zuviel an Kunst-
zucker hervorgerufenen Veränderungen in der Kiefern -und Zahn-
entwicklung sind kurz folgende:
Schwund und Entartung der Zahnbildung, ungenügende Entwick-
lung, Hohlraumbildung und kariöse Veränderungen im Schmelz, un-
genügende Entwicklung und Verkalkung, d. h. Brüchig werden des
Zahnbeins.
Hält die Blutübersäuerung an, so stellen sich fortschreitender
Knochenschwund im Kiefer und oft faserige Entartung ein, d. h. die
gleichen Erscheinungen wie am gesamten Knochenbau. Die beschrie-
benen Veränderungen in der Kieferknochen- und Zahnbildung geben
271
dann die Grundlage zu den schmerzhaften Wurzelhautentzündungen
und Vereiterungen.
Die krankhaften Veränderungen sind nun keineswegs auf die Ent-
wicklung der Knochen beschränkt. Die Fehlentwicklung und schwäch-
liche Entwicklung der Muskulatur macht sich im Wachsenden Organis-
mus der Tiere ebenso störend bemerkbar.
Die Blutübersäuerung hemmt und verzögert die Entwicklung der
quergestreiften und der glatten Muskeln und beeinflußt die Entwick-
lung des Herzens in auffallender Weise. Das Herz der jungen wach-
senden Tiere blieb kleiner als das der Kontrolliere und oft kam es zur
Entwicklung eines ausgesprochenen Kleinherzens oder gar eines
Tropfenherzens. Gleichzeitig verwandelte sich die wachsende Gebär-
mutter durch die Wachstumshemmung als Folge der Blutübersäuerung
zu einem ausgesprochen infantilen Organ, d. h., es blieb auf kind-
licher Entwicklungsstufe stehen und wuchs sich auch späterhin nicht
mehr voll aus. Diese Fehlentwicklungen können beim Menschen ge-
nau so gut durch Übersäuerung des Körpers bei Verwendung von
Fabrikzucker in Erscheinung treten. Sie sind, wie Prof. Katase gezeigt
und im Tierexperiment unter Beweis gestellt hat, nicht angeboren,
sondern durch unrichtige Ernährung erworben. Beim Erwachsenen
bewirkt die Blutübersäuerung durch zusätzlichen Genuß von Kunst-
zucker eine Hemmung der Entwicklung der Gebärmutter in der
Schwangerschaft und schwächt ihre Funktion. Die Wehen fallen als
Folge davon zu schwach aus.
Nun zeigt es sich beim Vergleich mit verschiedenen Ernährungs-
versuchen, daß die Blut Versäuerung und die Versäuerung der Säfte
nicht nur durch Fabrikzucker erzeugt werden kann, sondern die
gleichen Erscheinungen entwickeln sich durch vom Tier stammende
eiweißhaltige Genußmittel, die, wie schon gezeigt wurde, sehr schwere
Blutversäuerung hervorrufen können. Man vergleiche die Entstehung
der Blutübersäuerung in den entsprechenden Abschnitten. Prof.
Katase aber erzeugte sie noch auf eine andere Art, nämlich durch die
zusätzliche Verfütterung von künstlich behandelten Speiseölen zum
normalen Futter. Auch hier trat eine ausgesprochene Blutübersäue-
rung mit den gleichen Folgen für die Knochen, die Muskeln und die
Organe ein.
Daraus ergibt sich die Möglichkeit, durch raffinierte oder chemisch
extrahierte Speiseöle und Fette krankhafte Folgeerscheinungen im
Wachstum des kindlichen Körpers hervorzurufen. Die Ursache der
Entartung durch die raffinierten, präparierten und verschnittenen
Speiseöle müssen wir dabei in der Tatsache suchen, daß ein freies,
chemisch fast reines Speiseöl oder Speisefett sich nur schwer, wenn
überhaupt, in die zur Verseifung im Zwölffingerdarm notwendige
Form der feinstofflichen Emulsion bringen läßt, in der das öl sich im
Pflanzenwuchs vorfindet. Die Zerstörung der Ganzheit des Nahrungs-
mittels und die chemische Behandlung, die Raffination und Umwand-
lung des Ölgehaltes bewirkt in diesem Fall die Unmöglichkeit einer
272
ordnungsmäßigen Verseifung, ermöglicht aber gleichzeitig wie beim
Zucker einen Übertritt in die Saftbahnen des Körpers durch osmoti-
sche Zelldurchdringung. Ist dieser Fall eingetreten, dann zerfällt das
öl in den Blut- und Säftebahnen in seine Bestandteile und es kommt
nicht nur zur Bildung freier Fettsäuren, sondern auch zur Bildung
von Kohlensäure wie beim Kunstzucker. Daneben läuft dann noch
die Möglichkeit der osmotischen Durchdringung des Körpers und sei-
ner Organe durch die freiwerdende Ölsäure. Die dadurch entstehende
versäuernde Wirkung verschlimmert dann alle übrigen Zustände.
Freie Ölsäure ist ein großer Kalkräuber. Das ist auch der Grund,
warum man in Speiseölfabriken keinen Zement- oder Betonfußboden
brauchen kann. Die Ölsäure entzieht dem Zement den Kalk und der
Beton oder der Fußboden wird dadurch erweicht. Es ist die gleiche
Erscheinung wie die Knochenerweichung durch Blutübersäuerung,
ganz einerlei durch welche Genuß- und Nahrungsmittel sie ent-
standen ist.
Bei diesen Gedankenentwicklungen und Untersuchungen fällt be-
sonders auf, daß es der wachsende kindliche Körper ist, der so emp-
findlich gestört, gehemmt und schwächlich entwickelt wird und zu
allerhand Entartungserscheinungen neigt, die, einmal eingetreten,
kaum wieder auszumerzen oder zu heilen sind. Nun aber hat sich bei
den Kulturvölkern die Sitte verbreitet, gerade den Kindern die Nah-
rung mit Zucker schmackhaft zu machen und sie außerdem noch durch
besondere Zuckerverarbeitungen und Aufbereitungen wie Bonbons,
süße Leckerlis, Speiseeis, Konditorwaren usw. zu überfüttern. Welche
Mutter gönnt denn ihren Kindern nicht gerne einmal eine Zucker-
stange oder gibt ihnen keine süßen Fruchtmuse und Marmeladen?
Dann verzehren Kinder und Erwachsene liebend gern die mit dem
Pulver der Kakaobohne vermischten Zuckeraufbereitungen, die als
Schokolade und Pralinen mit Füllungen aus Zuckerzubereitungen
oder alkoholischen Inhalts verarbeitet sind. Es ist eine solch unglaub-
liche Überfütterung mit Zuckerzeug und Zuckeraufbereitungen ein-
gerissen, daß man wohl nicht fehl geht, den Verbrauch der Kultur-
völker an Kunstzucker auf mindestens 55 bis 60 kg je Kopf und
Jahr der gesamten Bevölkerung zu schätzen. Bedenkt man dabei noch,
daß Erwachsene mit zunehmendem Alter gewöhnlich weniger Zucker
zu sich nehmen und die Kinder entsprechend mehr, so zeigt sich, daß
man gerade den Kindern, die am empfindlichsten auf Zucker an-
sprechen und die schlimmsten lebenslangen Schäden davontragen
können, am meisten Zucker zu essen und zu naschen gibt. Die Kinder
werden auf Zucker direkt süchtig, und weder Eltern noch Erzieher
haben bisher Einhalt geboten.
Da fragt man unwillkürlich, ja, wieviel Zucker kann ein Kind oder
ein Erwachsener noch ohne ausgesprochene Schadenswirkung zu sich
nehmen? Auch darüber hat uns Prof. Katase in sehr sorgfältigen
Versuchen Aufklärung gebracht. Er kommt dabei zu dem Ergebnis,
daß ein wachsender kindlicher Organismus 0,25 bis 0,3 Gramm Kunst-
18 Sommer, Ernährung
273
Zucker je Tag und je Kilogramm Körpergewicht ohne sichtbaren
Schaden verarbeiten kann. Jedes darüber aber, besonders über 0,5
Gramm, erzeugt die oben beschriebenen Entartungserscheinungen
und krankhaften Veränderungen. Ein Säugling von 3 bis 4 kg Ge-
wicht dürfte deshalb je Tag nur höchstens 1 Gramm Zuckerzusatz
erhalten, d. h. praktisch jeder Zuckerzusatz zur Nahrung ist gefähr-
lich. Ein Kind von 20 kg Gewicht kann entsprechend etwa 6 Gramm
je Tag verarbeiten und ein Erwachsener bis zu 20 Gramm je Tag.
Jedes Mehr erzeugt die krankhaften Zustände der Blutübersäuerung.
Bei einem Verbrauch von 50 kg je Kopf und Jahr kommt aber auf
jeden Menschen, Kind oder Greis, in normalen Zeiten etwa 140 bis
150 Gramm je Tag. Dazu kommt noch der Schaden durch die bei der
Zubereitung durch Kochen usw. entzogenen und zerstörten erdigen
Grundstoffe in der gewachsenen Nahrung und die Zerstörung aller
ausgleichenden Wirkstoffe und pflanzlichen und tierischen Hormone
und Enzyme durch die Feuershitze. Eine im übrigen gesunde und
einwandfreie Ernährung, bestehend aus Früchten, Gemüsen, Wurzel-
gemüsen und Nüssen in rohem, lebenskräftigem Zustand könnte
praktisch jeden Schaden dadurch ausgleichen, daß der hohe natür-
liche Mineralstoffgehalt derart natürlicher Nahrung den Schaden
durch Versäuerung gar nicht erst auf kommen ließe, sondern die
Säure in der Entstehung gleich abbinden und neutralisieren würde.
Aber zu der an sich schon krankmachenden Wirkung der landes-
üblichen Ernährung mit dem Kochtopf und der Bratpfanne tritt nun
noch der erhöhte Genuß von Kunstzucker im kindlichen Alter, und da
wundern sich Eltern und Erzieher und die mit der Gesundheitspflege
Betrauten, die es besser wissen müßten, über die vielen Fehlentwick-
lungen im kindlichen Organismus, über die schwächliche Ausbildung
der Muskeln und Knochen, über die übergroße Gefahr der Knochen-
brüche, selbst im kindlichen Alter, über die schreckliche Zunahme der
Zahnerkrankungen und der Zahnkaries und über die Neigung zu
allen möglichen Krankheiten im kindlichen Alter.
Bei Erwachsenen zeigt sich die Auswirkung des zusätzlichen Zucker-
genusses nicht so gefahrvoll und offensichtlich, aber doch ganz aus-
geprägt. Die Übersäuerung des Blutes und der Säfte tritt in der glei-
chen Art auf, aber der Bedarf an Kalk und mineralischen Grund-
stoffen ist nicht mehr so erheblich wie im wachsenden Körper des
Kindes, und so wird den Knochen nur soviel Kalk entzogen, wie zur
Neutralisation der Säure unbedingt erforderlich ist. Die aus der Ab-
bindung der Säuren gebildeten Kalksalze werden dann nicht ausge-
schieden, sondern verbleiben in den Blut- und Nervenbahnen und an
all den Stellen, wo sie sich gebildet haben. Sie lagern sich dort an
den Gefäßwandungen und in den Zellgewebswänden ab und lang-
sam, ganz langsam, aber unaufhaltsam bildet sich eine hauchdünne
Schicht von Kalksalzen. Diese verstärkt sich nun im Laufe der Jahre
und wird immer fester und spröder, und, ehe man es sich versieht,
ist die Adern Verkalkung und die Verkalkung der Nerven und des
274
Gehirns eine vollendete Erscheinung, die man geneigt ist, als nicht zu
vermeidende Alterserscheinung zu betrachten. Jetzt sehen wir plötz-
lich, daß sie nicht eine Erscheinung des natürlichen Alterns ist, son-
dern eine einfache Folge der Unnatur in der Ernährung der Men-
schen. Diese wird solange auftreten, wie die heute landesübliche
Ernährung mit der Zuckerschwelgerei währen wird. Erst ein Um-
schwung in den Ernährungsgewohnheiten der Menschen wird auch
darin Wandel schaffen.
Kunsthonig
Bei der Fabrikation von Kunsthonig wird der Unnatur und der
Geschmacksverirrung der Menschen noch mehr Vorschub geleistet als
beim Kunstzucker. Die Grundlage dieses Kunsthonigs ist wie be-
kannt der chemisch reine Fabrikzucker. Dieser wird mit einer ver-
dünnten Säure zusammen verkocht. Es entsteht dadurch eine innige
Verbindung, eine sogenannte Veresterung des Zuckers mit der Säure.
Durch diese wird der Kristallzucker in eine weiche streichfähige
Masse von der Konsistenz des Honigs verwandelt und als Kunsthonig
zum Brotbelag angeboten.
Alles das, was über den Zucker gesagt wurde, gilt uneingeschränkt
ja in erhöhtem Maße auch für den Kunsthonig. Die Gefahr der Ent-
wicklung giftiger und zerstörender Säure Wirkungen im Körper aber
wird verstärkt durch die Einwirkung der Säure beim Kochen des
Kunstzuckers, da ja von dieser zur Veresterung des Zuckers ge-
brauchten Säure Rückstände bleiben. Diese werden bei der Fabrika-
tion des Kunstzuckers nicht etwa wirkungslos, sondern verstärken
die Wirkung eher, da sie ja als freie Säuren in den Körper gelangen
oder im Körper und in den Geweben der Organe frei werden und
nun ihr Zerstörungswerk entfalten.
Gibt es auf dem weiten Erdenrund wirklich keine Behörde, kein
Hygienisches Institut, kein Gesundheitsamt, in welchem die Erhal-
tung und Pflege der Gesundheit der Menschen unter allen Umständen
und allen privatwirtschaftlichen Verdienstmöglichkeiten zum Trotz
oberstes Gesetz ist?
Süßstoff
Der unwidersprochen giftige Charakter der in rein chemischen Ver-
fahren aus den Bestandteilen der Teerabkömmlinge hergestellten
Süßstoffe, sei es Dulcin, Sacharin oder ähnliches, ist so bekannt, daß
es sich erübrigt, darüber viele Worte zu verlieren. Unbegreiflich ist
es nur, daß so schwer Stoffwechselkranken wie Diabetikern oder
Zuckerkranken das Süßen ihrer Speisen mit Süßstoff dieser Art nicht
nur gestattet, sondern geradezu angeraten wird. Es ist ferner unbe-
greiflich, daß die Gesundheitsbehörden es überhaupt zulassen, daß
chemischer Süßstoff bei der Herstellung von billigen alkoholfreien
Getränken verwendet wird, und es immer noch deutsche Länder gibt,
in denen es erlaubt ist, Dulcin, Sacharin u. a. zum Süßen von „Speise-
eis“ zu verwenden. Es war schlimm genug, daß in der Zeit der Not,
275
während und nach dem Kriege, die Bevölkerung mit diesem Süß-
stoff geradezu überschwemmt und dadurch der Grund zu allerlei
rätselhaften Krankheiten gelegt wurde. Der Krieg ist zu Ende, die
Not überwunden und doch wird dieses Gift noch immer hergestellt
und in der Industrie und im Heim immer noch zum Süßen von Nah-
rungsmitteln und Getränken verwendet. Wo ist die Gesundheits-
behörde, die im Interesse der Volksgesundheit hier energisch durch-
greift? Wo ist der Volksvertreter, der hier Abhilfe schaffen kann
und will?
Kochsalz
Durch den Erhitzungsvorgang beim Kochen, Backen, Braten usw.
lösen sich, wie mehrfach gezeigt, die erdigen Grundstoffe, die Erd-
mineralien, aus dem organisch gewachsenen Gefüge der pflanzlichen
Nahrung heraus und gehen untereinander anorganische Verbindungen
ein. Die an die pflanzlichen Säuren gebundenen Mineralstoffe und die
aromatischen Verbindungen in den Früchten und Pflanzen zusammen
mit den an natürlichen Zucker gebundenen Würzstoffen ergeben den
Geschmack und die Eigenart der pflanzlichen Nahrung. Wir finden
diese besonders ausgeprägt im Obst und in den Früchten aller Art,
in den heimischen Gewürzkräutern und in den gebräuchlichen Küchen-
kräutern. In der Kochhitze gehen jedoch alle aromatischen Duft- und
Würzstoffe verloren. Die Nase spürt im Küchendunst ihr Vorhanden-
sein in der Luft als Zeichen dafür, daß sie der Nahrung verloren ge-
gangen sind. Die kräftig anregenden organischen Mineralstoffverbin-
dungen fallen aus und verlieren ihre Kraft. Die Säuren verlieren
ihren säuerlich angenehmen Geschmack, sie werden streng sauer
schmecken. Das ganze gekochte Speisegemisch aber wird fade und
schal für den Gaumen und die Zunge. Der Mensch findet keine An-
regung mehr in den gekochten Gemüsezubereitungen. Um diesen
Ausfall zu ersetzen, ist die Kochkunst der Kulturvölker auf den Ein-
fall gekommen, die verloren gegangene natürliche Würze und die
kräftige Anregung der Mineralstoffverbindungen in den Pflanzen
durch das anorganische Mineral „Kochsalz“, eine Verbindung aus
Chlor und Natrium, zu ersetzen. So fügt denn jede Hausfrau und jeder
Koch allen Gerichten ohne Ausnahme Kochsalz hinzu. Es ist einer
Hausfrau und einem Koch überhaupt nicht vorstellbar, ohne Salz eine
Speise schmackhaft machen zu können. Nun ist aber, wie gesagt, das
Kochsalz ein anorganisches Erdsalz, das entweder als Steinsalz aus
der Erde bergmännisch gefördert oder als Meersalz und Salinensalz
aus wässerigen Lösungen gewonnen wird. Auf jeden Fall fehlt die-
sem Salz jede feinstoffliche organische Bindung, und es ist deshalb
im Körper völlig unbrauchbar. Es kann nirgends in die Gewebe der
Zellen des Körpers eingebaut werden, noch kann es im Blut oder in
den Säften irgendeine wesentliche Funktion ausüben. Der Körper
mit seinen Organen kann es als grobstoffliches Gefüge auch nicht in
seine Bestandteile zerlegen und dann im Körper zum Einbau in das
276
Gewebe verwenden. Es muß so wieder aus dem Körper heraus, wie
es hineingekommen ist, chemisch und stofflich unverändert.
Nun ist das Kochsalz eine grobstoffliche, chemische Verbindung
von zwei Stoffen, die wie Gift wirken, wenn sie dem menschlichen
Körper in chemisch reiner Form einverleibt würden. Wir alle wissen,
daß Chlor jedes Gewebe verätzt und auf löst und alle Ölstoffe und
Fette zerfrißt. Es macht deshalb die Wäsche so schön blendend weiß
zum Schaden des Gewebes. Natrium, in anorganischer Form genom-
men, ist wie jedes freie Metall ein organisches Gift, das nur dann
zum Aufbau körpereigener Stoffe Verwendung finden kann und
seinen Zweck im Blute z. B. nur dann erfüllt, wenn es vorher in die
zur Nahrung bestimmten Pflanzen feinstofflich, organisch gebunden
hineingewachsen war. Das anorganische Salz „Chlor-Natrium“ ist
wie alle Salze chemisch nur schwer löslich, aber um so leichter was-
serlöslich. Es entwickelt, den Speisen beigegeben, einen scharfen Ge-
schmacksreiz, es ätzt und verbrennt gewissermaßen die Geschmacks-
wärzchen auf der Zunge. Sobald sich nun ein Mensch erst an den
Geschmack des Kochsalzes als Würze zu seinen gekochten Speisen
gewöhnt hat, d. h., daß seine Geschmacksorgane und die Nerven darin
durch die Schärfe des Salzes abgestumpft und verdorben wurden,
dann empfindet er nachher nur als würzig, was noch stärker anregt
als das Salz. Ein Mensch, der den Salzzusatz als Würze der Speisen
übertreibt, wird einem ungesalzenen Genußmittel und einer unge-
salzenen Speise überhaupt keinen Geschmack mehr abgewinnen
können. Das Obst erscheint ihm fade, er ißt es kaum mehr, und
wenn er schon einmal eine Tomate verzehren will, wird er sie be-
stimmt salzen. Die verpökelte Zunge wird unfähig, die natürliche
Würze der Früchte und Kräuter wahrzunehmen. Wegen seiner
Schärfe aber erfüllt das Salz einen anderen Zweck ganz wunderbar.
Es übertönt den Verwesungsgeschmack und die Fadheit der Fleisch-
speisen und der vom geschlachteten Tier stammenden Genußmittel.
Da nun die Zunge durch das Salz einen unrichtigen, viel zu starken
Reiz empfängt, so werden die Absonderungsdrüsen der Verdauungs-
säfte und des Mundspeichels übermäßig angeregt, um die Schärfe zu
mildern und wenn möglich, ungefährlich zu machen und jede fres-
sende und beizende Wirkung auf die feinen Schleimhäute des Darm-
kanals und der Körpergewebe zu verhindern. Aber bei lebenslangem
Gebrauch und Gewöhnung an Kochsalz von Kindheit an werden die
Schäden auf die Dauer nicht zu unterdrücken sein, auch wenn die
natürliche Lebenskraft immer wieder neue Wege findet, das Salz un-
schädlich zu machen. Zuerst staut der Körper es in ungefährliche
Lager ab, oft in den Knochen, oft in fettartigen Gebilden, es ent-
stehen im Körper Salzlager. Wenn das nicht mehr geht, versucht der
Körper, es herauszuschwemmen. Dazu gibt der Körper Gewebewasser
frei, das vom Salz wie bei jeder Pökelung begierig aufgesogen und
gebunden wird. Aber zur Entfernung dieser Salzlösung müßte eine er-
höhte Nierentätigkeit einsetzen, die nun außer mit den Restsäuren
277
aus den Fleischspeisen auch noch mit der Entfernung der Salz-
aufschwemmungen fertig werden muß. Versagen die Nieren und ihr
Zubringerorgan, die weiße fettartige Masse, welche die Verbindung
des Bauchwassers und des Inhaltes des Darmes mit den Nieren her-
stellt, so zeigen sich gar zu leicht Wasserschwellungen im Körper,
sogenannte „Wasserödeme“.
Diese entstehen nicht etwa, weil das Herz zu schwach ist und des-
halb das in die Beine gesackte Wasser nicht mehr nach oben ziehen
kann. Das Herz hat mit Wasserödemen wenig zu tun. Es regelt
die Blutbewegung, nicht aber den allgemeinen osmotischen Säfte-
strom im Körper. Dieser von Zelle zu Zelle die Zellwandungen durch-
dringende Säftestrom bringt in die einzelne Zelle Benötigtes und
nimmt unbrauchbar Gewordenes mit, um es in die Bauchhöhle zu
tragen. Hier wird das Unbrauchbare mit dem überschüssigen Wasser
und neutralisierten Säuren aus dem Stoffwechsel durch die Saugkraft
der fetthaltigen Masse, in der die Nieren und der Dickdarm einge-
lagert ist, eingesaugt und für die Überführung in die Nieren vor-
bereitet. Nun hat das Salz, wie erwähnt, die Eigenschaft, das Wasser
zu binden und in den Geweben festzuhalten. Staut sich nun derart
durch Salz gebundenes Wasser in dieser wassersaugenden und das
Wasser feinstofflich aufbereitenden Masse, dann verhindert das Salz
die Aufsaugung weiteren Wassers durch dieses bei den Tieren „Flo-
men“ genannte Organ. Es kann dann weitere Wassermassen aus dem
Körper nicht mehr aufsaugen. Diese bleiben im Körpergewebe sitzen
und sacken nach unten. Sie sammeln sich zuerst in den Beinen. Gleich-
zeitig kann der Dickdarm seine Aufgabe der Eindickung des Darm-
inhaltes durch Überführung des Wassers in die Flomen und von dort
in die Nieren nicht mehr erfüllen. Die Nieren erhalten dann nicht
mehr das nötige Wasser. Sie scheiden nur noch wenig ab, der Harn
wird trüb und dick, die Nieren erkranken und es zeigen sich die be-
kannten Stoffwechselstörungen der an Wassersucht Leidenden.
Salzgenuß und Salzschwelgerei ist die Ursache dieser Gesundheits-
störungen. Da nun die Kochkunst ohne Salz nicht auskommen kann,
weil die gekochten Speisen die natürlich gewachsenen Mineralstoffe
des Bodens in den Gemüsen durch die Kochhitze ausfallen oder wäh-
rend des Kochens für den Körper unbrauchbare Verbindungen ein-
gehen, so können die Gewebesäfte nicht mit der lebendigen Spann-
kraft durch den Körper fließen, wie es bei natürlicher Rohnahrung
der Fall ist. Der Mensch wird mineralstoffarm und damit kraftlos.
Das überträgt sich auch auf das Herz und die bluterzeugenden und
blutbewegenden Organe. Auch der Herzmuskel wird dann kraftlos.
Wenn dann noch die Wasserstauungen im Dickdarm von unten auf
das Herz drücken und den Muskel an der Arbeit hindern, dann könnte
man wirklich versucht sein, die wassersüchtigen Erscheinungen mit
einem Versagen des Herzens in Verbindung zu bringen. In Wirklich-
keit aber ist die Salzschwemme der Kochkost die Ursache. Die Hei-
278
lung erfolgt selbsttätig durch den lebendigen Mineralstoffgehalt der
Gemüse- und Obstrohkost.
Wird den Organen des Körpers, etwa der Leber oder der Bauch-
speicheldrüse, zur Überwindung der Salzschwemme Wasser entzogen,
so kommt es zu Schrumpfungen lebenswichtiger Organe und diese
werden zur weiteren Arbeit untüchtig. Wird trotz allem immer
mehr Salz gegessen, dann muß schließlich die Haut die ganze Last
der Ausscheidung übernehmen und dann kommt es zu allerhand
Störungen in der Haut, die schließlich zu Salzfluß an den Beinen und
zu Hautschäden aller Art führen. Die Haut verliert ihre lebendige
Struktur, wird lederartig oder schwemmt auf, je nachdem, ob sie mit
der erhöhten Ausscheidung fertig wird oder nicht. Sprödigkeit der
Haut, Rissigwerden und erhöhte Anfälligkeit zu Entzündungserschei-
nungen mit Verlust der Spannkraft enden schließlich, wie schon er-
wähnt, im Salzfluß.
Besonders gefährlich wird die Wirkung des Salzes im Körper bei
Lungenleiden aller Art, da es die feinen Lungengewebe und die Lun-
genschleimhaut angreift und sie zur Abwehr gegen schädigende Ein-
flüsse untüchtig macht. Sehr oft ist das eine der maßgeblichen Ur-
sachen der ersten Lungenentzündung. Auf dieser Erfahrung beruht
die Verordnung der salzfreien Diät bei Lungenleiden nach Gerson,
Sauerbruch, Hermannsdorfer und anderen.
Die schwersten Nachwirkungen können sich jedoch in den Organen
der Frau einstellen. Auch diese werden gezwungen, wie alle anderen
schleimhautüberzogenen Gebilde im Körper, das überschüssige Salz
aus dem Körper fortzuschaffen. Salizylsäure und wässerige Salz-
lösungen zusammen mit Schwächung durch Kunstzucker können den
normalen Blutfluß so ungünstig beeinflussen, daß die Gefahr des Ver-
blutens zu ungewöhnlichen Maßnahmen zwingt. Man beachte noch,
übermäßiger Salzzusatz verschont auch die Nerven nicht und greift
das Gehirn genau so an wie jedes andere Organ im Körper. Die
erregende Wirkung und die Folgen der Wasseraufschwemmung der
Nervenzellen führen zu Nervenschwäche und zu Blutandrang im
Kopf. Daraus entwickeln sich Benommenheit und Schmerzen im Kopf,
Schwindel beim Gehen, Schmerzen in den Augen und in den Ohren,
Schwere der Arme und Beine, Herzklopfen usw.
Wir dürfen unter keinen Umständen auf den Gedanken verfallen,
daß das Salz vielleicht fähig wäre, sich in Magensalzsäure umzubilden
oder daß das Natrium im Salz sich günstig auf die Blutkraft aus-
wirken könnte. Wenn es möglich wäre, das anorganische Chlor natrium
im Körper aufzuspalten in Natrium und Chlor, dann würde die Ge-
fahr der Verätzung und der Bildung von scharfen Säuren im Körper
gar nicht auszudenken sein. Deshalb hat der Körper nicht die Fähig-
keit erhalten, anorganische Salze aufzulösen und in seinen Organen
zu verwerten. Alle erdigen Grundstoffe, alle Erdmineralien müssen
im gesunden lebenskräftigen Pflanzenwuchs feinstofflich organisch
279
gebunden und in das Zellgewebe der Pflanze richtig eingebaut sein,
wenn sie zum Aufbau körpereigener Gewebe im Menschen Verwen-
dung finden sollen.
Pfeffergewürze
Der Mensch hat durch den Salzzusatz seine Geschmacksorgane ver-
ätzt und abgestumpft. Es bedarf daher umso stärkerer Anregungen,
um die Speisen würzig erscheinen zu lassen. Diesen Zweck erfüllen
die scharfen bekannten Gewürze: Pfeffer, spanischer Pfeffer, Paprika,
Piment oder Nelkenpfeffer, Muskatnuß und Senf. Sie alle verdecken
in idealer Weise den Verwesungsgeschmack und die Fadheit aller
Fleischspeisen. Ja, die Ergänzung des Kochsalzes durch pfefferige
Würzstoffe ist bestens geeignet, auch die unmöglichsten Zutaten in
fast ungenießbarer Verfassung noch als eßbares Gericht herzurichten.
Beim scharfen Geschmack der Pfeffergewürze bedenkt der Mensch
nicht, daß es sich hierbei um eine glatte Verätzung und Verbrennung
mit gleichzeitiger Täuschung der Geschmacksorgane handelt. Man
bringe nur Lösungen von Pfeffer oder Senf auf die bloße Haut, da
ergibt sich schnell eine Rötung der Haut mit Brennen und Juckreiz.
Der Körper sucht die Ätzung durch schnelle reichliche Blutzufuhr zu
überwinden. Die Blutüberfüllung der betroffenen Gewebe erzeugt
die Rötung. Pfeffer- und Senföle werden zum Blasenziehen durch
Pflaster, also zur künstlichen Erzeugung von Hautentzündungen ver-
wendet. Das zeigt uns den Weg zum Verständnis der Schädigungen
durch Pfeffer und Senf.
Die Schärfe dieser Würzstoffe erregt die Nerven und diese suchen
durch überhöhten Blutzufluß und Abscheidung von wässerigen Säften
den Schaden zu überwinden.
Alle säfteabscheidenden Drüsen im Magen und in den Verdauungs-
organen arbeiten sofort fieberhaft, um die ätzende Wirkung zu über-
winden und schädigende Auswirkungen zu verhindern. Die feinen
Schleimhäute im Zwölffingerdarm und im Dünndarm würden sonst
Schaden nehmen und sie zur Nahrungsaufnahme und Verarbeitung
untüchtig machen. Die mikroskopisch feinen Darmzotten dürfen unter
keinen Umständen angegriffen werden und so bildet der ganze Ver-
dauungsorganismus sofort eine Übermenschliches leistende Arbeits-
gemeinschaft, um jeden Schaden durch das brennende, ätzende Zeug
zu verhindern. Dadurch aber werden sie gehindert, ihrer wirklichen
Aufgabe gerecht zu werden und die Umwandlung der Nahrung in
brauchbare Aufbaustoffe für den Körper vorzubereiten. Scharfe Ge-
würze, dauernd genommen, zerstören im Laufe der Jahre auch den
gesündesten Magen und machen ihn untüchtig für seine Arbeit. Die
Folgen sind Magenentzündungen und Reizungsherde in der Magen-
schleimhaut mit allen daraus sich entwickelnden Folgen.
Aber das ist wahrlich nicht alles. Chemisch betrachtet gehören alle
pfefferigen, scharfen Gewürze in die Gruppe der Alkaloide. Das sind
stickstoffhaltige Kohlenstoffverbindungen von ausgesprochen basi-
280
schem Charakter. Sie alle sind nervenlähmende, das Gehirn auf lösende
Gifte. Die bekanntesten in dieser Gruppe der Genußgifte sind Nikotin
im Tabak, Morphin in den Opiaten, Chinin, durch dessen lähmende
Eigenschaften man das Malariafieber zu bekämpfen hoffte, das Atro-
pin der Tollkirsche, das Strychnin in den Brechnüssen, das Piperin in
den verschiedenen Pfeffersorten und das Sinapin im Senfsamen.
Würde es möglich sein, Pfeffer in größeren Mengen zu verzehren, so
würden die Giftwirkungen in ihrer ganzen Kraft sofort wahrzuneh-
men sein. Aber man glaubt, durch den täglichen Genuß geringer Men-
gen als Zusatz zu Wurst- und Fleischwaren, zu Käse und zum Fisch-
salat, zu Mayonäsen, ja, auch zu Kohlgerichten und Gemüsezuberei-
tungen seinen Nerven und seinem Gehirn keinen Schaden zufügen zu
können, sondern im Gegenteil, seine Verdauung zu heben und zu ver-
bessern, weil die erhöhte Absonderung der Speichel- und Magensaft-
drüsen diesen Zustand vortäuscht.
Kaffee, Tee, Kakao
Da rasselt am Morgen der Wecker. Die Pflicht ruft zur Unter-
brechung des Schlafes, aber man fühlt sich doch noch nicht so richtig.
Ein Schälchen heißen Kaffee und eine Semmel dazu: Wie dies das
Herz anregt und alle Müdigkeit vergessen läßt? Oder man hat ein
gutes Mahl eingenommen und fühlt sich so richtig satt und wegen
der viel zu reichlichen Arbeit der Verdauungsorgane unlustig und ge-
reizt. Wie schnell ist das überwunden durch eine Tasse Mokka oder
heißen Bohnenkaffee mit dem so anregenden Herzgift darin? Wie
angenehm ist so ein kleiner Kaffeerausch! Wie plaudert es sich da so
angeregt, wie glänzen die Augen, wie röten sich die Wangen! Aber
wie verheerend ist die Wirkung im Körper! Das Coffein im Kaffee
ist wiederum ein schweres Gift und zwar ein Blutgift wie das in
Leichengift sich wandelnde Xanthin im Tierfleisch, das dem Kultur-
menschen zur Speise dient. Coffein, der wirksame Stoff im Kaffee,
ist eine Purinbase ähnlich der Harnsäurebildner im Tierfleisch. Bei
deren Auflösung bildet sich neben anderen Blut- und Nervengiften
Harnsäure. Die Lebenskraft sucht sich gegen diese heißen erregenden
Gifte zu wehren und beginnt deshalb fieberhaft zu arbeiten. Die
Stoffwechselvorgänge und damit die Arbeit des Blutes wird erhöht,
das beschleunigt das Herz. Die damit zusammenhängende Erregung
der Nerven täuscht auch dem ermüdeten Menschen neue Spannkraft
vor, so daß er sich gar zu gern über seinen wahren Kräftezustand
täuschen läßt und über das Maß seiner Kräfte hinausgeht. Bei selte-
nem Kaffeegenuß dauert die Arbeit der erhöhten Abwehrkraft des
Körpers bis in die Nacht hinein und hält den Menschen wach. Welcher
Unverstand nannte diesen Zustand „Anregung“?
Die Erschlaffung folgt der Aufregung und wehe dem Menschen, der
dann versucht, diese durch weiteren Kaffeegenuß zu überwinden. Er
wird dadurch süchtig auf die krankhafte Erregung. Es summieren
sich die täglichen kleinen Schäden und bringen auch die kräftigste
281
und gesündeste Konstitution und das gesündeste Herz zur Strecke,
wenn nicht vorher schon durch Nervenüberreizung eine geistige Ver-
kümmerung oder gar Geisteskrankheit einsetzt.
Außer dem Coffein findet sich im Kaffee noch das Alkaloid „Trigo- ■
nellin“, dies ist ein Abkömmling eines kohlensauren Pyridinkörpers
und für den Körper ein starkes Gift. Die Wirkung dieses Giftes ist
bisher noch kaum untersucht. Man hat es scheinbar wegen des vor-
herrschenden Coffeins ganz übersehen.
Das eigentliche Aroma des Kaffees ist das Kaffeeöl. Bei seiner Zer-
setzung bilden sich pyridinartige Basen, die ebenfalls giftig wirken.
Durch das Rösten der Kaffeebohnen bilden sich die aromatischen
Röstgifte Ammoniak, Pyridin, Essigsäure, Valeriansäure, Furfurol,
Phenol und andere. Alle miteinander sind Blut- und Nervengifte. Sie
alle erregen die Abwehrkräfte und verstärken die „anregende“ Wir-
kung. Bei Süchtig werden verstärken die Gifte die Wirkung der Harn-
säure und der Blutversäuerung durch Fleischspeisen und vom Tier
stammende Genußmittel. Die Leiden, die dieser Harnsäureschwemme
folgen, sind bereits mehrfach bekannt gemacht.
Aber auch die Aufbereitung des Kaffees und das Rösten geht nicht
ohne bedenkliche Kunstgriffe vor sich. Um in der Farbe unansehn-
liche Sorten zu „schönen“, setzt man, je nach Bedarf, gelbe oder
grüne Farbe zu, die alle miteinander der chemischen Giftküche ent-
stammen. Bleifarben sind dabei ebenso beliebt wie Teerfarbstoffe.
Um aber nach dem Rösten das Verdunsten des Aromas zu verhüten
und eine Lagerung zu ermöglichen, überzieht man die Bohnen wäh-
rend des Röstens mit zuckerhaltigen Stoffen, die eine tiefbraune
Farbe ergeben oder mit Gummi, Glyzerin, Harzen, Schellack u. a.
Da aber die Überzüge teuer sind, nimmt man zum Kollophonium,
einem Rückstand aus der Terpentingewinnung, und ähnlichen Lösun-
gen und Mischungen seine Zuflucht. Das Glasieren ist ein allgemein
üblicher Gebrauch. Alles das aber schlürft der Kaffeetrinker in sich
hinein.
Der Kaffee ist für die meisten zivilisierten Menschen ein begehr-
tes Genußmittel, das ist nicht zu leugnen, aber für Kinder, Lebens-
reformer und Herzschwäche ist er gar zu leicht zu stark. Da hilft
coffeinfreier Kaffee. Da Coffein in der Arzneimittelherstellung ein
viel begehrter Stoff ist, so wird er in chemischen Fabriken aus der
Kaffeebohne chemisch extrahiert und rein dargestellt. Die Extrahie-
rung geschieht in der bekannten Weise der chemischen Ölgewinnung.
Die Bohnen werden nach Aufquellen im Wasserdampf mit Äther,
Azeton, Benzol, Tetrachlorkohlenstoff oder ähnlichen Mitteln behan-
delt. Diese entziehen der Bohne mit dem öl das Coffein bis auf ge-
ringe Spuren. Das freie Coffein wird dann durch Abdestillieren, Rei-
nigen und Filtrieren gewonnen. Uber 98 Prozent des Ausgangs-
materials verbleiben als wertloser Rückstand. Das aber wäre un-
rentabel. So wurde der Rückstand auf neu hergerichtet und als cof-
282
feinfreier Kaffee in den Handel gebracht. Wo aber bleiben die
Lösungsmittel, die alle miteinander wegen ihrer fettlösenden Eigen-
schaften, auch in Spuren, noch schwere Nervengifte sind? Welche
Garantie hat der Verbraucher, daß auch wirklich alle Lösungsmittel
und Chemikalien verschwunden sind?
Außer dem Kaffee wird als Ergänzung der Mahlzeiten der „Tee“
getrunken. Dieser wird außer von den zivilisierten weißen Menschen
auch von den Asiaten, den Chinesen, Japanern usw. viel verwendet.
Der wirksame Stoff im Tee ist gleichfalls Coffein. Was man als Teein
bezeichnet, ist vollkommen identisch mit Coffein, auch die Wirkung
auf den Körper, das Herz und die Blutbewegung ist die gleiche. Der
Unterschied besteht nur in der schwächeren Lösung im Teegetränk
und in dem Fehlen der Röstgifte. Auch der schwächste Kaffeeaufguß
ist im Giftgehalt mindestens doppelt so stark wie ein guter Teeauf-
guß. Deshalb die nachhaltigere Wirkung des Kaffees und der darin
enthaltenen Röstgifte.
Kakao wird aus den Samenkernen des prachtvollen, aus dem tropi-
schen Amerika stammenden Kakaobaumes gewonnen. Linne gab
ihm den Namen: Theobroama = Götterspeise. Von diesem Linneschen
Namen hat der wirksame Stoff im Kakao seinen Namen „Theobro-
min“. Dieses Theobromin ist dem Coffein ähnlich, aber nicht identisch.
Neben diesem an sich giftigen Alkaloid enthält der Kakao dann noch
eine Spur von Coffein. Beide zusammen ergeben die Anregungen, die
aber deshalb nicht so energisch sind wie beim Coffein, weil das
Theobromin so schwer löslich ist. Trotzdem kann der Genuß von
100 Gramm und mehr Reinkakao zu Schweißausbruch, Pulsverlang-
samung, Zittern und anderem führen. Die eigenartige Wirkung des
mit Zucker gemischten Kakaopulvers liegt darin, daß es den Zucker-
stoffwechsel in den Geweben hemmt, das führt dann zur Pulsver-
langsamung. Dadurch werden die Gewebe auf geschwemmt und es
wird der Anschein erweckt, als ob man gekräftigt und auch besser
ernährt wäre. In Wirklichkeit hat sich bei ausgedehnten Ernährungs-
versuchen erwiesen, daß die scheinbare Stärkung auf einer Täuschung
beruht. Durch die Zurückhaltung des Zuckerstoffwechsels und die da-
durch bedingte Aufschwemmung neigen die Gewebe zur Fäulnis. Den
Beweis dafür hat uns ein englischer Arzt in Indien erbracht, der drei
zum Tode verurteilten Verbrechern die Freiheit versprach, wenn sie
folgende Versuche überstehen würden:
Der Erste sollte nur mit Kakao in verschiedenen Zubereitungen
ernährt werden. Er starb nach 80 Tagen, nachdem seine Glieder nach
und nach brandig geworden und abgefault waren.
Der Zweite bekam nur Kaffee. Er lebte etwas über 7 Monate. Sein
Körper machte zum Schluß einen fast verbrannten Eindruck. Bei der
Leichenöffnung zeigte sich, daß die Innenwände der Adern tatsäch-
lich verbrannt waren.
Der Dritte, der nur mit Tee ernährt wurde, starb am Hungertode
nach Ablauf von 2 Jahren.
283
Die südamerikanischen Kakaobohnen müssen eine Selbstgärung
durchmachen. Der Zucker, der sich im äußeren Fruchtmus der gan-
zen Kakaofrucht befindet, wird dabei in Alkohol vergoren. Nachher
setzt dann eine Essiggärung ein. Die Essigsäure beginnt dann auf den
Kern der Bohne einzuwirken. Durch diese Gärung wird die Lebens-
und Keimkraft des Samens vernichtet und die Kernmasse beginnt in
Fäulnis überzugehen und zu verrotten. Hier unterbricht man den
Prozeß der Vorbereitung und die Bohne wird gewaschen und ge-
trocknet. In den Verbraucher ländern werden die Bohnen dann bei
etwa 130 bis 140 Grad geröstet und gemahlen. Die Kakaomasse wird
entölt durch die bekannte chemische Extrahierung und Destillierung
mit nachfolgender Reinigung der Masse. Um eine bessere Verteilung
bei der Zubereitung als Getränk zu ermöglichen, wird das entölte
Kakaopulver mit Soda, Pottasche, Magnesiumkarbonat, Hirschhorn-
salz oder ähnlichen Stoffen behandelt. Das fertige Produkt ist dann
„löslicher Kakao“. Diese Masse des in den schon beschriebenen
chemischen Verfahren entölten und mit Alkalien behandelten Kakao-
pulvers ist die Grundlage für die beliebten Getränke. Mit 50 Prozent
Zucker und mehr vermischt, mit „Kakaobutter“ und Gewürzen ver-
setzt, bildet es die Grundlage der Schokoladenerzeugnisse.
Kakaobutter werden die Fett- und Ölstoffe genannt, die bei der
Aufbereitung der Kakaobohnen zum entölten Kakaopulver auf che-
mischem Wege mit den bereits bekannten fettlösenden Chemikalien
der Kakaomasse entzogen wurden. Sie erhärten nach der bekannten
chemischen Reinigung und Raffinierung zu einer halbfesten Masse.
Diese Kakaobutter mag eine brauchbare Grundlage für Salben und
Hautpflegemittel sein, sie taugt aber wegen ihrer rein chemischen
Gewinnung und Verarbeitung genau so wenig als Zusatz zu Genuß-
und Nahrungsmitteln wie die aufbereitete Kakaomasse.
Coffein und Theobromin sind gif tige Alkaloide und stehen in naher
chemischer Verwandtschaft zu Chinin, Atropin, Ergotin, Nikotin,
Morphin und anderen. Alle diese verlieren in saurer Lösung einen
Teil ihrer Giftwirkung, werden also im Körper des versäuerten
Fleischessers bedingt vertragen. Daraus bildete sich der Trugschluß,
daß Mate-Tee, hergestellt aus den Blättern einer brasilianischen Ilex-
art, ein Harnsäurefeind sei und der Versäuerung durch Fleisch-
speisen entgegenwirke. Inzwischen haben brasilianische Ärzte festge-
stellt, daß das Coffein im Mate-Tee sich in nichts von dem im Kaffee
oder Ceylon-Tee unterscheidet. Das Ilexblatt hat einen größeren Ge-
halt an Coffein als das Blatt des Teestrauches und wirkt deshalb,
dauernd getrunken, fast so schlimm wie Kaffee, besonders bei der
bekannten einseitigen Ernährung der ärmeren Brasilianer und
Argentinier. In alkalischer Lösung zerfallen diese Gifte in schnell be-
wegliche Einzelteilchen. Es tritt eine Intensivierung ihrer Wirksam-
keit ein. Das zu beachten ist wichtig für Vegetarier und Rohköstler.
Das Blut und die Säfte des erfahrenen Rohköstlers sind stark alka-
lisch und frei von Säuren und deshalb entwickeln diese Gifte bei
284
ihnen eine stärkere Giftwirkung als bei landesüblich sich Ernähren-
den.
Wein, Bier, Schnaps und Liköre
Mit dem vorhergehenden Abschnitt sollte diese Abhandlung über
die Einwirkung der Ernährung auf unsere Gesundheit und die Ent-
stehung von Krankheitszuständen abgeschlossen sein, aber die ange-
gebenen Getränke als Ergänzung der landesüblichen Ernährung sind
so umfassend im Gebrauch, daß sich wenigstens ein Hinweis nicht
umgehen läßt.
Getreide ist die weltweite Grundlage der Ernährung der Menschen
aller Erdteile und aller Völkerschaften. Aber man ißt das Getreide,
den Samen der Gräser, nicht in dem Zustand, in welchem es gewach-
sen ist, sondern man kocht, backt oder röstet es. Die Küchentechnik
von der einfachen Brotzubereitung der Primitiven bis zur hochent-
wickelten Müllerei- und Bäckereiindustrie bedient sich des Feuers in
der einen oder anderen Form. Wir sahen schon, welche Folgen für
den Gesundheitszustand der Menschen daraus entstehen können und
entstanden sind. Hier interessiert uns die Herstellung und der Ge-
nuß des Getreides als Ursache des Alkoholmißbrauches nicht nur in
den europäischen Völkerschaften, sondern in allen Ländern und allen
Völkern auf dem weiten Erdenrund. Die Asiaten bevorzugen Reis
als Getreidenahrung, sie brennen sich Schnaps aus Reis. Die Euro-
päer bevorzugen das sogenannte Brotgetreide und brennen sich
Schnaps und Bier daraus. Die romanischen Völker bevorzugen zu
ihrem weißen Brot und den raffiniert zubereiteten Fleischspeisen als
Getränk den vergorenen Saft aus der Weintraube, aus der lieblich-
sten und besten Frucht, die dem Menschen von der Natur geboten
wurde, und brennen sich daraus Weinbrand. Wie hängt das mitein-
ander zusammen, warum die Verkettung der verschiedenen Alkoho-
lika mit dem Brotgenuß und der Zubereitung von Getreidespeisen.
Und warum wird Wein zu den raffiniertesten Fleischspeisen und
Fischgerichten getrunken?
Brot aller Art wird hergestellt aus dem Teig, den man vorher
durch Zusatz von Sauerteig oder Hefe in Gärung versetzte. Die
Gärung ist eine chemische Auflösung, ein Zerfallsvorgang, bei dem
sich Zucker in Alkohol und Kohlensäure auflöst. Die bei der Gärung
in der Ofenwärme entstehende Kohlensäure treibt bei richtiger
Handhabung den Teig auf und macht das Brot schön locker. Der
Alkohol wird bei der Hitze mit ausgetrieben. Die Gärung wird durch
den Backprozeß nicht beendet, sie wird wohl unterbrochen, aber das
Brot im Magen und die Getreidespeisen sind wegen des Wasserge-
haltes oder wegen der verschiedenen Aufstriche und Zutaten nicht
richtig mit Mundspeichel durchtränkt, und die Getreidestärke ist
durch die Erhitzung sowieso schon in Kleister verwandelt. So liegt
denn der nur unvollständig gewandelte Stärkekleister viel zu lange
im Magen, da er ja im Magen nicht weiter verarbeitet werden kann,
und die unterbrochene Gärung setzt wieder ein. Dabei entstehen im
Magen Kohlensäure und Alkohol. Frisch entstehendes Kohlensäure-
gas hat wie alle Säuren fressende Wirkung und der frisch entstan-
dene Alkohol brennt und ätzt, denn er reißt das Gewebswasser an
sich. Die auf treibende Wirkung der Kohlensäure erzeugt im Magen
Gasdruck und der Alkohol verlangt nach Aufschwemmung durch
irgendeine Flüssigkeit. Das nennt man dann Brotdurst, aber dem
entstehenden Alkohol im Magen ist mit Wasser nicht geholfen. Was-
ser hebt die Gärung nicht auf. Die erstickt erst in sich selbst, sobald
die Lösung 15 Prozent Alkohol enthält. Das Trinken von hochpro-
zentigen Alkoholikas bringt deshalb die Erscheinungen der Gärung
im Magen schnell zum abklingen. So zwang die im Magen gar zu
leicht einsetzende Gärung der genossenen Brot- und Getreidespeisen
den Menschen zu dem ihm gemäßen Getränk.
Zusätzlich genossener Alkohol im Schnaps mit der dazugehörigen
Flüssigkeit im Bier stumpft die Brotgärung im Magen ab und erlöst
den Menschen vom Gasdruck. Das drückend unangenehme Gefühl
verschwindet und man empfindet das alkoholhaltige Getränk als Er-
lösung. So schlichen sich Schnaps und Bier ein in die Ernährungsge-
wohnheiten des deutschen Menschen.
Der Wein ist eine Erfindung der Raffinesse der morgenländischen
und mittelmeerländischen Küche. In den Kreisen der freien Bürger
dieser Völker (die Sklaven nahmen daran sowieso nicht teil), wurde
die Aufbereitung der Fleischspeisen auf die Spitze getrieben und Ge-
müse und grobe Kost vernachlässigt. Das aber bedeutete eine gewal-
tige Überlastung der Verdauungsorgane. Daraus entstanden Verdau-
ungsstörungen aller Art und die Traube des Weinstocks war die be-
vorzugte aller Fruchtarten. Aber wie leicht gärte der abgepreßte
Saft! Wie schnell machte man die Entdeckung, daß gegorener Wein,
als Zugabe zu Fleischspeisen getrunken, Unbehaglichkeit im Magen
und Verdauungsstörungen oft gar nicht erst entstehen ließ. So wur-
den die Speisen ergänzt durch den vergorenen Saft der Traube. Er
wurde mit der Überwindung der Sklaverei nach dem Zusammen-
bruch des römischen Reiches das Volksgetränk der übriggebliebenen
Bewohner, aus denen die romanischen Völkerschaften hervorgingen.
Ähnliche Vorgänge müssen wir für die Erfindung der verschiede-
nen Rauschgetränke unter den Völkern der Erde verantwortlich
machen. Erst kam die Einführung der Feuersglut bei der Zubereitung
der Nahrung. Die damit einhergehenden Magenstörungen sucht man
durch die alkoholischen Getränke zu überwinden. Man ahnte nicht,
was sich daraus entwickelte. Man ahnte nicht, daß ein Teufelskreis,
einmal begonnen, solange wirkt, bis die dem Irrtum verfallenen Völ-
ker daran zugrunde gegangen sind. Statistisch nachweisbar und allen
Arbeitern in der Volksfürsorge bekannt sind die Entartungen der
nur gar zu leicht in Süchtigkeit ausartenden Folgen des Alkoholge-
nusses, seien es nun Wein, Bier, Schnaps oder die modernen Liköre.
Gewiß, der Staat zieht gewaltige Einnahmen aus der Getränke- und
286
Alkoholsteuer. Aber was kostet die Unterhaltung der Irren- und
Zuchthäuser, die zu einem recht erheblichen Prozentsatz von Opfern
der Trunksucht und von Nachkommen Trunksüchtiger bevölkert wer-
den? Der Vorkriegsverbrauch an alkoholischen Getränken, umgerech-
net in Eigenheime, würde es ermöglicht haben, jährlich 250 000 Fa-
milien ein anständiges Eigenheim zu errichten. Doch der Worte sind
genug gewechselt, Bücher und Bibliotheken wurden schon geschrie-
ben über den Schaden, den der Gebrauch von alkoholischen Geträn-
ken im menschlichen Körper, an seiner Gesundheit, an seiner seeli-
schen und geistigen Leistungsfähigkeit angerichtet hat. Wer hätte
noch nicht gehört vom Alkohol als Ursache so vieler Krebsleiden im
Halse, Magen und im Darm? Wer wüßte nichts vom Schrumpfmagen,
Schrumpfnieren und Verkümmerung der Leber als Folge des Alko-
holgenusses? Alkohol oder Weingeist, chemisch Äthyl- Alkohol, ist
fettlösend bzw. ein Fettlöser und daher ein lähmendes Nervengift,
durch das die Nerven und das Gehirn erst gelähmt und dann zerstört
werden. Alle anderen Schäden kommen erst in zweiter Linie; denn
diese sind zur Hauptsache nur Ätzschäden und solche, die durch die
Wasserentziehung aus den Geweben entstehen und sich erst nach
übersteigertem Genuß zeigen. Die Nerven- und Gehirnschäden aber
machen sich schon beim ersten leisen Rausch bemerkbar und schrei-
ten je nach dem Gesundheitszustand des Menschen stetig aber sicher
bis zur Zerstörung seiner geistigen und seelischen Kräfte fort, beson-
ders, wenn der Betroffene erst süchtig wurde.
Über die Weinpanscherei und die verschiedensten Arten von Ver-
fälschungen der Weine und Weinbrandliköre und über die Zusätze
bei der Herstellung und Schönung der Weine und Liköre soll hier
nicht gesprochen werden. Nur soviel sei gesagt, wenn alle Weine und
Weinbrände, die in der Welt getrunken werden, Erzeugnisse aus
Weintrauben wären, die gesamte Anbaufläche Europas würde nicht
ausreichen, sie alle herzustellen. Auf dem weiten Erdenrund ver-
wandelt der Mensch die schmackhafte Frucht des Weinstocks und bei
natürlichem Anbau die gesundeste in ein schweres Nerven- und Ge-
hirngift, um seinen Süchten und Genüssen frönen zu können.
Wie aber kann man den Schaden abstellen? Das ist die Frage, die
uns hier angeht und vordringlich ist. Aus der küchentechnischen Zu-
bereitung der landesüblichen Ernährung aller Völker mit dem Koch-
topf, der Bratpfanne und dem Backofen und den ersten gesundheit-
lichen Schäden aus einer derartigen Kochküche entwickelte sich die
Herstellung der alkoholischen Getränke aller Art. Brot und Schnaps,
Fleisch und Wein gehören zusammen, das ist wohl bekannt, aber bis-
her nicht bedacht. Stellt man aber die Ernährung auf natürliche
Grundlagen um und ißt die natürliche Nahrung so, wie die Natur sie
für den Menschen vorgesehen hat, dann verschwindet das Verlangen
nach diesen Rauschgetränken ohne besondere Anstrengung. Der Ge-
schmack entwickelt sich in anderen Bahnen und die Verdauungsarbeit
287
vollzieht sich reibungslos und ohne Störungen. Solange aber der
Bayer seine dicken Knödel, seine Salzstangen und seinen Salzrettich
ißt, wird er auch Bier trinken müssen.
Tabak
Alle Völker auf dem weiten Erdenrund bereiten sich ausnahmslos
ihre für ihre Erhaltung und Kräftigung bestimmte Nahrung mit Hilfe
des Feuers in der einen oder anderen Weise durch Braten, Backen,
Kochen, Schmoren oder Brennen zu. Und würden wir in die abge-
legensten Gegenden des australischen Kontinents oder des dunklen
Afrikas nach einem Menschen suchen gehen, der sich noch aus Natur-
instinkt heraus nur von nicht erhitzter Nahrung zu erhalten bestrebt
ist, wir würden enttäuscht heimkehren müssen, es gibt so einen Men-
schen nicht. Alle Völker der Erde benutzen das Feuer als Hilfsmittel
bei der Zubereitung ihrer Nahrung. Deshalb fühlen sich auch alle
Menschen nach der Einnahme ihrer Mahlzeiten nicht erfrischt und
gestärkt und in gehobener Stimmung, sondern nach der Einnahme
der gekochten Mahlzeit werden die Menschen von Unlustgefühlen,
Druck im Magen, leichten Fieberzuständen und, bei entsprechender
Veranlagung, d. h. bei Neigung zu Magenversäuerungen, von Er-
regungszuständen gequält. Diese versuchten die Menschen seit jeher
auf irgendeine Art zu bekämpfen oder zu unterdrücken. Kaffee, Tee,
Bier, Wein, Schnaps und Liköre lernten wir in diesem Sinne bereits
in ihrer eigenartigen Wirkung mit den nachfolgenden bekannten
Krankheiten und Zerstörungen in den Organen kennen. Aber seit
der Entdeckung Amerikas durch Columbus übernahmen die Europäer
und nach ihnen die Bewohner aller Erdteile ein anderes Laster, um
der Unlust nach dem Essen Herr zu werden: den „Tabak“.
Ein paar tiefe Züge aus dem Glimmstengel nach der Mahlzeit, so
heißt es, beruhigen so schön, sie unterdrücken die Unlustgefühle und
bringen die Nerven wieder ins Gleichgewicht und — was dem Tabak
nicht noch alles nachgerühmt wird.
Wodurch wird diese Wirkung erzeugt?
Wer in jungen oder späteren Jahren zum ersten Male versucht, sich
des Tabaks zu bedienen, wird aus dem revoltierenden Ausbruch der
Abwehrkraft der gesunden Organe seines Körpers ohne weiteres er-
kennen müssen, daß der Tabak wie ein schweres Gift auf seinen Kör-
per wirkt und wie sich der Körper mit allen Mitteln des Giftes wieder
zu entledigen sucht. Der Tabak ist tatsächlich ein Gift, denn in ihm
findet sich das Alkaloid „Nicotin“, so genannt nach dem Franzosen
Nicot, der die Giftwirkung dieses Alkaloids im Tabak zum ersten
Male beschrieb. Tatsächlich gehört das Alkaloid Nicotin zu den ge-
fährlichsten und tödlichsten Giftstoffen, die in der Pflanzenwelt über-
haupt gefunden werden. Da diese Tatsache sich inzwischen allgemein
herumgesprochen hat, so ist es eigentlich nicht notwendig, darüber
noch große Worte zu verlieren. Unbegreiflich ist es nur, daß Men-
288
sehen, die da vorgeben, bei gutem Verstand zu sein und dem An-
schein nach auch über einen gesunden Menschenverstand verfügen,
sich so hemmungslos und sorglos dem Genuß dieses Giftes hingeben.
Die große Gefahr des Tabakgiftes für den Menschen liegt nun darin,
daß der Mensch nach der Gewöhnung an dieses Gift jahre- und jahr-
zehntelang ganz beschwerdefrei zu sein scheint und sich in seinem
Wohlbefinden durch den Genuß gar noch gehoben fühlen kann, ehe
es zu katastrophalen Auswirkungen des Giftes im Körper kommt.
Zeigen sich dann nach Jahren ausgesprochene Giftwirkungen, so will
es der Mensch noch nicht einmal wahr haben, daß die Erscheinungen
mit seinem Genuß am Glimmstengel oder der Tabakpfeife Zusam-
menhängen.
Die schweren Schädigungen des Tabakgiftes zeigen sich nicht so
sehr in den Lungen als vielmehr in den Nerven. Nicotin ist ein Gift-
stoff, der auf das sogenannte vegetative Nervensystem wirkt und
über dieses die Schäden über den ganzen Körper verteilt. Hier sei be-
merkt, daß man als vegetatives Nervensystem jenes Geflecht von
Nervensträngen bezeichnet, das nicht durch das Hirn unserem Wil-
len unterstellt ist und unser Gefühl und unsere Sinne beeinflußt, son-
dern es ist jenes Nervensystem gemeint, das die instinktive Tätigkeit
des Körpers über das sogenannte Sonnengeflecht regelt. Diese Nerven
regeln zuerst die Verdauung, d. h. die Tätigkeit des Magens, des
Darmes, der Nieren, des Herzens, der Lungen und zum Schluß die
Blut- und Säftebewegung im Körper. Alle diese Organe und die sie
regelnden Nerven können sich nicht durch Schmerzempfindung be-
merkbar machen. Sie können deshalb in den Anfangsstadien der
Krankheitserscheinungen keine Warnung an das Gehirn geben. So
geht denn der Mensch, der sich einmal in den Maschen der Tabak-
seuche gefangen hat, ahnungslos mit den zunehmenden Zerstörungen
und den Giftwirkungen, die immer vorhanden sind und früher oder
später offenbar werden, seinem schmerzvollen Untergang entgegen.
Wenn sich die Schäden erst durch Schmerzen bemerkbar machen, ist
der krankhafte Entartungszustand der angegriffenen Organe bereits
soweit fortgeschritten, daß an eine wirkliche Heilung kaum mehr ge-
dacht werden kann.
Wenn auch die schwersten Schädigungen am vegetativen Nerven-
system feststellbar sind, so werden doch die übrigen Nerven des Ge-
fühls und der Sinnesorgane, das Großhirn und mehr noch das Klein-
hirn genau so angegriffen und langsam aber sicher zerstört. Doch
machen wir uns ganz kurz ein Bild von den Zerstörungen, die der
Tabakgenuß im Körper unbemerkt von dem Befallenen anrichten
kann und bei gegebener Veranlagung in den jeweils betroffenen Par-
tien auch anrichtet. Wir müssen uns dabei stets folgendes klar
machen: Nicht jeder Mensch wird auf die gleiche Weise von den
gleichen Schäden ergriffen, sondern die Giftwirkungen werden sich
jeweils in den schwächsten Organen zuerst auswirken und deshalb
treten nur selten ganz gleichartige Krankheitserscheinungen zu Tage.
19 Sommer, Ernährung
289
Beim ersten Versuch, sich das Rauchen anzugewöhnen, kommt es
außer zum Kratzen auf der Zunge und im Hals vor allem zu ruck-
artig sich wiederholendem, starkem Brechreiz mit ebensolchem
Durchfall, d. h., der Körper sucht sich krampfhaft und gewaltsam des
Gifteinbruches zu erwehren. Glücklich ist der Mensch, der sich diese
Warnung zu Herzen nimmt und seine Finger von dem Giftkraut läßt.
Nach Erholung von dem ersten Angriff gewöhnt sich der Magen
scheinbar an die Gifteinwirkung, da er ja nicht mehr so deutlich mit
Brechreiz und so weiter anspricht. Doch nun setzt bei Leuten mit
empfindlichem Magen die Wirkung auf den Magen erst recht ein. Es
kann zu schweren organischen Störungen mit akuter Magenentzün-
dung kommen, die in schweren Magengeschwüren und in Geschwüren
am Zwölffingerdarm und am Pförtner enden. Entzündungen der
Schleimhäute mit Neigung zu bösartigen Krebsgeschwüren sind keine
Seltenheit.
Als Nervengift wirkt sich das Nicotin durch Lähmung der Nerven
mit all ihren Folgen aus. Diese Nervenlähmung aber ist es, die von
den meisten Rauchern nach dem Essen z. B. gesucht und die so be-
ruhigend nach einem guten Mahle empfunden wird. Auch wenn die
Nerven aus anderen Gründen erregt und überspannt sind, wie gut
tut da ein Zug aus der Zigarre oder der Zigarette. Die beruhigende
Wirkung ist eine Folge der Nervenlähmung und führt mit der Zeit
zu schweren Bewußtseinsstörungen, zu Störungen der Sinnestätigkeit
aller Art, zu Eiterungen der Sinnesorgane, Sehstörungen, Ohreneite-
rungen und dergl., das wird nicht bedacht. Der Gehörsinn wird leider
zu oft betroffen, und manche fortschreitende Taubheit ist im Ur-
sprung auf das Tabakgift zurückzuführen. Auch die Atmungsorgane
können dabei sehr in Mitleidenschaft gezogen werden, hartnäckige
Rachen- und Kehlkopfentzündungen sind keine Seltenheit und der
Raucherkrebs an Zunge, Kehlkopf usw. ist bestimmt nicht ganz un-
bekannt.
Wenn, wie es auch gar nicht selten vorkommt, die Organe konsti-
tutionsgemäß und der guten Erbanlage nach so gesund sind, daß
offensichtliche Störungen nicht beobachtet werden können, dann
kommt es häufig zu direkten Schäden in der Zentrale der vegeta-
tiven Nerven, dem Sonnengeflecht. Dadurch entstehen dann schwere
Herzschäden, wie z. B. Verhärtung der Kranzarterien des Herzens
mit den daraus sich ergebenden Zuständen schwerer Herzstörungen
und Herzlähmungen. Es bildet sich daraus oft der Zustand der An-
gina pectoris, d. h. der gefürchteten Herzkrankheit, die kaum noch zu
beheben ist, und der jetzt so oft auftretende Herzinfarkt.
Aber damit nicht genug, kann man wohl sagen, daß die Wirkung
des Tabakgiftes keinen Teil und kein Organ des Körpers verschonen
wird. Von der Störung des Magens bis zu der Bauchspeicheldrüse ist
es doch wahrlich nicht weit.
290
Bekannt sind ferner die erhöhten Reflexwirkungen der Nerven bei
starken Rauchern, starkes Zittern der Glieder mit langsam zuneh-
mender Verschlimmerung, erhöhte Erregung des Herzens mit Herz-
jagen, abwechselnd mit Herzbeklemmungen. Dazu können dann noch
schlimme Einwirkungen auf die Schilddrüse kommen, die Erschei-
nungen ähnlich der Basedowschen Erkrankung hervorrufen können.
Aber die schwersten Schädigungen können in den Geschlechtsorga-
nen angerichtet werden. Ein junges Mädchen wird durch die Einwir-
kung des Tabakgiftes viel zu früh altern und sehr leicht unfrucht-
bar werden, während beim Mann Impotenz sehr oft die Folge sein
kann. Das zu erwartende Kind von tabakrauchenden jungen Eltern
aber wird schon vorgeburtlich schwer angeschlagen sein. In den
Säuglingsjahren wird es um so schwerer in der Entwicklung ge-
hemmt, je mehr sich die stillende Mutter dem Rauchlaster hingibt
und das Kind in der vom Tabakrauch erfüllten Luft zu atmen ge-
zwungen ist. Eine rauchende junge Mutter wird kaum stillen können,
wenn sie dazu trotzdem noch fähig ist, dann wird sie durch die
Brustnahrung die nervenlähmende Wirkung auf das Kind übertragen,
das dadurch in der Entwicklung nur langsam vorankommen wird,
wenn es nicht gar schweren Schaden an Hirn und Nerven nimmt.
Nicht nur die Verdauungsorgane und das Herz, sondern auch die
Nieren und das Blut, die Muskeln und die Hautorgane können und
werden von den Schäden erfaßt. Doch es würde zu weit führen, hier
die ganze Liste der möglichen Schädigungen anzuführen. Wer es be-
greifen kann, dem sei nur noch kurz gesagt, daß alle Ernährungs-
schäden, die in diesen Abschnitten behandelt wurden, durch die Ein-
wirkung des Tabakgiftes nicht aufgehoben, sondern auf jeden Fall
verschlimmert werden. Sie können erst zur wirklichen Ausheilung
kommen, wenn mit einer Ernährungsumstellung zur Überwindung
der Krankheitserscheinungen auch die Seuche des Tabakrauchens
und andersgearteten Tabakgenusses überwunden wird. Aber den
Versuch, der Seuche Einhalt zu gebieten, macht das Gift selbst un-
möglich. Der Tabak lähmt nicht nur die Nerven und schwächt damit
die Entschlußkraft des Menschen, sondern er betäubt mit den Nerven
auch das Gewissen und ruft zu der bekannten Rücksichtslosigkeit
des Rauchers auf seine Umgebung auch eine Schwächung seiner Wil-
lenskraft hervor. Der Tabak lähmt so den Willen zur Überwindung
des Lasters. Ist aber das Laster zur Sucht geworden, dann ist kaum
noch Hilfe zu bringen, da dann außer der Überwindung der inzwi-
schen eingetretenen Schäden noch besondere Entziehungskuren not-
wendig werden, denen sich der Süchtige nur ungern oder gar nicht
unterziehen will und kann.
Wenn wir uns dieses erschütternde Bild von den Auswirkungen
des Tabakgiftes auf den menschlichen Körper so recht eindringlich
vor Augen halten, dann wird es unverständlich, wie ein gesunder
junger Mann bei vollem Verstände sich diesem unlogischen und sinn-
losen Laster hingeben kann, das in seinen zerstörenden Auswirkun-
291
gen unübersehbaren Schaden in seinem Körper anrichtet, im Laufe
der Jahre die klare Verstandeskraft zerstört, den Raucher rücksichts-
los gegen alles werden läßt, was ihm in seiner Sucht hinderlich ist,
und ihn letzten Endes auf einen Leidensweg führt, der ihn mit Angst
und Schrecken vor dem Alter erfüllen wird. Das schleichend schmerz-
lose Gift geht seinen Weg der Zerstörung der Organe des Menschen
und seines Verstandes so unbeachtet, weil es im ersten Augenblick
die Druck- und Erregungszustände nach dem Essen so schön behebt
und beruhigt. Diese scheinbare Beruhigung ist auf eine Nervenläh-
mung zurückzuführen. Das aber wird selten erkannt und wenn, dann
nicht im vollen Umfang verstanden und beherzigt.
Diese Einführung in die Schäden des Tabakgenusses kann nicht
abgeschlossen werden, ohne wenigstens kurz noch auf die Folgen des
Zigarettenrauchens mit Inhalieren hinzuweisen. Solange der Tabak-
rauch nicht direkt durch Einatmen und Ziehen in die Lunge in den
Lungenkörper gelangt, wird eine Schädigung der Lungen selbst nur
durch die allgemeinen Nervenschäden hervorgerufen. Wird aber der
Rauch in den Lungenkörper selbst eingesogen, dann wirkt sich das
Gift hier in besonders schwerer Weise aus. Trotz der großen Wider-
standskraft der Lungen gegen Schadenswirkungen irgendwelcher
Art wird das Tabakgift sich zusammen mit den anderen Giftwir-
kungen im Tabakrauch zu allen anderen möglichen Schäden ganz be-
sonders als krebserzeugend auswirken. Die Entstehung der Lungen-
schäden geht ganz unmerklich und schmerzlos vor sich. Auch die Ent-
stehung und das Heranwachsen solcher Krebsgeschwüre in den Lun-
gen ist vorher kaum wahrzunehmen, bis es oft schon zu spät ist.
Nach den Berechnungen von Dr. Linckit werden in den nächsten
10 Jahren in Deutschland einige hunderttausend Menschen an dieser
schwersten aller Krebsleiden sterben müssen. Soweit ist diese Seuche
schon eingerissen und bei den Betroffenen kaum noch zum Stillstand
oder zur Ausheilung zu bringen.
Inzwischen geht die Tabak- und Zigarettenreklame mit ihren reiße-
rischen Anpreisungen weiter und keine Gesundheitsbehörde, kein
Abgeordnetenhaus schreitet ein, um der tödlichen Gefahr zu wehren.
Die Finanzminister so mancher Völker aber brauchen die Tabak- und
Zigarettensteuer, um ihren Etat zum Ausgleich zu bringen auf Kosten
der Volksgesundheit.
Damit beschließen wir diesen Abschnitt über die Entstehung der
Krankheiten und ihre Überwindung durch eine gesunde natürliche
Ernährung.
