Freitag, 12. April 2024

 ... Der Schlaf ...

Weniger und schlechter: „Die Welt steht vor einem Schlafdilemma.“

Erholsamer Schlaf ist überlebenswichtig, denn er säubert Nervenzellen. Doch Studien zeigen: Die Qualität der nächtlichen Ruhezeit nimmt weltweit – je nach Alter und Klimazone – stetig ab.

Zu wenig Schlaf gilt als Risikofaktor für Körper und Geist. Umso besorgniserregender sind die Ergebnisse zweier Studien anhand von weltweiten Daten.

Foto von mtrlin / adobe stock
Veröffentlicht am 5. Apr. 2024, 08:45 MESZ

Schlafprobleme können äußere oder innere Belange haben. Dazu gehören Stress, klimatische Bedingungen oder endlos kreisende Gedanken. Selbst eine einzige schlaflose Nacht hat – wenn auch nur kurzfristig – direkte Auswirkungen auf das Gehirn. Summieren sich die Probleme beim Ein- oder Durchschlafen innerhalb eines Monats auf mindestens dreimal pro Woche, spricht man von Insomnie. Symptome sind etwa nachlassende Produktivität, geringere kognitive Leistung und schlechtere Immunfunktion sowie vermehrte depressive Gedanken oder Beschwerden des Blutkreislaufes.

Guter, gesunder Tiefschlaf ist deshalb überlebenswichtig. Um genau das im Blick zu behalten, beobachten viele Millionen Menschen ihre nächtliche Ruhezeit genauestens mittels sogenannter Schlaftracker. Zwei Studien anhand dieser Daten liefern eindrückliche Erkenntnisse über unser Schlafverhalten – und Anlass zur Sorge.

Weltweit wird weniger und schlechter geschlafen

Die erste Studie kommt aus dem Hause Samsung. Für „eine der größten Schlafgesundheitsstudien“ wurden Insgesamt 716 Millionen Nächte von Nutzer*innen solcher Schlaftracker anonym analysiert. Ein Ergebnis: Belief sich die durchschnittliche Schlafdauer im Zeitraum Juni 2021 bis Mai 2022 noch auf 7 Stunden und drei Minuten, sank sie im Jahr darauf um vier Minuten. Damit fiel sie unter die von der National Sleep Foundation empfohlenen essenzielle Sieben-Stunden-Marke:

„Im Alter zwischen 18 und 64 Jahren sollten Erwachsene sieben bis neun Stunden Schlaf pro Nacht anstreben. Wenn Sie älter als 65 sind, benötigen Sie möglicherweise etwas weniger: sieben bis acht Stunden werden empfohlen.“

Grafisch dargestellte Weltkarte mit der durchschnittlichen Schlafdauer je Kontinent.

Wir in Europa können uns glücklich schätzen: Mit durchschnittlich 7,14 Stunden schlafen wir etwa eine Dreiviertelstunde länger als die Menschen in Asien mit 6,34 Stunden. 

Foto von Samsung

Die Welt stünde laut den Forschenden vor einem Schlafdilemma. Besorgniserregend sei zudem eine verlängerte Wachzeit. Diese stieg von 48,8 auf 50,1 Minuten. Der Schlaf ist damit weniger tief und effizient. Vor allem bei Frauen ist der Rückgang auffällig. 

Menschliches Schlafverhalten: Unbeschwertes Walross oder erschöpfter Hai?

Weiter konstruierten die Samsung-Forschende aus den Daten ihrer Nutzer*innen acht Schlaftiere. Diese reichen vom unbekümmerten Löwen bis zum erschöpften Hai – jedes davon mit „mit einzigartigen Eigenschaften in Bezug auf Schlafdauer, -konsistenz, und Wachzeit.“

Kreisdiagramm mit der prozentualen Verteilung der Schlaftiere
Tabellarischen Zusammenstellung der Schlafmuster der Schlaftiere
Links:

Die weltweite Verteilung der sogenannten Schlaftiere im Überblick.

Rechts:

In der tabellarischen Zusammenstellung der Schlafmuster werden die Unterschiede besonders deutlich.

bilder von Samsung

Gut 30 Prozent der Teilnehmenden konnten aufgrund ihres gesunden Schlafrhythmus trotz häufiger Unterbrechungen als „nervöse Pinguine“ identifiziert werden. Die 20-Jährigen werden aufgrund der guten Schlafdauer eher als „sensible Igel“ (viel Wachzeit und geringe Konsistenz) oder „sonnenscheue Maulwürfe“ (geringe Konsistenz aber wenig Wachzeit) eingestuft.

Klimawandel: Wärmere Nächte, weniger Schlaf

Eine weitere Studie der University of Copenhagen zeigt, dass die Umwelt einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf unsere Schlafqualität hat. Neben Licht- und Luftverschmutzung oder Lärm stört laut den Forschenden vor allem Hitze die überlebenswichtige Nachtruhe. Das ernüchternde Ergebnis: Bis zum Jahr 2099 könnten suboptimale Temperaturen jährlich 50 bis 58 Stunden Schlaf pro Person kosten.

Vom Klimawandel bedingte höhere Temperaturen sind laut der Studie vor allem nachts zu verzeichnen. Bislang wurden nächtliche Umgebungstemperaturen allerdings nur subjektiv mit einer verminderten Schlafqualität in Verbindung gebracht. Ziel des Forschungsteams war daher der Nachweis, inwiefern sich die steigenden Temperaturen weltweit auf den Schlaf auswirken. 

Dafür nutzten die Forschenden Daten aus mehr als sieben Millionen Schlafaufzeichnungen sogenannter Schlaf-Tracking-Armbändern aus mehr als 68 Ländern. Diese verglichen sie mit den jeweils vorherrschenden lokalen meteorologischen Messungen. Die Analyse ergab: Höhere Mindesttemperaturen bei Nacht haben tatsächlich negative Auswirkungen auf die Schlafqualität. Insbesondere beim Einschlafen kommt es zu zeitlichen Verzögerungen und damit einer sinkenden Wahrscheinlichkeit für einen erholsamen, ausreichenden Schlaf.

Besonders betroffen: Menschen in warmen Klimazonen

Insgesamt lässt sich das Phänomen global und über alle Jahreszeiten hinweg beobachten, besonders während der Sommermonate. Häufiger betroffen sind Menschen in Regionen mit geringem Durchschnittseinkommen sowie Ältere. Ebenso wirkt sich der negative Effekt mehr auf Frauen als auf Männer aus – was mit unterschiedlich verteilten Anteilen an Unterhautfettgewebe zusammenhängen könnte.

Auch die Geografie spielt eine Rolle: Bereits jetzt leiden insbesondere Menschen in wärmeren Klimazonen darunter. Anhand von Daten aus diesen Regionen schließt die Studie, dass sich der menschliche Körper nur bedingt an die steigenden Temperaturen anpassen kann. Zudem würde die „Last der zukünftigen Erwärmung nicht gleichmäßig verteilt sein“. Hierzulande lieferten die letzten Dürresommer bereits einen Vorgeschmack auf kommende Auswirkungen. Doch ohne Minderung der Treibhausgasemissionen würden sich die geografischen Unterschiede im Hinblick auf den temperaturbedingten Schlafverlust weiter verschärfen, so die Forschenden.

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