292
Dritter Teil
Das Urgesetz der natürlichen
Ernährung
mit ausführlichen Speisezubereitungen
Einleitung
In den vorhergegangenen Ausführungen wurde gezeigt, in welcher
verheerenden Weise sich die landesübliche Ernährung im Körper aus-
wirken kann und wird, wenn es nicht gelingt, einen grundlegenden
Umschwung in unserer Vor stellungs weit im Bezug auf unsere Ernäh-
rung und die Erzeugung unserer Nahrung herbeizuführen. Wir sahen
und haben hoffentlich begriffen: Die Ernährung von den Erzeugnissen
der weltweiten Viehzucht und des Ackerbaues als Grundlage der
Nahrungserzeugung, d. h. die Ernährung von Fleisch, Eiern, Milch
und deren sogenannten Veredelungsprodukten zusammen mit Brot
und Getreidezubereitungen und den durch Massenanbau für die Koch-
küche erzeugten Grobgemüsen ist alles andere als natürlich. Eine
solche Ernährung wird und muß die Gesundheit und die Widerstands-
kraft des Menschen untergraben und vorzeitig vernichten, wenn diese
Art der Ernährung noch durch bedenkenlos verzehrte Genußmittel
aller Art ergänzt wird. Wir erkannten die Umwandlung der Getreide-
körner in gebackenes Brot und gekochte Getreidespeisen der einen
oder anderen Art als die Ursache so vieler Stoffwechselstörungen,
daß es besser ist, Brot und Getreidespeisen ganz zu meiden, als sich
dauernd der Gefahr des Zusammenbruchs seiner Gesundheit auszu-
setzen. Wir sahen, welchem furchtbaren Selbstbetrug der Mensch zum
Opfer fiel, als er sich geistig darauf einstellte, sich vom Fleisch der
Tiere, von Erzeugnissen daraus und von den Produkten des lebenden
Tieres ernähren und kräftigen zu wollen. Noch verderblicher aber
zeigten sich die Folgen der Genußsucht als Folge der unnatürlichen
Ernährungsart vom Acker im Verbrauch von solchen „Lebensmitteln“,
die nicht als wirkliche Nahrung betrachtet werden können, sondern
eben nur dem Genuß dienen, um die störenden Folgen im Körper des
Menschen nicht so fühlbar oder die Nahrung schmackhafter zu machen,
wie es beim Verzehr von Zucker, Kaffee, Tee, vielen Gewürzen,
Alkohol und Tabak der Fall ist.
Wenn wir uns diese Zusammenhänge überlegen und durch den
Kopf gehen lassen, dann müssen wir uns fragen, was sollen und kön-
nen wir essen und trinken, ohne unserem Körper und seinen Organen
zu schaden. Wir wissen es schon, es wurde im ersten Teil des Buches
eingehend gezeigt, wie sich der Mensch aus dem Garten von Kräu-
tern, Früchten und Wurzeln gesund und lebenskräftig ernähren kann
und muß, wenn er bis ins hohe Alter schaffensfreudig, lebensmutig
und in froher Gemütsstimmung verbleiben will, ohne den Tod als ein
qualvolles Ende dieses Erdendaseins vor Augen zu haben. Trotzdem
fragen wir: Was sollen wir essen, um den natürlichen Gesetzen der
Lebenserhaltung gerecht zu werden?
295
Es sind im vorigen Jahrhundert und besonders in der neuesten Zeit
eine ganze Reihe von Versuchen und Überlegungen unternommen
worden, unsere Volksernährung zu ändern und zu reformieren. Die
Vertreter dieser verschiedenen Richtungen der Ernährungsreform
versuchten, die schlimmsten Torheiten in den Ernährungsgewohnhei-
ten der Menschen aufzuzeigen und Wege zu besseren Ernährungs-
formen und -gewohnheiten zu weisen. Da ist z. B. die große Bewegung
der ethischen Vegetarier, die aus ethisch-sittlichen Gründen den
Fleischgenuß des vorausgegangenen Tiermordes wegen ablehnen, aber
die sonstigen Küchengewohnheiten mit dem Verbrauch der vom
lebenden Tier stammenden Erzeugnisse der Viehzucht und des Acker-
baues aufrecht erhalten. Da war die weiter vorstoßende Bewegung
der Reformer unter Führung von Dr. Densmore, die, sich auf das
Wort Genesis 1, 28 gründend, das Verzehren von den Früchten der
Bäume, Sträucher und Kräuter als das Ideal einer von Gott angewie-
senen Ernährung verkündete und durchzuführen suchte. Nach der
Jahrhundertwende und vor allem nach dem ersten Weltkrieg kamen
dazu die Ernährungslehren von Adolf Just, von Ehret, dem neuzeit-
lichen Verkünder der Fastenheilkunde, die von Dr. Bircher-Benner,
Are Waerland und anderen. Alle diese kamen bis auf die wenigen
Verkünder der reinen Fruchtnahrung vom Kochtopf nicht los. Wem
aber sollen wir uns anvertrauen in dieser für uns alle so hochwich-
tigen Frage: Wie ernähre ich mich gesund und natürlich? Haben der
Verfasser dieses Buches und sein Vorgänger, Dr. Drews, Chicago,
allein das Recht, ihre Ernährungslehre als die allein gültige und
seligmachende zu verkünden? Das sei fern: denn unser Wissen ist
Stückwerk und unser Forschen und Erkennen geht immer nur so
weit, wie unser Begriffsvermögen reicht.
So müssen wir uns eine Regel und Richtschnur suchen, die nicht
von Menschen unserer Tage erfunden oder erdacht wurde, sondern
eine, die von Anbeginn der Geschichte der Menschheit schon schrift-
lich niedergelegt und festgehalten worden ist. Dieses feststehende
Gesetz, das vor dem Beginn des Niederganges der Menschheit durch
ihre Ernährungstorheiten bestanden hat, ist in der ältesten uns über-
lieferten Geschichte der Menschen, nämlich in der Bibel, im ersten
Kapitel der Genesis enthalten. Es würde in diesem Zusammenhang
zu weit führen, das dort niedergelegte Gesetz der Entwicklung des
Lebens eingehend zu erläutern. Zum Verständnis sei nur gesagt, daß
die Kapitel 1, 2, 3, 4, 5 und 6 der Genesis das älteste, schriftlich
niedergelegte und uns überlieferte Kulturgut aus der Vorzeit mensch-
licher Geschichte überhaupt ist. Der Inhalt dieser Urgeschichte der
Menschheit ist in ähnlicher Darstellung auf Tontafeln in Babylon
gefunden worden. Da nun erwiesenermaßen der biblische Text dieser
Aufzeichnungen eine Überarbeitung von mindestens 4 verschiedenen
Quellen ist und diese auch in den Aufzeichnungen der Tontafeln
nachzuweisen sind, so ergibt sich die Tatsache, daß die Aufzeichnun-
gen aus noch älteren gemeinsamen Quellen stammen und überarbeitet
296
wurden. Es handelt sich in diesen Schriften nicht um die Geschichte
der Erschaffung der Erde als solche, sondern um die Geschichte der
Entstehung des Lebens und der Lebenserscheinungen auf der Erde
und im Wasser.
Die Voraussetzung für die Entstehung des Lebens ist die Strahl-
kraft des Lichtes, d. h. das kosmische Wirken von Kräften im Weltall,
die, von Kraftmittelpunkten ausstrahlend, sich in ihrem Wirken
bemerkbar machen. Diese Kraftstrahlung kann vom später entstan-
denen Menschen zum Teil wie z. B. die Lichtwirkung der Sonne durch
das Auge wahrgenommen werden. Zu Beginn der Entstehung des
Lebens aber war die Fläche der Erde mit einem dichten Wolken-
schleier von Wasserdämpfen umgeben, die sich der noch heißen er-
starrenden Erdhaut wegen noch nicht zu Wasser verdichten konnten.
Lichtstrahlen, wie wir sie heute durch unser Auge wahrnehmen kön-
nen, konnten durch diese Wolkenschicht nicht hindurch. Es war da-
mals noch dunkel auf der Erde. Aber im urgewaltigen Geschehen
wirkten sich die Kräfte des Erdballs im freien Spiel mit den Kraft-
wirkungen im planetarischen Sonnensystem und den kosmischen
Kräften des Weltalls miteinander aus, um sich in ihrer endlichen
Vereinigung als gebundene Kräfte im Stofflichen und damit als die
feste Materie der Erdhaut zu finden. Diese im Stofflichen gebundenen
Kräfte der Erde (vielleicht das, was wir heute „Atomkräfte“ nennen)
fanden sich in einem Zustand, der aus dem feinstofflich atomischen
über den gasförmig feurigen und den feuerflüssigen zu den im Glas-
fluß erstarrenden Aschen der elementaren Bestandteile der Materie
führte. In diesem Glasfluß der erstarrenden Aschen, die sich aus der
feinstofflich atomischen Verbindung bzw. Verbrennung der verschie-
densten Grundstoffe miteinander zu neuen nicht mehr lösbaren
Formen umbildeten, entstand die sich allmählich aus glutvollem Ge-
schehen abkühlende Erdhaut. Die in ihr gebundenen Kräfte des
Weltalls wirkten sich als die Lebenskraft der Erde aus. Die erste
Äußerung dieser ist die Kristallisation der in der Abkühlung zu Glas-
fluß erstarrten Masse, als deren Endergebnis wir heute die Felsen in
den Gesteinsmassen der Gebirgszüge erkennen. In der Kristallisation
der einst glasartig zusammengeschmolzenen Masse der vielfältigen
mineralischen Verbindungen der Erdhaut wirkte sich die Kraft des
Lebendigen aus und türmte die Gesteinsbildungen zu gewaltigen
Gebirgszügen. Diese erhoben sich als fest werdendes Land über die
sich inzwischen mehr und mehr als Wasser niederschlagenden Was-
serdämpfe des Wolkenschleiers, die sich im Wasser der Weltmeere
sammelten.
So erhob sich aus der wasserbedeckten Fläche der Erde durch die
lebendige Kraft der Kristallisation als Urform des Lebens überhaupt
das sichtbare Land. Nun erst konnten sich die lebendigen Kräfte des
Weltalls im Stofflichen auswirken. Wir sehen auf dem Lande und im
Wasser die ersten Anfänge der lebenschaffenden Kräfte in der Wir-
kung des grünen Blattes, durch welche die Lufthülle der Erde von
297
der Masse der Kohlensäure gereinigt werden mußte, die als giftig
wirkende, gasförmige „Asche“ aus den einstigen feurigen Umwäl-
zungen der Kräfte im Stoff die Weiterentwicklung der Lebenserschei-
nungen auf der Erde verhindert hätte. So entstand unter dem dichten
Wolkenschleier auf der Fläche der Erde ein mächtiges urgewaltiges
Pflanzenleben, durch dessen Wirkung unter dem Einfluß der kosmi-
schen Strahlkräfte das grüne Blatt die Kohlensäure aus der Atmo-
sphäre herauszog und sie in der bekannten Weise in Zuckerstoffe
aller Art wie Zucker, Stärke und Zellulose verwandelte. Die ver-
kohlten Reste dieses unvorstellbar riesigen Pflanzenlebens finden
wir in den mächtigen Stein- und Braunkohlenlagem unter den oberen
Erdschichten und oft auch noch auf der Oberfläche liegend. Die ver-
flüssigten Reste pflanzlichen Lebens in den Weltmeeren vergangener
Frühzeiten im Weltgeschehen aber sind die riesigen Erdöllager unter
den sogenannten Salzkuppeln. Die Erde reinigte durch die Bindung
der Kohlensäure im Pflanzenwuchs ihre eigene Atmosphäre und schuf
dadurch die Möglichkeit der weiteren Entwicklung immer neuer
Lebensformen.
Inzwischen verdichtete sich der Wolkenschleier mehr und mehr zu
den Wassern der Ozeane und der Meere. Das Wasser drang tiefer
hinein in die lösenden Gesteine und sickerte hindurch in tiefere Erd-
schichten. Mit dem Versickern des Wassers in die tieferen Erdschich-
ten wurden immer tiefer liegende Massen der Erdhaut in die Be-
wegung der Kristallisation hineingerissen und immer neue Felsen-
und Gebirgszüge brachen aus den unteren Erdschichten nach oben
durch, türmten sich auf und verwandelten von Zeit zu Zeit das Antlitz
der Erde. Diese Wandlungen vernichteten in gewaltigen Katastrophen
das bisher Geschaffene, um die Möglichkeiten zu Neuschöpfungen des
Lebens zu bieten. Diese katastrophalen Ereignisse werden im Ur-
text der Genesis als „Nacht“ bezeichnet. Mit der fortschreitenden
Bindung der Erdkräfte in der Kristallisation der Masse der Erdhaut
zu Erden und Gesteinen in den Gebirgszügen und Erhebungen auf
der Fläche der Erde über den Meeren wurden die Wolkenschleier
immer geringer und eines Tages zerriß der Schleier. Die Sonne, das
funkelnde Tagesgestirn, brach durch, und ihre Lichtkräfte begannen
sich auf das Leben der Erde in den Pflanzen aller Art auszuwirken,
um immer vielseitigere Arten und Formen des Lebens und der Lebens-
erscheinungen erstehen zu lassen. War durch die Bewegug der Erde
die Sonne unter dem Horizont verschwunden, dann brachen der Mond
und die Sterne durch die Wolken und bewirkten ihrerseits eine noch
größere Vielgestaltigkeit der Lebenserscheinungen.
Die aus der Tiefe kommenden Erdkräfte und die aus der Höhe
strahlenden kosmischen Lichtkräfte der Sonne und der Gestirne be-
wirkten die Aufgliederung alles Lebendigen in seine zweigeschlecht-
lichen Formen und zauberten die Blütenpracht des pflanzlichen
Lebens hervor.
Zweigeschlechtlich, männlich und weiblich, schied sich das Leben,
298
das doch nur in der Einheit beider fortbestehen und sich fortzeugen
konnte. Aber wie sollte diese Zweigeschlechtlichkeit Zusammenwir-
ken, wenn die entsprechend ausgestalteten Formen in der Blüte nicht
Zusammenkommen konnten. Hier nun schuf sich die Pflanzenwelt
selbst die Hilfe, die es zur Lebenserhaltung brauchte, in der Welt
der Insekten. In der grünen Pflanze wirkt das Leben durch die Aus-
nutzung der Rotlichtstrahlung der Sonne in der in den vorher-
gehenden Abhandlungen gezeigten Weise. Die Farbenpracht der
sonnenbestrahlten Blüten aber ließ die blauen und gelben Kraft-
wirkungen im Licht der Sonne zur Wirkung kommen. Durch diese
wurden die Zuckerstoffe in der Pflanze unter der Mithilfe von Phos-
phor und vielen anderen Erdmineralien umgewandelt in die quell-
fähigen Stoffe der Proteine oder Eiweißstoffe durch den Einbau von
Luftstickstoff in die Zuckergebilde, aus denen die Pflanze und ihre
Blüte besteht. Chemisch betrachtet, besteht nun der Insektenkörper
zur Hauptsache aus Zuckerstoffen mit eingebautem Stickstoff und
Phosphor, d. h., das Insekt ist ein phosphorhaltiges Eiweißgebilde.
Das aber ist, wie gezeigt, auch das Wesentliche im Saft und in der
Kraft der Blüte und in dem aus dieser sich entwickelnden Keimling
des Samens der Pflanze. Ist es da so schwer, die Möglichkeit zu be-
greifen, daß unter der Einwirkung der blauen und gelben Licht-
wirkung im Kraftfeld der Sonne die Insektenwelt in all ihren For-
men mitsamt den Kriechtieren und Würmern aus dem Saft der blü-
henden Pflanze in Urzeugung entstand und ihr emsiges Leben als
Helfer der Pflanzen begann? Verschiedene Insekten, Würmer, Kriech-
tiere und die mikroskopisch feinen Urtierchen wie Amöben, Räder-
tierchen usw. im Wassertropfen und im kleinsten Erdteilchen wurden
zusammen mit den Bodenbakterien die Hilfstruppen der Pflanze in
der Umwandlung der Erde und der in der Erde verrottenden Pflan-
zenteile zu brauchbaren Grundlagen des pflanzlichen Lebens. In der
Luft aber vermittelt ein anderer Teil der Insektenwelt das Aufein-
anderwirken der weiblichen und männlichen Kräfte in der Pflanze
zum Zweck der Arterhaltung. Die Erhaltung der Art in der Blüte
ist den fliegenden Insekten überlassen. Diese wiederum gestalteten
den Formenreichtum und die Farbenpracht der Blüten und der
Pflanzenarten durch die Art ihrer Blütenbefliegung und die Ausge-
staltung ihrer eigenen Formen. Die Blüte der Pflanze richtete sich
nach der Art und der Ausbildung des Insektes und das Insekt wie-
derum vermehrte die neu entstandenen Formen durch das Weiter-
tragen des Blütenstaubes auf andere Blüten derselben Art. Verände-
rungen in der Ausgestaltung des Insektes erforderten einen entspre-
chenden Umbau der Form der Pflanzenblüte und umgekehrt. Dabei
entwickelten die Insekten schon früh die Sinneswahrnehmungen der
Formen, der Farben und des Duftes. In der Erde halfen die nimmer
rastenden Insekten die notwendige Bodengare zur Lösung der Erden
und Gesteine zu schaffen und in der Luft vermittelten sie den Aus-
tausch der Geschlechtsfunktion in der Blüte zum Zweck der Befruch-
299
tung. So wurden die Insekten die treuesten Helfer der Pflanzenwelt
und wurden von der Pflanze genährt und erhalten. Der moderne
Mensch aber redet von Schädlingsbekämpf ung und wundert sich dann
über die fortschreitende Sterilität der Pflanzenwelt und das Aus-
sterben ganzer Pflanzenarten, durch welche die Fläche der Erde zur
Wüste werden wird, wenn sich nicht bald eine bessere Erkenntnis un-
ter den Menschen durchsetzt.
Aber eine neue Katastrophe brach über die Erde herein, ausgelöst
vielleicht durch weitere Kristallisationsbildungen in den tieferen
Erdschichten. Diese rissen das Pflanzenleben mit sich in die Tiefe
oder trugen es hoch empor, die Insektenwelt aber hielt sich am
Leben, und als das pflanzliche Leben sich von neuem zeigte, da
machte sich in schier unersättlichen Schwärmen die Insektenwelt
über die Pflanzen her, um sich davon zu nähren. Das wäre der Un-
tergang des Lebens gewesen; wenn der beseelende Geist des Weltalls
nicht durch eine neue Form des Lebendigen dem Treiben der Insek-
ten Einhalt geboten und den Pflanzen geholfen hätte, sich vor der
übermäßigen Insektenplage zu retten. Es war die Erschaffung der
vornehmlich insektenvertilgenden Welt der Fische, Amphibien und
Lurche und der fliegenden Vögel. Diese nährten sich außer vom
grünen Blatt oft zur Hauptsache von der überschüssig sich vermeh-
renden Insektenwelt im Pflanzenleben der Erde und der Meere. So
wurde das Gleichgewicht zwischen Pflanzen und Insekten in Bezug
auf ihre gegenseitige Hilfsstellung wieder her gestellt und die Welt
des Lebendigen um eine Unzahl neuer Formen und neuer Gestal-
tungskräfte vertieft und erweitert.
Die durch die schöpferische Kraft des Lebendigen im Weltall ent-
standenen neuen Lebensformen, die Fische, Amphibien, Lurche und
die fliegenden Vögel, waren nicht mehr an einen festen Ort gebunden
wie die Pflanzen, sondern dieses neugeschaffene Leben bewegte sich
frei über die Fläche der Erde nach Art der Insekten. Es mußte er-
halten werden durch ein in den lebenden Körper des Geschöpfes
hineingebautes Wurzelsystem, das in den Nahrungsbrei des Verzehr-
ten hineintaucht und sich in ähnlicher Weise betätigt, wie es in den
vorhergehenden Abschnitten beim Menschen gezeigt wurde. Das
Prinzip von Wurzel, Stamm und Krone wurde aufrecht erhalten und
die Fortzeugung und Erhaltung der Art wurde getätigt nach dem
Muster des Pflanzenwuchses durch die Entwicklung eines Samen-
kornes im Körper der Mutter, das nach Befruchtung und Ausreifung
als das Ei bezeichnet wird. Dieses wird entweder vom Vogel ausge-
brütet oder wie bei den Fischen, Lurchen und Amphibien der Son-
nenwärme zur Weiterentwicklung anvertraut. Damit war eine voll-
ständig neue Wesenheit ins Leben gerufen worden. Dieses Neuge-
schaffene lebte und nährte sich direkt durch die Pflanzen oder auf
dem Umwege über das auf Gedeih und Verderb mit der Pflanze ver-
bundene Insekt, ohne die ursprüngliche Grundlage alles Lebendigen
zu verlassen, mit der Lunge als der Krone im Luftmeere, dem Blut-
300
adernetz als dem verbindenden Stamm und mit dem Magen- und
Darmkanal als der Wurzelanlage des Geschöpfes im Nahrungsbrei.
Das eierlegende Tier war entstanden, in dem das Lebensbild des
Baumes und des Insektes vertieft und weiter ausgebildet worden war.
Aber das Leben entwickelte sich weiter, und als die Zeit reif war
und neue Kräfte die Erde bewegten, brach das bisher Bestehende
auf, um in umwälzenden Neuformungen die Verhältnisse zu schaf-
fen, aus denen wieder neue Lebensformen erstehen konnten. Die
Erdhaut stand in vollem Pflanzenschmuck, emsiges Leben im Meer,
im Ufersumpf und in der Luft regte und betätigte sich, aber die
Fläche der Erde war bis dahin noch unbewohnt und unbelebt von
Geschöpfen, die das trockene Land bevölkerten. Wieder erlebte die
Erde das Entstehen einer neuen Lebensart. Der planende Geist der
wirkenden Schöpferkräfte im Leben der Erde und des Weltalls ließ
die vierfüßige Tierwelt in all ihren verschiedenen Arten und Formen
erstehen, die sich auf der Fläche der Erde bewegen und sich in freu-
diger Erregtheit ihrer Lebenskraft ganz instinktiv bewußt werden.
Dipse jetzt erstandene Welt der vierfüßigen Tiere war im Prinzip
nach den gleichen Gesetzen der Ernährung und der organischen
Lebensabwicklung auf gebaut wie das bereits Vorhandene. Und
doch war dies eine Neuschöpfung, die grundlegend auf ganz
anderen Gesichtspunkten als alles bisher Bestehende aufgebaut
war. Es ist die Erhaltung der Art durch das Austragen des Nach-
wuchses bis zur lebendigen Geburt im Körper des Muttertieres
selbst. Während das Jungtier beim eierlegenden Insekt und beim
eierlegenden Tier sofort nach dem Ausbruch aus der Eischale selb-
ständig fressen konnte, wenn es auch bei einzelnen Vogelarten ge-
füttert werden mußte, so wurde das junge Tier der neuen Art von
der Mutter solange genährt, bis die Organe der Verdauung usw. zur
Verarbeitung der Eigennahrung des Tieres herangereift waren. Das
Junge wurde durch die Absonderung einer besonderen, Milch ge-
nannten Flüssigkeit gesäugt. Die Gebärorgane der Säugetiere und
das Euter, die milcherzeugende Nahrungsquelle für das säugende
Jungtier, sind das grundlegend Neue im Plan der Schöpfung, das
sich nicht aus einer bereits bestehenden Reihe ableiten läßt, sondern
von Grund auf neu erdacht und entwickelt werden mußte, ehe es
ins Leben gerufen werden konnte.
Von nun an wurden die vom grünen Pflanzenwuchs überzogene
Haut der Erde und die Meere von einer vielgestaltigen Welt des
Lebendigen belebt. Alle diese Lebensformen der frei sich bewegen-
den Tierwelt lebten aus dem Unterbewußtsein der Schöpferkraft, die
allem Lebendigen innewohnt, ohne sich der Art dieser Kräfte be-
wußt zu werden. Sie lebten in der Freude am Leben ihren naturge-
schaffenen Instinkten nachgehend, um ihre leiblichen Bedürfnisse
durch Nahrungsaufnahme zu befriedigen. Wenn sich aber diese Tier-
welt ihres Urtriebes, der Fortzeugung der Art, der allem Lebendigen
zur Erhaltung des Lebens innewohnt, bewußt wird, dann kommt die
301
alles Lebendige beherrschende Kraft der Urzeugung in ihnen zum
Durchbruch. Diese kennen wir als die Brunst der Tiere, die wie eine
wirkliche Urkraft das ganze Verhalten des freilebenden Tieres ver-
ändert und zur herrlichsten Entfaltung des Lebens in ihnen führt.
In dieser vielgestalteten Welt des Lebendigen aber gab es kein
Wesen, das nun auch begreifen und sich bewußt werden konnte, was
auf der Erde vorgeht, und in sich auch die schöpferischen Kräfte ent-
falten könnte, durch die das ganze Weltall entstanden und erdacht
war. Das schöpferisch denkende Prinzip, die seelischen Kräfte, durch
deren Wirken alles sichtbare Leben und alles Bestehende sich formte,
aber nennen wir in unserer menschlichen Ausdrucksweise „Gott“.
Diese Begriffsbezeichnung ist zwar wie eine alte Münze schon sehr
abgegriffen und bei manchen Menschen zur bedeutungslosen Plattheit
geworden, aber soweit reicht die Sprachschöpfung noch nicht, um
einen neuen allumfassenden Begriff neu prägen und zur Anerken-
nung bringen zu können. Es kann sich jeder, unbeeinflußt durch
Andersdenkende, in diesen Begriff „Gott“ hineindenken, was seinem
Verstände gerecht wird. Das ändert nichts an der Tatsache, daß alles
Lebendige eben durch das entstanden und geschaffen wurde, für das
die Menschheit den Begriff „Gott“ (Deus) prägte. Dieses Göttliche,
dieses Zusammenwirken aller lebenschaffenden Kräfte im Weltall
war sich bewußt geworden, daß es nichts gab, fähig, sich selbst, das
Göttliche in sich und damit Gott selbst zu begreifen und sich der in
seinem Innern wirkenden Kräfte bewußt zu werden. Ein Wesen also,
das nicht mehr nur den Naturinstinkten der Ernährung und Fort-
pflanzung lebte, sondern fähig war, den Dingen auf den Grund zu
gehen und der Natur ihre Geheimnisse abzulauschen, um sich um so
inniger aller Wunder des Lebendigen bewußt zu werden und dieses
Bewußtwerden in freudiger Lebensbejahung zu empfinden und zum
Ausdruck zu bringen.
„Und Elohim*) sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild,
das uns gleich sei, die da gebieten **) (herrschen) über die Fische
im Meere und über die Vögel unter dem Himmel und über das
Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf
Erden kreucht.“
Wenn wir Menschen der Erde und dem Leben darauf gebieten wol-
len wie Gott, im Ebenbilde Gottes, dann müssen wir, dem göttlichen
*) Im ersten Abschnitt der Genesis wird als Aus druck für „Gott“, für das
Göttliche, der Ausdruck „Elohim“- gebraucht. Elohim als Ausdruck und Be-
zeichnung für Gott läßt sich nicht ohne weiteres durch ein einzelnes Wort
ins Deutsche übertragen. Elohim bedeutet etwa „Die Fülle der Götter“.
In diesem Begriff „Die Fülle der Götter“ müssen wir uns folgerichtig die
Vielfältigkeit der lebendigen, schöpferischen Kräfte im Weltall vorstellen.
Der Text müßte also richtig heißen „Die Füllte der Götter“ sprach. Dann
folgt richtig: Laßt „uns“ Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.
**) Luther übersetzt den hier stehenden Begriff aus dem Hebräischen ins
Deutsche mit „herrschen“. Herrschen hat aber nur Sinn in dem Gedanken
302
Vorbild und Entschluß entsprechend, helfend und fördernd in das
Leben der Erde eingreifen, in dem Bewußtsein unseres göttlichen Ur-
sprungs und der in uns gelegten göttlichen Kraft des überlegenden
Verstandes. Das ist die eigentlich selbstverständliche Weisung, die
uns, „den Menschen“, bei unserer Erschaffung mit auf den Weg ge-
geben wurde.
„Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Got-
tes schuf er ihn. Er schuf sie, einen Mann und ein Weib.“
Im Bilde Gottes erschaffen, fähig, die grund-
legenden Gesetze der Schöpferkräfte in sich
selbst zu begreifen, und, schöpferisch wirkend,
die Formen des Lebens nach dem Bilde Gottes zu
vertiefen und zu veredeln: Das ist der Mensch: Als
solcher sollte er im Sinne Gottes gebieten (Luther übersetzt leider
„herrschen“) über alles Getier und über das Leben der Erde. Im
Sinne Gottes heißt das aber, das Leben erhalten, mehren und ver-
edeln. Was aber machte der Mensch im Laufe der Jahre und Jahr-
tausende aus dieser fruchtbaren, lebensträchtigen Erde? Wo immer
wir die Spuren längst vergangener Völkerschaften verfolgen können,
finden wir ersterbendes, dem Untergang geweihtes Leben. Die einst
üppig wuchernde und alles Lebendige auf Erden nährende Pflanzen-
welt erstarb unter der „Herrschaft“ der Menschen, und die Land-
schaften wurden und werden auch heute noch unter der leitenden
Hand raffgieriger Unternehmer durch Raubbau am Boden und den
Schätzen der Erde zur Wüste, auf der weder der Mensch noch irgend-
ein lebendiges Wesen ein vernünftiges Auskommen findet.
Wie kam eine so vollständige Umkehrung seiner ursprünglichen
Aufgabe im Geiste des Menschen zustande? Die Antwort darauf ist
einfach die: Weil der Mensch das Gesetz der Lebenserhaltung, das
Gesetz der Ernährung seines Körpers nicht verstand oder verstehen
wollte, und weil er dadurch das Unheil selbst hervorrief, unter dem
die ganze Menschheit und mit dem Menschen alles Lebendige auf
Erden seufzt. Er schuf sich selbst durch seine unsinnige Ernährung
die Hölle auf Erden. Was aber ist denn dieses Gesetz der Ernährung,
dieses Gesetz des Lebens?
an die Ausübung von Willkür etwa im Sinne der römiiscben Cäsaren oder
des Gottesgnadentums im Sinne Ludwig des Vierzehnten. Dias aber ist hier
nicht gemeint. Es wird das hier im Hebräischen stehende Wort auch in
keiner anderen Sprache mit „herrschen“ übersetzt, sondern immer nur im
Sinne von „gebieten“. Es wurde deshalb wohl das luthersche Textwort
„herrschen“ in der Klammer übernommen, aber im Text der Ausdruck
mit „gebieten“, als dem wirklichen Sinn des Wortes, ersetzt. Ich meine, es ist
doch ein Unterschied zwischen „Gebieten“ im Sinne der Förderung der
Volks Wohlfahrt und Lebensmehrung oder „Herrschen“ im Sinne der ange-
maßten Selbstherrlichkeit eines Tyrannen. In diesem Sinne ist eben die
luthersche Übersetzung „herrschen“ ersetzt durch „gebieten“.
303
I.
Das Urgesetz der Ernährung
Anschließend an die kurz angedeutete Geschichte von der Erschaf-
fung des Menschen und die Darlegung seiner Aufgabe in der Ent-
wicklung und Erhaltung des Lebens auf Erden folgt in Genesis 1,
Vers 28 und 29, das Gesetz der Ernährung in folgenden Worten*):
„Und Elohim sprach: Siehe ich habe euch gegeben alles
Krautgewächs (wörtlich Hartstengelgewächs), das Samen aus-
streut über das Angesicht der ganzen Erde, und alle Bäume,
an welchen samentragende Baumfrucht ist, das sei euch zur
Speise.“
„Aber allem Getier der Erde, aller Vogelschaft des Himmels
und allem, was über die Erde dahinkriecht und eine Lebens-
seele in sich hat, sei alles Zart-Grüne zum Futter! Und so
wurde es Tatsache.“
Was denn nun? Alles Getier der Erde soll vom Zart-Grünen leben,
der Mensch aber von hartem Stengelgewächs und den Früchten der
Bäume? Harte Stengel als Nahrung für den Menschen, das kann doch
wohl nicht gut angehen, das kann doch im Ernst nicht gemeint sein.
Das ging denn doch über den Verstand der landesüblich sich ernäh-
renden Bibelgelehrten, Pastoren und Rabbiner. Weil sie das nicht
begriffen, und vielleicht aus ihren bisherigen Lebensgewohnheiten
nicht begreifen konnten, so fälschten sie den Text und übersetzten
so, wie es heute in allen Bibelübersetzungen zu lesen ist.
„Siehe, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sich be-
samt auf der ganzen Erde, und allerlei fruchtbare Bäume, die
sich besamen, zu eurer Speise.“
Aus diesem Text schloß nun eine Richtung bibeltreuer Reformer,
die sich von der landesüblichen Ernährung aus ethisch-sittlichen
Gründen abkehrten und eine unblutige Ernährung bevorzugten, daß
die Speise des Menschen nach den Worten Gottes die Früchte der
Kräuter und Bäume sein müßten. Sie richteten sich entsprechend ein
und trachteten danach, sich als der von Gott für den Menschen vor-
gesehenen Nahrung nur von reiner Fruchtkost zu speisen. Daß der
Mensch aber ohne Wurzelgemüse und vor allem, ohne das grüne
Krautgemüse nicht gesund und kräftig werden kann, das wurde in
den vorhergehenden Abhandlungen zur Genüge erläutert. Warum
*) Die obige Übersetzung des Bibeltextes wurde mir von Herrn Dr. Skriver,
Pastor in Frofnisdorf in Holst., angefertigt ,Sde entspricht wortwörtlich dem
hebräischen Text.
304
denn wurde ausgerechnet dieser verwirrende Ausdruck „alles Hart-
stengelgewächs“ als Nahrungsgrundlage für den Menschen vorge-
sehen, wenn sich der Mensch aus natürlichem Widerwillen weigern
wird, harte Stengel als Gemüsenahrung zu verzehren.
Der Schlüssel zum Verständnis liegt in den Worten der Nahrungs-
bestimmung für das Tier: „Alles Zart-Grüne zum Futter.“ Auch für
den Menschen gilt dieses Wort, denn er ist auch ein Geschöpf mit
einer lebendigen Seele, das sich vom Zart-Grünen nähren soll. Der
Ausdruck „Hartstengelgewächs“ ist mit Absicht gewählt, um eine
ganz bestimmte Art von Gewächsen zu bezeichnen, deren Zart-
Grünes ganz besonders für den Menschen als Nahrung vorgesehen
war, nämlich: Alles grüne Gemüse und alles Wurzel-
gemüse, die als Samenträger einen harten, ver-
holzenden Stengel in die Höhe treiben, auf der
Spitze dieses Stengels die Blüte und den Samen
entwickeln und durch die Bewegung dieser Sten-
gel die Saat ausstreuen über die ganze Erde.
Um praktisch zu zeigen, was gemeint ist, gehen wir in den Garten
und sehen uns die dort angebauten Gemüsepflanzen einmal an. Da ist
der Lattichkopf eben fest geschlossen, aber noch zartgrün. Er lädt
den Menschen zum Essen ein. Lassen wir ihn aber stehen, dann treibt
nach einigen Tagen vielleicht schon aus der Mitte des Lattichkopfes
ein harter Stengel hoch und wächst höher und höher, bis sich oben
die Blüte entwickelt. Von nun an werden die Blätter hart und mit
der Reife der Samen vergehen die Blätter und der nackte Stengel
wird sich schnell verhärten. Da haben wir so ein Hartstengelgewächs,
dessen zartgrüne Blattrosette am Boden dem Menschen zur Speise
bestimmt ist. Schauen wir uns weiter um, so kommen wir zu einem
Möhrenbeet. Da sehen wir langsam in der Erde eine saftige Wurzel
heranwachsen, die in ihrem Saft einen hohen, leicht aufzunehmen-
den Zuckergehalt hat, der uns direkt zum Essen anregt. Aber lassen
wir die Wurzel an Ort und Stelle stehen oder pflanzen die im Herbst
herausgenommene leckere Wurzel wieder in die Erde, dann treibt
diese Wurzel im nächsten Jahre unter Aufzehrung ihres saftigen
Fleisches einen harten verholzenden Samenstengel, auf dessen Spitze
sich eine Blütendolde mit später heranreifendem Samen entwickelt.
Sehen wir uns weiter im Garten um, so entdecken wir bald eine
lange Reihe hochaufgeschossener Mohnstengel mit dicken samen-
bergenden Köpfen. Die Mohnpflanze treibt aus einem üppigen Kranz
von Blättern am Boden einen langen Stengel hoch empor, der sich
verzweigend aus leuchtender Blütenpracht viele Kapseln entwickelt
und trägt, die eine Menge Samenkörnchen in sich bergen. Der Mohn
und alle anderen Arten Ölsaat bildender Pflanzen gehören mit hin-
ein in die Artbezeichnung der Hartstengelgewächse, von denen hier
die Rede ist. Damit haben wir die drei Arten von Hartstengelgewäch-
sen erkannt, die für den Menschen als Nahrung bestimmt sind, und
von Anbeginn von ihm im Garten angebaut wurden: Zum ersten alle
20 Sommer, Ernährung
305
grünen Gemüse wie die Latticharten, der Rapunzel, der Spinat, die
Endivie in all ihren Abarten, alle Kohlarten u. a., zum andern alle
Wurzelgemüse wie Möhren, rote Beete, Steckrüben, Kohlrüben,
Schwarzwurzeln und wie sie alle heißen mögen, und zum dritten alle
Ölsaaten wie der Mohn, die Leinsaat, die Sonnenblumensaat, der
Buchweizen, die Rapssaat, die Rettichsaat, die Erdnüsse u. a. Sie alle
treiben zur Saatentwicklung einen harten, verholzenden Samen-
stengel in die Höhe und das Kraut wird dann teilweise ungenießbar
für den Menschen. Nur das Zartgrüne beim grünen Gemüse, beim
Wurzelgemüse die junge, saftige Wurzel und die Saat bei den ölhal-
tigen Samenpflanzen ist als Nahrung für den Menschen bestimmt.
Der Ausdruck „Hartstengelgewächs“ ist als genaue Artbezeichnung
seiner Nahrung gewählt, um einen ganz bestimmten Kreis von Ge-
müsepflanzen zu benennen, die der Mensch im Garten anbauen kann,
wenn er sie sich nicht in Wald und Feld zusammensuchen will. Wir
wollen uns diese genaue Artbestimmung für die Gemüsenahrung des
Menschen merken, denn der heutige Mensch hat sich als Grundlage
seiner pflanzlichen Zukost eine andere, nicht im Garten, sondern auf
dem Acker oder auf dem Felde wachsende und angebaute Art von
Pflanzen gewählt, die nicht für ihn bestimmt sind, nämlich die hoch-
gezüchteten Gräser und ihre Saat, das Getreide.
Das Getreide treibt keinen harten, verholzenden Stengel als Saat-
träger in die Höhe, sondern einen hohlen Halm. Es ist eine Halm-
frucht und wird auf dem Acker angebaut. Wer davon in landes-
üblicher Weise als gebackenes Brot oder als gekochte Getreidezube-
reitung ißt, der wird von Krankheiten nicht verschont werden und
früh wieder zur Erde werden, davon er genommen ist. Das aus der
Halmfrucht der Getreidearten gebackene Brot und alle anderen mit
Hilfe des Feuers daraus hergerichteten Speisen sind keine von Gott
oder der Natur für den Menschen vorgesehene Nahrung, sondern
eine Notnahrung, die er sich als Folge der Ernährung durch das
Fleisch der Tiere, die sich von halmtreibenden Gräsern nähren, er-
dacht hat.
Anschließend an das obige Gesetz der Ernährung für Mensch und
Tier betrachtete Gott das bisher entstandene Leben und erklärte es
mit den Worten „und siehe, es war sehr gut“ als makellos und sehr
gut. „Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.“ Am Ende
dieses letzten schöpferischen Geschehens brach wieder eine Kata-
strophe über das Leben auf Erden herein. Es war die sechste, die das
Werk zunichte zu machen drohte. War es wieder, um Platz zu machen
für neues Leben und neue Lebensformen, wie es bisher immer der
Fall gewesen war? O nein, dieses Mal nicht, denn als der neue Tag
anbrach und das Leben sich wieder zu erholen begann, um die Erde
von neuem zu füllen, da heißt es:
„Und also vollendete Elohim am siebenten Tage seine
Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen
seinen Werken, die er machte. Und Elohim segnete den
306
siebenten Tag und heiligte ihn darum, daß er an demselben
ruhte von allen seinen Werken.“
Uber diesen siebenten Tag der Ruhe ist viel Uneinigkeit unter den
Menschen entstanden, ja, die Feier dieses Tages ist zum Ausgangs-
punkt fanatischer Religionsstreitigkeiten geworden. Was ist denn
nun richtig: Der Freitag, der Sonnabend oder der Sonntag? Nun
keiner von allen, sondern der Tag der festen Mondphasen. Die sieben
Abschnitte der Lebensentstehung und Erschaffung alles Lebendigen
stehen unter den Zeichen der sieben den Ahnen bekannten Planeten,
die mit uns um die Sonne kreisen. Der erste ist der Saturn, der
Scheider zwischen Licht und Dunkel, denn was hinter ihm noch an
Planeten entdeckt wurde, ist mit bloßem Auge nicht mehr wahrzu-
nehmen. Sie sind dunkel. Der zweite ist der Jupiter, unter dessen
Krafteinwirkung der einst feuerflüssige Glasfluß der Erdhaut zu er-
starren begann, um, kristallisiert, Gebirgsmassive, in weichem Zu-
stand aber Erden und Lehme zu bilden! Die Erdhaut nahm langsam
den Zustand ihrer heutigen Formen an, d. h., festwerdendes Land
und zu Meeren sich sammelnde Wasser traten in Erscheinung. Der
dritte ist der Mars, unter dessen Einfluß das grünende Leben begann,
die Massen der Kohlensäure in der Luft in die feste, ewig wech-
selnde Gestalt des pflanzlichen Lebens zu bringen.
Der vierte ist die Erde selbst, die aber, als von uns in der Gestalt
eines Planeten nicht wahrnehmbar, von der Sonne vertreten wird.
Durch den Einfluß der Sonne und ihrer strahlenden Lichtwirkung
wurde das vielgestaltige Blütenwunder der Pflanzenwelt mit ihrer in
immer neuen Formen entstehenden wechselseitigen Insektenwelt
und damit gleichzeitig die Samenentwicklung aus dem Zwei-
geschlechtlichen ermöglicht. Der fünfte ist die Venus, unter deren ge-
staltendem Machtbereich die eierlegende Welt der Vögel, der Amphi-
bien und Lurche und der Fische entstand. Es entstand unter ihrem
Zepter die Tierwelt, die entweder in der Luft und auf dem Wasser
wie die Vögel oder im Wasser und auf dem Lande leben konnten
wie die Lurche und die Amphibien und die im Wasser lebenden
Fische.
Der sechste aber war der Merkur. In seiner Regentschaft erstand
die Welt der vierfüßigen Säugetiere, und unter seinem Einfluß wurde
der Mensch erschaffen, im Bilde und in der Kraft der empfindenden
und schöpferischen Seele der Götter selbst. Der siebente aber ist un-
ser nächster Begleiter, der Mond. Er wirkt auch heute belebend oder
schwächend auf alle Lebensformen auf Erden durch seinen Einfluß
auf das Wasser und durch die Wirkung seiner Strahlung. Diesen vom
Mond auf das Leben auf Erden ausgeübten Einfluß kannten die Men-
schen in grauer Vorzeit und richteten ihre Zeitrechnung danach. Sie
beobachteten den Mond in seinem Lauf um die Erde und fanden die
Mondzeiten als die besonders wirkungsvollen Abschnitte auf das
Leben der Erde und teilten die Zeit ein in Wochen und Monate. Die
Tage des Neuen Mondes und des Vollmondes wurden ihre Festtage
307
und an den Tagen des ersten und dritten Viertels ruhten sie ent-
sprechend den Worten der Götter von ihrer Arbeit. So ergaben sich
innerhalb einer Umlaufzeit des Mondes von rund 28 bis 29 Tagen je
4 Abschnitte von je 7 Tagen mit den geheiligten Tagen des Neumon-
des und des Vollmondes. Auf diese wurden früher besonders heilige
Feste oder besonders feierliche Begebenheiten verlegt, während an
den Tagen des ersten und des letzten Viertels die Arbeit nur zu
ruhen hatte. Wenn wir diese Zusammenhänge begriffen haben, dann
hört der Streit um die Feiertage auf; denn sie wurden ursprünglich
bestimmt durch die Tage der Mondzeiten. Alle orientalischen Völker-
schaften einschließlich der Juden haben sich noch zur Zeit Christi
nach diesem Gesetz des Mondes in der Zeitrechnung gerichtet.
Unsere germanischen Vorfahren feierten ihre hohen Feste an den
Tagen der Wende- und Durchgangszeiten der Sonne, für das tägliche
Leben aber galt auch bei ihnen die Einteilung in Wochen und Monate
nach den Gezeiten des Mondes.
Der Sündenfall
Nach dieser Abschweifung in den Religionsstreit unserer Tage
wollen wir fortfahren mit unserer Erläuterung des Gesetzes der Er-
nährung und dessen Auswirkungen. Das erste Kapitel der Genesis
ist abgeschlossen. Es beginnt ein neuer Abschnitt. Dieser Abschnitt
ist einer anderen mythologisch anmutenden Erzählung aus Urzeiten
entnommen worden; denn die Art der Erzählung, ihr Stil und die
Bezeichnung der Gottheit in ihr ist eine andere. Die mythische Er-
zählung vom Sündenfall beginnt mit den Worten:
„Also ist Himmel und Erde geworden, da sie geschaffen
sind zu derZeit, da ,Gott der Herr* Erde und Himmel machte.“
Es wird dann erzählt, wie das grünende Leben entstand, nachdem
der Regen die Erde befeuchtet hatte und wie „Gott der Herr“ das
alles aufwachsen ließ.
Dann aber wird es ernst und es beginnt ein neues Gesetz mit den
Worten:
„Und Gott der Herr pflanzte einen Garten (Wonnegarten,
Paradiesgarten) im guten Lande (Eden) und setzte den Men-
schen hinein, den er gemacht hatte.“
Die älteste uns von Menschenhand überlieferte Geschichte der
Menschheit erklärt damit klipp und klar, daß Gott der Herr den
Menschen in einen „Garten“ setzte, den der Mensch dann weiter be-
wahren und bebauen sollte. In diesem Garten ließ Gott der Herr aus
seiner Schöpferkraft drei Arten von Geschöpfen aufwachsen oder
entstehen. Wir lernten diese drei Arten der lebendigen Geschöpfe
Gottes bereits kennen.
Das erste dieser Geschöpfe, dieser aufwachsenden Wesenheit, ist die
Pflanze, der Baum mit Wurzel, Stamm und Krone: „Lustig anzusehen
und gut davon zu essen.“ Es ist das grüne Gewächs aller Art, die zur
Grundlage der Ernährung für Mensch und Tier bestimmt war.
308
Das zweite dieser Wesenheiten im Garten Gottes ist der „Baum, der
Erkenntnis des Guten und Bösen (hat).“ Die Auslegung, welche die
Bibelgelehrten und Rabbiner bisher diesem Satz gegeben haben,
stimmt nicht. Es steht hier nichts davon, daß es ein Baum ist, an dem
Gott erkennen will, ob der Mensch gut oder böse ist, sondern es steht
hier wörtlich nur „der Baum, der Erkenntnis des Guten und Bösen.“
Setzen wir das Satzzeichen hinzu und ergänzen durch das Wörtchen
„hat“, so ergibt sich die Bedeutung ganz von selbst. Ein Baum, ein
lebendiges Geschöpf Gottes, eine Wesenheit, die Erkenntnis des Guten
und Bösen hat. Was ist das?
Wir sahen die Geschöpfe Gottes zum Leben erwachen und sich in
ihren vielgestalteten Arten entfalten zu immer neuen Wundern des
Lebendigen: Zuerst den Baum, das lebendige Gewächs, das mit dem
grünen Gras als einzelliges Keimblatt aus der Erde hervorbrach und
mit der nächsten schöpferischen Phase im Licht der Sonne die bunte
vielfältige Blütenpracht mit der dazugehörigen Insektenwelt hervor-
zauberte. Es entstanden als Zweites in der Luft, im Wasser und auf
der feuchten noch teils sumpfigen Erde die kalt- und wechselblütigen
Tiere des Wassers und der Sumpfgelände und die Geschöpfe der Luft,
d. h. die Vögel, die Amphibien und Lurche und die Fische. In der
nächsten Phase wurden nach Schaffung der notwendigen Umweltbe-
dingungen die vierfüßigen Tiere des Landes als Säugetiere ins Leben
gerufen.
Vollendet aber wurde die Schöpfung zum dritten in der schöpfe-
rischen Seelenkraft des Menschen, die im Bilde Gottes zu wirken den
Auftrag hatte, die Gesetze des Lebens zu erkennen, sie zu erforschen
und anzuwenden, und dadurch die Welt des Lebendigen zu mehren.
Damit haben wir vor uns die drei Bäume, von denen oben die Rede ist.
Wir wollen uns dabei vor Augen halten, daß dieser ganze Bericht
nicht mehr im Original vorhanden ist, sondern nur noch in den
Bruchstücken, die uns in der Genesis als erstes Kapitel der jüdischen
Überlieferung vorliegt und in ähnlicher Ausdrucksform in den baby-
lonischen Schriften gefunden wurde. Wie nun, wenn diese Berichte
ursprünglich nicht in den aufgefundenen und überlieferten Sprachen
geschrieben worden sind, sondern in einer, wenn man so sagen darf,
vorgeschichtlichen Ursprache abgefaßt waren und von den nachfol-
genden Völkern aus dieser übernommen und übersetzt wurden. Wie
nun, wenn hier an der Stelle, wo der Bericht von „Baum“ redet, ein
Wort gestanden hat, das als ein übergeordneter Begriff das Geschaf-
fene oder die lebendigen Geschöpfe in einem Sammelnamen aus-
drücken soll, der die drei Arten des Lebendigen einschließt? Als sol-
chen wurde von den späteren Übersetzern der Begriff aus der Be-
schreibung des Baumes, „als lustig anzusehen und gut davon zu
essen“ als „Baum“ erkannt. Da nun wahrscheinlich der ursprüngliche
Ausdruck seinem eigentlichen Sinne nach wegen der wahrscheinlich
inzwischen eingetretenen Entartung und Verwirrung der Sprachbe-
griffe nicht voll übersetzt werden konnte, so begnügte man sich mit
309
dem Wort „Baum“ für den in seinem eigentlichen Sinn nicht voll zu
übersetzenden Begriff für die drei großen Arten der lebendigen Ge-
schöpfe Gottes, die wir heute als die Welt der Pflanzen, der Tiere
und der Menschen bezeichnen. Man verdunkelte dadurch den ur-
sprünglichen Sinn. Die Juden und auch die Bewohner des alten
Babylon ernährten sich landesüblich von Ackerbau und Viehzucht.
Für sie war die Ernährung von Fleisch und Brot für den Menschen
eine so selbstverständliche Angelegenheit, daß sie gar nicht auf den
Gedanken kommen konnten, beim zweiten „Baum“ unter dem ur-
sprünglichen übergelagerten Begriff, der als Baum übersetzt wurde,
die Art der Geschöpfe zu verstehen und zu erkennen, die aus ihren
Naturtrieben heraus lebten und deshalb aus innerem, gefühlsmäßi-
gem Instinkt wissen, „was ihnen zum Guten und Bösen dient“. Das
Tier besitzt als ausgesprochene Mitgift des Schöpfers die gefühls-
mäßige Erkenntnis des Guten und Bösen. Oder gibt es einen Men-
schen, der leugnen wollte, daß das Tier instinktive Erkenntnis des
Guten und Bösen hat? Das Dritte aber, „Der Baum des Lebens“, das
ist die schöpferische Seelenkraft im Menschen selbst, die ihn befähi-
gen sollte, das Leben auf Erden im Sinne Gottes nach Seinem Bilde
zu mehren und zu erhalten, nicht aber es zu zerstören und die Erde
in eine Wüste zu verwandeln.
Damit haben wir die drei Bäume in ihrer Sinndeutung und in
ihrem wirklichen Wesen erkannt, so daß uns die weitere Deutung
der Geschichte vom Sündenfall keine ernstlichen Schwierigkeiten
mehr bereiten wird. ■
Doch folgen wir dem Gang der Ereignisse ein wenig weiter. Es
wird in mythischer Art angedeutet, wo der Garten Eden, der Garten
im guten Land liegt. Deuten wir es richtig, so ist er überall dort, wo
die Menschen in engster Lebensgemeinschaft mit der Welt der Pflan-
zen und der Tiere leben, und sich das Leben unter ihrer Führung
mehrt und erhält. Aber die Geschichte des Sündenfalls beginnt nach
diesen Worten den Auftrag Gottes zu wiederholen in den Worten:
„Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in
den Garten Eden, daß er ihn bebaute und bewahrte.“
Damit haben wir den einzigen und wirklich göttlichen Beruf des
Menschen entdeckt, nämlich den des Gärtners, der sich sein Gemüse
und seine Früchte selbst anbaut. In seiner Mußezeit kann er dann
noch all das besorgen, was ihm lebenswert und weiterentwicklungs-
fähig zu sein scheint. Mit der Berufung zum Gärtner gab Gott der
Herr den Menschen ein weiteres Gebot mit auf den Weg in den
Worten:
„Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: Du
sollst essen von allerlei Bäumen (von allerlei Gewächs) im
Garten, aber von dem Baum, (von der Wesenheit), der Er-
kenntnis des Guten und Bösen (hat), sollst du nicht essen;
denn welchen Tages du davon ißt, wirst du des Todes sterben.“
Der Baum, das lebendige Geschöpf Gottes, mit der Erkenntnis des
310
Guten und Bösen begabt, ist das Tier und welches Tages der Mensch
vom Tier ißt, wird er des Todes sterben. Wer dieses Buch bisher mit
Verstand gelesen hat, wird ohne weiteres begreifen, wie schwer es
die Menschen zu büßen haben, wenn sie vom Tier essen. Es braucht
kaum noch ein Wort darüber verloren zu werden. Doch sei noch hin-
zugefügt, daß nicht nur der Mensch eines schmerzlichen leiblichen
Todes sterben muß, sondern daß auch die Landschaft sterben und zur
Wüste werden wird, auf der der Mensch auf dem Umweg über den
Acker das Schlachttier und das Milchvieh züchtet, um sich davon zu
nähren.
Wie kam der Mensch dazu, dieses einfache und natürliche Gebot
der Ernährung aus dem Garten, den er selbst zu seinem eigenen
Nutzen bebauen und bewahren soll, und das Verbot, vom Tier zu
essen, so flagrant und konsequent zu verachten und so furchtbar ge-
gen seine Natur bestimmung zu leben, daß es schwierig ist, den heute
lebenden Geschlechtern und Völkern die Zusammenhänge überhaupt
noch klar zu machen. Die mythische Erzählung vom Sündenfall be-
dient sich des Symbols der Schlange, um die Verführung der Eva, der
Mutter alles Lebendigen, verständlich zu machen. Was die Schlange
dabei zu suchen hat und wie dieses Symbol in diese Geschichte hin-
eingekommen ist, wissen wir nicht. Tatsache ist jedenfalls, daß die
Wissenschaft, die da versucht, den vom Fleischessen erkrankten Men-
schen zu heilen, den Zauberstab, das Sinnbild des Baumstammes, mit
der sich daran emporwindenden Schlange zum Symbol ihres Berufes
erkoren hat. Was sagt uns das in diesem Zusammenhang?
Was können wir mit unseren Gedanken durch Zurück Versetzung in
die Urzeiten als die wirklichen Gründe der Verführung aufspüren?
Wir wollen versuchen, wenigstens die Gedanken anzudeuten, die zum
Ziele führen werden. Da ist zunächst die umwälzende Katastrophe
im Leben der Erde, die sich zwischen dem vergangenen sechsten Zeit-
alter in der Entwicklungsgeschichte des Lebens der Erde und dem
siebenten Abschnitt, in dem wir jetzt leben, zugetragen hat. In die-
ser Katastrophe wurde ein sechstes Mal, wenigstens einem Teil des
Lebens und vor allem der Tierwelt, ein Ende bereitet und viele vor-
zeitliche Geschöpfe wurden ausgerottet. Die Wissenschaft vermutet,
daß zwischen diesen beiden Abschnitten im Weltgeschehen eine große
Eiszeit alles Leben erschwerte. Den unwiderleglichen Beweis dafür
ist sie uns bisher schuldig geblieben. Alles, was die Wissenschaft an
Merkmalen den verschiedenen aufeinanderfolgenden Eiszeiten zu-
schiebt, kann bei Anwendung natürlicher Verstandeskraft von einer
Vereisung nicht herrühren, sondern kann nur hervorgerufen werden
durch eine rasende Wasserflut. Diese, die Erde bis zu einer Höhe von
mindestens 800 Metern bedeckend, brauste, aus dem Innern Asiens
dort hervorbrechend, wo heute die Hochebene von Tibet sich er-
streckt, in rasender Geschwindigkeit von Osten her über die Länder
Europas und ersäufte fast alles tierische und menschliche Leben. Wir
wissen aus bestimmten Merkmalen, daß die Länderfläche zwischen
311
Afrika und Australien in vorgeschichtlichen Zeiten versank. In die-
ser Katastrophenzeit des Versinkens der Erdhaut unter den Wasser-
spiegel der Weltmeere entstand der Indische Ozean, das Weltmeer
zwischen Asien, Afrika und Australien. Eine so gewaltige, das Ge-
sicht der Erde umgestaltende Kräfteverschiebung muß in irgendeiner
Weise nach dem Gesetz der Erhaltung der Kräfte ausgeglichen wer-
den. Das Gleichgewicht wurde wieder hergestellt durch die Erhebung
der Erdhaut nördlich des Himalayagebirges aus dem Weltmeer. Das
umwälzende Geschehen der Versenkung des Erdteils zwischen Afrika
und Australien löste durch den Gegendruck die Erhebung der heu-
tigen innerasiatischen Hochebene mit Tibet als Scheitelgebiet aus dem
Weltmeere aus. Die Wassermassen, die vor diesem Naturereignis dem
heutigen innerasiatischen Gebieten übergelagert waren, wurden ver-
drängt und zum Ablaufen nach allen Seiten gezwungen. Nach Süden
konnten sie nicht, da die gewaltigen Höhenzüge Asiens dies verhin-
derten. So rauschten denn die ungeheuren, unvorstellbaren Wasser-
massen eines Ozeans über Sibirien, Rußland und Europa in die da-
mals neu entstehende Senke des Atlantischen Ozeans, und erzeugten
unvorstellbare Flutwellen, die alles tierische und menschliche Leben
auf Erden vernichteten, soweit es sich nicht in höhere Gebirgslagen
retten konnte.
Bei der Erwähnung des Atlantischen Ozeans drängt sich uns die
Frage auf: Hat dieser von Anbeginn der Weltentstehung bestanden
oder ist es nicht vielmehr so, daß gleichzeitig auch auf diesem Teil
des Erdballs einschneidende Veränderungen stattfanden? Wenn mit
der Versenkung des Erdteiles Lemurien die bis dahin noch zusam-
menhängende Länderfläche von Afrika und Südamerika gleichzeitig
auseinanderriß und sich die gewaltige Erdsenke auftat, die das heu-
tige Becken des südlichen Atlantischen Ozeans geworden ist und
Afrika von Südamerika trennt, während gleichzeitig der tiefe Ein-
schnitt vom Nordmeer bis an die Nordküste des vormaligen Afrika-
Südamerikas sich zum nördlichen Teil des Atlantischen Ozeans ver-
breitert hätte, dann wäre die Entstehung des Atlantischen Ozeans er-
klärt und die ineinanderzuschiebende Form der Küsten dieser beiden
Erdteile dazu. Gleichzeitig damit aber wäre die ungeheure Gewalt
der rasenden Wasser massen verständlich, die sich von der sich aus
dem Meere erhebenden heutigen Hochebene Innerasiens her über
Sibirien, Rußland und Europa ergossen und in ihrer Gewalt alle
niedrigen Höhenzüge rund schliffen, das Land und die Erde um die
Sandsteingebirge der sächsischen Schweiz z. B. hinwegschwemmten
und die steil aufragenden Sandsteinfelsen nackt und bloß stehen
ließen. Durch die neuentstandenen Ozeane zwischen Australien und
Afrika und zwischen Afrika, Europa und Amerika wurden die durch
die neu aus dem Meere auftauchenden Ländermassen Innerasiens ab-
gedrängten Wassermassen mehr als auf genommen, denn die Rand-
marken am Ufergestein der Westküste Südamerikas zeigen, daß sich
312
zu irgend einer Zeit der Meeresspiegel der Weltmeere beträchtlich
gesenkt hat.
Die Hochebene von Innerasien hob sich aus dem Wasser empor,
das darüberliegende Wasser abdrängend. Das erzeugte die brausen-
den, rasenden Wasserfluten, welche die Vertreter der Eiszeit eben im
Widerspruch zur Bibel nicht wahrhaben möchten. Das Auftauchen
der heutigen Hochebene von Innerasien aus einstigen Weltmeeren bei
gleichzeitigem Versinken vorsintflutlicher Länderflächen auf, dem
Gebiet des heutigen Indischen Ozeans zusammen mit der Bildung der
Senke, die den Atlantischen Ozean entstehen ließ, ist die Ursache ge-
wesen, um unvorstellbar große mit rasender Geschwindigkeit von
Osten nach Westen daherbrausende Flutwellen in Europa zu erzeu-
gen. Diese wirkten sich zwischen dem sechsten und siebenten Zeit-
alter des Erdgeschehens als tödliche Katastrophe für das Leben auf
Erden aus. Daß die rasenden Fluten von Osten nach Westen über
Rußland und Europa hinweggegangen sind und alles mit sich rissen,
was sich in den Weg stellte, beweisen uns die roten Granitfelsen am
linken Ufer des Genfer Sees nicht weit von Genf. Es gibt in Europa
kein Felsengebirge, daß derart gemaserten rötlichen Granit aufzeigt.
Nur im Grenzgebirge des Uralhöhenzuges ist derartiger Granit zu
finden. Das Material des Montblanc-Massivs besteht aus Protozyn,
einem eisenhaltigen Magnesiasilikat.
Die von Osten daherbrausende Flut hat diese riesigen Granitblöcke
vor sich her getrudelt und sie dort liegen lassen, wo sie heute stehen.
Die riesigen Flutwellen brachen sich an den Felsengebirgen Skan-
dinaviens, brachen in ungeheuren Strudeln die Felsgesteine auf der
Insel Bornholm und trugen die Stücke, gemischt mit roten Granit-
blöcken aus dem Ural, über die Ostsee an die Küste Schleswig-Hol-
steins und verstreuten sie als Findlinge über das Land. Alles, was
die Wissenschaft zur Begründung der Eiszeit und ihrer Folgen an-
führt, ist kein überzeugender Beweis. Gletscher tragen keine Stein-
blöcke über die Länder hinweg und schleifen diese rund. Das können
nur die mit rasender Geschwindigkeit daherstürmenden Wassermas-
sen gewaltiger Flutwellen. Diese reißen lose Steine, Geröll und Fels-
blöcke mit sich und schleifen sie im Trudeln über die Erde rund. Wie
soll ein meterweis über die Erde dahinkriechender Gletscher selbst
bei seinem Auftauen Strudel erzeugen und dabei Knochen von Tie-
ren und Menschen aus Sibirien und Europa Zusammentragen? Aber
den Katastrophen von mindestens drei aufeinanderfolgenden Flut-
wellen fiel das Leben der Erde teilweise zum Opfer. Als die Flut, die
nach den Randmarken bis zu 800 Meter reichte, sich verlaufen hatte,
da kamen die wenigen Menschen und Tiere, die sich in die Gebirge
hatten retten können, wieder herunter ins Tiefland *).
*) Bis 800 m Höhe wurden Hügel und Berge vom Wasser rund geschlif-
fen, was darüber sich erhebt, ist noch heute zerklüfteter zackiger Fels mit
lockerem Geröll und losen riesigen Felsbrocken. Warum sammelten sich
313
Von den Karpathen stiegen die Slawischen Völkerschaften herab
zu Ta]j Aus den skandinavischen Gebirgen kehrten die Reste der Be-
völkerung herab als die Nordischen Menschen und von den Alpen
wurde Mitteleuropa bevölkert durch die Alpinen Rassen. Außerdem
können wir noch hier und da Reste der Urbevölkerung mit geson-
derter Sprache feststellen, so z. B. am Fuße des Brockens in entlege-
nen Dörfern die Harzer Urbevölkerung oder am Fuße besonders
hoher Mittelgebirge Reste mit besonders eigenartigen Dialekten, die
in die übrigen Dialekte nicht mehr hineinpassen wollen, wie z. B. die
sogenannten „Raupe“ in Tübingen und Umgebung oder die ver-
sprengten Volksteile in Frankreich, die im Wesen und in der Sprache
sich von der übrigen Bevölkerung typisch unterscheiden. Auch in den
an die Pyrenäen angrenzenden Teilen Spaniens und in Schottland
können wir dieselben Feststellungen machen.
Durch die Ereignisse dieser großen Flut kam ein großer Schrecken
und eine große Furcht über die überlebenden Menschen. Mit Ent-
setzen nur gedachten sie dieser Ereignisse und die Erinnerung dar-
an wird noch heute von vielen Völkern der Erde auf den gleichen Tag
gefeiert. Es ist Allerseelen und Allerheiligen am 1. und 2. November
jeden Jahres * *).
Aus der Furcht und der Angst der Seele vor diesem großen unab-
änderlichen Geschehen, dem die Natur in der Entwicklungsgeschichte
der Erde ausgesetzt und die dem Menschen im Ursprung unbegreif-
lich war, entstand das Opfer und, als das Gebet der Seele um Ver-
schonung vor einem ähnlichen Geschick, das Meßopfer. Auch der
große Fastentag der Juden mit dem großen Versöhnungstag in ihren
Neujahrsfeiern hängt mit diesem großen Sterben zusammen.
Eingedenk des großen Sterbens und der Schwachheit der Menschen
dem Naturgeschehen gegenüber, kam das Gebet. Es entstand daraus
die Zeremonie des Opfers. In diesem wurde die Gottheit, die Welt-
seele, die alles Geschehen auf Erden bestimmt und leitet, um Ver-
söhnung angefleht und ein Tier, in Mexiko junge Menschen, hingege-
ben als Symbol des Sterbens, zur Erlösung und Bewahrung des
Lebens der Menschen und aller Kreatur. Der Ehrwürdigste, der Pa-
triarch, aus dem sich später die Kaste der Priester entwickelte, tötete
das Opfertier unter Anrufung des Namens Gottes als Sühne für die
gnädige Verschonung während des großen Sterbens. Die Wandlung
des getöteten Tieres und seines Fleisches durch das beschwörende
die Endmoränen immer nur an der Ostseite der Berge und Steilküsten?
Doch nur deshalb, weil die FLut mit ihrem Geröll und Schlamm von Osten
kam. Bei Vergletscherung geht das Eis um die Bergkegel und Wider-
stände herum, aber nimmt sie nicht mit und reißt sie nicht los.
*) Ein ähnliches Gedenkfest der Toten halten die Ägypter bis auf den
heutigen Tag am gleichen Datum und auch in Indien läßt sich dieser Toten-
tag feststellen. Auch die Azteken in Mexiko und die Inkas kannten diesen
Tag, allerdings zu einem anderen Zeitpunkt. Nur die evangelische Kirche
hat sich aus Unkenntnis über den Ursprung darüber hinweg gesetzt.
314
Gebet des Patriarchen, des späteren Priesters, in eine Versöhnung
heischende Gabe zur Wandlung des Geistes der zürnenden Götter des
Lebens in der noch unvergessenen Katastrophe ist der Ursprung aller
Opferzeremonien und aller Gebete. Aus diesem Opfergebet der ver-
ängstigten Menschenseele nach der überlebten Flut entwickelten sich
im Laufe der Jahre, als die Erinnerung an die Flut zu erblassen be-
gann, die gewissen Opferzeremonien, die wir bis weit in vorchrist-
liche Zeiten hinein verfolgen können. Unter anderem wurden dem
Opfertier gewisse Teile herausgeschnitten, die der Priester oder der
Patriarch, als Stellvertreter der Gottheit gewissermaßen, verzehrte,
um anzudeuten, daß die Gottheit das Opfer angenommen und in sich
aufgenommen habe. Die gläubigen Menschen verfolgten die Opfer-
zeremonie, die auch auf andere Gelegenheiten ausgedehnt und auch
zur Fürbitte bei anderen Gelegenheiten aus rein menschlichen An-
lässen wurde, mit großer Aufmerksamkeit. Das beobachtet auch die
Eva, das ewig aufmerksame und ewig neugierige Weibliche. Sie be-
wegte bald einen eigenartigen Gedanken in ihrem Herzen: Gott hat
uns geboten und gesagt, du sollst nicht essen von dem Wesen, das
Erkenntnis des Guten und Bösen hat, vom Tier. Hier aber ißt der
Priester vom Tier. Ist nicht der Priester, der Patriarch, gescheiter
und weiser als wir? Er ißt von dem Tier, von dem gesagt ist, du
sollst nicht davon essen, sonst wirst du des Todes sterben. Er stirbt
aber nicht, sondern ist gescheiter als wir und weiß doch bestimmt,
was gut und böse ist. Da kamen dem Weibe die ersten Zweifel, ob
das Gebot Gottes auch zu Recht besteht, welche die Genesis in die
Worte kleidet: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von
allerlei Bäumen im Garten? Das Gewissen der Eva antwortete ganz
richtig:
„Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten, aber
von dem Baum, dem Geschöpf mitten im Garten hat Gott ge-
sagt: Esset nicht davon, rühret es auch nicht an, daß ihr nicht
daran sterbet.“
Die Verführung im neugierigen Herzen des Weibes aber sprach im
Hinblick auf den Fleisch verzehrenden Opferpriester:
„Ihr werdet mitnichten des Todes sterben, sondern Gott
weiß, daß welches Tages ihr davon esset, so werden eure
Augen aufgetan und ihr werdet sein wie die Götter (die Prie-
ster) und wissen, was gut und böse ist.“
„Und das Weib schaute an (in ihrem Herzen), daß das Ge-
schöpf (der Baum, der Erkenntnis des Guten und Bösen hat)
lieblich anzusehen und (vielleicht) gut davon zu essen wäre,
und daß es ein lustiges Geschöpf sei, weil es klug machte. Sie
nahm von der „Frucht“ (wie der Priester von dem Fleisch des
Opfertieres) und aß und gab ihrem Manne auch davon und
er aß.“
Das ist der Wortlaut der Beschreibong des Sündenfalls. „Sie aß und
gab ihrem Manne auch davon und er aß.“ Da hilft kein Deuteln und
315
kein Wortverdrehen: Im Essen von etwas, was der Mensch nicht essen
durfte und das für ihn nicht zum Essen bestimmt war, liegt der Sün-
denfall begründet. Alles andere sind die nafrumotwendigen Folgen
dieses Abfalls des Menschen vom Gesetz der Erhaltung des Lebens
im Essen, in seiner Speise. Betrachten wir die Folgen dieser Über-
tretung des Ernährungsgesetzes, so sehen wir genau das eintreten,
was in diesem Buch unter dem Kapitel „Ernährungskrankheiten“
eingehend erläutert wurde.
Der Fluch über die Menschen
Vor dem Sündenfall heißt es: „Sie waren beide nackt, der Mensch
und sein Weib, und sie schämten sich nicht.“ Nach dem Sündenfall,
nach dem Essen vom Fleisch der Tiere, wurden die natürlichen Triebe
durch die entstandene Nervenreizung aus der erregenden Nachwir-
kung und dem Säurereiz in den Säften des Körpers erregt und sie
vergeilten. Das merkten die beiden und sie schämten sich ihrer Geil-
heit. Sie verdeckten ihre Scham durch einen Lendenschurz. Das und
nur das ist der Ursprung der Kleider. Erst die Verzärtelung der
Haut durch die sonne- und luftabschließende Kleidung machte sie
später als Kälteschutz scheinbar unentbehrlich.
Der schaurige Fluch über das Weib ist, vom naturgesetzlichen
Standpunkt aus betrachtet, doch nur die natürliche Folge des Fleisch-
essens und des mit dem Fleischessen aufkommenden Brotgenusses,
von dem noch die Rede sein wird. Das Fleisch versäuert die Säfte, das
zehrt am Kalkgehalt der Knochen und der Gewebe, um die Säure
abzusättigen. Das Knochengerüst und damit auch das Becken wird als
Folge davon mißgestaltet und entwickelt sich nicht richtig. Es kommt
zu schweren Geburten und zu schweren Störungen in der Schwan-
gerschaft, die so schlimm werden, daß heute sehr oft der Kaiser-
schnitt die letzte Rettung ist. Das aber drückt der Fluch aus in den
Worten: „Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger
bist, du sollst mit Schmerzen Kinder gebären und dein Verlangen
soll nach deinem Manne sein.“ So hat sich das natürliche Glücksemp-
finden bei der Geburt und der Zeugung eines neuen Menschenkindes
verwandelt in ein Geschehen, dem die junge Mutter nur mit Furcht
und Bangen entgegensieht. Oft aber ist die körperliche Entwicklung
durch die Mißernährung derart entartet, daß sie überhaupt nicht ge-
bären kann oder unfruchtbar bleibt oder aus Angst um ihr Leben
weitere Geburten zu unterbinden sucht. Was aber durch den Fleisch-
genuß und seine zerstörenden und vereiternden Folgen gerade in den
Gebärorganen der Frau entstehen kann, das könnten uns die Proto-
kolle der Frauenkliniken in erschreckender Weise offenbaren. Trotz-
dem aber wird das Ewig- Weibliche verzehrt von dem Verlangen nach
dem Manne, nicht als Folge des natürlichen Verlangens nach der Er-
füllung der Mutterschaft im Kindersegen, sondern als sinnliche Be-
gierde eines durch die Säurewirkung erhitzten Sinnentaumels einer
erregten Leidenschaft des Trieblebens. Dieses sucht in erster Linie
316
die Begegnung mit dem Manne. Erst der oft unerwünschte Kinder-
segen öffnet dem Weibe die Augen und dann beginnt die Tragödie
so mancher Ehe. Die Niederhaltung und Ausnutzung der Frau als
etwas minderwertiges, erniedrigendes im Orient in den früheren Mit-
telmeerländern und noch heute bei vielen Völkern des Orients und
Asiens ist nur zu gut bekannt.
Genau so folgerichtig wie das Verhängnis über die Frau als Folge
des Fleischgenusses wirkt sich auch der Fluch über den Mann aus.
Überlegen wir noch einmal ganz kurz die gesundheitlichen und die
wirtschaftspolitischen Folgen, die nicht zu vermeiden sind, wenn der
Mensch von Fleisch und Brot, erzeugt durch Ackerbau und Vieh-
zucht, leben will. Im ordnungsmäßig angebauten Garten finden sich
Bäume, Sträucher und Kräuter aller Art, von denen der Mensch sich
nähren kann, verschönt vielleicht durch einen Blumenflor, der auch
das Auge erfreut. Die nicht für Gartenbau zu nutzende Fläche der
Erde an Berghängen oder in sandigen Gebieten wird dann von Wald
bedeckt sein, da ja auf eine besondere Viehweide zur Ernährung der
Schlachttiere keine Rücksicht genommen zu werden braucht. Wenn
aber der Mensch die Erzeugnisse der Früchte und Gemüse des Gar-
tenbaues als Nahrungsquelle verschmäht, weil das grüne Kraut und
die Frucht der Bäume ihm nicht kräftig genug erscheinen und er sich
mehr Kraft und Weisheit aus dem Verzehren von Tierfleisch und
von tierischen Erzeugnissen verspricht, dann wird er kraft seiner
Überlegung bald versuchen, die ihn fliehenden Tiere des Waldes und
der Ebene nicht mehr zu erjagen, sondern sie durch seine Betreuung
und Vorsorge großzuziehen, um sie ständig zur Hand zu haben, wenn
er sie schlachten und verspeisen möchte. Um das zu erreichen, ging
der Mensch, der „Adam“, nicht als Einzelperson, sondern als Symbol
der Gesamtbevölkerung gedacht, dazu über, das von ihm begehrte
Fleisch dadurch zu erlangen, daß er sich das Schlachtvieh untertänig
machte und es ständig ernährte, bis es zur Nutznießung verbraucht
oder zur Arbeit herangezogen werden konnte. Um Schlachtvieh zu
ernähren, bedarf es genügender Futtermengen. Die kann der Wald
nicht liefern, sondern nur das Gras des Feldes und die auf dem Feld
angebaute Feldfrucht der Gräser- und Getreidearten und der ertrag-
reichen Rüben. So verwandelte der Mensch den Garten und den Wald
in Viehweiden und Ackerland. Der Gärtner verwandelte sich in einen
Ackerbauer und Viehzüchter. Der Acker mag ursprünglich nur ge-
dacht sein als Erzeugungsstätte für kräftiges Viehfutter in den Zei-
ten, wo die Natur das notwendige Futter versagte. Aber da der Gar-
ten und der Wald gerodet worden waren, um Platz zu schaffen für
die Viehweide und den Acker, so mußte sich der Mensch nach einer
Nahrungsergänzung zum Fleisch umsehen. Rohe Kräuter und Früchte
schmeckten und mundeten nicht zum Fleisch, aber unter den Grä-
sern entdeckte der fleischlüsterne Mensch bald Arten, die besonders
reiche Körnerentwicklung zeigten und großkörnige Ähren hervor-
brachten. Diese schienen ihm willkommene Ergänzung zum Fleisch
317
zu sein, da sie ja auch dem Vieh gut mundeten und den Ertrag an
Fleisch und Milch steigerten. So versuchte er, das Getreide, die Kör-
nerfrucht der Gräser, für seine Ernährung zu nutzen, da sie beim
Vieh so gut anschlug.
Aber inzwischen war dem Menschen, d. h. der Volksgemeinschaft,
die hier als „Adam“ bezeichnet wird, durch seine vorsorgende Über-
legung die Entdeckung und Anwendung des Feuers gelungen. Will-
kürlich Feuer zu entzünden und nicht mehr auf die gelegentliche Glut
durch Blitzschlag oder dergleichen angewiesen zu sein, war wohl die
entscheidende Erfindung, die das Wirken und die Lebensgestaltung
der Menschheit gründlich veränderte. Es ermöglichte dem Menschen
die Zubereitung des Fleisches der Tiere als schmackhaftes Gericht. Es
half ihm in der Herstellung geeigneter Werkzeuge für seine tägliche
Hantierung, aber der ständige Gebrauch des Feuers in der Zuberei-
tung seiner Speisen wurde für ihn und seine Gesundheit doch das
Ausschlaggebende. Das Getreidekorn, vor allem das noch heute bei
vielen Völkern als Volksnahrung dienende Hirsekorn, war roh kaum
zu genießen, da es hart war und tüchtig gekaut werden mußte. Aber
unterzog man es einer Feuerbehandlung, erhitzte man das Getreide
und setzte vorher Wasser hinzu, dann schmeckte es süß und schien
auch bekömmlicher zu sein. So bereitete sich der Mensch aus der Kör-
nerfrucht der Getreidearten mit Hilfe des Feuers weiche Breispeisen
und Grützen (schwedisch Kruska) oder buck sie zu Brot. Die Folgen
des Verzehrens dieser Brot- und Getreidenahrung haben wir bereits
kennen gelernt. Für den Menschen, der anfing, in seiner Gier nach
Fleisch, sich die Frucht der Gräser durch Feuerbehandlung genießbar
zu machen, war es ein großer Gewinn.
Er wurde dadurch unabhängig vom Garten und konnte sich wie
das Vieh, das er für sich zum Schlachten oder zur Milchgewinnung groß
zog, von der Frucht des Ackers mit ernähren. Auch das Fleisch wurde
durch die Feuerbehandlung schmackhafter und verlor den faden Ver-
wesungsgeschmack durch Rösten und Würzen. Damit haben wir die
Wandlung des Menschen und die Wandlung ganzer Völker vom Gärt-
ner zum Ackerbauer und Viehzüchter vor uns.
Die Frucht des Ackers war und ist in der Antike und in unseren
Tagen für den Menschen außer dem Fleisch der Schlachttiere und den
Produkten vom lebenden Tiere „das Getreide“, die Grundlage zur
Herstellung von Brot, Kuchen, Grützen und Getreidespeisen. Brot und
Getreidezubereitungen als Speise für den Menschen sind heute so in
den Gedanken der Menschen verankert, daß eine Mahlzeit, ein Tages-
lauf ohne Brot kaum noch vorstellbar ist. Wie aber verträgt sich diese
Art pflanzlicher Speise mit dem Urgesetz der Ernährung? Wir ver-
nahmen und verstanden ganz richtig, daß für den Menschen die noch
zart-grünen, wohlschmeckenden Blattgemüse, die saftigen Wurzelge-
müse und die Ölsaaten zur Nahrung bestimmt sind, die einen harten,
verholzenden Samenträger, einen harten Stengel aus einer grünen
Blattrosette am Boden in die Höhe treiben. Das Getreide aber ist kein
318
Blattgemüse mit einer Blattrosette am Boden, sondern es ist aus hoch-
gezüchteten Grasarten entwickelt, denen kein verholzender, harter
Samenstengel eigen ist, sondern aus einem hochstrebenden Blätter-
schaft aufragend, trägt ein hohler Halm die Ähre oder die Rispe mit
den Körnern. Die auf dem hohlen Halm der Gräser wachsende Kör-
nerfrucht des Getreides ist von Anbeginn nicht als Nahrung für den
Menschen bestimmt. Die Organe der Nahrungsverarbeitung des Men-
schen sind nicht auf die Verdauung der Getreidekörner und daraus
hergestellter Speisen eingerichtet. Nur die körnerfressenden Vögel
können hartes, reifes Korn zwischen den geriffelten harten Reib-
flächen ihres Vormagens in natürlicher Weise so verarbeiten, daß es
ihnen zuträglich ist. In die Organe des Menschen gehört es nicht hin-
ein. Das Getreide und die daraus mit Hilfe des Feuers bereiteten Spei-
sen wie Brot, Kuchen und Getreidegerichte sind, wie im zweiten Teil
dieses Buches gezeigt wurde, die Ursache so vieler Magen- und Darm-
leiden und so vieler Stoffwechselstörungen im Körper des Menschen,
daß es besser ist, alle Getreidenahrung zu meiden.
Brot und Fleisch, die Frucht des Ackers, werden dem Menschen zum
Fluch durch die nachfolgenden Krankheiten, die Gebrechen und den
frühen Tod, die dem intelligenten Leser klar genug aufgezeigt wur-
den, wenn sich sein Geist für diese Gedanken aufgeschlossen erweist.
Was aber waren die wirtschaftlichen Folgen:
Rodet der Mensch seinen Garten, um Weiden und Ackerland zu er-
halten, rodet er den Wald, dann verschwindet die grüne Pflanzendecke
von der Fläche der Erde und die erste Folge nach dem Verschwinden
der Bäume und Sträucher ist das Absinken des Grundwassers. Der
Wasserhaushalt der Erde wird gestört. Die Sonne sendet ihre sengen-
den Strahlen ungehindert und nicht mehr durch die Laubdecke der
Bäume abgeschirmt auf den abgeernteten Acker. Sie verbrennt die
durch das Weiden des Viehs kurz gefressene Grasnarbe. Sie verwan-
delt das fruchtbare Wald- und Gartengelände oft im Laufe einiger
Jahre in eine wasserlose Steppe. Den sichtbaren Erfolg dieser Kultur,
die sich auf Ackerbau und Viehzucht gründet, kennen wir zur Genüge.
Ihr klugen Menschen, schaut euch nur die Erde an, auf der vor Zeiten
einst volkreiche Staatengebilde und Weltreiche in hoher Scheinkultur
lebten, deren Ernährungsgrundlage Ackerbau und Viehzucht war!
Was seht ihr da? Einen unfruchtbaren sandigen Wüstengürtel von der
Westküste Afrikas über die Sahara und die Küstengebiete Afrikas,
die einstige Kornkammer Roms, und die Länder des M^ittelmeeres
über den nahen Orient, die Türkei, das Zweistromland, Turkestan,
Afghanistan, Tibet, China, über die Mongolei bis an den Großen Ozean,
den Pazifischen, eine einzige große Wüste, in der die blühenden
Scheinkulturen vergangener Zeiten in Schutt und Trümmer unter
dem Sande der Wüste begraben liegen. Schaut euch nur um in den
Ländern der heutigen Kulturvölker! In der augenblicklichen Korn-
kammer der Welt, den Vereinigten Staaten Nordamerikas und Kana-
das, sind große, einst fruchtbare Ackergebiete schon jetzt zur Wüs^e
319
geworden und täglich gehen Zehntausende von Hektaren in unfrucht-
bare Steppe über, weil die fruchtbare, aber immer wieder umge-
pflügte Erde schutzlos den austrocknenden Strahlen der Sonne und
den Sandstürmen ausgesetzt ist und jetzt davonzufliegen droht. In
Deutschland versteppen von Jahr zu Jahr immer größere Länder-
flächen, und das Grundwasser sinkt ständig und unaufhaltsam, weil
der Wald immer mehr verschwindet, um Platz zu machen für mehr
Ackerland. Schon hat man begriffen, was vor sich geht, und sucht
durch Aufforstung der Verwüstung Einhalt zu gebieten.
Der nach der Rodung ständig geringer werdende Ertrag des Ackers
machte den Menschen schon immer schwere Sorgen. Er konnte doch
nicht immer weiter roden, da er doch sonst auf Nachbarn stoßen
würde, die wie er das Land rodeten, um Nahrung auf dem Umweg
über Ackerbau und Viehzucht zu erhalten. So suchte der Mensch Mit-
tel und Wege, dem Gesetz der abnehmenden Fruchtbarkeit des Ackers
zu begegnen und die Fruchtbarkeit und den Ertrag der Wirtschaft zu
heben. Er sah die üppig wuchernden Stellen auf der Weide dort, wo
der Dung des Viehs sich ausgebreitet hatte. Das war ihm eine Er-
leuchtung: Dünger, aus dem Stall und von der Weide auf den Acker
gebracht, mußte den Ertrag steigern. So begann die Düngewirtschaft.
Aber das Gesetz der abnehmenden Fruchtbarkeit des Ackers läßt sich
auch durch noch so große Düngergaben auf die Dauer nicht auf halten,
das beweist uns die Erfahrung des täglichen Lebens immer wieder.
Die Gefahr des Verhungerns der Menschen, die darauf bestehen, von
der Frucht des Ackers, von Brot, Fleisch und Milch leben zu wollen,
ist nicht erst heute riesengroß. Die großen Völkerschaften der Antike
sind dem Hunger erlegen. Dazu gesellt sich die fortschreitende, kaum
noch zu bekämpfende Krankheitsnot der gesamten Menschheit, wo
immer der Kochtopf und die Bratpfanne das bevorzugte Küchengerät
sind. Das Schlimmste aber ist, daß aus dem Kampf mit der versiegen-
den Fruchtbarkeit des Ackers der Kampf um die Existenz, der Kampf
mit dem Nachbarn entbrannte. Aus diesem wuchs die soziale und be-
rufliche Differenzierung, durch die wiederum das soziale Elend der
Massen zu Gunsten einzelner hervorgerufen wurde. Die Völker aber,
die auf ihrer immer unfruchtbarer werdenden Erde nicht mehr vor-
wärts zu kommen glaubten und nicht mehr genügend Existenzmög-
lichkeiten sahen, schielten auf das Gebiet benachbarter Völker und
überzogen diese zwecks Ausnutzung ihres Landes mit Krieg. Die Fak-
kel des Krieges lohte auf im Kampf um den Besitz des Bodens und
damit auch um die Macht über die Menschen, die sich vom Acker
nährten. Die siegreich vordringenden Waffen der Gewalt aber kann-
ten keine Gnade mit der einheimischen Bevölkerung. Die Besiegten
wurden zu Sklaven, zum redenden Inventar des Hofes erniedrigt und
ihr Land im Interesse der Sieger ausgenutzt. Der Mensch hörte auf,
dem Bilde Gottes entsprechend, seine schöpferischen Seelenkräfte im
Sinne der Erhaltung des Lebens zu gebrauchen. Seine Seelenkräfte
entarteten und er begann, auf Gewaltanwendung und Krieg zu
320
sinnen, um seinen Hunger trotz der ständig abnehmenden Fruchtbar-
keit seiner versteppten Äcker zu befriedigen. Diese ganze Entwick-
lung, die hier nur kurz angedeutet werden kann, erkennen wir klar
und deutlich wieder in dem Fluch über Adam:
„Weil du gegessen hast, von dem, davon ich dir gebot, du
sollst nicht davon essen: Verflucht sei der Acker um deinet-
willen, mit Kummer (Krankheiten und Sorgen) sollst du dich
darauf ernähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er
dir tragen und du sollst das Kraut des Feldes essen *).
„Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen,
bis daß du wieder zur Erde werdest, davon du genommen bist.“
Durch die Ernährung von Fleisch und Brot wird der Mensch im
Kampf um die Stillung seines Hungers vom Göttlich-Seelischen hin-
abgezogen zum Irdisch- Weltlichen. Aus einem von gekochtem, ge-
bratenem und geröstetem Tierleichenfraß verkrampften Hirn, in
einem von Brot und von gekochten oder gebackenen Getreidespeisen
verkleisterten Körper und deshalb schwer arbeitenden Organen kann
der Mensch das wahrhaft Göttliche in sich nicht mehr erkennen. Er
wird nicht mehr auf schauen zu Gott, dem Vater des Lichtes und des
Lebens, sondern wird nach irdisch-leiblichen Dingen trachten und ist
oft froh, wenn er mit schwerer Mühe, mit Kummer und Sorge sein
täglich Brot findet. Kummer und Krankheit anstatt der erwarteten
Kraft und Nahrung in Fülle, Mord und Krieg und Tod anstatt schöpfe-
risch-geistigen Strebens im Bilde Gottes, das ist das Schicksal des
Menschen geworden, der die Gesetze der natürlichen Erhaltung des
Lebens verleugnet und sich selbst und seine Organe vergewaltigt. Die
Erde aber, die einst ein blühender Garten Gottes war, verwandelten
die Menschen in Ackerland und Viehweiden und entwickelten auf die-
ser Grundlage eine blühende Scheinkultur, die nur solange währte, wie
der versteppende Acker es erlaubte. Mit der zunehmenden Ver-
wüstung aber verfielen auch die Scheinkulturen in den großen Städ-
ten der Antike.
Ist es wirklich unmöglich, intelligente Menschen, die doch vorgeben,
einen gut entwickelten Verstand zu haben und geistvoll zu sein, von
dem Unrecht gegen sich selbst und gegen die Natur zu überzeugen, in
das sie sich durch ihre Ernährung von Fleisch und Brot gesetzt haben?
Das Gesetz der Flamme des kreisenden Schwertes,
der „circulus vitiosus“ oder Teufelskreis
Abgewichen vom natürlichen Gesetz der Lebenserhaltung, schlit-
terte der Mensch zur Erfüllung seiner neuerstandenen Begierden nach
Fleisch und Brot in den kreisenden Strudel einer Entwicklung hinein,
*) Die Frucht des Ackers ist das Getreide. In alten Zeiten aßen die Für-
sten und die wenigen reichen Leute Fleisch in Hülle und Fülle, die Masse
des Volkes, die Soldaten, die Armen und die Sklaven aber lebten vom
Kraut, von der Frucht des Feldes, d. h. von Brot und Grützen, aus Ge-
treide hergestellt.
21 Sommer, Ernährung
321
die sich etwa wie folgt ausdrücken läßt: Hat der Mensch im ersten
Versuch die erregende Wirkung des gerösteten, gebratenen oder rohen
Fleisches vom Tier in seinen Nerven und in der Erregung seines Ge-
hirns als im Augenblick ihn täuschende Anregung empfunden, dann
verfällt er gar zu leicht der Sucht nach mehr Fleischgenuß, weil ja die
der ersten Erregung naturnotwendig folgende Erschlaffung und Er-
müdung eine weitere Anregung oder, richtiger, Erregung erfordert.
Der Versuch, die der ersten Erregung folgende Erschlaffung durch
mehr erregende Mittel zu überwinden, ist bekanntlich die Ursache des
Süchtigwerdens auf dem Weg des Zusammenbruchs der Gesundheit.
Je mehr der Mensch aber nach Fleisch als einem erregenden und
scheinbar anregenden Leckerbissen verlangte, desto mehr Tiere muß-
ten geopfert werden. Woher die Tiere nehmen, die man zu diesem
Opfer für den Genuß der Erhaltung der erregend-anregenden Wir-
kung benötigte? Die freilebenden Tiere des Waldes und der Steppe,
die sich bis dahin ohne Angst und Scheu in voller Zutraulichkeit dem
Menschen näherten, merkten bald am Blutgeruch ihrer gemordeten
Genossen und dem dem fleischverzehrenden Menschen anhaftenden
Geruch, daß man es nicht mehr gut mit ihnen meinte, sondern sie zu
töten suchte. Sie mieden und flohen den Menschen. So mußte der
Mensch Jagd auf die Tiere machen, die er zu seinem Speiseopfer nötig
zu haben glaubte, um wieder das Gefühl der erregenden Kraft und
die geistige Erregung seiner sinnlichen Triebe von neuem zu spüren.
Er begann, die für das sich steigernde Verlangen nach erhöhtem Ge-
nuß benötigten Tiere durch Einfangen und gute Pflege an sich zu ge-
wöhnen und zu seinen Hausgenossen zu machen, bis sie ihm schlacht-
reif und des Opferns wert schienen. Die in seine Pflege genommenen
Tiere aber mußte er füttern und, um Futter zu beschaffen, rodete er
den Garten, der ihm bisher die natürliche Nahrung gegeben hatte. Er
verwandelte den Garten in eine Weide für das Vieh, auf der das Vieh
grasen konnte und von der er das für den Winter benötigte Heu und
die Futtervorräte gewann. Bald reichte der gerodete Garten nicht
mehr für die Ernährung des Viehs, und er begann die seine Wohn-
stätten umgebenden Waldungen zu roden, nicht, um das Holz zu ge-
winnen, das wurde oft nur angezündet und in Asche verwandelt, son-
dern um Viehweiden und Ackerland zu erhalten. Je mehr Wald er
rodete, desto mehr versteppte das Land und der Acker wurde immer
unfruchtbarer, je mehr das Gr und wasser wegen der fehlenden wasser-
ziehenden Wurzeln und der fehlenden regenziehenden Laubdecke der
Bäume absackte. Inzwischen vergrößerte sich die Zahl der Bevölke-
rung, der Bedarf nach Opfertieren zum Zweck des Fleischgenusses
stieg und die Rodung ging immer weiter. Es begann mit der Abirrung
des Menschen von seiner natürlichen Nahrung der Kreislauf des Ver-
derbens, der in der Verwüstung der Fruchtbarkeit des Bodens und
dem Ersterben der blühenden, grünenden Pflanzendecke überall dort
geendet hat, wo die Entwicklung mit der Entstehung der unfrucht-
baren Wüste zum Abschluß kam.
322
Abgeirrt vom rechten Wege und dem Sinnestaumel des erregenden
Gaumengenusses hingegeben, sah der Mensch im Kreislauf des Ver-
derbens, in den er hineingeraten war, daß die zur Verfügung stehende
Erde die wachsende Bevölkerung nicht mehr nähren konnte, weil
gleichzeitig mit der zunehmenden Viehhaltung und der immer schwie-
riger werdenden Futterbeschaffung auf der immer größer werdenden
Ackerfläche die Fruchtbarkeit abnahm. So begab sich ein Teil der
jüngeren Generation auf die Wanderschaft, um zu versuchen, in an-
deren Gegenden mehr Weiden für das Vieh zu finden. Erreichten sie
gutes Land, das für die Niederlassung geeignet erschien, so setzten sie
sich fest und begannen wie ihre Väter, das Land zu roden und in
Viehweiden und Äcker zu verwandeln. Waren schon Bewohner in
dem Neuland vorhanden, so wurden diese, wenn sie sich dem Willen
der Zuwanderer unterwarfen, zu seßhaften Arbeitern für die Ein-
dringlinge gemacht oder, wenn sie sich widersetzten, mit der Waffe
in der Hand überwältigt und, wenn es notwendig wurde, gar ausge-
rottet. Die erobernden Eindringlinge brachten dann ihre kulturellen
Ansichten und die Gebräuche ihrer Väter mit in das neue Land und
entwickelten aus der Mischung des Geistesgutes der Urbewohner und
des mitgebrachten die jeweiligen Kulturen, die doch nur auf Acker-
bau und Viehzucht als der Grundlage der Ernährung aufgebaut und
zur Entfaltung gebracht werden konnten. So entstanden überall auf
der Fläche der Erde, wo der Gedanke der Ernährung durch Opferung
und Schlachtung von Tieren Fuß faßte, die „Kulturvölker“.
Diese trugen aus der Abirrung ihrer Gedanken vom Natürlichen den
Kreislauf des Verderbens in immer weitere Kreise, bis der ganze Erd-
kreis, wo immer Menschen sich niederließen, in diesen Strudel des
Verderbens hineingerissen war, den wir in unserem Dünkel „Kultur“
nannten.
Die Menschen aber vermehrten sich, die Fläche der Erde blieb die
gleiche und der Bedarf an Viehfutter für die Schlachttiere wuchs. Wer
aber einmal auf einem Bodenstück ansässig war und es bebaute, um
sich und seine Angehörigen durch das großgezogene Vieh und den Er-
trag des Ackers zu nähren, der gab es nicht wieder her außer, er
wurde durch Gewaltanwendung dazu gezwungen. Wer hatte, hielt
fest. Der Nachgeborene hatte das Nachsehen. So wurde der Acker-
bauer der Herr und Besitzer über das Land, das er bebaute und das
er für die Ernährung seiner Familie und seiner Schlachttiere be-
nötigte. Wer keinen Acker besaß, mußte sehen, wie er zu Nahrung
kam und die übrigen Bedürfnisse seiner Lebenshaltung befriedigen
konnte. Er mußte wohl oder übel zum Herrn des Ackers gehen, der
das Fleisch und das Brot erzeugte, und dort um Nahrung betteln. Der
aber hatte viel Arbeit mit der Bebauung seines Ackers und ging dazu
über, nur dem Landlosen vom Uberschuß seiner Nahrung zu geben,
der ihm bei der Arbeit half oder die Ackerarbeit für ihn zu verrich-
ten versprach. So entstand der Landbesitzer und sein Knecht. Im
Laufe der Jahre spürte der Landherr die Macht über den Landlosen,
323
die ihm der Besitz gab. Es entwickelten sich unter den Menschen die
sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede, die mit der Ernährung
und der Nahrungserzeugung Zusammenhängen und aus denen sich im
Laufe der Jahre die furchtbaren Zustände der seelischen und körper-
lichen Sklaverei und der Unterdrückung der Besitzlosen durch die
Eigentümer als die Herren des Landes entwickelten. Diese Unter-
schiede zwischen Herr und Knecht oder Besitzer und Landlosen wur-
den in der Kulturgeschichte der Völker von einschneidender Bedeu-
tung, weil durch die Ausnutzung der versklavten und entwürdigten
Menschen die großen Scheinblüten der Kultur zustande kamen, deren
Prachtbauten wir z. B. noch heute unter dem Wüstensande bewundern.
Wahrlich, der Kreislauf des Verderbens treibt wunderliche Blüten.
Um der Prunksucht und Ruhmgier einzelner zu dienen, wurde die
Freiheit und die Würde der Masse der Menschen zertreten, das Volk
in blutige Kriege mit Brand und Morden hineingehetzt. Dieser
Kampf um den Boden oder um die Erzeugnisse der Sklavenarbeit im
Austausch für Nahrung führte zur Vernichtung ganzer Völker und
Städte, ja, er bewirkte letzten Endes den Untergang einst großer Völ-
ker. Wo ist da die Wahrheit, wo der Irrsinn? Ist der Mensch noch ein
Ebenbild Gottes, dazu bestimmt, das Leben auf Erden zu mehren und
zu erhalten, der nur noch darauf sinnt, genügend Schlachttiere auf-
zutreiben und Brot anzubauen, um die nach der Vernichtung des Gar-
tens entwurzelten Menschen zu nähren und sich an der Nahrung be-
reichern zu können, auch wenn es über Leichen geht und Kriege und
Kriegsgeschrei die Folge sein werden? Die Nutznießer solcher Den-
kungsart und die Führer in solch siegreichen Kriegen aber werden als
die großen Helden und die Mächtigen unter den Menschen geehrt und
verherrlicht, wie es in allen bisher geschriebenen Geschichtsaufzeich-
nungen der Völker nachzulesen ist. Der Irrsinn, aus dem Tieropfer
zum Zweck der täglichen Ernährung des Menschen entstanden, kennt
keine Grenzen mehr. Riesige Anstrengungen werden auch heute und
jetzt erst recht gemacht, um die Völker in immer gewaltigerem
Kriegsgeschehen aufeinander zu hetzen und die Freiheit der mensch-
lichen Entscheidung so gut wie ganz unmöglich zu machen. Oder gibt
es noch einen Menschen, der da behaupten könnte, daß er selbst sein
eigenes Geschick bestimmen könnte, wenn die Politiker zum Kriege
rufen? Wer ist denn der Politiker? Wo bleibt der freie Mensch? Be-
greift denn kein Mensch mehr, in welch einem fürchterlichen Strudel
des Verderbens die Menschheit hineingeraten ist, an dessen Anfang
die Schlachtung des Opfertieres zum Zweck der Ernährung stand? Ist
die Menschheit so blind geworden, daß keiner mehr hindurchsehen
kann durch die Nebelschleier der Verirrung des Geistes, der in seiner
Sucht nach Fleisch alle Gesetze der Vernunft und des naturgesetz-
lichen Geschehens beiseite schiebt? Irrend und vom natürlichen Weg
der Nahrungsgewinnung abgewichen, wandert der Geist der Men-
schen vom einst auf steigenden Weg zur Vollendung in immer steiler
werdenden Spiralen des Entsetzens dem Untergang entgegen. Auch
324
hier erfüllt sich ein Naturgesetz: Ein im Nebel oder in der Dunkelheit
vom Wege Abgewichener, ein Verirrter, wird, wie das seinen Natur-
instinkten folgende verirrte Tier sich immer im Kreise bewegend, auf
den Ausgangspunkt der Verirrung zurückkommen. In dieser kreisen-
den Bewegung wird er oft völlig erschöpft zusammenbrechen, um
dann vielleicht den Irrtum zu erkennen. Dann aber ist es oft zu spät.
Die Katastrophe der Vernichtung ist unabwendbar, solange nicht eine
innere Erleuchtung oder ein Geistesblitz von außen den Kreislauf des
Verderbens unterbricht. Verirrt im Nebel oder in der Nacht in unbe-
kanntem Gelände, wird der Irrende oft noch genarrt von Irrlichtern,
von hüpfenden Flammen im Sumpf des Verderbens. Geht er solchen
Irrlichtern nach, so wird er nur um so tiefer in die Irre geführt und
wird sich um so weiter vom rechten Wege entfernen, je hoffnungsloser
seine Lage wird. Erst wenn ein neuer Morgen graut, die Dunkelheit
weicht und die Nebelschleier zerreißen, wird sein Blick wieder frei
werden für eine bessere Erkenntnis, für ein Zurückfinden auf den
richtigen Weg, der zur Freiheit führt und in der Freiheit zur Auf-
wärtsentwicklung des Geistes im Sinne der Erhaltung und Vervoll-
kommnung des Lebens.
Nicht nur im Kreislauf des Verderbens, der, mit dem blutigen
Opfertod des Schlachttieres beginnend, in der Gewalttat der Massen-
tötung unschuldiger Menschen im Kriegsgeschehen endend, zum Un-
tergang ganzer Völker, ja, des Lebens auf Erden selber führt, zeigt
sich der irrende Geist des Menschen, der da glaubt, ohne das Fleisch
der Tiere oder die Erzeugnisse vom lebenden Tier in seiner Ernäh-
rung nicht auskommen zu können. Alle anderen Belange des Men-
schen in körperlicher oder geistig-seelischer Beziehung, sind den Fol-
gen dieses Irrtums verfallen. Aus dem Irrtum in die kreisende Bewe-
gung gezwungen, wird sich der Mensch in immer größere Irrtümer
verstricken, bis er mit Entsetzen den Irrtum erkennt und, sich in sein
Schicksal, in sein scheinbares Kismet, fügend, seinem Untergang hilf-
los entgegensieht.
Solange sich der Mensch seiner Natur und den Worten seines Schöpfers
folgend aus dem Garten durch seiner Hände Arbeit nährte, war sein
Körper gesund und sein Geist lebensfroh und leistungsfähig. Nachdem
er auf dem Umweg über das Opfer glaubte, seinen Körper stählen und
sein Wissen durch den Genuß von Tierleichenfleisch vertiefen und erwei-
tern zu können und das Fleisch, ergänzt durch die Körperfrucht der
Gräser durch Brot- und Getreidespeisen, als seine wichtigste Nahrung
zu betrachten anfing, wurde er krank. Wir wissen heute, daß die Lei-
den der Menschen sich aus seiner Ernährung entwickeln. Die Organe
können eine Nahrung nicht in körperliche Lebenskraft umsetzen, für
die sie nicht gebaut sind. Werden sie aber zu einer solchen Leistung
gezwungen, dann werden sie nicht nur überlastet, sondern die Stoff-
wechselvorgänge werden sich unrichtig abspielen und Rückstände hin-
terlassen, die nicht wieder aus dem Körper herauszuschaffen sind. Die
daraus sich ergebenden Zustände im Befinden der Menschen nannte
325
man Krankheit. Wer aiber dem Fleisdugenaiiß verfallen umd erst süchtig
geworden ist, wird doch niemals auf den Gedanken kommen, das ver-
zehrte Fleisch und das Brot, das er mit soviel Mühe und Liebe zube-
reitet hatte, als die Ursache seiner Krankheiten anzuerkennen. Diese
Zustandsveränderung, die ihn oft unfähig machte, seine Tagesarbeit
zu verrichten, schien ihm rätselhaft. Er suchte nach Abhilfe, ohne sich
die Mühe zu machen, die Ursache zu erforschen. Er wandte sich an den
Priester, den Vertreter der Gotteskraft auf Erden, der im Namen
Gottes das Opfer vollzog und im Gebet zur Wandlung der Opfergabe
die Kraft der Götter auf die verzagende Menschheit herabflehte. Die-
sem Priester klagten die Menschen ihren Leidenszustand. Aber auch
der Priester aß vom Fleisch der Tiere und war darum dem gleichen
Wahn verfallen. Wie konnte er helfen, was sollte er tun? Er konnte
auch nicht helfen, aber er gab vor, helfen zu wollen. Aber wie kann
ein Blinder einen Blinden führen wollen? Sie fallen doch beide in die
Grube, die sich, von ihnen ungesehen, vor ihnen auftut.
Der Priester und der ihm sein Leid klagende Erkrankte aßen beide
von dem, davon Gott gesagt hatte: „Du sollst nicht davon essen, denn
welches Tages du davon ißt, wirst du des Todes sterben.“ Beiden war
das Gehirn verkrampft durch die versäuernden und krankmachenden
Wirkungen der natur gesetzlich unrichtigen Speisen und ihr Verstand
vernebelt durch die Sucht nach mehr Genüssen vom Tier, von denen
sie sich mehr Kraft, Schönheit und Gesundheit versprachen als von
der verachteten Nahrung aus dem Garten. Keiner dachte daran, die
wirkliche Ursache der krankhaften Vorgänge im Körper zu erfor-
schen, sondern sie beide erhofften auf irgend eine überirdische Weise
eine Wandlung des Zustandes zu erwirken. Was tun? Aus der Wand-
lung des Tieres als Opfergabe zur Besänftigung des Geistes, aus dessen
Tun sich einst die Katastrophe der alles Leben hinwegspülenden Flu-
ten entwickelte, wurde das Gebet um Errettung und Bewahrung vor
kommendem Unheil. Hatten das Opfer und die Fürbitte und das Er-
flehen des Segens nicht gewirkt? Es gab kein großes Sterben durch
Naturkatastrophen mehr, nur die Furcht vor dem Sterben wurde
durch das Opfer und die Fürbitte aufrecht erhalten. Ohne die Furcht,
ohne die Angst vor kommendem Unheil, brauchte man doch nicht zu
opfern. So wurde die Angst vor dem Tode die Ursache zur Aufrecht-
erhaltung des Opfers und der Fürbitte auch heute noch. Aus dem
Opfer und seiner Wandlung erhoffte man überirdischen Nutzen und
übertrug diesen Glauben der unheil wendenden Wirkung des Opfers
auf den Genuß des Fleisches der Opfertiere. Da nun seit der Einfüh-
rung des Opfers keine schicksalswendenden Katastrophen auf Erden
mehr eingetreten waren (im naturgesetzlichen Geschehen auf Erden
konnten nach dem Ausgleich der inneren Kräfte, durch die eine Ände-
rung der Gestalt der Erdoberfläche eingetreten war, lebenvernichtende
Naturkatastrophen von weltweitem Ausmaß nicht mehr auf treten), so
sprach man in Unkenntnis der wirklichen Zusammenhänge dem Prie-
ster übernatürliche Kräfte zu und vertraute sich ihm in seiner Krank-
326
heitsnot an. Der Priester, die wirkliche Ursache der krankhaften Er-
scheinungen nicht ahnend, verließ sich auf die ihm zugetrauten über-
sinnlichen Kräfte und, wie beim Opfer die Hände erhebend, beschwor
er den Geist der Krankheit, von seinem Opfer zu lassen. Da geschah
das Wunder: Der Kranke genaß nach gegebener Zeit und wurde wie-
der kräftig und scheinbar auch wieder gesund. War der Priester mit
seiner Beschwörung erfolgreich gewesen? O nein, aber im natürlichen
Verlauf der krankhaften Krisen im Leben des brot- und fleischver-
zehrenden Menschen wird ein krankhafter Zustand mit Fieber und
furchterregenden Zuständen durch die Arbeit der Ausscheidungs-
organe bei Nahrungsenthaltung von selbst wieder ausheilen. Die an-
gesammelten Stoffwechselrückstände, durch welche die Fieberkrise
ausgelöst wurde, werden im Körper von den gleichen Mikroorganis-
men aufgelöst, die im Erdboden die Bodengare durch Auflösung aller
Stoffwechselrückstände des abgestorbenen oder vorjährigen Pflanzen-
lebens und Umwandlung dieser in gute und fruchtbare Erde hervor-
rufen. Diese Mikroorganismen lösen im Körper des Erkrankten die
angesammelten Stoffwechselrückstände unter den Erscheinungen des
Fiebers und helfen so der Lebenskraft, den Körper von Schlacken
und Stoffwechselrückständen zu befreien und wieder zu gesunden. Im
natürlichen Verlauf dauert ein solcher Auflösungs- und Ausschei-
dungsvorgang je nach der Art der Störung 7 bis 9 Tage. Das aber war
weder dem Priester noch dem Hilfesuchenden bekannt. Da der Kranke
nun gesund geworden war, so wurde das dem Priester und seiner Be-
schwörung zugute gehalten. Damit war der beschwörende Medizin-
mann gezeugt, der in übersinnlicher Weise durch seine scheinbare
Wunderkraft die Krankheit besiegte. Die Furcht vor weiterer Krank-
heit und vor dem Sterben verschaffte der Zauberformel des Priesters
großes Ansehen. Aber nicht alle Krankheiten ließen sich durch Be-
schwörung und Zauberspruch bannen. Wenn nämlich die Stoffwech-
selrückstände sich eingenistet haben und nicht mehr ausgeschieden
werden können, dann versagt die Hilfe durch übersinnlichen Zauber-
spruch und die Krankheit schreitet trotz aller Beschwörung munter
fort, bis die Lebenskraft versagt und der Betroffene oft eines qual-
vollen Todes stirbt.
Das erkannte der Priester recht bald und sann auf Abhilfe. Er ge-
dachte der Kräuter des Gartens, der einst die Ernährungsgrundlage
der Menschen war, und des Gesundheitszustandes, dessen sich die aus
dem Garten sich Nährenden erfreuten. Er hielt Umschau unter den
Kräutern des Gartens und des Waldes, ob sie nicht Hilfe bringen
könnten. Die Säfte so manchen Krautes und so mancher Wurzel sind
wohl imstande, der Lebenskraft neuen Reiz zu geben und durch Zu-
führung gerade fehlender Stoffe im Körper der Lebenskraft doch
noch die Fähigkeit zu geben, die Krankheit zu überwinden. Der Prie-
ster aber hütete sich, die Heilkraft der Säfte aus den Kräutern preiszu-
geben, sondern versuchte im Gegenteil, sie zu einem wundertätigenden
Geheimnis zur Stärkung seiner Macht über die Menschen, die sich ihm
327
anvertrauten, werden zu lassen. So schien es, als ob es dem Priester
durch Beschwörung und Wundermittel gelänge, die Folgen der Ver-
führung durch die Schlange oder der sich hinter diesem Symbol ver-
bergenden Abkehr vom Gebot der Erfüllung des Urgesetzes der Er-
nährung und damit von Gott, dem Geist der lebenschaffenden und er-
haltenden Kraft im Weltall zu bannen, die sich nach dem Sündenfall
im Leben der Menschen verheerend auswirkten.
So erhob der Priester das Symbol der Schlange um den Zauberstab
(als Symbol des Stammes eines Fruchtbaumes) zum Zeichen seiner
Macht über Krankheit und Tod, ohne die Ursache der Krankheit zu
erforschen. Dieses Symbol ist geblieben. Auch der Versuch, die Krank-
heitserscheinungen, die Symptome der krankhaften Zustände zu be-
seitigen, ohne die Ursachen zu erforschen, ist geblieben. Geblieben ist
auch der Glaube an die Wunderkraft des Medizinmannes, durch des-
sen Rezept, durch dessen operative Eingriffe, durch dessen Spritzen
und Injektionen die Krankheitserscheinungen behoben werden sollen.
Auch der Mediziner schwört wie der Priesterarzt vorzeiten, auf die
Kräftigung des Menschen und seines Geistes durch das Verzehren von
Tierleichenfleisch, von Wurst und Fischmarinaden, von Milch, Käse
und was noch. Auch er ißt, wie sein Vorgänger, Brot und Butter,
Grützen und gekochte Gemüsesuppen. Auch er kennt nur eine Er-
nährung des Menschen mit dem Kochtopf und der Bratpfanne und die
Kost der modernen Krankenhäuser ist alles andere, nur nicht natur-
gemäß, nur nicht aufgebaut auf Grund des Gesetzes der Erhaltung
alles Lebendigen durch das lebendige Gewächs des Gartens. Einmal
in den Kreislauf des Verderbens hineingeraten, war auch der Priester
und der aus ihm hervorgehende Arzt dem Gesetz der um den Aus-
gangspunkt kreisenden und dabei immer mehr ins Verderben hinein-
geratenen Kreatur auf Gedeih und Verderb ausgesetzt, trotz aller
Künste und Neuerungen auf dem Gebiet der Krankheitsdiagnostik,
d. h. der Erforschung der Krankheitssymptome.
Durch all die Jahrtausende der Geschichte der Kulturvölker hin-
durch folgte man dem Zauber des priesterlichen Medizinmannes, der
sich im Laufe der Jahrhunderte mit der wachsenden Zahl der Kran-
ken und den zunehmenden Komplikationen der Symptome zum selb-
ständigen Beruf des Arztes umbildete.
Der Priester gab vor, durch das Mysterium der Wandlung des ge-
töteten Opfertieres durch das Gebet das Verhängnis des großen
Sterbens abzuwehren und durch die Bitte um Versöhnung den Tier-
mord in dieser heiligen Handlung umzuwandeln in eine geweihte
Gabe zur Ehre und Versöhnung Gottes in einem Gnadenakt. Zur Be-
stätigung der vollzogenen Versöhnung durch die Annahme des Opfers
durch die Götter verzehrte er dann in symbolischer Handlung als Ver-
treter der Göttlichkeit unter den Menschen gewisse Stücke vom toten
Opfertier in der Annahme, durch diese symbolische Handlung zu be-
weisen, daß Gott selbst das Opfer in sich aufgenommen habe. Diese
heilige Handlung wurde dem Menschen zum Verhängnis. Aus ihr er-
328
wuchs, wie schon gezeigt, die Versuchung der Menschheit, durch Ver-
zehren vom Fleisch des Opfertieres der Gotteskräfte teilhaftig zu
werden. Aus der Angst vor dem großen Sterben durch die tobenden
Wasserfluten, aus der Angst vor dem Tode, von dem einst nur wenige
verschont wurden, wurde das Opfer im Gebet geboren. Aus dem Wahn
der Opferung und dem in heiliger Handlung vollzogenen Genuß vom
Fleisch des getöteten Opfertieres entstand der Glaube an die kraft-
gebende Wirkung des Fleischgenusses und damit die Abkehr vom
Urgesetz der Ernährung. Aus der Abkehr vom Urgesetz entstand die
Sucht nach mehr des scheinbar kräftigenden Genusses, den man im
Glauben an die Kraft des in der Opfergabe liegenden Segens in sich
aufnahm. Der Glaube an die kraftgebende Wirkung des Fleisches vom
getöteten Opfertier ist der Menschheit zum Verhängnis geworden. In
diesem Glauben irrte der Mensch und kam aus der Bahn der Ent-
wicklung zur Vollkommenheit in den Strudel des Naturgesetzes von
der Kreisbewegung des Verirrten. Heute wissen wir, die wir der
Sache auf den Grund gegangen sind, daß das Verzehren von Tier-
leichenfleisch und das Verzehren von Erzeugnissen des lebenden
Tieres in den Organen und in den Säften des Körpers wie zerstören-
des Gift tödlich wirkende Stoffwechselstörungen verursacht, und daß
die Rückstände derartiger Speisen langsam aber sicher katastrophale
Veränderungen im Zustand der Organe und Säfte des Körpers her-
vorrufen.
Diese Veränderungen, diese Störungen aber kann sich der fleisch-
essende Mensch nicht erklären. Was weiß er von den Zusammenhän-
gen zwischen der Nahrung und dem Aufbau und der Erhaltung der
Organe und der Lebenskraft des Körpers und des Gehirns? Wie konn-
ten die Menschen auf den Gedanken kommen, daß gerade diese in
heiliger Handlung vollzogene Aufnahme vom Fleisch des Opfertieres
die krankhaften Zustände hervorriefe, da sie doch glaubten, einen
weihevollen Akt im Angesichte der Götter ins Leben übertragen zu
haben und dadurch der Kraft und der Einsicht der Götter teilhaftig ge-
worden zu sein? Man beachte in diesem Zusammenhang: Vor dem
Opfertode Jesu des Nasiräers waren die heidnischen Tempel und auch
der Tempel zu Jerusalem die Schlachthöfe zur Gewinnung der Fleisch-
speisen, nachdem durch Gebet und Beschwörung die Wandlung der
Tierleiche in gottwohlgefällige Opferspeise vollzogen war. Es war
das einst heidnische Meßopfer. So suchte man die Ursache der
Schmerzen und krankhaften Veränderungen nicht im Genuß des
Fleisches und der Produkte vom Tier, sondern schob sie anderen Um-
ständen zu. Da aber nicht nur der rein körperliche Organismus er-
krankte, sondern genau so gut auch das Gehirn und mit dem Gehirn
auch der Geist von den Störungen ergriffen wurde, so wurde der
Mensch unfähig, klar und einfach Ursache und Wirkung zu begreifen
und dementsprechend zu handeln. Der Irrtum des Glaubens wurde
nicht erkannt, weil der Urheber dieses Glaubens, der Priester, selbst
vom Taumel des Fleischgenusses ergriffen, auch unter den gleichen
329
Folge Wirkungen zu leiden hatte. So suchte man die Ursache in der
Einwirkung böser Geister auf den Menschen und hoffte, durch die
Beschwörung des Priesters die störenden Geister zu überwinden und
auszutreiben. Mit Zaubersprüchlein und Gebet begann der Kreislauf
des Verderbens in dem Versuch, die aus dem Fleisch- und Brotgenuß
entstandenen Krankheitserscheinungen zu überwinden. Die Beschwö-
rung wurde ergänzt durch die Hilfsmittel der Kräuter und der dar-
aus hergestellten Drogen, die den Umschwung in den Säften einleiten
und die Schmerzen vertreiben sollten. Die kreisende Bewegung der in
die Irre gegangenen Gedanken zog immer weitere Kreise. Man kam
in immer tiefere Verstrickungen des Geistes, man begann im Sumpf
der Meinungen und Anschauungen zu versinken. Glaubte man dann,
einen neuen Weg aus dem Krankheitselend gefunden zu haben, und
glaubte, in irgendeiner Erleuchtung, die scheinbare äußere Ursache
der Erkrankung festgestellt zu haben, so änderte man das Verfahren
der Heilungsversuche, verwarf aber nicht den Glauben an die schein-
bar kräftigende Fleischnahrung und an den Genuß der scheinbar
nährenden Milch und der so kräftigenden Eier. Mit dem Fortschreiten
der technischen Entwicklung und der chemischen Forschung kam man
dann, im Kreislauf des Verderbens, zu immer schlimmeren Trug-
schlüssen. Man sah z. B. die scheinbare Wunderwirkung der umstim-
menden Schwermetallverreibung aus Quecksilber und versuchte da-
mit z. B. eine Heilung der syphilitischen Erkrankungen einzuleiten.
Die Symptome der Syphilis verschwanden wohl, aber als die Nach-
wirkung des Quecksilbers kam, da sprach man nicht von Quecksilber-
vergiftung, sondern vom dritten Grad der Syphilis. Man untersuchte
nach der Erfindung des Mikroskopes die Krankheitsherde und ent-
deckte im erkrankten Zellgewebe die Wirkung der Mikroben und
Bazillen. Man sah die scheinbare Auflösung der Säfte und der Kör-
pergewebe durch die Bakterien und Bazillen und folgerte, daß diese
die Krankheiten verursachten. Der Glaube an die kraftgebende Wir-
kung des Fleischgenusses verdrehte den Forschern den Verstand. Sie
verwechselten Ursache und Wirkung. Wenn nämlich die angesammel-
ten Stoffwechselrückstände aus der naturwidrigen Speise aufgelöst
und ausgeschieden werden sollen, dann braucht die Natur genau die
gleichen Hilfstruppen wie sie im Humus bei der Lösung der Stoff-
wechselrückstände und der Abfallstoffe aus dem Pflanzenwuchs be-
nötigt werden, nämlich, die Bakterien und Bazillen. Läßt man diese
Hilfstruppen in ihrer Arbeit in aller Ruhe und Ordnung gewähren
und hört auf mit der Zufuhr neuer krankmachender Speisen in den
Körper, dann werden die Bazillen und Mikroben die angesammelten
Schlacken auflösen und der Körper wird sie ausscheiden können. Das
dauert dann etwa 7 bis 9 Tage. Ist alles Körperfremde heraus, dann
ist die Arbeit der Bazillen und Mikroben getan, dann verschwinden
sie mit der Heilung und Kräftigung ganz von selbst und lassen den
Menschen in einem besseren Zustand zurück, als er vorher war. Da
nun alle Menschen eines Volkes sich ziemlich gleichartig ernähren, so
330
müssen ziemlich die gleichen Krankheitserscheinungen auftreten, die
nur durch die verschiedenartige Veranlagung und die Konstitution
der Menschen verändert werden. Das aber erkannten die Forscher in
ihrem Glauben an die kraftgebende Wirkung der Fleischspeisen nicht
und begannen, die Mikroben und Bazillen zu bekämpfen. Man er-
fand den Impfgreuel. Man suchte neue Heilmittel zur Abtötung der
Bazillen im Körper und erbaute riesige Heilmittelfabriken mit dem
Erfolg, daß die Krankheitserscheinungen immer verwickelter und
komplizierter wurden, je mehr man die Fabrik in Anspruch nahm
und je mehr man die Betonung auf ausreichenden Fleischgenuß una
auf den Genuß vom Tier stammender Erzeugnisse legte.
Aber man ging in dem Wahn der Heilkunde noch weiter. Aus der
Wundheilkunde des Kriegsgeschehens übernahm man die Methode
des Wegschneidens halbzerstörter oder erkrankter äußerer Glied-
maßen auf die erkrankten inneren Organe. Man begann den Versuch,
den Menschen dadurch zur Gesundung zu führen, daß man lebens-
wichtige Organe wegoperierte, weil man der in den Organen sich
bildenden Eiterherde nicht anders Herr werden konnte. Man über-
legte nicht die Herkunft dieser inneren Geschwüre aus der unrich-
tigen Nahrung, die zudem noch in modernen Lebensmittelfabriken
hergestellt und geschönt worden war, sondern versuchte, den Krank-
heitsherd mit dem Messer zu entfernen.
Ein Irrtum reihte sich an den andern, und im Kreislauf des Ver-
derbens ist es so weit gekommen, daß es heute kaum noch einen ge-
sunden Menschen gibt und der im Glauben an die Wunderkraft seiner
Medikamente, Spritzen und Operationen arbeitende Arzt kaum noch
den natürlichen Gesundheitszustand des Menschen kennt, sondern
nur Krankheitsfälle sieht und Krankheitserscheinungen diagnostiziert.
Hand in Hand mit dem Kriegswahn im wirtschaftlichen und gesell-
schaftlichen Bereich der doch zum Zusammenleben bestimmten Men-
schen geht der Wahn, Kranke heilen zu können, ohne mit dem Glau-
ben an die kraft- und geisteszeugende Wirkung des Fleisches der
Tiere brechen zu wollen. Hier wie dort der Kreislauf des Verderbens,
der zum Untergang der Menschen führt, hier zur Katastrophe der
Krankheitsnot, dort zum Ende mit Schrecken im Krieg und in der
Verwüstung des Lebens der Erde.
Man glaubte, bei der Opferung tierischen Lebens eine symbolische
oder gar wirkliche Wandlung der Wesenheit des zu opfernden Tieres
durch Gebet und Fürbitte zu vollziehen und dem Priester durch das
Verzehren des in so heiliger Wandlung geweihten Opfertieres höhere,
ja, göttliche Kräfte und Erkenntnisse zuzuteilen. So kam es zum
ersten Schritt auf dem Wege in den Irrtum und in das Verderben. Die
Geschichte des Sündenfalls im Paradiese deutet an, wie die Sehnsucht
und Neugier der Frauen des Volkes das Verlangen wachrief, das
ganze Volk am Wissen und an den erhofften wunderwirkenden Kräf-
ten teilhaftig werden zu lassen, die bis dahin nur dem vom Opfertier
speisenden Priester ihrem Glauben nach zu teil wurden. Die ganze
331
Volksgemeinschaft wurde dadurch zum Genuß, zum Verspeisen des
im Wunderglauben durch Gebet und Fürbitte gewandelten Tieropfers
verführt, in der Genesis sinnbildlich dargestellt als der Baum (das
Geschöpf), das Erkenntnis des Guten und Bösen hat. In heiligem
Schauer glaubte man erlebt zu haben, wie dem Priester tiefer schür-
fende Erkenntnisse und wunder wirkende Kräfte durch das Verspei-
sen von durch Gebet geweihter Teile des geopferten Tieres zuström-
ten. Von den Priestern in solchem Glauben bestärkt, verfiel man in
der Sehnsucht nach höheren Erkenntnissen ganz allgemein dem Glau-
ben und dem Wahn, durch das Verzehren vom Fleisch des Opfertieres
nach voraufgegangenem Gebet und Fürbitte jener neuen Erkennt-
nisse und höherer geistiger und körperlicher Kräfte teilhaftig zu
werden.
Dieser Wahn ist der Ursprung des Fleischverzehrens und des Ver-
zehrens vom lebenden Tiere stammender Erzeugnisse, mit symbolischer
Opferbandlung und Tischgebet aus vorchristlicher Zeit übernommen.
Das Schlachten war dementsprechend bis zum Opfertode Jesu am
Kreuz eine heilige Handlung, die bei den Juden noch heute nur vom
Tempeldiener, dem Leviten, unter Einhaltung des Ritus ausgeführt
werden darf. Soll ich des längeren ausführen und begründen, wie sich
dieser Wahn von der kraftgebenden Wirkung des Opfertieres wie ein
Vorhang, wie ein vernebelnder Schleier vor die geistige Schau, vor
das Begriffsvermögen der Menschen legte und ihre Sinne verwirrte?
Durch diesen Schleier der irrenden Anschauungen wurde der Geist
der Menschen verdunkelt. Ihr durch den Fleischgenuß krank und irre
gewordener Verstand konnte die immer schlimmer werdenden Trug-
schlüsse und ihre Folgen wie ein im Nebel Verirrter nicht mehr durch-
schauen.
In ihrem Wahn, in ihrem Irrtum erkannten sie die Göttlichkeit des
Lebendigen in sich selbst und in der Natur nicht mehr. Sie suchten
das Göttliche durch die Vermittlung des Priesters als ein außerhalb
Seiendes, Überirdisches, das man sich durch Opfer und Gebet geneigt
machen mußte. Der Patriarch, der Ehrwürdigste, der aus der Kata-
strophe der Flut geretteten, aber verängstigten Überlebenden, wurde
zum gläubig verehrten Priester. Dieser schob sich in der Erkenntnis
seiner Überlegenheit durch den Glauben an ihn zwischen Gott und
den Menschen. Der Versuch, die scheinbar im Leben der Erde wirken-
den Geister gnädig und gütig zu stimmen und die Angst vor dem gro-
ßen Sterben zu bannen durch das Opfer und seine angebliche Wand-
lung durch Gebet und Beschwörung, gab dem Priester eine unerhörte
Macht über die Menschen und ihr Tun und Lassen im Verhältnis zum
Göttlichen oder zum Nächsten. Es entstand die grenzenlose Verwirrung
der Geister hinsichtlich ihrer Beziehung zum Göttlichen in ihrer Reli-
gion. Beginnend mit der Wandlung im Opfer zur Versöhnung der
scheinbar bösen Geister nach der Flut, wurde mit dem Verzehren des
Opfertieres der Zwiespalt und die Vielfältigkeit der Ansichten in das
Geistesleben der Menschen getragen, die sich in nicht endenwollenden
332
Kulturkämpfen und Religionskriegen bis aufs Messer bekämpften
und in nicht endenden Religionsstreitigkeiten gegenseitig verfluchten
und das Verderben von Gott herabflehten. Der Kreislauf des Ver-
derbens arbeitet auch hier ununterbrochen weiter zur Vernichtung
alles Lebendigen. Segnend hebt der Priester die Hände, um dem aus-
ziehenden Kriegsvolk im Kampf gegen den Feind die Waffen zu seg-
nen. Sehen denn die Menschen den Irrsinn ihres Tuns gar nicht mehr?
Das Leben selbst, die Urkraft des Lebendigen im Stofflichen ist das
Göttliche in uns und im Leben der Natur. Leben schaffen und ver-
mehren, das Leben zur Vollkommenheit im Göttlichen zu vollenden,
das ist die Aufgabe des Menschen und seiner Führer im Geistig-Sitt-
lichen. Wie oft aber sehen wir den Priester den Segen Gottes erflehen
zu dem Vorhaben, Menschenleben und die Werke menschlicher Hände
zu vernichten, um Besitz und Land zu rauben und sich die „Feinde“
untertan zu machen. Die Umkehrung vom göttlichen Prinzip in allem
Lebendigen ist damit in dem Willen zur Vernichtung eben dieses
Lebendigen aus dem Göttlichen vollendet. Das aber ist die Verspot-
tung des Göttlichen durch den Menschen und seine geistige Führer-
schicht, die Priester, Mediziner, Juristen und anderen Akademiker.
Warum wundert sich der nach der Predigt seinen Braten mit Be-
hagen verzehrende Priester fast aller Bekenntnisse über den Unglau-
ben der Menschen, wenn er selbst das Göttliche im Lebendigen ver-
höhnt und verspottet durch sein Gebet um den Erfolg der Waffen im
Kampf gegen die Feinde?
Anhand von Beispielen und Erörterungen könnte der Kreislauf des
Verderbens unter den Menschen und Völkern in all ihren Belangen
weiter gesponnen und ausgeführt werden, wie die Abkehr vom gött-
lichen Gebot der Ernährung den Menschen zwang, immer gerade das
zu tun, was zur Vernichtung des eigenen Lebens führen muß. Die Er-
örterung würde zu weit führen, und wer durch den Genuß des Tier-
fleisches als die ihn scheinbar stärkende und erhaltende Speise mit
Blindheit geschlagen ist, dem wird auch die beste Gedankenentwick-
lung solange nicht überzeugen können, wie er auf Fleischgenuß
schwört. Wer nicht aus dem inneren Gefühl seiner geistig-seelischen
Führung durch eigene Überlegung zur Besinnung und zum Nach-
denken kommt, dem wird nie das Licht aufgehen, durch das der
Kreislauf des Verderbens in ihm selbst gebrochen werden kann. Seine
Augen sind verhängt, daß er mit sehenden Augen nicht sehen kann,
und seine Ohren sind verstopft, daß er mit hörenden Ohren nicht
hören kann. Das aber geschieht nach dem Naturgesetz des Irrenden,
der immer im Kreise sich bewegend, auf seinen Ausgangspunkt zu-
rückgeführt wird. Es ist vorgezeichnet in den Worten der Schrift *):
„Damit nun der Mensch nicht greife nach der Frucht vom
*) Die wortgetreue Übersetzung dieses Bibeltextes wurde der „Jewish
Enzyklopädie“ entnommen und von Dr. Skriver, Piastor zu Pronstorf, be-
stätigt.
333
Baume des Lebens, so trieb Gott den Adam aus und ließ nie-
der (wie einen Vorhang, wie einen dichten Nebel), vorne vor
dem Wonnegarten die Cherubin und zwar mit der Flamme
des kreisenden Schwertes, zu bewahren den Weg
zum Baum des Lebens.“
Der Baum des Lebens ist das Göttliche im Menschen. Es ist das ihn
über das Tier erhebende Prinzip des freien Gedankens, das den Men-
schen befähigt, den Sinn der Natur und des Lebens zu erfassen und
zu begreifen. Es ist der Gedanke, den „Elohim“, das Göttliche im
Lebendigen, ausdrückt in den Worten: „Laßt uns Menschen machen,
ein Bild, das uns gleich sei.“ Dieses Bild des Vollkommenen, des Gött-
lichen, im Menschen selbst trägt den Menschen durch alle Fährnisse
und nicht eher wird der Mensch in die Vollkommenheit des Göttlichen
eingehen können, ehe er nicht das Bild des Göttlichen in sich selbst
zur Vollendung in seinem Leben gebracht hat. Das Maß des Menschen
ist die Erkenntnis seines eigenen Gewissens über den Fortschritt zur
Erreichung des Bildes vom Göttlichen in ihm selbst. Wie aber kann
er überhaupt zu dieser inneren Erkenntnis, zu dieser inneren Schau
kommen, wenn er das in ihm ruhende Gesetz des Göttlichen nicht er-
kennt, wenn er anstatt auftragsgemäß das Leben auf Erden zu meh-
ren, in seiner Sucht nach dem Genuß des Tierfleisches und in den da-
mit zusammenhängenden Handlungen gegen das Leben und die Ge-
setze der Erhaltung des Lebens die Erde zur Wüste macht und den
Garten Gottes in eine Wüstenei verwandelt, in der die nackte Erde in
den Strahlen der lebenspendenden Sonne verbrennt und verdorrt?
Solange der Mensch das Urgesetz der Schöpfung von der Erhaltung
des Lebens durch die ihm vorbestimmte Nahrung des lebendigen
Pflanzenlebens nicht einhält, wird die Abirrung seines Geistes vom
Bilde des lebendigen Gottes in ihm immer schlimmere Formen anneh-
men, sein Hang zum Töten, um Tierfleisch zum Verzehr zu erhalten,
wird nicht halt machen vor dem Bilde des Göttlichen im Menschen,
sondern ihn über den Brudermord zur Selbstzerfleischung, zur Selbst-
vernichtung treiben in Krieg und Kriegsgeschrei, wie wir es jetzt alle
miterlebt haben und wie es als ein drohendes Schreckgespenst im
Atombombenkrieg das Leben auf Erden zu vernichten droht.
Aus der freien Entwicklung des menschlichen Geistes zur Vollkom-
menheit der Erfüllung des göttlichen Bildes in ihm durch seine Sucht
nach blutiger Opferspeise abgedrängt, geriet der Mensch wie ein im
Nebel Verirrter in den Strudel „der Flamme des kreisenden Schwer-
tes“ und verfiel damit rettungslos dem Schicksal der Vernichtung.
Nach menschlichem Ermessen wird er rettungslos seinen Untergang
entgegensehen müssen, solange er den Weg zum Göttlichen in ihm
selbst nicht wieder finden wird. Wie ein Verirrter, ein in dunkler
Nacht vom Weg Abgeirrter, von Irrlichtern immer tiefer in die Irre
geführter Mensch immer tiefer in sein Verderben rennt und gnaden-
los seinen Untergang erschöpft und doch voller Trotz gegen sein
Schicksal in stummer Verzweiflung erwartet, so scheint sich das Ge-
334
schick der Menschen zu erfüllen. Im Stolz auf ihre herrlichen Erfin-
dungen und technischen Wunder der Vernichtung mit Flugzeugen und
Atombomben erfassen sie gar nicht die Tragödie des Unterganges, die
sie mit eben diesen Erfindungen sich selbst bereiten. Ihre göttliche
Bestimmung der Erfüllung und Vermehrung des Lebens auf Erden
verkehrte sich in das Bestreben der Selbstvernichtung und durch Ver-
wandlung der Erde in eine unfruchtbare Wüstenei stellen sie die
Möglichkeit der Erhaltung ihres eigenen Lebens in Frage. Was nützten
den Babyloniern die wunderbaren technischen Anlagen der Hängen-
den Gärten und die Weltherrschaft, wenn sich die Erde um sie herum
langsam aber sicher in eine Wüstenei verwandelte, in der kein Mensch
mehr leben konnte und in der alle diese von Sklavenhänden geschaf-
fenen Wunder vom Sand der Wüstenstürme begraben wurden? Was
nützten den Pharaonen in Memphis ihre technischen Höchstleistungen,
ihre durch Sklavenhand errichteten Bauwunder und den Kaisern in
Rom ihre Macht über die Menschen und ihre Sklaven, wenn das
Leben der Erde, auf der sie wohnten, sich nicht mehrte, sondern
durch ihr Treiben und ihre sozialen Gesetze des Eigentums am Boden
sich langsam aber sicher in Wüsteneien verwandelte, auf denen kein
Mensch mehr leben konnte?
Wahrlich, in die Irre gegangen ist der Mensch, seit er es wagte, das
Leben seiner niederen Brüder, der Tiere, anzutasten und sich mit Blut
zu beflecken, um sich vom Fleisch der Opfertiere und den Erzeug-
nissen vom lebenden Tier nähren zu wollen. Irrend schlägt ihm die
Flamme des kreisenden Schwertes, bis er seinem Irrtum erliegt oder
ihn erkennen lernt. Kommt der einzelne und mit ihm das ganze Volk
zur Erkenntnis der Wahrheit, dann wird ihm die lebendige Kraft der
Nahrung aus der Welt des Pflanzenreiches von neuem die Kraft
geben, durch die Arbeit seiner eigenen Hände im Garten zur Erzeu-
gung seiner eigenen Nahrung das Bild des Göttlichen in sich zu er-
kennen, und ihn wieder befähigen, dem Bilde Gottes in seiner Brust
nachzustreben und es zur göttlichen Vollkommenheit zu bringen.
Wie furchtbar sich im Laufe der Geschichte der Menschheit und der
Völker das Gesetz des Irrtums, das Gesetz der Flamme des kreisen-
den Schwertes, des „circulus vitiosus“ oder des Teufelskreises, ausge-
wirkt hat und sich noch ständig in seiner Wirkung verschlimmert und
wie eine herabstürzende Lawine des Verderbens die Menschheit dem
Abgrund der Vernichtung entgegentreibt, das wird der Inhalt eines
weiteren Buches sein mit dem Titel:
„Das Urgesetz der Kulturvölker“
Es ist aufgebaut auf der Erzählung von Kain und Abel, dem Bru-
dermord und den Stammvätern aus dem Geschlecht des Seth, endend
im Turmbau zu Babel und der darauf folgenden Wandlung der Stätte
des geschichtlichen Geschehens in eine leblose Wüstenei.
Jetzt aber müssen wir im Anschluß an diese Gedankenentwicklung
erfahren, wie die naturgesetzliche Ernährung der Menschen aussieht
und wie sie zubereitet und erzeugt werden muß.
335
I
II.
Unsere Nahrung aus dem Garten
Wer zum ersten Mal von einer Ernährung hört, die nur aus rohen
Gemüsen und Früchten aller Art bestehen soll, wird sich zunächst gar
nicht klar darüber sein, welch große Abwechslung und Reichhaltigkeit
in dieser neuartigen Kostform zu erreichen ist. Die Einwendung, die
Pflanzenfrischkost müßte doch sehr eintönig sein, ist hinfällig, wie aus
den folgenden Absätzen ersichtlich ist. Die Natur deckt uns den Tisch
wahrlich in großer Reichhaltigkeit und Abwechslung.
Das Frühjahr beginnt mit dem schon frühzeitig nach dem ersten
Tauwetter einsetzenden Wachstum der Wildgemüse und wildwach-
senden Kräuter. Diese finden dann durch frühzeitige Anzucht der ver-
schiedenen Blattgemüse, die teilweise schon, wie z. B. Spinat und
Rapunzel, im Herbst ausgesät werden können, eine gute Ergänzung.
Wenn das Gartengemüse reichlich wächst, erhöhen Tomaten, Gurken,
Melonen und andere Gemüsefrüchte den Geschmack und die Aus-
wahl, um im Herbst durch das Wurzelgemüse aller Art zusammen
mit den winterfesten Kohlgemüsen abgelöst zu werden. Frisches
grünes Blattgemüse bietet uns der Garten auch im Winter als Grün-
kohl und Rosenkohl und bis zum ersten harten Frost als Winter-
endivie. Alles das kann mit Nüssen und Erdnußkernen zusammen zu
schmackhaften Gerichten zusammengestellt werden, ohne daß es
außer Waschen und Säubern besonderer Bearbeitung bedarf, wenn
gute Zähne die Zerkleinerung besorgen können.
Wildkräuter und Frühjahrsgemüse
Im Frühjahr, wenn Schnee und Eis gewichen sind, treiben schon
verschiedene Wildkräuter aus den Wurzeln im Boden durch, die es
nicht erwarten können, so schnell wie möglich ans Sonnenlicht zu
kommen und schon sehr zeitig im Frühjahr ihre Blättchen sprießen
lassen. Diese lebensstarken Kräuter sind folgende:
Der Löwenzahn:
Er ist ein bittersüßes Wildkraut, das keiner Anzucht bedarf, sondern
auf Äckern und Wiesen, an Wegrändern, in stillen Gartenwinkeln und
überall dort gedeiht, wo man es in Ruhe wachsen läßt. Er ist eins der
gesundheitlich wirkungsvollsten Kräuter, die wir haben, da seine
Säfte eine besondere Kraft in sich bergen, die bei manchem Kranken
die Leber- und Gallentätigkeit in Ordnung hält. Allen Gallen- und
Leberleidenden und solchen, die an Brot- und Getreidekrankheiten
leiden, kann nicht dringend genug angeraten werden, in den ersten
336
Frühjahrsmonaten diese jungen Kräuter reichlich zu essen. Bis zur
Blütezeit im Mai ist er schmackhaft und zart. Aber besonders zart
sind die aus dem Blätterkranz herauswachsenden Blütenknospen,
also das Herz der Pflanze. Die Wurzel des Löwenzahns berichtigt
Störungen im Dickdarm und kräftigt die Hämorrhoidaldrüsen, kurz,
die ganze Pflanze in allen ihren Teilen ist heilkräftig und sollte in
keinem Frühjahrsgericht fehlen.
Die Brennessel.
Diese ist wegen ihres besonders hohen Mineralgehaltes zu schätzen.
Sie reinigt Blut und Säfte. Auch sie kommt sehr zeitig im Frühjahr
und die ersten Brennesselschüsse sind ein zartes, kräftig schmecken-
des Gemüse. Es wird von der Brennessel gesagt — und das mit Recht:
Wenn sie sich nicht durch ihre Brennhaare gegen die Annäherung der
Tiere und das Gefressenwerden schützen würde, so wäre sie schon
längst ausgerottet! Der Bauer und Geflügelzüchter schätzt die Brenn-
nessel bei der Aufzucht von Gänsen, Truthühnern usw. Sie auch als
menschliche Nahrung mit Vorteil zu verwenden, darauf ist er noch
nicht gekommen und so weiß er nicht, welch ein hervorragendes Mit-
tel sie gegen Rheumatismus, gegen die Neigung zu Krebskrankheiten
und gegen vieles andere ist. Um die Brennhärchen der Brennessel-
blätter wirkungslos zu machen, hackt man sie und mischt mit an-
derem Wildgemüse.
Aber nicht nur die j ungen Brennesseln und Brennesselspitzen geben
ein gutes kräftiges Gemüse. Die Blütenstände und Samenrispen sind
süß und wirkungsvoller als die Blätter. Die Brennesselwurzel als Tee
überbrüht regt die Nierentätigkeit an und treibt Wasseransammlun-
gen aus den Gliedern. Sie wirkt gut bei Harnverhaltung und damit
zusammenhängenden Beschwerden.
Hirtentäschelkraut.
Dieses im zeitigen Frühjahr oft schon vor dem Löwenzahn durch-
treibende Unkraut ist süß und wohlschmeckend. Der zarte Blätter-
kranz am Boden sollte schon vor dem Erscheinen des harten Blüten-
stengels gepflückt werden. Das Hirtentäschelkraut treibt eine lange
dünne Pfahlwurzel tief in den Boden und ist deshalb sehr mineral-
stoffreich und von herzhaft süßem Geschmack. Mit Löwenzahn zu-
sammen mildert es die leichte Bitterkeit des ersteren und gibt dem
Gericht eine süße Würze.
Die Vogelmiere.
Auch diese zeigt sich an geschützten Stellen schon sehr frühzeitig.
Sie ist im Gegensatz zum Löwenzahn ein süßes Kraut. Sie wird auch
Mairich oder Hühnerschwarm genannt und ist eine schmackhafte Zu-
gabe zum bittersüßen Löwenzahn.
Die Schafgarbe.
Diese kommt etwas später. Sie hat blutreinigende Wirkung und
regt die innere Organtätigkeit ganz besonders an. Sie ist von heil-
kräftigem Einfluß auf Galle und Bauchspeicheldrüse und dadurch
auch auf die Milz. Ihr besonderer Wert aber liegt in ihrer heilwirken-
22 Sommer, Ernährung
337
den Kraft auf die Nierentätigkeit. Sie ist nicht harntreibend, sondern
wirkt heilend und kräftigend bei schwacher Nieren- und Blasentätig-
keit. Leider kann man sie nicht in großen Mengen verzehren, da sie
im Geschmack zu scharf ist. Aber schon geringe Mengen wirken sich
wohltuend im Körper aus.
Wasser- oder Brunnenkresse.
Im murmelnden Bächlein und am Rande desselben, oft auch in
leeren Wassergräben und an feuchten Stellen gedeiht die Wasser-
oder Brunnenkresse. Sie wird in der Gegend um Erfurt und in Thü-
ringen auch angebaut. Außer der Zwiebel und dem Knoblauch ist es
die Landpflanze mit dem größten Jodgehalt. Sie wirkt regelnd auf die
Blutbildung und die Blutbewegung und ist deshalb nicht nur eine er-
frischende und anregende Gemüseergänzung sondern auch heilkräftig
bei schlechter Blutbildung und bei Fieberzuständen.
Der Breitwegerich.
Auch er ist in der Kräuterheilkunde geschätzt wegen seiner blut-
reinigenden Wirkung und auch als Wundheilmittel und zur Über-
windung von Hautleiden. Die frischen jungen Blätter werden zer-
quetscht und auf die Wunde oder die kranken Hautstellen gelegt. Der
Spitzwegerich hat die gleichen Eigenschaften, nur ist er im Geschmack
etwas kräftiger.
Der Gundermann.
Dieses heilkräftige Kraut wächst überall dort sehr üppig, wo es ihm
zusagende Lebensbedingungen findet. Man sollte nicht versäumen,
davon zu sammeln, er ist ganz besonders gut gegen Mineralstoff-
mangel im Blut. Man kann den Gundermann trocknen und dann Tee-
aufgüsse daraus bereiten oder ihn auch in Pulverform den Gemüse-
gerichten im Winter zusetzen.
Der Sauerampfer.
Er ist ein bekanntes Gartengemüse, aber auch der wilde groß-
blättrige Sauerampfer kann gegessen werden. Er ist ebenfalls sehr
mineralstoff haltig. Seine pikante Säure gibt jedem Gemüsegericht
einen erfrischenden Geschmack.
Der Huflattich.
Er zeigt die Eigenart, daß die Blüten vor den Blättern aus der Erde
kommen. Dort, wo er wächst und wo später die Blätter so üppig
wuchern, kommen im zeitigen Frühjahr die nackten Blütenstengel
aus der Erde und entfalten ihre gelben Blüten, die später, ähnlich wie
beim Löwenzahn, zur Pusteblume auswachsen. Die Samenträger sind
bei beiden Pflanzen mit Flughaaren ausgerüstet, damit sie sich vom
Wind tragen lassen können. Ebenso wie die Blüten des Löwenzahns
haben die Huflattichblüten einen besonders heilkräftigen Einfluß auf
die Leber- und Gallentätigkeit und wirken auch gut auf die Milz und
die Bauchspeicheldrüse. Sie beleben die Peristaltik und die Tätigkeit
des Dickdarms. Man sollte die Blüten trotz ihrer leichten Bitterkeit
eifrig sammeln. Die später sich zeigenden Blätter in Form von Pferde-
hufen mit leicht behaarter Unterseite sind für die Frischkost nicht ge-
338
eignet. Aber bei gewissen Nervenkrankheiten sollen die getrockneten
Blätter, als Matratzeninhalt benutzt, von heilsamem Einfluß sein.
Auch als Nackenkompresse bei nervösen Störungen sind sie gut.
Das Löffelkraut auch Scharbockskraut genannt.
Es ist von altersher bekannt als eins der wirksamsten Kräuter ge-
gen Skorbut. Es ist würzig süß im Geschmack, und sehr heilkräftig
bei allen Haut- und Nervenleiden. Gemischt mit anderen Gemüse-
arten verleiht es dem Gericht eine besondere Würze. Man kann die
ganze Pflanze mit den Blüten verwenden. Wo das Scharbockskraut
Wurzel gefaßt hat, beginnt es zu wuchern und bedeckt dann ganze
Flächen. Es ist kenntlich an den nierenförmigen Blättern und der
strahlend gelben Blüte. Es ist ein ganz niedriges Kräutchen, sollte
aber in keinem Wildgemüsegericht fehlen.
Das Ackerveilchen.
Es wird auch wildes Stiefmütterchen genannt. Es ist ein blutreini-
gendes Kraut mit leicht abführender Wirkung, das besonders gern zu
Frühjahrskräuterkuren verwendet wird. Es ist ein Bestandteil aller
Blutreinigungstees, man verwendet es jedoch wirkungsvoller als
Frischpflanze. Dem Löwenzahn beigegeben, mildert es dessen Ge-
schmack in vorteilhafter Weise. Man darf aber nicht zuviel davon
nehmen, weil es dann im Geschmack leicht widersteht. Auch das
Gartenstiefmütterchen kann in gleicher Weise verwendet werden. Die
Blumen geben eine ansprechende Verzierung der Gerichte.
Die Schlüsselblume.
Die goldgelbe Schlüsselblume sollte uns nicht nur eine freudige
Augenweide im zeitigen Frühjahr sein, sondern wir sollten nicht ver-
säumen, sie auch in unseren Frühjahrsgemüsen eifrig zu verwenden.
Sie ist heilkräftig bei Blutstockungen aller Art und wird besonders
zur Heilung bei Schlaganfällen wirksam. Daraus geht hervor, daß
ihre besondere Wirkung in der Kräftigung und Anregung der Ge-
hirn- und Nerventätigkeit liegt.
Die Wegwarte.
Sie ist ein ganz eigenartiges Kraut. Wenn es den Blütenstengel
noch nicht entwickelt hat, nennt man sie Zichorie und benutzt die ge-
röstete Wurzel als Kaffee-Ersatz. Der Blätterkranz, der sich zeitig im
Frühjahr wie der Löwenzahn zeigt, hat ähnliche Eigenschaften wie
dieser und ist auch ähnlich im Geschmack. Er kann an seiner Stelle
Verwendung finden. Ein besonderer Genuß im Winter sind die ge-
triebenen Zichorienschüsse. Man gräbt die Wurzel lm Herbst aus und
steckt sie im Keller in einen Sandhaufen, so daß sie etwa 10 bis
20 cm mit Sand bedeckt ist. Dann treibt die Wurzel die Blätter durch
diese Sanddecke in geschlossener, spargelähnlicher Form und liefert
uns das geschätzte Wintergemüse. Im Sommer erfreut sie uns dann
mit ihren blauen Blüten auf hohen, harten, vielverzweigten Samen-
stengeln. Auch diese können zur Verzierung von Gemüsegerichten
Verwendung finden. Die Wegwarte ist das wild wachsende Kraut,
von der die Endivien abstammen.
339
Der Sauerklee.
An Waldrändern wuchert er schon sehr zeitig im Frühjahr. Blätter
und Blüten können als Zusatz zu Wildkräutergerichten Verwendung
finden anjelle von Sauerampfer.
Das Benediktenkraut.
Auch dieses schon früh durch treibende Kraut, eine Abart der Distel,
ergibt im Frühjahr eine wohlschmeckende Gemüsebeigabe. Der eben
aus der Erde herauskommende Blattschößling ist wohlschmeckend
und süß. Da nun die Distel sehr tief wurzelt — sie ist eigentlich ein
Gewächs, das seine Nahrung aus dem sogen, toten Boden zieht — so
ist sie ganz besonders mineralstoffreich, und darin liegt ihre Heil-
wirkung. Sie ist als Heilkraut' von altersher geschätzt, wie ihr Name
ja auch besagt: Benediktenkraut.
Das Johanniskraut.
Die jungen Blätter vom Johanniskraut, sowohl wie die vom Tau-
sendgüldenkraut, sind eine schmackhafte Zugabe zum Gemüse. Das
ganze Kraut mit seinen Blüten gilt von jeher als ein heilwirkendes
Teekraut. Die Blüten mit Olivenöl in heller Flasche bedeckt und 3 bis
6 Wochen in die Sonne gestellt, sind als Johanniskrautöl ein geschätz-
tes Einreibungsmittel bei Glieder- und Muskelschmerzen.
Andere Kräuter.
Es können dann noch sehr viele wildwachsende Kräuter und Blu-
men zweckmäßige Verwendung finden. Da ist das an Waldrändern
üppig wuchernde Dreiblatt, auch Giersch genannt. Die ersten Blätter
geben, mit Brennesseln und Löwenzahn gemischt, wohlschmeckende
Zutaten. Die Wiesenblumen wie Wiesenschaumkraut, Vergißmein-
nicht, Gänseblümchen, Maßliebchen, Waldmeister und weiße Taub-
nessel können den Kräutergerichten beigegeben werden. Sie alle und
noch viele mehr, haben bestimmte Eigenschaften und Wirkungen im
menschlichen Körper, die in Kräuterbüchern nachgelesen werden
können. Von all diesen Kräutern können sowohl die Blätter als auch
die Blüten Verwendung finden. Die Blätter mischt man hinein, mit
den Blüten verziert man das fertige Gericht.
Besonders aufmerksam gemacht sei noch auf die würzigen Blüten
des Quendelkrautes, als deutscher Majoran in den Samenkatalogen
geführt, und auf die üppig wuchernde Beifußstaude. Vom Beifuß
nehme man nur die unscheinbare Blüte und die reifende und auch die
ausgereifte Saat. Zum Schluß sei noch die Wermutstaude erwähnt.
Wermut heilt Schwermut, es heilt aber auch Magenverstimmungen
sehr schnell. Man nehme gegebenenfalls einige frische oder getrock-
nete Blätter oder 6 bis 8 Blüten- oder Samenköpfchen und verschlucke
diese ohne zu kauen. Man wird erstaunt sein über die oft schnelle
Umstimmung des Magens.
Gartengemüse —
Im Gartenbau unserer Heimat sind eine Reihe von Kräutern hei-
misch geworden, die teils als wildwachsende Pflanzen bekannt waren
340
und durch besondere Zuchtauswahl verbessert wurden oder die, in
anderen Ländern beheimatet, bei uns in Kulturen angebaut werden.
Es sind dies:
Rapunzel oder Nüßchenkraut.
Dieses frühe Gartengemüse hat einen nußartigen Geschmack und
gedeiht leicht; es wächst üppig, wenn es im Herbst ausgesät wurde
und den Winter überstanden hat. Es überlebt den härtesten Frost.
Wenn man es im Frühjahr aussät, besteht die Gefahr, daß es zu
schnell in Saat schießt und dann hart wird.
Der Spinat.
Diesen kann man im Herbst oder im zeitigen Frühjahr aussäen. Als
Frischkostgemüse ist er sehr geschätzt wegen seines Mineralstoffreich-
tums. Bei landesüblichem Anbau mit den gebräuchlichen Düngemitteln
wird sein Geschmack aufdringlich und anstößig. Der kräftig anregende
und würzige Gehalt des Spinates kann nur dann wirksam werden,
wenn sorgsam auf biologischen Anbau geachtet wird.
Das Senfkraut.
Eins der schnellwachsenden Gartengemüse ist das Senfkraut, das,
zeitig im Frühjahr angesät, eine wohlschmeckende Würze zu allen Ge-
müsegerichten abgibt. Zum Anbau wird es ganz dicht in Reihen gesät,
damit die Blätter sich direkt drängen. Man beginnt zu schneiden,
wenn sie etwa 5 cm hoch sind. Senfkraut, mit gemahlenen Erdnüssen
angemacht, ist ein würziges und appetitanregendes Vorgericht.
Die Latticharten.
Man unterscheidet Schnitt-, Pflück- und Kopflattich. Der Schnitt-
lattich ist am schnellsten nach der Aussaat zu verwenden. Der Pflück-
lattich folgt bald, während der Kopflattich eine längere Wachstums-
zeit braucht. Jede Art hat ihre Vorzüge, mengenmäßig wächst der
Kopflattich am üppigsten, bedarf aber auch größerer Pflege. Bei rich-
tigem Anbau mit Hilfe von Kompost und Steinmehl sind gerade die
Latticharten besonders eifrige Sammler von erdigen Grundstoffen
wie Eisen, Magnesium-, Kalk-, Kali-, Natrium- und Aluminium-
silikaten. Aber auch die sogenannten Spurenelemente wie Gold, Sil-
ber, Kupfer und die selteneren Erden werden gern von ihnen aufge-
nommen. Auf der anderen Seite gehören gerade die Latticharten zu
den sogenannten Fressern unter den Pflanzen. Wenn man ihnen Ge-
legenheit gibt, sich an besonderen Dunggaben zu mästen, so gibt sich
die Pflanze nicht mehr die Mühe, die verschiedenen Mineralstoffe aus
dem Boden zu sammeln, sondern sie wächst üppig und schnell von
dem Dung und den gereichten Stickstoffgaben und erreicht dann
schnell Größe und Gewicht. Das aber ist ja gerade das, was dem
Marktgärtner Nutzen bringt. Wir aber wollen aus gesundheitlichen
Gründen dafür sorgen, daß dem Lattich alle nur möglichen Mineral-
stoffe zur Verfügung stehen. Er schmeckt dann auch würziger und
süßer und knackt dann ordentlich, wenn er frisch gepflückt gegessen
wird.
341
Die Gartenkresse.
Die Gartenkresse wird breitwürfig in nur kleinen Beeten ausgesät,
aber man sollte alle 14 Tage ein neues Beet ansäen, damit man laufend
schneiden kann. Die Kresse wächst sehr schnell, wenn man sie feucht
hält. Sie ist ein sehr schmackhaftes Würzgemüse.
Der Gartensauerampfer.
Dieser ist ein ausdauerndes Gewächs, das bei etwas Pflege Jahr für
Jahr gute Ernten gibt. Aber man muß, um dauernd Blattgemüse da-
von schneiden zu können, die aufschießenden Samenstengel sofort ab-
schneiden. Es ist gut, alle 3 bis 4 Jahre eine neue Aussaat vorzu-
nehmen.
Das Schwarzwurzelkraut.
Beim Anbau der Schwarzwurzel kann man im frühen Frühjahr die
jungen Blätter als Gemüse benutzen, wenn man die Wurzel den Win-
ter über stehen läßt.
Der Rhabarber.
Vom Rhabarber benutzt man nur den Saft der Stengel, die Blätter
sind ungenießbar, nur die Blüten kann man noch verwenden. Sie
haben einen angenehmen süßsäuerlichen Geschmack. Man gewinnt
den Saft der Rhabarberstengel durch Auspressen mit der Saftpresse.
Man kann auch kleinere Mengen in etwa 10 cm lange Stücke schnei-
den, sie reiben und dann durch ein Safttuch geben.
Der Spargel.
Der deutsche Gemüsebauer macht sich die große Arbeit, seine Spar-
gelbeete zu häufeln, um schneeweiße Spargelschößlinge stechen zu
können. Dieser weiße Spargel darf kein Sonnenlicht sehen und hat
infolgedessen auch nicht den richtigen Saft und keine Kraft. Er hat
zwar einen großen Gehalt an Kieselerden, die aber erst durch das
Sonnenlicht wirksam werden. Der Franzose und der Amerikaner ken-
nen solchen Spargel nicht. Sie schneiden den Spargel erst, wenn er ca.
20 cm aus der Erde heraus ist und vermeiden es, weiße Teile mitzu-
schneiden. Der grüne Spargel ist zarter, saftiger und braucht nicht
erst geschält zu werden. Er schmeckt als Rohgemüse angenehm und
ist würziger als der gebleichte.
Sommer- und Herbstgemüse
Die bis dahin erwähnten Gartengemüse haben die Eigenschaft, daß
sie mit der hochsteigenden Sonne gar zu gern in Saat gehen und dann
teilweise ihre Zartheit und ihren angenehmen Geschmack verlieren.
Es ist jedoch ein Irrtum anzunehmen, daß der in Blüte geschossene
Lattichkopf z. B. nicht mehr schmackhaft wäre. So lange wie die Blüte
selbst noch nicht durchgetrieben hat, gibt auch der dicke saftige
Lattichstengel mit dem Blätterkranz am Boden ein gutes, schmack-
haftes Gemüse, ja der saftige Stengel schmeckt eigentlich noch herz-
hafter als das Blatt. Man braucht also nicht ängstlich zu sein, wenn
der Lattich anfängt, den Samenstengel durchzutr eiben. Wenn sich
jedoch die Blüte voll entwickelt hat, verlieren die Blätter ihre Zartheit
342
und der Stengel wird bald holzig. Für die Sommermonate baut man
deshalb eine andere Art von Gemüsepflanzen an, um laufend grünes
Gemüse zur Verfügung zu haben.
Endivien.
Die Endivienarten sind eine gartenmäßig angebaute Verwandte der
wildwachsenden Wegwarte und sind ihr gleichzustellen. Sie sind
wohlschmeckender als die Wegwarte. Man sollte sie nicht eigentlich
als Wintergemüse betrachten, da auch die Winterendivien am besten
und üppigsten gedeihen, wenn sie zeitig im Frühjahr ausgesät und im
Mai oder Juni verpflanzt werden. Man braucht sie nicht umzupflan-
zen, wenn man sie weit genug aussät und die zu dicht stehenden
Pflanzen frühzeitig entfernt, um sie zu verbrauchen. Wenn die Endi-
vien groß genug geworden sind, kann man die Blätter zusammen-
binden, dann bleichen die inneren Blätter etwas und werden zarter.
Die Endivien werden in drei Arten angebaut als fiederblättrige Endi-
vie, als breitblättrige Art, auch Escariol genannt, und als Sommer-
endivie. Die Sommerendivie kann schon ganz früh ausgesät und aus
dem Anzuchtbeet frühzeitig ausgepflanzt werden. Später ausgesäte
und im August ausgepflanzte Endivien können in milden Wintern oft
bis Weihnachten als Gemüse dienen.
Mangold.
Er gehört zur Familie der Rüben und entwickelt deshalb auch bei
unrichtigem Anbau den herben Geschmack derselben. Bei richtigem
Anbau mit Kompost und Steinmehl wird der Stengel süß und wohl-
schmeckend. Das Blatt ist nicht so gut zu verwerten. Die Pflanzen ge-
deihen am üppigsten, wenn sie 20 bis 25 cm weit auseinander gepflanzt
werden oder man dünnt die Pflanzen später entsprechend aus. Sie
brauchen einen guten Kulturboden, wenn sie sich richtig entwickeln
sollen.
Eiskraut oder Portulak.
Es ist dies eine etwas säuerliche Knöterichart, die bei einmaliger
Aussaat üppig gedeiht. Wenn man einzelne Pflanzen zur Saat stehen
läßt, verbreitet er sich dauernd weiter. Er gibt ein wohlschmeckendes,
leicht säuerliches Gemüse.
Chinesischer Kohl.
Er ähnelt unseren Sommerendivien, doch ist er im Blatt üppiger
entwickelt. Er ist kein eigentlicher Kohl, sondern eher ein Mittelding
zwischen Sommerendivien und Mangold. Der Geschmack ist etwas
herb, aber zusammen mit anderem Gemüse gibt er ausgiebige Mahl-
zeiten.
Weißkohl.
Die wohl den größten Ertrag bringenden Gartengemüse sind die
verschiedenen Kohlarten. An erster Stelle steht der Weißkohl, der bei
entsprechendem Anbau schon früh ausgepflanzt werden kann, und sich
dann zeitig zu großen Köpfen entwickelt. Er darf weder Jauche noch
Kunstdünger bekommen, sondern er muß eine gute Bodengare mit
343
reichem Humusgehalt und Steinmehl oder Aschebeigaben finden, um
sich mineralstoffreich zu entwickeln und dadurch einen süßen, wür-
zigen Geschmack zu bekommen. Derart angebauter Kohl ist eine gute
Gemüsegrundlage für alle Herbst- und Wintergerichte.
Wirsingkohl.
Dieser ist eine gekräuselte Abart von kräftigem Geschmack. Er
wurde zuerst in Savoyen gezüchtet und heißt deshalb auch Savoyerkohl.
Rotkohl
wächst langsamer, ist aber für den Herbst und Winter bei richti-
gem Anbau ein wohlschmeckendes Gemüse, das mit Äpfeln, Nüssen
und Mohrrüben zusammen kräftige, wohlschmeckende Gerichte gibt.
Rotkohl hat den Vorteil, sehr sauber zu sein, da die Blätter eng auf-
einander liegen.
Blumenkohl.
Er ist eine besondere Züchtung aus dem Kohlgemüse und sehr emp-
findlich. Es wird nur selten einem Liebhaber gelingen, seinen Blumen-
kohl zu richtigen und geschlossenen Köpfen entwickeln zu sehen.
Gerade der Blumenkohl ist ein Fresser schlimmster Art, der sich regel-
recht mästen läßt. Er nimmt alles, was der Bauer ihm an Treibmitteln,
an Jauche oder an Abfallstoffen tierischer Art bietet. Derartig ange-
bauter Kohl stinkt aus dem Topf und verursacht bei Rohgenuß
Magenstörungen. Will man ihn aber gut und schmackhaft so anbauen,
daß er für die Frischkost zu verwerten ist, dann braucht er eine gute
Bodengare mit einer Beigabe von reichlich Steinmehl oder Holzasche
und gutem Kompost. Dabei wird er auch ohne „Mastfutter“ feste,
auch sehr große Köpfe entwickeln. Die Blumenkohlpflanze neigt
außerdem viel mehr zu den „Kinderkrankheiten“, die beim Aufbau
von Kohl überstanden werden müssen. Er wird z. B. sehr gern von
der Kohlfliege befallen. Es bilden sich dann an der Wurzel kleine
Knöllchen. In diesen mästet sich die Made bis zur Verpuppung im
Boden. Wenn man an den jungen Kohlpflanzen diese Verdickungen
an den Wurzeln beobachtet, so braucht man sie nicht auszureißen,
sondern nimmt ein Messer und schneidet die knollenartige Auftrei-
bung fort. Die Narbe trocknet aus und die Pflanze wächst ruhig weiter,
weil die Kohlfliegenlarve in der Verdickung beim Ausschneiden stirbt.
Gegen die Kohlfliegenmade hilft es, wenn man um den Wurzelhals
etwas Ruß oder Holzasche streut, die ebensogut und weniger gefähr-
lich ist als die chemischen Stäubemittel.
Rosenkohl und Blätterkohl oder Grünkohl.
Ersterer zeichnet sich dadurch aus, daß er in den Blattwinkeln kleine
Köpfchen bildet, die im Herbst zu wachsen beginne 11 und aus denen
dann im nächsten Frühjahr der Blütenstengel herauswächst. Die
Köpfchen sowie die Blattkrone können im Herbst und Winter als
Grüngemüse benutzt werden. Wenn ausdauernde Rosenkohlsorten
angepflanzt wurden, so halten sich diese bei nicht zu starkem Frost
im Freien und geben dann im Januar und Februar ein gutes Winter-
gemüse, wenn sonst so gut wie gar nichts anderes zu haben ist.
344
Das Gleiche gilt vom Blätterkohl, auch Grünkohl genannt. Dieser
sollte nicht im Herbst gegessen werden, sondern durch Anpflanzung
von winterfesten Sorten für die eigentlichen Wintermonate aufge-
spart werden. Am besten schmecken die jungen Sprossen vom Blätter-
kohl, die mit dem beginnenden Frühjahr aus den Blattwinkeln des
schon abgeernteten Kohlstrunkes hervorkommen. Diese neuen Schüsse
sind süßer und wohlschmeckender als die vorjährigen Blätter, aber
man darf sie nicht zur Blüte kommen lassen, denn dann werden die
Schößlinge hart und herb.
Lindenblätter.
Im Mai treiben die Linden neu aus. Über den Lindenblütentee
brauchen wir nichts weiter zu sagen, er ist zur Genüge bekannt. Aber
auch die Blätter des Lindenbaumes kann man essen. Sie schmecken
angenehm süß, werden beim Kauen etwas schleimig und sind sehr
sättigend. Junge Lindenblätter mit gemahlenen Nußkernen zusammen
gegessen, sind ein sehr sättigendes Gericht, das man dann als Vor-
speise genießen sollte, wenn man sehr ausgehungert ist. Es gibt sehr
schnell ein Sättigungsgefühl, doch nach kurzer Zeit stellt sich neuer
Appetit ein.
Wurzel- und Knollengemüse
Möhren und Karotten.
An erster Stelle sind die Möhren und Karotten zu nennen. Im Ge-
halt und in der Wirkung gibt es wohl keinen Unterschied zwischen
den verschiedenen Sorten. Die Möhre bildet lange, tiefgehende Wur-
zeln, die Karotte ist mehr knollenähnlich geformt. Sie bilden eine
gute Zuckergrundlage für unseren gesamten Körperhaushalt. Dabei
sind sie verhältnismäßig leicht anzubauen. Es sind zweijährige Pflan-
zen, die erst im zweiten Jahr Blüte und Samen entwickeln. Um für
diese Samenentwicklung die Kraft zu haben, sammelt die Möhren-
pflanze in ihrer Wurzel alle die Stoffe an, die dazu notwendig sind.
Die saftreiche, süße Möhre wird noch wohlschmeckender, wenn sie in
richtiger Weise ohne künstliche Düngemittel, nur mit gut durchgear-
beitetem Kompost und Steinmehl gedüngt, wachsen konnte. Sie ge-
deiht nicht in frischem Mist und Jauchegüsse können ihr Gedeihen in
Frage stellen. Außerdem wird sie bei Düngung mit frischem Mist sehr
leicht wurmig.
Für die Überwinterung packt man sie entweder in Mieten oder legt
sie im Keller trocken auf den Boden. Noch besser ist es, wenn der
Keller einen gestampften Lehmfußboden hat, dann halten sich die
Möhren frischer. Es ist überhaupt für alle Wurzel- und Knollengemüse
gut, sie in Kellern mit gestampftem Lehmboden aufzubewahren.
Alle Möhren und Karotten haben einen gewissen Erdgeschmack in
der äußeren Haut, deshalb sollte man sie leicht schaben. Abbürsten
allein genügt, wenn sie frisch geerntet sind. Man kann die Möhren
in der verschiedensten Art verwenden. Wer gute Zähne hat, braucht
keine besondere Zubereitung. Man kann auch Saft aus ihnen pressen.
345
Das schluckweise Trinken von Möhrensaft ist besonders wertvoll für
körperlich abgearbeitete, heruntergekommene Menschen, die schnell-
aufbauende und nährende Stoffe benötigen. Man reibt die Möhre auf
einer rostfreien Reibe oder einer Glasreibe fein, tut sie in ein Saft-
tuch und preßt mit der Hand aus. Man kann sie auch in dicke Scheiben
schneiden und sie mit gemahlenen Nußkernen bestreichen, das
schmeckt sehr lecker. Die Möhre ist für den Frischköstler die Haupt-
nahrung für den Winter. Es ist notwendig, davon größere Mengen
anzubauen. Mit den neueren elektrischen Saftschleudern der Mix-
geräte läßt sich schnell und bequem Saft erzeugen. Bei der Aussaat
steckt man auf etwa 30 cm eine Steckzwiebel oder Schalotte in die
Reihen. Das schützt beide Pflanzenarten gegen Madenbefall.
Steckrüben.
Ein weiteres süßes Wurzelgemüse ist die Steckrübe, die bei früh-
zeitigem Pflanzen große Erträge abwerfen kann. Sie gedeiht in jeder
Bodenart, läßt sich aber weniger gut mit anderen Gemüsearten zu-
sammenstellen. Allein für sich, in Scheiben geschnitten und mit gerie-
benen Nüssen oder Nußbutter bestrichen, schmeckt sie gut. (Siehe
Abschnitt: „Nußbutter und Belag“.)
Pastinaken.
Der Vorteil dieses Wurzelgemüses liegt darin, daß es unter allen
Umständen frosthart ist. Man braucht es daher zum Winter nicht aus
der Erde zu nehmen. Wenn im Frühjahr dann die ersten Blattspitzen
austreiben, schmeckt die Pastinake eigentlich am besten. Sie will mit
anderen Gemüsearten und Nüssen gemischt sein, um wirklichen
Wohlgeschmack zu erzielen.
Schwarzwurzel und Weiß- oder Haferwurzel.
Diese drei Wurzelarten gehören zur gleichen Familie. Sie haben
eine ganz andere Blattentwicklung als die Möhren und blühen schon
im ersten Jahr. Bei richtigem Anbau werden sie schon in einem Som-
mer verhältnismäßig dick, geben dann aber nicht so reiche Erträge
wie die Möhren. Der Geschmack ist angenehm süß. Sie wurzeln sehr
tief und haben deshalb einen sehr hohen Gehalt an Mineralstoffen.
Sie haben eine gute gesundheitliche Wirkung und sollten deshalb in
keinem Garten fehlen.
Bei der Verwendung der Schwarzwurzel und der Haferwurzel in
der Frischkost brauchen diese nicht geschabt zu werden, denn die
schwarze Haut hat keinen unangenehmen Geschmack. Es genügt, sie
mit einer harten Bürste gut zu reinigen. Der Kranz lanzettartiger
Blätter der neu austreibenden Schwarzwurzel im Frühjahr kann als
Blattgemüse in Mischung mit anderen Gemüsen Verwendung finden.
Die rote Rübe (Rote Beete).
Man achte darauf, daß man süße, wohlschmeckende Sorten anbaut.
Sie wird im Anzuchtbeet vorgezogen und dann verpflanzt, sie wird
dann üppiger gedeihen. Man macht sie mit Zitronen- oder Rhabarber-
saft an und gibt dann junge H/^' ^nfrüchte, vor geweichte Kümmel-
346
körner und geriebene Nüsse dazu. Man kann sie gerieben auch gut
mit andern Gemüsen mischen. Ihre durchdringende rote Farbe gibt
den damit gemischten Gemüsegerichten eine sehr dekorative Wirkung
und es lassen sich auf diese Weise sehr ansprechende bunte Gemüse-
platten zusammenstellen.
Die Sellerieknollen.
Der Sellerie ist eins der würzigsten Gemüse. Er schmeckt besonders
gut in der Zusammenstellung mit Weiß- oder Rotkohl. Auch zusam-
men mit geriebenen Äpfeln gibt er ein pikantes erfrischendes Gericht.
Er ist etwas schwierig anzubauen, weil die Pflänzchen eine sehr lange
Entwicklungszeit brauchen, ehe sie verpflanzt werden können. Er
braucht einen lockeren, sehr humusreichen Boden, der mit Pflanzen-
nährstoffen gesättigt ist. Im Herbst vorher muß der Boden reichlich
mit Steinmehl, gemischt mit etwas Kochsalz, versehen sein, um eine
würzige und süße Knolle zu erhalten. Die kleineren Sellerieknollen
pflanzt man im Keller sorgfältig ein und hält sie etwas feucht, man
kann dann den ganzen Winter über das Kraut als Beigabe zu den
Wintergemüsen schneiden.
Es gibt dann noch eine besondere Sellerieart, nämlich den Stengel-
sellerie. Er entwickelt ähnlich wie Mangold starke Stengel, die saftig
und wohlschmeckend sind und mit Vorteil anderen Gemüsearten als
Gewürz beigemischt werden können. Die reife Selleriesaat ist eine
würzige Beigabe zu allen Wintergerichten.
Rettich und Radieschen.
Durch Anbau verschiedener Rettichsorten kann man das ganze Jahr
über davon haben. Man suche unter den Retticharten die milderen
Sorten aus, weil sie sonst für die Frischkost zu scharf sind. Um ihnen
die Schärfe zu nehmen, reibe man sie und verzehre sie mit geriebenen
oder gemahlenen Erdnußkernen. Das schmeckt herzhaft und doch süß.
Das Radieschen schineckt uns besonders gut, entweder so gegessen,
wie es ist oder gehobelt als Beigabe und hübsche Verzierung zum
grünen Gemüse. Zu seiner Erzeugung in heißen Sommern muß man
das Beet in besonderer Weise vorbereiten: Das tief gelockerte Beet
wird sehr stark angegossen, auf ein kleines Beet von 1 bis 2 Quadrat-
metern ruhig zwei große Gießkannen Wasser. Wenn das Beet am
nächsten Tage abgetrocknet ist, wird es gut aufgelockert und fein ge-
harkt. Dann gibt man die Saat in flachen Rillen mit etwa 3 bis 5 cm
Abstand in die Erde und gießt bei Trockenheit regelmäßig.
Teltower Rübchen, weiße Rübchen und Mairüben.
Alle sind Geschwister der Steckrübe und ergeben schmackhafte Ge-
richte, sowohl für sich als auch gemischt mit anderen Gemüsen, wenn
sie mit Erdnußkernen zusammen gegessen werden.
Der Kohlrabi.
Dies ist eine Kohlart, die eine Stengelverdickung hervorbringt, und
diese ist wegen ihres süßen, würzigen Geschmacks sehr beliebt. Der
Kohlrabi findet eine sehr vielfältige Verwendung in der Frischkost.
Man kann ihn gerieben anderen C üsen zusetzen, auch schmeckt er
347
besonders gut in Scheiben geschnitten und mit selbstbereiteter Nuß-
butter bestrichen. In obstarmer Zeit kann er den Apfel ersetzen und
bei entsprechender Zubereitung kann man sogar einen apfelähnlichen
Geschmack erzeugen. Vorbedingung hierfür ist, daß der Kohlrabi
nach den Grundsätzen dieses Buches angebaut wurde, er wird dann
keinen unangenehmen Kohlgeschmack haben, sondern eher nußartig
schmecken. Auch die zarten Blätter können mit verwendet werden.
Die Batate oder Süßkartoffel.
Diese sind in Deutschland wenig bekannt. Doch in Amerika, beson-
ders in den südamerikanischen Ländern, wird sie in großen Massen
angebaut. Sie erinnert im Geschmack in keiner Weise an die Kartof-
fel, sondern schmeckt süß. Sie ist, wie alle Knollengemüse, reich an
den erdigen Mineralstoffen.
Die Kartoffel.
Die Kartoffel ist bisher für den westlichen Kulturkreis das Stapel-
nahrungsmittel gewesen, mit dessen Hilfe sich viele Millionen Familien
den Magen füllen. Über den gesundheitlichen Wert der Kartoffel im
gekochten Zustand läßt sich streiten. Als Rohgemüse ist sie nicht
schmackhaft genug, um für die Allgemeinheit von anziehender Wir-
kung auf den Gaumen zu sein, trotzdem ist sie für den angehenden
Frischköstler ein Hilfsmittel zur Überwindung von Magenbeschwer-
den. Bei Magenversäuerung und Magengärung wirkt der rohe Kar-
toffelsaft der Magengärung entgegen und bringt dadurch Entzün-
dungserscheinungen und Geschwüre in den Magenwänden und im
Pförtner zur Ausheilung. Wer stark an Magenversäuerung leidet, tut
daher gut, beim Übergang zur Frischkost die rohe Kartoffel und den
rohen Saft der Kartoffel nicht zu vernachlässigen, sondern in seinen
Speiseplan als heilkräftiges Mittel aufzunehmen. Als Beweis für obige
Ausführungen sei darauf hingewiesen, daß Kinder oft mit Heißhunger
rohe Kartoffeln verzehren, wenn sie ihrem instinktmäßigen Gefühl
nachgehen können. Sie fühlen anscheinend ganz richtig, daß die rohe
Kartoffel Magenverstimmungen zum Abklingen bringt und dadurch
Erleichterung und Wohlbefinden erzeugt.
Die Yamswurzel.
Diese Knollengemüse gehören zu den ertragreichsten, die wir uns
denken können. In China werden sie in großen Mengen angebaut, sie
sind dort ein Volksnahrungsmittel. Ob sie in Deutschland gedeihen,
kann ich nicht sagen, da ich selbst noch keinen Versuch gemacht habe.
Die Erdbirne oder Topinambur.
Sie ist ein sonnenblumenartiges Gewächs mit starker Knollenent-
wicklung. Diese werden am dicksten im Frühjahr, wenn die Knollen
anfangen, wieder neu auszuschlagen; sie schmeckt dann auch am
besten. Sie ist absolut winterhart und erträgt auch den härtesten
Frost. Der Anbau ist aber nur dort zu empfehlen, wo es nichts aus-
macht, wenn sie stark wuchert. Denn es ist schwer, sie von dem
Platz, wo sie einmal wachsen, wieder fortzubringen. Auch aus dem
kleinsten Wurzelknoten wächst eine neue Pflanze hervor.
348
Die richtig angebaute Topinamburknolle ist saftig und steht in
gewisser Beziehung zu Augenleiden. Man sagt ihr nach, sie heile
schwache Augen. Die jungen ersten Sprossen und die ersten grünen
Blätter geben eine schmackhafte Gemüsemahlzeit. Die Topinambur-
knolle verursacht sehr leicht starke Blähsucht und wird deshalb von
vielen Menschen nicht gut vertragen.
Dahlienknollen.
Einige sind gut zur Frischkost zu verwenden als Abwechselung
zwischen den Wurzelgemüsen. Am besten munden die gelbblühenden
Sorten.
Zuckerwurzeln. a
Sie sind in Asien beheimatet und entwickeln knollenartige Wurzel-
verdickungen mit süßem, weißem Fleisch. Sie sind sehr haltbar und
geben ein vorzügliches Wintergemüse. Ihr Anbau sollte in Deutsch-
land viel mehr betrieben werden.
Die Golddistel.
Sie ist eine Züchtung Japans. Sie ist frostbeständig und kann bei
entsprechendem Anbau ein gutes Wintergemüse abgeben.
Zum Schluß sei noch auf die Zuckerrübe hingewiesen. Bei früh-
zeitiger Aussaat und frühem Verpflanzen bringt sie auf leichten aber
gutgedüngten Böden gute Erträge. Bei richtigem Anbau schmeckt sie
als Beigabe zum Wintergemüse angenehm. In frischem Mist gewach-
sen, verrät ihr Geschmack die Verwandtschaft mit der Runkelrübe.
Küchen- und Gewürzkräuter
Um den Gemüse- und Obstgerichten eine besondere Geschmacks-
note zu geben, benutzt man seit altersher besondere Würzkräuter.
Auch der Frischköstler mag sie nicht entbehren. Im Gegenteil, durch
ihre jeweilige Beigabe werden die Gerichte erst die würzige Ge-
schmacksrichtung erhalten, die den Familientisch jeweils auszeichnet.
Petersilie.
Das bekannteste Würzkraut ist die Petersilie; leider ist sie, in gro-
ßen Mengen genossen, nicht sehr bekömmlich. Sie wirkt dann leicht
nervenerregend. Man verwende sie darum immer nur als kleine
Krautbeigabe. Die Wurzel ist besser zu verwenden und ist eine ange-
nehm würzige Bereicherung des winterlichen Tisches.
Liebstöckel.
Es ist eins der würzigen aber durchdringend schmeckenden Ge-
würzkräuter. Die Stengel und Blätter haben einen scharfen sellerie-
ähnlichen Geschmack. Es ist bekannt als ausschlaggebender Bestand-
teil der Maggi-Suppenwürze. Die Säfte des Liebstöckels haben einen
heilsamen Einfluß auf die weiblichen Organe, sie kräftigen außerdem
die Nerven und heilen Katarrhe. Der Liebstock gedeiht sehr leicht
und ist eine Dauerstaude, die, einmal angepflanzt, keiner besonderen
Pflege bedarf.
Fenchel.
Er ist eine würzig süße Pflanze. Man kann sowohl die Wurzel, als
349
auch die Blätter und Stengel verwenden, doch wird auch die Fenchel-
saat als würzige Beigabe, besonders zu Obstgerichten, geschätzt.
Estragon.
Dieses Kraut hat einen angenehmen Geruch. Die frühen Schößlinge,
tief mit einem Wurzelstück geschnitten, geben früh eine prächtige
Würze. Der in Deutschland aus Samen gezogene Estragon hat nicht
die Würze und Kraft wie der französische, der nur durch Wurzel-
teilung vermehrt wird.
Majoran.
In seiner südfranzösischen Heimat ist der Majoran ein Dauerge-
wächs, das in jedem Jahr von neuem aus der Wurzel kommt. Es kann
aber keinen Frost vertragen, schon ein leichter Reif vernichtet die
Pflanze. Deshalb muß es bei uns Jahr für Jahr neu ausgesät werden.
Man kann es sowohl direkt ins Beet als auch ins Anzuchtbeet aus-
säen und dann auspflanzen. Eine deutsche, winterharte Abart des
Majorans ist der Quendel, der auch oft wildwachsend angetroffen
wird. Er entwickelt nicht das feine Aroma des Majorans, doch ist be-
sonders die Blütendolde würzig und schmackhaft.
Basilikum.
Es gibt davon zwei Arten; eine breitblättrige, üppig wuchernde und
eine zartblättrige, feine, die im Geschmack durch ihre feine Würze
besser anspricht. Basilikum, auch Königskraut genannt, gibt frisch
oder getrocknet den Gerichten einen würzig süßen Geschmack.
Thymian.
Der Thymian ist ein zweijähriges Gewürzkraut, das sich selbst wei-
ter aussät und sich dadurch von Jahr zu Jahr üppiger entwickelt. Es
darf im Herbst nicht stark zurückgeschnitten werden, da es sonst bei
starkem Frost Schaden nehmen könnte. Eine leichte Laubbedeckung
oder einige Tannenzweige geben genügend Schutz.
Bohnenkraut, auch Kölle genannt.
Ein leicht gedeihendes, ziemlich scharfes Gewürzkraut, das üppig
wächst und immer neu ausgesät werden kann.
Pfefferkraut.
Dieses mehrjährige Staudengewächs ist von leicht pfefferartiger
Würze, das zu frischem Bohnengemüse als Ersatz der Kölle Verwen-
dung finden kann. Als Beigabe zum Gemüse ist es von anregender
Wirkung.
Die Minzenarten.
Sie alle können sowohl als Tee als auch als erfrischende Beigabe zu
allen Gemüse- und auch zu einigen Obstgerichten gegeben werden.
Am bekanntesten ist die Pfefferminze.
Melisse.
Sie wird auch Zitronenmelisse genannt und ist ein beliebtes Ge-
würzkraut. Es entwickelt prächtige, wohlriechende Stauden, die aller-
dings nur bedingt winterhart sind. Sie müssen im Herbst durch eine
Laubbedeckung oder Tannenzweige geschützt werden.
350
Ysop.
Er wächst als Dauerstaude, die sich von Jahr zu Jahr vergrößert
und vermehrt. Sie ist schon zeitig im Frühjahr zur Stelle, um als
würzige Gemüsebeigabe Verwendung zu finden.
Salbei.
Der Gartensalbei ist eine Abart des Wiesensalbeis. Beide geben den
Gemüsegerichten einen herzhaften Geschmack und sind gute Tee-
kräuter. Heiß aufgebrüht und mit Honig gesüßt, ist das Kraut von
heilender Wirkung bei Katarrh der Mund-, Rachen- und Nasen-
schleimhäute.
Raute. a
Die Raute, auch Weinraute genannt, ist ein Bitterkraut, das nur
sparsam verwendet werden kann.
Wermut.
In ganz kleinen Beigaben kann man die Blätter zu Gemüsegerich-
ten geben. Man beachte dabei das Sprichwort: „Wermut heilt Schwer-
mut!“ Er ist ein bekanntes Mittel gegen Magenstörungen, wenn ein
paar Blättchen vom frischen oder getrockneten Kraut, ungekaut, ge-
schluckt werden.
Pfefferstaude.
Wer scharfe Gewürze liebt, versuche in seinem Garten im Früh-
beetkasten oder in geschützter Lage Pfefferschoten anzubauen. Es
gibt darunter süße und auch sehr scharfe Sorten. Die grüne, noch
unreife Schote wird nach Entfernung der Samenkörner gegessen. Die
Schalen der reifen Schoten können besonders in der Kochküche Ver-
wendung finden.
Paprika.
Er kann ähnlich wie Pfefferschoten Verwendung finden. Er wirkt
fettlösend. Wer zuviel Nüsse oder Mandeln aß und deswegen Ver-
dauungsstörungen hat, kann diese beheben durch eine Beigabe von
jungen Paprikaschoten zu süßem Wurzelgemüse.
Waldmeister.
Er gedeiht an feuchten, schattigen Plätzen. Als junges Kraut ist
er hin und wieder eine willkommene würzige Beigabe.
Kerbel.
Sein Geschmack ist nicht immer beliebt. Aber weil er so sehr früh-
zeitig und schnell wächst, wird er doch immer wieder gern angebaut.
Dill.
Das Kraut und die Saat paßt besonders gut zu Gurken und Toma-
ten. Dill wächst sehr leicht und sollte in keinem Garten fehlen. Das
junge Kraut ist eine würzige Beigabe zu allen Gemüsegerichten. Die
Saat kann im Winter Verwendung finden.
Bibernelle, Pimpinelle.
Es ist ein Staudengewächs, das einmal ausgesät und dann in Reihen
gepflanzt, zeitig im Frühjahr die ersten grünen Blättchen bringt. Es
hat einen besonders charakteristischen Geschmack und wird als eines
der ersten grünen Kräuter sehr geschätzt.
351
Kresse.
Das scharfe Kraut der Kresse ist eine schon sehr frühzeitig in jeder
warmen Lage des Gartens oder sonst unter Glas oder im Blumentopf
hervorzuzauberndes Gewürzkräutchen, das eine schmackhafte Ab-
wechslung im Frühjahr bringen kann. Etwas später wie die Garten-
kresse zeigt sich an fließenden Gewässern oft im üppigen Wachstum
die Wasserkresse in ihren verschiedenen Abarten. Diese wirkt sehr
heilkräftig und anregend im Körper.
Boretsch.
Er wächst sehr leicht, und wenn man ihn zur Blüte kommen läßt,
vermehrt er sich auch von selbst. Die Blätter haben einen etwas säuer-
lichen Gurkengeschmack. Wenn das Kraut alt ist, verliert es seine
Würzigkeit, man lasse deshalb die Pflanzen nicht erst groß werden,
sondern säe lieber neu an.
Beinwell oder Beinwurz.
Diese im Wachstum dem Boretsch verwandte Staude wächst gern
auf Schutthalden, sie kann aber auch sehr leicht angebaut werden. Es
ist zwar keine schmackhafte Gewürz- oder Gemüsepflanze, aber sehr
heilsam bei Gelenkverstauchungen, Gelenkentzündungen, Knochen-
verletzungen, zur Nachbehandlung von Knochenbrüchen und schlecht
und schwer heilenden Wunden. Man reibt die frische Wurzel und
macht damit Auflagen und Packungen auf die betroffenen Stellen.
Lavendel.
Man kann sowohl die Blüte als auch die jungen Blätter verwenden,
sie geben dem Gericht einen besonderen Wohlgeruch und einen aro-
matischen Geschmack.
Gewürzsamen.
Hierher gehören: Anis, Kümmel, Fenchel, Senf, Koriander, Radies-
chensaat, Petersiliensaat, Selleriesaat u. a. Alle diese Samen lassen
sich leicht im Garten anbauen. Teilweise kann auch wie beim Fenchel
die Wurzel und das Kraut als erwünschte Würze den Speisen hinzu-
gegeben werden. Wer in seinem Garten Platz hat, sollte die kleinen
Sellerieknollen stehen lassen, um im nächsten Jahr die Saat zu
ernten.
Dillsaat ist zwar kein Gewürz im eigentlichen Sinne, aber die Saat
gibt einen wohlschmeckenden Tee, der gleichzeitig die Eigenschaft
hat, erregte Nerven zu beruhigen oder nach Aufregung den Schlaf
herbeizuführen.
Meerrettich zählt ebenfalls zu den Gewürzpflanzen. Er ist eine sehr
brauchbare Pflanze von außerordentlich anregender Wirkung auf die
Verdauungstätigkeit und auf die Nieren. Er fördert die Harnabsonde-
rung und die Herausschaffung von Wasseransammlungen im Körper.
Er reinigt den Körper und hilft dadurch, vieles zur schnelleren Aus-
heilung zu bringen. Er wirkt der Furunkulose entgegen und man
sollte nicht versäumen, ihn hin und wieder seinen Gemüsegerichten
zuzusetzen. Der Anbau ist verhältnismäßig einfach: Man legt die
dünnen Seiten wurzeln und Wurzelausläufer schräg in die Erde und
352
zwar in guten, nahrhaften Boden. Dann schlägt dieser Ausläufer neue
Seitenwurzeln und mit dem grünen Blatt wächst und gedeiht dann
auch die Stamm wurzel. Wenn der Meerrettich nicht getrieben wird,
schmeckt er milder.
Zwiebelgewächse
Das bekannteste und würzigste Kraut unserer Gärten sind die
Zwiebelgewächse, die sowohl als Knolle als auch als grünes Kraut
Verwendung finden können. Wir unterscheiden dementsprechend
Schnittlauch, Winterheckezwiebel oder Zwiebelkraut und Lauchge-
müse oder Porree. Von den Knollenzwiebeln sind die Schalotten wohl
die bekanntesten. Die deutschen Speisezwiebeln unterscheiden sich
nach der Art ihrer Farbe und Form der Knolle. Die Mittelmeerländer
liefern uns dann noch die großen, süßen Speisezwiebeln. Ein großer
Teil der während der Wintermonate in Deutschland zur Verwendung
kommenden Zwiebeln stammt aus Ägypten oder Ungarn. Auch der
Knoblauch wird viel im Nildelta angebaut.
Schnittlauch wird ausgesät und im nächsten Frühjahr werden die
einzelnen Knöllchen in Reihen auf gutem Humusboden im Halbschat-
ten in etwa 10 cm Abständen ausgepflanzt. Im Lauf der Jahre werden
sich diese Reihen durch Zwiebelvermehrung in der Erde immer mehr
verdichten und bei entsprechenden Kompost- und Steinmehlgaben
immer üppiger gedeihen. Schnittlauch liebt leichten Boden.
Porree oder Lauch wird im Anzuchtbeet vorgezogen und nachher in
mindestens 20 cm Abstand verpflanzt. Er liebt etwas schweren humo-
sen Boden; gedeiht aber auch auf anmoorigem Boden.
Die Säzwiebel, wie die Zittauer Arten, kommen in unserer Heimat
nur zur Reife, wo eine zusammenhängende fünfmonatige warme Som-
merzeit zur Verfügung steht. Wo das nicht der Fall ist, säe man die
Zwiebel etwas später aus. Es gibt dann nur ganz kleine Zwiebelchen,
die im nächsten Frühjahr zeitig ausgepflanzt werden. Sollten Blüten-
köpfe durchtreiben, so werden diese ausgeknipst. Es entwickelt sich
dann eine große schöne Zwiebel.
Die Schalotten werden frühzeitig gesteckt, doch wähle man zum
Auspflanzen nicht zu kleine Zwiebelchen und sorge für guten nahr-
haften Boden. Alle Zwiebelarten gedeihen am besten auf solchem
Boden, auf dem im Vorjahr Möhren gestanden haben oder in Reihen
mit Möhren zusammen im gleichen Beet. "
Die Winterheckezwiebel wird im Anzuchtbeet ausgesät und nachher
auf etwa 20 cm Entfernung auf gutem, humusreichem Boden ausge-
pflanzt, wo sie dauernd stehen bleiben kann. Man kann von ihr das
ganze Jahr über das Kraut ernten, wenn man Blütenbildung verhin-
dert. Sie treibt im Frühjahr schon sehr zeitig neues Kraut. Wenn man
etwas mit Laub oder Heu bedeckt, kann man von ihr schon sehr zeitig
Zwiebelkraut ernten.
Alle Zwiebelarten sind gesundheitlich sehr zuträglich. Sie helfen
und lindern bei allen Vergiftungserscheinungen und Magenstörungen.
23 Sommer, Ernährung
353
Sie verhindern und heilen alle Geschwulstbildungen. Man muß sie in
solchen Fällen als äußerliche Auflage oder Packung benutzen und auch
zur blutreinigenden Wirkung mit ein paar Erdnußkernen zusammen
essen.
Die Zwiebel macht alle Speisen herzhafter und schmackhafter. Be-
sonders das Kraut der Winterheckezwiebel, auch ewiger Lauch ge-
nannt, verleiht allen Gemüsegerichten mehr Wohlgeschmack und
macht sie auch heilkräftiger. Man sollte jedoch die Zwiebel immer
erst kurz vor dem Aufträgen dem Gericht beigeben, damit ihre äthe-
rischen öle nicht schon verflogen sind, ehe die Speisen gegessen wer-
den. Nur die ganz frische, saftige Zwiebel ist gesundheitlich wertvoll
und würzig. Bei Auflagen auf Insektenstiche, Schlangenbisse und
ähnlichem von geriebenen oder geschnittenen Zwiebeln, sollte man
alle viertel Stunde eine neue auflegen. Ein Zwiebelgewächs eigener
Art ist der Knoblauch. Er bildet die besonders geartete Knoblauch-
knolle, von denen man seiner Mahlzeit hin und wieder 1 bis 2 Zehen
zusetzen kann. Die besondere Heilkraft des Knoblauchs ist in der An-
regung des Dickdarms und der Reinigung des gesamten Darmkanals
begründet. Leider hat er die unangenehme Eigenschaft, nach dem
Essen unliebsam zu duften. Man hat zwar auf chemischem Wege ver-
sucht, diese unerwünschte Eigenschaft zu mildern, hat aber durch die-
sen künstlichen Eingriff auch gleichzeitig seine Wirksamkeit herab-
gesetzt. Jeder Gartenfreund sollte etwas Knoblauch in seinem Garten
anbauen; er braucht einen guten, nahrhaften Boden in sonniger Lage.
Gemüsefrüchte
Die bekanntesten Gemüsefrüchte gedeihen auch in Deutschland gut.
Zu diesen gehören: Tomaten, Gurken, Melonen, Kürbis, Eierfrucht. Es
gibt darin eine große Sortenauswahl in Bezug auf die Zeit der Ernte,
Größe und Schmackhaftigkeit der Frucht usw. Die Anzucht ist bei
Gurken z. B. sehr leicht, sie können sowohl im Frühbeet vorgezogen
als auch im Beet direkt ausgelegt werden.
Tomaten müssen vorgezogen werden, da sie eine lange Entwick-
lungszeit brauchen. Melonen sind für das norddeutsche Klima nicht
immer geeignet, wetterharte Sorten gibt es darin vorläufig noch nicht.
Der Kürbis ist ein üppig wucherndes Gewächs. Man gebe den nicht-
rankenden Sorten den Vorzug, sie sind schmackhafter und nehmen
auch nicht so viel Platz weg.
Hülsenfrüchte
Zu ihnen gehören die Erbsen und Bohnen in ihrer zahlreichen Sor-
tenauswahl. Junge Erbsen sind eine willkommene Beigabe zu allen
Gemüsen, auch allein oder in Abwechslung mit Kirschen gegessen,
schmecken sie gut. Reife Erbsen kommen mit Ausnahme einiger
grüner Markerbsen für den Frischköstler nicht in Betracht. Die jun-
gen Erbsen kann man sich für den Winter trocknen.
Die jungen Schnitt- und Brechbohnen sind auch als Frischkost zu
354
verwenden, doch nur die süßen, wohlschmeckenden Sorten. Reife
Bohnen, mit Ausnahme der Dicken Bohne, dürfen in der Frischkost
nicht verwertet werden, es könnte zu Magen- und Darmkrämpfen
führen.
Baumfrüchte und Beerenobst
Der Apfel. Die begehrteste Frucht des Deutschen und Mitteleuro-
päers ist der Apfel. Er ist sowohl als reine Obstkost als auch als Bei-
gabe zu Gemüsen eine herrliche, herzhafte Frucht. Der Frischköstler
sollte die edlen Sorten bevorzugen und nicht das sogenannte Wirt-
schaftsobst. Es gibt sehr haltbare Sorten, die bei richtiger Lagerung
den ganzen Winter überstehen und noch weit ins Frühjahr und in den
Sommer hinein haltbar sind.
Birnen. Die süßeste deutsche Fruchtart ist wohl die wohlschmek-
kende Birne. Auch hier ist sorgfältigste Sortenauswahl notwendig,
denn die Kochbirnen sind für den Frischköstler nicht geeignet. Man
beachte jedoch, daß so manches Wirtschaftsobst so manche Kochbirne
bei guter Winterlagerung bis zum Frühjahr zu einem schmackhaften
Genuß ausreifen kann.
Steinobst. Zu diesem gehören Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche und
Aprikosen. Durch entsprechende Sortenauswahl kann die Ernte je-
weils über viele Monate hingezogen werden. Die Kirsche ist davon
das saftigste und angenehmste Sommerobst während der heißen
Zeit. Sie erfrischt und stillt den Durst. Leider ist es so schwer, die
Vögel von den Kirschbäumen fernzuhalten.
Frage: Wer weiß ein einfaches und wirklich brauchbares Mittel, die
Vögel fortzuhalten?
Die Pfirsichfrucht ist sehr erfrischend im Spätsommer und Herbst
und wird in Deutschland viel zu wenig angebaut, man ißt sich nie leid
daran. Mit dem Märchen von der Übertragung und Verbreitung eines
die Kartoffel krankmachenden Virus durch die Pfirsichlaus sollte
man doch aus besserer Einsicht aufhören. Die Pfirsichlaus und der ge-
fürchtete Virus findet sich nämlich auch in Gegenden und Höhen-
lagen, in denen im weiten Umkreis nie ein Pfirsichbaum gesehen
wurde, weil die klimatischen Verhältnisse den Anbau von Pfirsich-
bäumen ausschließen.
Aprikosen gedeihen in Norddeutschland nur sehr schwer und
eignen sich nur für wärmere Landstriche und warme Lagen.
Unter den Kirschen sind besonders die reifen Sauer- und Wein-
kirschen und die Schattenmorellen (chateau moraille) wertvoll. Sie
haben eine besondere Wirkung auf die Nieren, reinigen sie und regen
sie gleichzeitig an. Sie helfen dadurch schwere Nierenstörungen oder
Stockungen zu beheben. Bei allen Nierenleiden sind gerade reife Süß-
kirschen und reife Sauerkirschen sehr heilkräftig. Eingemachte Kir-
schen haben nicht den Wert wie frisch gepflückte reife.
Die Weintraube. Würde die Weintraube in Deutschland nicht durch
die sogenannte Ungezieferbekämpfung, d. h. Spritz- und Bestäu-
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bungsgifte verschandelt, so würde man im ganzen Reich so viel Wein-
trauben anbauen können wie für den allgemeinen Bedarf zum Frisch-
verzehr nötig sind. Sie ist eine der gesündesten und wohlschmeckend-
sten Fruchtarten auf Gottes weiter Erde. Die getrockneten Trauben
sind bekannt als Rosinen, Sultaninen usw. Bei entsprechender Auswahl
der Weintraubenarten würde es möglich sein, die Trauben in geeig-
neten Trockenapparaten auch in Deutschland zu trocknen und daraus
statt der weinigen Rauschgetränke süße Rosinen und Sultaninen im
eigenen Lande zu erzeugen. Für den Rohgenuß eignen sich nur solche
Trauben, die biologisch richtig ohne Fäkalien, Jauchegüsse und trei-
bende Handelsdünger angebaut wurden und kräftig genug sind, um
dem Ungeziefer zu trotzen. Die Spritz- und Stäubemittel zur Ungezie-
ferbekämpfung sind ohne Ausnahme auch für den Menschen giftig.
Die schwarze Johannisbeere. Eine der heilkräftigsten Beerenfrüchte,
die unser deutscher Garten hervorbringt, ist die schwarze Johannis-
beere. Sie wird seit einigen Jahrzehnten wegen ihres hohen Vitazym-
gehaltes besonders geschätzt. Sie ist reich an solchen Wirkstoffen, die
den Lungen und Milzleiden entgegen wirken. Die schwarze Johannis-
beere, während der Sommermonate mit Leinsaatmehl reichlich ge-
gessen, speichert eine wirkungsvolle Menge an kräftigenden pflanz-
lichen Wirkstoffen im Körper und in seinen Organen.
Die rote Johannisbeere ist eine der am üppigsten tragenden Beeren-
sträucher. Leider erntet man sie im allgemeinen viel zu früh, man
sollte die Beeren nicht vor Ende Juli, Anfang August pflücken. Je
länger man sie am Strauch läßt, desto süßer werden sie. Mit der fort-
schreitenden Reife wandeilt sich ihre anfangs scharfe Säure, durch
welche die Schleimhäute des Mundes und des Magens angegriffen
werden, in bekömmlichen Fruchtzucker um. In der vollen Reife ent-
wickelt sie ihre Schmackhaftigkeit und Bekömmlichkeit besonders zu-
sammen mit Leinsaatmehl. Auch zur Saftbereitung verwende man nur
vollausgereifte Beeren. Zerquetschte Johannisbeeren zusammen mit
jungen geriebenen Möhren und gemahlenen Nüssen sind eine köst-
liche Speise.
Die weiße Johannisbeere ist am frühesten reif. Sie ist bedeutend
süßer als die rote, ist aber nicht so würzig. Wenn die Wurzeltriebe
kurz gehalten werden, wird man von den älteren Zweigen volle Ern-
ten haben, doch müssen alle Johannisbeer büsche immer wieder ver-
jüngt werden.
Die Brombeere birgt in ihrem Saft große Heilkräfte, wirkt blut-
reinigend und ist sehr sättigend, man sollte sie in jeder Form roh ge-
nießen. Sie wurzelt sehr tief und holt infolgedessen aus den tiefen
Erdschichten Mineralstoffe heraus, die die mehr flach wurzelnden
Beerensträucher nicht erreichen können. Die Blätter der Brombeere
ergeben einen sehr schmackhaften Tee, der heilwirkend bei Blasen-
krampf und Verhärtung der Gebärorgane wirkt.
Die Himbeere ist eine der süßesten und aromatischsten Früchte,
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doch verdirbt sie leicht. Man sollte nicht mehr Himbeeren anpflanzen,
als man zur Zeit der Reife ernten und essen kann. Zerquetschte Him-
beeren, Stachelbeeren und Johannisbeeren zusammen mit geriebenen
jungen Möhren und Leinsaatmehl munden köstlich und erfrischen an
heißen Tagen.
Die Stachelbeere ist bei entsprechender Pflege ein üppig wuchern-
der Strauch. Man lasse daher von den neuen Wurzelschößlingen nur
die kräftigen stehen und ziehe etwa 3 bis 4 kräftige Zweige spalier-
artig hoch. Dadurch erhält man eine hoch wachsende Anlage, die das
Pflücken der Stachelbeere sehr erleichtert. Die Stachelbeere ist wie die
Birne eine fleischbildende Frucht.. Sie regt außerdem den Milchfluß
der stillenden Mutter an und vermehrt diesen. Sie kräftigt Blut- und
Muskelbildung und ist aus diesem Grunde eine der wertvollsten
Früchte, die wir haben.
Die Erdbeere ist die Frucht eines mehrjährigen Krautes. Sie ist
keine Frucht im eigentlichen Sinne, da die Samenkerne nicht vom
Fruchtfleisch eingeschlossen werden, sondern es ist ein aufge-
schwemmter Blütenboden, dem die reifen Kerne aufsitzen. Die Erd-
beere ist eine der saftreichsten Früchte, die wir haben. Man darf sie
nicht zu reif werden lassen, sie zerfällt sonst zu leicht.
Die Heidelbeere ist eine Wildfrucht, die nicht gut als Gartenpflanze
angebaut werden kann; denn sie verdirbt den Gartenboden. Sie hat
ein ähnliches Prinzip in sich wie das Heidekraut, beide verhindern
jedes andere Boden Wachstum. Sogar die Obstbäume nehmen Schaden
in ihrer Wachstumsfreudigkeit, wenn man Heidelbeeren darunter
pflanzt. Man lasse sie deshalb an ihrem wilden Standort, nämlich im
lichten Wald und an den Waldrändern. Unter Kiefern gedeiht sie am
besten. Die Heidelbeere, auch Blaubeere genannt, heilt im Sommer
Durchfallserscheinungen und Darmstörungen, besonders, wenn sie mit
Leinsaatmehl gemischt wird.
Die Preiselbeere. Die herbstliche Frucht der Preiselbeere ist heil-
kräftig und würzig zugleich. Ihr Mineralstoffreichtum ist anregend
und kräftigend für Blut und Nerven, besonders, wenn sie mit Lein-
saatmehlzubereitungen gegessen wird. Sie gedeiht besonders gut in
den nordischen Ländern und wird im Herbst in großen Mengen von
dort eingeführt. Die Preiselbeere kann leicht getrocknet werden und
eignet sich dann sehr gut für die Winter auf be Währung. Man kann sie
auch zu einem Drittel mit Honig verstampfen, auch dann ist sie sehr
heilkräftig.
Die Maulbeere. Trotzdem in Deutschland die Maulbeere sehr gut
gedeiht, sieht man sie verhältnismäßig wenig. Die Frucht ist brauch-
bar zur Saftbereitung. Sie gibt einen würzig herben Saft, der sehr
durststillend ist, zum Essen ist sie wegen der harten Kerne nicht gut
geeignet. Die Frucht ähnelt einer Brombeere und wird in wärmeren
Gegenden und bei guter Pflege auch vollfleischig.
Die Schlehe ist ebenfalls eine Wildfrucht, die im Herbst nach den
ersten Nachtfrösten geerntet wird. Man übergießt sie mehrmals mit
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kochendem Wasser, um den Saft herauszuziehen. Man bereitet so ein
angenehmes Wintergetränk.
Die Mispel ist eine japanische Fruchtart und gedeiht auch bei uns
sehr gut. In den USA sieht man sie in hohen, baumartigen Büschen.
Die Mispel schmeckt am besten, wenn sie etwas Frost bekommen hat
und weich wird. Es ist eine sehr wohlschmeckende und gesunde Frucht,
die viel mehr Verbreitung finden sollte.
Die Quitte ist auch für den Frischköstler eine sehr brauchbare
Frucht, da sie Obstgerichten als Beigabe einen sehr pikannten Ge-
schmack verleiht und auch allein oder gerieben und mit Leinsaatmehl
oder Erdnüssen zusammen würzig schmeckt. Man trage Sorge, daß die
Baumschule eine Sorte liefert, die nicht gar zu steinig ist und nicht
zuviel Kerne hat.
Die Hagebutte ist seit Jahrzehnten infolge der Vitaminerforschung
noch mehr in den Vordergrund gerückt. Es ist die Fruchtschale der
wilden Rosenblüte, die man ißt. Ihr Gehalt an Vitazym C oder As-
corbinsäure ist bekannt.
Südfrüchte
In den Mittelmeergebieten, in den Tropen und den subtropischen
Ländern gedeihen eine Reihe von Früchten, die bei uns eingeführt
werden und besonders im Winter eine willkommene Ergänzung zu
unseren heimischen Obstarten bilden. Es sind hauptsächlich die Zitrus-
früchte wie Zitronen, Apfelsinen, Mandarinen und Pampelmusen,
ferner die Ananas. Diese ist die Frucht einer Kakteenart mit langen
fleischigen, schilfartigen Blättern.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Dattelpalmen, welche die süßen
Datteln liefern und die Bananenstaude, an denen die frischen und ge-
trockneten Bananen wachsen. Die Feige ist eine Frucht der Miitt eimeer-
gebiete, von denen manche Arten auch in Norddeutschland in wärme-
ren Lagen bei etwas Frostschutz gedeihen und reife Früchte bringen.
Zu den Südfrüchten gehört auch die Karobbe oder Lokustfrucht.
Es ist dies die Frucht eines südländischen Strauches, die in langen
Schoten harte Samenkerne enthält. Die fleischigen Schoten sind sehr
mineralstoffreich und enthalten sehr viel organischen Zucker, der sich
mitunter in kristalinischer Form findet. Diese Lokustfrucht ist die
Frucht, von der sich Johannes der Täufer nährte. Im Urtext heißt die
Karobbe „Lokust“ und das ist der gleiche Name wie für die Heu-
schrecke. So wurde denn die Lokustfrucht in den deutschen Bibel-
übersetzungen mit Heuschrecke übersetzt. Der Volksmund aber hat
für die Karobbe bis heute den Namen „Johannesbrot“ festgehalten.
Wenn die Erzeugerländer sich mit der Ernte dieser dort sehr billigen
Frucht mehr Mühe geben und nur saubere, ausgewählte Ware zum
Versand bringen würden, so würde es mehr Freude machen, sie den
Freunden anzubieten.
Das Schalenobst: Die Nüsse
Haselnüsse. Deutschland hat bis vor etwa zwei Jahrtausenden den
358
größten Haselnußbestand von allen europäischen Ländern gehabt. Es
ist bekannt, daß zur Stapelnahrung unserer Vorfahren im Winter die
Haselnuß gehörte. Auch die Moorforschung bestätigt dies. Früher
pflanzte man sie als Hecken oder Knicks zwischen den einzelnen Fel-
dern und Feldwegen an. Bei der Flurbereinigung und der Zusammen-
legung der zu einem Hof gehörenden Äcker und Wiesen waren sie
vielfach ein Hindernis und man rodete sie vielfach, um die zusam-
mengelegten Äcker besser bearbeiten zu können. Damit ist dann aber
der Windschutz fortgefallen und die betreffenden Landschaften sind
heute der Gefahr der Staubstürme ausgesetzt. Die Haselnußstauden
werden durch Eichhörnchen schlimm beräubert. In Gegenden, wo die
Eichhörnchen hausen, wird man weder Haselnüsse und noch weniger
Walnüsse ernten können. Man scheue sich nicht, die Eichhörnchen
zeitig zu vernichten. Sie sind nicht nur arge Nußräuber, sondern ver-
treiben Singvögel. Sie fressen deren Eier und schonen auch die junge
Brut nicht. Man bedenke, daß das Eichhörnchen eine Baumratte ist
und wie alle Rattenarten kurz gehalten werden sollte.
Die Haselnuß ist eine der schmackhaftesten Nüsse; gartenmäßig
wird sie am besten angebaut, wenn man neue Wurzelschößlinge regel-
mäßig entfernt und nur einen oder zwei Triebe zur vollen Entwick-
lung kommen läßt, die dann eine baumartige Krone bauen. Zur Auf-
bewahrung sollte man sie nur antrocknen und dann kühl und luftig
aufbewahren, sie hält sich dann bis zur nächsten Ernte. Heute ist es
leider so, daß der Bedarf an Haselnüssen durch die Mittelmeerländer
und die Türkei gedeckt werden muß. Dort gibt es auch keine Eich-
hörnchen.
Die Walnuß gedeiht in allen Gegenden Deutschlands, es kommt nur
auf die richtige Sortenauswahl an. Nur nördlich der Eider reift sie
nicht mehr. In letzter Zeit haben die Gartenbauverbände dafür ge-
sorgt, daß durch eine richtige Sortenauswahl nur beste tragfähige
Arten zur Anpflanzung kommen. In einigen Jahrzehnten könnte es
möglich sein, den ganzen Bedarf im eigenen Lande anzubauen. Ein
ausgewachsener Walnußbaum gibt regelmäßig bis zu zwei Zentnern
ausgereifter Walnüsse. Es gibt Sorten mit sehr bitterer Haut über
dem eigentlichen Kern und solche mit süßer, denen man beim Anbau
den Vorzug geben sollte. Geschmacklich und in gesundheitlicher Be-
ziehung ist die Walnuß wohl die beste Nußart, die die Erde uns bietet.
Die Form ihres Kerns zeigt die Windungen des menschlichen Gehirns
an und es ist Tatsache, daß die Walnuß die Gehirntätigkeit ungemein
anregt und kräftigt.
Die Pekanuß ist eine Walnußart von mehr länglicher Form mit ganz
weicher Schale. Sie gedeiht leider nur in südlicheren Gegenden. Man
sieht sie viel in Kalifornien, Colorado und am Mississippi, ebenso in
Florida. Sie ist noch wohlschmeckender als unsere heimische Walnuß,
doch, wie gesagt, sie braucht ein wärmeres Klima, als es unsere Hei-
mat bietet.
Die Paranuß ist im Amazonasgebiet beheimatet. Ihre Haupternte
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liegt im Staate Parana. Sie bildet Kernballen, die von einer harten
Schale umschlossen sind, zur Zeit der Reife platzen und die eigent-
lichen Nüsse zur Erde fallen lassen. Die Raranuß muß nach der Ernte
erst einige Zeit lagern, ehe sie ihren bekannten Wohlgeschmack ent-
wickelt.
Die Mandel ist ein Kind der Mittelmeergebiete und aller südlichen
Gegenden. In Deutschland gedeiht sie bis hinauf in die Rheinpfalz und
bis nach Österreich hinein. Da bei entsprechender Zuchtauswahl der
Ertrag ein sehr reichlicher ist, sollte man erstreben, sie in größerem
Umfange auch in deutschen Gebieten anzupflanzen, um den eigenen
Bedarf möglichst zu decken.
Die Pinien- oder Pignoliennuß. Die Pinie ist ein Nadelbaum und
heißt zu deutsch „Schirmkiefer“. Der Pinienkern ist also eine Kiefern-
nuß. Daher rührt auch der eigenartige Geschmack, der leicht an Ter-
pentin erinnert. Wie auch bei der deutschen Kiefer findet sich der
Kern in dem Zapfen. Die den eigentlichen Kern umgebende Schale
wird maschinell gesprengt und der Kern nachher gewaschen und ge-
trocknet.
Die Marone oder Eßkastanie. Dort, wo sie wächst und reift, ist sie
eine brauchbare Nußart für die Frischkost. Doch sollte sie nicht zu
früh gegessen werden, sondern man lasse sie erst etwas ablagern. Sie
wird dadurch süßer und wohlschmeckender. Sie kann als würzige Er-
gänzung der Obst- und Gemüsegerichte Verwendung finden. Sie ge-
deiht schon in Süddeutschland, doch ist sie in größeren Mengen auf
dem Balkan und an den Südhängen der Alpen zu finden.
Die Kokosnuß gedeiht in den Tropen und zwar immer nur im Ange-
sicht des Meeres. Weiter als 50 km landeinwärts kann sie nicht mehr
angebaut werden. Wo sie gedeiht, gibt sie üppige Erträge und könnte
eine der billigsten Nußarten sein.
Die geriebene Kokosnuß schmeckt zusammen mit verschiedenen
deutschen Gemüsearten und Kräutern sehr angenehm, so z. B. mit
Spinat, Lattich, Rapunzel, auch mit jungen Erbsen und Möhren ver-
trägt sie sich gut. Die Kokosraspel wird nach der Herstellung scharf
nachgetrocknet.
Die Erdnuß ist eine sehr ertragreiche Hülsenfruchtart. Ihr Anbau
kann überall dort vorgenommen werden, wo mit einer Sommerzeit
von mindestens fünf Monaten gerechnet werden kann. Sie wird in
Reihen von 1 m Abstand und von 25 cm Abstand in den Reihen zu
zweien oder dreien in einem Loch angebaut und sollte überall, wo es
klimatisch möglich ist, im Garten des Frischköstlers zu finden sein.
Die Bucheckern sind eine Frucht der deutschen Wälder. Sie sind von
süßem angenehmem Wohlgeschmack, aber dürfen nur in kleinen Men-
gen als Zugabe genommen werden. Wenn die Ernte nicht so mühsam
wäre, würde sie bestimmt eine willkommene Ergänzung der übrigen
Nußarten sein, deren der Frischköstler so reichlich bedarf.
Die süße Eichel ist auf Korsika beheimatet. In Deutschland vorge-
nommene Anbauversuche in Thüringen und Sachsen haben sehr gün-
360
stige Ergebnisse gehabt. Es wäre wünschenswert, überall dort, wo
Eichen angepflanzt werden sollen, diese Eiche mit den süßen Eichel-
kernen zu wählen. Selbst, wenn ein großer Teil von den Eichhörnchen
gefressen würde, bliebe noch genug für uns Menschen übrig, denn
ausgewachsene Eichen tragen reichlich.
Ölfrüchte und Ölsaaten
Die Ergänzung zu den Nüssen mit ihrem reichen Gehalt an auf-
bauenden Nahrungs werten, an Proteinen oder Quellstoffen, auch
Eiweißstoffe genannt, und an den in den Keimanlagen zu findenden
besonders wichtigen Enzymen und Wirkstoffen und den damit einher-
gehenden Ölstoffen und deren anregender Wirkung für den Aufbau
der Gehirn- und Nervenkraft, sind die Ölfrüchte und Ölsaaten. Diese
gehören durchweg mit Ausnahme der Olive, die eine Baumfrucht ist,
den Hartstengelgewächsen an und bilden deshalb eine gute Ergänzung
unserer Gemüse- und Obstgerichte.
Die Olive.
Die Frucht des Olivenbaumes ist als frische Frucht zu herb und bis-
sig, aber der Saft des Fruchtfleisches enthält wenig Wasser aber große
Mengen an Ölstoffen, die frisch gepreßt mit dem öl aus den Kernen
zu Olivenöl verarbeitet werden. Das beste Olivenöl wird erzeugt,
wenn die frische, reife, unbeschädigte Frucht sofort zerstampft und
der Saft ausgepreßt wird. Nach bewährtem, alteingeführtem Verfah-
ren der Mittelmeerländer wird der Saft in großen Behältern unter-
irdisch auf gefangen und dort sich selbst überlassen. Wasser und öl
trennen sich dann, mitabgepreßte Fruchtfleischteile sinken zu Boden
und das klare, reine öl kann nach entsprechender Lagerung abge-
schöpft werden. Gutes, fruchtig schmeckendes Olivenöl entwickelt
während dieser Lagerung einen kleinen Prozentsatz an freier Fett-
säure. Dieser schwankt je nach der Länge der Lagerung zwischen
0,7 und 0,9 °/o.
Da nun dieser kleine Gehalt an freier Fettsäure leicht anstößig
wirkt und bei schon älterem öl einen leicht kratzenden Geschmack
hinterläßt, so wird in den modernen Gewinnungsverfahren das öl
raffiniert und dadurch gleichzeitig geschmacklos, geruchlos und auch
farblos gemacht. Es wird dann zu etwa 20% mit frischem, vollwerti-
gem Olivenöl verschnitten. Bei der Analyse der raffinierten öle wird
dann gewöhnlich nur ein Gehalt an freier Fettsäure von 0,20 % fest-
gestellt und das öl als blankes, helles öl angeboten. Man beachte
jedoch, daß ein naturreines Olivenöl gerne bis zu 0,8 °/o freier Fett-
säure enthalten darf.
Ölpalmen.
In der Margarineherstellung werden große Mengen an Palmkern-
ölen und an Kokosnußölen verbraucht. Ob diese öle, so wie sie heute
eingeführt werden, nicht auch in frischem, unverarbeitetem Zustand
als Speiseöle verwendet werden können, sollte versucht werden. Die
Verwendung in der Kunstspeisefettherstellung ist aus den im zweiten
361
Teil des Buches geschilderten Umständen gesundheitlich nicht zuträg-
lich und deshalb abzulehnen. Aber es ist ja auch gar nicht notwendig,
auf diese fremdländischen Erzeugnisse zurückzugreifen, da es ge-
nügend Ölsaaten gibt, die in der Heimat angebaut und frisch gepreßt
von großem gesundheitlichem Wert sind.
Die Mohnsaat.
Am besten ist es, die Mohnsaat als ganze Saat zu verzehren. Zu
dem Zweck quetscht man sich vor der Mahlzeit die gewünschte Menge
jeweils frisch auf einer Mohnmühle oder auf der Nußmühle und gibt
die Mohnsaat in dieser Form zu den Gemüse- oder Obstgerichten. Die
frisch gequetschte Mohnsaat kann Nüsse zum Teil ersetzen. Bei der
Verwendung als ganze Saat wird auch der hohe Gehalt an Keimöl
und den daran gebundenen Vitazymen und Wirkstoffen aller Art in u
seiner Frische und Ganzheit erhalten und kommt auch richtig zur
Auswirkung. Auch der Fruchtbarkeitswirkstoff „E“ bleibt bei der
Verwendung in frisch gequetschtem Zustand voll erhalten und kommt
auch voll zur Wirkung. Bei der Verwendung von Mohn zu Speise-
zwecken braucht man keine Angst zu haben vor einem eventuell
schädlichen Gehalt an Opiaten. Opium und das daraus hergestellte
Morphium wird nur aus den grünen Teilen der Mohnpflanze, vor
allem aus der grünen Mohnkapsel, gewonnen. In der reifen Saat ist
kaum noch Opium vorhanden.
Das frisch gepreßte, unraffinierte Mohnöl ist eines der zuträglich-
sten und schmackhaftesten Speiseöle. Es kann zu allen Gemüse- und
Obstgerichten hinzugegeben werden und wird die Zuträglichkeit der
Speisen erhöhen. Das frische Mohnöl ist sehr leicht verseifbar und
heilt deshalb Gallen- und Leberstörungen. Bei solchen Leiden aber
wirkt frisch gequetschter Mohn eigentlich noch besser, weil in dem öl
durch die Pressung ein Teil der empfindlichsten Wirkstoffe verloren
geht, besonders, wenn es bei längerer Lagerung dem Sauerstoff der
Luft ausgesetzt war.
Die Leinsaat.
Auch hier ist es noch nicht entschieden, was besser ist: Die Leinsaat,
auf einer Handmühle frisch gemahlen, zu verwenden oder sie zu öl
zu verarbeiten und dann als Zusatz zu den Gerichten zu nehmen.
Schon der Nachteil, daß nämlich frisch gepreßtes Leinöl aus unge-
rösteter Saat nicht sehr lange haltbar ist, sondern schon recht bald
bitter wird, sollte uns veranlassen, die Leinsaat frisch gemahlen zu
verwenden. Wohl werden durch frisch gepreßtes Leinöl so manche
Verdauungsstörungen geheilt werden, aber der volle Wert der ganzen
Leinsaat auch bei Verdauungsstörungen kann nicht oft genug heryor-
gehoben werden. Der Bauer weiß z. B. sehr genau, daß sein Vieh bei
Verdauungsstörungen, bei Hautleiden, bei Störungen in der Haar-
bildung und des Felles durch Mitverfütterung von Leinsaat recht bald
wieder gesunden wird und ein glattes, sauberes Fell erhält. Er selbst
aber plagt sich mit Hautstörungen, Furunkeln (Schweinsbeulen) u. a.
herum, ohne auf den Gedanken zu kommen, daß ihm selbst auch die
362
Leinsaat helfen könnte. Über die Verwendung der frisch gemahlenen
Leinsaat wird im nächsten Abschnitt noch die Rede sein. Hier sei nur
noch erwähnt: In Deutschland wird die Leinsaat zur Hauptsache wegen
der Flachsgewinnung angebaut. Der Erfolg sind kleinkörnige Sorten
mit oft kratzendem Geschmack. Es gibt aber auch großkörnige Sorten
von süßem, nußähnlichen Geschmack ohne Bitterkeit und Kratzen.
Warum nimmt man nicht solche Sorten zum Anbau von Speiseleinsaat,
die nebenbei dann auch noch guten Faserertrag liefern werden.
Rapssaat.
Das ganze Korn der Rapssaat läßt sich zu Speisezwecken nicht ver-
wenden. Nicht nur, daß es zu streng und scharf schmeckt, es gibt Ver-
anlassung zu gewissen Darmstörungen. Aber frisch gepreßtes und
mechanisch gut gereinigtes und filtriertes Rapsöl kann zu allen fri-
schen Gemüsegerichten mit Vorteil Verwendung finden, besonders
wohlschmeckend wird es im Sommer in Verbindung mit Gurken und
Tomaten und anderen Gemüsefrüchten empfunden werden.
Die Sesamsaat.
Sesam wird seit altersher in Afrika, in Indien, auf Ceylon und den
malayischen Inseln angebaut und dort, geröstet, als ganze Saat und
auch als Ölzusatz zu den Speisen verwendet. Das daraus gepreßte öl
ist gut verwertbar, aber roh von aufdringlichem Geschmack. Das öl
aus gerösteter Saat ist milder. Rohe Sesamsaat ist ungenießbar.
Senfsaat, Rettichsaat, Rübsen und Unkrautsaaten.
Aus allen diesen Saaten lassen sich öle pressen, die teilweise wohl-
schmeckend und bekömmlich sind. Senföl z. B. hat keinen beißenden
Geschmack wie die Senfsaat. Auch die meisten Ackerunkräuter kön-
nen zur Herstellung von recht annehmbaren Speiseölen Verwendung
finden, ohne daß sie raffiniert oder chemisch behandelt zu werden
brauchen. Während der Kriegsjahre haben die Bauern z. B. gelernt,
beim Dreschen die Unkrautsaaten nicht fortzuwerfen, sondern auszu-
sieben und zu öl pressen zu lassen und haben sich dadurch mancher-
orts über die Fettknappheit gut hinweghelfen können. Man beachte
jedoch, daß die blanken Speiseöle aus solchen Saaten wohl billig sind,
aber erst durch Raffinieren und chemische Behandlung so blank und
geschmacklos wurden. Ihr gesundheitlicher Wert ist dadurch natürlich
nicht besser geworden.
Sonnenblumensaat.
In Ungarn, in der Ukraine und im Kaukasus sowie in der Türkei
werden große Mengen Sonnenblumenkerne angebaut und zu Speiseöl
verarbeitet. Rohgepreßtes Sonnenblumenöl aus enthülsten Sonnen-
blumenkernen ist von gutem Geschmack und sehr bekömmlich. Aber
um die Hülsen leicht und schnell zu entfernen, werden die Kerne
stark erhitzt. Dann springt die Schale von selbst herunter und das öl
läßt sich leichter pressen. Leider ist derart gewonnenes öl kein Rohöl
mehr und hat den wichtigsten Gehalt an Wirkstoffen und Enzymen
verloren. Wie aber will der Frischköstler beim importierten Sonnen-
363
blumenöl feststellen, wie es gewonnen wurde und ob es gesundheit-
lich noch vollwertig ist?
Baumwollsamenöl.
Die Baumwollsaat muß aus den Baumwollfäden entfernt werden,
ehe die Fäden verarbeitet werden können. Die anfallenden Samen-
kerne sind daher wertlos. Sie können zu öl verarbeitet werden, das
zu technischen Zwecken anstandslos verarbeitet werden kann. Als
Speiseöl aber ist es gesundheitlich nicht zuträglich, sondern giftig.
Trotzdem wird es wegen seiner Billigkeit auf chemischem Wege so
präpariert, daß es seine Giftigkeit verliert und geschmack- und ge-
ruchlos wird. Vom gesundheitlichen Standpunkt aus betrachtet ist es
in dem Zustand wertlos und von Schaden. Es wird aber zur Her-
stellung von Speiseölen mit anderen wertvollen ölen z. B. Olivenöl
verschnitten und gelangt so auf Umwegen in den Magen der Europäer
oft unter verführerischen Namen.
Getreide
Nach dem vernichtenden Urteil im Fluch über den Acker und das
darauf erzeugte Brotgetreide scheint es verfehlt zu sein, in diesen
Abhandlungen das Getreide in einem besonderen Absatz zu erwähnen.
Aber es ist doch notwendig, da immer wieder Zeiten eintreten wer-
den, wie der Krieg und die darauffolgenden Hungersnöte, die den
Menschen zwingen, wieder auf das Getreide zurückzugreifen. Auch
wird nicht jeder Lohnarbeiter in der Lage sein, für sich und seine
Familie die teuren Nüsse und Nußkerne aller Art einschließlich der
Erdnußkerne für die Ernährung anzuschaffen. Auch wird es Gebiete
mit ärmlicher Bevölkerung geben, wo man sich sehr sparsam ein-
richten muß und dort kann man immer wieder auf die billige Ge-
treidenahrung zurückgreifen oder sich diese selbst im Garten garten-
mäßig mit Hacken und Lockern anbauen. Der Ertrag wird bei garten-
mäßigen Anbaumethoden erstaunlich hoch.
Enthülster Buchweizen ist eine ausgezeichnete Abwechselung auf
dem Speisezettel der Frischkost-Getreidenahrung. Er hat stark wärme-
zeugende Eigenschaften und ist daher gut zur Winterspeise geeignet.
Er ist kein Getreide, sondern das Samenkorn eines Knöterichgewäch-
ses und bei richtigem Anbau von nußartigem Geschmack. Kinder
werden ihn bald lieben lernen. Buchweizen kann im Heim enthülst
werden, wenn man beim Mahlen die Scheiben soweit auseinander-
setzt, daß nur die Hülle gebrochen wird. Die Hüllen werden dann
ausgesiebt oder herausgeblasen.
364
365
Durchschnitt der Analysen der Nahrungsmittel
Hundertsatz des Gehalts an
Hundertsatz des Gehalts an den einzelnen Mineralstoffen
Gruppe
der Nahrungsmittel
Was-
ser
Zucker
und
Stärke
Oie
Fette
Ei-
weiß
Mineral-
stoffe
Eisen
Kal-
zium
Metalle
Na-
trium
Kali-
um
Mag-
nesium
Phos-
phor
Niditn
Schwe-
fel
letalle
Si-
lizium
Chlor
Grünes Gemüse
89,2
6,7
0,4
2,0
1,7
2,2
14,6
14,4
27,6
4,9
13,4
10,5
4,6
7,8
getrocknet
7,3
57,7
3,0
17,3
14,6
Wurzelgemüse
77,4
18,7
0,3
1,6
2,0
1,7
7,8
15,3
42,1
4,3
13,5
6,6
2,8
5,9
getrocknet
10,2
74,2
1,0
6,5
8,1
Kräuter-Früchte
88,2
9,2
0,5
1,4
0,7
3,3
9,2
14,4
35,1
3,4
15,3
6,3
8,2
4,5
getrocknet
14,8
65,9
3,7
10,6
5,0
Baum-Früchte
80,0
17,6
0,7
0,9
0,8
2,2
10,4
11,1
46,5
5,4
14,0
5,2
4,2
1,0
getrocknet
17,6
72,5
2,9
3,9
3,1
Reife Oliven
47,4
7,4
38,9
3,4
2,9
0,9
7,4
7,5
80,7
0,2
1,0
1,1
0,6
0,2
getrocknet
4,3
13,5
70,7
6,3
5,3
Edelkastanien
40,3
47,1
4,5
6,3
1,8
0,2
3,9
7,2
57,1
7,5
18,3
3,8
1,5
0,5
Erbsen, Linsen und
11,3
59,2
1,6
24,8
3,5
1,1
5,2
5,2
41,7
5,8
35,6
2,4
0,9
0,7
Nüsse •
4,3
13,6
69,1
19,2
2,5
1,2
9,6
5,0
31,0
13,7
34,5
2,5
1,2
2,1
11,9
70,7
3,1
11,7
2,6
1,4
3,9
2,4
28,4
11,5
40,1
1,3
10,3
1,5
Nachdem wir in diesem Abschnitt die wichtigsten für den Frisch-
köstler in Frage kommenden natürlichen Nahrungsmittel kennen ge-
lernt haben, sollen diese Ausführungen ergänzt werden durch einige
wenige Tabellen. Diese geben dem Leser eine Vorstellung vom Gehalt
der Nahrung, die er ißt, wenn sie in frischem gewachsenem Zustand,
ungekocht blieb und nicht durch künstliche Zubereitung verdorben
wurde.
Der wichtigste Bestandteil unserer Nahrung, wenn wir von den im
ersten Teil des Buches behandelten Vitazymen absehen, sind die
Mineralstoffe oder erdigen Grundstoffe in der Nahrung. Es sind dies,
wie im ersten Teil dieses Buches ausgeführt wurde, die Bestandteile
des Bodens, welche die Wuchskraft der Pflanze aus dem Boden her-
ausholt und als lebendigen organischen Bestandteil in ihren Körper
einbaut. Von diesen Mineralstoffen hat jeder seine eigene Aufgabe in
der Lebensabwicklung zu erfüllen. Ihr Fehlen bedeutet völligen Zusam-
menbruch des körperlichen Gesundheitszustandes und damit auch der
geistigen Kräfte. Die Wichtigkeit ihrer Aufgaben wurde im ersten
Teil des Buches schon ausführlich erläutert, darum genügt es in diesem
Zusammenhang nur den Gehalt der einzelnen Nahrungsmittel nach-
zuweisen.
Die wichtigsten Mineralstoffe, die auch in meßbaren Mengen im
Körper zu finden sind und deshalb auch reichlich in der Nahrung vor-
handen sein müssen sind: Eisen als Eisenoxyd, Kalk, von der Pflanze
aus dem Boden herausgeholt als Kalkoxyd, Natrium, Kalium und
Magnesium bzw. deren Oxyde. Der Gehalt an diesen erdigen Grund-
stoffen ist am leichtesten in den unverbrennbaren Aschen der betref-
fenden Pflanzen feststellbar. Es wird deshalb im folgenden der Ge-
halt an Hundertteilen des betreffenden Metalloxydes in den Aschen
der Pflanzen angegeben.
Eisen, zur Bildung des Hämoglobins und der roten Blutkörperchen
unersetzlich, findet sich in Prozenten des Aschengehaltes in folgenden
Pflanzen in brauchbarster Form:
Erdbeere
5,80
Spinat, Rapunzel u. a.
3,50
Lattich, Endivien usw.
5,20
Pflaumen und Steinobst
3,20
Brennessel und andere
Kohlrabi
3,00
Wildkräuter
4,70
Radieschen und Rettich
2,80
Stachelbeere, schwarze
Zwiebel und Lauch
2,30
Johannesbeere u. a.
4,50
Linsen und Erbsen
2,00
Kalk als Kalkoxyd in seinen verschiedenen Arten ist unentbehrlich
für den Aufbau der Zellgefüge und vor allem für den Aufbau und die
Erhaltung der Knochen. Er findet sich im Aschengehalt folgender
Pflanzen etwa in folgenden Hundertteilen:
Brennessel
Apfelsinen und
Citrusfrüchte
Zwiebel
Lauch, Porree usw.
28,2 Erdbeeren, Brombeeren usw. 14,0
Kohl verschiedener Art 12,5
24,5 Stachelbeeren,
22,8 Johannesbeeren u. a. 12,2
21,0 Spinat, Rapunzel u. a. 12,0
366
Löwenzahn u. Wildkräuter
20,0
Kohlrabi
11,0
Radieschen und Rettich
15,0
Weintrauben
10,7
Lattich, Endivien usw.
14,7
Pflaumen und Steinobst
10,0
Natrium hat vor allem die Aufgabe, den Anfall an Kohlensäure im
Lebensbetrieb des Körpers aufzusaugen und im Venensaft den Lungen
zur Ausscheidung zuzuführen. Es dient gewissermaßen als Neutralisa-
tionsfaktor im Blute. In Verbindung mit Kalium dient es ferner zum
Aufbau der Muskelgewebe und der Gehirn- und Nervenmasse. Alle
Verbindungen des Natriums aber werden sehr leicht zerstört durch
Erhitzung beim Kochen, Backen und durch Säuern und Gären. Den
Hundertsatz in den Aschen folgender Pflanzen bringt die Tabelle:
Spinat, Rapunzel u. a.
35,3
Radieschen, Rettich
21,0
Erdbeere, Brombeere u. a.
28,5
Linsen und Erbsen
13,5
Apfel
26,0
Löwenzahn u. Wildkräuter
10,5
Möhren, Schwarzwurzel u. a.
21,2
Gurken
10,0
Kalium in Verbindung mit Natrium ist der wichtigste Bestandteil
des Körpers im Aufbau der Muskeln, der Weichteile der Organe, der
Gehirn- und Nervenmasse und vor allem zum Aufbau der Zellwände
im ganzen Körper. Fast alle pflanzlichen Nahrungsmittel enthalten
genügend Kalium und Natrium, um den Bedarf des Körpers zu
decken. Nur bei besonderen Krankheitszuständen wie Skorbut, Rachi-
tis, Muskelerschlaffung und ähnlichen wähle man solche Zutaten, die
einen hohen Gehalt an diesen Nährstoffen haben. Aber auch hier ist
zu beachten, daß gerade die Kaliumverbindungen keine Erhitzung
vertragen. Der Hundertsatz im Aschengehalt der Pflanzen ist folgender:
Kartoffel
60,0
Kohlrabi
47,0
Pflaumen und Steinobst
60,0
Kohlarten
44,5
Weintrauben
56,2
Erbsen und Linsen
43,0
Möhren
55,0
Löwenzahn, Wildkräuter
38,3
Pastinaken
54,5
Lattich, Endivien u. a.
30,0
Magnesium ist notwendig, um die Widerstandskraft des Körpers
gegen äußere Einflüsse zu kräftigen und zu erhalten. Es findet sich in
Verbindung mit den bereits erwähnten Erdmetallen und mit Kiesel-
säure oder Silizium in allen Hautgebilden des Körpers besonders aber
in der Oberhaut, dem Schmelz der Zähne, den Haaren, der Knorpel-
masse in den Gelenken und hilft die Spannkraft der Muskeln und
Gewebe d. h. den Tonus des Körpers zu kräftigen. Es geht durch
Kochen und Erhitzen mit anderen Mineralstoffen aber gar zu leicht
feste anorganische und für den Körper und die Verdauungsorgane
nicht lösliche Verbindungen ein und ist in der Beziehung ebenso
empfindlich wie Natrium und Kalium. Zum Aufbau der Zellenhaut
für die Lungengewebe ist es unentbehrlich. Der Hundertsatz des
Aschengehaltes an Magnesium ist aus der Tabelle ersichtlich:
Mandel
17,5
Kokosnuß
9,5
Walnuß
13,0
Apfelsine und
Andere Nüsse
12,5
Citrusfrüchte
8,0
Buchweizen
12,0
Löwenzahn, Wildkräuter
8,0
367
Außer diesen Erdmetallen finden sich normalerweise noch alle
anderen Metallbasen im Boden und werden alle miteinander im Auf-
bau der lebenden Pflanzen notwendig sein, denn ihr Fehlen erzeugt
Ausfallerscheinungen im Wachstum und Krankheitserscheinungen im
Körper von Mensch und Tier. Sie sind aber alle im Boden nur in
Spuren zu finden und bei der jahrhundertelangen Ausnutzung und
Auslaugung durch unrichtige Düngung oft nicht mehr in genügender
Menge im Boden vorhanden. Zu diesen notwendigen Spurenelementen
gehören vor allem Kupfer und Mangan, um nur zwei zu erwähnen.
Wo sie im Boden fehlen, sollte man versuchen, sie schnellstens dem
Boden und damit auch dem Wachstum der Pflanzen zuzuführen. Man
kann dies am einfachsten durch Bestreuen des Gartenbodens mit fein
gemahlenen Steinmehlen aus Kupfererzen bzw. durch Bestreuen in
sehr kleinen Mengen mit pulverisierten übermangansaurem Kalium.
Alle anderen Metallbasen finden sich in den verschiedensten Erzen
und Gesteinen. Man kann sie alle seinem Boden durch Bestreuen mit
Steinmehlen verschiedener Art zuführen.
Außer diesen Erdmetallbasen gibt es noch die andere große Gruppe
der Nichtmetalle oder Säurebildner. Diese bilden mit den Metallbasen
zusammen die Erden, Lehme, Sande und Gesteine, aus denen sich die
Erdhaut zusammensetzt. Diese nichtmetallischen Bestandteile des
Bodens sind Schwefel, Phosphor, Kieselsäure oder Silizium, Fluor,
Bor, um die wichtigsten zu nennen. Sie finden sich in genügender
Menge in allen Bodenarten, da sich die gewöhnlichen Erden und Kie-
selsteine aus den Verbindungen derselben mit den Erdmetallbasen
z. B. aus fluor- und kieselsaurem Natrium, Kalium oder Aluminium
zusammensetzen. Schwefelsäure oder phosphorhaltige Erdmetallver-
bindungen sind überall zu finden, besonders häufig jedoch in beson-
ders Schwefel- oder phosphorhaltigen Erzen und Sanden. Diese wer-
den dann als besonders wertvolle Düngegaben als Steinmehle
z. B. auf den Gartenboden ausgestreut. Da nun gerade Fluor in
jedem humosen Boden zu finden ist und aus solchem von jeder
Pflanze gern aufgenommen wird, so ist es erstaunlich immer wieder
zu hören, daß dem Trinkwasser besondere Fluorgaben beigegeben
werden müssen, um z. B. dem Zahnschmelz Festigkeit und Wider-
standsfähigkeit zu geben. Es wird wohl richtiger so sein, wie schon
oft angedeutet, daß die Erhitzung und das Kochen fast aller Nahrung
bei der Zubereitung die organische Bindung des Fluors wie sie in der
lebenden Pflanze zu finden ist, zerstört und diese organische Verbin-
dung wieder in eine anorganische Erde oder in ein unlösliches Salz
mit einer gleichfalls im Kochen frei gewordenen Erdmetallbase ver-
wandelt, dadurch geht alles dem Körper verloren. Ein künstlicher
Ersatz im Trinkwasser für das durch Kochen Zerstörte ist kaum
möglich, da die zuzusetzenden Fluorverbindungen doch nur als unlös-
liche anorganische Verbindungen gegeben werden können. Was in
unseren Böden gelegentlich fehlt ist der Gehalt an Borsäure. Die-
368
sen kann man ersetzen durch eine sehr kleine Gabe von gemahlenem
Borax im Garten.
Trockenanalyse der Nahrungsmittel
Die nun folgende Tabelle ist sorgfältig aus den besten vorhandenen
analytischen Tabellen errechnet. Die sonst üblichen Tabellen werden
einschließlich des Wassergehaltes der Nahrungsmittel errechnet.
Trotzdem Wasser eines der hauptsächlichsten Bestandteile der Nah-
rung ist, so findet es sich in den verschiedenen Nahrungsmitteln in so
verschiedenartigen Mengen, daß es unmöglich ist, bei Einbezug und
Berechnung des Wassergehaltes in den Tabellen auf einen Blick den
endgültigen und vergleichsweisen Nährwert der Nahrung zu erkennen.
Alle Nahrung wird im Blut in achtzig bis fünfundachtzig Hundert-
teilen Wasser getragen. Die Natur hat die wertvollsten gesundheit-
förderlichen Nahrungsmittel, die saftreichen Früchte und Gemüse,
mit 75 bis 95 Hundertteilen Wasser versehen. Alle trockenen Nah-
rungsmittel müssen im Vorgang der Verdauung gut und gleichmäßig
verwässert sein, ehe sie im Darm verwertet werden können. Auf
Grund dieses Hinweises wird der Leser erkennen, warum die
Tabellen umgerechnet wurden, trotzdem es keine natürliche Nahrung
gibt, in deren Saft nicht Wasser enthalten ist. Die Reihe der Mineral-
stoffe zeigt, welche Nahrungsmittel reicher an Entgiftern und auf-
bauenden Grundstoffen sind. Schließlich offenbart uns die Tabelle die
Tatsache, daß die wasserreichsten Nahrungsmittel nach Abzug des
Wassers gewöhnlich reicher an den lebensnotwendigen nährenden
Grundstoffen sind, als die mehr trockenen und konzentrierten.
24 Sommer, Ernährung
369
Trockenanalyse des Gehaltes der Nahrungsmittel
in Hundertteilen nach Abrechnung des Wassergehaltes
Zucker
öle
Proteine
Mineral-
stoffe
Stärke
Fettstoffe
Eiweiß
Aschen
Spinat
42,0
4,5
28,0
25,5
Sellerie (Kraut)
59,0
2,3
20,5
18,2
Mangold
56,0
5,9
20,5
17,6
Lattich
54,0
5,0
23,5
17,5
Löwenzahn
62,5
4,8
19,6
13,1
Kohl
64,0
3,6
20,2
12,2
Wegerich
71,8
2,2
14,3
11,7
Sauerampfer
52,4
6,1
31,0
10,5
Grüner Spargel
60,0
3,5
27,0
9,5
Möhren
73,8
1,5
17,7
7,0
Sellerie (Wurzeln)
80,2
2,8
10,0
7,0
Radieschen
69,0
1,5
17,5
12,0
Rote Beete
77,0
1,0
13,0
9,0
Kohlrabi
56,7
1,5
33,7
8,1
Zwiebeln
77,9
3,4
13,0
5,7
Gurken
61,5
13,0
15,2
10,3
Tomaten
68,4
7,0
15,8
8,8
Junge Bohnen
69,0
3,0
21,0
7,0
Junge Erbsen
66,5
2,0
27,5
4,0
Zuckererbsen
69,2
1,6
23,3
5,9
Kartoffeln
83,9
0,5
11,0
4,6
Erdbeeren
75,8
6,5
11,2
6,5
Frische Pflaumen
91,2
0,6
4,4
3,8
Kirschen
91,5
0,6
4,5
3,4
Äpfel
91,2
3,1
2,4
3,3
Birnen
91,5
2,3
3,6
2,6
Apfelsinen
87,9
1,5
6,4
4,2
Rosinen
89,0
4,0
3,0
4,0
Datteln
92,1
3,3
2,5
2,1
Bananen
88,5
2,5
5,3
3,7
Haselnüsse
13,5
68,0
16,0
2,5
Walnüsse
66,2
18,8
13,0
2,0
Paranüsse
7,0
70,0
19,0
4,0
Erdnüsse
27,7
42,6
27,7
2,0
Hafer
76,0
6,8
15,0
3,2
Weizen
81,2
2,3
14,5
2,0
370
III.
Speisenzubereitung
Der Abschnitt „Speisenzubereitung“ wurde dem Buch Dr. Drews,
Chicago, t „Unfired Food and Trophotherapy“ entnommen bzw. nach
den Vorlagen dieses Buches ausgearbeitet und den deutschen Ver-
hältnissen angepaßt. Die einzelnen Anweisungen haben sich in vielen
Haushalten seit der ersten Herausgabe dieser Schriften immer wieder
bewährt. Sie haben schon vielen Familien den Weg zu einer gesunden,
abwechselungsreichen Kostform gezeigt. Diese hat sich erfahrungs-
gemäß bei wenigstens teilweiser Eigenerzeugung der Gemüse und der
Früchte als eine sehr billige Ernährung erwiesen bei gleichzeitiger
Überwindung von Krankheitszuständen aller Art. Sie erhält den
Menschen, der sie durchführt, in vollkommener Gesundheit und Lei-
stungsfähigkeit in körperlicher und geistig-seelischer Beziehung, wenn
nicht versucht wird, sie nur zusätzlich zur gewohnten Ernährung mit
heranzuziehen. Wer gleichzeitig landesüblich gekocht zubereitete
Speisen mit Milch, Eier, Brot, Käse usw. und Pflanzenfrischkost in
seinem Bauch zu verarbeiten sucht, wird nie erfahren, wie wohl-
tuend sich „die natürliche Ernährung“ im Körper auswirkt.
Um zu einer schmackhaften und nahrhaften Speisenzubereitung zu
gelangen, ist es am besten, die Kinder zu beobachten. Wir können
dann sehen, wie den Kleinen rohe Wurzeln, süße Steckrüben und
dergleichen, allein gegessen, stets gut munden, wie sie frische Früchte
jeder Art gern essen, besonders, wenn sie reif und süß sind, doch
werden mitunter auch noch nicht ganz reife vorgezogen. Nüsse und
alles Nußähnliche wird mit Vorliebe gegessen, wenn es zusammen
mit Früchten gekaut wird. Eine Verbindung von Früchten mit Ge-
müse jedoch wird im allgemeinen von Kindern ganz instinktiv abge-
lehnt. Getreide wird von den Kindern gern gegessen, wenn es ent-
weder noch weich in der Ähre sitzt oder durch Einweichen zum Kauen
gut vorbereitet ist: Selbstbereitete Getreideflocken in frischem Zu-
stande, d. h. ungeröstet, werden in Verbindung mit frischem Obst von
allen Kindern gern genommen. — Aus diesen kurzen Hinweisen kann
eine instinktiv richtige Zusammenstellung der Speisen und Gerichte
erfolgen. Man probiere einmal folgende einfachen Zusammen-
stellungen:
Kopflattich mit geriebener Kokosnuß;
Kernlose Rosinen und Walnußkeme oder Haselnußkerne oder
Mandeln;
Äpfelschnitten mit Walnußkernen;
371
ein oder zwei Erdnußkerne zusammen gekaut mit Radieschen
oder Rettich;
Selleriestückchen mit Erdnußkernen, mit süßen Mandeln gemischt;
Tomatenscheiben mit Nußkernen, bestrichen mit ein wenig Honig;
Haferflocken mit frisch gemahlener Mohnsaat und dazu Äpfel
oder anderes frisches Obst;
Kohlblätter irgendeiner Art mit gemahlenen Nußkernen, auch
Erdnußkernen, und geriebenen Sellerieknollen.
Dem Anfänger scheinen die angegebenen geringen Gewichtsmengen
von etwa 60 bis 150 Gramm als vollständiges Gericht etwas wenig zu
sein. Diese geringen Mengen sind zwar nicht genügend, um einem
Anfänger mit ausgeweitetem Magen und Gedärmen zur Sättigung zu
dienen. Der ganze Körper des Menschen und alle Gewebe sind ge-
wöhnlich derart ausgehungert, daß größere Mengen als angegeben
gebraucht werden, um die ersten Übergangserscheinungen leichter
und schneller zu überwinden und den Körper kräftig und leistungs-
fähig zu erhalten.
Beim Übergang zur Frisch- oder Rohkost esse man ruhig so gut und
reichlich, wie es notwendig erscheint, um ein wirkliches Sättigungs-
gefühl zu erhalten. Aus eigener Erfahrung weiß der Verfasser, daß in
den ersten 4 bis 6 Wochen oft Mengen von Nahrungsmitteln verzehrt
werden können, ohne daß sich Verdauungsstörungen oder Schwierig-
keiten im Verdauungskanal einstellen. Nach einigen Wochen wird
sich dann das Verlangen nach Nahrung verringern und ein natürliches
Nahrungsbedürfnis eintreten, besonders, wenn man gute Zähne hat
und seine Nahrung mit den Zähnen selbst zerkleinern und gründlich
kauen kann.
Im Anschluß daran sei gleich darauf hingewiesen, daß man sich bei
der Ernährungsumstellung nicht auf einzelne Nahrungsmittel zu be-
schränken braucht, sondern von vornherein die große Reichhaltigkeit
an Nahrungsmitteln, die uns die Natur in jeder Jahreszeit bietet,
auch voll und ganz ausnutzen kann; denn Abwechslung ist die Würze
der Speise auch in der Frischkost.
Gewichtsmengen
Alle Anweisungen in diesem Buch sind so zusammengestellt, daß
die richtigen Gewichtsmengen einen Teller voll der verschiedenen
Speisen ergeben, die zur Sättigung genügen, wenn sie in einer Mahl-
zeit, aus zwei oder drei Gängen bestehend, gereicht werden. Bei der
Zubereitung sind daher die Gewichtsmengen mit der Anzahl der
Essenden zu vervielfachen. Soll aber nur ein Gericht zu einer Mahl-
zeit gereicht werden oder nur durch ein wenig Kraftspeise oder Obst
ergänzt werden, so gebe man entsprechend mehr.
Gerätschaften zur Speisezubereitung
Der Pflanzenfrischköstler richtet seine Speisen in der Wohnküche
an und braucht dazu die folgenden Geräte und Apparate:
372
1. ein Hackbrett, etwa 30 X 50 Zentimeter groß,
2. ein Hackmesser aus rostfreiem Stahl mit einer etwa 20 Zentimeter
langen Klinge zum Zerschneiden und Hacken der Gemüse,
3. eine Reibe, anlauffrei verchromt oder aus rostfreiem Stahl, zum
Zerkleinern von Gemüsewurzeln wie Möhren, Radieschen, Ret-
tich, Sellerie, Petersilienwurzel, Pastinaken, Kohlrabi, Kartoffeln,
Gurken, Kürbis, harten Äpfeln, harten Birnen usw.,
4 . eine Drews-Sommer Nußmühle zum Zerquetschen oder Durch-
drehen von Nüssen, Erdnüssen, Mandeln, Pinienkernen, Mohn
u. a. sowie zum Durchdrehen und besseren Mischen der verschie-
denen Zutaten bei der Herstellung der Nußfruchtschnitten,
5. eine Mohnmühle, zum Mahlen von Mohn und feinen Gewürz- und
Gemüsesamen,
6. ein Wiegemesser aus rostfreiem Stahl, wenn das Gebiß als Kau-
werkzeug schon gelitten hat oder eine Prothese als Zahnersatz
dient,
7. Eine Apfelreibe aus Glas, besonders, wenn Kleinkinder großge-
zogen werden sollen,
8. eine Zitronenpresse aus Glas oder Porzellan,
9. eine Schale zum Waschen der Gemüse und Wurzeln,
10. eine etwa 30 Zentimeter große Mischschüssel zum Anmachen der
Gerichte,
11. eine Tisch- oder Handmühle mit Mahlscheiben zum Mahlen von
Leinsaat, um das benötigte Ganzkorngrobmehl und die gemahlene
Leinsaat stets frisch zu haben,
12. eine Fruchtpresse aus Holz, wenn man Fruchtsaft trinken oder
Gemüsesäfte herstellen will,
13. statt einer Fruchtpresse kann man mit Vorteil die jetzt im Handel
befindlichen Saftschleudern nach Art der Mixgeräte verwenden,
14. Eßbestecke und Tischgeschirr aus Holz oder rost- und anlauf-
freiem Stahl.
Einfache Gerichte
Das Hauptgewicht der Ernährung sollte besonders in der Über-
gangszeit auf den reichlichen Genuß von Blatt- und Wurzelgemüse
aller Art gelegt werden. Es ist doch so, daß bei der landesüblichen
Kochkost die erdigen Grundstoffe, die Mineralstoffe in der Nahrung,
d. h. das, was man seit Lahmanns Zeiten als Nährsalze bezeichnet, in
allen gekochten Gerichten entweder fehlt oder nur unvollkommen
enthalten ist. Der Körper und seine Organe haben deshalb Schwierig-
keiten und Mühe, den notwendigen Mineralstoffgehalt zum Aufbau
der Knochen, der Muskeln, der Haut und der inneren Organe zu er-
halten. Auch die Blut- und Nervenbildung leidet unter dem Mineral-
stoffmangel ganz gewaltig, doch der schwerste Mangel entsteht da-
durch, daß die Neutralisation der bei den Stoffwechselvorgängen und
bei der Verdauungsarbeit entstehenden Säuren wegen des Fehlens
der erdigen Grundstoffe und Erdmetallbasen in der landesüblichen
373
Ernährung nicht durchgeführt werden kann. Die nicht neutralisierten
Säuren verderben dann den Körper und die inneren Organe und
seine Säfte derartig, daß alle möglichen Schwierigkeiten in der Auf-
rechterhaltung der Körperfunktionen die Folge sind. Um diesem
Mangel an erdigen Grundstoffen und Erdmineralien abzuhelfen,
sollte das Hauptgewicht der Ernährung, wie schon oft erwähnt, auf
frisches grünes Blattgemüse und Wurzelgemüse aller Art gelegt
werden. Da aber viele Hausfrauen beim Übergang zur natürlichen Er-
nährung recht hilflos sind und nicht wissen, wie sie die frischen Ge-
müse in ungekochtem Zustande zubereiten müssen, damit schmack-
hafte und sättigende Gerichte entstehen, so sollen hier in aller Kürze
die verschiedenen Zubereitungsarbeiten erklärt und erläutert werden.
Vorbereitung des Blatt- und Wurzelgemüses
Zur Einführung in die natürliche Ernährung ist es notwendig, dem
Neuling einige Anweisungen über die Reinigung und Zubereitung
der Blatt- und Wurzelgemüse zu geben. Alle Wurzeln, welche keinen
wahrnehmbaren, anstößigen Beigeschmack in der Haut haben wie die
Sellerieknollen, die Retticharten, die Pastinaken, die Schwarzwurzel,
die Petersilienwurzel usw., brauchen nur mit einer Bürste gereinigt,
gewaschen und getrocknet zu werden, um für die Speisen Verwen-
dung zu finden. Möhren und Karotten werden, frisch gezogen, nur
gewaschen und gebürstet, solche aus dem Winterlager sind leicht zu
schaben. Junge Süßkartoffeln werden nur gebürstet und gewaschen,
alte geschabt. Die Kartoffel sollte dünn geschält oder geschabt wer-
den; denn direkt unter der Schale sitzt der Solaningehalt, welchen die
Geschmacks- und Geruchsnerven nicht vertragen und der bei Fein-
nervigen Kopfschmerzen erzeugt. Steckrüben und Kohlrabi, die eine
harte Holzfaserhaut haben, sollten geschält werden.
Die inneren, geschützten Blätter des Kohlkopfes braucht man nicht
zu waschen. Junge Lindenblätter sind immer rein, außer, sie werden
von sehr niedrigen Büschen gepflückt. Lattich- und Blattgemüse,
welche mit Sand und Erde verunreinigt sind, müssen mehrere Male
gewaschen werden, damit kein Sandkorn haften bleibt. Die zarten
Stengel des jungen Pflück- und Kopflattichs sollte man nicht fort-
werfen, aber wenn sich am Blattansatz Sand und Erde befindet, so
sollten sie auseinander gepflückt werden. Es gibt nichts Unangeneh-
meres in einem Gericht als ein hartes Sandkorn zwischen den Zähnen.
Blattgemüse, welche gehackt und mit Nüssen zusammen Verwen-
dung finden sollen, sollten frei von Waschwasser sein; denn dieses
gibt den Gerichten einen faden Geschmack nach Spülwasser. Die beste
Art, Blattgemüse zu trocknen, ist folgende: Man lege die nassen Blät-
ter Blatt für Blatt auf ein Handtuch, welches für diesen Zweck ge-
halten wird, rolle es von einem Ende zum anderen auf und wringe es
leicht, damit das Tuch das Wasser auf saugen kann.
Gurken brauchen nur gewaschen zu werden. Ist die Haut zu hart,
374
dann schäle man ganz dünn. Tomaten braucht man nicht zu ent-
häuten.
Diese Angaben genügen für allgemeine Zwecke, besondere Anwei-
sungen werden in den einzelnen Zubereitungsarten gegeben.
Ersatz für Gewürze
In diesen Anweisungen sind nur bekömmliche und nahrhafte Ge-
würzkräuter zum Würzen der Speisen angegeben. Die folgenden
Kräuter sind am bekanntesten und werden am meisten verwendet.
Grüne Sellerieblätter, Liebstöckel (Blätter und Blüten), Petersilie,
Dill, Schnittlauch, Zwiebelkraut, Porree, Kerbel, Minze, Zitronen-
melisse, Kölle (Bohnenkraut), ausdauerndes Pfefferkraut, Boretsch
oder Gurkenkraut, Thymian, Majoran, Estragon, Basilikum, Pimpi-
nelle, Fenchel, Anis, Rosmarin, Salbei u. a. Sollte es Vorkommen, daß
irgend eines derselben für die angegebenen Gerichte nicht zur Hand
oder der Jahreszeit wegen nicht zu beschaffen ist, so steht es dem
Kostbereiter frei, einen entsprechenden Ersatz zu wählen. Wenn der
Grundgedanke der natürlichen Ernährung einmal verstanden worden
ist, wird man manche Verbesserungen und Abwechselungen erzielen
können, welche dem Geschmack des einzelnen besser gefallen. Alle
im folgenden angegebenen Anweisungen sind nur als Muster aufzu-
fassen, nach denen der Neuling sich richten kann.
Speiseöle
Gutes, kalt gepreßtes Mohn- oder Olivenöl ist gut und schmack-
haft. Wenn dieses aber nicht zur Hand oder zu teuer sein sollte, so
kann es durch unraffiniertes Sonnenblumensamenöl, frisches Leinöl
aus ungerösteter Saat, Rüböl oder andere gute Pflanzensamenöle er-
setzt werden, wie z. B. durch das schmackhafte kaltgewonnene milde
Senfsamenöl. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß alle öle, welche bei
der Herstellung einer hohen Temperatur ausgesetzt werden, um sie
leichter aus der Saat herauspressen zu können, gesundheitlich minder-
wertig und schwer zu verdauen sind. Im Kaltpreßverfahren aus unge-
rösteter Saat hergestellte Speiseöle sind die einzig bekömmlichen. Der
Grund dafür ist im Abschnitt „Ernährungskrankheiten“ erläutert
worden.
Man lehne Auszugsöle, die durch chemische Lösungsmittel gewon-
nen wurden, unter allen Umständen ab.
Nußkerne aller Art, Mandeln, Erdnußkeme, Kokosnuß und andere
brauchen bei guten Gebißverhältnissen nur dann zerkleinert zu wer-
den, wenn der einzelne Nußkern, wie die Paranuß, zu groß ist. Sind
die Zähne nicht gut oder will man eine bessere Vermischung der
Nüsse mit den anderen Zutaten der Gerichte erzielen, dann vermahle
man die Nußkeme auf der Nußmühle System Drews-Sommer. Weiche
Nüsse wie z. B. Walnußkerne oder Pekannußkeme auch Paranüsse
schneidet oder hackt man auf dem Hackbrett in kleine Stücken oder
375
reibt sie auf einer rostfreien Reibe. Beim Mahlen auf der Nußmühle
quetscht man sonst zuviel öl heraus.
Einfache Gemüsegerichte
Lattich und Nüsse.
125 g gewaschene Lattichblätter oder Köpfchen werden mit
30 g Haselnußkernen, Erdnußkernen oder anderen Nußkernen auf-
getragen. Mische die Säfte des Lattichs mit denen der Nüsse
beim Kauen gut im Speichel. Auch frisch geriebene Kokosnuß
oder Kokosraspel schmeckt gut mit Lattichblättern. Statt des
Lattichs kann auch Spinat genommen werden.
Blattgemüse und Nüsse.
150 g krause Kresseblätter, gewaschen und in einem Tuch getrocknet,
junge Löwenzahnblätter, Endivien, frischer zarter Kohl, Ober-
kohlrabi, geschält, oder zarte Blumenkohlköpfe werden zu-
sammen mit
30 g Erdnüssen oder Pinienkernen, Walnüssen oder Paranüssen auf-
getragen. Kaue eine oder mehrere Nüsse mit jedem Bissen Ge-
müse und überrasche dich selbst durch die wunderbare Ge-
schmacksverbindung der Säfte während des Kauens.
Einfaches Blumengericht.
60 g Löwenzahnblumen, gemischt mit Gänseblümchen, Stockrosen-
blumen, Kapuzinerkresseblumen oder anderen eßbaren Blumen
trage mit
30 g gemischten Nußkernen auf.
Radieschen und Nüsse.
100 g Radieschen auf Lattichblättem bedecke mit
50 g gemahlenen Erdnußkernen.
Wenn der Nußsaft sich mit dem Saft des Radieschens oder Ret-
tichs im Mundspeichel verbindet, wird auch der schärfste Rettich
nicht mehr beißen, sondern angenehm munden.
Wurzeln und Nüsse.
100 bis 150 g Möhren, Pastinaken oder Steckrüben, gewürzt durch ein
paar Kartoffelscheiben, aufgetragen mit
30 g Erdnußkernen oder anderen Nußkernen, ergeben ein schmack-
haftes Gericht, wenn sich die Säfte der Wurzeln und Nüsse im
Speichel verbinden.
Derartige Speisen aus Wurzelgemüsen werden den ganzen Ver-
dauungskanal stärken und auffrischen und alle Magengärung
und Darmfäule herausfegen, wenn alle gekochten und gebacke-
nen stärkehaltigen Nahrungsmittel vermieden werden. Die un-
gekochten Wurzeln können nicht gären, sondern die Gärungs-
säuren im Magen-Darmkanal werden durch den Gehalt der
Nußkerne und der Wurzelgemüse neutralisiert und dabei ver-
braucht. Durch solche Gerichte wird ein versäuerter Magen
„süß“.
376
Zwiebeln und Nüsse.
50 g junge, grüne Zwiebeln mit gutem Kraut trage zusammen mit
30 g Erdnußkernen, gemischt mit Pinienkernen oder anderen Nuß-
kernen auf. Das Zusammenkauen der Nüsse mit den Zwiebeln
erzeugt eine angenehme Geschmacksverbindung und ein an-
stößiger Mundgeruch wird nicht entstehen.
Junge Erbsen und Nüsse.
50 g junge Erbsen mische man mit
30 g gehackten Walnüssen oder anderen Nußkernen, nur nicht mit
der Erdnuß.
Gemischte Gerichte für Frühjahr und Sommer
Spargelgemüse.
30 g grüne Spargelspitzen, geschnibbelt,
30 g Spinatblätter oder Rapunzel, zerschnitten oder kreuzweis ge-
hackt,
30 g Erdnußkerne oder Pinienkerne, gemahlen, oder Walnüsse oder
andere Nüsse, zerkleinert, mische alles zusammen und rühre
15 g öl hinein. Wer süße Speisen liebt, kann 15 g Honig hinzugeben.
Statt der angegebenen Zutaten kann man anderes, was gerade
an wild wachsenden oder Gartengemüsen vorhanden ist, genau
so gut verwenden. Noch schmackhafter wird das Gericht durch
Zugabe von Äpfeln, grob gerieben oder gestückelt.
Gemüsebrei mit Nußkernen in Rhabarbersaft.
50 g wildwachsendes Blattgemüse, eigener Wahl, gemischt mit Spi-
nat oder Rapunzel, fein geschnitten, Brennesselspitzen nicht ver-
gessen,
30 g Erdnußkeme oder andere Nußkerne, auf der Nußmühle ge-
mahlen,
50 bis 100 g Rhabarbersaft. Mische alles und rühre zu Brei. Trage
mit einigen Spinatblättern geschmückt auf und iß mit anlauf-
freiem Löffel. Wenn es verändert werden soll, können
15 g Honig oder öl hinzugetan werden.
Rhabarbersaft.
Um Rhabarbersaft herzustellen, schneide man die Rhabarberstengel
in etwa 10 cm lange Stücke, reibe diese auf rostfreier Reibe bis etwa
zur Hälfte, drehe das Stück um und reibe den Rest. Hat man genug
gerieben, so gebe man alles mit den Fasern in einen Saftbeutel aus
grobem Filtrierleinen und drücke den Saft mit der Hand aus. Metal-
lene Saftpressen sind zur Herstellung von Rhabarbersaft ungeeignet,
da die Säure das Metall angreifen würde.
Grünes Spargelgericht.
50 g zarte grüne Spargelspitzen, fein geschnitten,
25 g Schnittlauch oder Zwiebelkraut und Gartensauerampfer, fein
gehackt,
30 g Erdnußkeme oder Pinienkeme, gemahlen, oder Walnüsse, Man-
377
dein oder andere Nußkerne, gemahlen oder zerrieben, mische
und rühre
15 g öl hinein; wenn gewünscht, süße mit etwas Honig. Anstelle von
Sauerampfer kann auch Rhabarbersaft genommen werden.
Löwenzahngericht.
90 g Löwenzahnblätter (und Herzen), fein geschnitten und kreuz-
weis gehackt, mische mit
50 g Kokosnuß, gerieben, oder 30 g Erdnußkernen oder Pinien-
kernen, gemahlen, oder anderen zerkleinerten Nußkemen.
Wenn Baumnüsse verwendet werden, so lasse dich durch den
Wohlgeschmack von
15 g öl und einen Apfel als Beigabe überraschen.
Gemischtes Löwenzahngericht.
50 g Spinat aus überwinterten Pflanzen, geschnitten und kreuz-
weise gehackt, oder Rapunzel geschnitten,
50 g Löwenzahnblätter, wie vorher,
30 g Gartensauerampfer, gehackt,
30 g Radieschen, gewürfelt, und
50 g Nußkerne nach Wahl, gehackt oder gemahlen.
Tue alles zusammen und mische ein wenig Honig oder öl hin-
ein. Schmücke mit Löwenzahnblumen und trage auf.
Kraftnährgericht.
Mische mehrere oder so viele, wie von den folgenden Kräutern
zu erhalten sind:
Sauerampferblätter,
Löwenzahnblätter und -blüten,
saurer Knöterich,
junge Geißblattschüsse,
junge Lindenblätter,
Hirtentäschelkrautblätter,
Kresse, Blumen und Blätter,
Brunnenkresse,
Schafgarbe, Blätter und Blüten,
Brennesselblätter und -spitzen,
Oxalis oder Sauerklee,
Pimpinelle,
Stiefmütterchen, Blätter
Blüten,
Blätter vom Senfkraut,
Wegerich,
Spinat,
Petersilie,
Sellerieblätter,
eßbare Kräuterwurzeln,
und
Rapunzel.
Mische davon der zu erzielenden Würzigkeit entsprechend
100 bis 150 g nach Auswahl, gehackt, mit
30 bis 50 g Nußkernen, gemahlen, oder Kokosnuß, gerieben, oder
100 g irgendeiner der später angewiesenen Nußkremtunken.
Gemischtes Gemüse.
100 g Blattgemüse nach Wahl, geschnitten und kreuzweis gehackt,
30 g Schnittlauch oder Zwiebelkraut, fein gehackt,
15 g krause Gartenkresse, fein geschnitten,
50 g Nußkeme, gemahlen. Mische gut und rühre die Nüsse in das
Gemüse, dann gieße darüber
75 g Rhabarbersaft und trage auf, oder quetsche und rühre das Ge-
378
misch, bis es breiig wird. Statt des Rhabarbersaftes kann auch
frischer Apfelsaft oder der Saft einer Zitrone genommen werden,
Radieschen- oder Rettichpudding.
100 g Radieschen oder Rettich, gerieben,
25 g Gewürzkräuter, fein gehackt,
V 2 Teelöffel Kümmelsamen, gemahlen,
30 bis 50 g Pinienkerne gemischt mit Erdnußkernen, gemahlen,
Mische und rühre zusammen bis breiig.
Honigvorspeise.
100 g Lattichblätter, fein geschnitten,
20 g Honig, in etwas Wasser gelöst. Mische gut und trage auf.
Lindenblattgericht.
30 g junge Lindenblätter, fein geschnitten und gehackt, und
20 g Erdnußkerne oder andere Nußkerne, gemahlen. Dieses Gericht,
am Schluß der Mahlzeit gereicht, wirkt sehr sättigend.
Scharfes Blattgemüse.
100 g Lattichblätter, fein geschnitten,
60 g Blätter vom Senfkraut, gehackt,
30 g Zwiebelkraut, gehackt,
75 g Rhabarbersaft oder 100 g Apfelsaft oder feingeriebene Äpfel,
30 g Honig und
30 g öl. Mische alles zusammen und trage mit anlauffreiem Löffel
auf. Gehackte oder gemahlene Nußkerne dazu gegessen, wer-
den die Schärfe des Gerichtes mildern.
Schafgarbe oder Wildgemüse in Nußkrem.
30 g junge Schafgarbenblätter, so fein wie möglich geschnitten,
30 g Erdnußkerne, gemahlen,
60 g Wildgemüse, fein gehackt. Schlage alles zu Brei und mische
15 g öl hinein. Wenn gewünscht, süße mit ein wenig Honig.
Schafgarbe oder Wildgemüse mit Nüssen.
50 g junge Schafgarbenblätter, fein geschnitten,
30 g Erdnußkerne, gemahlen. Mische und trage auf Lattichblättern
auf. Dieses Gericht erweist den Wert der Erdnuß in Verbindung
mit herben oder scharfen Kräutern. Zu diesen Gerichten kann
man auch andere wildwachsende Kräuter wie z. B. Senfkraut-
blätter, Spitzwegerich, Scharbockskraut u. a. nehmen und da-
durch entsprechende Heilwirkung erzielen.
„Vogelnest“.
110 g Lattich- oder Endivienblätter oder Kohl, gehackt, und
50 g wildwachsende Kräüter und Gewürzkräuter, fein gehackt,
mische mit
50 g Kokosnuß, gerieben, oder Erdnußkerne, Mandeln oder Pinien-
kerne, gemahlen. Forme aus diesem Gemisch ein Vogelnest in
einer Schale und fülle es mit Radieschen oder kleinen Karotten.
Rettich- und Bohnengemüse.
50 g Rettich oder Kohlrabi oder Möhren, zerstückelt,
50 g junge grüne Bohnen oder Wachsbohnen, geschnibbelt, und
379
50 g Erdnußkerne oder Pinienkerne oder Mandeln, gemahlen, oder
Kokosnuß, gerieben. Mische und trage auf.
Junge Erbsen in Nußkrem.
100 g Erbsen, ganz. Dazu gib
30 g Gewürzkräuter, fein gehackt,
60 g Nußkerne, gemahlen (mit Ausnahme der Erdnuß), und
50 g Rhabarbersaft oder
75 g Apfelsaft. Rühre die Kräuter und Nußkerne mit dem Saft zu
Brei und trage mit anlauffreiem Löffel auf.
Wenn die verschiedenen Nußkerne oder Nüsse aus dem einen oder
anderen Grunde nicht zu beschaffen sind, so kann man Nüsse wie folgt
ersetzen: Weizen oder anderes Getreide wird über Nacht nach gutem
Waschen in Wasser geweicht. Am Morgen wird das weiche Korn auf
einem Handtuch leicht getrocknet und mit der Drews-Sommermühle
zu einem flockenartigen Mehl vermahlen. Derart vorbereitetes Ge-
treide ist leicht verdaulich. Es wird kräftiger, wenn man es mit frisch-
gemahlenem Mohn oder Leinsaatmehl mischt. Doch mische man die
Getreidezubereitung nicht in das Gemüse, sondern esse sie nebenher.
Gemüsegerichte für den Sommer und Herbst
Es ist selbstverständlich, daß alle Gerichte, welche für das Frühjahr
gelten, auch den ganzen Sommer hindurch zubereitet werden können,
soweit die Zutaten erhältlich, zart und frisch sind. Die folgenden
Sommer- und Herbstgerichte sind aus einer großen Zahl herausge-
wählt unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Verhältnisse.
Sie können nach Geschmack und erhältlichen Zutaten nach Belieben
geändert werden.
Gemischte Gemüse.
50 g Lattichblätter oder Endivien gemischt mit Kresse- oder Zicho-
rienblättern oder Brennesselspitzen,
50 g Gurken oder Sommerkürbis, fein in Scheiben geschnitten oder
gewürfelt,
50 g Tomaten gestückelt,
20 g Petersilie, Selleriekraut oder andere Gewürzkräuter wie Basili-
kum, Majoran, Estragon, Zitronenmelisse, gewiegt,
50 g Erdnußkerne oder Nußkerne, gemahlen oder gehackt,
15 g öl. Mische gut und trage auf.
Grünes Gemüse mit frischen Bananen.
50 g Lattichblätter und Endivien, Spinat, Löwenzahn oder Zichorien,
fein geschnitten und kreuzweis gehackt, mische mit
30 g Erdnußkernen oder anderen Nüssen, gemahlen oder zerkleinert,
60 g Bananen, zerquetscht und zu Brei geschlagen. Schmücke mit
30 g Bananenscheiben oder Tomatenstückchen und trage auf.
Rettichgericht.
50 g Rettich oder Radieschen, zerstückelt oder gewürfelt,
25 g Kohl und Sauerampfer, gehackt, und
380
30 g Erdnußkeme, gemahlen. Mische und trage auf Lattich- oder
Kohlblättern garniert auf.
Einfaches Bohnengericht.
100 g süße Wachsbohnen oder zarte grüne Bohnen, geschnibbelt,
mische mit
20 g Zwiebel- und Gewürzkräuter, gehackt,
30 g Erdnußkerne, gemahlen, oder Walnüsse, gehackt, und gebe
15 g öl hinein. Wenn Honig hinzugegeben wird, darf das Gericht
nicht lange stehen.
Mangold-Gericht.
75 g Mangoldstengel, fein geschnitten,
25 g Gewürzkräuter und Zwiebeln, gewiegt,
30 g Erdnußkerne, gehackt oder grob gemahlen. Mische gut und
trage mit
15 g öl auf. Zur Abwechslung bringe das Gericht das nächste Mal
mit etwas Honig gesüßt oder mit Tomaten versehen.
Gericht aus jungen Erbsen Nr. 1.
100 g ganze, junge Erbsen oder junge große Bohnen, gehackt,
30 g Baumnüsse nach Wahl, fein gehackt,
20 g Zwiebeln und Gewürzkräuter, gewiegt,
75 g Apfelsaft. Mische und rühre zu Brei, dann füge
15 g öl und etwas Honig hinzu, mische wieder und trage auf.
Gericht aus jungen Erbsen Nr. 2.
100 g junge Erbsen,
40 g Sauerampferblätter und Gewürzkräuter, gehackt, und
30 g Honig. Mische alles und füge
15 g öl hinzu, mische wieder und trage auf.
Bestrichene Gemüsescheiben.
100 bis 150 g Oberkohlrabi oder Möhren, Steckrüben, Pastinaken,
Kürbis, Zierkürbis, Süßkartoffeln oder Kartoffel, schneide in
Scheiben und bestreiche sie mit Nußbutter oder Nußbelag, wie
solche später angewiesen werden, Preiseibeer- oder Gewürz-
kräuterbutter schmeckt gut zu allen Gemüsescheiben.
Geriebenes Möhrengericht.
100 g Möhren, gerieben,
65 g Kokosnuß, gerieben, oder Walnußkerne, gehackt, gut gemischt,
ergibt ein mundendes und bekömmliches Gericht.
Wildkräutergemüse.
100 bis 150 g Wald- und Feldkräuter, gehackt, mische ihrer Würzig-
keit entsprechend mit
30 bis 50 g Nußkemen, gehackt oder gemahlen, mache mit öl oder
Honig an und füge Tomatenscheiben hinzu.
Gericht aus Kapuzinerkresseblumen.
15 g Kresseblumen, fein gehackt,
15 g Kresseblätter, fein gehackt, und
30 g Pinienkeme oder Erdnußkeme, gemahlen, oder Kokosraspel.
381
50 g Tomaten darüber.
Mische leicht und schneide.
Tomatengericht.
100 g Tomaten, zerstückelt,
100 g Radieschen oder Rettich, Oberkohlrabi, Möhren oder anderes
Wurzel- oder Knollengemüse, grob gerieben,
50 g Petersilie und Gewürzkräuter, gewiegt, und
50 g Erdnußkerne, gemahlen. Mische leicht und trage auf.
Tomaten- und Gurkengericht.
100 g Gurkenscheiben,
100 g Tomaten, gescheibt, und
30 g Zwiebeln mische mit
50 g Nußkernen oder Mandeln, gemahlen. Gib eine Lage der ge-
mahlenen Nußkeme zwischen die aufeinanderzulegenden Schei-
ben der Tomaten und Gurken. Verteile die Scheiben auf Lat-
tich- oder Endivienblätter und schmücke mit Petersilienkraut.
Gefüllte Tomaten.
180 bis 240 g Tomaten schneide in Hälften und nimm das Mittelfleisch
heraus. Dann nimm die Zwischenwände und den Saft mit
Kernen und mische diese mit
30 g Erdnußkernen oder Pinienkernen, gemahlen, und
15 g Sellerie- oder Petersilienkraut, Zwiebeln oder anderen Ge-
würzkräutern, fein gehackt. Fülle damit die beiden Hälften,
bedecke mit dem umgedrehten Mittelfleisch und trage auf.
Sauerkohlgericht Nr. 1.
100 g frische, zarte Kohlblätter, gehackt,
V 2 Teelöffel Kümmelsamen,
65 g Rhabarbersaft und
20 g Honig. Mische den Rhabarbersaft gut in das Gericht und trage
mit anlauffreiem Löffel auf.
Sauerkohlgericht Nr. 2.
100 g frischen Kohl, geschnitten,
30 g Zwiebel, geschnitten, hacke zusammen, füge
75 g Kokosraspel oder frischgeriebene Kokosnuß,
1 Teelöffel Kümmelsamen und
100 g Apfelsaft oder fein geriebener Äpfel hinzu. Mische alles gut
und lasse mindestens 15 Minuten ziehen.
Dann mische wieder und, wenn gewünscht, süße mit Honig.
Kartoffelkremgericht.
60 g Kartoffeln, dünn geschält, geschnitten und gehackt,
40 g Erdnußkerne oder solche gemischt mit Mandeln, Pinienkernen
oder anderen Nüssen, gemahlen,
10 g Gewürzkräuter, fein gehackt, und 30 g Zwiebeln, geschnitten,
und
60 g Rhabarbersaft oder sauren Apfelsaft, auch Zitronensaft kann
genommen werden. Mische und rühre, bis die Nüsse breiig
werden.
382
15 g öl können nach Geschmack hinzugefügt werden.
Dieses Gericht hilft bei Magenbeschwerden.
Gemischtes Gemüse.
50 g junge Bohnen oder Erbsen,
50 g junge Kartoffeln, dünn geschält und gestückelt,
50 g Möhren oder junge Rübchen, gewürfelt,
50 g Zwiebeln und Selleriekraut oder andere Gewürzkräuter. Hacke
alles und mische mit
50 g Erdnußkernen, gemahlen, gemischt mit Mandeln oder anderen
Nußkemen. Das Gericht wird kräftiger mit
15 g Olivenöl.
Erbsen und Tomaten.
50 g frische, junge Erbsen und
50 g süße Nußkerne werden gehackt,
30 g Petersilie, Gewürzkräuter und Zwiebeln, gewiegt, und
125 g Tomaten, zerstückelt, hinzugetan. Mische leicht und trage auf.
Zur Abwechslung kann das nächste Mal
20 g öl hinzugetan werden oder man kann mit Honig süßen.
Blumenkohlgericht.
50 g Blumenkohl, geschnitten,
50 g Möhren, gerieben,
25 g Selleriekraut oder Petersilie, Kresse oder Kapuzinerkresseblät-
ter, breitblättriger Sauerampfer und Zwiebeln, fein gehackt, und
50 g Erdnußkerne, gemahleln, oder gemischte Nußkerne, zerkleinert.
Mische und gebe
15 g öl hinein und süße, wenn notwendig, mit Honig. Man kann das
Gericht mit Blumenkohlstückchen, Tomatenscheiben und Peter-
silienkraut schmücken.
Blutreinigungsspeise.
50 g junge süße Zuckerrüben oder Rote Beete,
50 g zarter Kohl oder geschälter Kohlrabi und
50 g junge Möhren und etwas Sellerie- oder Rapontikawurzel wer-
den gerieben und gemischt mit
30 g Zwiebeln,
100 g Rhabarbersaft oder Apfelsaft oder 150 g geriebene Äpfel,
60 g Erdnußkeme, gemischt mit Pinienkernen, gemahlen, oder an-
deren Nußkernen oder Mandeln, gemahlen. Zum Schluß füge
nach Geschmack Honig oder öl hinzu.
Tomatenspeise.
100 g Tomaten, zerstückelt,
25 g Möhren, gerieben,
25 g Nußkerne, gemahlen, oder Walnußkerne, gehackt,
25 g Zwiebeln mit etwas Petersilie, fein gehackt, und
50 g junge Erbsen. Mische alles gut.
Endiviengemüse.
50 g Endivien, gemischt mit breitblättrigem Löwenzahn, gehackt,
383
25 g Sellerieblätter, breitblättriger Sauerampfer, Petersilie, Brun-
nen- oder Wasserkresse, fein geschnitten, und reichlich Zwiebeln,
30 g Erdnußkerne oder Mandeln, gemahlen. Mische leicht und
schmücke mit Kresseblumen. Dieses Gemüse wird mit
15 g öl gehaltvoller.
Endivien mit Kohl und Gurken.
50 g Endivien, gehackt,
50 g Kohl, grob geraspelt,
50 g Tomaten und
50 g Erdnußkerne oder Mandeln, gemahlen. Mische und schneide
darüber
100 g Gurken und füge etwas öl hinzu.
Mische wieder und trage auf.
Bohnen und Kürbis.
50 g junge Bohnen, gehackt,
50 g Melonenkürbis oder anderer Kürbis, gehackt oder gewürfelt,
25 g Zwiebeln mit Petersilie und Gewürzkräutern, fein gehackt, und
50 g Haselnußkerne oder andere Nußkerne nach Wahl, gemahlen.
Mische mit ein wenig öl.
Zwiebelgemüse.
50 g Zwiebeln, fein geschnitten,
60 g reife Tomaten, zerstückeltl,
50 g Sauerampfer, gehackt, und
50 g Erdnußkerne, Pinienkerne oder Mandeln, gemahlen. Mische und
rühre breiig, dann füge
15 g öl hinzu. Dieses Gericht wirkt ähnlich wie Rettichgemüse, er-
frischend und anregend auf den Magen.
Nußkremgemüse.
40 g junge Kartoffeln, geschält und gescheibt,
60 g Kohl, geschnitten, und
25 g Zwiebeln, geschnitten. Tue alles zusammen auf das Hackbrett
und hacke fein, dann füge
50 g Erdnußkerne, Pinienkeme oder andere Nüsse, gemahlen,
1 Teelöffel Kümmelsamen und
100 g Tomaten hinzu. Mische oder rühre zu Brei. Irgend zwei oder
drei verschiedenartige Gemüsesorten können zur Herstellung
dieses Puddings gebraucht werden. Man beachte: Rohe Kar-
toffeln heilen Magenstörungen.
Wurzelgemüse.
50 g Möhren oder Pastinaken und Petersilienwurzeln, gerieben,
30 g Erdnußkerne, gemahlen,
50 g Endivien. Statt der Endivien können Schwarzwurzelblätter mit
Petersilienkraut oder Löwenzahn mit Kresse, fein gehackt, ge-
nommen werden. Mische alles und träufle
25 g öl darüber, mische wieder, schmücke und trage auf.
Erlösendes Gemüse Nr. 1 bei Magenbescb werden.
100 g Kartoffeln, grob gerieben,
384
50 g breitblättriger Sauerampfer, gehackt,
50 g Erdnußkerne, gemahlen. Mische die Kartoffeln gut mit den
Nüssen.
Erlösendes Gemüse Nr. 2.
100 g Kartoffeln, grob gerieben,
50 g Sellerie- oder Petersilien- oder Kohlblätter, fein gehackt, mit
Zwiebeln, etwas Tomaten, geschnitten, und Möhren, gerieben,
75 g Mandeln, Hasel- oder Erdnußkerne, gemahlen. Rühre die Nüsse
gut in die Kartoffeln.
Diese beiden Gerichte ohne öl werden Magenbeschwerden und
Verdauungsstörungen beseitigen und alle Magen- und Darm-
leiden dauernd heilen, wenn gekochte oder gebackene Getreide-
zubereitungen nicht mehr gegessen werden.
Gemüsegerichte für den Winter
Wenn das grüne Gemüse knapper wird und die Gemüsefrüchte des
Sommers nicht mehr so reichlich zu haben sind, dann muß das Wurzel-
gemüse und das winterharte Kohlgemüse das ersetzen, was nicht mehr
zu haben ist. Weißkohl, Wirsingkohl, grüner Blätterkohl und vor
allem der süße Rosenkohl und Endivien und Spinat, solange noch zu
haben, sind schmackhafte Zutaten zu allen Gemüsegerichten im Win-
ter und der winterharte Porree muß das Zwiebelkraut des Sommers
ersetzen.
Muster zu einem Gemüsegericht im Winter.
50 g Möhren oder Pastinaken, Steckrüben, rote Beete oder anderes,
gerieben,
75 g Weißkohl oder anderer Kopfkohl, Blätterkohl oder Rosenkohl-
köpfchen, gehackt oder fein zerkleinert,
25 g Sellerie oder Petersilienkraut und Zwiebeln oder Porree, fein
gehackt, oder Sellerie- oder Petersilienwurzel, gerieben,
50 g Erdnußkerne, Mandeln oder Nußkeme nach Wahl, gemahlen,
oder Kokosnuß, gerieben, werden mit einem Eßlöffel öl ge-
mischt und
10 g Kümmelsamen hinzugegeben. Kümmelsamen schmeckt gut zu
allen Gerichten mit Kohl irgend einer Art als Zutat.
Pastinakengericht.
75 g Pastinaken und 25 g Möhren, gerieben,
50 g Weißkohl oder anderer Kohl nach Wahl, geschnitten,
15 g Zwiebeln, fein gehackt, oder Selleriewurzel, gerieben,
50 g Erdnußkeme oder Nußkerne nach Wahl, gemahlen, oder zer-
kleinerte Walnußkerne,
15 g öl und etwas Kümmel. Mische alles gut und trage auf.
Kürbisgericht.
25 g Möhren, gerieben, oder rote Beete, gerieben,
50 g harter Kürbis, gerieben, und etwas geriebene rohe Kartoffel,
15 g Rettich oder Meerrettich, gerieben,
25 Sommer, Ernährung
385
25 g Zwiebel oder Porree, fein geschnitten,
50 g Stengelsellerie, fein geschnitten, oder Selleriewurzel, gerieben,
50 g Erdnußkeme, gemischt mit Haselkernen, Mandeln oder Pinien-
kernen, gemahlen. Mache mit öl an und mische gut. Gib Wal-
nußkeme als Zuspeise.
Kartoffelgemüse.
50 g geschälte Kartoffeln, grob gerieben,
50 g Möhren, gerieben,
50 g Weißkohl, fein geschnitten, 1 Teelöffel Kümmelsamen,
50 g Erdnußkerne oder Nußkeme nach Wahl, gemahlen,
Mische mit öl und Honig nach Geschmack. Ein solches Gericht,
aber ohne öl oder Honig, hilft Magenbeschwerden zu über-
winden.
Rotkohl und Äpfel.
100 g Rotkohl, fein geschnitten,
50 g säuerliche Äpfel, grob gerieben,
15 g Zwiebeln, fein geschnitten,
25 g Nußkerne nach Wahl. Honig und öl nach Geschmack.
Mische alles gut und trage auf.
Gemüsepudding.
50 g Möhren oder anderes Wurzelgemüse, gerieben,
10 g Sellerieknollen, gerieben,
10 g Meerrettich oder 25 g Winter rettich, gerieben,
30 g Erdnußkeme oder andere Nußkeme nach Wahl, gemahlen,
15 g öl. Mische und gib etwas Honig nach Geschmack hinzu.
Dann rühre kräftig durcheinander, bis alles breiweich ist.
Hülsenfruchtgerichte
Reife grüne; Erbsen und Linsen können im Winter gut verwendet
werden, wenn die jungen frischen Hülsenfrüchte nicht mehr zu haben
sind. Die folgenden Anweisungen dienen als Vorlagen für die Ver-
wendung. Reife Busch- oder Stangenbohnen dürfen
unter keinen Umständen für die folgenden Ge-
richte zur Verwendung kommen.
Erbsen und Kohl.
50 g reife grüne Erbsen, in Wasser weichen, auf einem Tuch trocknen
und mit der Nußmühle mahlen,
75 g Weißkohl oder anderen Kohl nach Wahl, fein geschnitten,
25 g Zwiebeln und Gewürzkraut, wenn vorhanden, fein geschnitten,
30 g Nußkerne nach Wahl, grob gemahlen, mische mit öl und Honig
nach Geschmack.
Linsen.
Diese werden nach dem gleichen Schema hergerichtet.
Saure Hülsenfrüchte.
100 g grüne Erbsen oder Linsen werden in 50 bis
100 g Zitronensaft geweicht. Vor der weiteren Zubereitung werden
386
die geweichten Linsen oder Erbsen abgetrocknet und wie folgt
verwendet.
Saure Linsen-Uberraschung.
50 g saure Linsen trage mit
25 g Honig angemacht auf. Das Gericht ist sehr anregend und er-
frischend.
Saure Hülsenfrüchte und Nüsse.
50 g saure Linsen oder grüne Erbsen oder Markerbsen, in gleicher
Weise gesäuert,
50 g Walnüsse, gehackt, oder andere Nußkeme, gemahlen,
25 g Honig. Mische gut und trage auf.
Saure Hülsenfrüchte mit Trockenobst.
50 g saure Linsen oder Erbsen, ■
30 g Nußkerne nach Wahl, gemahlen,
50 g Rosinen oder Datteln, Feigen oder anderes Trockenobst, ge-
schnitten. Mische gut miteinander und trage auf.
Man beachte noch einmal: Reife Busch- oder Stangenbohnen können
in der Pflanzenfrischkost keine Verwendung finden. Sie erzeugen, roh
gegessen, schwere Magen- und Darmbeschwerden. Man kann sie nur
gekocht und abgebrüht verwenden.
Früchte und Fruchtgerichte
Die Früchte sind von der Natur für den Menschen bestimmte Nah-
rung, die man nicht erst zuzubereiten braucht. In der Sonne gereift,
sind sie gewandelte Sonnen- und Lichtkräfte. Sie können weder in
ihrem Geschmack noch in ihrer Bekömmlichkeit durch irgendwelche
künstlichen Mittel oder durch Kochen oder Backen „verbessert oder
veredelt“ werden. Man gewöhne sich daher an, alle Früchte, Baum-
früchte jeder Art und Beerenfrüchte aller Art stets so zu essen, wie
sie uns von der Natur dargeboten werden. Ganz besonders angenehm
schmecken die meisten Früchte, wenn man sie mit ein paar Nüssen
zusammen kaut oder saure Früchte mit gemahlener Leinsaat mischt.
Die saftigen Beerenfrüchte im Sommer sollte man sich nicht durch
Einkochen, Sterilisieren usw. verderben, sondern genieße sie am
besten frisch vom Garten weg. Sie sind, voll ausgereift, am leichtesten
verdaulich und für den Aufbau und die Erneuerung des Körpers und
seiner Organe am dienlichsten.
Da aber die Hausfrauen es lieben, auch die Früchte in verschiedenen
Zusammenstellungen auf den Tisch zu bringen, so seien hier einige
Vorlagen von bewährten Fruchtgerichten angegeben.
Muster zu einem Fruchtgericht.
Man nehme zwei oder drei der angegebenen Beeren- oder Baum-
fruchtarten.
100 bis 180 g Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren,
Heidelbeeren (Bickbeeren), Brombeeren oder Äpfel, Birnen,
Pflaumen, Zwetschen, Pfirsiche, Apfelsinen, Bananen, Pampel-
387
musen oder andere Früchte, der Jahreszeit entsprechend, zer-
kleinere großstückige Früchte und mische mit
30 g Nußkemen nach Wahl, gemahlen, Walnußkerne nur leicht zer-
kleinert, und trage auf. Wenn die Mischung zu herb oder zu
sauer ist, dann gebe man etwas öl oder Honig nach Geschmack
hinzu. Oliven- und Mohnöl sind zum Obst sehr bekömmlich.
Besonders gesund und bei Magenleiden sehr zuträglich ist ein
Zusatz frischgemahlener Leinsaat.
Bananenerfrischung.
150 g zerquetschte Bananen mische mit
30 g Nußkemen, gemahlen oder zerkleinert, träufle
15 g Zitronensaft darüber und trage auf.
In ähnlicher Weise können alle weichen süßen Früchte und süßes
Beerenobst hergerichtet werden.
Apfel- oder Bimenscheiben.
150 g Äpfel oder Birnen werden in Scheiben geschnitten und mit
75 g Zitronenbelag oder ebensolcher Butter bestrichen .(Herstellung
siehe Abschnitt Nußbutter und Nußbelag).
Kirschen- und Pflaumenbrei.
Zerquetsche zu Brei
150 g reife Kirschen oder Pflaumen, entsteint, und gib
30 g Nußkerne nach Wahl, gemahlen oder zerkleinert hinzu und
trage auf.
Pfirsichgericht.
100 g Pfirsiche, vom Stein befreit,
50 g süße Herbstäpfel oder Birnen, zerkleinere alles und mische
30 g Nußkerne nach Wahl darunter. Pinienkerne oder fein gehackte
Walnüsse munden gut in dieser Speise.
Gemischte Früchte.
100 g Äpfel, Birnen oder Bananen, zerkleinert,
100 g Weintrauben oder Beerenfrüchte, der Jahreszeit entsprechend,
50 g Nußkeme nach Wahl, gemahlen oder zerkleinert. Mische alles
und trage auf. Im Herbst füge man dieser Speise
25 g Preiselbeeren hinzu, doch quetsche man diese vorher. Auch
Apfelsinen schmecken gut in dieser Mischung.
Man beachte:
Alle Speisenzusammenstellungen, in denen frische saure Früchte
irgendeiner Art enthalten sind, dürfen von Leuten mit empfindlichem
Magen und bei Magen- und Darmleiden nicht mit grünem Gemüse
oder grünen Gewürzkräutern zusammen gegessen werden. Die da-
durch in den Verdauungsorganen ausgelösten Kräftespannungen wür-
den gegeneinander wirken und Blähungen und Unwohlsein hervor-
rufen. Die süßen Wurzelgemüse dagegen können mit allen Kemobst-
arten, besonders mit Äpfeln und süßem Trockenobst wie Rosinen,
Datteln, Feigen u. a. zusammen gegessen werden. Mit Leinsaat kann
man alle Früchte und alles Beerenobst zusammen essen. Besonders
388
Beerenobst ergibt mit Leinsaatmehl zusammen schmackhafte und be-
kömmliche Speisen.
Leinsaatmehl-Zubereitungen
Die Leinsaat ist wohl eine der heilkräftigsten Ölsaaten, die zu den
Stengelgewächsen zählt und in allen Gegenden gedeiht. Leinsaat heilt
Magen- und Darmleiden aller Art. Sie saugt alle Säurebildungen bei
Gärungserscheinungen im Magen-Darmkanal in sich auf und neutrali-
siert sie durch ihren hohen Gehalt an erdigen Grundstoffen aller Art.
Die zähe Haut oder Schale des Leinsaatkornes ist besonders wertvoll,
da gerade in dieser der Mineralstoffreichtum zu finden ist. Die Lein-
saat heilt nicht nur Magenleiden, sondern auch Hautleiden aller Art,
sofern diese auf innere organische Störungen oder auf Mangel an be-
nötigten Vitazymen beruhen. Der Keimling und die Nährstoffe um
den Keim bewirken dieses Wunder, das den Bauern und Viehzüchtern
bei der Behandlung von Hautleiden beim Vieh schon lange bekannt
ist. In der Leinsaat ist in ausgesprochenem Maße alles das enthalten,
was der Mensch zur Heilung und Gesundung braucht. Man wähle zu
Nahrungszwecken nur solche Leinsaatsorten, die kein kratziges Emp-
finden beim Schlucken erzeugen und kein Brennen im Magen ver-
ursachen. Leinsaat, die ausschließlich für die Herstellung von Firnis
und Anstreichölen angebaut wurde, ist für Speisezwecke gewöhnlich
nicht zu verwenden.
Da die Leinsaat eine harte, zähe Schale hat, so kann sie nur von
jungen Leuten mit guten Zähnen im ganzen Korn gekaut und ver-
arbeitet werden. Im allgemeinen ist es besser, sie zu mahlen und
dann herzurichten. Zum Mahlen der Leinsaat bediene man sich einer
Getreidehandmühle, die mit solchen Hartgußmahlscheiben versehen
ist, daß man damit sowohl Getreide als auch Leinsaat gut und schnell
vermahlen kann. Ist die Leinsaat noch erntefrisch, dann muß sie in
der Sonne oder bei mäßiger Wärme getrocknet werden, da sie sonst
beim Mahlen verschmiert und die Mahlgänge verstopft.
Leinsaatmehl und Beerenobst.
150 g frisches Beerenobst nach Wahl und Jahreszeit quetsche man in
50 g Leinsaatmehl, süße, wenn notwendig, mit etwas Honig und trage
auf. Heidelbeeren und Preiselbeeren sind wegen ihrer Urwüch-
sigkeit als Wildbeeren besonders schmackhaft und heilkräftig.
Heidelbeeren und Leinsaatmehl heilen alle Magen- und Darm-
leiden, sowohl Magengärungen aller Art als auch Durchfall im
Sommer oder Stuhlverstopfung aus irgendeinem Grunde.
Steinobst und Leinsaatmehl.
Genau so heilkräftig wie das Beerenobst mit Leinsaatmehl, frisch
hergestellt, sind alle Steinobstarten wie Kirschen, besonders Sauer-
kirschen, Pflaumen aller Art, Zwetschen, Pfirsiche, Mirabellen, Apri-
kosen u. a. Auch Bananen und Ananas ergeben schmackhafte und
würzige Gerichte.
389
Trockenobst und Leinsaatmehl.
Auch Trockenobst jeder Art, nicht nur Datteln, Feigen oder Rosinen,
sondern auch Trockenpflaumen, getrocknete Pfirsiche, getrocknete
Aprikosen, getrocknete Birnen, getrocknete Heidelbeeren u. a., können
mit Leinsaatmehl zu schmackhaften Gerichten, besonders für die
Frühstücksmahlzeit verwendet werden.
50 g Leinsaatmehl und
50 g Trockenobst nach Wahl weiche in
100 g Wasser ein und lasse über Nacht stehen. Am Morgen ist dann
die Frühstücksspeise fertig. Sie braucht nur noch auf ca. 30° C
erwärmt zu werden, wenn die Jahreszeit es verlangt. Diese Zu-
bereitung ist auch sehr bekömmlich am Schluß einer Mahlzeit.
Winterfruchtgerichte
Nach dem gründlichen Waschen nimm eine genügende Menge ge-
trocknete Früchte wie Rosinen, Datteln, Feigen, getrocknete Pflaumen,
Aprikosen, Pfirsiche, Birnen usw. und verwende sie zu den folgenden
Zubereitungen. Man vermeide jedoch die gebleichten weißen Apfel-
ringe.
100 g getrocknete Früchte nach Wahl werden zerstückelt und in
150 g Wasser oder weniger, solange geweicht, bis sie ganz weich sind.
Dann gebe man
60 g Nußkerne nach Wahl, gemahlen, hinzu und mische gut.
Zum Schluß streue man etwas geriebene Kokosnuß oder Kokos-
raspel darüber. Ist die Speise zu süß, dann träufle man noch
Zitronensaft darüber.
Apfelspeise.
100 g Äpfel, zerstückelt, mische mit zerkleinerten Apfelsinen und
50 g Rosinen oder Datteln, zerkleinert, und
50 g Nußkernen nach Wahl, gemahlen oder zerkleinert.
Früchte und Walnußkeme.
Nach dem Waschen und Trocknen von
100 g Rosinen oder anderen weichen getrockneten Früchten, zerklei-
nert, gib
50 g Walnußkerne, zerkleinert, hinzu und mische gut miteinander.
Reiche dazu Äpfel oder anderes frisches Obst.
Will man zu diesem Gericht andere Nußkerne oder Mandeln
verwenden, dann gebe man das Trockenobst zusammen mit den
Nußkernen oder Mandeln in eine Hackschale oder auf das Hack-
brett und hacke alles bis zu der gewünschten Feinheit.
Getreidezubereitungen
Die Getreidezubereitungen dürfen unter keinen Umständen gekocht,
gebacken oder sonstwie bei der Zubereitung über Blutwärme erhitzt
werden. Jede Getreidezubereitung, die mit Wasser verrührt oder ver-
knetet und dann gekocht, gebacken oder erhitzt wird, erzeugt früher
390
oder später entweder Magen- und Darmleiden durch Vergärung und
Zersetzung im Darm oder schwere Stoffwechselstörungen in den Säf-
ten des Körpers und seiner Organe. Roh genossen, kann das Getreide
notfalls die Nüsse ersetzen, gekocht oder gebacken ist es die Ursache
so vieler Störungen und Stoffwechselleiden, daß es besser ist, das Ge-
treide ganz zu meiden, wenn Anlage zu solchen Krankheitserscheinun-
gen vorhanden ist.
Einfache Getreidespeise.
Da das Getreidekorn in ausgereiftem Zustand so hart ist, daß es
schon ganz besonders guter Zähne bedarf, um damit fertig zu werden,
so weiche man das zu verwendende Korn über Nacht in Wasser ein,
trockne in einem Tuch oder trockne an der Sonne und benutze es
dann als Zutat. Man kann dazu alle Getreidearten wie Weizen, Rog-
gen, Nackthafer oder enthülsten Hafer, enthülste Gerste, Buchweizen,
Mais oder anderes verwenden.
1Ü0 g eingeweichtes und wieder getrocknetes Getreide ohne weitere
Zutaten oder gemischt mit
15 g öl oder Honig sind ein gutes Gericht wenn es mit frischen oder
getrockneten Früchten zusammen gegessen wird.
Man gebe dieses Gericht den Kindern, wenn sie zwischen den
Mahlzeiten Hunger haben. Es gibt den Zähnen gute Arbeit, wirkt an-
regend auf die Speichelbildung und regt die Verdauung an. Es ist
gleichzeitig sättigend.
Gekeimtes Getreide.
Ältere Leute sind durch die lange Gewöhnung an Gekochtes und
Gebackenes in ihrem Speichelfluß so geschädigt, daß die Umwandlung
der Getreidestärke in Frucht- und Traubenzucker im Speichel nicht
mehr vollständig möglich ist. Da nun die nicht gewandelte Getreide-
stärke im Magen nicht mehr verändert wird, so kann man die notwen-
dige Wandlung dadurch herbeiführen, daß man das Getreidekorn
zum Keimen bringt. Man erreicht die Keimung, wenn man das ge-
wünschte Getreidekorn, Weizen oder anderes, über Nacht einweicht
und am nächsten Morgen das sauer gewordene Weich wasser fortgießt.
Dann gibt man nur soviel Wasser darauf, daß das Getreide nur eben
feucht gehalten wird. Das Wasser soll über Nacht vom Getreide auf-
gesogen sein. Dann läßt man das Getreide bis zur Verwendung fast
trocken stehen, bis sich der weiße Getreidekeimling zeigt. Jetzt ist
das Korn zum Genuß fertig und kann allein oder mit frischen oder
eingeweichten getrockneten Früchten gegessen werden.
Einfache Getreideflocken.
Man weiche guten Weizen, Roggen, enthülste Gerste, Hafer oder
anderes Getreide solange ein, bis es ganz weich ist. Doch wasche man
das Getreide vorher gut in mehrmalig gewechseltem Wasser und
trockne wieder auf einem Tuch oder durch Ausbreiten in der Sonne,
ehe man es einweicht. Das so vorgeweichte Getreide gib dann durch
die nicht zu eng eingestellte Nußmühle (Drews-Sommer). Man erhält
eine leicht zusammenhängende Masse von zerquetschtem Korn, das
391
gut schmeckt, leicht verdaulich ist und mit frischen oder getrockneten
Früchten gern gegessen wird.
Das eingeweichte Korn kann man auch naß durch die Nußmühle
geben. Man trocknet den entstehenden Teig dann an der Sonne oder
im Winter auf der Abseite des Ofens. Man kann auch flache Fladen
oder Plätzchen daraus machen und diese trocknen.
Man beachte: Von der Getreidestärke wird immer nur soviel in
Blutzucker gewandelt oder in das Körpergewebe eingebaut, wie im
Mundspeichel bereits in Zucker verwandelt wurde.
Getreide-Kraft-Nahrung
Getreidekraftnahrung kann man sich dadurch herstellen, daß man
frisch hergestellte Getreideflocken wie oben oder gemahlenes vor-
gekeimtes Getreide mit der gleichen Gewichtsmenge oder etwas weni-
ger gemahlenen Nußkernen oder geraspelter Kokosnuß vermengt.
Derartige Getreidenußmischungen sind schmackhaft und regen den
Speichelfluß in eigenartiger Weise an. Es fällt einem niemals schwer,
derartige Getreidenußmischungen auch ohne weitere Zutaten leicht
und schnell einzuspeicheln und zu verspeisen, auch dann, wenn man
nicht gewohnt ist, solch trockenes Zeug zu verzehren. Man kann,
wenn es sein muß, zu dieser Speise auch käufliche Flocken nehmen,
wenn diese aus dem ganzen Korn hergestellt wurden.
Solches Getreidekraftmehl kann man sich auch herstellen, wenn
man die gemahlenen Nüsse zum Teil durch frisch gemahlene Leinsaat
ersetzt. Solche Getreide-Leinsaatmischung, mit Rosinen oder Frisch-
obst zusammen gegessen, ist sehr bekömmlich und kann Nüsse als
Zuspeise zum Obst und zu Beerenfrüchten zum Teil ersetzen.
Will man derartiges Kraftnährmehl zu frischen grünen Gemüse-
gerichten verwenden, dann muß man 100 g Getreidegrobmehl oder
Flocken mit etwa 50 g frisch gequetschten Mohn (auf der Nußmühle
bei Feineinstellung gequetscht), mischen. Getreide und grünes Gemüse
zusammengegessen erzeugen im Magen-Darmkanal Kräftespannun-
gen, die leicht zu Blähungen und Störungen führen. Wenn man aber
dem Getreidegrobmehl oder den Flocken Mohn hinzugibt, dann wirkt
der Mohn ausgleichend und besänftigend. Getreidenährmehl mit
Mohn schmeckt nicht nur zu Gemüsegerichten, sondern auch zu
Früchten aller Art.
Diese oben beschriebenen Kraftnährmehle werden in den weiteren
Ausführungen abgekürzt als KNM bezeichnet.
KNM mit Früchten.
100 g KNM nach eigener Wahl,
150 g Kernobst, zerkleinert, oder Steinobst, entsteint und halbiert,
werden gemischt und ein Teil des Obstes als Verzierung oben-
auf verteilt. Ein Zusatz von öl oder Honig verändert den Ge-
schmack.
KNM mit Beerenobst.
100 g KNM nach eigener Wahl,
392
150 g Beerenobst, der Jahreszeit entsprechend, werden gemischt und
mit einem Teil der Beeren verziert.
KNM mit Tomaten.
100 g KNM nach eigener Wahl werden mit zerkleinerten Tomaten
gemischt und mit Tomatenscheiben und Petersilienblättern ver-
ziert.
KNM mit getrockneten Früchten.
Die gewünschten getrockneten Früchte, Rosinen, Datteln, Feigen
oder Trockenobst werden zerkleinert und in wenig Wasser vor-
geweicht. Dann gebe man zu
100 g KNM nach eigener Wahl
100 g getrocknete Früchte und bedecke mit Rosinen. In der gleichen
Weise kann man auch getrocknetes Beerenobst verwenden.
Quittenpudding.
100 g KNM nach eigener Wahl
100 g Quitten, gerieben, werden gut miteinander gemischt. Die Quitte
verleiht dem Gericht eine besondere Würze.
Nährkraftspeise.
100 g KNM nach eigener Wahl mische mit
100 g Radieschen, Möhren, Kohlrabi, hartem Kürbis oder Kartoffeln.
Reibe das Wurzelgemüse auf der groben Seite der Reibe. Wür-
ziger als obige Speise wird das Gericht, wenn man statt des
süßen Wurzelgemüses würziges gibt wie Petersilien wurzel, Sel-
lerieknollen, gemischt mit Steckrüben, roten Beeten und anderem.
Haferkraftspeise.
50 g Mandeln oder Walnußkerne, gehackt,
50 g getrocknete Früchte nach eigener Wahl werden vorher leicht in
wenig Wasser geweicht und zerkleinert und mit den Nußkernen
gemischt. Dazu gibt man
50 g enthülsten ganzen Hafer oder Nackthafer und trägt auf. Zu die-
sem Gericht kann man an Stelle des Hafers auch ganzen ent-
hülsten Buchweizen nehmen. Alle anderen Getreidearten sind
zu hart. Dieses Gericht ist besonders geeignet für heranwach-
sende Kinder. Es enthält alle auf bauenden Nährstoffe und ist
reich an den notwendigen Wachstumsstoffen und Vitazymen.
Für alte Leute mache man dieses Gericht mit auf der Nuß-
mühle hergestellten Hafer- und Getreideflocken statt der Hafer-
kerne.
Erbsenmehlspeise.
50 g reife grüne Erbsen oder Markerbsen werden auf der Getreide-
mühle fein gemahlen,
50 g getrocknete Früchte eigener Wahl, leicht vorgeweicht, und
50 g KNM eigener Wahl werden ineinander gemischt und aufge-
tragen.
KNM mit grünem Gemüse.
Wenn keine Nüsse zu haben sind, dann kann man den Zusatz von
Nüssen oder gemahlenen Nußkemen zu einem Frischgemüsegericht
393
ersetzen durch Getreidegrobmehl, das zu einem Drittel der Menge mit
frisch gequetschtem Mohn gemischt wurde. Die sonst beim Zusammen-
essen von frischem grünem Gemüse mit Getreidezubereitungen auf-
tretenden Kräftespannungen mit Blähungen und Unbehagen im
Bauch werden vermieden oder ausgeglichen durch die beruhigenden
Eigenschaften der Mohnsaat, die gleichzeitig etwas stopfend auf den
Darm wirkt. Der Mohnzusatz erspart gleichzeitig den Ölzusatz zum
Gemüse.
150 g irgend einer Zubereitung aus frischem grünem Gemüse, wie in
den vorhergehenden Abhandlungen beschrieben, werden mit
50 g Getreidegrobmehl eigener Wahl und
25 g frischgequetschter Mohnsaat aufgetragen.
Man darf bei diesem Gericht das Getreide nicht mit dem Ge-
müse mischen, sondern nehme abwechselnd einen Bissen Ge-
müse und dann einen Löffel Schrotmehlgemisch in den Mund,
damit jedes für sich gut eingespeichelt wird. Für Menschen mit
krankem oder versäuertem Magen oder mit Darmstörungen
eignen sich derartige Gerichte nicht.
Fruchtbrot und Kuchen
Wenn es notwendig sein sollte, Getreide oder Nußfruchtgerichte in
der Art des gewohnten Brotes aufzutischen, geeignet zum Inscheiben-
schneiden oder als Plätzchen, dann werden sich die folgenden An-
weisungen als zweckdienlich erweisen.
Falls die hergestellten Speisen zu süß sind und daher auf die Dauer
nicht munden sollten, so kann man dem abhelfen durch Einweichen
der getrockneten Früchte mit Zusatz von Zitronensaft zum Weich-
wasser oder durch Verwendung von etwa einem Viertel der benötig-
ten Menge in Form von Aprikosen oder Pfirsichen. Auch ein Zusatz
von abgeriebener Zitronen- oder Apfelsinenschale schmeckt sehr
würzig.
Frucht-Brot.
500 g Weizen, enthülste Gerste oder anderes Getreide nach eigener
Wahl werden, wie gezeigt, nach Einweichen und wieder Trock-
nen auf der Nußmühle zu Flocken hergerichtet,
500 g Datteln oder Feigen mit einem Teil Aprikosen werden in einem
Teil der Flocken zerkleinert und dann mit dem Rest gemischt.
Die Mischung gebe man zweimal durch die Nußmühle. Dann
forme man das Ganze in Brotform oder presse in kleine
Kuchenformen.
Frucht-Kuchen.
500 g Weizen oder Getreide eigener Wahl wie oben,
500 g getrocknete Früchte, wie oben behandelt, werden zweimal
durch die Nußmühle gegeben. In den Teig gibt man dann
125 g dunkle Rosinen oder zerkleinerte getrocknete Pflaumen und
verknete gut. Dann presse man das Ganze in eine Kuchenform,
394
die mit Papier ausgelegt wurde, lasse trocknen und schneide in
Scheiben.
Fr uch t-N uß-Kuchen.
400 g Weizen oder anderes Getreide eigener Wahl, wie oben als
Flocken verarbeitet,
600 g Datteln oder Trockenobst eigener Wahl,
125 g Mandeln oder Nußkerne eigener Wahl werden zusammen ge-
mischt und zweimal durch die Nußmühle gegeben. In den Teig
knete man
125 g Rosinen oder getrocknete Pflaumen, zerkleinert, forme zu Brot
oder presse in Kuchenform, lasse erhärten und schneide später
in Scheiben.
Nuß-Kuchen.
250 g Nußkerne eigener Wahl gemischt mit
350 g Trockenobst eigener Wahl werden zusammen durch die Nuß-
mühle gegeben. Dann knete und mache kleine Plätzchen daraus
oder schneide den zu Laiben geformten Teig nach Erhärten in
Scheiben.
Wenn man erst den Wert dieser Zubereitungen als Dauemahrung
oder als Reiseverpflegung erkannt hat, wird man bald sehr findig
werden in der schmackhaften Zusammenstellung solcher Brot- oder
Kuchenschnitten. Man kann diese in Form von Kuchen- oder Brot-
scheiben gereichte Nahrung auch den Kindern zur Schule mitgeben.
Bestreicht man diese Scheiben mit Nußbutter oder Nußbelag (siehe
späteren Abschnitt) und gibt Frischobst als Zuspeise, so erhalten die
Schulkinder nicht nur gut mundende, sondern auch sehr gesunde
Zwischenkost, die sie nicht vor den Kameraden zu verstecken brauchen.
Torten
Wer aus besonderen Anlässen seinen Gästen oder der Familie etwas
Besonderes vorsetzen will, dem kann mit den folgenden Anweisungen
geholfen werden.
Eine Torte besteht aus dem Tortenboden und der Füllung. Dem-
entsprechend wird in den folgenden Anweisungen erst die Herstellung
der Tortenböden gezeigt.
Honig-Kruste.
250 g Getreide als Flocken verarbeitet, mische und knete mit
75 g Honig, etwas erwärmt, wenn er zu fest sein sollte, und drehe
die Mischung durch die Nußmühle. Dann breite den Teig auf
einer Unterlage, etwa einem flachen Teller oder einer flachen
Schale aus und lasse erhärten.
Getrocknete Frucht-Kruste.
Bereite einen Teig nach eigener Wahl aus den Zutaten wie in vori-
gem Abschnitt unter Frucht-Nuß-Kuchen angegeben wurde und breite
den Teig wie oben auf einer flachen Schale aus. Rosinen, Nüsse und
Getreideflocken sind immer zur Hand und können darum jederzeit
395
nach Durchdrehen durch die Nußmühle zu einem geeigneten Torten-
boden verwendet werden.
Streusel,
Als verzierende schmackhafte Tortenstreusel sind geriebene frische
Kokosnuß sehr geeignet. Man kann aber auch fertige Kokosraspel
dazu nehmen.
Tortenfüllungen.
Die Füllungen der Torten werden in die Tortenböden eingefüllt
und dann aufgetragen, nachdem man die Torten vorher in 4 oder 8
Teile geschnitten hat.
Apfelkremtorte.
Tortenboden nach eigener Wahl. Breite diese auf einer flachen
Schale oder einem flachen Teller aus und bereite folgende
Füllung:
200 g Äpfel, gerieben,
120 g Pinienkerne oder Nußkerne nach Wahl, gemahlen. Rühre beides
kräftig ineinander und gib dann
180 g Äpfel, in kleine Würfel geschnitten, hinzu und mische leicht
unter. Die fertige Torte verziere dann mit einigen Apf elscheibep.
oder Beerenobst nach Jahreszeit. Im Winter kann man auch
einige Rosinen mit in die Füllung geben.
Torte mit Beerenfruchtfüllung.
Tortenboden nach Wahl und vorhandenen Zutaten.
200 g Erdbeeren und Heidel- oder Blaubeeren werden zerquetscht,
120 g Nußkerne nach Wahl, vielleicht wählt man gleiche Teile Man-
deln und Erdnußkerne, gemahlen. Rühre beides ineinander, gib
100 g ganze Heidelbeeren in die Masse und fülle in den Tortenboden.
Schmücke die Torte mit
100 g ganzen Erdbeeren und streue etwas geriebene Kokosnuß oder
Kokosraspel darüber.
In ähnlicher Weise kann man sich Torten aus allen Beerenfrüchten,
am besten in Mischung mit zwei verschiedenfarbigen, herstellen. Es
wird stets eine freudige Überraschung für Gäste sein, etwas derart
Leckeres probieren zu dürfen, und es gerät immer gut.
Auch entsteinte Pflaumen und Kirschen lassen sich gut zu solchen
Torten verarbeiten.
Im Winter stellt man solche Torten aus Mischungen von verschiede-
nen Früchten her. Geriebene und gescheibte Äpfel, gemischt mit zer-
stückelten Apfelsinen oder Äpfel mit süßen Birnen und ein paar
Preiselbeeren, schmecken sehr würzig.
Will man getrocknete Früchte zu solchen Torten verwenden, dann
weiche man die gewählten getrockneten Früchte in wenig Wasser ein,
bis sie weich sind. Schneide und zerdrücke sie mit einer Gabel zu
Brei und gib zu der Mischung gemahlene Nußkerne nach Wahl. Mit
den Nußkernen kann man auch frisch gequetschten Mohn in die
Füllung hineinarbeiten. Das gibt dann Mohnkuchen. Zu den Torten-
füllungen kann man auch jeweils einige Stückchen frischer Ananas
396
I
hinzugeben, wenn solche zu haben sind, das gibt einen würzig-säuer-
lichen Geschmack.
Möhren-Torte.
Sehr wohlschmeckende und bekömmliche Torten und Kuchen lassen
sich auch aus frischen geriebenen Möhren, gemischt mit würzigen
Wurzeln wie Sellerieknollen, Petersilienwurzel, roten Beeten u. a.,
herrichten.
Tortenboden nach Wahl und vorhandenen Zutaten. Dann mische
200 g Möhren, fein gerieben, mit
100 g Sellerieknollen, gerieben, ein wenig «Zwiebeln oder Gewürz-
kräutern,
100 g Haselnußkerne, gemischt mit Pinienkernen oder Mandeln, fein
gemahlen, rühre alles gut ineinander und gib, wenn nötig, noch
50 g Honig hinzu. Bestreue mit Kokosraspel oder frisch geriebener
Kokosnuß.
In ähnlicher Weise kann man alles Knollengemüse wie Kohlrabi,
Steckrüben u. a. in wohlschmeckender Mischung verwenden. Im Som-
mer gebe man zu solchen Gemüsetorten noch Tomaten hinzu und hat
dann sehr bekömmliche und sättigende Überraschungen für besondere
Anlässe.
Tomatentorte.
Tortenboden nach eigener Wahl. Dann mische
100 g Nußkerne, gemischt mit Pinienkernen oder Mandeln, oder bes-
ser nur Mandeln oder Mandeln mit Pinienkemen, fein gemah-
len, mit
200 g Tomaten, gehäutet und zerstückelt, und rühre gut ineinander.
Dazu gib
100 g Gurken, geschält und entkernt, in kleine Würfel geschnitten.
Fülle in den Tortenboden und verziere mit Tomatenscheiben
und Petersilienkraut.
In ähnlicher Weise lassen sich Kürbis, mit Tomaten gemischt, oder
Melonen verwenden. Zu den Melonen gebe man weniger Tomaten
und außer den gemahlenen Nußkernen noch ein paar gehackte Wal-
nußkerne.
Gesundes Naschwerk für große und kleine Kinder W R
Die im folgenden beschriebenen Zubereitungen von Nasch werk und
Süßigkeiten sollten in Vegetarier- und Rohköstlerkreisen bald so be-
liebt werden, wie es heute Zuckerwerk, Pralinen, Schokolade und
dergleichen im allgemeinen sind. Diese Zubereitungen schmecken
nicht nur gut, sondern sind auch bekömmlich und sättigend.
Nußschnitten.
125 g Pinienkerne oder Erdnußkerne, gemischt mit Pinienkernen
oder Nußkernen nach Wahl, werden zerkleinert.
125 g Datteln oder Feigen, gemischt mit ein paar getrockneten Apri-
kosen oder getrockneten Pfirsichen, werden klein geschnitten,
mit den zerkleinerten Nußkernen gemischt und zweimal durch
397
die Nußmühle gegeben. Den fertigen Teig rollt man zu etwa
IV2 cm Dicke aus und schneidet in kleine Würfel oder Recht-
ecke und läßt trocken werden. Dann kann man sie einzeln in
fettdichtes Papier einhüllen und zum Verbrauch auf bewahren.
Außer Datteln und Feigen kann man zu diesem Naschwerk auch
alle anderen getrockneten Früchte verwenden. Am besten ist es, man
mischt verschiedene Sorten miteinander und kann dadurch sehr ab-
wechselungsreiche Zusammenstellungen erzielen. Fügt man einige
beliebte Gewürze wie Anis, Koriander, Vanille u. a. hinzu, so wird
auch dadurch ein besonderer individueller Geschmack erreicht.
Man kann aus solchem Teig von Nußkernen und getrockneten
Früchten kleine Plätzchen formen und diese trocknen lassen. Diese
lassen sich ziemlich lange aufbewahren, so daß man sie notfalls
immer anbieten kann. Sie sind auf jeden Fall gesünder als süßes
Backwerk, aus Fabrikzuckermischungen hergestellt, die wohl ver-
führerisch schmecken können, aber leider zu argen Kalkräubern und
Gesundheitsstörungen im Körper der Kinder und Erwachsenen wer-
den.
Getreide-Nuß-Naschwerk.
100 g feines Schrotmehl aus eingeweichtem oder gekeimtem Weizen,
süßem Mais, enthülster Gerste oder Hafer hergestelltl, wird mit
100 g Nußkemen eigener Wahl zerkleinert, gemischt und mit
200 g getrockneten Früchten wie Datteln, Feigen, Aprikosen, Pfir-
sichen, Birnen, entsteinten Pflaumen einzeln oder in Mischung
nach Zerkleinerung zweimal durch die Nußmühle gegeben.
Die fertige teigartige Masse rolle man in IV2 cm Dicke aus und
schneide in kleine Rechtecke oder schräg. Wenn sie nachgetrock-
net wurden, kann man dieses Naschwerk aufbewahren. Man
kann daher größere Mengen davon machen.
Zu solchem Naschwerk kann man zur Abwechselung auch Gewürze
wie Anis, Ingwer, Vanille, Fenchelsamen u. a. hinzufügen.
Man kann zu all diesem Naschwerk auch frischgequetschten Mohn
hinzufügen und kann dadurch Mohnkuchen und Mohnplätzchen usw.
herstellen. Es kann jedem Geschmack Rechnung getragen werden.
Ergänzende Zubereitungen
Tunken für Gemüse- und Obstgerichte
Die folgenden Anweisungen dienen zur Herstellung von Tunken
zum Anmachen von Gemüse- und Obstgerichten in all den Fällen, wo
eine besonders saftige oder gehaltvolle Speise gewünscht wird. Sie
sind so zusammengestellt, daß sie die Verdauungstätigkeit anregen.
Tunken, aus Zitronen- oder Apfelsinensaft oder Fruchtsaft herge-
stellt, dienen zum Anmachen der Fruchtgerichte und Gerichte aus
Wurzelgemüsen. Zum Anmachen von grünen Gemüsegerichten nehme
man den Saft von Rhabarberstengeln oder Tomaten oder säuerliche
398
Äpfel, die man entweder zu Saft verarbeitet oder nur fein zerkleinert
oder grob gerieben zu den Gerichten gibt.
Zitronen-Nuß-Tunke.
15 g Pinienkerne oder Erdnußkeme oder Nußkerne eigener Wahl,
fein gemahlen,
15 g Olivenöl oder kaltgepreßtes Speiseöl, aus ungerösteten Ölsaaten
gewonnen,
30 g Zitronensaft, werden gut miteinander verrührt und dem Obst-
gericht beigegeben.
Honig-Krem-Tunke.
25 g Erdnußkerne, fein gemahlen, mische und schlage zusammen mit
30 g Zitronensaft oder Saft aus sauren Äpfeln und lasse 15 Minuten
ziehen,
15 g Honig werden dann hinzugefügt und das Ganze zu Krem ge-
schlagen.
In ähnlicher Weise kann man zur Herstellung von Tunken auch
Apfelsinensaft oder den Saft aus zerquetschten Tomaten verwenden.
Tomatensaft schmeckt am besten zu Gemüsegerichten aller Art.
Wenn dem Gericht schon gemahlene Nußkerne hinzugefügt waren,
dann kann man die Tunkenmischung auch ohne Nußkerne hersteilen,
doch dann sollte stets Olivenöl oder gutes Speiseöl aus Ölsaaten oder
Nußöl hinzugefügt werden.
Bananentunke.
Das Fleisch von ein oder zwei frischen Bananen wird mit einer
Gabel zu Brei flüssig geschlagen. In dieser Form gegeben, veredelt die
frische Banane den Geschmack der Gerichte.
In ähnlicher Weise kann man auch fein geriebene Äpfel oder
Kokosnußmilch verwenden.
Dattelhonig.
30 g Dateln werden zerstückelt und in
60 g Wasser eingeweicht, bis sie ganz zergangen sind. Dann quetsche
und verrühre mit einer Gabel, bis ein dickflüssiger Syrup ent-
steht. Derartiger Dattelhonig kann sowohl zu Obst- als auch
zu Gemüsegerichten gereicht werden. Er ist schmackhaft wie
Bienenhonig, aber bedeutend billiger.
Feigen lassen sich in ähnlicher Weise verwenden. Doch muß man
die Feigen vor dem Einweichen zerkleinern und dann bei Feineinstel-
lung durch die Nußmühle geben. Dann werden die Kerne mit zer-
quetscht und die besonderen Vitazyme im Samenkorn kommen zur
vollen Auswirkung im Körper.
Rhabarbertunke.
Zur Herstellung von Rhabarbersaft schneide man die Rhabarber-
stengel in etwa 10 cm lange Stücke, reibe diese auf einer möglichst
rost- und anlauffreien Reibe und quetsche das Geriebene durch ein
kleines Saftbeutelchen.
50 g Erdnußkeme, gemischt mit etwas Pinienkemen, werden fein
gemahlen, und
399
60 g Rhabarbersaft hinzugegeben.
Die Mischung lasse eine Weile ziehen und gib
30 g öl hinzu. In diese Mischung gib
10 g fein gehackte oder gewiegte Gewürzkräuter wie Kölle, Majoran,
Thymian, Basilikum, Estragon, Zitronenmelisse u. a. nach Wahl
und
15 g Petersilien- oder Sellerie- oder Liebstockblätter, fein gewiegt,
hinzu und rühre alles kräftig durcheinander.
Wer scharfe Gewürze liebt, der kann auch etwas geriebenen
Meerrettich hinzufügen.
Diese Tunke ist besonders für Gemüsegerichte im Frühjahr sehr
geeignet. Sie verfeinert den Geschmack der oft herben wildwachsen-
den Gemüsekräuter. Man kann den Geschmack dieser sogenannten
grünen Tunke vielfach ändern.
Tomatentunke.
60 g Tomatenfleisch werden mit
15 g Pinienkernen oder Erdnußkernen, fein gemahlen, und
10 g Gewürzkräutern nach Wahl, fein gewiegt, zu Brei verrührt und
10 g Olivenöl oder anderes gutes Speiseöl hinzugegeben.
Auch diese Tunke wird bald beliebt werden, da sie den Ge-
schmack aller Gemüsegerichte veredelt. Gurken, geschält und
fein gerieben, können ebenso zu einer Tunke als Gemüsebei-
gabe Verwendung finden.
Es ist dies nur eine Auswahl aus einer großen Anzahl von Möglich-
keiten zur Herstellung schmackhafter und würziger Beigaben zu Ge-
müse- oder Obstgerichten. Wir müssen es der Findigkeit der Hausfrau
überlassen, ihren Möglichkeiten und ihrem Geschmack entsprechend
die Zusammensetzung der Gerichte abzuwandeln, um immer neue
Anregungen und Überraschungen auf den Tisch bringen zu können.
Nußbutter und Nußbelag
Die im folgenden gegebenen Anweisungen, aus einer großen Reihe
ausgewählt, sollen einige Winke für die Herstellung von Aufstrich
oder Belag für Obst- und Wurzelgemüsescheiben oder für KNM-Brot-
oder Kuchenscheiben geben. Diese werden dadurch noch würziger
und schmackhafter, als sie es an sich schon sind.
Fruchtbutter.
60 g Zitronensaft oder Saft aus säuerlichen Äpfeln oder aus Quitten
wird mit
60 g Erdnußkernen, gemischt mit Pinienkernen oder Nußkemen
nach Wahl, gemahlen, gut verrührt,
30 g Rosinen oder Datteln, zerkleinert, können hinzugegeben werden.
Selleriewurzelbutter.
60 g Erdnußkerne, gemahlen, werden mit
60 g Petersilienwurzeln oder Selleriewurzeln, fein gerieben, gut ver-
rührt. Die Mischung lasse man eine kleine Weile ziehen und
400
gib dann
60 g Rhabarbersaft oder Saft aus herb-sauren Äpfeln hinzu.
Schlage alles gut ineinander.
Diese Butter ist besonders für Gemüsescheiben gut geeignet.
Preiselbeerbutter.
120 g zerquetschte Preiselbeeren werden mit
60 g gemahlenen Erdnußkernen gut verrührt. Man lasse eine Stunde
ziehen. Um Kraft und Zeit zu sparen, kann man diese Mischung
auch durch die Nußmühle geben. Diese Art von Butter schmeckt
sehr würzig und kann im Herbst sowohl zu Obst als auch zu
Gemüsescheiben Verwendung finden. Auch zu KNM-Brot und
-Kuchen mundet sie sehr gut.
Zitronen-Nuß-Butter.
60 g Zitronensaft werden mit
60 g Erdnußkernen, gemahlen, gut verrieben, dann gebe man
1 Teelöffel Senfsamen, gemahlen, und 1 Teelöffel ganzen Kümmel-
samen hinzu und lasse eine halbe Stunde ziehen. Dann gib
60 g Olivenöl oder ein anderes gutes Speiseöl hinzu und rühre kräftig.
Gewürzkräuterbutter.
60 g Rhabarbersaft oder Saft aus herbsauren Äpfeln werden mit
60 g Erdnußkernen, gemahlen, gut verrührt. Dazu gib
20 g geriebenen Rettich oder scharfe Radieschen und
30 bis 50 g gemischte feingewiegte Gewürzkräuter nach eigener Wahl.
Rühre alles gut ineinander und lasse ziehen. Je schmackhafter
die Gewürzkräuter sind, desto anregender wird diese Butter,
die sowohl zu Gemüse- als auch zu Obstscheiben Verwendung
finden kann. Man kann die Art ändern, wenn statt der gemisch-
ten Gewürzkräuter fein geschnittene Zwiebeln oder Zwiebel-
kraut verwendet werden. Doch empfiehlt es sich, der Mischung
dann noch etwas öl hinzuzufügen.
Einfacher Zitronen-Belag.
Der Ausdruck Belag soll andeuten, daß die Anweisungen keine
halbfesten Streichmittel ergeben, die zum Bestreichen wie Butter
Verwendung finden können, sondern daß eine ziemlich feste Masse
entsteht, die als Belag auf die vorbeschriebenen Brot- und Kuchen-
scheiben oder auf Gemüse- und Obstscheiben aufgelegt werden kön-
nen. Wenn auf eine Scheibe Fruchtbrot eine Scheibe einer der folgen-
den Belagarten und darauf eine Scheibe Obst oder Gemüse gelegt
wird, dann hat man richtige Schnitten oder Stullen, die man mit auf
den Arbeitsplatz nehmen oder als Wandernahrung gut gebrauchen
kann. Sie sind von würzigem Geschmack und sehr sättigend.
60 g Zitronensaft oder Saft aus herben Äpfeln,
120 g Erdnußkerne, fein gemahlen, oder Mandeln,
60 g Pinienkerne, fein gemahlen,
Diese Zutaten werden gut miteinander verrieben und ineinan-
der geknetet. Der Belag ist süß, kann aber durch Zusatz von
gemahlenem Senf- und Kümmelsamen würziger gemacht wer-
26 Sommer, Ernährung
401
den. Nimmt man nur Erdnußkerne oder Mandeln als Zusatz, so
wird der Belag zu hart. Nimmt man aber als Zusatz Walnuß-
kerne oder Haselnußkerne, so wird er ebenso geschmeidig wie
mit Pinienkernen.
Meerrettich-Belag.
60 g Erdnußkerne, fein gemahlen,
60 g Meerrettich, fein gerieben, werden ineinandergerührt und ge-
knetet. Wer scharfe Sachen liebt, wird diesen Belag als sehr
würzig empfinden.
Wer mehr für mildere Genüsse ist, der nehme statt des Meer-
rettichs etwa 100 g fein geriebene Sellerie- oder Petersilien-
wurzeln. Das schmeckt süßer.
Rhabarber-Quark.
60 g Rhabarbersaft,
60 g Pinienkerne, fein gemahlen, oder Walnußkerne, fein gehackt,
100 g Erdnußkerne, fein gemahlen,
1 Teelöffel Senfsamen, gemahlen,
1 Teelöffel Kümmelsamen, werden gut ineinander gerührt und mit
dem Kartoffelstampfer verrieben. Der Belag ist würzig und süß.
Preiselbeerbelag.
Verreibe in einer flachen Schale mit dem Kartoffelstampfer
180 g Preiselbeeren, zerquetscht,
120 g Erdnußkerne oder Nußkerne nach Wahl, fein gemahlen, und
füge dann
120 g Petersilienwurzeln und/oder Selleriewurzeln, fein gerieben, hin-
zu und verknete. Soll der Belag schärfer schmecken, dann nimm
zu den geriebenen Wurzeln soviel Meerrettich, fein gerieben,
wie gewünscht wird. Dieser Belag kann durch Beigabe von
Petersilienblättern oder Liebstöckelblättern noch würziger ge-
macht werden.
Würziger Belag.
60 g Rhabarbersaft,
120 g Erdnußkerne, fein gemahlen, knete gut ineinander und lasse 15
Minuten oder länger ziehen, dann füge
60 g gemischter Gewürzkräuter wie Majoran, Basilikum, Liebstöckel,
Estragon, Fenchel, Dill u. a., fein gewiegt, hinzu und verreibe
mit dem Kartoffelstampfer.
Vorspeisen
Vorspeise mit Apfel- oder Rhabarbersaft.
175 g Saft aus säuerlichen Äpfeln oder Rhabarbersaft,
15 g Weizen- oder Haferflocken,
15 g Erdnußkerne oder Nußkerne nach Wahl, fein gemahlen, werden
gut gemischt und 15 Minuten zum Ziehen hingestellt. Kurz vorm
Aufträgen schlage und rühre noch
15 g Honig und 15 g öl oder nur 30 g öl hinein. Zur Herstellung
402
verwende nur Löffel aus rostfreiem Stahl oder aus Holz. Alle
anderen Löffel verderben den Geschmack und die Bekömmlich-
keit durch die aus der Verbindung der Metalle mit den Säuren
des Saftes entstehenden Oxyde und Metallsalze.
Statt des Rhabarbersaftes kann man im Herbst auch Gurken-
saft oder zerquetschte Tomaten verwenden.
Gemischte Speise.
200 g Gurkensaft oder weiche gehäutete Tomaten,
30 g Erdnußkerne oder Nußkerne nach Wahl, fein gemahlen,
60 g Gurken, geschält und gerieben, wenn Tomaten zur Verwendung
kommen, oder
60 g Tomaten, zerquetscht, wenn Gurkensaft gewählt wurde,
30 g Gewürzkräuter nach Wahl, fein gewiegt,
15 g öl oder Honig werden gut ineinander gerührt und mit anlauf-
freiem Löffel aufgetischt.
Wenn man hat, kann man die Speise durch Kokosnußmilch
ergänzen. Das ergibt eine sehr süße Speise.
Haferflocken-Fruchtspeise.
200 g Weintraubensaft oder Saft aus Birnen und Äpfeln,
30 g Hafer- oder Weizenflocken,
15 g Olivenöl werden gut ineinander gerührt und verschlagen und
mit anlauffreiem Löffel aufgetischt.
Zu dieser Speise können auch alle Beerenobstsorten und Kir-
schen, Pflaumen, überhaupt alle weichen Früchte verwendet
werden.
Preiselbeerspeise.
30 g Preiselbeeren, zerquetscht,
30 g rote Beete, fein gerieben, oder Möhren, fein gerieben,
30 g Erdnußkerne oder Nußkerne nach Wahl, fein gemahlen,
150 g Gurken, fein gerieben, oder Tomaten, zerquetscht,
15 g Honig und/oder öl werden gut miteinander verschlagen.
Im Herbst und Winter kann man die Tomaten und Gurken
durch geriebene Äpfel ersetzen.
Erdbeerspeise.
150 g Erdbeeren oder Himbeeren, zerquetscht,
30 g Nußkerne nach Wahl, fein gemahlen, werden gut miteinander
verrührt. Eine derartige Speise kann man aus allen Arten von
Beerenobst und weichem Steinobst herstellen.
Wintervorspeisen.
Wenn im Winter keine weichen Früchte, außer vielleicht Äpfel und
Birnen, mehr vorhanden sind, kann man ähnliche Vorspeisen auch mit
getrockneten Früchten aller Art herstellen. Das gewählte Trockenobst
wird dann in genügend Wasser eingeweicht und nach dem Weichen
mit der Gabel oder dem Kartoffelstampfer zerquetscht. Alsdann wer-
den sie wie Beerenobst verwendet. Feigen gebe man vorher durch die
Nußmühle, damit die Kerne mitverdaut werden.
403
Nachtisch-Speisen
Die im folgenden angewiesenen Speisen sollen als Nachtisch am
Ende eines Mahles aufgetragen werden. Sie sind wie alle anderen hier
niedergeschriebenen Anweisungen aus einer großen Reihe von Mög-
lichkeiten ausgewählt, sie sollen gewissermaßen als Muster dienen.
Bananenschlag.
60 g Frische Bananen, zerquetscht,
60 g Erdbeeren oder Beerenobst nach Wahl und Vorhandensein, leicht
gequetscht oder zerkleinert, werden miteinander gemischt und
aufgetragen. Statt des Beerenobstes kann man auch zerkleinerte
Tomaten oder zerkleinerte Apfelsinen, Birnen usw. verwenden.
Beerenspeise.
60 g Beerenobst nach Wahl und Vorhandensein wird zerquetscht und
mit
15 g Nußkernen nach Wahl, fein gemahlen, gemischt. Dazu gebe man
30 g ganze Beeren unter die Mischung oder bedecke damit. Nimmt
man zu dieser Speise Preiselbeeren, dann gebe man noch Honig
hinein.
Gemischte Fruchtspeise.
60 g zerstückelte Pflaumen oder Kirschen oder anderes Steinobst,
20 g Nußkerne nach Wahl, fein gemahlen, und
15 g Honig werden gut ineinander gerührt und auf getragen.
Diese Speise kann der Jahreszeit entsprechend gewechselt wer-
den. Auch kam* man dazu Apfelstücke mit zerkleinerten Zitrus-
früchten wie Apfelsinen oder Pampelmusen verwenden.
Speise aus getrockneten Früchten.
60 g Wasser, lauwarm, weiche darin
30 g getrocknete Pflaumen über Nacht oder 8 Stunden lang ein, dann
zerquetsche sie mit dem Kartoffelstampfer und gib
20 g Nußkeme nach Wahl, fein gemahlen, dazu und rühre
15 g Honig hinein, wenn die Speise ganz süß sein soll.
Statt der Pflaumen kann man jede andere Art von getrockneten
Früchten nehmen, doch darf bei Verwendung von Datteln oder
Feigen kein Honig gegeben werden.
Leinsaatspeise.
Bei den Vor- und Nachtischspeisen kann man die zu verwendenden
Nußkerne mit gutem Erfolg durch das bekömmliche eingeweichte
Leinsaatmehl ersetzen. Bei weichem Beerenobst quetsche man das
uneingeweichte Leinsaatmehl statt der Nüsse hinein. Bei Verwen-
dung von getrockneten Früchten kann man das Leinsaatmehl gleich
mit in das Weichwasser geben, doch muß dann die Menge des Wassers
etwas vergrößert werden.
Getränke
Als Getränke können alle frisch hergestellten Säfte aus frischem
Beeren-, Stein- oder Kernobst gereicht werden. Auch Apfelsinensaft
und verdünnter Zitronensaft sind als bekömmliche Getränke geschätzt.
404
Man vermeide nach Möglichkeit auf Flaschen gezogene Fruchtsäftp,
da man nicht wissen kann, wie sie sterilisiert, konserviert und haltbar
gemacht wurden. Alle zum Verkauf angebotenen Säfte müssen lager-
fähig gemacht und gegen Verderb gefeit sein. Wer sich vor gesund-
heitlichem Schaden schützen will, trinkt besser reines Wasser.
Wem es kalt nicht mundet, der versuche es blutwarm mit etwas
Honig gesüßt. Will man Kräutergetränke hersteilen, so wiege man die
Kräuter fein und rühre sie dann in das Wasser. Sollte das gewiegte
Kraut stören, so presse man die Flüssigkeit durch einen Saftbeutel
aus oder gebe durch ein Haarsieb. Man kann sich die Sache erleichtern,
wenn man die fein geschnittenen Kräuter mit Stengeln und Blatt-
stielen durch die Nußmühle gibt, dann mit etwas Wasser einweicht
und nach etwa einer Stunde durch ein Tuch abpreßt.
Brennesselsaftgetränk.
Eine Handvoll Brennesselkraut mit Stengeln und Blattstielen wird
geschnitten und durch die Nußmühle gegeben. Auf den Kräuterbrei
gibt man etwas Wasser, etwa soviel, daß der Brei eben bedeckt ist
und läßt eine Stunde oder zwei ziehen. Dann preßt man durch ein
Safttuch mit der Hand aus und gibt Honig nach Geschmack hinzu.
Man wird durch den Wohlgeschmack dieses Getränkes überrascht
sein. Je weniger Wasser man nimmt, desto süßer schmeckt es, aber
ganz ohne Wasser widersteht der Saft leicht.
Nährgetränk.
120 g Saft aus Rhabarber oder aus säuerlichen Äpfeln.
60 g Möhrensaft oder Saft aus Kräutern nach Wahl.
30 g Honig werden gut ineinander gerührt und dann in etwa
300 g Wasser langsam verschlagen. Dieses Getränk ist ein Labsal für
Genesende und Leute mit schwacher Magensäure.
Nußbuttergetränk.
60 g Erdnußkerne, Pinienkerne oder Nußkerne nach Wahl, fein ge-
mahlen, und
30 g Wasser werden butterweich gerührt. In die Mischung gebe lang-
sam unter stetem Rühren
300 g Wasser, Schlage die Flüssigkeit kräftig und gebe noch
30 g Honig hinzu. Das Getränk muß vorm Trinken noch gut gerührt
werden, damit das Nußmus sich nicht setzen kann.
Leinsamengetränke.
60 g gemahlene Leinsaat werden in
300 g Wasser etwa 8 Stunden geweicht. Dann gebe man
30 g Zitronensaft und
60 g Nußkerne nach Wahl, fein gemahlen, hinzu und rühre gut in-
einander. Das Getränk ist sehr gehaltvoll und bekömmlich.
Diese Leinsamengetränke kann man schnell herstellen, wenn
man heißes Wasser zum Anrühren nimmt.
Leinsamen-Fruchtgetränke.
60 g gemahlene Leinsaat werden mit
405
60 g getrockneten Früchten nach Wahl, zerkleinert, etwa 8 Stunden
in
300 g Wasser geweicht.
Dieses Getränk ist leicht herzustellen und mundet immer. Wenn
die getrockneten Früchte nicht gleichzeitig mit der Leinsaat
weich werden, wie es bei Pfirsichen und Aprikosen oft der Fall
sein wird, dann weiche man die getrockneten Früchte schon vor-
her ein und zerquetsche sie gut, bevor man sie zu der weichen-
den Leinsaat gibt.
Noch einfacher ist die Herstellung, wenn man der geweichten
Leinsaat einen Löffel Honig hinzufügt. Will man die Leinsaat-
zubereitung nicht als Getränk, sondern als Brei reichen, dann
nimmt man entsprechend weniger Wasser zum Einweichen und
behandelt im übrigen wie angegeben.
Damit sei es der als Beispiele und Muster gedächten Anweisungen
für die Zubereitung der Nahrungsmittel genug.
Nach den Anweisungen über die Zubereitungsart der einzelnen
Gerichte möchte so manche Hausfrau und Mutter noch gerne wissen,
wie sie die Speisenfolge einzurichten hat, um auch die mögliche große
Abwechselung der Tages- und Jahreszeiten richtig auszunutzen. Wenn
sie diese grundlegend neue Ernährungsweise in ihrem Heim einführen
will, so wird sie fragen, was sie wohl an den einzelnen Tagen und zu
den einzelnen Mahlzeiten auftischen kann. Um nun auch dem An-
fänger zu helfen, sollen drei Wochenspeisepläne gezeigt werden. Dar-
aus kann dann die Hausfrau nach eigener Wahl und den vorhandenen
Zutaten selbst für große Abwechselung in der Ernährung der Familie
sorgen.
Ehe man sich aber nach den folgenden Angaben richten kann, lese
man sehr genau die einzelnen Abschnitte der Speisenzubereitungen
durch und mache sich eine Liste mit den Seitenzahlen der einzelnen
Gerichte. Dann wird es nur wenig Zeit kosten, um die folgenden Zu-
sammenstellungen nach den Namen im Buch zu finden, um sich danach
richten zu können.
Wochenspeiseplan für Frühjahr und Frühsommer
Montag.
Morgens: Sauerampfererfrischung aus frischem Sauerampfer mit Ro-
sinen oder Korinthen gemischt und mit einer süßen Tunke
angemacht. Wenn zu sauer mit Honig süßen.
Mittags: Löwenzahngericht mit Knospen und jungen Blüten. Die
jungen Blüten möglichst am frühen Morgen pflücken, dann
sind sie zart und süß. Als Zugabe geriebene Möhren, etwas
Sauerampfer oder Äpfel.
Nachtisch: Dattel mit Nüssen und Getränk nach Wahl.
Abends: Rosinenkuchen mit Äpfeln oder frischem Beerenobst.
Kräutertee oder Fruchtmus aus eingeweichtem Trockenobst.
406
jd
Dienstag.
Morgens: Leinsaatmehlbrei mit eingeweichten Datteln oder Trocken-
obst nach Wahl und Zusatz von Zitronensaft.
Mittags: Kraftnährgericht aus Gartengemüsen oder Wildkräutern
wie mehrfach beschrieben.
Nachtisch: Radies mit Nußkernen und Kräutergetränk mit
Honig.
Abends: Fruchtschale aus getrockneten Früchten. Vorher in Wasser
weichen. Gewürzsamen oder Gewürzkräuter nicht vergessen.
Wenn in reichlich Wasser eingeweicht, kann man den Saft
aus dem Trockenobst als Getränk verwenden. Gemahlene
Nußkerne als Zuspeise.
Mittwoch.
Morgens: Spinat mit Nußkrem. Das Gericht wird würziger, wenn
man Wildkräuter und Blüten davon wie die blut- und
nervenreinigenden Schlüsselblumen oder Löwenzahnblumen
dazu gibt. Schweren Stuhlgang löst Stiefmütterchenkraut
und Blumen.
Mittags: Grünes Spargelgemüse wie im Vorhergehenden beschrieben.
Nachtisch: Schnittlattich mit Schnittlauch und Walnuß-
kernen. Kräutertee.
Abends: Gemischtes Gemüsegericht mit jungen Lindenblättem. Wal-
nußkerne hackt man mit dem Gemüse zusammen.
Nachtisch: Getrocknete Früchte und Nußkerne nach Wahl.
Donnerstag.
Morgens: Wenn die Jahreszeit soweit vorgerückt ist, wird ein Gericht
aons frischem Beerenobst, mit Leinsaatmehl angemacht, eine
gute und sättigende Morgenspeise sein.
Mittags: Saure Linsenüberraschung nachdien gegebenen Anweisungen.
Nachtischspeise oder Frischobst nach Wahl mit Nüssen.
Abends: Vogelnest nach der Anweisung in den Gemüsezubereitungen
mit Radieschen und eßbaren Blumen.
Nachtisch: Frisches Beerenobst nach Wahl oder Trockenobst
mit Kräutertee.
Freitag.
Morgens: Meerrettichspeise. Wer an Hautunreinigkeiten, Furunkulose
u. a. leidet, der versuche folgendes: 1 Eßlöffel geriebener
Meerrettich wird mit 1 Eßlöffel Olivenöl oder gutem Speiseöl
versehen und mit gemahlenen Erdnußkernen verrieben.
Anschließend eins der vorbeschriebenen Frühstückgerichte
oder Leinsaatbrei mit frischen oder getrockneten Früchten.
Mittags: Junge Erbsen in Nußkrem, angemacht mit jungen Zwiebeln
und Gartengemüse. Auch zu dicht stehendes junges Erbsen-
kraut kann zu einem solchen Gericht gut Verwendung
finden.
Nachtisch nach eigener Wahl.
407
Abends:
Rhabarberstengel in Honig. Rhaberberstengel werden am
Vormittag in feine Scheiben geschnitten, mit Gewürzen
oder geriebenen Radieschen versehen und in Honig ver-
rührt. Dazu reicht man eine Schale mit Leinsaatbrei oder
eine Schale mit trockenem Leinsaatmehl, gemahlenen Nüs-
sen und Korinthen. Nachtisch nach eigener Wahl.
Sonnabend.
Morgens: Gemüse mit jungem Zwiebelkraut und jungen Erbsen, ge-
mahlenen Nußkernen nach Wahl oder Kokosraspel. Etwas
Rhabarbersaft macht das Gericht erfrischender.
Mittags: Gemüsegericht nach eigener Wahl und vorhandenen Zutaten
oder Beerenobstgericht mit Leinsaatmehl und gemahlenen
Nußkernen.
Trockenobst mit Walnußkernen.
Abends: Fruchtschale aus frischem Beerenobst wie vor.
Nachtisch und Getränk nach eigener Wahl.
Sonntag.
Morgens: Bananenschlag oder frisches Beerenobst, mit g)emaihlenen
Nußkernen oder Leinsaatmehl amgemacht.
Mittags: Für den Sonntagsausflug bereite man eine Fruchtnußpaste
oder mit Zusatz von Getreidezubereitungen einen Frucht-
nußkuchen vor, schneide den in Scheiben oder rolle zu
kleinen Kügelchen. Dazu reicht man Frischobst nach Wahl.
Abends: Tomaten- und Gurkengemüse mit Nußkernen angemacht
oder mit einer der vorbeschriebenen Tunken.
Wochenspeiseplan für Sommer und Herbst
Auch die folgenden Anweisungen können in den vorhergehenden
Ausführungen des Buches nachgelese 11 werden.
Man beachte immer: Vor den Hauptgerichten mittags und abends
sollte immer eine Vorspeise als Suppe oder als weicher Brei oder ein
Apfel oder anderes Obst der Jahreszeit entsprechend zur Anregung
gereicht werden.
Montag.
Morgens: Leinsaatmehlzubereitung mit Äpfeln oder Pflaumen oder
Beerenobst.
Mittags: Bestrichene oder belegte Gemüsescheiben nach den vorher-
gegangenen Anweisungen zubereitet.
Gurkenkremspeise. Trockenobst und Nußkerne.
Abends: Fruchtgericht, aus frischem Früchten oder edngewedchtem
Trockenobst zube reitet.
Dienstag.
Morgens: Heiltrank. Leinsaatmehl wird am Abend vorher mit Brenn-
nesselpulver oder fein gewiegtem Brennesselkraut einge-
408
weicht. Dazu gibt man kleingeschnittenes Trockenobst oder
Korinthen o. a. nach Wahl.
Mittags: Weißkohl mit Sellerie, geriebenen Möhren und Zwiebeln,
mit Nüssen und Tomaten angemacht.
Frühäpfel mit Fruchtnußkuchen.
Abends: Tomaten- und Gurkengericht, mit Zwiebeln und Kräutern
angemacht. Dazu gibt man gemahlene Mandeln mit Zusatz
von Pinienkernen.
Nachtisch nach eigener Wahl.
Mittwoch.
Morgens: Gemischte Fruchtspeise.
Leinsaatmehlgetränk mit Honig oder süßem Trockenobst.
Mittags: Gemischte Gemüseplatte mit Kräutern und Blumen ver-
ziert. Dazu reiche man eine Schale mit gemahlenen Nuß-
kernen, Mandeln usw.
Gefüllte Gurken. Dazu nimmt man am besten kleine dicke
Gurken. Diese werden quer zur Länge halbiert und aus-
gehöhlt. Den Saft mischt man mit Kräutern und gemahlenen
Nußkernen oder Mandeln und füllt ihn wieder in die Gur-
ken. Der Inhalt wird dann mit einer halben Tomate ver-
schlossen. Das Gericht wird mit Kräutern geschmückt und
auf Lattichblättern aufgetragen.
Abends: Gemüsegericht aus Lattich und Endivien mit Kräutern,
Zwiebeln und Tomaten.
Datteln oder süßes Trockenobst nach Wahl mit Nußkernen
und Zitronensaftgetränk mit Honig.
Donnerstag.
Morgens: Preisei- oder Brombeerspeise. Das Beerenobst wird zer-
quetscht und mit Leinsaatmehl oder gemahlenen Nußkernen
oder Mandeln gemischt.
Mittags: Rotkraut mit Äpfeln und gemahlenen Nüssen. Gewürz-
kräuter und geriebene Möhren verändern das Gericht nach
Wunsch. Auch geriebene Sellerieknollen können dazu ge-
geben werden.
Gurken und Tomatengericht mit Nußkernen.
Abends: Gefüllte Tomaten. Gemischte Obstplatte mit Nüssen.
Freitag.
Morgens: Pflaumenspeise mit Leinsaatmehlbrei.
Mittags: Spinat und Möhrengericht mit ApfeLscheiben.
Obst und Nüsse.
Abends: Endivien und Möhren, angemacht nach den vorhergege-
benen Anweisungen.
Obst und getrocknete Früchte mit Nüssen.
Sonnabend.
Morgens: Kartoffelkremspeise. Dieses Gericht ist besonders für Ma-
gen- und Darmkranke geeignet. Mischt man zarte Radies-
409
chen oder milden Rettich, gerieben, hinein und gibt Erdnuß-
kerne zu dem Gericht, dann ist es ein wohlschmeckendes
Essen.
Leinsaatmehlspeise mit Frischobst.
Mittags: Blumenkohlgericht mit Möhren und Tomaten. Gemahlene
Nußkerne, Gewürzkräuter und Zwiebeln nicht vergessen
und mit Blumenkohlstückchen, Tomatenscheiben und Lat-
tich- oder Endivienblättern verzieren.
Nachtisch nach eigener Wahl.
Abends: Blutreinigungsspeise. Rote Beete, Weißkohl oder Kohlrabi,
junge Möhren, Selleriewurzel und anderes frisches Wurzel-
oder Knollengemüse wird gerieben und gemischt. Dazu gibt
man reichlich Apfelsaft oder fein geschnittene Äpfel und
Kräuter. Gemahlene Erdnußkerne, mit anderen Nüssen ge-
mischt, werden hinzugegeben und das Gericht mit Honig
und öl abgeschmeckt.
Frisches Beerenobst oder Früchte mit Nußkernen.
Kräutertee.
Sonntag.
Morgens: Gemischte Fruchtspeise. Wenn man zu diesem Gericht
frische Weintrauben verwenden will, so wasche man diese
tüchtig in heißem Wasser. Dazu gibt man eine Nußkrem
mit Apfelsaft verrührt. Leinsaatmehlgetränk.
Mittags: Gemischte Ohstplatte mit Nußkernen. Das entlastet die
Hausfrau für den Sonntag.
Abendis: Tomaten- und Gurkenspeise.
Obst mit Nußfruchtkuchen. Heißes Honigwasser mit Zitro-
nensaft.
Wochenspeiseplan für die Wintermonate
Bei diesen Zusammenstellungen ist zu beachten, daß es keineswegs
nötig ist, alle Speisen kalt zu essen. Man kann sich alle Gerichte auf
richtige Eßwärme vorwärmen und auch die Getränke so heiß werden
lassen, daß man sie noch gut trinken kann. Im Winter ist eine warme
Suppe vor den Hauptmahlzeiten immer angebracht und wird gern
genommen werden. Die Speisen dürfen dabei nicht ins Kochen
kommen.
Montag.
Morgens: Leinsaatschrotbrei. Dieser kann schon am Abend vorher
vorbereitet werden und braucht dann nur angewärmt zu
werden. Wer es morgens erst zubereiten will, der nehme
zum Anrühren des Breies heißes Wasser.
Zwischenfrühstück, falls notwendig, Gemüsescheiben mit
Belag.
Mittags: Rosen- oder Blätterkohl mit Möhren und Sellerieknollen,
Man beachte: die Strünken vom Blätter- oder Grünkohl
werfe man nicht weg, sondern gebe sie fein geschnitten
410
oder gerieben mit in das Gericht. Die Strünken des Blätter-
kohles sind süßer als die Blätter und mineralstoffreicher.
Man spare bei diesem Gericht nicht mit den Nüssen und
schmecke gut mit öl oder Honig ab. Kümmelsaat schmeckt
immer gut zu Kohlgerichten.
Nachtisch: Äpfel mit Nußkernen und Trockenobst.
Abends: Gemüsegericht wie zu Mittag.
Frische oder getrocknete Früchte mit Nüssen.
Dienstag.
Morgens: Leinsaatzubereitung mit Trockenbanianen und Aprikosen.
Zwischenfrühstück: Trockenobst nach Wahl zusammen mit
Nußkernen oder Mandeln durch die Nußmühle geben und
mit Frischobst verzehren. Solche Zubereitungen eignen sich
gut als Wander Verpflegung und Schulfrühstück für die
Kinder.
Mittags: Rotkraut oder Weißkohl mit Äpfeln, Möhren (und Nüssen.
Nachtisch: Gemüsescheiben mit Belag. Man trage die Ge-
müsescheiben auf Rotkrautblättern mit Petersilie und To-
matenscheiben verziert auf.
Abends: Belegte Gemüsescheiben ailis Vorgericht.
Frische oder getrocknete Früchte mit Nußkernen. Trocken-
obst kann man auch in wenig Wasser vor weichen.
Mittwoch.
Morgens : Fruchtmus mit Äpfeln. Frisches oder eingewedchtes Trocken-
obst werden gerieben oder gequetscht und mit Leinsaat-
schrot oder gemahlenen Nüssen verrührt. Man kann das
Fruchtmus mit Nüssen anmachen und dann auf dicke Apfel-
scheiben auflegen.
Mittags: Schwarzwurzelgericht mit PeteTTsilienwurzeln umd Weißkohl,
angemacht mit Nüssen und Gewürzen.
Nachtisch: frisches oder getr. Obst mit Nüssen.
Abends: Gemüse Vorgericht wie am Mittag; Gemischtes Frischobst
mit zerkleinerten Walnüssen oder geriebenen Paranüssen.
Je besser man kaut, desto würziger schmeckt es.
Donnerstag.
Morgens: Fruchterfrischung mit LeinsaJatmeihi> unter Zusatz von etwas
gemahlenem Mohn oder fein gemahlenen Pinienkernen. Das
ganze Gericht gut in Wasser verrühren. Dazu Äpfel als Zu-
speise.
Zwischenfrühstück: Kraftnußmehl mit Frischobst. Lein-
saatmehl mit gemahlenen Nußkernen gemischt ist dazu
sehr sättigend.
Mittags: Saures Hülsenfruchtgericht. Man wiälhle eins der im Text
angegebenen Gerichte.
Nachtisch: Obst mit Nüssen.
411
Abends: Vorgericht wie zu Mittag.
Obst mit frischen Südfrüchten oder Trockenobst nach Wahl
mit Nüssen und Nußkernen.
Als Getränk sei besonders ein Tee aus Lindenblüten und
Salbeiblättern empfohlen. Ein solcher Tee lindert entzündete
Schleimhäute und heilt Hustenreiz. Wenn man dazu noch
etwas Süßholzpulver trocken auf der Zunge zergehen läßt,
so wirkt das gut bei Erkältung der Halsschleimhäute und
heilt Hustenreiz sehr schnell.
Freitag.
Morgens: Äpfel mit Nußgetränk.
Gemüsepudding als Zwischen frühstück.
Mittags: Wurzeln und Endivien oder Grünkohl.
Obst- und Gemüsescheiben mit Selleriewurzelbelag.
Abends: Vorgericht wie zu Mittag.
Rapunzel aoch Feldsalat genannt mit Äpfel und Nüssen.
Kräutergetränk.
Sonnabend.
Morgens: Salbeitee mit Honig. Im Winter ist dieser Tee immer gut
gegen entzündete Schleimhäute.
Gemischte Fruchtspeise mit Leinsaatmehl wie unter Lein-
saatzubereitungen angegeben.
Mittags: Pastinaken und Weißkohl. Pastinaken ergänzt durch Möh-
ren ergeben immer schmackhafte und würzige Gerichte zu-
sammen mit Zwiebeln und Gewürzen. Man vergesse die
Nüsse nicht zu diesen Gerichten.
Abends: Gemüse wie zu Mittag.
Apfelkremtorte.
Sonntag.
Morgens: Leinsaatzubereitung nach eigener Wahl.
Zwischenfrühstück: Fasten. Sonntagsfasten oder nur Frisch-
obst essen, gibt dem Magen eine notwendige Erholung.
Abends: Je einfacher das Abendgericht, desto mehr wird die Haus-
frau und Mutter am Sonntag entlastet.
Zu diesen Anweisungen müssen noch einige Erläuterungen gegeben
werden. Nüsse und Nußkerne gehen gut mit allen Gemüsen und allen
Obstgerichten. Man fürchte nicht, daß man dabei zu große Mengen
Eiweiß genießen möchte, die den Körper belasten könnten. Der Eiweiß-
gehalt der Nüsse ist nicht so groß, wie man allgemein annimmt. Man
studiere nur die vergleichende Tabelle der Trockenanalyse der Nah-
rungsmittel und beachte diese Tabelle und die Zusammensetzung der
Nüsse sehr sorgfältig, um die Unterschiede in den Nüssen festzustellen.
Alle Gerichte können in den Speisezubereitungen nachgelesen wer-
den und ist zu hoffen, daß den Hausfrauen und Müttern durch diese
Wochenspeisepläne eine wirkliche Hilfe gegeben sein wird. Es sind
412
dies alles Anleitungen, die jederzeit verändert und erweitert werden
können je nach den vorhandenen Zutaten und dem Geschmack der
Essenden.
Man beachte noch, trockene Getreidezubereitungen sollten weder
roh noch gekocht oder gebacken mit frischen grünen Kräutern in
einer Mahlzeit gereicht werden. Das ist besonders zu beachten, wenn
sich unter den Tischgästen Leute mit schwachem oder empfindlichem
Magen oder gar Magenkranke befinden, die unter Magen- und Darm-
störungen zu leiden haben. Alle anderen pflanzlichen Nahrungsmittel
können ohne Bedenken in entsprechenden Zubereitungen oder auch
unzubereitet zusammen gereicht werden.
Man vergesse zum Schluß nicht, daß der Mensch seine Zähne zum
Kauen bekommen hat und daß man deshalb die einzelnen Zutaten zu
den Gerichten möglichst nicht mehr zerkleinere als unbedingt not-
wendig ist. Kinder sollte man, je früher desto besser, an den natür-
lichen Geschmack der gereichten Nahrung gewöhnen. Breiweiche, mit
Honig gesüßte Speisen verführen zur Kaufaulheit und verhindern da-
durch die gute Durchspeichelung der Nahrung.
Auch die neueren Zerkleinerungsmaschinen, in denen elektrisch be-
triebene Messerkreuze mit rasender Geschwindigkeit Obst und Ge-
müse zerkleinern, sind nicht für den Frischköstler geschaffen. Die
rasend schnelle Umdrehung des Messerkreuzes zerkleinert nicht nur
das Gemüse und das Obst, sondern zerschlägt es so gründlich, daß
auch das Zellgefüge zerrissen wird. Dadurch kommt der Inhalt der
Zellkerne mit der Luft und mit dem Sauerstoff der Luft in innige
Berührung. Der Sauerstoff der Luft am Unrechten Platz aber zerstört
den Gehalt an Geschmacks- und Duftstoffen so gründlich, daß mit der
Ganzheit der Zellgefüge auch ihr Inhalt an dem Unwägbaren, Fein-
stofflichen verloren geht, das das eigentlich Lebendige im Stofflichen
ausmacht, dessen Zerstörung aber auch die besten Zutaten wertlos
werden läßt.
Der Nahrungswert der Nüsse
Um die Frage zu klären, ob man nicht zu viel Eiweißstoffe ißt, wenn
man zu allen Gerichten sowohl zu Gemüsezubereitungen als auch zum
Obst mehrmals am Tage Nußkerne nimmt, besonders, da doch immer
wieder vor einem zu reichlichen Genuß von Eiweißstoffen gewarnt
und erwähnt wird, den Eiweißbedarf eher zu niedrig als zu hoch ein-
zuschätzen.
Nun ist die Zusammensetzung der verschiedenen Nüsse und Nuß-
kerne wirklich nicht gleichartig. Auch läßt sich für den Gehalt keine
Norm aufstellen. Es ist vielmehr notwendig, sich einmal genau mit
der Zusammensetzung der Nüsse zu beschäftigen und deren Gehalt
miteinander zu vergleichen. Das ist am besten möglich durch die fol-
gende kleine Tabelle.
413
Zuckerstoffe
Aschen
Proteine
Kohle-
Mineral-
Wasser
Eiweiß
öl, Stoffe
hydrate
stoffe
Haselnußkeme
3,7
15,6
65,0
13,0
2,5
Walnüsse
2,5
18,0
64,0
13,0
2,0
Mandeln
4,8
21,0
64,0
13,0
2,0
Paranüsse
5,0
17,0
67,0
7,0
4,0
Kokosnuß
15,0
5,7
49,6
28,0
1,7
Pinienkerne
3,5
14,5
62,0
17,0
3,0
Erdnußkerne
9,0
25,5
38,0
25,0
2,0
Die angeführten Werte der einzelnen Bestandteile in Hundertteilen
des Gesamtgewichtes sind Durchschnittszahlen, die sich geringfügig je
nach Standort und Bodenverhältnissen verändern können.
Wir ersehen aus dieser kleinen Übersicht sowohl den großen Fett-
gehalt der Nüsse als auch den bedeutend niedrigeren Eiweißgehalt im
Verhältnis zum Fettgehalt. Der größte Bestandteil der Nüsse sind die
Ölstoffe und die Zuckerstoffe oder Kohlehydrate. Die Eiweißbestand-
teile machen durchweg weniger als ein Fünftel aus. Man muß daher
schon sehr große Mengen an Nüssen verzehren, ehe ein Überschuß an
Eiweißstoffen in der Ernährung entsteht.
Die Nuß ist für den Frischköstler nicht nur deshalb von so großem
Vorteil für den Aufbau des Körpers, weil seine Eiweißbestandteile so ^
groß sind und deshalb den Körper mit genügend Eiweißstoffen ver-
sehen. Vorläufig ist es noch keineswegs sicher, ob die Eiweißstoffe, die
beim Abbau im Magen nach den Untersuchungen der Fachwissenschaft
in Aminosäuren zerfallen und sich deshalb zum Teil als Säurebildner
erweisen, ob sich aus diesen das Körpereiweiß des Menschen aufbauen
kann. Es wird angenommen, es könnte so sein, aber wirkliche Gewiß-
heit darüber können wir Menschen uns nicht beschaffen, da wir immer
noch nicht wissen, wie sich die Eiweißstoffe im Körper wirklich bilden
und wo sie sich bilden. Auch ist es noch keineswegs sicher, ob das ge-
samte Nußeiweiß in Aminosäuren zerfällt oder sich im Magen und
Zwölffingerdarm nur verwandelt in ähnlicher Weise vielleicht wie die
Ölstoffe und dann in Verbindung mit Säften aus der Bauchspeichel-
drüse wichtige Bausteine für die Gehirn- und Nervenmasse ergeben.
Auf jeden Fall sind die öl- und Fettstoffe in den Nüssen ebenso wich-
tige Bestandteile in der Nuß wie die Eiweißstoffe. Die öl- und Fett-
stoffe sind in den Nußkernen in feinster Verteilung eingebaut. Beim
intensiven Kauen und Einspeicheln, das noch durch feine Verreibung
mit Hilfe der Nußmühle unterstützt werden kann, besonders, wenn
die Zähne schlecht sind, werden die Ölbestandteile in feinster Weise
im Speichel emulsioniert. In dieser Form werden sie dann im Magen
durch die Magensäfte noch weiter vorbereitet und sind dann bestens
zur Verseifung in den Gallensäften und in den Säften der Bauch-
speicheldrüse geeignet. Aus diesen verseiften öl- und Fettstoffen der
Nüsse aller Art baut sich dann nach Umwandlung in den Lungen nicht
414
nur die Nerven- und Gehirnmasse auf, sondern auch die gesamte
Muskelmasse mitsamt den Knochen. Die öl- und Fettstoffe in den
Nüssen, im Gemüse und in ähnlicher Weise in den Ölsaaten verwan-
deln sich in den Verdauungsorganen durch Verseifung mit den Gal-
lensäften und den Säften der Bauchspeicheldrüse um in die wichtig-
sten Baustoffe des Körpers. Sie sind deshalb unentbehrlich für den
Menschen. Da diese Tatsache nicht nur am eigenen Körper, sondern
bei Gesunden und Kranken immer wieder nachgeprüft werden kann,
deshalb ist immer wieder die Wichtigkeit des Nußzusatzes zu allen
Gemüse- und Obstgerichten betont worden. Aber eine Verseifung der
Ölstoffe im menschlichen und tierischen Körper kann in vollkommener
Weise nur eintreten, wenn die Nüsse und überhaupt alle Nahrungs-
mittel in rohem Zustande verzehrt werden. Wer geröstete oder in
Kuchen gebackene hocherhitzte Nüsse oder Mandeln oder noch
schlimmer geröstete Erdnußkerne verzehrt, der wird dieses Segens,
der in den Nüssen liegt, nicht teilhaftig werden. Erhitzte oder ge-
röstete öl- und Fettstoffe sind im Körper nicht mehr verseifbar und
bilden nun eine Belastung für den Darm und die Organe des Men-
schen. Da aber mit dem Erhitzen der Nüsse in solchen Fällen auch die
Eiweißstoffe erhitzt werden, so wird der Schaden doppelt groß, denn
erhitzte Eiweißstoffe sind aus ihrer natürlichen Bindung herausge-
fallen und ihrer Lebenskraft beraubt. Sie können im Körper nicht
mehr verwertet werden, sondern verwandeln sich nun tatsächlich in
Säuren, die schnellstens durch Mineralstoffe in der Nahrung abge-
bunden werden müssen, wenn sie nicht den Anlaß zu krankhaften Er-
scheinungen geben sollen. Die zur Abbindung der entstehenden
Säuren benötigten Mineralstoffe aber gehen dem Körper verloren.
Außer diesen beiden auf bauenden Bestandteilen in der Nuß, den
Ölstoffen und dem Eiweiß, können wir dann noch den verhältnis-
mäßig großen Bestandteil an Mineralstoffen feststellen. Dieser dient
in Verbindung mit den Ölstoffen zum Aufbau des Körpers und zur
Abbindung von sich im Körper als Stoffwechselschlacken bildenden
Abbausäuren. Zum Schluß muß noch auf den großen Gehalt an wert-
vollen Zuckerstoffen eigener Art hingewiesen werden. Die Zucker-
stoffe in der Nuß sind etwas ganz besonderes in ihrer Eigenart. Es
sind keine eigentlichen Zuckerstoffe wie im Saft der Gemüse, der
Möhren und der Wurzelgemüse z. B. auch keine solchen, die man mit
den Faserstoffen des Gemüses vergleichen könnte, sondern sie finden
sich in engster Verbindung mit den Eiweißstoffen und bilden mit
diesen zusammen den Träger der öl- und Fettstoffe, die wir als das
Wichtigste in der Nuß erkannten.
Als Ganzes betrachtet ist diie Niuiß iiru ihren' verschiedenen Arten das
Nahrungsmittel, das uns die Natur zum Aufbau und zur Gesund-
erhaltung unseres Körpers gespendet hat.
Das beachte, wenn dir, lieber Leser, daran liegt, gesund und kraft-
voll deinen Lebensweg zu vollenden.
415
IVa.
Ernährung bei krankhaften Zuständen
Im zweiten Teil dieses Buches sahen wir, wie der Mensch durch die
landesübliche Ernährung seine Gesundheit auf die vielfältigste Weise
schädigt und untergräbt. Eine von Gesundheit getragene Fröhlichkeit
sollte das Ziel unseres Lebens sein, aber wo finden wir diese?
Gibt es in der heute lebenden Menschheit überhaupt noch einen
Menschen, der, gesund ernährt, von fröhlicher Schaffenskraft erfüllt,
krankhafte Zustände in seinem Körperhaushalt nicht kennt? Ist nun
das Arbeiten der Organe im menschlichen Körper durch die landes-
übliche unsinnige Ernährung in Unordnung geraten, so werden seine
Organe nicht mehr richtig arbeiten können, und es tritt das ein, was
wir allgemein als Krankheitszustand ansprechen. Im allgemeinen ist
der Gesundungswillen und die innere Lebenskraft des Körpers groß
genug, um auftretende geringe Schwierigkeiten zu überwinden, wenn
dem Körper Ruhe, frische Luft und möglichst wenig oder gar keine
Nahrung angeboten wird. Durch gelegentliches Fasten schaffen dann
die Organe den angesammelten Unrat und die Stoffwechselrückstände
aus dem Körper und lassen ihn dadurch gesunden. Wenn aber bei der
heutigen Unwissenheit der Menschen in Emährungsf ragen ein ord-
nungsmäßiges Arbeiten der Organe des Körpers nicht mehr möglich
ist, dann tritt das ein, was wir als Krankheitserscheinungen akuter
oder chronischer Art bezeichnen. Viele dieser Krankheiten wurden in
ihrem Ursprung bereits aufgezeigt. Sie werden im allgemeinen durch
Umstellung der Ernährung von selbst verschwinden. Aber es gibt
doch Krankheitszustände, mit denen der Mensch unserer Tage nicht
mehr fertig werden kann, d. h. durch die Mißerfolge der bisherigen
Krankenbehandlung unter Beibehaltung der landesüblichen Ernäh-
rung sind die Menschen so im Bann gehalten, daß sie von unheilbaren
Krankheitszuständen sprechen und bei Auftreten solcher Erschei-
nungen in Furcht und Schrecken versetzt werden. Aber auch solche
Krankheitserscheinungen werden durch eine entsprechende Ernäh-
rungsumstellung zum Verschwinden kommen, in jungen Jahren oft
in verblüffend kurzer Zeit, im vorgeschrittenen chronischen Zustand
braucht es allerdings Jahre, wenn eine Heilung überhaupt noch mög-
lich ist. Wie bei solchen schweren Krankheitszuständen vorgegangen
werden kann, das soll im nachfolgenden gezeigt werden.
Lungenleiden
Zum Verständnis müssen wir uns die Ursache der Lungenleiden
nach den in den vorhergegangenen Abschnitten gezeigten Entwick-
416
lungen noch einmal vor Augen halten. Wir müssen uns überlegen, daß
Mineralstoffmangel und unrichtige Schleimhautbildung trotz größerer
Beanspruchung der inneren Hautbildungen durch Hustenreiz, ausge-
löst durch den sich in der Lunge und den Bronchien absetzenden
Schleim aus den Brot- und Getreidespeisen, zusammen mit dem
Schleim der gekochten und vom Tier stammenden Genußmittel, un-
richtige Vorgänge auslöst. Es wird uns dann verständlich, warum der
Lungenschleim, der als Schutz gegen den Angriff des ätzenden Sauer-
stoffs der Luft auf den Lungenkörper gedacht ist, sich wegen seiner
kraftlosen Ausbildung unter dem Einfluß der Luft krankhaft ver-
ändert. Damit wird er zum geeigneten Nährboden für Bazillen und
Bakterien. Entsteht dann durch Hustenreiz eine Schadenstelle im
Schleimhautüberzug, dann wird es dem Sauerstoff möglich, den
eigentlichen Lungenkörper anzugreifen. Das führt zu vermehrter
Säftezufuhr, um den Schaden auszubessern. Sind die Säfte des Kör-
pers durch Fleisch und Brot mit Zutaten verdorben und entartet,
dann werden diese in den entarteten Gewebezellen durch die Arbeit
der Bakterien aufgelöst und beginnen, sich zu zersetzen. Das gibt
einen guten Nährboden für die Vermehrung der Bakterien und Ba-
zillen. Die Schadenstelle vergrößert sich und Kavernenbildung setzt
ein. Zur Ausheilung braucht der angegriffene Lungenkörper eine
pflanzliche Nahrung, die reich an erdigen Mineralstoffen und arm an
Schleimbildnern ist. Daneben muß sie reich an solchen Vitazymen und
Wirkstoffen sein, die der Hautbildung in jeder Weise dienlich sind.
Außerdem sind noch die besonderen Vitazyme nötig, die der Aus-
heilung der Gewebe dienen.
Die Grundlage der Ernährung bei Lungenleiden muß Rohgemüse
mit Bevorzugung der süßen Wurzelgemüse wie Möhren, Zuckerrüben,
rote Beete, Schwarzwurzeln, Rettich usw. sein. Diese Ernährung wird
ergänzt durch Beerenobst wie schwarze Johannisbeeren, Brombeeren
und Heidelbeeren, Stachelbeeren, Erdbeeren usw., alles mit Nuß-
kernen aller Art angeanacht. Besonders heil wirkend ist die Walnuß.
Vom Tier stammende Nahrungsmittel sowie gebackenes Brot und ge-
kochte Getreidespeisen müssen streng vermieden werden. Alles das
wird ersetzt durch Leinsaatmehl, gequetschten Mohn und Nüsse aller
Art. Solange sich das Lungenleiden noch im Anfangsstadium der
Krankheit befindet, sind die Verdauungsorgane im allgemeinen sehr
widerstandsfähig und verhältnismäßig gesund. Der Hauptwert der
kräftigenden Nüsse und der Ölsaaten für Lungenleidende liegt in
ihrem Ölgehalt. Besonders das Mohnöl ist bekannt als aufbauend und
heilkräftig für die Hautbildung und die Gesunderhaltung der Haut.
Der unvergleichlich wirksame Ölgehalt im frisch gequetschten Mohn
oder im frischen Leinmehl erhöht den natürlichen Widerstand der
Schleimhäute gegen den Angriff des Luftsauerstoffs und kräftigt
außerdem die Blut- und Nervenbildung wegen der leichten Versei-
fung der darin enthaltenen Ölstoffe im Darm. Das Beerenobst wird
am besten gemischt mit Leinsaatmehl und etwas gequetschtem Mohn
27 Sommer, Ernährung
417
mit Walnußkernen als Zuspeise. Diese drei sind reich an Mineral-
stoffen aller Art in Verbindung mit auf bauenden Proteinen oder Ei-
weißbildnern, welche die Drüsentätigkeit aller inneren Organe an-
regen und alle Störungen in der Nierentätigkeit beseitigen.
Wenn dann die Möglichkeit besteht, bei jedem Wetter in frischer
Luft zu sein und sich seine Nahrung möglichst selbst anzubauen oder
zumindest selbst herzurichten und zuzubereiten, dann werden Lun-
genleiden zur Ausheilung kommen und überwunden werden.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß die Heilkraft der Zitrone nicht
außer acht zu lassen ist. Sie besitzt nicht nur die Heilkräfte des Vita-
zyms C, sondern enthält auch Mineralstoffe und andere Kräfte, die
dann am wirksamsten werden, wenn die Frucht ganz gegessen wird,
d. h. man schält die reife Zitrone wie eine Apfelsine, teilt sie in
Schnitten und ißt sie. So gegessen, wird sie nur halb so sauer emp-
funden wie Zitronensaft. Man kann den Zitronensaft auch in Lein-
saatmehl geben oder macht Sauerlinsen mit Walnußkernen als Ergän-
zung der frischen Gemüsegerichte und Kräuterzubereitungen.
Anämie
Diese gefürchtete Krankheit der heranwachsenden Jugend ist die
Folge der Ernährung der Kinder nach der Entwöhnung mit fast nur
gekochten oder gebackenen Speisen. Wenn fast ausschließlich Gekoch-
tes als Nahrung gegessen wird, dann ist Mineralstoffmangel, Mangel
an den Grundlagen für den Aufbau gesunder Proteine oder Eiweiß-
stoffe in natürlicher Form, vor allem aber Mangel an leicht verseif-
baren, natürlich gewachsenen öl- und Fettstoffen die Ursache der
krankhaften Entwicklung der Säfte und Organe des Menschen. Tritt
dazu noch ein Mangel an Sonnenschein und Bewegung in frischer Luft
und Bevorzugung von im Körper sauer zerfallenden Süßigkeiten aus
Kunstzucker und dergleichen, dann überrascht der Zustand der Er-
krankten den Wissenden keineswegs. Die Heilung auch in fortge-
schrittenen Fällen von perniziöser Anämie liegt einzig und allein in
der Ernährungsumstellung mit Bevorzugung aller mineralstoffrei-
chen Nahrungsmittel, d. h. aller grünen Gemüse, Wildkräuter aller
Art, Wurzel- und Knollengemüse, Beerenobst und Früchten. Diese,
angemacht mit Nüssen, Leinsaatmehl, gequetschtem Mohn und der-
gleichen mehr, bewirken ganz von selbst die Heilung.
Die besten Erfolge werden erzielt, wenn das kranke Menschenkind
mit der Ernährung auch die bisherige Lebensweise ändern kann und
dazu übergeht, im eigenen Garten das zur Ernährung Notwendige
selbst anzubauen. Die Arbeit in Verbindung mit dem Erdboden, der
Aufenthalt in Sonne und frischer Luft, bringt allein schon einen Wan-
del im Befinden hervor, der sich sehr bald in einer besseren Arbeit
der Verdauungsorgane, der Nieren und der Lungen bemerkbar macht.
Für solche Kranke ist es genau so wichtig wie für Lungenleidende,
den Gemüsen, die sie für den eigenen Bedarf ziehen wollen, keinen
418
Stallmist und keine frische Jauche zuzusetzen, sondern nur abgelager-
ter Kompost, Pflanzenasche einschließlich Brikettasche und Steinmehl
verschiedener Art darf Verwendung finden. Damit auf jede Weise
den Pflanzen Gelegenheit gegeben wird, einen mannigfaltigen Mine-
ralstoffgehalt anzusammeln, müssen wir Steinmehle verwenden, die
aus verschiedenen Gesteinsarten gemischt wurden und in denen auch
vulkanische Erden aus zerbröckelter Lavamasse nicht fehlen. Gerade
in diesen sind Spurenelemente enthalten, die im gewöhnlichen Acker-
boden kaum mehr zu finden sind, die aber die Wirkung der Nahrung
auf den kranken Organismus ganz wesentlich steigern. Wir dürfen nie
vergessen, daß es nicht einfach darauf ankommt, sich auf pflanzliche
Nahrung umzustellen, sondern daß diese Nahrung auch nach den
natürlichen Lebensgesetzen der Pflanzen angebaut wurde. Es geht
nicht an, durch Zugabe von Stallmist, Jauche oder stickstoffhaltigen
Düngemitteln und Kalisalzen der chemischen Industrie die Pflanzen
zu verführen, statt in mühsamer Aufbauarbeit die Mineralstoffe des
Bodens zu lösen und einzubauen, stickstoffhaltige Ammoniumverbin-
dungen aufzunehmen, die, chemisch den mineralischen Basen gleich-
wertig, den Platz der natürlichen Mineralstoffe des Bodens vertreten
können. Eine Pflanze, die statt der natürlichen Mineralstoffe solche
basischen Ammonium- oder Stickstoffverbindungen in sich aufgenom-
men hat, zeigt wohl ein üppiges dickes Wachstum, aber sie neigt zur
Fäulnis, zerfällt sehr leicht und hat keinen Nährwert, sie schädigt
deshalb oft mehr als sie nützt. Die Ammonium- oder Stickstoffver-
bindungen, welche die Stelle der Mineralstoffe im Aufbau der Pflan-
zen vertreten, lösen sich in den Verdauungs Vorgängen auf und es
entstehen übelriechende Blähungen. Diese zeigen an, daß von einer
normalen Verarbeitung der gebotenen Nahrung nicht die Rede sein
kann. Unrichtig mit Jauche und Kunstdünger gezogene Nahrungs-
mittel können unter Umständen, anstatt zu heilen, den Krankheitszu-
stand verschlimmern. Es ist nicht so, wie es uns die moderne Dünge-
mittellehre der chemischen Industrie weismachen möchte, daß die
Pflanze den normalen und gesunden Gehalt an Mineralstoffen in sich
entwickelt und ansammelt, wenn sie unrichtig gedüngt wurde, trotz-
dem sie ein üppigeres Wachstum zeigt und auch größere Erträge lie-
fert. Was nutzt eine größere Menge, wenn sie keine normalen und im
gesunden Wachstum eingebauten Mineralstoffe enthält und damit
nachteilig für die Ernährung ist! Diese Tatsache muß sich der heilung-
suchende Mensch stets vor Augen halten, um zu wissen, daß er nur
dann vollen Erfolg mit seiner natürlichen Ernährung hat, wenn er
gesunde, mineralstoffreiche Pflanzen verzehrt.
Epilepsie
Auch bei Epilepsie müssen eine ganze Reihe von Entartungserschei-
nungen vor liegen, die zusammen mit unvollkommener Lungentätigkeit
die Krankheit erzeugen können. Grundlegend scheint hier die unrich-
419
ti ge Verarbeitung der Brot- und Getreidespeisen zu sein, da gewisse
Störungen in der Lunge und in der Leber Zusammentreffen müssen,
um die schlagartigen inneren Erstickungsanfälle hervorzurufen. Wer-
den Beruf und Nahrung gewechselt, wird Gartenarbeit verrichtet,
dann nehmen die Anfälle sowohl an Heftigkeit wie an Häufigkeit ab
und verschwinden in 1 bis 2 Jahren vollständig. Sie kehren aber wie-
der, sobald zusätzlich zur Rohkost Brot- und Getreidespeisen gegessen
werden. Zu bemerken ist noch, daß sehr oft die Häufigkeit und die
Stärke der Anfälle zusammenfällt mit dem Wechsel in den Wetter-
verhältnissen. In den Frühjahrsmonaten, wenn die Sonnenkraft steigt,
tritt die Epilepsie schlimmer auf, während des Sommers und des
Herbstes weniger ausgeprägt, doch lebt sie in den Übergangszeiten
wieder auf.
Fettsucht und Zuckerkrankheit
Wie schon im Absatz „Brot- und Getreidekrankheiten“ gezeigt
wurde, handelt es sich hier um die Folgen des Essens von Brot und
gekochten Getreidespeisen. Die Erscheinungen werden verstärkt durch
die schädigenden Einwirkungen der Fleischnahrung. Deshalb ist es
ein grundlegender Fehler, den Zuckerkranken zu raten, statt des ver-
botenen Brotes um so mehr Fleisch und Fett zu essen.
Die Heilung liegt in der Umstimmung der Organe und vor allem in
der Anreicherung des Blutes und der Säfte mit Mineralstoffen. Nur
wenn die Nahrung einen hohen Mineralstoffgehalt hat, kann die
Bauchspeicheldrüse das zur Regelung des Zuckerspiegels notwendige
Insulin erzeugen. Und nur, wenn der Gehalt an basischen Grund-
stoffen in der Nahrung den Anforderungen des Körpers genügt, kann
die Lebertätigkeit in Ordnung kommen und die Gallenabsonderung
einen geregelten Verlauf nehmen.
Die Heilung aller Erscheinungen der Fettsucht und der Zucker-
krankheit ist nur möglich mit Hilfe der grünen Gemüse unter Bevor-
zugung der bitteren Wildkräuter wie Löwenzahn, Wegerich, Schaf-
garbe, Gundermann, der Blüten vom Huflattich und schließlich Vogel-
miere, Brennessel u. a. Sie alle sind von sehr heilkräftigem Einfluß
gerade bei dieser Krankheit, die so ganz besondere Beziehungen zum
Zuckerstoff Wechsel hat. Vom Löwenzahn wird die ganze Pflanze,
Blätter, Blüten und Wurzel, verwendet. Dabei können alle Wurzel-
und Knollengemüse reichlich mit verwertet werden einschließlich der
süßen Möhren, der roten Rüben und der rohen Zuckerrüben. Wir
müssen uns immer vor Augen halten, daß die Zuckerkrankheit nur
durch die gekochte und gebackene Stärke in den Brot- und Getreide-
speisen hervorgerufen wurde. Die natürlichen Zuckerstoffe der Wur-
zelgemüse und aller Früchte sind von heilsamem Einfluß und ver-
schlimmern niemals das Grundleiden.
Im Frühjahr können diese Kranken zum Anmachen der Gemüse
mit Vorteil den rohen Saft von frischen jungen Rhabarberstengeln
verwenden, der von gutem Geschmack ist und vor allem immer an-
420
regend auf die Verdauungstätigkeit wirkt. Besonders zu bevorzugen
sind auch bei diesen Kranken die schwarzen Johannisbeeren, die
Heidelbeeren, die Brombeeren und die Stachelbeeren, doch vergesse
man auch die Erdbeeren und Himbeeren nicht.
Zum Schluß noch ein kurzes Beispiel: Dem Verfasser wurden zwei
Brüder bekannt, die beide die ausgesprochenen Symptome ziemlich
fortgeschrittener Zuckerkrankheit zeigten. An schlimmen Tagen er-
reichte der Zucker im Harn den gefährlichen Satz von 7 bis 8%>.
Beiden wurde der Zusammenhang der Entstehungsursachen mit den
Ernährungsgewohnheiten erklärt und entsprechende Verhaltungsmaß-
regeln gegeben. Der eine konnte sich von seinem Braten und den
gewohnten Gerichten nicht trennen. Er starb ungefähr zwei Jahre
später trotz Insulin usw. Der andere hielt sich streng an die hier nie-
dergelegten Vorschriften und gesundete zusehends.
Nierenleiden
Eine der gefährlichsten Krankheiten ist die Nierenschwindsucht,
auch Bright’sche Nierenerkrankung genannt, nach dem Arzt, der diese
Krankheit zum ersten Male eingehend beschrieben hat. Bei dieser
Krankheit handelt es sich um eine Zersetzung und Auflösung der Nie-
ren. Die Eiweißstoffe im Harn sind die Abgänge von Geschwürbildun-
gen oder Auflösungserscheinungen des Nierenkörpers selbst. Da nun
die Nieren, wie gezeigt, hochwichtige Aufgaben im Körper des Men-
schen, z. B. den Ersatz der Kalkstoffe, zu erfüllen haben, so ist es
klar, daß bei einem solchen langsam und schmerzlos fortschreitenden
Verfall dieser Organe der allgemeine Zusammenbruch nicht lange auf
sich warten läßt.
Wir sahen im ersten Teil dieses Buches, daß die Hauptaufgabe der
Nieren die Herausziehung des Kalk- und Magnesiagehaltes aus den
Säften und den Pflanzenfaserstoffen der Nahrung und Vorbereitung
der Kalkstoffe für den Einbau in die Knochen, Muskeln und Organe
des Körpers ist. Dabei geht die Herausschaffung der Stoffwechsel-
rückstände aus den abgebauten Proteinen und Eiweißstoffen der
Muskeln, der Gehirn- und Nervenmasse usw. mit dem Harn und sei-
nen Bestandteilen nebenher. Werden aber die mikroskopisch feinen
Haarröhrchen-Gebilde der Nieren gezwungen, außer den im gesunden
Lebensbetrieb anfallenden Stoffwechselrückständen auch noch die
Zerfall- und Auflösungsreste mitsamt den Leichengiften aus den ver-
zehrten vom Tier stammenden Genußmitteln zusätzlich auszuschei-
den, dann wird die eintretende Überlastung so groß werden, daß der
Nierenkörper die zusätzliche Arbeit nicht mehr leisten kann und im-
mer in Gefahr ist zusammenzubrechen. Kommt dazu noch die zwangs-
läufige Ausscheidung des Kochsalzgehaltes der gekochten Gemüse-
und Fleischgerichte und der Salzzugaben in fast allen Speisen, die der
Mensch landesüblich ißt, und die erzwungene Ausschwemmung der
Mengen an alkoholhaltigen Getränken, dann ist das Maß zum Über-
laufen voll.
421
Vergegenwärtigen wir uns dann noch den Mangel an auf bauenden
Mineralstoffen in der gekochten Nahrung im allgemeinen und darum
die Unmöglichkeit, das zerfallende Nierengewebe schnell zu ersetzen,
so ist die Ursache des Zusammenbruchs unschwer zu erkennen. Sind
die Nieren an sich schwach und führt die Nahrung wegen des hohen
Gehaltes an Eiweißstoffen aus dem Fleisch-, Eier- und Fischverzehr
zur Bildung von Entzündungsherden und Geschwüren, so sind die
Nieren dieser Gefahr genau so gut ausgesetzt wie jedes andere Organ
des Körpers. Tritt dazu noch eine mangelhafte Hauttätigkeit, durch
die wiederum die Nieren zusätzlich belastet werden, so kann man sich
denken, daß ein einmal einsetzender Nierenzerfall mit Entzündungs-
erscheinungen darin nur schwer wieder zum Stillstand zu bringen ist.
Wird aber bei den ersten Anzeichen versucht, die Ernährung umzu-
stellen, werden vor allen Dingen alle vom Tier stammenden Genuß-
mittel einschließlich der Milch und der Milchprodukte, der Eier und
der aus Fischen zubereiteten Speisen vollständig gemieden, so kann
ein Wandel in den Stoffwechselvorgängen erreicht werden, besonders,
wenn man durch geeignete Maßnahmen die Hauttätigkeit anregt und
dadurch die Nieren entlastet. Die Hauttätigkeit wiederum muß durch
eine ausgiebige Lungentätigkeit entlastet werden. Nur so wird es
möglich sein, der Krankheit Halt zu gebieten, und bei entsprechender
Auswahl und Verwendung von biologisch angebauter Gemüse- und
Obstnahrung kann die Katastrophe vermieden werden.
Eine zusätzliche Wärmezufuhr in Gestalt von heißen Kompressen,
Wickeln und Sitzbädern wird die Nieren und das Nierenbecken so-
wohl wie die Harnleiter und die Blase kräftigen und dadurch viel zur
Heilung beitragen.
Krebsleiden
Es handelt sich bei diesem Leiden um krankhafte Wucherungen, die
durch unrichtige Umwandlung der Fleischbasen während der Stoff-
wechselvorgänge ihren Nährboden finden. Wenn die Fleischbasen, die
Xanthine, Sarkine, Kreatine, die Purinstoffe und deren Verwandte
usw. aus den gebotenen Fleischspeisen, den erregenden Getränken,
Kaffee u. a., nach der Umwandlung der Proteine in Aminosäuren
zerlegt werden, so können diese nicht wie die Proteine der Nüsse und
der pflanzlichen Samenkerne von neuem zu arteigenen Proteinen oder
Eiweißgrundlagen des menschlichen Körpers umgewandelt werden.
Es entstehen Fehlbildungen, die eine zusätzliche Belastung der Aus-
scheidungsorgane bilden und bei deren Versagen zu Mißbildungen der
eiweißhaltigen Körpersäfte führen.
Aber um ein Fremdgewächs im Körper mit Eigenleben heranwach-
sen zu lassen, sind immer und unter allen Umständen Kalium und
Kaliumverbindungen notwendig. Auch die Pflanze braucht zu ihrem
Aufbau große Mengen organisch gebundenen Kaliums. Kaliumverbin-
dungen sind ein Hauptbestandteil der Erdrinde. Fast alle Erden und
Gesteine enthalten Kaliumsilikate. Diese müssen in der im ersten Teil
422
dieses Buches eingehend geschilderten umständlichen Weise aus den
Erden gelöst, von den Wurzeln übernommen und aus dem Pflanzen-
saft richtig in den Pflanzenkörper und die Pflanzenfaser eingebaut
werden. Nun hat man in den achtziger Jahren entdeckt, daß die kali-
haltigen wasserlöslichen Abraumsalze als Kopfdünger scheinbar gute
ertragreiche Ernten, besonders beim Kartoffel- und Kohlanbau er-
geben. Seit der Zeit werden die Äcker und Gärten mit wasserlös-
lichen Kalisalzen gedüngt und der Ertrag ist seit der Zeit erheblich
gestiegen. Aber hat man auch bedacht, was mit solchen Kalisalzen im
Leben der Pflanze geschieht? Die lebensgesetzlich aus den Erden und
Gesteinen gelösten Mineralstoffe einschließlich ihres Kaligehaltes
werden aus dem Saft der Pflanze in die Faserstoffe derselben als
fester Bestandteil eingebaut. Die wasserlöslichen Kalisalze können
aber in die Lebens- und Wachstums Vorgänge genau so wenig ein-
gebaut werden wie der Natriumgehalt des Kochsalzes in den mensch-
lichen Körper, seine Säfte und seine Organe. Die sich im Regenwasser
lösenden Kalisalze werden mit dem Wasser von der Pflanze auf ge-
nommen und finden sich im Saft der Pflanze. Sie werden bei über-
mäßigem Vorhandensein als Einlagerungen zwischen die Gewebe ge-
schoben. Das ist besonders bei Kartoffeln gut zu beobachten, wenn
sie innerlich in Schwarzfäule übergehen. Mit der Speise gelangen nun
diese wasserlöslichen Kalisalze in den menschlichen Körper. Sie ge-
langen durch die Darmwände in die Säfte des Körpers. Hier sind sie
genau so nutzlos wie im Saft und im Körper der verzehrten Pflanzen.
In der chemischen Retorte erweist sich Kali immer als Kali. Die fein-
sinnig arbeitenden Organe und vegetativen Nerven des inneren
Stoffwechsels, die unserem Willen entzogen sind, wissen um die Un-
terschiede und lassen solche Kalisalze unberücksichtigt. Sie werden
aber in die Säfte des Körpers aufgenommen und vereinigen sich mit
den eiweißhaltigen Säften aus den vom Tier stammenden Genußmit-
teln. Treten dazu noch die aus allen gekochten stärke- und zucker-
haltigen Speisen sich bildenden unrichtigen nicht einbaufähigen
Zuckergrundlagen in den Säften hinzu, so haben wir alles, was zur
Entstehung von eitrigen Geschwüren notwendig ist. Haben sich in
den alternden, wenig widerstandsfähigen Organen genug solcher
krankhafter Einlagerungen gebildet, ohne daß der Mensch noch die
Kraft aufbringt, durch eine Fieberkrise den Zustand zu berichtigen
oder ein mit Fieber einhergehendes Geschwür zu treiben, dann hat
das Krebsgeschwür einen Nährboden gefunden und beginnt in eigen-
ständigem Wachstum zu wuchern wie der Schwamm im faulenden
Holz.
Eine zusätzliche, wahrscheinlich aber nur auslösende Ursache der in
den letzten Jahrzehnten immer mehr zunehmenden verhängnisvollen
Krebsgeschwüre mit tödlichem Ausgang sind die mit dem Aufblühen
der chemischen Industrie immer mehr in Gebrauch kommenden künst-
lichen Zusätze bei der Konservierung der Stapelnahrung in Dosen
und Behältern und den Zusätzen von Aromen und Hilfsmitteln des
423
Lebensmittelgewerbes. Mit der Entdeckung der vielfältigen Möglich-
keiten zur Herstellung von Aromen, Geschmacksstoffen, der künst-
lichen Frischhaltungsstoffe und der anderen Kunstprodukte aus den
Kohlenteerabkömmlingen, nimmt auch die Anfälligkeit für Krebs-
leiden unter den Kulturmenschen immer mehr zu. Dadurch wird eben
immer wieder bestätigt, daß Steinkohlenteer, der Grundstoff so vieler
Erzeugnisse der chemischen Industrie, in den menschlichen Körper
mit den Nahrungsmitteln wenn auch nur in kaum merkbaren Spuren
eingeführt, wie jede gröbere Berührung mit Teer oder Teerprodukten
krebserzeugend wirkt. Die vom Tier stammenden Genußmittel, die
mit Kalisalzen getriebenen Gemüsepflanzen, Kartoffeln, Rüben, Kohl
usw. und die gekochten und gebackenen Getreidespeisen im Körper
der Menschen ergeben dann den Nährboden für das durch die Teer-
produkte ausgelöste Krebsgeschwür. Wollen wir den Ausbruch eines
solchen oft unheilbaren Zustandes wirksam verhindern, so bleibt dem
Menschen nichts anderes übrig, als sowohl die Fleischspeisen mit
allem vom Tier Stammenden zu bannen, alle gekochten oder gebacke-
nen Getreidespeisen und Gemüsegerichte zu meiden und vor allem
alle Kunstprodukte als Zusatz zu den Lebensmitteln zu verbieten.
Krebsanfälligkeit ist nur ein Produkt der absurden Ernährung der
Menschen aus ihrer Hexenküche mit dem Kochtopf und der Brat-
pfanne, mit Konservierungs- und Färbemitteln und mit allen mög-
lichen und oft unmöglichen Zutaten aus dem Tierreich, ohne die es
dem Glauben der modernen Menschen nach nun mal nicht gehen
kann und nicht gehen würde. So lange aber dieser Glaube an die
kräftigende Wirkung der dem Tierreich entnommenen Speisen den
Menschen gepackt hält und er an die Ertragssteigerung durch künst-
liche Düngemittel und Kalisalze glaubt, wird er nie die Krebsgefahr
bannen können.
Magenentzündung, Geschwüre im Magen und Zwölffingerdarm
Wenn wir alle die Krankheitserscheinungen betrachten wollen, die
der Arzt als „Gastritis, Duodenitis, Ulcus ventriculi et duodeni“ usw.
kennt, so müssen wir uns in den Anfang dieser Krankheitsbilder hin-
einversetzen, um den Weg zur Heilung zu finden. Diese Erscheinungen
sind niemals ein Zustand, der den Betroffenen plötzlich überfällt und
ihn wie von ungefähr in Schrecken versetzt. Sie entwickeln sich viel-
mehr in frühester Kindheit, oft schon im Säuglingsalter, und ver-
schlimmern sich mit den Jahren immer mehr, bis schließlich eine Hei-
lung ohne das Messer aussichtslos erscheint. Wenn der Säugling die
Breinahrung mit dem Milchzusatz im Brechdurchfall von sich gibt,
das Kind ganz sauer aus dem Halse riecht und die Stuhlabgänge säuer-
lich stinken, dann ist die Grundlage für dieses Leiden gelegt. Aus
diesen Erscheinungen erkennen wir, daß im Magen des Säuglings die
gefürchtete Gärung der Milch- und Getreidebreie eingesetzt hat. Ist
dies eingetreten, dann bleibt selbst dann, wenn der Magen scheinbar
424
ganz entleert ist, doch ein wenig zurück. Dieser Rückstand wirkt dann
im Magen wie Sauerteig bei der Brotzubereitung und versetzt jede
nachfolgende Speise wieder in Gärung. Beim Kinde macht sich dieser
Dauerzustand bemerkbar durch öfteres saures Aufstoßen, durch Sod-
brennen im Halse, durch übergroße Empfindlichkeit gegen allerlei
Speisen, säuerliches Schwarzbrot z. B. wird nicht oder schlecht ver-
tragen. Es kommt des öfteren zu Magenentzündungen, die dann mit
sogenannter Schonkost überwunden werden. Das geht mit langsamen
Verschlimmerungen mit zunehmendem Alter immer weiter, bis sich
offensichtlich der Zustand der Magenversäuerung eingestellt hat. Aus
diesem entwickeln sich dann fortschreitend Magenentzündung, Magen-
geschwüre und schließlich Magenkrebs.
Wenn sich erst eine regelrechte Magenentzündung mit Magen-
geschwüren eingestellt hat, ist der Zustand des Menschen ein sehr
ernster. Wer es darum mit der Gesundheit seiner Kinder gut meint,
der sorge vom Säuglingsalter an für die Einhaltung der natürlichen
Gesetze der Lebenserhaltung. Er wird dadurch seinen Kindern das
Beste geben, was Eltern ihren Kindern mit auf den Lebensweg geben
können, nämlich eine gute Gesundheit.
Welche Wege aber müssen beschritten werden, um einmal eingeris-
sene Zustände zur Ausheilung zu bringen? Der Weg ist nicht einfach;
denn auch nach einer radikalen Ernährungsumstellung«bleibt der
Säurerest, der Sauerteig, im Magen zurück. Auch die beste Frischkost
kann von dieser Versäuerung erfaßt und dadurch unwirksam werden.
Es ist deshalb ein mühsamer und beschwerlicher Weg, um von diesen
Krankheitserscheinungen wieder frei zu werden, aber er lohnt sich
für den Betroffenen.
Grundbedingung zur Ausheilung solcher Zustände ist die vollstän-
dige Vermeidung jeglicher Getreidezubereitungen in der Nahrung,
nicht nur Brot und gekochte Mehlspeisen oder Grützen, nein, auch
Rohgetreide in irgendeiner Form ist zu meiden. Alles Getreide neigt
immer wieder dazu, von den im Magen schlummernden sauren Rück- H
ständen erfaßt und in Gärung versetzt zu werden. Tritt der Fall ein,
dann sind Rückfälle nicht ausgeschlossen und werden sich diese auch
bei noch so sorgfältiger Auswahl der Speisen nicht immer vermeiden
lassen.
Die Grundlage der Ernährung für solche kranken Menschen ist das
Wurzelgemüse, das roh nur schwer in Gärung übergeht und daher nur
schwer versäuern kann. Möhren und Möhrensaft, Kartoffeln und
Saft aus rohen Kartoffeln (ohne Kalidüngung) zusammen gegessen
mit Leinsaatmehl oder gequetschtem Mohn werden tagelang die ein-
zige Nahrung sein müssen, wenn man nicht vorzieht, mit einer 5 bis
6tägigen Fastenkur zu beginnen und dann erst mit der Wurzelnah-
rung nach obiger Anweisung anzufangen. An Früchten sind zuerst
frische oder getrocknete Heidelbeeren mit Leinsaatmehl oder ge-
quetschtem Mohn zu geben, dann reife schwarze Johannisbeeren und
dann erst alle süßen Beerenfrüchte. Süßes reifes Steinobst wie Kir-
425
sehen, Pflaumen, Zwetschen, Pfirsich u. a. wirken der Versäuerung
entgegen. Auch feste Winterbirnen sind sehr heilsam, die weichen
Herbstbirnen aber sind mit Vorsicht zu genießen. Äpfel, die sonst den
Menschen so gut bekommen, sind nur mit Vorsicht zu nehmen. Nur
Vollreife, süße Äpfel sind bekömmlich. Jede Spur von unreifer Apfel-
säure aber kann zu schweren, allerdings vorübergehenden Störungen
führen, da die Apfelsäure eine Verschärfung des Säurezustandes be-
wirken kann und zu Lähmungserscheinungen im Verdauungsvorgang,
im Dünndarm und im Dickdarm führt und dadurch recht unange-
nehme Erscheinungen zeitigt. Nüsse und Nußkerne können schon bald
in den Ernährungsplan eingeschaltet werden. Immer aber muß der
Erkrankte selbst fühlen und beobachten, was er gut vertragen kann
und was er noch fortlassen muß. An getrockneten Früchten sind gute
türkische Feigen bekömmlich und heilsamer als jede andere Art von
Trockenobst.
Nun sollte man meinen, daß der an chronischer Versäuerung von
Kindheit an Leidende die saure Zitrone niemals vertragen könnte,
aber siehe da, gerade diese können, wenn sie einigermaßen reif ge-
nug gepflückt wurden, zur Heilung dienen. Sie müssen dann nicht als
Saft mit Wasser verdünnt genommen werden, sondern man schäle die
Zitrone wie Apfelsinen und verzehre sie mit dem Fleisch. Alle Zitrus-
früchte, Apfelsinen, Pampelmusen, Zitronen u. a. sind gerade für
solche Krankheitszustände sehr heilkräftig und sollten eifrig geges-
sen werden, aber immer nehme man die ganze Frucht und nicht nur
den Saft.
Sind erst die Anfangsschwierigkeiten überwunden, dann heilt der
entzündete und mit Geschwüren behaftete oder verkrampfte Magen
recht bald aus und man braucht dann nur darauf zu achten, daß Brot
und gekochte und gebackene Getreidezubereitungen aller Art streng
vermieden werden, um mit der Zeit ein schmerzfreier, lebensfroher
Mensch zu werden.
Zahnzerstörer
Die Alaune, Soda und Salze, welche in den Backpulvern gebraucht
werden, die quecksilber- und eisenhaltigen Arzneien und alle Speisen,
die im Magen in Gärung übergehen, besonders aber alles Zucker-
haltige wie Schokoladen, Zuckerwaren, Speiseeis aller Art, Zucker-
zusatz zu den Speisen usw., sind schädlich für die Gesundheit der
Zähne; denn die sich aus ihnen entwickelnden Säuren und chemischen
Verbindungen greifen den Kalkgehalt der Zähne von innen her an,
um sich zu neutralisieren. Alle entwerteten und raffinierten Lebens-
mittel mangeln der Grundstoffe, aus denen sich kräftige und gesunde
Zähne entwickeln können. Die Zähne werden indirekt auch durch
dauernden Genuß weichgekochter Speisen geschädigt; denn die Zähne
erhalten ohne ihre natürliche Betätigung mangels einer anregenden
Blutzufuhr nicht mehr die notwendigen Nährstoffe.
426
Schlußbetrachtung
Über jede Krankheit besondere Ausführungen zu bringen, erübrigt
sich, da ja aus der ganzen Darstellung hervorgeht, welches die wirk-
lichen und gemeinsamen Ursachen aller Krankheiten sind. Nun darf
man sich aber nicht täuschen lassen durch die Auslösung der verschie-
denen Krankheitserscheinungen, die irrtümlicherweise als Krank-
heitsursachen angesehen werden. Eine Auskühlung des Körpers kann
an sich niemals einen Schnupfen hervorrufen oder gar eine Lungen-
entzündung oder eine Grippe erzeugen, wenn sich nicht im Körper
selbst schon lange vorher Ansammlungen von Stoffwechselrückständen
gebildet hätten, die durch diese Unterkühlung in Bewegung kommen.
Die Krankheit bricht dann aus, weil die Lebenskraft zur Abwendung
der Gefahr, die durch Auskühlung entstehen kann, eine Anregung er-
hält, die sie nun befähigt, die Abwehrkräfte des Körpers in Bewegung
zu setzen. Diese Abwehrkräfte treiben dann summarisch alle ange-
sammelten Stoffwechselrückstände in der einen oder anderen Form
zum Körper hinaus. Würde man solchen durch Unterkühlung hervor-
gerufenen Fieberkrankheiten freien Lauf lassen, so würden sie den
Körper stets in einem besseren Gesundheitszustand zurücklassen als
er vor der Krankheit bestand. Solche Erscheinungen sind mit einem
Großreinemachen im Körperhaushalt zu vergleichen. Man braucht
dem Befallenen nur Ruhe zu geben und die Ausscheidungskräfte
durch Fasten, heiße Bäder, Massagen und viel Frucht- und Gemüse-
säfte zu unterstützen, um schnelle Heilung zu erzielen. Ist der Körper
rein von Stoffwechselrückständen und sind seine Organe wieder in-
takt, dann kann auch eine stärkere Unterkühlung dem Körper nicht
schaden und keine Krankheitserscheinungen auslösen. Ist aber der
Körper z. B. überladen mit kolloidaler Harnsäure, d. h. in den Säften
gelöster schwebender Harnsäure, die auf den Augenblick ihrer Aus-
scheidung aus dem Körper wartet, aber wegen Überlastung der
Nieren nicht herauskommen kann, dann kann es geschehen, daß diese
Harnsäure plötzlich unter der Einwirkung einer Unterkühlung durch
kalte Zugluft vom kolloidalen in den kristallinischen Zustand über-
geht. Der Betroffene bekommt dann sehr starke Schmerzen durch das
entstehende Muskelrheuma.
Es könnte ja in diesem Abschnitt über Krankheitszustände und ihre
Heilung noch manches gesagt werden, aber es würde den Rahmen
dieses Buches sprengen, wollte ich aus einer Einführung in die Ge-
setze der Ernährung einen ausführlichen Ratgeber in allen nur mög-
lichen Krankheitserscheinungen machen. Wer sich in die Gedanken-
führung dieses Buches eingelebt hat, wird schon wissen, wie er sich
gegebenenfalls in Bezug auf seine Ernährung zu verhalten hat.
427
IVb.
Natürliche Heilmaßnahmen
Wir haben gesehen, daß die Ursache aller Krankheitserscheinungen
in den unrichtigen Stoffwechselvorgängen zu suchen ist, die durch
die landesübliche unrichtige Ernährung hervorgerufen werden. Zur
Überwindung von Krankheitsvorgängen im Körper ist es deshalb
notwendig, die Ursache fortzunehmen und die Ernährung im Sinne
der natürlichen Gesetze der Lebenserhaltung zu berichtigen. Um aber
schneller die oft schon in langwieriges Siechtum ausgearteten Krank-
heitszustände zu überwinden, können wir den Körper und seine
Lebenskraft auf verschiedene Weise wirksam unterstützen. Die natür-
lichen Heilmaßnahmen sind Fasten, Wasseranwendungen und Bäder
aller Art, Massagen, Chiropraktik, Licht, Luft und Sonnenschein und
gesunder Schlaf.
Fasten
Wir alle wissen, daß ein verrußtes Ofenrohr das Feuer im Ofen nur
schwer in klarer Flamme brennen läßt, der Ofen blakt und qualmt;
und wenn die Kanalisationsröhren einer Stadt verunreinigt sind,
dann kann das die Ursache einer Verpestung werden. In dem einen
Fall hemmen die angesammelten Verbrennungsrückstände im Ofen-
rohr die wärmende Kraft des Feuers, im andern aber führen der Un-
rat und der Schmutz aus den natürlichen Abwässern der Stadt zu
Stauungen, die das Leben der Stadt verpesten.
Wenn nun im Körper des Menschen die Blutgefäße und die saft-
führenden Venen von Stoffwechselrückständen verschlackt sind, wenn
sich also Unrat und Reste aus unrichtigen Stoffwechselvorgängen an-
gesammelt haben, dann können diese die Lebensvorgänge in ihrem
Ablauf sehr schwer stören und schädigen.
Wir können nun nicht mit Gewalt in die feinen saftführenden Ge-
fäße eindringen oder durch Gewaltmaßnahmen diese Verschlackung
aus dem Körper herausbringen, sondern müssen versuchen, die Stoff-
wechselvorgänge zu berichtigen, d. h. die Saftbahnen und die Blutge-
fäße zu entlasten, damit sie wieder frei arbeiten können.
Diese Kur besteht ganz einfach darin, daß man sich aller festen
Nahrung enthält und nur von Wasser, von mit Wasser verdünnten
Frucht- und Gemüsesäften und leichten Teeaufgüssen lebt. Der Flüs-
sigkeitsbedarf des Körpers muß bei Fastenkuren oder Nahrungsent-
haltung unter allen Umständen gedeckt werden. Er muß bei solchen
Kuren sogar einen Überschuß auf weisen, um die Verflüssigung und
Ausscheidung der Stoffwechselrückstände zu erleichtern.
428
Mit dem Aufhören der Zufuhr fester Nahrung, nehmen wir den
Verdauungsorganen die Arbeit ab. Dadurch entlasten wir zuerst die
Leber. Sie wird nun nicht mehr gezwungen, neu hinzukommende, oft
krankmachende Zuckerstoffe aus der Nahrung verarbeiten zu müssen.
Sie braucht deshalb das in ihr aufgespeicherte Material auf. Haben
sich in ihr krankhafte Rückstände angesammelt, wie es bei Leber-
schwellungen, Gallenleiden und dergleichen der Fall ist, so werden
diese zuerst in Nahrungsstoffe umgewandellt und aufgezehrt.
Dann erst wird das in den Creweben und zwischen den Muskelfasern
eingelagerte Fett angegriffen, das oft nur deshalb eingelagert war,
weil bei der landesüblichen Überfütterung die unrichtig zubereiteten
Zucker- und Stärkestoffe in den Speisen nicht richtig in Blutzucker
verwandelt werden konnten. Die Lebenskraft des Körpers macht
diese unverarbeiteten Stoffe dann dadurch unschädlich, daß sie sie in
Fettstoffe umbildet. Als solche werden sie dann zwischen den Ge-
webezellen eingelagert und bilden dann die Grundlage der Fettsucht.
Sind auch derart im Körper eingelagerte Fettstoffe verarbeitet und
hat der Mensch dabei ein gutes Teil seines Gewichtes verloren, dann
beginnt der Körper alle festsitzenden Stoffwechselschlacken in der
Muskelmasse, in den inneren Organen, in den Gelenken usw. aufzu-
lösen und entweder für den Lebensbetrieb zu verwenden oder sie zu
neutralisieren und auszuscheiden. In ähnlicher Weise erfolgt ein Ab-
bau gespeicherter, krankhaft entarteter Eiweißstoffe, ja bei diesen ist
der Erfolg noch sichtbarer. Sie werden in ihrem Gefüge gesprengt und
in Zuckerstoffe und Säuren zerlegt und die noch brauchbaren Stoffe
aufgezehrt. Die Säuren werden ausgeschieden. Diese Arbeit der Auf-
zehrung und Ausscheidung von Stoffwechselrückständen im Körper
durch Fasten, durch bewußte Nahrungsenthaltung, werden die Kör-
perfunktionen erleichtern, wenn man durch Zufuhr von mineralstoff-
reichen Gemüse- und Fruchtsäften hilft, die sich bildenden Säuren
und giftigen Schlacken zu neutralisieren und auszuscheiden. Der
menschliche Körper kann ohne Gesundheitsschädigungen irgend-
welcher Art bis zu 25 Tagen ohne feste Nahrung auskommen, dann
erst wird sich bei einem sonst gesunden Menschen der sogenannte
imperative Hunger einstellen. Dieser Gewebehunger zeigt sich da-
durch an, daß ein Würgen im Halse entsteht, ähnlich wie beim Ver-
dursten. Dies ist das Signal des Körpers, daß jetzt alles Überschüssige
im Körper abgebaut ist und bei weiterem Fasten die Grundgewebe
angegriffen würden. Nur wer sich noch kräftig genug fühlt, darüber
hinweg zu gehen oder eine besondere geistige Reinigung und Klar-
heit erlangen will, der kann das Fasten dann noch etwa 8 bis 10 Tage
fortsetzen. Dann aber muß unter allen Umständen eine allmählich
sich steigernde Nahrungsaufnahme erfolgen, da sonst schwerer Scha-
den entstehen könnte.
Für den einfachen gesundheitlichen Zweck der Reinigung der Blut-
bahnen und der verschiedenen Gefäßsysteme sowie der Körperge-
webe genügt jedoch durchweg eine 15 bis 20 tägige Fastenkur. Wer
429
sich das nicht zutraut, der kommt mit 2 bis 3 kurzen Fastenzeiten von
je 8 Tagen auch zum Ziel. Für solche reinigenden Fasten braucht es
keiner besonderen Beratung oder Überlegung. Die Natur weiß sich
ganz allein zu helfen und der Mensch, der sich einer solchen Fasten-
kur unterzieht, erlebt während dieser Zeit des Wunderbaren in
seinem Körper genug.
Am ersten und zweiten Tag des Fastens wird das landesüblich als
Hunger bezeichnete Wühlen und Brennen des Magens unangenehm
zu spüren sein. Beim Schlafengehen wühlen die Nerven und es will
kein richtiger, erquickender Schlaf zustande kommen. Hat man diese
Beschwerden der ersten zwei Tage hinter sich, so folgt am dritten
Tage bestimmt eine wunderbare Ruhe im Körper, auch die Nerven
beruhigen sich und ein guter Schlaf stellt sich ein, wenn vielleicht
auch nicht so ausgiebig und ausdauernd, wie man es gewohnt ist. Man
soll nicht glauben, daß man bei Nahrungsenthaltung nun sehr bald
mut- und kraftlos werden würde. Das wunderbarste Erlebnis eines
Fastenden ist es immer, wenn nach dem dritten oder vierten Fasten-
tage die Unternehmungslust des Fastenden zunimmt und er zuneh-
mend eine wunderbare Leichtigkeit im Körper verspürt. Dieser wird
nach und nach von den Stoffwechselrückständen befreit, er braucht
neue Nahrung nicht zu verarbeiten und zu verdauen. Langsam stellt
er sich um und beginnt nun, alle schlechten Stoffe und Säfte im Kör-
per abzubauen. Der Mensch wird immer freier. Seine Gedanken
gieren nicht mehr nach Essen. Das Gehirn kann leichter und schärfer
denken. Er wird nicht mehr von Säuren und Genußgiften aufge-
peitscht und unnötig erregt. Reine und bessere Gedanken stellen sich
ein und erzeugen im Fastenden ein Hochgefühl, das er bisher nicht
kannte. Es ist schon öfter vorgekommen, daß Fastende, die matt und
krank begannen, nach der ersten Woche größere Spaziergänge, ja so-
gar größere Wanderungen unternahmen, an die sie vorher nicht hät-
ten denken können.
Der eigentliche Erfolg in gesundheitlicher Beziehung stellt sich erst
nach Beendigung des Fastens und dem nun folgenden Neuaufbau bei
natürlicher Ernährung ein. Wer eine Fastenkur unternehmen will,
kann nun selbstverständlich nicht von heute auf morgen das Essen
einstellen. Es ist notwendig, einen Übergang zu schaffen. Man beginnt
daher mit einem zwei- oder dreitägigen Obstfasten, d. h. man nimmt
nur Früchte zu sich und unterstützt dadurch und durch Einläufe und
reichliches Trinken von warmen Teeaufgüssen die Darmreinigung.
Gute Darmentleerung vor Beginn der eigentlichen Fasten ist unter
allen Umständen wichtig, da zu Beginn des Fastens die vorhande-
nen Kotmassen verkrusten und sich an den Darmwänden festsetzen
könnten. Diese würden dann die vermehrte Ausscheidung der Stoff-
wechselrückstände aus dem Körper während der Fastenzeit hindern.
Dadurch würden Kotgase entstehen, die in die Gewebe übertreten
und den Körper verpesten könnten. Deshalb kann man erst nach etwa
drei Vorbereitungstagen mit dem eigentlichen Vollfasten beginnen.
430
Während der nun folgenden Fastentage trinke man nur verdünnte
Gemüse- und Fruchtsäfte sowie Aufgüsse von Kräutern. Fehlen Säfte
aus Frischobst, so werden verdünnte Säfte aus Feigen und Saft aus
Möhren sich gut bewähren. Auch Saft aus Brennesseln ist sehr wirk-
sam.
Hat Fettsucht und Leberleiden Vorgelegen, so sind Säfte aus Löwen-
zahn und anderen Bitterkräutern einzufügen, um der Bauchspeichel-
drüse die Grundstoffe zur Bildung von Insulin zu geben und eine Be-
richtigung der Gallentätigkeit herbeizuführen.
Soll die Fastenkur beendet werden, so darf man nicht gleich am
ersten Tage mit einer großen Mahlzeit beginnen, sondern man ißt zu-
sätzlich zu den üblichen Säften morgens einen Apfel und abends
weiches grünes Gemüse, geriebene Möhren und Obst. Am folgenden
Tage beginnt man mit frischem Beerenobst oder was sonst an süßem,
reifem Obst vorhanden ist. Zu Mittag folgt dann eine einfache Ge-
müsemahlzeit mit wenig Nüssen oder Ölzusatz zubereitet. Am Abend
kann man dann schon wagen, eine etwas umfangreichere Mahlzeit
einzunehmen. So steigere man die Nahrungsmenge von Tag zu Tag
zu normalen Portionen.
Nach einer solchen Fastenkur sollte man nicht so unvernünftig sein,
in die landesübliche Nahrung zurückzufallen, weil man nach dem
Fasten nun einen übermäßigen Hunger zu verspüren glaubt. Wer
während dieser Tage standhält, der hat gewonnenes Spiel. Nach kur-
zer Zeit wird er es unbegreiflich finden, daß er vor seiner Fastenkur
Fleisch vom Tier, Brot und gekochte Getreidenahrung zu sich nehmen
konnte.
Wer aber nach einer hohen, geistigen Auffassung vom Leben und
dessen Bedeutung und einer Vertiefung seines Gefühlslebens trachtet,
der kann außer einer alljährlichen kürzeren oder längeren Fastenkur
das verlängerte Fasten von 40 Tagen durchführen, das uns von Pro-
pheten und Heiligen, vor allem aber von Jesus überliefert wurde. Das
geistige Erlebnis, daß einem solchen Fasten in einem reinen Körper
folgt, wird unter der Voraussetzung, daß vorher und nachher Pflan-
zenfrischkost die tägliche Nahrung war, eine Offenbarung besonderer
Art werden und die geistigen Kräfte und Fähigkeiten in ungeahnter
Weise stärken. Wir wissen von allen Religionsstiftern, daß sie Fasten-
künstler waren. Am Beginn ihres geistigen Wirkens und Schaffens
stand oft eine längere Fastenzeit.
Wasserheilkunde
Eines der wichtigsten Hilfsmittel, den Körper bei der Ausscheidung
krankhafter Stoffwechselrückstände zu unterstützen, ist die Anregung
seiner Lebenskraft und der Ausscheidungstätigkeit seiner Organe
durch entsprechende Wasseran Wendungen. Diese Anregung geschieht
durch die Haut. Waschungen und Bäder, Güsse und Wickel aller Art
werden die Hauttätigkeit anregen, diese Anregung geht auf die in ihr
431
endigenden Nerven über und kommt somit den entsprechenden
Organen zugute.
Über Wasserheilkuren ist schon so viel geschrieben und darin so-
viel Vorbildliches geleistet worden, daß in diesem Zusammenhang
nicht ausführlich darüber berichtet zu werden braucht. Eins nur sei
erwähnt: Der Entdecker der heilsamen Wasseranwendungen auf einen
kranken Körper Vinzenz Prießnitz arbeitete zur Hauptsache mit
kaltem oder höchstens luftwarmem Wasser. Bei allen Menschen, die
dem Zuckertyp entsprechen, d. h. solchen, die zur Fettsucht und Voll-
blütigkeit neigen, ist die Kaltwasserkur von guter Wirkung. Aber
beim Säuretyp, dessen Nerven durch Versäuerung des Körpers an
sich schon überreizt und verkrampft sind und deshalb besonders un-
günstig auf Kaltwasser reagieren, kann die Schockwirkung, die das
kalte Wasser auf die Haut ausübt, von schlimmem Einfluß sein. Die
fehlende Körperwärme und die oft mangelnde Blut- und Säftebe-
wegung infolge der durch Säurekrampf entstandenen Verengung der
Gefäße kann eine Erwärmung des verkrampften Körpers und seiner
Organe nicht bringen. Anstelle einer günstigen Wirkung auf die
Stoffwechselvorgänge wird eine oft sogar ganz erhebliche Beeinträch-
tigung des Heilvorganges stattfinden. Alle diese Menschen sollten aus-
schließlich mit warmem, ja, mit heißem Wasser behandelt werden. Bis
auf 36 und 38 Grad Celsius erhitztes Wasser ist in solchen Fällen das
einzig richtige. Das heiße oder mindestens körperwarme Wasser ist
von anregender Wirkung. Es steigert die Körpertemperatur und hilft
dadurch mit, die Verengung und Behinderungen im Säftestrom zu
beseitigen. Die Wärme dehnt die Blutgefäße, dehnt die krampfhaft
verengten Nervenbahnen und erleichtert dadurch die Stoffwechsel-
vorgänge. Kaltwasseranwendungen in allen Ehren und da, wo sie an-
gebracht sind, aber mit blutwarmem oder heißem Wasser läßt sich oft
mehr erreichen, wie die Erfolge der Überwärmungsbäder beweisen.
Was weiter über Wasserbehandlung, Bäder und dergleichen zu
sagen ist, wurde vom Verfasser auf gezeichnet in der Schrift ,Das Bad
der Blutwäsche*. In diesem finden sich außerdem einige neue An-
wendungsformen von warmem und heißem Wasser. Es sind dies das
blutwarme Dauervollbad, die heiße Dauerbrause — das eigentliche
Bad der Blutwäsche — und das ansteigende Fieberbad, die soge-
nannte Schlenzkur.
Massage
Ein anderer Weg, dem Körper zu helfen, unrichtige Stoffwechsel-
schlacken auszuscheiden, ist die Massage in ihren vielfachen Formen
und Anwendungsarten. Die Muskelmassage des ganzen Körpers und
die Bauchmassage zur Anregung und Berichtigung der Darmtätigkeit
nach Dr. Xaver Mayr im besonderen, bringt das Blut und die Säfte
des Körpers in Bewegung und wirkt dadurch reinigend und heilend.
Nach einem warmen Bade und nachfolgender Körpermassage fühlen
wir uns befreit und erfrischt. Das hat wohl schon jeder einmal an sich
432
erfahren, der sich einer guten Massage unterzogen hat. Aber die wirk-
liche Kunst der Massage liegt darin, die Nerventätigkeit anzuregen
durch Beeinflussung der sogenannten Nervenpunkte, d. h. der Nerven-
knotenpunkte und Nervenaustrittsstellen, die der massierenden Hand
zugänglich sind. Dazu allerdings gehört eine genaue Kenntnis des
Körpers und insbesondere der Nervenbahnen. Die Lehre von der
Nervenmassage fußt darauf, daß anregende Wechselwirkungen zwi-
schen Blutbahnen, Nerven und Venengefäßen im Körper bestehen.
Durch Behandlung der Nervenpunkte entsteht in den Organen, die
von den betreffenden Nerven gespeist werden, eine Anregung zu er-
höhter Tätigkeit. Es ist auf diese Art möglich, eine direkte Beeinflus-
sung eines erkrankten Organs zu erzielen. Die Nervenmassage der
Haut verlangt ein gründliches Studium und ist eine vorzügliche Er-
gänzung der möglichen Heilmaßnahmen.
Chiropraktik und Osteopathie
In den Vereinigten Staaten ist eine Methode erdacht und erprobt
worden, die als Chiropraktik bekannt geworden ist. Diese Heil-
methode arbeitet auf Grund der Erkenntnis, daß die Nerven des
Körpers und seiner Organe jeweils paarweise aus den Zwischen-
räumen zwischen den einzelnen Wirbeln des Rückgrates austreten
und von dort zu den entsprechenden Organen geleitet werden. Wenn
nun durch irgendeinen Umstand ein Wirbel aus seiner normalen Lage
herausgeraten ist oder Verzerrungen von Muskeln durch Säurekrampf
eine Lageveränderung eines oder mehrerer Wirbel verursacht haben,
so kann es Vorkommen, daß die Nerven an ihren Austrittsstellen ver-
klemmt werden oder verlagert sind. Hier nun will die Chiropraktik
helfend eingreifen durch Berichtigung der Lage der einzelnen Wirbel-
knochen zueinander und Befreiung der Nerven aus einer Verklem-
mung und Verkrampfung. Die Berechtigung zur Ausübung der Chiro-
praktik und der in ähnlicher Weise arbeitenden Osteopathie erfordert
in den Vereiniguten Staaten ein mindestens vierjähriges Hochschul-
studium (Collegestudy). Es ist nicht etwa so, daß sich jeder Heil-
kundige auch als Chiropraktiker betätigen könnte, sondern nach ab-
solviertem Studium muß er eine Eignungsprüfung ablegen, deren Be-
stehen bescheinigt wird. Dieser Berechtigungsschein steht der Appro-
bationsurkunde des Arztes gleich. Die Chiropraktik hat bei vielen
Krankheitserscheinungen, die jeder anderen Behandlungsweise spot-
teten, große Heilerfolge gehabt. Das bekannteste Beispiel ist der Fall
eines früheren Prinzen von Spanien. Er war ein sehr aufgewecktes
Kind, konnte aber nicht sprechen. Man versuchte alles, aber es war
unmöglich, ihn zum Sprechen zu bringen. Die Ärzte konnten die Ur-
sache nicht feststellen und ihre ganze Kunst war vergeblich. Ein
Chiropraktiker erbot sich, den Jungen zu untersuchen und zu behan-
deln. Der Prinz war zu der Zeit 14 Jahre alt, ohne sprechen gelernt
zu haben. Der Chiropraktiker stellte fest, daß die Halswirbel ver-
lagert waren. Nach entsprechender chiropraktischer Behandlung
28 Sommer, Ernährung
433
lernte der Prinz schnell sprechen. Es stellte sich heraus, daß die Zun-
gennerven in ihren Austrittsstellen aus den Wirbeln verklemmt
waren. Die Ursache dieser Verbildung ließ sich in einem Unfall der
königlichen Mutter zur Zeit ihrer Schwangerschaft feststellen.
Licht und Luft
Der Körper des Menschen und seine Haut sind von Natur aus dar-
auf eingerichtet, dem Licht der Sonne und der Luft ausgesetzt zu
werden, ohne Beschränkung oder Umhüllung. Durch die Kleidung hat
sich der Mensch des Einflusses von Licht, Luft, Sonnenschein und
Regen entwöhnt. Der Grund dafür ist nicht, daß wir eine Bedeckung
der Haut nötig gehabt hätten. Die normale lebenstüchtige Haut des
Menschen ist von einer solchen Beschaffenheit, daß sie bei entspre-
chender Gewöhnung von Kindheit an sich ohne weiteres den gerade
herrschenden Witterungs Verhältnissen anpaßt. Je nach Wärme- oder
Kälteeinflüssen dehnt sie sich und weitet die Poren der Haut aus oder
sie zieht sich zusammen und verhindert damit den Wärmeentzug
durch Verdunstung. Dadurch kann weder eine Überhitzung noch eine
Erkältung oder Unterkühlung des Körpers stattfinden. Die Gesichts-
haut des Europäers hat bis heute diese Fähigkeit noch nicht verloren,
denn diese wird sowohl den warmen Sonnenstrahlen als auch im kalten
Winter dem Schnee und dem Regen ungeschützt ausgesetzt. Das Ver-
halten unserer Gesichtshaut beweist uns, daß die Haut wohl fähig ist,
sich allen klimatischen Verhältnissen anzupassen, ohne daß der
Mensch Schaden litte. Außer der Dehnung und Zusammenziehung hat
die Haut noch eine Möglichkeit, sich an besonders gefährdeten Stellen
gegen Abkühlung zu schützen. Es wird an solchen Körperteilen ein
entsprechend dichterer Haarwuchs einsetzen, der ein noch besserer
Schutz gegen die Unbill des Wetters als auch gegen starke Hitzeein-
wirkung ist, ohne daß der Mensch deshalb einen tierischen Haarpelz
bekäme. Die Haut des Menschen wird bei Gewöhnung an den unbe-
kleideten Körper außerdem die Fettschicht im Zwischengewebe der
Haut in der kalten Jahreszeit verstärken und dadurch den Körper
gegen Kälte schützen. Auch wird die Lederhaut sich entsprechend
kräftiger entwickeln und widerstandsfähiger werden, während die
Kleidung die Haut nur verzärtelt und verweichlicht. Zum Verständnis
der Wichtigkeit der Haut als regelndes Organ sei nochmals darauf
hingewiesen, daß das embryonale Keimblatt, aus dem sich die Haut
entwickelt, gleichzeitig auch die Sinnesorgane in sich birgt. Die durch
die Nerven- und Gehirntätigkeit bewirkte Sinnestätigkeit ist über-
haupt erst durch die Haut und die aus ihr hervorgehenden Organe
möglich.
Die Haut selbst regelt die Stoffwechselvorgänge in hervorragender
Weise. Bei schwerer Arbeit scheidet sie das überschüssige Wasser aus
und kühlt durch die Verdunstung desselben den Körper ab. Sie ver-
hindert auf diese Weise eine innere Überhitzung. Bei Kälteeinwirkung
zieht sie sich zusammen und verhindert dadurch eine unnötige
434
Wärmeabgabe. Durch die Haut werden außerdem eine Unmenge
Stoffwechselrückstände in Gasform ausgeschieden, die in keiner an-
deren Form und durch keine anderen Ausscheidungsorgane aus dem
Körper herausgebracht werden können.
Deshalb muß vor allen Dingen für eine gesunde und richtige Haut-
tätigkeit gesorgt werden, damit sich keine Stoffwechselrückstände im
Körper ansammeln können. Luftbäder bewirken eine Anpassung der
Haut an jede Art klimatischer Einwirkungen auf den Körper und die
unter der Haut liegenden Nerven und gewöhnen die Haut an die Ein-
wirkung der Luft zu allen Tages- und Jahreszeiten von Kindheit an.
Rikli, der Vater des Luft- und Sonnenbades, hat die Wichtigkeit
einer gesunden Hauttätigkeit erkannt. Er wußte, daß die Haut das
Organ ist, durch das der Körper Luft und Licht aufnimmt und daß das
nur geschehen kann bei unbekleidetem Körper. Er konnte die große
Heilwirkung des Licht- und Luftbades wohl feststellen, aber nicht er-
klären. Heute wissen wir, daß es das Sonnenlicht ist, welches die Um-
wandlung gewisser, in der Haut eingelagerter Fettstoffe in das Vita-
zym D vollbringt. Das Vitazym D ist der Wirkstoff, der den Einbau
der Kalkstoffe in die Gewebe des Körpers und seiner Organe ermög-
licht und bewerkstelligt. Belichtung durch die Sonne fördert deshalb
das Wachstum der Knochen und die Gesunderhaltung der Nerven.
Darum ist, wie gezeigt, die Einwirkung des Sonnenlichts auf die un-
bekleidete Haut eine Naturnotwendigkeit, um ein gesundes, normales
Wachstum in jungen Jahren und einen gesunden vollkräftigen Ersatz
der Knochen und Gewebe im Alter zu ermöglichen. Die Erforschung
der Vitazyme und Wirkstoffe hat den Beweis für die Richtigkeit der
Rikli’schen Erfahrungen erbracht.
Das Einfachste wäre nun, unsere Arbeit in Luft und Sonne in unbe-
kleidetem Zustande zu verrichten; denn einen Schutz gibt uns die
Kleidung nicht, eher verzärtelt und verweichlicht sie die Haut und
macht dadurch die Haut und den Körper für die krankhaften Erschei-
nungen um so anfälliger. Sie sperrt das Sonnenlicht von der Haut ab
und verhindert dadurch die Bildung des Vitamins D. Die Kleidung ist
eines der gräßlichsten Marterinstrumente für die Haut, die sich der
Mensch zum Schaden seiner eigenen Gesundheit geschaffen hat. Und
warum schuf er sie? Stand am Anfang der Erfindung das Bedürfnis
nach einem Schutz gegen Licht, Luft und Sonne? Nein. Es stand am
Anfang die Verdeckung der Scham. Die Kleidung wurde erfunden,
um unsere Geilheit zu verdecken, die dem Genuß des Tierfleisches
folgte. Sorgen wir dafür, daß unser Denken von der Geilheit befreit
wird und es wird kein Hindernis mehr geben, unseren Körper, so wie
ihn Gott geschaffen hat, der Luft, dem Licht und der Sonne auszu-
setzen! Solange wir diesen Idealzustand nicht erreicht haben, sollten
wir wenigstens versuchen, jede Gelegenheit wahrzunehmen, um
unsern Körper in Licht, Luft und Sonne zu stählen und dadurch dem
Körper die Gelegenheit zu geben, die Stoffwechselrückstände heraus-
zuschaffen. Der einfachste Weg dazu ist, die Gartenarbeit im unbe-
435
kleideten Zustand vorzunehmen. Durch das Bücken und Wenden und
Drehen bei der Arbeit wird der Körper allseitig bestrahlt und jede
einseitige Wirkung, wie z. B. beim Stilliegen, vermieden. Der Wert
des Licht- und Luftbades für die Krankenbehandlung wird mehr und
mehr erkannt und besonders in Kinderheilstätten zur Anwendung
gebracht. Es ist nur zu begrüßen, daß man heute wenigstens den Kin-
dern das Nacktbaden nicht mehr als anstößig verbietet.
Gesunder Schlaf
Wenn wir uns über den Schlaf unterhalten wollen, so müssen wir
uns zunächst klarmachen, warum der Schlaf für jedes lebende Wesen
notwendig ist. Versäumt man aus dem einen oder anderen Grunde,
eine Nacht zu schlafen, so kann man sich künstlich wach erhalten,
z. B. durch Trinken von herzerregenden Giften wie Kaffee oder ande-
ren noch stärkeren, wenn man nicht geistig oder körperlich so ange-
spannt ist, daß einem diese Erregung wenigstens zeitweilig über das
starke Schlafbedürfnis hinweghilft. Aber dann wird das Schlafbedürf-
nis so zwingend, daß man in jeder Stellung einfach einschläft. Nach
einem ruhigen und gesunden Schlaf erwacht der Mensch erfrischt und
gestärkt, bereit zu neuer Arbeit.
Es wurde im vorhergehenden gezeigt, daß bei der Arbeit der
Muskeln durch das Zusammenwirken der in die feinsten Muskelfaser-
verästelungen austretenden Nervenmasse mit den darin enthaltenen
Blutsäften Stoff Wechsel Vorgänge entstehen, die mit einer Verbren-
nung der Nervenmasse und der Zuckerstoffe im Sauerstoff des Blutes
zu vergleichen sind. Die Rückstände dieser Vorgänge werden als Koh-
lensäure und Wasser zusammen mit anfallenden Säureresten und un-
verbrennbaren Mineralstoffen vom Venenblutstamm auf genommen
und entweder wieder verarbeitet oder durch die Haut, die Lungen
oder den Darm ausgeschieden. Dieser letzte Stöffwechselvorgang des
in vielfachen Stufen verarbeiteten Nerven- und Blutmaterials wird
eingeleitet durch die Einwirkung des Phosphors in den Nerven auf
den Schwefelgehalt des Blutes. Diese beiden Stoffe werden, unschäd-
lich gebunden durch Mineralstoffe im Blut und in den Nerven, mit
dem Venensaft in die Lungen zurückgeführt und hier zweckentspre-
chend neu verarbeitet.
Es bleiben gewisse Rückstände der Nervenmasse, die in den Muskeln
zur Kraftentwicklung nötig waren und die nicht restlos in Stoffwech-
selreste gewandelt wurden. In der Nervenmasse findet sich Stickstoff,
der unverbrennbar ist, da er sich nicht mit dem Sauerstoff verbindet.
Dieser wandelt sich während der Stoffwechselvorgänge in Harnstoff
oder wird als Harnsäure gebunden und dann durch die Nieren aus-
geschieden. Danach bleibt von der Nervenmasse noch ein Rest nicht
vollständig gewandelter, weil unvollkommener zuckerhaltiger Stoffe
zurück. Diese lernten wir als Milchsäure in der Muskelmasse kennen.
Je ausgiebiger wir arbeiten und je länger die Anspannung dauert,
desto größer wird die Ansammlung von Milchsäure als Rest nicht aus-
436
genutzter Nerven- und Blutmasse. Diese Milchsäure in den Muskeln
löst die Ermüdungserscheinungen aus. Auch im Gehirn bildet sich
beim Denkvorgang diese Milchsäureansammlung. Ist sie so stark ge-
worden, daß sie die Tätigkeit des Gehirns lähmt, dann werden wir
richtig müde und beginnen zu schlafen, ob wir wollen oder nicht.
Es braucht deshalb nicht immer nur Muskelarbeit zu sein, die Mü-
digkeit hervorruft. Auch in den Lebensvorgängen zur Erhaltung der
Körperwärme und des Lebens überhaupt spielen sich dieselben Vor-
gänge ab, nur nicht in gleichem Ausmaß. Die Erscheinungen in jedem
Lebewesen sind die gleichen und deshalb muß bei allen Lebewesen
das tätige Wachsein immer wieder durch den Schlaf abgelöst werden.
Im Schlaf werden die Ansammlungen der Milchsäure aus der nicht
vollständig abgebauten Nervenmasse gewissermaßen in einem umge-
kehrten Verfahren in Muskelzucker verwandelt. Im Schlaf werden
durch diese Wandlung die einzelnen Gewebezellen der Muskelmasse
und der Organe des Gehirns von der angesammelten Milchsäure be-
freit. Diese wird bei diesem Vorgang in Muskelzucker zurück verwan-
delt und die Muskelfaser gleichzeitig neu aufgeladen mit den Stoffen,
die die Lebensvorgänge aufrecht erhalten.
Die Notwendigkeit des Schlafes kennen wir alle. Natürlicherweise
würde der Mensch mit der niedergehenden Sonne und mit eintreten-
der Dunkelheit nach des Tages Arbeit sich zur Ruhe legen und sich
bald eines gesunden, erquickenden Schlafes erfreuen, um dann am
frühen Morgen frisch und gestärkt wieder zu erwachen.
Mit der Kulturnahrung aber hat der Mensch sich eine unnötige
Wust von Arbeit auf geladen, um die Kunstnahrung in der landes-
üblichen Weise zu erzeugen, zuzubereiten und eßfertig zu machen. Da
er verlernt hat, sich seine Nahrung im eigenen Garten selbst zu
ziehen, muß er ihm oft gar nicht zusagende Arbeit leisten als Arbeiter,
beim Bauern, in der Industrie, im Bergwerk, im Büro, im Handwerk
usw., die ihn verbraucht und seinen Körper ermüdet, ohne einen
Ausgleich zu schaffen durch die Freude an der Natur, an den Lebens-
vorgängen in der Pflanze im Garten und der dazugehörigen Tierwelt.
Die natürliche Bef riedigung der Lebensfreude ist ihm in weitgehen-
dem Maße unter den heute herrschenden Erwerbsverhältnissen ge-
nommen und deshalb sucht er einen anderen Ausgleich. Besonders der
Stadtmensch ist in dieser Beziehung sehr übel dran. Es ist ihm oft
schwer, überhaupt in Berührung mit der lebendigen Natur zu kom-
men, und so sucht er auf andere Weise sein leeres Gefühlsleben auf-
zufüllen. Notgedrungen benutzt er dazu die späten Abendstunden und
die Zeit bis Mitternacht. Die künstlichen Lichtquellen aller Art helfen
ihm, die Nacht zum Tage zu machen. Alkohol und Kaffee putschen
seine Sinne so auf, daß er vergißt, welchen Schaden er seiner Gesund-
heit durch diesen Talmi-Lebensgenuß zufügt. Die Auswirkung dieser
Störung seines natürlichen Lebensablaufes zeigt sich nur allzubald.
Der Körper kann in den Stunden nach Mitternacht die beabsichtigte
Reinigung von Stoffwechselrückständen nicht mehr restlos bewältigen,
437
der Mensch erhebt sich müde und zerschlagen von seinem Lager und
muß am nächsten Morgen wieder mal zur Kaffeetasse greifen, um
nur einigermaßen einen freien Kopf zu bekommen. Auf diese Weise
zieht eine Unnatur die andere nach sich, und gerade in dieser Be-
ziehung könnte man sagen: „Das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie
fortzeugend Böses muß gebären.“
Beachten wir die Lebensgesetze und den rhythmischen Ablauf aller
Vorgänge in unserem Körper, so sehen wir, daß während der Arbeit
im Sonnenlicht die im Körper umgewandelten und angesammelten
Nahrungswerte in einem stufen weisen Abbau begriffen sind bis zur
restlosen Umwandlung in Säuren verschiedener Art wie Kohlensäure,
Harnstoff, Harnsäure, Oxalsäure usw. Wir können infolgedessen von
einem sich während des Tages steigernden Säurestrom sprechen. Mit
der sinkenden Sonne ist diese Säureansammlung am stärksten und
deshalb sollte der Mensch mit Sonnenuntergang seine Schlafstätte
auf suchen. Während des Schlafes beginnt der Körper auszuscheiden.
Die Säure soll entfernt werden, während die Lebensvorgänge zur Er-
zeugung von Muskelkraft und Wärme nicht mehr notwendig sind.
Deshalb verlangsamt sich die Atmung während des Schlafes, und die
in der Nahrung enthaltenen basischen Werte der Mineralstoffe, der
erdigen Grundstoffe, können nun zusammen mit den neu erzeugten
Zuckerstoffen und den Nervengrundlagen ihre Arbeit beginnen, den
Körper gewissermaßen wieder aufzuladen, nachdem im ersten tiefen
Schlaf die Säuren entfernt und die angesammelte Milchsäure wieder
in Zuckerstoffe umgewandelt worden sind. Mit andern Worten: Vom
Sonnenuntergang bis zum fröhlichen Erwachen am frühen Morgen,
herrscht im Körper die Arbeit der basischen Grundstoffe vor, so daß
wir von einem Basenstrom sprechen können.
Der Vorgang ist ein dem Pflanzen wuchs entgegengesetzter. Wir
sahen, daß die Pflanze unter der Einwirkung des Sonnenlichtes die
Kohlensäure, die der Mensch während des Schlafes aus seinem Körper
entfernt, in sich aufnimmt, um den Kohlenstoff in der Kohlensäure
in der verschiedensten Art für die Lebensvorgänge und den Aufbau
der Nahrung für den Menschen und das Tier zu verwenden. Wollen
wir dem natürlichen Lebensrhythmus folgen, so müssen wir unsere
Schlaf zeit dem natürlichen Rhythmus der inneren Wechselwirkung
anpassen und nach Einbruch der Dunkelheit schlafen gehen, um am
frühen Morgen neu gestärkt aufstehen zu können. Es ist besser, in
den Morgenstunden zu arbeiten, auch unter Benutzung künstlichen
Lichtes, als in den Abendstunden den Tag ins Endlose verlängern und
das Schlafbedürfnis künstlich zurückhalten zu wollen. Wer die natür-
liche Schlafzeit einhält, wird ruhiger und gleichmäßiger in seinem
Wesen und Tun und Nervenerregungen, Überreizung derselben oder
gar Nervenkrankheiten kaum kennen lernen. Dabei ist noch eine
charakteristische Tatsache zu beachten, daß nämlich der Mensch, der
frühzeitig schlafen geht und sich auch entsprechend natürlich ernährt,
während der Morgenstunden, ja, oft bis Mittag keiner neuen Nahrung
438
bedarf. Der Körper hat ja während der Schlafzeit vor Mitternacht alle
Nahrungs werte in sich auf gespeichert, die zur Abwicklung seiner
Lebensvorgänge notwendig sind. Für einen natürlich lebenden Men-
schen ist deshalb das Morgenfasten eine einfache Folge seiner natür-
lichen Lebensweise, er wird vor Mittag kaum Hungergefühl kennen. In
Beziehung auf eine gesunde Schlaf zeit ist die Vorverlegung der nor-
malen Uhrzeit um eine Stunde ein vielleicht ganz unbeabsichtigtes
Hilfsmittel gewesen, für die Menschheit eine volle Stunde Schlaf vor
Mitternacht zu gewinnen. Was weiter über den Naturschlaf zu sagen
ist, findet sich in dem Buch von Th. Stöckmann „Die natürliche
Schlafzeit“.
439
V.
Der natürliche Anbau unserer Nahrung
Zum Abschluß muß noch auf die Grundgesetze eingegangen werden,
die beim Anbau der Nahrung für den Menschen eingehalten werden
müssen. Wenn wir uns gesund ernähren und das Urgesetz der natür-
lichen Ernährung voll zur Geltung bringen wollen, dann müssen wir
wenigstens die Grundgedanken zur Nahrungserzeugung kennen ler-
nen. Wir sahen, daß auf dem Acker als Nahrungsgrundlage des Men-
schen der Fluch Gottes liegt: „Verflucht sei der Acker um deinet-
willen, mit Kummer sollst du dich davon nähren“, das gilt noch heute
wie vor Zeiten, als die Menschheit begann, die Frucht der Bäume und
die Kräuter und Wurzeln des Gartens zu verachten, um die vom Tier
stammenden Genußmittel als die für sie wichtigste Speise zu be-
trachten.
Ursprünglich war die Erde nach dem Erscheinen des trockenen
Landes aus der Fläche der angesammelten Gewässer durch dichte
grüne Bewachsung vor Austrocknung geschützt. Aus den ursprüng-
lichen Gräsern und Farnen entwickelte sich nach dem Durchbruch
der Sonne durch die Wolkenschleier das uns bekannte Wachstum der
blühenden und fruchttragenden Bäume, Sträucher und Kräuter. Die
Erde war bis in die geschichtlichen Zeiten des Menschengeschlechtes
hinein von einem dichten grünen Blätterwald bedeckt, so daß die
Fläche der Erde selbst nirgends von den Strahlen der Sonne getroffen
werden konnte. In diesen Wald, in den Garten Gottes, wurden die
Menschen hineingesetzt, den sie nun bebauen und betreuen sollten.
Einen Garten bebauen und betreuen ist eine ganz andere Sache als die
Verwüstung der Fruchtbarkeit der Erde durch Abholzung des Baum-
bestandes mit Rodung der Fläche, um daraus Viehweiden, Getreide-
und Rübenfelder zu machen und Fleisch zum Verzehr für die Men-
schen erzeugen und Brot backen zu können. Es wurde immer wieder
gezeigt, daß der baumlose Acker das Grundwasser nicht halten kann,
sondern dieses bald in so weite Tiefen absinken läßt, daß es auch von
den tiefsten wasser suchenden Wurzeln der Getreide- und Rübenpflan-
zen nicht mehr erreicht werden kann. Ist der Fall eingetreten, dann
versteppt der Acker. Es bildet sich bestenfalls eine dichte Grasnarbe.
Wird diese aufgebrochen, um die Steppe als Acker zu nutzen, so ver-
wandelt sich im Laufe der Jahre die Erde in sandigen Staub. Die
Lebewesen im Ackerboden sterben wegen Mangel an Feuchtigkeit ab,
der Boden trocknet aus, und wenn sich dann durch die Unausgeglichen-
heit des Klimas nach Abholzung des Baumbestandes Wetter katastr o-
phen einstellen, fliegt die einst so fruchtbare Humusschicht der Ober-
440
fläche in die Luft und wird vom Wind fortgetragen. Das Land wird
zur Wüste und weder Mensch noch Tier können sich darauf ernähren.
Das ist das Schicksal des Bodens und auch das Schicksal der Men-
schen, die darauf leben wollen und müssen, wenn gegen das Natur-
gesetz der Ernährung verstoßen und darauf bestanden wird, sich auf
dem Umweg über das Tier ernähren zu wollen.
Der Mensch als der Pfleger des Bodens und der Hüter der Frucht-
barkeit der Erde, muß dem Boden im Laufe der Jahre mehr Nahrung
entnehmen können, als er am Beginn seiner Pflege hergeben konnte.
Die Ackerbaukultur mit Weide und Getreideanbau zur Erzeugung
von Fleisch und Brot läßt den Boden versteppen und veröden, wäh-
rend sich durch die dem Menschen zugewiesene Gartenkultur die
Fruchtbarkeit der Erde erhöht, wenn richtig vorgegangen wird. Es
wurde schon zu Beginn dieses Buches unter dem Abschnitt „Was ist
Nahrung“ gezeigt, wie die Kleinlebe weit im Ackerboden, die vielen
mikroskopisch feinen Lebewesen, im Zusammenwirken mit den dem
Auge sichtbaren Würmern, Kerbtieren und dem allen bekannten Ge-
tier im Boden zusätzlich zu den Bazillen und Bakterien des frucht-
baren Bodens die Bodengare erzeugen, welche die Voraussetzung für
die Fruchtbarkeit des Gartenbodens überhaupt ist. Diese Frucht-
barkeit des Gartenbodens wird uns sinnbildlich veranschaulicht,
wenn wir einen Mischwald betreten, in dem das natürliche Un-
terholz mitsamt den vielfach gearteten Kräutern, Farnen und Boden-
gewächsen erhalten blieb. Dieser Waldboden wird Jahr für Jahr
durch das fallende Laub der Bäume, durch das absterbende Wachstum
der Kräuter, Gräser und Farne stets neu gedüngt. Die Bodenfeuchtig-
keit hält sich auch bei größter Sommerhitze durch die Beschattung,
durch das Laubdach der Baumkronen, und so entwickelt sich im
Boden ein vielfältiges Leben. Durch dieses wird das zerfallende Laub,
werden die abgestorbenen und zu Boden gefallenen Äste und alles,
was tot am Boden liegen bleibt, in einen Zustand bester Bodengare
versetzt und die Fruchtbarkeit dauernd erhalten. In diesem Zustand
der Bodengare des Waldbodens werden nicht nur die Reste des pflanz-
lichen und tierischen Lebens aufgelöst, wieder vererdet und damit zu
bester Pflanzennahrung, sondern auch die bisher noch ungelösten oder
in Verwitterung befindlichen Erden und Gesteine des Bodens werden
angegriffen, durch die Stoffwechselsäuren des Bodenlebens aus ihren
bisherigen Verbindungen herausgerissen und durch die Tätigkeit der
Kleinlebewelt und der Bodenbakterien in den Zustand versetzt, der
die Voraussetzung für die Aufnahme durch die Pflanzenwelt ist. Da-
durch wird die Masse der Mineralstoffe des Bodens, die von den
Pflanzenwurzeln als mineralstoffreiche Nahrung aufgenommen wer-
den kann, ständig vermehrt. Das aber ist gleichbedeutend mit ständig
wachsender Fruchtbarkeit und Ertragfähigkeit des Bodens.
Diese Urform der Bodengare in der Humusschicht des Bodens müs-
sen wir in unseren Gärten herzustellen suchen, wenn sich die Frucht-
441
barkeit des Gartenbodens nicht nur dauernd erhalten, sondern sich
im Laufe der Jahre ständig verbessern und vermehren soll. Wo immer
es möglich ist, sollten wir unseren Kulturpflanzen daher eine schüt-
zende Decke aus pflanzlichen Abfällen aller Art geben. Wenn wir
Tomaten pflanzen, so müssen wir den Wurzeln der Tomaten aus
Laub, Heu oder irgend einem anderen pflanzlichen Material eine
Decke geben, die nicht nur die Feuchtigkeit halten wird, sondern
unter der sich, wie jeder Gärtner weiß, eine richtige Bodengare ent-
wickelt, die den Boden nicht nur lockert, sondern auch die Bestand-
teile des Bodens in Nahrung für die Pflanze umwandelt. Ebenso kann
man Gurken, Melonen und ähnliche Kulturpflanzen mit einer Boden-
decke versehen, auch zwischen den Reihen der Erbsen und Bohnen
läßt sich auf diese Weise eine gute Bodengare erzielen. Diese wird
nicht nur den Boden an sich locker halten, sondern auch die Möglich-
keit schaffen, daß sich die in der Erde vorhandenen Reststoffe frühe-
ren Pflanzenlebens auflösen können.
Wenn nun auf einem geschlossenen Gartenstück Tomaten, Gurken
und ähnliche Gemüsepflanzen angebaut werden sollen, dann kann
man den Boden u. a. dadurch darauf vorbereiten, daß man nach der
Ernte im Vorjahr Winterwicke oder ganz früh im Frühjahr Seradeila
oder andere schnell wachsenden Gründungpflanzen ganz dicht ansät,
so daß sich während des Winters bzw. im Laufe des Frühjahrs ein
dichtes Blattwerk dieser besonderen Arten von Gründungpflanzen
entwickelt. Vor dem Pflanzen wird die inzwischen entstandene grüne
Decke abgemäht. Sie muß aber an Ort und Stelle liegen bleiben, um
gleich als Bodendecke benutzt zu werden. Die abgemähten Pflanzen
schlagen aus den Wurzeln von neuem aus und geben eine dichte
Bodendecke, durch welche die Fruchtbarkeit der Tomaten und der
übrigen Pflanzen angeregt wird. Man kann in einem solchen Boden
dann auch zwischen den Tomaten noch rote Beete, Kohlpflanzen und
dergleichen hineinbauen, die erst geerntet werden, nachdem der
Hauptertrag der Vorfrucht geerntet wurde. Der gepflanzte Kohl und die
Rübenarten werden von der Seradella und der Winterwicke nicht er-
stickt, sondern sie leben gewissermaßen von den Wurzelrückständen
und der unter der dichten Pflanzendecke sich entwickelnden Boden-
gare umso kräftiger, je nährstoffreicher der Boden durch die ent-
stehende Bodengare wird.
Damit kommen wir zu der Frage, wie nähren wir den Boden, ohne
die Pflanzen zu schädigen, ohne die die Bodengare erzeugende Lebe-
welt im Ackerboden zu vernichten oder in ihrer Lebensfähigkeit zu
schädigen. Es wurde in den vorhergehenden Abhandlungen immer
wieder gezeigt, daß das Pflanzenleben auf. der Fläche unseres Planeten
aus Erden und verwitterten Gesteinen hervorwuchs. Es wurde ge-
zeigt, daß die Erden und Gesteine aus den Auflösungsrückständen der
im Glasfluß erstarrten und später kristallisierten Verbindungen der
verschiedensten Mineralstoffe bestehen, aus denen sich die Erdhaut
zusammensetzt, nachdem der einst feuerflüssige Zustand unseres Pla-
442
neten überwunden war. Im waldbewachsenen Hügelgelände bildet
sich auf der Oberfläche durch das Zusammenwirken der faulenden
Laubdecke und der sich durch Regen und atmosphärische Einwirkun-
gen zersetzenden Gesteine die fruchtbare Humusschicht, die den Wald
nährt und das Niederschlag wasser festhält und in sich aufsaugt. Kom-
men nun Gewitterregen, die stark genug sind, um Oberflächenteile
der Berghänge ins Tal zu tragen, so lagern sich diese zu Tal getrage-
nen erdigen Bestandteile des Bodens und der vererdeten Pflanzen-
rückstände in den Tälern ab. Aus diesen zu Tal getragenen Ober-
flächenschichten der bewaldeten Gebirgszüge bildet sich die frucht-
bare Humusschicht der Flußniederungen und des flachen Landes. Die
in vergangenen Jahrhunderten durch die Überflutung der Flußniede-
rungen entstandenen Bodenablagerungen ergaben dann besonders
fruchtbares Gartengelände, das besonders gut zur Ansiedlung der
Menschen geeignet war. Solche Flußniederungen mit sich ständig er-
neuernder Fruchtbarkeit waren ursprünglich die Siedlungsgebiete der
Menschen, in denen sich ihre ersten Kulturen entwickelten. Bekannt
ist die Frühsiedlung im Flußtal des Zweistromlandes Mesopotamien,
wo Euphrat und Tigris mit ihren Ablagerungen aus den Ararat-
gebirgen und den nordöstlich von ihnen gelegenen Gebirgszügen
durch die Frühjahrsüberflutungen die Fruchtbarkeit von Jahr zu Jahr
erneuerten und vermehrten. Die Ablagerungen der von den Fluten
mitgerissenen fruchtbaren Erden der Gebirgsabhänge sind die Grund-
lage der großen Fruchtbarkeit aller Flußtäler, besonders berühmt
sind das Nildelta, die Flußgebiete Indiens und auch die Niederungen
der in Europa dem Meer zustrebenden Flußläufe.
Diese feinste Auflösung der in Schlamm verwitterten Gesteine, zu-
sammen mit den vererdeten Pflanzenresten, kennen wir als die frucht-
bare Schwarzerde in den besonders fruchtbaren Gegenden Europas.
Sie bilden aber auch die Lehm- und Mergelschichten unter dem Sand-
und Kiesgeröll der Geest- und Heideländereien und der Hochmoore
unserer Heimat. In diesen Ablagerungen, in diesen feinst vermahle-
nen Erden und Lehmen ist alles das enthalten, was die Pflanze zu
ihrem Aufbau benötigt und was auf dem Umweg über die Pflanze
den Muskeln, Knochen und organischen Gebilden unseres Körpers
mitsamt der Haut und den Sinnesorganen den Halt und die Kraft
gibt, um ordnungsmäßig arbeiten und das Leben im Körper aufrecht-
erhalten zu können.
Flußniederungen waren die; Geburtsstätten der Menschheit. Sie wer-
den in der Vorgeschichte der Entstehung des Lebens als das gute
Land bezeichnet, das dem Menschen zur Bebauung und zur Betreu-
ung angewiesen wurde. Die Ursache der Fruchtbarkeit dieser Nie-
derungen sind die Waldbestände der Berghänge in den Gebirgsgegen-
den, welche die Quellen der Flüsse bergen. Holzt der Mensch diese
bewaldeten Abhänge ab und rodet sie, um Holz und Weide zu gewinnen,
ohne sie durch Wiederbepflanzung von Obstbäumen und fruchtbrin-
genden Sträuchern in Kultur zu halten, dann kann ein Sturzregen
443
die durch den vorhergehenden Waldbestand gebildete Humuserde,
ohne Widerstand zu finden, zu Tal waschen. Es bleibt dann der nackte
Fels zurück. So entstanden durch Abholzung im Laufe vergangener
Jahrhunderte durch die Kulturvölker der Römer, der Griechen, der
Orientalen aller Art, der Ägypter, Libyer und Marokkaner die ver-
karsteten Gebirgszüge der Mittelmeerländer, die das Land zur Wüste
werden ließen, auf denen keine echte Kultur mehr erblühen kann.
Wir ersehen daraus die Wichtigkeit des Satzes: „Gott pflanzte einen
Garten im guten Land und setzte den Menschen hinein, ihn zu be-
bauen und zu betreuen.“ An die Berghänge aber durfte der Mensch
nicht rühren und ihren Baumbestand ohne Neupflanzung nicht schla-
gen, da sonst der Wasserhaushalt, das Blut der Erde, gestört und da-
durch die Fruchtbarkeit der Erde vernichtet wird. Es ist aber unsere
Pflicht und der uns von Anbeginn zugedachte Beruf, den Garten zu
bebauen und unsere Nahrung aus dem Garten durch die Arbeit un-
serer Hände selbst zu erzeugen. Niemand aber kann dir
diese Arbeit im Garten zur Erzeugung der eigenen
Nahrung abnehmen, wenn du im Ebenbilde Gottes
ein Mensch sein und bleiben willst. Gekaufte so-
genannte Lebensmittel können wohl den Bauch
füllen, abernichts zur Erhaltung und Erneuerung
der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Drei-
einigkeit von Körper, Geist und Seele beitragen.
Um nun dem Boden die durch die jährliche Ernte entzogenen
Mineralstoffe aller Art unter Aufrechterhaltung der Bodengare und
unter gleichzeitiger Verbesserung der Voraussetzungen für das Leben
im Gartenboden zurückzugeben, müssen wir auf die abgeernteten
Beete feinst gemahlene Gesteine und Erden aller Art einstreuen. Ge-
steinsmehle, die aus verschiedenen Gesteinen, Erden und Erzen ge-
mischt wie vorm Krieg das Luziansteinmehl oder aus Gesteinsrück-
ständen solcher Steinbrüche, die besonders wertvolle Bestandteile
enthalten wie Steinmehle aus Kupfererzen, aus Dolomit, Porphyr,
aus Gips- und Kalkgesteinen, aus Lavaschlacken und so weiter sind
unerläßlich zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Aber der Ersatz
der Bodenmineralien durch Steinmehle ständig wechselnder Her-
kunft allein genügt nicht, da das Steinmehl auf verstepptem Acker
z. B. unter den sengenden Strahlen der Sonne nicht verwittert und
aufgelöst werden kann, wenn die Bodengare und die diese be-
dingende Kleinlebewelt im Boden fehlt oder sich wegen andauern-
der Trockenheit nicht entwickeln kann. Es muß deshalb nicht nur die
Humusbildung unterstützt, sondern die Bodenfeuchtigkeit erhalten
bzw. der Grundwasserstand hochgezogen werden. Zu diesem Zweck
muß der Garten in kleinere Felder oder Abschnitte aufgeteilt wer-
den, die durch mit Beerensträuchern und einzelnen schwachwüchsigen
Obstbäumen bepflanzte Rabatten begrenzt werden. Diese Grenz-
streifen sollten eine ständig zu erneuernde gute Bodendecke erhalten.
Zwischen diesen Rabatten sind 10 bis 15 m breite Beetanlagen mit
444
Gemüsen aller Art anzulegen. Die Rabatten sollten in Nord-Südrich-
tung verlaufen, da sonst während der Winter- und Frühjahrsmonate
eine völlige Verschattung eines Teiles der Beetanlage eintreten
würde.
Als brauchbares Material zur Herstellung der Bodendecke können
alle pflanzlichen Abfallstoffe wie Laub, Heu, Stroh usw. genommen
werden. Doch beachte man dabei: Alle Gräser und alle Pflanzen, die
auf Windbestäubung angewiesen sind, bilden einen schwer zersetz-
baren Humus, alle von Insekten beflogenen und zur Bestäubung auf
Insekten angewiesenen Pflanzen zersetzen sich leicht und bilden einen
guten, brauchbaren Humus. Den Unterschied zwischen einem harten
Riedgras und dem weichen Blatt einer Erbse oder eines Schmetter-
lingsblütlers oder der zwischen einem harten, herben Blatt der wind-
bestäubten Buche und einem süßen weichen Blatt der auf Insekten
angewiesenen Linde besteht in mehr oder minder ausgesprochener
Weise durch die ganze Pflanzenwelt. Die windbestäubten Pflanzen
verarbeiten und brauchen zu ihrem Aufbau viel Kieselsäure und
Kieselerden und haben daher hartes kiesel- und gerbsäurehaltiges
Blattwerk. Pflanzen, die auf Insektenbestäubung angewiesen sind,
entwickeln in ihrem Aufbau einen größeren Gehalt an Eiweißkörpern
und sind daher fleischiger und weicher im Blatt. Sehr ausgeprägt
findet sich der Eiweißgehalt in den sogenannten Schmetterlingsblüt-
lern. Diese werden deshalb ja auch als Dungpflanzen direkt angebaut
und eingegraben, um den Humusgehalt des Bodens zu verbessern.
Um diesen Vorteil auszunutzen, kann man deshalb mit gutem Erfolg
auf die Rabatten der Beerensträucher im Garten Seradella, Luzerne,
Lupinen oder wenn man will, niedrige Erbsen oder Bohnen anpflan-
zen und das dichte Laub nach Abernten oder nach Abmähen liegen
lassen. Die Gründungpflanzen schlagen dann ja mehrmals neue Triebe
und vergrößern so selbsttätig die Bodendecke. Seradella friert aus,
aber Klee, Luzerne, Wicken und ähnliches ist mehrjährig und bildet
eine sich dauernd verstärkende Bodendecke, unter der sich das Boden-
leben prächtig entwickeln und vermehren kann.
Dieses Bodenleben verbreitet sich dann von den Rabatten aus über
die dazwischenliegenden Beetanlagen und erneuert sich durch die
dauernde Bodendecke der Rabatten ständig in ausgiebigem Maße.
Da man unter Obstbäumen keine Zwischen- oder Unterkultur treiben
kann, ohne den Wurzeln der Obstbäume durch das ständige Graben,
Hacken und Lockern zu schaden und doch keinen rechten Ertrag zu
erzielen, so ist es besser, den Obstbaumbeständen durch Unterkultur
von Gründungpflanzen wie Wicken oder Luzerne eine dauernd sich
erneuernde Bodendecke zu geben, unter der sich ein fruchtbares
Bodenleben entwickelt. Durch dieses wird eine sich ständig steigernde
Fruchtbarkeit mit sich ständig steigernden Erträgen erzeugt, wenn
die auch den Obstbäumen in ständigem Wechsel zu gebenden Ge-
steinsmehle nicht fehlen.
Auch auf sandigem Heideboden läßt sich beste Gartenkultur be-
445
treiben, wenn nach der Rodung der Heidefläche Gründungpflanzen
angesät werden, die zu Anfang ein oder zwei Jahre nacheinander
untergearbeitet werden, um dann erst in zweijährigem Wechsel mit
Kulturpflanzen angebaut zu werden. Eine ständige Steigerung der
Fruchtbarkeit läßt sich auf sandigem Heideboden erreichen, wenn
man zwischen den Rabatten der Beerensträucher die Gemüsebeet-
anlagen so einrichtet, daß man immer einem Beet oder einigen Reihen
von Gemüsepflanzen ein Beet oder einige Reihen von Gründung-
pflanzen folgen läßt und so in ständigem Wechsel einige Reihen Ge-
müse und einige Reihen Gründung anbaut. Die Gemüsereihen werden
nach dem Abernten nicht gleich neu gegraben, sondern nur tief gelok-
kert und dann neu bestellt, um das Bodenleben nicht wesentlich zu
stören. Die Gründungpflanzen werden oberflächlich untergegraben
oder in den Boden eingearbeitet. Je flacher sie in den Boden kommen,
desto schneller werden sie in Humus verwandelt. Bei sehr tiefem Ein-
graben könnte leicht statt einer Verwandlung in Humus eine Vertor-
fung eintreten, die nicht erwünscht ist. Auf diese Weise läßt sich
leichter Boden in gute fruchtbare Gartenerde verwandeln. Das aber ist
nicht möglich, wenn man versucht, auf solch leichtem Boden Weide-
wirtschaft und Ackerkultur mit der landesüblichen Düngewirtschaft
zu betreiben.
Um dem Gesetz der abnehmenden Fruchtbarkeit des Ackerbodens
entgegenzuwirken ist die Düngemittelwirtschaft auf die stickstoff-
haltigen Gesteinsbildungen südamerikanischer Gebirgsgegenden ge-
stoßen, die als Chilesalpeter und Guano *) dem Ackerboden hinzu-
gefügt, dem Boden eine ungeahnt große Scheinfruchtbarkeit ver-
liehen. Wenn nämlich der Ackerboden durch die jährlichen Ernten
ausgelaugt wird unter gleichzeitigem Entzug der Bodenmineralien
durch die abgeernteten Pflanzenprodukte, so wird nach dem Gesetz
der abnehmenden Fruchtbarkeit des Ackers die Ernte im Laufe der
Jahre immer kleiner ausf allen. Bringt man nun diese salpeterhaltigen
Ablagerungen und die ammoniumhaltigen Guanosorten aufs Land, so
verwandeln sich diese Düngemitel in ihre ammoniumhaltigen Bestand-
teile. Dieses Ammonium aber hat weder einen sauren noch salzigen
Charakter, sondern ist ein basenartiges Gebilde, das bei seiner Auf-
*) Guano als Vogelmist zu erklären, scheint mir eine Fehldeutung zu sein.
Es sind viel wahrscheinlicher ammoniumhaltige Ablagerungen aus dem Ur-
meer, die bei der Bildung der südamerikanischen Hochgebirge vorzeitig aus
dem Wasser gehoben wurden und auf dem Lande oder auf den Felsen ver-
härteten. Guano in seinen verschiedenen Abarten enthält immer die Fleisch-
basen Xanthin, Kreatin, Sarkin und den Farbstoff Murecid. Es muß daher,
aufgeschwemmt im Meerwasser, die Substanz gewesen sein, aus der der
walzenförmige Tierkörper der Meerestiere und der im Sumpf gelände leben-
den Urtiere vorzeiten entstanden ist. Guanin stand am Beginn alles tieri-
schen Lebens und kann niemals als das Endprodukt tierischen Stoffwechsels
angesprochen werden.
446
lösung in Säure zerfällt. Solange wie die Salpeter- oder stickstoffhal-
tigen Düngemittel basischen Charakter haben, d. h. die chemische
Wirksamkeit der zu Aschen verbrannten und in Gesteine und
Erden verwandelten Erdmineralien aufweisen, können sie im Pflan-
zenwuchs die Stelle der wirklichen Erdmineralien wie Kalk, Kalium,
Natrium, Aluminium und deren Verbindungen mit Säurebildnem
einnehmen und im Aufbau der Pflanze wie wirkliche Mineralstoffe
verwendet werden. Da nun die Entnahme dieser stickstoffhaltigen
basischen Bestandteile aus den ammoniumhaltigen Düngesalzen
leichter von sich geht als die Auflösung und der Anbau wirk-
licher erdiger Mineralstoffe, so wird die Kulturpflanze das basisch
wirkende Ammonium der Düngesalze in sich aufnehmen und ein-
bauen. Die Pflanze wird dadurch dicker im Stroh und im Körner-
ertrag schwerer werden. Das wurde der Landwirtschaft vorgeführt
und gezeigt, und so entstand langsam aber sicher die Düngewirtschaft
auf dem Umweg über die aus Ubersee eingeführten stickstoffhaltigen
Düngemittel. Diese haben nicht den Aschencharakter der Erden und
Gesteine, sondern werden als wasserlösliche Salze in den Handel
gebracht, nachdem es gelungen war, den Stickstoff aus der Luft her-
auszuziehen und beliebig zu verwerten. Wasserlösliche Salze aber
sind von ungünstigem Einfluß auf das Leben der Insekten und Klein-
lebewelt, der Bazillen und Bakterien im Boden. Sie vernichten einen
Teil derselben und geben anderen Arten um so größere Lebensmög-
lichkeiten. Düngesalze verändern dadurch den naturgewachsenen Be-
stand der Kleinlebewelt im Ackerboden und vernichten durch die
wasseranziehende und wasserbindende Kraft der Salze die natürliche
Fruchtbarkeit des Bodens langsam aber sicher, trotz der scheinbar
höheren Erträge. Der Stickstoff- oder Ammoniumgehalt der Dünge-
mittel wird nämlich an Stelle wirklicher Erdmineralien des Bodens in
das Zellgefüge der Pflanze eingebaut und teilweise zwischen die Ge-
webe eingeschoben. Das vergrößert den Umfang und das Gewicht der
Pflanze und erhöht bei Futterpflanzen den sogenannten Eiweißgehalt.
Die angestrebte Erhöhung des Eiweißgehaltes der Pflanzen beruht
auf dem gleichen Trugschluß, der die Menschen verführte, das Fleisch
der Tiere als ihm zuträgliche Speise zu betrachten. Die Überschätzung
des Eiweißgehaltes der vom Tier stammenden Genußmittel verführte
die landwirtschaftliche Forschung der Düngemittelerzeuger zu der
Überschätzung des Stickstoffgehaltes ihrer sogenannten Handelsdün-
ger, die das Gewicht der Erträge und ihren Eiweißgehalt steigerten.
Als dann die Entdeckung gemacht wurde, daß Phosphor die Wuchs-
und vor allem die Blühfreudigkeit erhöhte, weil ja Phosphor die Ner-
ven- und Gehirnkraft steigert und die Geschlechtskraft erregt, so
nutzte man die Verbindung von Ammonium und Phosphor als Trieb-
mittel in den Düngemitteln. Ammoniumphosphat aber ist der Grund-
bestandteil des Körpers der gesamten Insektenwelt. Bekanntlich ist
der treibende Bestandteil des Stalldungs der Stickstoff- bzw. Ammo-
447
niumgehalt der Jauche zusammen mit dem Phosphorgehalt der Fäka-
lien. Aus Jauche, Stalldung, frischen menschlichen Fäkalien und am-
moniumphosphathaltigen Düngemitteln bildet sich der den Pflanzen-
wuchs treibende Saft, der in der Wärme der lichtdurchfluteten Früh-
jahrs- und Sommertage den aus Ammoniumphosphat bestehenden
Insekten, Läusen und Würmern aller Art den Tisch in idealer Weise
deckt. So züchtet man mit Jauche, Stalldung, Fäkalien und stickstoff-
haltigen Handelsdüngern der chemischen Industrie die Insektenplage.
Der Mensch, der von derart gedüngten Pflanzen lebt, wird durch sie
in seinem Innern der Wurmplage nicht Herr werden. Wie oben er-
wähnt, verändern die Düngesalze die Arten der Insektenwelt und
lassen solche entstehen und wuchern, deren Bestimmung es ist, die
Säure Verbindungen des Stickstoffs und der Säurebildner wie Phosphor *
zu zerstören, um im Boden und in der Pflanze die basische Wirkung
der leichten Erdmetalle und ihre auf bauenden Kräfte zur Wirkung zu
bringen. Jauche, frische, nicht verkompostierte, menschliche und tieri- ■
sehe Fäkalien und alle ammoniumphosphat- oder stickstoffhaltigen
Düngesalze müssen darum im Garten, in den Weinbergen und auf
dem Acker eine unübersehbare Menge von saugenden und fressenden
Insekten aller Art erzeugen. Diese haben die Aufgabe, unrichtig ge-
bildete Säfte im Pflanzen- und Bodenleben zu vernichten, unschädlich
zu machen und den natürlichen Zustand des gesunden Gleichgewichts
der basischen und sauren Kräfte im Boden wieder herzustellen. Das
würde der Pflanze dann die Möglichkeit geben, aus dem Zustand der
durch ein gesundes Bodenleben erzeugten Bodengare einen ausgegli-
chenen Mineralstoffgehalt im Pflanzenkörper und im Lebenskeim der
Saaten und Früchte heranwachsen zu lassen. Die landesübliche Dün-
gemittelwirtschaft aber züchtet und mästet aus oben gezeigten Grün-
den eine Ungezieferplage, die den Bestand der Kulturpflanzen zu
vernichten droht, deren Ertrag man mit den künstlichen Triebmitteln
gerade zu steigern suchte.
Um nun den künstlich erzeugten Insektenfraß einzudämmen und
der Ungezieferplage Herr zu werden, erfand die gleiche Industrie,
welche die stickstoffhaltigen Düngemittel erzeugte, die Schädlings-
bekämpfungsmittel. Diese sind alle miteinander lebensfeindliche
Stoffe. Entweder wirken sie durch ihren Gehalt an tödlich wirkenden
Giften wie Kupfervitriol, Blei, Arsen und deren Verbindungen oder
es sind sogenannte Berührungsgifte, durch die der Ammonium-
phosphatgehalt des Insektenkörpers gelöst und dadurch das Leben
des Insektes vernichtet wird. Alles, was Ammoniumphosphat, den
wichtigsten Bestandteil der Nerven, auflöst, ist ein Nervengift. Wer
daher haftengebliebene Berührungsgifte der D.D.T.-Gruppe mit seiner
Nahrung verzehrt, setzt sich der Gefahr von Nervenstörungen im
Magen- und Darmkanal und in seinem Körper aus *). Die Fraß- und
*) Erst nachdem der Satz über die Schädlichkeit der D.D.T.-Mittel nieder-
geschrieben war, kommt ein Bericht aus Amerika über eine bei Mensch und
448
Berührungsgifte, die auf die Kulturpflanzen zer- oder verstäubt
wurden, werden vom Regen und Tau in den Boden gebracht.
Sie wirken hier genau so tödlich auf das Insektenleben, auf die Klein-
lebewelt im Ackerboden ein, wie sie die Ungezieferplage über der
Erde vernichten helfen. Die Schädlingsbekämpfung vernichtet gar zu
leicht mit dem Ungeziefer auch die Bodengare, d. h. die Voraussetzung
für ein höheres Pflanzenleben überhaupt.
Farne, Gräser und alle windbestäubten Pflanzen wachsen und meh-
ren sich auch ohne Insekten und Bodengare, aber sie bilden einen
schwer löslichen Humus, weil der hohe Kieselgehalt sie hart und
schwer lösbar macht. Alle buntblühenden Kräuter, Pflanzen und
Bäume aber, deren Lebenserhaltung und Fortbestand auf die Be-
fruchtung durch Insektenbefliegung angewiesen ist, werden bei radi-
kaler Schädlingsbekämpfung durch Abtötung der Wildinsekten in
ihrem Bestand gefährdet und nach und nach aussterben. Die blühen-
den auf Insektenbestäubung angewiesenen Pflanzen aber hinterlassen
der Insektenwelt im Boden erwünschte Nahrung und erhöhen durch
ihr weiches lockeres Blattwerk mit reichlichem Gehalt an Eiweiß-
körperchen den Humusgehalt und damit die Bodengare. Sie erhöhen
die Fruchtbarkeit des Landes auf natürliche Weise. Durch die Un-
möglichkeit ihrer Vermehrung und Fortzeugung wegen der Vernich-
tung der Wildinsekten bei intensiver Schädlingsbekämpfung vernich-
ten wir uns selbst die Fruchtbarkeit des Bodens durch Zerstörung der
Bodengare und bringen den prächtigen Blütenflor der Erde zum Aus-
sterben. Dieser Erfolg der modernen Schädlingsbekämpfung, die als
Folge unnatürlicher Anbau- und Düngemethoden notwendig wurde,
ist in vielen Gebieten der USA zum Schrecken der Landwirtschaft
bereits eingetreten und man sucht durch die Honigbiene zu ersetzen,
was man an der Natur sündigte. Aber die Honigbiene ist kein voll-
wertiger Ersatz der Wildinsekten, da sie besonders die so sehr not-
wendigen und bei jedem Wetter tätigen Hummelarten nicht ersetzen
kann.
Da nun dem stickstoffgedüngten Gartengemüse der würzige, durch
natürliche Bodenmineralien entstehende basische Gehalt an Nähr-
stoffen fehlt, so zeigt das so gedüngte und gezogene Gemüse einen
Tier fast seuchenartig auftretende rätselhafte Erkrankung der Nerven und
des Magendarmkanals. Da die Ärzte vor einer ganz neuartigen Erscheinung
standen, die sie nicht erklären konnten, wurde die Krankheit mit einem noch
unbekannten Virus in Zusammenhang gebracht und kurz Virus-X-Krank-
heit genannt. Erst 1949 brachte Morton S. Biskind, M.D., die Krankheit mit
dem Insektenvertilgungsmittel D.D.T. in Verbindung, das bekanntlich in
Amerika in sehr viel stärkerer Dosierung zur Anwendung kam als in
Deutschland. Seit derZeit ist man imstande, Virus-X-Patienteh durch Fern-
halten von der Berührung mit dem Giftstoff und durch strengste Vermeidung
des Verzehrens von Obst und Gemüse oder Getreideerzeugnissen, die mit
dem Gift behandelt wurden, von den Krankheitserscheinungen zu befreien.
29 Sommer, Ernährung
449
faden, würzlosen Geschmack. Ja, die stickstoffhaltigen Bestandteile
dieser üppig aufgeschwemmten Getreideerzeugnisse, Früchte und
Gemüseprodukte lösen sich oft im Darm des Menschen auf und sind
die Ursache von starken Blähungen und Störungen im Magendarm-
kanal. Das in naturgemäßer Weise gewachsene Gemüse aber, gedüngt
durch Steinmehl aller Art im Wechsel mit die Bodengare bewahren-
den Pflanzenrückständen aus angebauten Gründunggewächsen, läßt
Gemüsepflanzen entstehen, die als Gemüsenahrung nicht nur länger
haltbar, sondern auch von würzig kräftigem Geschmack sind. Alle
Gemüse und Früchte, die auf gesundem, garem Boden wachsen, des-
sen Mineralstoffgehalt durch Gesteinsmehle ergänzt wurde, sind
außerordentlich zuckerhaltig und deshalb süß. Ihr würziger Ge-
schmack aber entsteht durch den Mineralstoffgehalt der Gesteins-
mehle, der durch die Kleinlebewelt im Ackerboden bei richtiger Bo-
dengare von den Gewächsen aufgenommen wurde.
Der Einbau der Mineralstoffe in den Pflanzenkörper ist wohl das
Wichtigste, was beim Anbau unserer Obst-, Nuß- und Gemüsenahrung
zu beachten ist. Es wurde in dieser Beziehung mehrfach im Laufe der
Abhandlungen darauf hingewiesen, daß nur solche erdigen Grund-
stoffe, nur solche Erdmineralien wirklich naturgemäß und lebenswahr
in den lebendigen Körper der Pflanzen eingebaut werden können, die
durch Verwitterung gelöst, durch die Lebens Vorgänge im Boden unter
Mitwirkung der hochempfindlichen Kleintierlebewelt und der Boden-
bakterien aus den Erden, Lehmen und den verwitterten Gesteinen
zur Wandlung in lebendige Aufbaustoffe vorbereitet wurden. Alle
diese Erden und Gesteine als Grundstofflieferanten sind an sich was-
serunlöslich und bedürfen deshalb der vorsorgenden Arbeit im Bo-
den, ehe sie dem Leben der Pflanze nutzbar gemacht werden. Man
bedenke immer: Aus wasserunlöslichen Erden und
Gesteinen baut sich das Stückchen Weltseele, das
wir Pflanzenkeim nennen, seinen Körper auf und
wird sich durch wasserunlösliche Erden und Ge-
steine lebenskräftig und gesund zu kräftigen
Pflanzen, Bäumen und Sträuchern entwickeln.
Von atomischen Kräften im gewaltig züngelnden Flammenmeer
durcheinander gewirbelt entstanden einst die Verbindungen der Ur-
stoffe in der Geburtsstunde der Erde. Diese Verbindungen der Ur-
stoffe, diese Aschen aus dem Flammenmeer erstarrten entweder in
glasigem Fluß nach Art von Schlacken oder bildeten staubfeines Pul-
ver auf der erstarrenden Oberfläche. Die zusammengelaufenen glasi-
gen Schlacken kristallisierten bei der Abkühlung und treten heute als
die gewaltigen Gesteins- und Felsbildungen der Gebirge in Erschei-
nung. Die staubfeinen Aschen und leicht verwitternden Lavamassen
aus dem Urgeschehen aber wurden im Niederschlagswasser der ein-
stigen Wolkenschleier zu fruchtbaren Erden und Lehmen.
Die wasserlöslichen Mineralstoffe aber, die wir als Salzbildungen
450
kennen, finden wir heute tief unter der Oberfläche unter mächtigen
Gesteins- und Erdschichten begraben. Sie gelangten dorthin durch die
verschiedenen umwälzenden Katastrophenzeiten während der Ent-
wicklung des Lebens auf Erden. Diese wasserlöslichen Salze binden
das Wasser, das im Pflanzenwuchs frei verfügbar sein muß, wenn sich
die Pflanze gesund und kräftig aufbauen soll. So wie z. B. Kochsalz
im Körper des Menschen als Zusatz zu den verzehrten Speisen nur
von Schaden sein kann, weil es das Gewebewasser bindet und diese
Bindung von den Lebensvorgängen im Körper nicht gelöst werden
kann und deshalb störend und krankheitenzeugend wirken muß, so
werden alle Salze im lebendigen Pflanzenwuchs die Lebensvorgänge
in der Pflanze behindern und es zunichte machen, wenn das erträg-
liche Maß überschritten ist. Der moderne Mensch aber entdeckte im
Kampf gegen das Gesetz der abnehmenden Fruchtbarkeit des Ackers
im gerodeten Land bei Verwendung von Kalisalzen als Zugabe zu
den gebräuchlichen Düngemitteln eine Steigerung der Ernteerträge
und gibt nun wasserlösliche Kalisalze und künstlich erzeugte Salz-
verbindungen aller Art, um die Ernteerträge zu mehren und das Volk
zu nähren.
Kalium bzw. Pottasche ist das wichtigste Aufbaumaterial der Pflan-
zenfaser neben Kalk und anderen Erdmineralien. Kalk- und Kalium-
silikate sind der Kitt, der eine wasserunlösliche Verleimung der
Zuckerstoffe zur Pflanzenfaser und zum Holz hervorbringt. Wasser-
lösliche und wasserbildende Salze sind für diese Zwecke unbrauchbar.
Trotzdem bringt der Anbauer von Futter und Nahrung für Mensch
und Tier unter dem Namen von Handelsdüngern große Mengen von
Kalisalzen und künstlich erzeugten Ammoniumsalzen in den verschie-
densten Mischungen aufs Land. Die Salze werden wohl mit dem Wur-
zelsaft von der Pflanze aufgenommen, aber wie sie im Pflanzenkörper
verwendet und ob sie ordnungsgemäß und in natürlicher Weise richtig
eingebaut werden, darauf ist wohl bisher kaum geachtet worden. Man
weiß ja auch bis heute noch nicht, wie man sich die Verwertung des
Kochsalzes und seinen vermeintlichen Einbau in den menschlichen
Körper zu denken hat Soviel ist jedenfalls sicher, das hochentwickelte
und sehr empfindliche, feinstofflich sich abspielende Leben im Acker-
boden wird durch die Salzgaben empfindlich gestört und im Laufe der
Jahre schon durch die Bindung des Wassers vernichtet. Das Leben im
Boden wird im natürlichen Verlauf des Naturgeschehens durch völlig
neutrales Regenwasser getränkt. Der Regen aber wird bei Salzgaben
begierig von den Salzen angesaugt und gebunden. Die entstehenden
Kalisalze und Ammoniumlaugen werden das Leben im Boden genau
so wenig nähren und tränken können, wie es möglich ist, den Durst
des Menschen mit Salz wasser zu stillen. Wenn das klar geworden ist,
dann sei die Frage erlaubt: Wie denkt sich die Wissenschaft vom
Ackerbau den Einbau der Kalisalze und all der anderen künstlichen
wasserlöslichen Salzverbindungen in den Düngegaben? Wie soll die
451
Pflanze diese lebensfremden und lebenvernichtenden Stoffe in ihrem
lebendigen Körper verwenden?
Wäre ein normaler Einbau dieser Salze im gesunden Pflanzen-
körper möglich, wie soll man sich die Entstehung der Schwarzfäule
von innen her bei Kartoffeln z. B. erklären, die mit Kali bedacht
wurden. Die Schwarzfäule sucht man dadurch zu verhindern, daß man
die Futterkartoffeln nach der Ernte mehr und mehr einzusäuern be-
ginnt. Doch noch eins ist zu bedenken. Es ist heute bekannt, daß
Krebsgeschwüre im menschlichen Körper einen überschüssigen Kali-
gehalt in den Säften zur Voraussetzung haben. Steht nicht die hohe
Anfälligkeit für Krebsgeschwüre im Menschen mit den von den Pflan-
zen aufgenommenen und im Saft der Pflanze befindlichen wasser-
löslichen Kalisalzen im Zusammenhang? Man überlege doch einmal,
wann die Kopfdüngung mit Kalisalzen in Schwung kam und seit
wann die gesteigerte Anfälligkeit für tödliche Krebsgeschwüre in Er-
scheinung trat.
Kalisalze und Düngesalze aller Art zusammen mit Stalldung
und stickstoffhaltigen Kunstdüngern sind heute aus der Erzeugung
der Nahrung für Mensch und Tier nicht mehr fortzudenken und der
Tod hält seine Ernte und bedient sich dabei der Seuchen und der
Krebsgeschwüre. Frau Dr. Nolfi in Dänemark hat diese Zusammen-
hänge aus eigener Erfahrung erkannt und heilt ihre krebserkrankten
Patienten nur durch Einhaltung ausschließlicher Rohkost, die nur aus
solchen Gemüsen und aus solchem Obst zubereitet wird, die in an-
geschlossenen Land- und Gartenkulturen naturgemäß angebaut
werden.
Und du, lieber Leser, hast du dir noch niemals Gedanken darüber
gemacht, wie die Nahrung erzeugt wurde, die du täglich verzehrst?
Ich habe versucht, dir zu zeigen, wie deine Nahrung aussehen muß,
wenn du dir einen gesunden Körper aufbauen willst. Bedenke dabei
stets: Körper, Geist und Seele sind eine untrennbare Einheit. Aus der
Seelenkraft des Schöpfers, in dessen Bild du geschaffen wurdest, muß
sich unsichtbar und unwägbar aus den von atomischen Kräften ge-
speisten Pflanzen im Licht der Sonne dein Körper aufbauen, um in
deinem Geiste das Begriffsvermögen heranwachsen zu lassen, das dich
befähigt, das Schöpfungsgeschehen im Weltall und die sie leitenden
göttlichen Kräfte zu erschauen. Willst du dieser geistig-seelischen
Forderung deines Schöpfers in aller Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit
eine Stätte in deinem Geiste schaffen, dann erbaue dir die Möglichkeit
dazu in einem gesunden Körper. Dieser muß durch gesunde, natur-
gemäße Nahrung im Sinne des „Urgesetzes der Ernährung“ gespeist
werden. Eine solche wirklich gesunde Nahrung wird dir kaum jemand
bieten, der für Geld arbeitet und auf schwerwiegende Erzeugnisse
zum Verkauf angewiesen ist. Solche wirklich gesunde Nahrung mußt
du dir selbst mit eigener Hand anbauen und dein eigener Gärtner
werden. Aus der Arbeit am Boden wird dir dann die Seelenkraft er-
452
wachsen, die deinen Willen beflügeln wird in dem Bemühen, aus dem
Jammertal dieser Erde wieder den Paradiesgarten nach den Gesetzen
Gottes zu schaffen und ihn wieder zu bebauen in Erfüllung deiner
ursprünglichen Berufung nach dem Gesetz der Schöpfung. Diese Er-
füllung deiner natürlichen Berufung wird dich wieder hineinführen
in die Gemeinschaft der göttlichen Seelenkräfte, aus der die Welt
einst geschaffen wurde.
Dann erst werden Krankheitsnot, Elend und Verlassenheit von dir
weichen und der Friede Gottes wird in dein Herz einziehen.
453
Literaturnachweis
Dr. George Drews: Unfired Food and Trophotherapie.
Adolf Just: (Kehrt zur Natur zurück.
Louis Kühne: Die neue Heil Wissenschaft.
Ferd. Jezek: Organische Welt, und Menschenauffassung.
Kurt Lenzner: Gift in der Nahrung.
Arnold Ehret: Kranke Menschen. Derselbe: Fastenlehre.
Julius Hensel: Das Leben. Derselbe: Brot aus Steinen.
Alfred McCann: Kultursiechtum und Säuretod.
Richard Ungewitter: Diätetische Ketzereien.
Dr. med. Bircher-Benner: Früchtespeisen und Rohgemüse.
Derselbe: Ernährungskrankheiten.
Derselbe: Ungeahnte Wirkungen richtiger und falscher Ernährung.
Prof. Dr. Kollath: Grundlagen, Methoden und Ziele der Hygiene.
Dr. med. Xaver Mayr: Wann ist unser Verdauungsapparat in Ordnung?
Dr. med. Nolfi, Humblebak: Meine Erfahrungen mit Rohkost.
Dr. med. Fritz Kahn: Das Leben des Menschen (5 Bd.).
R. Francee: Das Leben im Ackerboden und andere Schriften.
Dr. med. Densmore: Die Nahrung des Paradieses.
Heliand: „Das Evangelium des vollkommenen Lebens.“
The Jewish Enzyklopedia.
D. Davidson and H. Aldersmith: The Great Pyramid, its Devine Message.
Hippokrates: Zeitschrift für praktische Heilkunde.
Alle bisher erschienenen Jahrgänge.
Dr. F. Grandei: Vortrag über die Bedeutung der hochungesättigten
Fettsäuren.
Prof. Dr. E. Leppik: Pflanzenschutz — Bienenschutz — Insektenschutz.
In meinem Archiv in Hamburg hatte sich eine große Bibliothek mit
ziemlich vollständiger Auswahl von Büchern, Schriften und Zeitschriften
über alle Fragen der Ernährung, Vitaminerforschung, Erforschung der
Hormone und aller Nebenfächer, die irgendwie mit Ernährungsfragen zu-
sammenhingen, angesammelt. Diese umfangreiche Bibliothek wurde durch
Kriegseinwirkung in der Nacht vom 27. zum 28. Juli 1943 vernichtet. Eine
vollständige Erneuerung und Ersatz der verlorenen Schriften ist mir noch
nicht möglich gewesen. Auch ist die vollständige Liste dieser Bücher ver-
loren gegangen. Ich kann daher nur ein unvollständiges Verzeichnis der
bei der Abfassung benutzten Bücher, Schriften und Zeitschriften bringen.
Die genauen Titel sind mir fast sämtlich entfallen, doch erinnere ich
mich noch einiger Namen der Verfasser. Ich erwähne nur die Schriften
von Dr. Balzli, Dr. Ragnar Berg, Dr. Berg-Vogel, die Schriften über die
Erforschung der Vitamine von Dr. C. Funk und anderen, und die Schrif-
ten von Rikli, des Begründers der Licht- und Luftbäder.
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Zur Weiterentwicklung der Gedanken dieses Buches werden die
„Walter Sommer Hausnachrichten“
herausgegeben. Sie erscheinen in zwangloser Folge alle vier bis
sechs Wochen. Der Verlag nimmt gern Erfahrungen mit der in
diesem Buch erläuterten Ernährungsart entgegen. Auf entspre-
chende Briefe oder Schriftsätze von allgemeinem Interesse wird
in den Hausnachrichten Bezug genommen.
Sie werden auf Anforderung kostenlos verschickt, doch ist ein
freiwilliger Unkostenbeitrag zur Deckung der Porto-, Papier- und
Druckkosten erwünscht.
Den Hausnachrichten ist ein Verzeichnis für den Versand von
Nüssen, Rosinen, Trockenfrüchten, Speiseöl, Honig, Nußmühlen
usw. beigefügt.
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